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XLVIII ALLES BUCH Jan Hillgärtner 2013
ALLES BUCH Studien der Erlanger Buchwissenschaft XLVIII 2013 Jan Hillgärtner Die Entstehung der periodischen Presse. Organisationen und Gestalt der ersten Zeitungen in Deutschland und den Niederlanden (1605–1620) Alles Buch Studien der Erlanger Buchwissenschaft XLVIII Herausgegeben von Ursula Rautenberg und Axel Kuhn ISBN 978-3-940338-30-3 2013 Buchwissenschaft / Universität Erlangen-Nürnberg Alles Buch Studien der Erlanger Buchwissenschaft XLVIII Herausgegeben von Ursula Rautenberg und Axel Kuhn © Buchwissenschaft / Universität Erlangen-Nürnberg ISBN 978-3-940338-30-3 ISSN 1611-4620 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Erlanger Buchwissenschaft unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme. Danksagung Ein ganz herzlicher Dank gebührt allen an dem Entstehen dieser Arbeit beteiligten Personen. Besonders hervorzuheben sind Frau Prof. Dr. Ursula Rautenberg für die intensive und anregende Unterstützung sowie die Anregung bei der Themenfindung und der Ausarbeitung des Theorieteils, Herr Prof. Dr. Andrew Pettegree für die vielen Hinweise und das gemeinsame Arbeiten an der Bibliografie und Frau Prof. Dr. Svenja Hagenhoff für die Übernahme der Zweitkorrektur. Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, die mich bei meinen Recherchen im Mikrofilmarchiv des Instituts für Presseforschung an der Universität Bremen unterstützt haben. Weitere Bibliotheken und deren Mitarbeiter haben durch das zur Verfügungstellen von Digitalisaten dabei geholfen, mögliche Zeitungsausgaben von anderen Medien der Frühen Neuzeit zu unterscheiden. Allen voran haben die Mitarbeiter der Universitätsbibliothek Amsterdam wichtige Hilfestellungen bei der bibliografischen Arbeit geleistet. Für die Übernahme der Korrekturen am Text und der Bibliografie gebührt Frau Natalie Wahnsiedler und Herrn Nikolaus Weichselbaumer Dank. 4 Inhaltsverzeichnis I Einleitung .......................................................................................................... 7 1 Motivation und Forschungsfrage ................................................................... 7 2 Forschungsbericht ......................................................................................... 9 3 Methode und theoretische Grundlagen ....................................................... 11 II Die Zeitung im Medienverbund ..................................................................... 13 1 Der Gegenstand Zeitung ............................................................................. 14 2 Vorläufer der Zeitung .................................................................................. 17 2.1 Flugblatt und Flugschrift ...................................................................... 17 2.2 Meßrelation.......................................................................................... 21 2.3 Briefzeitung .......................................................................................... 23 3 Zeitung und konkurrierende Medien: Abhängigkeiten und Unterschiede ... 27 III Zeitungsorganisation und Zeitungskommunikation ...................................... 29 1 Organisationen der Zeitungskommunikation .............................................. 29 2 Korrespondenten ......................................................................................... 32 2.1 Handelskorrespondenten ...................................................................... 32 2.2 Fürstenkorrespondenten ....................................................................... 33 2.3 Gelehrte Korrespondenten.................................................................... 34 3 Öffentlichkeit: Obrigkeit und der gemeine Mann ....................................... 34 3.1 Deutschland ......................................................................................... 36 3.2 England ................................................................................................ 37 3.3 Frankreich ............................................................................................ 38 4 Druckerverleger ........................................................................................... 40 4.1 Eigentliche Druckerverleger.................................................................. 41 4.2 Kooperationsformen ............................................................................. 42 4.3 Hofdrucker........................................................................................... 44 4.4 Postmeisterdrucker ............................................................................... 45 5 Postwesen .................................................................................................... 46 5.1 Belieferung der Drucker mit Nachrichten ............................................ 47 5.2 Kostengünstige Distribution und Sicherung der Zahlungsströme ......... 48 5.3 Sicherstellung der Aktualität des Mediums ........................................... 48 5.4 Konsequenzen für Drucker ................................................................... 49 6 Zusammenfassung der Ergebnisse................................................................ 49 5 IV Typografische Analyse ................................................................................... 50 1 Bestandteile der ersten Zeitungen ................................................................ 52 2 Makrotypografie .......................................................................................... 52 2.1 Typografische Einrichtung des Titelblatts............................................. 53 2.2 Seitenaufteilung.................................................................................... 56 2.3 Layout und Lesen ................................................................................. 57 3 Mikrotypografie .......................................................................................... 58 3.1 Überschrift und Haupttext ................................................................... 59 3.2 Schrift .................................................................................................. 60 3.3 Schriftgröße und Durchschuss .............................................................. 61 3.4 Zierelemente ........................................................................................ 63 4 Lektüre der frühen Zeitungen...................................................................... 64 V Abschließende Zusammenfassung und Ausblick ............................................. 67 Literatur ............................................................................................................. 71 Summary ............................................................................................................ 80 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 81 Verzeichnis der gedruckten Zeitungen (1605–1620) .......................................... 83 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... 133 6 I Einleitung 1 Motivation und Forschungsfrage Die Geschichte der gedruckten Zeitung beginnt im Jahr 1605 mit der Relation alle Fürnemmen und gedenckwürdigen Historien.1 Zwar haben wir keine bis heute erhaltenen Exemplare dieser ersten in Straßburg erschienen Zeitung, aber der Einfluss, den diese neuen Medien auf das politische Klima und die Gesellschaft der Frühen Neuzeit im 17. Jahrhundert hatte, ist nicht zu unterschätzen. Die ersten gedruckten Zeitungen sind uns aus dem Jahr 1609 überliefert. Der Übergang an der Jahrhundertwende zum Herausgeben von Briefzeitungen im Druck mit einer größeren Auflage hatte bedeutende Konsequenzen für die Drucker, das Lesepublikum und die politische Macht. Drucker waren von nun an in der Lage, an dem Handel mit Nachrichten zu partizipieren. Für das Publikum bedeutete das neue Medium einen Zugang zu den Geschehnissen in der Welt und am Hofe. Politik wurde als kleinteiliger Prozess der Verhandlungen deutlich und die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Höfe traten deutlich hervor. Die Höfe waren Nutznießer und Betroffene gleichermaßen. Mit dem Öffentlichmachen politischer Entscheidungsprozesse war der Fall der höfischen Arkansphäre verbunden. 2 In dieser Arbeit soll die Frage geklärt werden, welche Rolle die Zeitungen als neues Medium im Kanon der bereits etablierten Medien spielen. Zu diesem Zweck werden in der Analyse die Kriterien, die die Zeitung definieren, auf die Flugpublizistik, Meßrelationen und Briefzeitungen angewendet. Nachdem mit dem Blick auf das Mediensystem der Frühen Neuzeit und der Rolle der Zeitungen darin im ersten Kapitel eine Makroperspektive eingenommen wird, wird im zweiten Kapitel untersucht, welche Organisationen an der Erstellung der Zeitung und dem Zustandekommen der Zeitungskommunikation in welcher Weise beteiligt sind. Zeitungen sind in ihrem Entstehen an das Vorhandensein und das Zusammenspiel verschiedener Institutionen geknüpft. Im Zentrum stehen Druckerverleger, sie übernehmen die Produktion der Medien. Allerdings sind eine Reihe anderer Akteure notwendig, damit Zeitungskommunikation gelingen kann. Im zweiten Schritt werden die Organisationen in ihrer Funktion und Struktur analysiert, die jeweils zu einem Teil an dem Entstehen der Zeitung beteiligt sind. Zu fragen wird sein, welche Organisationen beteiligt sind und in welcher Weise sie zur Leistungserstellung beitragen. Außerdem wird eine Systematisierung dieser Organisationen und Akteure zu leisten sein. Analyseergebnisse des zweiten Kapitels werden schließlich aufgegriffen, um Angaben zur Gestaltung der frühen Zeitungen zu machen. Die frühen Zeitungen weisen 1 2 Vgl. Weber 1992, S. 257–265. Zu den weiteren Konsequenzen vgl. auch Behringer 1999, S. 44–55. 7 ein der Buch- bzw. Flugschriftentypographie typisches Layout auf. Das mit den Zeitungen konfrontierte Publikum konnte also bekannte Lesestrategien auf das neue Medium anwenden. Auch die Drucker mussten einheitliche Layoutkonventionen zunächst etablieren, wollten sie marktgängige Druckerzeugnisse verlegen. So kommt es, dass die Frühzeit der Zeitungen von einer Vielfalt der typografischen Formen geprägt ist, die sich spätestens in den 1620er Jahren zu vereinheitlichen beginnt. Dabei ist die Ausgangslage für die Drucker im Deutschen Reich und den Niederlanden unterschiedlich. In Deutschland werden Zeitungen in deutscher Sprache und für ein deutsches Publikum gedruckt, das seine Zeitungen entweder persönlich ordert oder als Abonnent per Vorkasse bezahlte. Das zu diesem Zeitpunkt bereits etablierte Postsystem kommt den Druckern bei der von dem Medium geforderten schnellen Distribution zu Gute. In den Niederlanden drucken Broer Janszoon und Joris Veseler nicht nur in niederländischer Sprache für den lokalen Markt, sondern auch in Englisch und Französisch mit dem Ziel, Zeitungen zu exportieren. Diese unterschiedliche Ausgangslage muss zunächst geschildert und deren Einfluss auf das Entstehen der Zeitungen untersucht werden. Der Untersuchungszeitraum ist doppelt durch die politische und die Mediengeschichte begründet. Ein Grund für die zeitliche Einschränkung auf die Jahre zwischen 1605 und 1620 liegt in der politischen Geschichte Europas. Der Dreißigjährige Krieg, der für eine Zunahme der Produktion von Druckmedien gesorgt hat, markiert das Ende der Studie. Während deutsche Fürstenhäuser seit Beginn des Kriegs an den Auseinandersetzungen beteiligt waren, treten im Jahr 1620 erstmals die damals spanischhabsburgisch regierten Niederlande in die Auseinandersetzungen ein. Das Kriegsgeschehen, das sich zunächst auf die Gebiete Böhmen und Mähren beschränkt hatte, bricht in den Niederlanden erst 1621 mit der Auseinandersetzung mit den spanischen Herrschern aus. Im Laufe der 1620er und 1630er Jahre beginnen in allen wichtigen Städten des Heiligen Römischen Reichs gedruckte Zeitungen zu erscheinen und man kann von einer Etablierung des Mediums sprechen. In den davorliegenden 15 Jahren verfügen nur wenige Städte auf deutschem, und mit Amsterdam und Antwerpen nur zwei Städte auf niederländischem Territorium, über Zeitungsdruckereien. Der zweite Grund ist die noch relativ große Vielfalt an typografisch unterschiedlichen Zeitungen. Während die Anzahl der Zeitungsunternehmen über das gesamte Jahrhundert hinaus stetig anwächst und mehr und mehr Zeitungen zu erscheinen beginnen, 3 ist die Zahl von 23 Zeitungsunternehmen in den ersten 15 Jahren nach der Erfindung des neuen Mediums noch überschaubar. Über das gesamte Jahrhundert lassen sich auf das Alte Reich bezogen rund 200 Zeitungsunternehmen nachweisen, die mit einer durchschnittlichen Auflage zwischen 350 und 400 Zeitungsexemplaren produzieren.4 Zudem verteilen sich die Zeitungen und ihre Drucker über die verschiedenen Regionen des Reichs. Eine lokale Konkurrenz entsteht nur in Amster- 3 4 Vgl. Fritz 1993, S. 34. Vgl. Koszyk 1972, S. 48–52. 8 dam und eine Auseinandersetzung um das Zeitungsprivileg ist in der freien Reichsstadt Frankfurt am Main 1615 nachweisbar. 5 2 Forschungsbericht Die Geschichte der Erforschung der ersten periodischen Zeitungen beginnt mit einem zufälligen Fund des ersten erhaltenen Jahrgangs, der in Straßburg 1609 erschienenen Relation: Aller Fürnemmen und gedenkwürdigen Historien im Jahre 1876 in der Universitätsbibliothek Heidelberg durch Julius Otto Opel. Drei Jahre nach seiner Entdeckung publiziert er seine Forschungsergebnisse und macht Straßburg als den Druckort und Johann Carolus als den Drucker der Relation aus. 6 Während die wichtigsten bibliografischen Daten schnell erforscht waren, gestaltete sich die Suche nach dem Drucker und dem Druckort des im gleichen Jahr zum ersten Mal erschienen Aviso schwieriger. Eine Reihe von Forschern hat sich an den Fragen abgearbeitet und verschiedenste Druckorte wurden vorgeschlagen, darunter Nürnberg, Augsburg, Hamburg, Frankfurt und Bremen. Erst 1959 konnte Wilhelm Hartmann anhand von Archivalien belegen, dass der Aviso von Julius Adolph von Söhne in Wolfenbüttel gedruckt wurde.7 Ob von Söhne von dem Straßburger Unternehmen Kenntnis hatte ist nicht bekannt.8 Anhand der erhaltenen Zeugen lässt sich allerdings nachweisen, dass die Idee, das bisher als Briefzeitungen kursierenden Medium als Druckmedien zu vertreiben, schnell von anderen Druckern adaptiert wurde. Die Auseinandersetzung mit dem Zeitungsmedium beginnt bereits am Ende des 17. Jahrhunderts. Der Gelehrte Kaspar Stieler veröffentlicht einen »erste[n] umfassenden Versuch einer Gesamtdarstellung des Phänomens Zeitung«. 9 Er erörtert die gesellschaftlichen Vor- und Nachteile der Zeitungslektüre und weist der Information des Publikums die Hauptaufgabe der Zeitung zu. Diese pädagogisch orientierten Ausführungen sind tief verbunden mit den lesepädagogischen Bestrebungen vieler Autoren der Aufklärung. Die von der Industrialisierung geprägte zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und das angehende 19. Jahrhundert brachten Änderungen der Herstellungstechniken der Zeitungen (Dampfpresse und Zylinderdruckmaschine) mit sich. Eine Ausdifferenzierung und Professionalisierung der Zeitungsberufe in dieser Zeit macht zum ersten Mal in der Forschungsgeschichte den Journalisten, seine Aufgaben und seine Rolle im Mediensystem zum Gegenstand des wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses. 10 Bis etwa in die Mitte des 20. Jahrhunderts ist die Zeitung weitgehend Gegenstand einer historisch ausgerichteten Forschung gewesen. Die bisher ausgeprägte Zeitungswissenschaft hat in den 1930er Jahren einen Wandel von einer historisch fokussierten zu einer mit sozialwissenschaftlichen Methoden arbeitenden Publizistikwissenschaft Vgl. dazu S. 45 in dieser Arbeit. Vgl. Opel 1879, S. 50. 7 Vgl. Hartmann 1959, S. 178–180. 8 Vgl. Weber 2005, S. 10. 9 Hagelweide 1974, S. XV. Auszeichnung aus der Vorlage übernommen. 10 Vgl. Gebhardt 2010, S. 882. 5 6 9 gemacht.11 In der Folge hat sich auch der Blick auf die historische Presse gewandelt. Diese wurde von nun an vor allem mit Blick auf ihre gesellschaftlichen Funktionen untersucht. Im Mittelpunkt stand die Übertragung der aus der Propagandaforschung gewonnenen Erkenntnisse und Theoriemodelle der Medienwirkung auf das Medium Zeitung. In der Folge wurde eine Reihe von Medienwirkungstheorien mit Bezug zur Gegenwart der Forschenden angewandt. Jürgen Habermas’ These von der Wandlung der repräsentativen zur bürgerlichen, stratifikatorisch gegliederten Öffentlichkeit basiert auf der Annahme, dass ein breiteres Publikum als je zuvor durch gedruckte periodische Presse informiert werden konnte und es in der Folge zu politischem Räsonnement und einem ökonomischen Aufschwung des Stadtbürgertums kam. 12 Eine Reihe von Studien hat dies im Detail nachgewiesen. So geht Jürgen Bauer auf den Einfluss der Zeitung auf die Öffentlichkeit im 17. Jahrhundert ein und führt den Nachweis, dass der Kommunikationsraum Fürstenhof durch die Einführung der periodischen gedruckten Presse für die Allgemeinheit der Bevölkerung geöffnet wurde und diese Einblick in das Geschehen an den europäischen Fürstenhöfen erhielt. 13 Der Arkanbereich frühneuzeitlicher Politik verschwand langsam und »die für die frühneuzeitliche Gesellschaftsordnung grundlegende Kongruenz von machtausübenden und politisch informierten Personengruppen wurde aufgebrochen.« 14 Ebenfalls stellt er fest, dass die bis dahin gewohnte Form höfischer Öffentlichkeit (Feste und das Zeremoniell) sich nicht mehr mit den neuen Darstellungsmöglichkeiten der dominanter werdenden Zeitung vertrugen. Diese kann als Schriftmedium das nur visuell und zeitgleich mit der Darstellung wirksame höfisch inszenierte Zeremoniell nicht transportieren. 15 Der Erforschung der in den Niederlanden gedruckten Zeitungen beginnt mit dem bibliografischen Verzeichnis durch Folke Dahl. Die ersten vier Zeitungen, die in Amsterdam und Antwerpen gedruckt wurden, erschienen in niederländischer, englischer und französischer Sprache. Die Presse in England beginnt mit dem Druck der News from Most Parts of Christendom or Weekly News from Italy, einem Gemeinschaftsunternehmen der Drucker Nathaniel Butter und Nicholas Bourne im Jahr 1621. 16 Während Shaaber die in Amsterdam gedruckten englischen Zeitungen von 1620 noch nicht bekannt gewesen waren, bezeichnet Joad Raymond sie als Vorläufer der periodischen Presse, 17 sieht sie aber nicht als die ersten gedruckten englischen Zeitungen an. Gründe dafür muss man in dem kurzen Erscheinungszeitraum der Zeitung (sie wurde nur ein Jahr gedruckt) suchen. Dass der erste Jahrgang der Straßburger Relation nicht 1609, sondern bereits vier Jahre zuvor erschienen ist, hat Johannes Weber anhand von Archivfunden 2005 nachgewiesen. In einer Eingabe Johann Carolus’ bittet der Drucker den Rat der Stadt um das Privileg für den Zeitungsdruck. Die Worte »[Ich habe, J.H.] / Aber allein Zu Vgl. O´Malley 2012, S. 289. Vgl. Habermas 1990, S. 24. 13 Vgl. Bauer 2008, S. 38. 14 Ebd., S. 39. 15 Vgl. Bauer 2003, S. 43–49. 16 Vgl. Shaaber 1932, S. 551. 17 Vgl. Raymond 2005, S. 43. 11 12 10 befürderung unnd gewinnung der Zeit / Inn meiner Truckerey dieselbigen [Die Avisen, J.H.] setzen / ufflegen unnd trucken laßen.« 18 Das 1605 verfasste Dokument lässt den Schluss zu, dass Carolus frühestens am Jahresbeginn 1605, wenn nicht schon früher, mit dem Zeitungsdruck begonnen hat. Bibliografisch wurden die Relation und der Aviso zuerst in zwei Faksimileeditionen von Walter Schöne erfasst. 19 Else Bogel und Elger Blühm haben eine dreibändige Bibliografie der deutschen Zeitungen im 17. Jahrhundert, die Angaben zu dem Erscheinungszeitraum, der Gestaltung und den Druckern sowie Literaturhinweise erhält, 1971 aufgelegt. Ein Nachtragsband mit Ergänzungen und Korrekturen ist 1985 erschienen. Eine typografische Analyse der frühen gedruckten Zeitungen ist von Ruth Wölfle für die deutschen Ausgaben vorgenommen worden. Genaue Beschreibungen der Unterschiede zu den niederländischen Zeitungen liegen nicht vor. Allein das Titelblatt des 1612er Jahrgangs des Aviso ist von Walter Achilles mit dem Ziel untersucht worden, Hartmanns Nachweis von Wolfenbüttel als Druckort zu stützen.20 3 Methode und theoretische Grundlagen Das Medium Zeitung wird aufgrund seiner vielfältigen gesellschaftlichen Funktionen hauptsächlich von der Kommunikations- und Medienwissenschaft, der Publizistik und den Geschichtswissenschaften erforscht. Mit gegenwärtigem Bezug kommt die Medienökonomie hinzu, die mit sozialwissenschaftlichen und ökonomischen Theorien die Produktion, Distribution und Konsumtion von Presseangeboten untersucht. Diese Studie hat einen kommunikations- und medienhistorischen Hintergrund und bedient sich in der typografischen Analyse der Zeitungen einer hermeneutischen Methode. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den konkurrierenden Nachrichtenmedien der Frühen Neuzeit. Ausgehend von Riepls Annahme, dass neu entstehende Medien die alten Medien funktional ergänzen und es nicht zu einer Verdrängung kommt, werden die wichtigen Nachrichtenmedien (Flugblatt und -schrift, Briefzeitung und Meßrelation) in Bezug auf die für Zeitungen charakteristischen vier Kategorien Aktualität, Universalität, Publizität und Periodizität untersucht. Darauf folgend setzt eine Organisationsanalyse an, die die maßgeblichen an der Zeitungskommunikation beteiligten Organisationen betrachtet. Dabei soll die auf Ulrich Saxers Theoriemodell der Medienanalyse aufbauende Analyse herausarbeiten, welche Organisationen am Zeitungsdruck beteiligt sind und wie sie sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Letztlich wird, basierend auf der bibliografischen Zusammenstellung, eine Beschreibung der Gestalt der Zeitungen zu leisten sein. Im Hintergrund steht hier die Frage, welche Lesarten die gestalterischen Entscheidungen der Drucker in dem neuen Medium den Rezipienten nahelegen. Im ersten Kapitel werden die gedruckten Zeitungen als neues Medium am Beginn des 17. Jahrhunderts in den medialen Kontext eingeordnet. Die wichtigsten schriftZitiert nach Weber 2005, S. 6. Vgl. Schöne 1939 und 1940. 20 Vgl. Achilles 1969, S. 192–195. 18 19 11 basierten Medien der Zeit, das Flugblatt und die Flugschrift, die geschriebene Briefzeitung und die Meßrelation werden in Bezug zur gedruckten Zeitung gesetzt. Die Grundlage dafür ist die Auswertung von Einzelstudien und eine Systematisierung der Erkenntnisse anhand der für die Zeitung charakteristischen Eigenschaften Aktualität, Periodizität, Universalität und Publizität. Im zweiten Kapitel stehen die an der Zeitungskommunikation beteiligten Organisationen im Mittelpunkt. Hier gilt es herauszufinden, welche Organisationen an der Leistungserstellung in welcher Art und Weise beteiligt sind. Quelle dafür ist eine Sekundärauswertung bereits vorliegender Forschungsergebnisse und daran anschließend der Versuch einer Systematisierung. Der Medienwissenschaftler Ulrich Saxer ist Vertreter eines integrativen Medienbegriffs und hat mit Blick auf die Analyse von Druckmedien sieben Analysedimensionen ausgemacht. 21 Eine bewusst getroffene Auswahl aus diesen Dimensionen bildet die theoretische Forschungsgrundlage. Demzufolge lassen sich Druckmedien hinsichtlich ihrer Systemhaftigkeit, Technizität, Komplexität, Organisiertheit, Funktionalität und Institutionalisiertheit untersuchen. Diese Auswahl stellt eine Ableitung der von ihm vertretenen sieben Analyseperspektiven der Medien Systemhaftigkeit, Intermedialität, Technizität, Organisiertheit, Funktionalität, Institutionalisiertheit und Medienwandel allgemein dar. In dieser Studie wurde bewusst eine Beschränkung auf den Aspekt der Organisiertheit gewählt. Für eine Analyse der anderen Faktoren sind Angaben bezüglich des Lesepublikums und der Leseweisen der Zeitungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vonnöten. Diese liegen allerdings bisher nicht vor. Mit Saxers Theoriemodell sind Thesen verbunden. So bestimmt Saxer Medien als Organisationen von Elementen, die nur in Verbindung mit übergeordneten Systemen (Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, etc.) leistungsfähig sein können. Um das Funktionspotenzial der Zeitung zu realisieren, müssen die Prozesse der Nachrichtenbeschaffung, der Herstellung, der Distribution und der Rezeption in ein sinnvolles System eingebunden werden und von (Teil-)Organisationen übernommen werden. Das System Zeitung unterschiedet sich an dieser Stelle maßgeblich von anderen Mediensystemen der Frühen Neuzeit, besonders in den Aspekten der Herstellung und der Distribution. Dadurch, dass die Zeitung gedruckt wird, ist eine Auflagensteigerung möglich, die allerdings auch eine Konzeption des Mediums für ein anonymes Publikum bedingt. Medienkommunikation ist bestimmt durch die Organisiertheit von Medien. Der Grad der Rationalisierung im Herstellungsprozess entscheidet beispielsweise mit über den Bereitstellungspreis eines Mediums. 22 An der Medienkommunikation selbst sind verschiedene Organisationen beteiligt, die zu einem (eu-)funktionalem Ablauf der Kommunikation beitragen. Im Vergleich der deutschen und niederländischen Zeitungen wird deutlich, dass in Abhängigkeit von dem jeweils geltenden politischen System die Organisationen in unterschiedlicher Weise am Kommunikationsprozess beteiligt sind. An zentraler Stelle stehen in beiden Fällen die Drucker, die die Aufgaben Sammlung, Druck und Distribution übernehmen. Während deutsche Zeitungen 21 22 Vgl. Saxer 2010, S. 88–94. Vgl. ebd., S. 91. 12 in der Regel per Pferdekurier distribuiert wurden, konnte der englischsprachige Corante of Germany sein Zielpublikum in London nur per Schiff aus Amsterdam erreichen. Ebenfalls lassen sich unterschiedliche Ausgangslagen in der Kommunikationskontrolle entdecken. Im dezentral organisierten und politisch kleinteiligen Deutschland beschränkte sich die Berichterstattung in Zeitungen auf politische und militärische Ereignisse, die jenseits des lokalen Machtbereichs des Hofs lagen. In Deutschland wurde die Herausgabe von Zeitungen in der Regel durch lokale und bis ins 19. Jahrhundert 23 üblichen Druckprivilegien geregelt. Mit diesem Schutz vor unerlaubtem Nachdruck waren für den Drucker meist auch Einschränkungen verbunden. So durften etwa keine lokalen Nachrichten in die Zeitungen aufgenommen werden, wobei sich lokal auf den (Fürsten-)Hof am Druckort bezog. Die typografische Auswertung stützt sich auf die genaue bibliografische Beschreibung aller zwischen 1605 und 1620 gedruckten Zeitungsexemplare im Anhang dieser Studie. Eine Synthese der Beobachtungen an den einzelnen Exemplaren wird anhand einer Analyse nach makro- und mikrotypografischen Eigenschaften erstellt und exemplarische Beispiele werden erläutert. Typografische Entscheidungen seitens der Drucker intendieren eine mögliche Rezeption. Diese ist für die deutschen und niederländischen Zeitungen zu bestimmen. II Die Zeitung im Medienverbund Die medienhistorische Zäsur, die mit dem Beginn des Zeitungsdrucks ansetzt, charakterisiert Wolfgang Behringer als eine tiefgreifende. Mit dem Aufkommen der Zeitungen wird der Blick in die Zukunft gerichtet und es entsteht ein Medium, das zum ersten Mal einen immer größer werdenden Rezipientenkreis regelmäßig und zu einem vergleichsweise kleinen Preis mit Nachrichten versorgen kann.24 Medien mit einem Nachrichtenanteil haben im Laufe der Frühen Neuzeit insgesamt einen immer größeren Anteil an der Gesamtdruckproduktion gewonnen, wenngleich absolute Zahlen dazu nicht rekonstruierbar sind. Die Zeitung war das Medium, das den Leser über die gesellschaftlichen, politischen und militärischen Nachrichten der Gegenwart informierte. Allerdings haben nicht nur Zeitungen im 17. Jahrhundert die Aufgabe der Übermittlung sachlich dargestellter Informationen übernommen. Eine Auswahl an Medien, über die er sich mehr oder weniger aktuell über das Tagesgeschehen informieren konnte, stand dem Leser bereits seit dem Beginn der Flugpublizistik zur Verfügung. In relativ kurzer Zeit nach ihrem ersten Erscheinen 1605 übernehmen gedruckte Zeitungen einen eigenen Funktionsbereich. Andere Medien wie beispielsweise das Flugblatt und die Flugschrift reagierten darauf mit einer zunehmenden Beschränkung auf erbauliche und agitative Inhalte. 25 Dieser Funktionswandel der Medien erstreckt sich allerdings über die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts. Vgl. Gergen 2013, S. 87. Vgl. Behringer 2003, S. 303. 25 Vgl. Straßner 1999b, S. 795–799. 23 24 13 1 Der Gegenstand Zeitung Der Begriff Zeitung bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch ein gedruckt erscheinendes Presseprodukt, das von einem Presseverlag hergestellt und auf einem nach ökonomisch geregelten Markt vertrieben wird.26 Etymologisch taucht das Wort zum ersten Mal in der kölnisch-flämischen Handelssprache des 14. Jahrhunderts auf. 27 Das substantivisch verwendete Zîdunge oder Zîdinge beschreibt kein Medienprodukt im heutigen Sinne, sondern bezeichnet eine Nachricht. Mit dem Aufkommen der gedruckten Zeitungen wird der Begriff synonym sowohl für die Nachricht als auch das Medium gebraucht. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat eine Bedeutungsverengung eingesetzt und heute bezeichnet der Ausdruck lediglich eine Mediengattung. Bevor die wichtigen Nachrichtenmedien des 17. Jahrhunderts dargestellt werden können, muss das Medium Zeitung bestimmt werden. Die grundlegende Definition der Zeitung stammt von Otto Groth. Dieser definiert diejenigen Medien als Zeitung, die folgende vier Merkmale aufweisen:28 • • • • Aktualität Periodizität Universalität Publizität Mit dem Beginn des Drucks der Straßburger Relation und des Wolfenbütteler Aviso trafen diese Merkmale zum ersten Mal in einem Druckmedium zusammen. Für die Drucker und das Publikum waren diese Eigenschaften eines Mediums in der Frühen Neuzeit bekannt, die Kombination machte das Alleinstellungsmerkmal der Zeitung aus. Die Aktualität der Zeitung bezieht sich auf die Eigenschaft des Mediums, nur Vorgänge aus der unmittelbaren zeitlichen Nähe zum Erscheinungstermin zu berichten. Während in Zeitungen der Gegenwart Ressorts (Aktuelles, Politik, Wirtschaft, Feuilleton usw.) üblich sind, ist es charakteristisch für die frühen Zeitungen, dass sie in ungeordneter Reihenfolge über gegenwärtige Vorgänge und Ereignisse berichten und keine die Gegenwart räsonierenden Anteile haben. In den frühen gedruckten Zeitungen findet ausschließlich eine aktuelle Berichterstattung statt. Das Alter der Nachrichten variiert je nach dem Eingang der Berichte. Die Kurse der Postkutschen bedingen somit die Aktualität der Nachrichten. Meldungen aus Gebieten, die weit entfernt vom Druckort einer Zeitung liegen, werden also mit einer größeren zeitlichen Verzögerung abgedruckt als diejenigen, die aus der unmittelbaren Umgebung stammen. Die Nachrichten aus weit entfernten Gebieten waren in der Frühen Neuzeit teilweise monatelang unterwegs. 29 Lange Transportwege stellten eine Schwierigkeit dar, wenn es darum ging, die Aktualität der Zeitung sicherzustellen. Gefordert wurde von den Druckern eine möglichst schnelle Produktion, damit die Zeitungen Vgl. Pürer / Raabe 2007, S. 10–12. Vgl. Wilke 2009, S. 62. 28 Vgl. Groth 1948, S. 339–345. 29 Vgl. Bialowons 1969, S. 94. 26 27 14 über die Post möglichst schnell in den Umlauf gebracht werden konnten. Johann Carolus bemerkt in seiner Vorrede zum ersten Jahrgang der Relation von 1609, dass »[Die Zeitung] bey der Nacht eylend gefertigt werden muß«.30 Damit gibt der Drucker einen Einblick in die Produktionsweise der frühen Zeitungen. Diese mussten unmittelbar nach dem gebündelten Eintreffen der Nachrichten an einem Wochentag in Nachtarbeit in den Satz und den Druck gehen. Diese vergleichsweise anstrengende Produktionsweise lässt sich mit dem Anspruch an die Aktualität erklären. Mit der Aktualität hängt das Merkmal Relevanz zusammen. Diese ist »keine Eigenschaft der berichteten Ereignisse an sich […], sondern stets im Bezug zu den Erwartungen der Berichtenden wie auch der Leser zu sehen«. 31 Ob man im Fall der frühen gedruckten Zeitungen von Erwartungen des Publikums ausgehen kann, ist fraglich. Bei der Zeitung handelt es sich um ein neues Medium, dessen Umgang erst eingeübt werden muss und dessen Darstellungskonventionen der Inhalte auf den geschriebenen Zeitungen beruhen. Diese allerdings waren in einer Verwaltungssprache 32 verfasst und stellte den Großteil der bürgerlichen Leser vor neue Herausforderungen. Der Schreibstil begann sich erst ab etwa den 1640er Jahren hin zu einem leserfreundlichen Duktus zu entwickeln. 33 Die Periodizität beschreibt die Eigenschaft der Zeitung, wiederholt und in einem festen Rhythmus zu erscheinen. Während gegenwärtig fast alle Zeitungen täglich erscheinen (Tageszeitung), wurden die Zeitungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis auf wenige Ausnahmen einmal wöchentlich gedruckt (Wochenzeitung). Die bibliografische Auswertung hat ergeben, dass von 17 der insgesamt 23 untersuchten Zeitungen heute ganze Jahrgänge mit jeweils 52 Nummern pro Jahr in den Beständen vorhanden sind. Nur zwei Zeitungen erschienen unregelmäßig in höherer Frequenz (Vgl. Abb. 8 und Abb. 18). Die Frequenz von einer Ausgabe pro Woche hat sich schnell als Standard durchgesetzt. Nur vereinzelt finden sich Beispiele dafür, dass eine Zeitung öfter als einmal in der Woche erscheint. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beginnen sich Tageszeitungen durchzusetzten, die zwischen fünf und sechs Mal in der Woche erschienen. Im unmittelbaren Nachgang des Dreißigjährigen Kriegs waren es ökonomische Interessen, die dafür sorgten, dass der Leipziger Drucker Thimotheus Ritzsch seine Einkommenden Zeitungen zum ersten Mal 1650 täglich drucken ließ. 34 Der Erscheinungstag der Zeitung war ebenfalls von der Lage an der Postroute und dem Eintreffen der Nachrichten abhängig. Es lassen sich Beispiele für Zeitungen finden, die an allen sechs Arbeitstagen erschienen sind. Es scheint allerdings eine gewisse Präferenz dafür zu geben, die Zeitungen zum Beginn der Woche am Montag und Dienstag Historischer Welt-Spiegel (Vgl. Abb. 20) und zum Ende der Arbeitswoche am Freitag und Samstag zu publizieren Avisa Relation oder Zeitung (Vgl. Abb. 4). In den 1640er Jahre beginnen in den Carolus 1609, zitiert nach Schröder 1995, S. 287. Pürer / Raabe 2007, S. 12. 32 Aus den gedruckten und den geschriebenen Zeitungen hat sich die Kameralistik, d. h. die fürstliche Technik der Buchführung entwickelt. Vgl. dazu auch Böning 2002, S. 21. 33 Vgl. Schröder 1995, S. 254. 34 Vgl. Weber 2010, S. 97. 30 31 15 Niederlanden Zeitungen zu erscheinen, die ihren Erscheinungstag bereits im Titel tragen. Verbunden ist dieses Schema der Benennung mit den beiden Druckern Mathijs van Meininga und Broer Janszoon. Im Falle von van Meininga tragen alle seine Zeitungen ihren Erscheinungstag im Titel (Europische Dingsdaeghs Courant, 1642– 1644, Europische Dondderdaeghs Courant 1644–1648, Europische Saterdaeghs Courant 1642–1650, Ordinaris Dingsdaegsche Courante 1648–1652). Broer Janszoon lässt zwischen 1648 und 1652 die Saterdaeghsche Courante erscheinen. Auch hier wird durch den Titel bereits ein deutlicher Hinweis auf die periodische Erscheinungsweise gegeben. Für den deutschen Zeitungsdruck sind derartige Beispiele erst im 18. Jahrhundert greifbar. Die Universalität einer Zeitung bezeichnet ihre Eigenschaft, grundsätzlich jedes Thema aufzunehmen und ein prinzipiell unbegrenztes Themenspektrum zum Gegenstand der Berichterstattung zu machen.35 In den frühen gedruckten Zeitungen können alle Themenbereiche auftauchen, der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt auf politischen, militärischen und Handelsnachrichten. Während sich in modernen Zeitungen die thematische Vielfalt in den unterschiedlichen Ressorts ausdrückt, verfügt keine der Zeitungen aus dem Untersuchungszeitraum über eine klare Trennung nach inhaltlichen Gesichtspunkten. So kommt es, dass politische Nachrichten aus den Fürstenhöfen in unmittelbarer Nähe zu Nachrichten aus der Kirche stehen. Deutlich verdrängt wurde bereits in den Anfangsjahren der Anteil an Sensationsmeldungen, wie sie häufig in Flugblättern auftauchten.36 Unerklärliche Naturerscheinungen und Wetterphänomene finden sich in der Hauptsache in Flugblätternund Schriften wieder, tauchen aber auch vereinzelt in den gedruckten Zeitungen auf. In Ihrem Titel weisen viele der Zeitungen explizit auf die Universalität der Inhalte hin. Einerseits haben die Titel die Funktion einer Ankündigung bzw. Auflistung des Inhalts, da sie auf die Regionen hinweisen aus denen die Nachrichten stammen. Ab 1620 gibt in Köln Johann Mertzenich die Rapporten heraus. Der Titel weist auf den umfassenden Charakter der Zeitung hin. Rapporten, das sich mit dem nhd. Berichten übersetzen lässt, bezeichnet im Sprachgebrauch der Frühen Neuzeit die Sammlung von Nachrichten. Schließlich kennzeichnen sich Zeitungen durch das Merkmal Publizität, d. h. die allgemeine Zugänglichkeit des Mediums. 37 In der Frühen Neuzeit ist diese Zugänglichkeit vor allem durch den Preis bestimmt. Gedruckte Zeitungen kosteten im Vergleich zu den handschriftlich erstellten Avisi gut fünf bis zehn Mal weniger und waren somit einem größeren und weniger kaufkraftstarken Publikum zugänglich. Genaue Angaben zu den Preisen der Zeitungen sind nur in den wenigsten Fällen greifbar, Sporhan-Krempel geht im Falle von geschriebenen Zeitungen von einem Verkaufspreis von rund 10 Gulden pro Exemplar aus, 38 für gedruckte Zeitungen kann demzufolge vorsichtig von einem Preis von 2 Gulden pro Exemplar ausgegangen Vgl. Pürer / Raabe 2007, S. 13. Vgl. Würgler 2009, S. 35. 37 Vgl. Pürer / Raabe 2007, S. 13. 38 Vgl. Sporhan-Krempel 1968, S. 126. 35 36 16 werden.39 Damit ist zwangsläufig eine Erweiterung des Publikums verbunden. Für den Fall der Produktionskosten sorgt der Druck des Mediums. Mit einer Durchschnittsauflage von 250 bis 400 Exemplaren konnten die Stückkosten gesenkt und der Preis entsprechend niedriger angesetzt werden. Für die Publizität der Zeitungen ist es entscheidend, dass der potenzielle Rezipient auf Grundlage der einfachen Verfügbarkeit auf das Medium zugreifen kann. Abonnementmodelle und der stationäre Absatz über Verkaufsstellen sorgen dafür, dass der Zeitung eine Publizität zukommt. 2 Vorläufer der Zeitung Die gedruckte Zeitung ist in der Frühen Neuzeit nicht das einzige Medium, in dem Neuigkeiten verbreitet werden. Für den Bereich der schriftbasierten Medien sind das Flugblatt und die Flugschrift, die Meßrelation und die (geschriebene) Briefzeitung noch lange parallel existierende Medien, aus denen sich das Nachrichtenbedürfnis des Publikums stillt. Hinzu kommen das persönliche Gespräch und die Predigt als mündliche Kommunikationsformen. Der Marktplatz und die Kirche im 16. und 17. Jahrhundert waren Orte, an denen Nachrichten politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer oder militärischer Natur tagesaktuell ausgetauscht wurden. Der Wanderhandel mit Druckprodukten und die Wanderprediger sorgten dafür, dass lokale Nachrichten über einen größeren geografischen Radius zirkuliert wurden. Fahrende Händler distribuierten neben den Waren in den Gesprächen mit den Kunden auch Nachrichten. Sie waren die Verkünder von Nachrichten aus anderen Gebieten und nahmen außerdem Kenntnis von Neuigkeiten, die sich in der Region ereigneten, in denen sie ihre Geschäfte betrieben, und trugen diese in andere Gegenden weiter. Prinzipiell ähnlich verhielt es sich mit den Predigten. Im 16. und 17. Jahrhundert war es gängige Praxis, in die sonntägliche Liturgie das Verkünden von Neuigkeiten von der aus dem lokalen Raum in den Gottesdienst einzubauen. Alle diese Medien haben aufgrund ihrer Herstellungs- und Distributionsweise eine spezifische Leistungsfähigkeit, die im Abgleich mit den Zeitungen im Folgenden nun erläutert werden muss. Allerdings beschränkt sich dieser Vergleich auf die schriftbasierten Medien, da hier ohne einen Rückgriff auf Archivmaterial Aussagen getroffen werden können. 2.1 Flugblatt und Flugschrift Flugblätter und Flugschriften gehören zu den am breitesten rezipierten Nachrichtenmedien der Frühen Neuzeit. Beide Medien werden in diesem Teil gemeinsam behandelt, da sie sich zwar in den Inhalten unterscheiden können, jedoch für ein ähnliches Publikum produziert wurden. Zudem entwickelt sich aus diesen beiden Medien seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit der Neuen Zeitung ein Medium, das eine Reihe an Eigenschaften mit den gedruckten Zeitungen teilt. Ein Flugblatt bezeichnet zunächst ein einseitig bedrucktes Blatt.40 Seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts werden erste Flugblätter im Holzdruckverfahren hergestellt.41 Vgl. Welke 1976, S. 163. Vgl. Schilling 1999, S. 817. 41 Vgl. ebd., S. 817–819. 39 40 17 Nur kurze Zeit später setzt ebenfalls im gleichen xylografischen Druckverfahren die Flugschriftenproduktion ein. Während die Flugschrift ab dem späten 17. Jahrhundert immer weniger populär wurde, hat sich das Medium Flugblatt bis heute erhalten und erfüllt beispielsweise Werbe- und Informationsaufgaben. Flugblätter, die Nachrichten beinhalten und einen sachlich informierenden Charakter aufweisen, tauchen in einer Vielzahl von Layouts auf. Transportiert das Flugblatt eine Neuigkeit, hat sich spätestens im 16. und 17. Jahrhundert eine feste Konvention für die typografische Gestaltung etabliert. So gehört zum festen Bestandteil eines Nachrichtenflugblatts ein typografisch abgesetzter Titel der den Inhalt wiedergibt und in vielen Fällen auch eine aufmerksamkeitssteigernde Wirkung haben kann. Häufig ist das Blatt mit einer Illustration versehen, die in einer Beziehung zu der geschilderten Begebenheit steht. Gängige und für das Publikum vertraute Anblicke waren Schlachtendarstellungen, Stadtpläne und -ansichten, sowie Portraits. Mit der Etablierung des Kupferstichs in Deutschland im 15. Jahrhundert hielt dieses Tiefdruckverfahren Einzug und erlaubte detailreiche Darstellungen. Einem Nachrichtenflugblatt ist immer auch ein Text beigegeben, der von der Begebenheit berichtet. Je nach Drucker und dessen Intention können die Texte sachlich oder reißerisch, neutral oder parteilich dargestellt werden. Auch wenn Fälle bekannt sind, in denen eine Illustration für verschiedene Nachrichtenflugblätter mit unterschiedlichem Inhalt verwendet wurde, haben Text und Illustration in der Regel einen engen Bezug. Oftmals werden Bildelemente gezielt im Text aufgegriffen und die Illustrationen werden in manchen Fällen erst durch den erklärenden Text ganz verständlich. Für das Flugblatt allgemein ist ein enger Text-Bild-Bezug kennzeichnend. Die Illustration kann im konkreten Fall verschiedene Funktionen übernehmen, hat aber in der Regel immer einen Bezug zum Text und greift dessen Inhalte auf. Merkmal der Flugblätter und Flugschriften ist, dass sie in der Regel für das gemeine Publikum produziert wurden. Der großformatige Druck (oftmals im Foliound Quartformat) sorgt dafür, dass die Medien auf verschiedene Art und Weise rezipiert werden können. Sowohl stille und private Lektüre, wie auch das öffentliche laute Vorlesen und die Demonstration des Sachverhalts anhand der Illustration des Blatts sind möglich. Gebundene Sprache, wie sie sich in manchen Fällen finden lässt, trägt dazu bei, dass die Inhalte in performativer Weise aufgeführt und auch leichter memoriert werden können. Pürer und Raabe weisen darauf hin, dass der inhaltliche Unterschied zwischen Flugblatt und Flugschrift darin besteht, dass die Flugschrift aufgrund des größeren Umfangs in stärkerem Maße zur politischen Beeinflussung und zur Propaganda eingesetzt wurde.42 Eine Sonderform der Nachrichtenpresse im Flugblatt und der Flugschrift ist die Neue Zeitung. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form des Flugblatts bzw. der Flugschrift, das rein der Darstellung einer politischen oder militärischen Nachricht gewidmet ist. Aus dem Jahre 1502 ist das erste Nachrichtenblatt überliefert, das den Begriff Newe Zeytung im Titel trägt. 43 Formal können die neuen Zeitungen als Flugblätter und Flugschriften erscheinen, ihr Umfang reicht von einer bis zu 20 Seiten. 42 43 Vgl. ebd., S. 43. Vgl. Stöber 2005, S. 36. 18 Der thematische Umfang dieser Publikationen war auf die Wiedergabe politischer und militärischer Nachrichten begrenzt. Trotzdem haben sich Neue Zeitungen erhalten, die über Kuriosa berichten oder Sensationsnachrichten verbreiten. Der Aktualitätsgrad dieser Zeitungen nimmt im Laufe des Jahrhunderts zu. Während vermutlich 1508 (oder 1515) in Augsburg die Copia der neuen Zeitung aus Presillg Land 44 das deutsche Publikum über die Entdeckung Brasiliens unterrichtet, liegt die formale Entdeckung Brasiliens durch den Spanier Vicente Yáñez Pinzón 1499 und die politische Annektierung durch den Portugiesen Pedro Álvares Cabral bereits neun bzw. acht Jahre zurück. Behringer vermutet, dass der Ausbau der Postinfrastruktur und des darauf basierenden Botenwesens sowie die steigende Nachfrage durch das Publikum dazu führte, dass immer mehr Neue Zeitungen zum Ende des Jahrhunderts hin erschienen.45 Die strenge Beschränkung auf eine Nachricht pro Neuer Zeitung wurde vor allem im Zeitraum zwischen 1595 und 1605 gelockert. Die Neuen Zeitungen wurden umfangreicher und enthielten eine Anzahl an Nachrichten, die zwischen zwei und fünf schwankt. Der Umfang dieser Zeitungen zwischen vier und acht Druckseiten entspricht dem Umfang, den die ersten in Deutschland erscheinenden Zeitungen haben. Als Serienzeitungen bezeichnet man nummerierte Flugblätter. Sie berichteten in zusammenhängender Form über den Ablauf eines Ereignisses. 46 Damit nehmen sie zum ersten Mal als Medium den Prozess bzw. den Verlauf (beispielsweise einer militärischen Auseinandersetzung) in den Blick und stellen keine abgeschlossenen Handlungen dar. Mit gewisser Regelmäßigkeit, die Frequenz der Erscheinung lässt sich heute allerdings nicht mehr rekonstruieren, berichteten die Serienzeitungen von politischen und militärischen Nachrichten der Gegenwart. Früheste Exemplare dieser Mediengattung, die noch unter den Bereich Flugblatt und Flugschrift zu subsumieren sind, stammen aus dem Jahr 1566.47 In einigen Fällen sind diese Serienzeitungen bereits durch die Drucker nummeriert worden. 48 Der Leser ist durch die Nummerierung nachträglich in der Lage, den Ablauf eines geschilderten Vorgangs nachzuvollziehen. Außerdem stellt die Nummerierung eine Hilfe für den Buchbinder dar. Jürgen Wilke spricht im Falle der durchnummerierten Serienzeitungen von einer Vorform der Serialität und Periodizität der gedruckten Zeitungen.49 Welches Verhältnis haben nun die Flugblätter und Flugschriften sowie die Sonderform der Neuen Zeitung zu den ersten gedruckten periodischen Zeitungen? Flugblätter und Flugschriften können als Vorläufer der Zeitung eingestuft werden. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts ist in diesen Medien eine ansteigende Aktualität in der Berichtserstattung nachvollziehbar. Mit den Zeitungen teilen sich Flugblätter und Flugschriften dort, wo sie über politische und militärische Neuigkeiten in einer differenzierten und undogmatischen Weise berichten, die Eigenschaften eines NachrichVgl. Pinheiro 2004, S. 201–203. Vgl. Behringer 2003, S. 308. 46 Vgl. ebd., S. 309. 47 Vgl. Schottenloher 1922, S. 166. 48 Vgl. Wilke 2008, S. 34. 49 Vgl. ebd., S. 35. 44 45 19 tenmediums. Sie liefern in manchen Fällen direkt den Inhalt für die Zeitungen, weswegen ein inhaltlicher Bezug besteht. In den Eigenschaften Aktualität und Periodizität besteht ebenfalls ein gradueller Zusammenhang. Im Gegensatz zu den ersten gedruckten periodischen Zeitungen weisen sie in der Ausstattung allerdings Unterschiede auf. Während vor allem das Flugblatt auf die Wirkung der Illustration setzt, finden sich Illustrationen auch auf Flugschriften. Hier sind sie in der Regel als ein grafisches Element auf dem Titelblatt eingebunden. Die ersten gedruckten Zeitungen dagegen sind nicht illustriert. In Fällen, in denen ein Jahrestitelblatt erhalten ist, wie etwa in der Ausgabe des Aviso von 1609 und 1612, hat die Illustration auf dem Jahrestitelblatt rein schmückende Funktion und steht in keiner Beziehung zum Inhalt. Achilles vermutet, dass die in der Illustration wiedergegebene Szene auf den Wolfenbütteler Hof anspielt.50 Schwierig ist es, eine allgemeingültige Abschätzung in Bezug auf die Aktualität der Flugpublizistik zu treffen. Aufgrund des geringen Umfangs konnten Flugblätter und -schriften schnell hergestellt werden. Sie besitzen somit das Potenzial einer hohen Aktualität, obgleich sie nicht realisiert sein muss. 51 Eindeutige Überschneidungen mit der Zeitung sind im Bereich Universalität nachzuweisen. Für die Zeitung wie das Flugblatt und die Flugschrift gilt, was berichtenswert und von allgemeinem Interesse ist, findet Aufnahme. Unterschiede ergeben sich eher zwischen deutschen und den in den Niederlanden gedruckten Zeitungen. Diese unterliegen einem unterschiedlichen System der Kommunikationskontrolle. Während deutschen Zeitungsdrucker Privilegien in der Regel mit der Einschränkung erwerben, keine Lokalberichterstattung zu betreiben, müssen die niederländischen Drucker bei der englischsprachigen Corrant from Italy, Germany, etc Rücksicht auf die Gegebenheiten auf dem englischen Markt nehmen und mit der Zeitung eine gewisse konfessionelle Färbung an den Tag zu legen. In inhaltlicher Hinsicht sind die deutsche Zeitungen sowie die anonym erschienenen Flugblätter und -schriften nie umfassend und effektiv zensiert gewesen. 52 Hier muss allerdings auch festgestellt werden, dass die Universalität als Eigenschaft der Flugblätter und Flugschriften nur auf die gesamte Mediengattung anzuwenden ist. Das einzelne Flugblatt oder die einzelne Flugschrift berichtet über nur eine einzige Begebenheit. Die Zeitungen hingegen realisieren die Universalität in jeder einzelnen Ausgabe aufs Neue. Indem in jeder Zeitung eine Reihe von Meldungen aus den unterschiedlichsten politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen und regionalen Sphären erscheint, trifft hier zum ersten Mal in der Geschichte der Medienentwicklung das Merkmal Universalität auf jede einzelne Ausgabe der Mediengattung Zeitung zu. 53 Am Beispiel der Serienzeitung lassen sich ebenfalls Ansätze einer Periodizität nachweisen. Obwohl der genaue Erscheinungsrhythmus der Serienzeitungen unbeVgl. Achilles 1969, S. 193. Vgl. hierzu das Beispiel der Copia der neuen Zeitung aus Presillg Land, die acht Jahre nach dem Eintreffen der ersten Portugiesen dem deutschen Publikum von der Entdeckung Brasiliens berichtet. 52 Vgl. Eisenhardt 1970, S. 55–61. 53 Vgl. Stöber 2005, S. 304. 50 51 20 kannt ist, überspringt das zu berichtende Ereignis hier zum ersten Mal den Rahmen einer einzelnen Nachricht, die in einem einmalig aufgelegten Flugblatt berichtet wird. Blome konstatiert im Blick auf die Zeitungen, dass die Periodizität und das kleinteilige Berichten über politische Willens- und Entscheidungsfindungsprozesse das politische System transparenter, die Arkansphäre der Höfe aufbrechen und politische Motivationen für die Öffentlichkeit im 17. Jahrhundert verständlich gemacht hat. 54 Ansätze und Vorläufer dazu sind sicherlich in den Serienzeitungen zu sehen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass gerade die Serienzeitungen eine gewisse Kontinuität aufweisen, die sich später zur Periodizität der gedruckten Zeitungen weiterentwickeln wird. Der im Vergleich zu anderen Druckmedien geringe Preis der Medien kann den Wochenlohn eines Bediensteten oder einfachen Handwerkers betragen. Daraus ergibt sich eine relativ hohe Publizität der Flugpublizistik. Im Vergleich zu den anderen verfügbaren Medien war der Preis niedrig angesetzt, was einem potenziell großen Anteil der Bevölkerung den Zugang zu Flugblättern und Flugschriften erlaubte. 2.2 Meßrelation Im weitesten Sinne lassen sich die zur Leipziger und Frankfurter Buchmesse erscheinenden Meßrelationen als die ersten periodischen Medien bezeichnen, da sie mit einer geringen (halbjährlich bis jährlichen), jedoch kontinuierlichen Frequenz über einen längeren Zeitraum erscheinen. Meßrelationen waren die ersten Periodika, die das Publikum der Frühen Neuzeit über politische und militärische Vorgänge im umfassenden Sinne informierte. Im Gegensatz vor allem zu den Flugblättern lassen sich in den Meßrelationen keinerlei Kuriosa oder Sensationsberichte nachweisen. 55 Bei Meßrelationen handelt es sich um ursprünglich ungebunden erscheinende Publikationen von unterschiedlichem (ca. 70 bis max. 200 Seiten) Umfang. Die Regel waren allerdings ca. 100 Seiten. 56 Auch wenn viele von deutschen Druckern produzierte Meßrelationen einen lateinischen Titel trugen, war der Nachrichtentext auf Deutsch verfasst. Der Name weist bereits auf die regelmäßige halbjährliche Erscheinungsweise der Medien an den Messen in Frankfurt am Main (seit 1583) und in Leipzig (seit 1605) hin. Der Zusatz Relatio bzw. Relation stammt von dem lateinischen relatio (dt.: Bericht, hintragen, zurückführen) und wird hier im Sinne von Bericht verwendet. Als Sammelbezeichnung für das Medium ist der Begriff Meßrelationen erst im 18. Jahrhundert hinzugefügt worden. 57 Die Inhalte der Meßrelationen stammten aus Flugblättern, Flugschriften und den Neuen Zeitungen. Allerdings finden auch Berichte aus mündlichen Quellen von Postmeistern, Kaufleuten und Reisenden immer wieder Eingang in die Meßrelationen. Über das Publikum liegen nur wenige Kenntnisse vor, die vor allem in Form von Einzelstudien gewonnen wurden. Rousseaux fasst dieses Problem mit den Worten »die wenigen bekannten Studien deuten allerdings darauf hin, daß ihre LeserVgl. Blome 2000, S. 133. Vgl. Pürer / Raabe 2007, S. 45. 56 Vgl. Rousseaux 2004, S. 98. 57 Vgl. Bender 1994, S. 18. 54 55 21 schaft sich vornehmlich aus den städtischen Führungsschichten sowie der staatlichen Funktionselite rekrutierte […]« 58 zusammen. Die erste gedruckte Meßrelation, die Relatio historica stammt von dem österreichischen Drucker Michael von Aitzing und erschien 1583 in Köln. Inhaltlich beschäftigten sich die Meßrelationen mit den politischen Vorgängen, die zwischen den Messen geschahen. Die chronologische Reihenfolge des Geschehens bietet die inhaltliche Gliederung der Medien. Pürer und Raabe weisen darauf hin, dass »[a]ufgrund des geringen Aktualitätsgrads der Texte die Meßrelation weniger einen Vorläufer der (Wochen-)Zeitung [i.S.v. gedruckter, periodischer Zeitung, J.H.] als vielmehr eine frühe Form der Chroniken und Jahrbücher« 59 darstellt. Wendet man die vier Kriterien an, die das Wesen der Zeitung ausmachen, stellt man die größte Übereinstimmung im Bereich Periodizität dar. Meßrelationen erschienen in einem festgelegten Rhythmus. Zwar ist dieses Maß an Periodizität nicht als Garant für eine hohe Aktualität zu werten, trotzdem handelt es sich bei den Meßrelationen um das erste im engeren Sinne periodisch erscheinende Medium – abgesehen von Kalendern. Behringer stellt fest, dass die Meßrelationen weniger wegen ihres periodischen Erscheinens als wegen ihres Umgangs mit den Nachrichten als Vorläufer der Presse zu werten sind. 60 Schon bei Michael von Aitzings Relatio historica lässt sich nachweisen, dass der Ton der Nachrichtengestaltung sehr sachlich und faktenorientiert war. Obwohl Aitzing als bekennender Katholik Grund zur Profilierung hatte, hat er sich als Drucker und Autor der meisten Texte seiner Relatio historica als sehr objektiver Berichterstatter hervorgetan. 61 Die Meßrelationen stellten eine neue Mediengattung dar. Hoher Stil, Objektivität der Darstellung und der Verzicht auf Illustrationen unterschied sie stark von den Flugblättern und -schriften. Ein ebenfalls gradueller Unterschied lässt sich für das Merkmal Aktualität nachweisen. Gegenstand der Meßrelationen waren alle Vorkommnisse, die sich seit dem Erscheinen der letzten Ausgabe zugetragen hatten. Dies hat zur Folge, dass die Aktualität der Meßrelationen im Vergleich etwa zum Flugblatt geringer ist. Zwischen dem halbjährlichen bzw. jährlichen Erscheinen der Meßrelationen liegt bereits für die Leser des 17. Jahrhunderts ein so großer Abstand, dass das Medium als Chronik und nicht als Transportmittel für eine aktuelle Berichterstattung verstanden wird.62 Deutliche Überschneidungen mit den frühen Zeitungen ergeben sich aus der Universalität der Meßrelationen. Bewusst werden keine Themen von politischgesellschaftlicher Relevanz ausgeklammert und von Naturphänomenen über das Kriegsgeschehen bis hin zu Nachrichten aus den Herrscherhäusern und der Handelssphäre findet ein breites Spektrum an Themen Eingang in die Meßrelationen. Eng verbunden mit dem neutralen Standpunkt der Meßrelationen ist auch die hohe UniRousseaux 2004, S. 99. Pürer / Raabe 2007, S. 45. 60 Vgl. Behringer 2003, S. 310. 61 Vgl. Behringer 2003, S. 311. 62 Vgl. Weber 2005, S. 2. 58 59 22 versalität. In dem Medium können aus den Bereichen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft prinzipiell alle für das damalige Publikum relevanten Nachrichten erscheinen, weshalb der Meßrelation ein (nur graduell messbarer) hoher Universalitätsgrad zukommt. Die Publizität wird maßgeblich über den Preis für ein Medium bestimmt. Rousseaux nennt als Durchschnittspreis für eine Meßrelation durchschnittlichen Umfangs 14 Kreutzer.63 Der Preis für ein halbjährliches Abonnement einer Zeitung liegt im 17. Jahrhundert darunter und wird in den folgenden Jahrhunderten gemessen am Anstieg der Kaufkraft und der preiswerter werdenden Distribution über die Zeitung weiter fallen. Die Publizität liegt auf einer graduellen Skala betrachtet niedriger als im Falle der Zeitung. Die allgemeine Verfügbarkeit über den Buchhandel macht die Meßrelation allerdings zu einem attraktiven Medium für ein interessiertes und zahlungsfähiges Publikum. Dies wirkt sich positiv auf die Verbreitung aus. 2.3 Briefzeitung Die Briefzeitung ist der einzige handschriftlich verfasste Vorläufer der periodischen gedruckten Zeitungen. Für das Entstehen der Zeitungen haben sie wie die anderen zum Vergleich stehenden Medien eine große Bedeutung. Briefzeitungen entstanden ursprünglich als Nebenprodukt privater Briefkorrespondenzen und bezeichnen ein handgeschriebenes Medium, das der Übermittlung von Neuigkeiten dient und ab dem 16. Jahrhundert bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nachgewiesen werden kann. Sie sind verfasst für einen dem Absender bekannten Empfänger, der das Neuigkeitenbedürfnis seines Korrespondenzpartners präzise einschätzen kann. Unterschieden werden müssen die Briefzeitungen von geschriebenen Zeitungen. Geschriebene Zeitungen richteten sich an ein anonymes Publikum und waren kommerziell vertriebene Nachrichtenmedien, die aus den Briefzeitungen heraus entstanden. 64 In der frühen Zeitungsforschung prägte Georg Steinhausen die Ansicht, die Zeitung sei alleine aus Briefzeitungen heraus entstanden.65 In der Folge konnten neben Briefzeitungen allerdings auch die anderen hier behandelten Nachrichtenmedien als Vorläufer der Zeitung identifiziert werden. Sie treten zunächst dort auf, wo zwischen Handelsleuten Korrespondenzen geführt werden. Die Briefzeitung ist am Beginn des 16. Jahrhunderts häufig ein der regulären Korrespondenz beigegebenes Blatt, auf dem handschriftlich Neuigkeiten notiert werden. Bereits in der Korrespondenz der Fugger ist nachweisbar, dass in jeder schriftlichen Korrespondenz ein fester Raum für das Einfügen von Neuigkeiten vorgesehen ist.66 Briefzeitungen konnten auf einem separaten Blatt verfasst werden, das vom Empfänger weiterzirkulieren konnte. Oder die Nachricht war bereits in den Brief selbst integriert. Ein bekanntes Beispiel für eine Serie von Briefzeitungen sind die Fuggerzeitungen. In ihnen wurden im Zeitraum zwischen 1568 und 1608 über politische, militärische Vgl. Rousseaux 2001, S. 96. Vgl. Pürer / Raabe 2007, S. 42. 65 Vgl. Steinhausen 1928, S. 53–57. 66 Vgl. Korzendorfer 1928, S. 7–11. 63 64 23 und ökonomische Begebenheiten berichtet. In der Wiener Nationalbibliothek haben sich bis heute rund 35.000 Seiten dieser Korrespondenzen erhalten. In der Hauptsache stammen sie von den Korrespondenten des Augsburger Handelshauses aus fast allen Teilen Europas und der asiatisch-arabischen Welt. Der Beitrag der Briefe zum ökonomischen Erfolg des Fuggerschen Unternehmens ist umstritten.67 Es wird vermutet, dass der Durst nach Informationen und Neuigkeiten aus der bekannten Welt der Fugger-Brüder Octavian Secundus und Philipp Eduard das ausschlaggebende Motiv für das Sammeln der Briefe gewesen ist. 68 Eindeutig waren diese Briefe allerdings noch Bestandteil einer (teil-)privaten Korrespondenz und als solche nicht zur Veröffentlichung gedacht. Bereits seit 1480 ist nachweisbar, dass die in einer Briefzeitung verbreiteten Neuigkeiten Eingang in den Druck von Flugblättern gehabt haben.69 Die Distribution der Briefzeitungen fand bis etwa in die 1580er Jahre hinein über das höfische oder privat organisierte Botenwesen statt. Erst in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewinnt die reguläre Postverbindung eine solche Leistungsfähigkeit, dass auch an eine Distribution von Briefzeitungen über diesen Kanal zu denken ist. 70 Zuvor war lediglich in Norditalien ein leistungsfähiges Postnetz vorhanden, auf dem der briefliche Nachrichtenhandel in Mailand und Venedig aufbauen konnte. Das neu entstandene Postwesen setzte neue Maßstäbe, was die Geschwindigkeit und die Regelmäßigkeit der Zustellung der Nachrichten anbelangt. Feste Postrouten bestanden seit den 1530er Jahren.71 Auch für den schnellen Transsport der gedruckten periodischen Zeitungen wird diese neue infrastrukturelle Gegebenheit wichtig werden. Dies machte für kommerziell arbeitende Briefschreiber den Handel mit Briefen und vor allem den geschriebenen Zeitungen über einen regionalen Markt heraus attraktiv. Der Handel mit Briefen ist zu diesem Zeitpunkt noch relativ jung. Erst 1571 tauchen auf dem oberitalienischen Gebiet die ersten Korrespondenzbüros auf, die in größerem Stil mit den Nachrichten handeln.72 Waren die Briefzeitungen in der Regel von Korrespondenten der Handelshäuser oder der Höfe erstellt, etablierten sich mit den Korrespondenzbüros Geschäftsmodelle von Lohnschreibern, die ca. 20 bis 30 handschriftliche Kopien einer eingetroffenen Neuigkeit erstellten und diese einem zunächst lokalen, später regionalen Publikum zum Kauf anboten. Als Korrespondent kommen die hochstehenden Funktionseliten in der Frühen Neuzeit in Frage. In vielen Fällen sind es die Handelspartner der großen Handelshäuser und Dynastien wie der Fugger in Augsburg. Ebenso kommen die Angestellten selbst in Frage. Gelehrte konnten sich über das Schreiben von Briefzeitungen ein Zubrot verdienen. Politische Nachrichten stammten oft von Korrespondenten an den Höfen, diese waren fest installiert und übernahmen das Verfassen und Versenden von Nachrichten häufig an eine Anzahl von 3 bis 7 anderer Höfe gleichzeitig. Vgl. Schröder 1995, S. 10. Vgl. Fitzler 1937, S. 8. 69 Vgl. Behringer 2003, S. 306. 70 Vgl. ebd., S. 323. 71 Vgl. Bauer 2011, S. 14. 72 Vgl. Behringer 2003, S. 316. 67 68 24 Briefzeitungen werden vom Korrespondenten gezielt auf das Nachrichtenbedürfnis eines Empfängers hin verfasst. 73 In vielen Fällen zirkulieren Briefzeitungen wie die anderen parallel existierenden Nachrichtenmedien innerhalb eines Kreises an Rezipienten. Dieser kann, wie im Falle der Handelsbriefe und der dort beigefügten Zeitungen, auf die Mitarbeiter eines Handelshauses beschränkt sein. Briefzeitungen werden nach der einmaligen Lektüre durch den Empfänger des Briefs in vielen Fällen an Mitarbeiter oder Geschäftspartner weitergegeben.74 Im Falle eines adligen Beziehers eines Zeitungsbriefs wandert das Nachrichtenmedium die höfische Hierarchie entlang nach unten, verlässt aber selten die oberste höfische Führungsriege. Beide Lesergruppen der Briefzeitung, staatliche Obrigkeit und die Handelseliten, waren auf eine kontinuierliche Versorgung mit Nachrichten angewiesen. Mit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wurde die Nachfrage nach geschriebenen Zeitungsbriefen deutlich größer, so dass sich periodische Erscheinungsweisen herausbilden. 75 Als Movens für die Zeitungslektüre werden Neugierde und ein im Alltag begründetes Nachrichtenbedürfnis angeführt.76 Dies führt zur abschließenden Frage, in welchen Bereichen zwischen gedruckten und periodisch erscheinenden Zeitungen und Briefzeitungen sowie den Zeitungsbriefen eine Verbindung besteht. Ihr (teil-) privater Charakter macht die Zeitungsbriefe zu einem nicht-öffentlichen Medium. Dass die Briefe in einer kleinen Gruppe zirkulierten, war zwar gängige Praxis, jedoch wurde das Medium selbst vom Schreiber nicht für ein anonymes Publikum verfasst. Grundsätzlich anders verhält es sich mit den Zeitungsbriefen. Dies fasst Lotte Sporhan-Krempel zusammen: Sie [die geschriebenen Zeitungen, J.H.] erschienen zwar periodisch, sie waren allgemein zugänglich; Sie konnten auch von jedermann gekauft werden. Sie konnte es - de jure. De facto verhielt es sich anders. […] Ein Zeitungsabonnement […] war für den kleinen Mann geradezu unerschwinglich. 77 Anhand dieses Forschungsergebnisses wird deutlich, dass selbst die nach 1600 erschienenen Briefzeitungen aufgrund ihres hohen Preises nicht für das gesamte lesefähige Publikum der Frühen Neuzeit zugänglich waren. Dies bedeutet vor allem eine Einschränkung der Publizität des Mediums, da nur eine kleine, solvente Käufergruppe als Zielpublikum für Briefzeitungen in Frage kommt. Die Einschränkung für eine breite Rezeption, die ein hoher Verkaufspreis mit sich bringt, fällt erst mit den gedruckten Zeitungen wenige Jahre später. Für das Merkmal Universalität muss ebenfalls ein unterschiedliches Fazit für Briefzeitungen und Zeitungsbriefe gezogen werden. Zwar vermitteln Zeitungsbriefe alle wichtigen ökonomischen, politischen und militärischen Ereignisse der Zeit, sie tun dies allerdings in maßgeschneiderter Weise für einen einzelnen Empfänger. Ökonomische Schranken fallen nicht mit dem Beginn der seriellen Herstellung der Briefzeitungen, sie werden im Vergleich zu den Vgl. Riepl 1922, S. 381. Vgl. Gloning, 1996, S. 317. 75 Vgl. Blühm 1977, S. 60. 76 Vgl. Welke 1976, S. 146 77 Sporhan-Krempel 1968, S. 126. 73 74 25 Zeitungsbriefen nur niedriger angesetzt. Von einer maßgeblich größeren Verfügbarkeit des Mediums Briefzeitung und Zeitungsbrief kann nicht gesprochen werden. Die Aktualität der Briefzeitungen und Zeitungsbriefe ist hoch. In einem Vergleich mit den Flugblättern und Flugschriften lässt sich eine deutlich höhere Aktualität feststellen, da sie direkt im Anschluss an eine berichtenswerte Tatsache verfasst werden. Die Aktualität des Mediums ist genau wie im Fall der gedruckten Zeitungen an die Leistungsfähigkeit der Transportmittel geknüpft. Bevor am Ende des 16. Jahrhunderts nicht ein Postnetz entstand, das mit einer bislang nicht gekannten Geschwindigkeit Nachrichten zwischen Produzenten und Rezipienten vermittelte, waren die Briefzeitungen auf den Transport mit den Handelswaren angewiesen. Botschaften in Zeitungsbriefform zwischen den Herrscherhäusern konnten nur über den Botenverkehr abgewickelt werden. Hinzu kommt, dass mit dem Ausbau des Postnetzes Mittelsmänner wie Boten und Handelsreisende umgangen werden konnten, die immer eine Verzögerung in der Distribution bedeuteten. Hier sorgte die ab den 1590er Jahren auch nördlich der Alpen einsetzende Professionalisierung des Handels mit Nachrichtenbriefen für eine beschleunigte Distribution. Periodizität ist gemeinhin kein Merkmal der Briefnachrichten. Zwar konnten sich die Handelshäuser auf einen kontinuierlichen Strom an Nachrichten verlassen, einen festen Rhythmus oder eine Periodizität hatten diese allerdings nicht. Erst mit der Etablierung einer professionellen Versorgung mit Briefzeitungen konnte in Ansätzen eine Periodizität angestrebt werden. Auch in Bezug auf die Universalität ergeben sich Einschränkungen. Je nach Empfänger transportierten die Briefzeitungen nur Nachrichten aus der Interessensphäre des Empfängers, weshalb die Universalität im Vergleich zu den seit 1605 erscheinenden Zeitungen als niedrig eingestuft werden muss. Die Beurteilung der Publizität der Briefnachrichten fällt für Briefzeitungen und Zeitungsbriefe unterschiedlich aus. Die exklusiv für einen adligen oder Handel tätigenden Leser verfassten Briefzeitungen waren für das Gros des lesenden Publikums nicht zugänglich. Die Möglichkeit der Lektüre basierte auf der Beziehung zum Herrscherhaus bzw. der Stellung im Handelsunternehmen. Obwohl die erhaltenen Exemplare der Fuggerzeitungen einen solchen Eindruck vermitteln, waren sie nicht der Allgemeinheit zur Lektüre bestimmt. Mit dem Beginn der Produktion der Briefzeitung ist graduell ein Schritt in Richtung größerer Publizität gemacht. Diese sind zum ersten Mal auf dem freien Markt für die Allgemeinheit zu erwerben. Der vergleichsweise hohe Preis (genaue Angaben liegen für Deutschland nicht vor, Rückschlüsse wurden lediglich aus dem Preis der zwischen 1450 und 1550 in Oberitalien gehandelten Briefzeitungen geschlossen) dazu geführt, dass Briefzeitungen ein exklusives und nur für wenige Käufer erschwinglichen Medium blieben. 78 Gedruckte Zeitungen und Zeitungsbriefe existierten bis in die 1630er Jahre hinein parallel und waren auf dem Markt für Nachrichten enge Konkurrenten. 79 Genau wie im Falle der Flugblätter, Flugschriften und der Meßrelationen bedeutete die Erfindung der gedruckten und periodisch erscheinenden Zeitungen nicht das Aus für die 78 79 Vgl. dazu auch in einer Detailstudie nachgewiesen bei Timmermann 2000, S. 143–145. Vgl. Schröder 1995, S. 64. 26 anderen Medien. Mit Bellingradt lässt sich feststellen, dass Flugblätter und Flugschriften, Meßrelationen und Briefzeitungen nicht einfach nur als die Vorläufer der Zeitungen zu betrachten sind. Von den älteren Medien geht vor allem in Bezug auf die Nachrichtenauswahl eine Beeinflussung der Zeitungen aus. 80 3 Zeitung und konkurrierende Medien: Abhängigkeiten und Unterschiede Wechselwirkungen zwischen den Medien bestehen in beide Richtungen. So haben im Verlauf des 17. Jahrhunderts vor allem Flugblätter und Flugschriften ihre Funktion gewechselt, 81 während Meßrelationen und Briefzeitungen am Ende der ersten Hälfte des Jahrhunderts immer seltener werden und ab ca. 1650 nur noch in Einzelfällen nachweisbar sind. Lang weist nach, dass sich etwa ab den 1620er Jahren die Neue Zeitung in spezielle Nischen zurückzieht, um neben der gedruckten Zeitung bestehen zu können. 82 Als solche Nischen macht Lang auf der Grundlage eines Katalogabgleichs die Bereiche Sensationsberichterstattung, ausführliche Schilderungen, das Lied und literarische Beigaben aus. 83 All diese Elemente finden sich bereits in den Flugblättern und Flugschriften vor der Erfindung der Zeitung im modernen Sinne. Als Inhaltsformate werden sie erst nach der Einführung der Zeitung immer wichtiger und werden etwa in den 1620er Jahren fast die einzigen Inhalte, die in Flugblätter in diesem Jahrhundert vorherrschen. Die Zeitung in Deutschland vollzieht erst in den 1650er Jahren eine zweite Phase der inhaltlichen und gestalterischen Neuausrichtung. Ausgelöst durch den massenhaften Druck an Zeitungen müssen Drucker ihr Produkt diversifizieren, um einen Markterfolg langfristig zu sichern. Vor diesem Hintergrund muss beispielsweise der Druck erster Tageszeitungen in Leipzig durch Timotheus Ritzsch verstanden werden. Auch der in Hamburg erscheinende Nordische Mercurius als erste Zeitung mit einem publizistischen (reformatorischen) Profil ist eine Reaktion auf das sich verschärfende Konkurrenzverhältnis am Zeitungsmarkt. Vgl. Bellingradt 2011, S. 59–63. Vgl. Schilling, S. 201–231; 266–299. 82 Vgl. Lang 2011, S. 83. 83 Vgl. ebd., S. 86. 80 81 27 Abb. 1: Abhängigkeitsverhältnisse der Neuigkeitenmedien in der Frühen Neuzeit. Modifiziert nach Stöber 2005, S. 303 f. Eine Nachricht kann prinzipiell in Flugblatt und Flugschrift, Meßrelation, Briefzeitung und der gedruckten periodischen Zeitung auftauchen. Formal bestehen enge Verbindungen zwischen Flugblatt- und Flugschrift, genauso zwischen der Briefzeitung und der frühen gedruckten Zeitung. Flugblatt und Flugschrift unterscheiden sich maßgeblich in dem Umfang, während sie in bestimmten Fällen gleiche oder ähnliche Inhalte transportieren. Neben der inhaltlichen besteht die formale Beziehung darin, dass sich die einzelnen untersuchten Medien verschiedene Eigenschaften, beispielsweise die Erscheinungsweise, teilen. Die vier für die Zeitung charakteristischen Merkmale (Aktualität, Periodizität, Publizität und Universalität) sind in dieser Kombination nur in der Zeitung vereint. Allerdings besteht die Opposition gegenüber den verglichenen Medien nicht in der Abwesenheit dieser Merkmale sondern ist gradueller Natur. 84 Die frühen Zeitungen müssen beispielsweise nicht das aktuellste Medium sein, Briefzeitungen können unter Umständen eine höhere Aktualität aufweisen, sie sind generell allerdings nicht als universell und nur in sehr geringem Maße als einfach zugängliches Medium (Publizität) zu bezeichnen. Aktualität Periodizität Publizität Universalität Flugblatt/ Flugschrift ereignisbezogen, keine Wiedergabe der Prozesse keine, unregelmäßige Kontinuität insgesamt groß / Einzelmedium gering insgesamt groß / Einzelmedium gering Meßrelation geringer als Flugblatt und Flugschrift halbjährlich / jährlich geringer als periodische Zeitung größer als Flugblatt und Flugschrift 84 Siehe untenstehende Tabelle. 28 Briefzeitung bei direkter Zustellung groß unregelmäßig / im Einzelfall Ansätze einer Periodizität gering insgesamt groß / Einzelmedium gering periodische Zeitung hoch hoch, regelmäßiges Erscheinen sehr groß sehr groß Tab. 1.: Medienspezifische Ausprägung charakteristischer Merkmale. Modifiziert nach Stöber 2005, S. 304. III Zeitungsorganisation und Zeitungskommunikation Im zweiten Kapitel dieser Studie richtet sich der Blick auf die Systemhaftigkeit des Mediums Zeitung am Beginn ihrer Existenz zwischen 1605 und 1620. Dafür, die Organisiertheit genauer zu untersuchen, gibt es eine Reihe von Gründen. Einerseits bietet sich ein Anschluss an bereits publizierte Forschungsergebnisse an, die leicht systematisiert werden können. Die systemtheoretische Medienbetrachtung hat in den vergangenen Jahren eine stärkere Aufmerksamkeit in der historischen und kommunikationswissenschaftlich motivierten Erforschung der Medien gefunden. Eine Reihe von Studien haben die Stellung der Zeitung innerhalb des Mediensystems der Frühen Neuzeit untersucht und nachweisen können, dass dieses sich als zusätzliches Subsystem innerhalb der bereits etablierten Mediensystem neben beispielsweise das System der theologischen Publizistik stellt.85 Eine genauere Analyse, welche Organisationen beteiligt sind und in welcher Form sie dazu beitragen, dass die Zeitungskommunikation entsteht, ist bisher nicht greifbar. 1 Organisationen der Zeitungskommunikation Das Mediensystem wird mit den Aufgaben in Verbindung gebracht, verlässliche Informationen als Entscheidungsgrundlage für politische und ökonomische Zwecke zu liefern. In diesem Kapitel ist es nun die Aufgabe, die einzelnen, mit dieser Aufgabe betrauten Organisationen zu finden und deren genaue Rolle zu beschreiben. Dazu ist es sinnvoll, nach einem Theoriemodell zu suchen, auf das sich die Analyse stützen kann. Für Zeitungen bietet sich der integrative, von Ulrich Saxer entwickelte Ansatz der Medienanalyse an, der erklärende Aussagen in Bezug auf die Entstehungsbedingungen, die Produktion und die Auswirkungen von Medien erzeugt. Leitprinzip für die Analyse wird die Beschäftigung mit der Organisiertheit der Zeitungen sein, die ein System der Zeitungskommunikation in der Frühen Neuzeit erst möglich macht. Im Anschluss an Saxers Nominaldefinition der Medien als »[…] komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen« 86 wird hier bewusst der Aspekt der Organisiertheit herausgegriffen. Eine genauere soziologisch motivierte Unterscheidung zwischen den alltagssprachlich oft vermischten Begriffen Institution und Organisation ist an dieser Stelle nötig. In 85 86 Vgl. Arndt 2004, S. 73–76. Saxer 1998, S. 54. 29 den Sozialwissenschaften und dort besonders in der Soziologie wird die Institution verstanden als ein Set an Verhaltensweisen bzw. Regeln, die das Verhalten von Akteuren steuern. 87 Dieses Regelwerk kann eine soziale Norm bzw. eine festgelegte Verhaltensweise sein, z.B. Tischregeln und Manieren. Die Regelmäßigkeit des sozialen Verhaltens ist oft über einen langen Zeitraum gewachsen. Dem gegenüber stehen Organisationen als bewusst geschaffene und zielgerichtete Gebilde, das Gründer und auch ein Gründungsdatum hat. Jede Organisation hat Mitglieder und ist mit dem Erstellen einer spezifischen Leistung betraut. 88 Die Prinzipien, nach denen Organisationen in der Leistungserstellung tätig werden, kennzeichnet Saxer als »Rationalisierung kollektiven Handelns, […] Arbeits-, Funktionsteilung und Hierarchie«.89 Als problematisch identifiziert Saxer die nicht immer herstellbare Stabilität von Organisationen und Organisiertheit. 90 In der hier angelegten historischen Perspektive sind es im Zeitverlauf allerdings nicht die Veränderungen, die im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, sondern die verschiedenen Formen der Organisation und Organisiertheit in den verschiedenen Produktionsund Rezeptionsländern. Der bei einer historischen Querschnittsstudie über 15 Jahre angelegte Untersuchungszeitraum zu Beginn der Herstellung und Verbreitung gedruckter periodischer Zeitungen macht die Analyse von Veränderungen ebenfalls unmöglich. Zwar vollziehen sich gerade im 17. Jahrhundert eine Reihe an Wandlungen innerhalb der Zeitungskommunikation, die auf andere Herausforderungen für die beteiligten Organisationen beruhen (steigender Konkurrenzdruck unter den Drucker, das Erscheinen mehrerer Zeitungen in einer Stadt usw.), diese sind allerdings als abgeschlossene Prozesse nur mit einer größeren zeitlichen Fokussierung greifbar. Zweck der Organisationsanalyse in der Frühzeit des Zeitungsdrucks ist es, eine Systematisierung der beteiligten Organisationen und deren Interaktion zu beschreiben. Organisationen lassen sich einerseits in der Binnenperspektive als auch in ihrer Beziehung zu anderen Organisationen untersuchen. Letzteres wird mit dem hier in Ansätzen formulierten Modell der Zeitungskommunikation versucht. Die frühe Zeitung ist in ihrem Entstehen an die Beteiligung verschiedener Organisationen gebunden. Sie alle übernehmen eine spezifische Funktion und sind in der Binnenperspektive in bestimmter Art und Weise gegliedert. Zu den Aufgaben, die die einzelnen Organisationen übernehmen, gehören: Belieferung mit Nachrichten, Produktion, Distribution und auf einer höheren, staatlichen Ebene die Steuerung der Medienkommunikation, Druckprivilegien oder Sanktionsmaßnahmen. Grafisch lässt sich dieses Modell in folgendes Schaubild übertragen: Vgl. Esser 2000, S. 4–8. Vgl. Mayntz 1963, S. 7–18. 89 Saxer 2010, S. 91. 90 Vgl. ebd., S. 92. 87 88 30 Korrespondenten Drucker Postwesen Öffentlichkeit Abb. 2: Modell der Zeitungskommunikation. Deutlich wird durch die Visualisierung, dass die Beteiligung der Organisationen durch ein zeitliches Nacheinander geordnet ist. Zeitungen sind als periodische Medien allerdings darauf ausgelegt, dass sich die Prozesse der Nachrichtenübermittlung, Produktion und der Distribution wöchentlich aufs Neue wiederholen. Diese Analyse folgt der Prozesskette der an dem Entstehen von Zeitungen beteiligten Organisationen. In den folgenden Unterkapiteln soll der spezifische Beitrag der einzelnen Akteure mit länderspezifischem Blick genauer dargestellt werden. Die Zeitung selbst stellt einen Teilbereich des Mediensystems der Frühen Neuzeit dar. Dies lässt sich noch einmal in die einzelnen beteiligten Organisationen untergliedern, die in der Folge näher betrachtet werden sollen. Die vier Organisationen sind die an der Zeitungskommunikation in der Frühen Neuzeit beteiligten maßgebliche Akteure. Zu einer Differenzierung in diesem System kommt es erst mit der Einführung der Tageszeitung ab 1650. Tageszeitungen lassen sich nur auf Kosten der Aktualität über einen weiten geografischen Raum distribuieren. Dies ist im 17. Jahrhundert nur in seltenen Fällen nachweisbar. Infolge dessen gewinnen der stationäre Handel und die Einbindung des stationären Buchhandels im lokalen Umfeld des Druckers an Bedeutung. Ebenfalls in das mittlere Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts fällt der Beginn der Meinungspresse, die mit einer Ausdifferenzierung des Publikums einhergeht. Mit deutschen, niederländischen, englisch- und französischsprachigen Zeitungen umfasst diese Studie vier verschiedene Mediensysteme. Eine Betrachtung dieser Systeme hat den Vorteil, dass Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit einem gemeinsamen Bezug herausgearbeitet werden können und eine strukturelle Perspektive gewählt wird. Statt einzelne Zeitungen zu untersuchen und deren Geschichte nachzuvollziehen, wird im Folgenden anhand der Theorie Saxers systematisch ein Medienverbund betrachtet und Aussagen generiert, die im umfassenden Maße auf die ersten anderthalb Jahrzehnte des Zeitungsdrucks in Europa anwendbar sind. Für eine systemtheoretisch motivierte Medienbetrachtung votiert auch Ulrich Saxer. Nach Saxer ist die Systemhaftigkeit ein Grundmerkmal aller Medien. 91 Die Systemhaftigkeit der Medien drückt sich in der Aufteilung in Organisationen auf, die an den Herstellungs-, Bereitstellungs- und Distributionsprozessen der Zeitungen beteiligt sind. Diese Organisationen grenzen sich gegenüber anderen (Teil-)Systemen ab und erbringen eine eigene Leistung.92 91 92 Vgl. Saxer 2010, S. 88. Vgl. Saxer 1999, S. 7. 31 2 Korrespondenten Erstes Glied in der Kette der beteiligten Organisationen sind die Korrespondenten. Ihre Aufgabe ist es, als Zeuge einer Begebenheit schriftlich davon zu berichten und die Nachricht auf den Weg zu bringen. Korrespondenten müssen nach den Standards der Berichtserstattung in der Frühen Neuzeit nicht zwangsläufig als Augenzeuge vor Ort des Geschehens sein. Eine mündlich erhaltene Kunde genügt im Zeitverständnis als Ausweis von Glaubwürdigkeit. Die Ansprüche, die an sie gerichtet werden, lassen sich nicht mit denen der modernen Journalisten vergleichen. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Verschriftlichung der Nachrichten und das Weiterleiten der Berichte an einen Empfänger. Für die frühen gedruckten Zeitungen, deren Produktion mit Ausnahme der Frankfurter Postzeitung, in der Hand von Druckern lag, waren in der Hauptsache Briefzeitungen die Quellen für die Inhalte der Zeitungen. Korrespondenten traten erst im ausgehenden 17. Jahrhundert in einen direkten Austausch mit den Druckern und wurden von ihnen finanziert. Diese Abhängigkeit der Zeitungen von den Briefzeitungen untermauert die These von der gegenseitigen Abhängigkeit bzw. Bedingtheit der Medien. 93 Für Deutschland und die Niederlande ist die Ausgangslage hier ähnlich: Über Korrespondenten fanden Nachrichten ihren Weg in Briefzeitungen.94 Über diese wiederrum gelangten die Nachrichten in der Regel in wortidentischer Form in die Zeitungen. Die Beziehung zwischen den Korrespondenten und den Druckern ist somit nicht direkt sondern medial vermittelt. Drucker befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis von den Korrespondenten, da ohne geschriebene Briefzeitungen keine gedruckten Zeitungen erscheinen konnten. Kleinpaul hat für das 16. und 17. Jahrhundert eine Liste der wichtigsten Korrespondenten erarbeitet. 95 Folgt man Wilke, lassen sich die Korrespondenten in drei unterschiedliche Gruppen aufteilen: Handelskorrespondenten, Fürstenkorrespondenten und gelehrte Korrespondenten.96 Diese drei Gruppen waren prädestiniert für die Tätigkeit als Korrespondenten, die sie neben einem Hauptberuf ausübten. Das hauptberufliche Nachrichtenschreiben als Korrespondent bleibt im 17. Jahrhundert die Ausnahme. Allerdings lassen sich in deutschen und oberitalienischen Städten solche frühe Formen von »Nachrichtenagenturen« 97 finden. 2.1 Handelskorrespondenten Zur ersten Gruppe der Handelskorrespondenten gehören die Mitarbeiter der Handelshäuser in den Dependancen in den wichtigen Handelsmetropolen. Die Handelskorrespondenten mussten neben der Schreibfähigkeit und der Anstellung in einem Handelshaus keine weiteren Voraussetzungen mitbringen. Im Falle der Fugger waren es in der Regel höhergestellte Mitarbeiter sowie die Leiter einer regionalen Niederlassung, die mit dem Verfertigen von Briefzeitungen beauftragt waren. 98 Vgl. S. 26 in dieser Studie. Vgl. Stolp 1938, S. 11. 95 Vgl. Kleinpaul 1930, S. 13–18. 96 Vgl. Wilke 2009, S. 62. 97 Vgl. ebd., S. 71. 98 Vgl. ebd., S. 64. 93 94 32 Bereits seit dem Ende des Spätmittelalters ist in Europa ein überregionaler Handel nachweisbar. Informationen waren und sind die Grundlage, auf denen Handel getrieben wurde und wird. Die handelsbezogenen Nachrichtenbeschaffung sorgte dafür, dass an den Stammhäusern der Handelsdynastien Nachrichten kontinuierlich einliefen. Für die Händler diente der Nachrichtenverkehr in der Hauptsache dazu, mit ökonomisch relevanten Informationen versorgt zu werden, die in Bezug auf das Tagesgeschäft nutzbar gemacht werden konnten. Kommuniziert wurde hier in eine Richtung: von der (ökonomischen) Peripherie hin zur Zentrale des Unternehmens. Die Fugger unterhielten über ganz Europa und den asiatischen Raum bis ins Indische Goa Faktoreien. Von hier sind Nachrichten aus dem indischen Subkontinent und dem gesamten bekannten asiatischen Raum nachweisbar, die später ihren Weg über die Fuggerzeitungen in die Nachrichtenmedien der Frühen Neuzeit gefunden haben. Nicht zwangsläufig bestand für die Korrespondenten ein Zusammenhang mit dem lokalen Handelsplatz und dem Verschriftlichen von Nachrichten.99 Aus den italienischen und niederländischen Hafenstädten, die über Seerouten mit entfernten Zielen in Übersee verbunden waren, trafen auch die Nachrichten aus Asien, Amerika, Nordafrika, der arabischen Halbinsel und dem durch die See getrennten England, Schottland und Irland ein. In den Niederlanden, die unter der spanischen Krone geeinigt waren, stellten die Handelskorrespondenten die wichtigste Quelle für Nachrichten dar. Im dezentral gegliederten deutschen Reich waren sie nur eine Quelle der Nachrichten. Neben Ihnen haben die Fürstenkorrespondenten die wichtigste Bedeutung. 2.2 Fürstenkorrespondenten Nicht nur der Handel, auch die politische Machtelite war auf die Versorgung mit Nachrichten angewiesen. Aktuelle Informationen boten die Grundlage für politische Entscheidungen und die Versorgung mit Neuigkeiten war für einen Hof von zentraler Bedeutung. Zu diesem Zweck unterhielten im 16. und 17. Jahrhundert viele Fürstenhöfe Korrespondenten an den anderen Höfen des Reichs und tolerierten, dass die eigenen Untergebenen ebenfalls gegen eine Entlohnung durch einen anderen Hof Nachrichten über Ereignisse an dem eigenen Hof verbreiteten. Sie waren genauso wie die Handelskorrespondenten in ihrer Aufgabe der Verschriftlichung von Nachrichten nur nebenamtlich tätig. Fast alle Fürstenkorrespondenten gehörten zum Personal der Höfe und waren dort in höheren Funktionen, oftmals als Juristen tätig. An der Anzahl der an einem Hof tätigen Korrespondenten lassen sich Rückschlüsse über die Bedeutung des Hofs in der Herrschaftshierarchie ziehen. Die Kaiserhöfe in Wien und Prag waren von ungleich mehr Korrespondenten begleitet als viele der kleineren Höfe im Deutschen Reich. Wilke gebraucht die Bezeichnung Fürstenkorrespondenten nicht nur für die an den Höfen angesiedelten Korrespondenten sondern auch für die Schreiber und Amtsleute in den Freien Reichsstädten, die einer parlamentarischen politischen Steuerung unterstanden. Von größerer Bedeutung für die Versorgung mit politischen Nachrichten sind hier die Städte Nürnberg, Frankfurt am Main, Straßburg und Augsburg. 100 99 Vgl. ebd., S. 65. Vgl. ebd., S. 67. 100 33 Ihre wichtige Stellung leitet sich ebenfalls aus der räumlichen Nähe zu den Postrouten und dem Postsystem ab. In den Freien Reichsstädten werden die eintreffenden Nachrichten der Kriegskommissare und hohen Militärs von Briefen in Zeitungsbriefe umgewandelt. Vor allem in den Freien Reichsstädten finden sich die Personen an den Verwaltungseinheiten der Stadt, die einen privilegierten Zugang zum Postwesen haben, die Post nach Neuigkeiten durchsuchen und diese in Form von Nachrichten herausgeben. 2.3 Gelehrte Korrespondenten Die dritte Korrespondentengruppe setzt sich zusammen aus den Gelehrten der Frühen Neuzeit. Bereits aus dem Mittelalter sind Gelehrtenbriefe bekannt.101 Aus dieser Tradition heraus entwickelte sich die Gewohnheit, dass Gelehrte untereinander in brieflichem Kontakt standen und sich über tagesaktuelle Ereignisse austauschten. Gelehrte sind im Mediensystem der Frühen Neuzeit in zweifacher Weise beteiligt: einerseits sorgen sie als Korrespondenten für die Verschriftlichung von Nachrichten, gleichzeitig sind sie eine der wichtigen Empfängergruppen für die frühen gedruckten Zeitungen. Für Gelehrte bot das Schreiben von Nachrichten eine zusätzliche Einnahmequelle, ist aber nicht die Haupteinnahme. In ihren Korrespondenzen standen sie in Kontakt mit Handelsleuten, Klerikern, den Fürstenhöfen und anderen Gelehrten. Die intellektuelle Elite bot sich als Nachrichtenschreiber gegenüber der Obrigkeit an. Vor allem in theologischen Diskursen, die durch die einsetzende Reformation die gesamte Frühe Neuzeit geprägt haben, sind Gelehrte aufgrund ihrer Ausbildung und Stellung prädestiniert für die Verschriftlichung von Nachrichten. Es sind Fälle bekannt, in denen Gelehrte offensiv ihre Dienstleistung für den potenziellen Leser der Briefe anboten. Auch wenn die Gelehrten Nachrichten direkt in Briefform mit anderen Gelehrten austauschen, sind diese Briefe in einem monologischen Stil abgefasst, der keine Antwort des Empfängers impliziert.102 Der Informationsfluss der Gelehrten Korrespondenten ist aus diesem Grund ebenso einseitig linear wie im Falle der Handels- und Fürstenkorrespondenten. 3 Öffentlichkeit: Obrigkeit und der gemeine Mann Während das gemeine Lesepublikum nur indirekt über den Kauf bzw. das Abonnement das Erscheinen einer Zeitung beeinflussen kann,103 haben die politischen Machthaber einen größeren Einfluss auf das Erscheinen der Zeitungen. Auch wenn der gemeine Mann nicht der Erfinder oder der Betreiber der Zeitungskommunikation war, schafft er durch seine Kaufkraft und Nachfrage auf dem Markt ein Bedürfnis für Zeitungen, das von den Druckern bedient werden konnte, 104 die neben den fürstlichen Abnehmern der Zeitung und den Mitgliedern der Handelselite sicherlich die Ausweitung des Publikums für Nachrichtenmedien begrüßt haben dürften. Vgl. ebd., S. 69. Vgl. Stuber 2010, S. 270. 103 Vgl. Arndt 2010, S. 23. 104 Vgl. Arndt 2004, S. 92. 101 102 34 Aufgrund fehlenden Quellenmaterials lassen sich genaue Angaben über das Publikum der frühen gedruckten Zeitungen, besonders in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, nicht machen. Bedenkenswert ist, dass für die Zeitungen die Öffentlichkeit eine Doppelrolle spielt: zum einen ist sie Gegenstand der Berichterstattung, zum anderen bildet ihr lesefähiger Teil die potenzielle Rezipientenschicht. Ebenfalls nimmt die Öffentlichkeit Einfluss auf die Entstehung der Zeitung. Machteliten können über Druckprivilegien den Zeitungsdruck erlauben oder verbieten. Leser, die keine politische Einflussnahme ausüben, können durch ihre Kaufentscheidung ökonomisch über den Erfolg eines Zeitungsunternehmens entscheiden. Das tatsächliche Kaufverhalten ist allerdings nicht dokumentiert, weshalb hier der Fokus auf die gut erforschte Machtelite als Zeitungskäufer und Konsumenten gelegt wird. In der Literatur wird die von Obrigkeiten ausgehende Einflussnahme auf Drucker oftmals als »Zensur« oder »Pressezensur« bezeichnet. Diese Arbeit schließt an die in den vergangenen Jahren entstandene Diskussion um den Begriff »Kommunikationskontrolle« an und versteht sämtliche von einer politischen Macht ausgehenden (permissive und / oder fördernde) Eingriffe in das Erscheinen von Medien als Akt der Kommunikationskontrolle. 105 Obrigkeiten sind diejenigen, die Kommunikationskontrolle ausüben. Sie nehmen, wie im Falle Frankreichs, diese Aufgaben selbst in die Hand bzw. delegieren sie an untergeordnete Stellen. Dies führt dazu, dass andere Organisationen mit dem Subsystem Öffentlichkeit in eine Verbindung treten. Während für die Niederlande und Deutschland prinzipiell von einer gleichen Ausgangslage ausgegangen werden kann, unterscheiden sich die Mechanismen der Einflussnahme in England und Frankreich stark voneinander. Gemeinsam ist allen Ländern, in denen Zeitungen erschienen sind, über das gesamte 17. Jahrhundert hinaus eine kontinuierlich vorhandene Pressezensur. Der Forschungsstand zu Maßnahmen der Kommunikationskontrolle ist wenig ausgeprägt. Während die politischen Mechanismen, die das Erscheinen der Zeitungen im deutschen Sprachgebiet regelten, erkundet sind, richtet sich das Interesse der Forschung an der Kommunikationskontrolle in England und Frankreich verstärkt auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Über die gesamte Frühe Neuzeit hinweg wandelt sich die stratifikatorisch gegliederte Gesellschaft in eine funktional differenzierte Gemeinschaft. Der Bedeutungsgewinn der Bildung sorgt dafür, dass auch Gesellschaftsmitglieder ohne hohe Geburt einen Einfluss ausüben können, wie es die Beispiele der Kaufmannsdynastien, Gelehrte und Humanisten demonstrieren. Der gemeine Mann wird zum potentiellen Zeitungsrezipienten. Luhmann geht davon aus, dass in stratifikatorisch gegliederten Gesellschaften die Kommunikation und damit der Austausch vermittelt durch die Zeitungskommunikation, nicht mehr an Standesgrenzen Halt macht, sondern sich innerhalb von Systemen (Gelehrte, Kaufmänner, Ratsmitglieder usw.) organisiert. 106 Dieser Ansatz basiert auf den jüngeren forschungstheoretischen Ansätzen zum Einfluss politischer Macht auf den Kommunikationsprozess. Vgl. dazu Stöber 2005, S. 107. 106 Vgl. Luhmann 1997, S. 613–617. 105 35 Im ersten Jahrhundert ihres Entstehens vollzog sich gesellschaftlich der Umschwung von der ständischen Gesellschaft hin zu einer Bürgergesellschaft. Waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Rollen noch klar verteilt, begannen sich vor allem die bürgerlichen Schichten innerhalb der europäischen Nationen zu einer stärkeren gesellschaftlichen Gruppe zu entwickeln. 107 Das erstarkende Bürgertum gründete seinen Anspruch auf Geltung nicht auf Geburt und Herkunft sondern auf Bildung, Kultur und Erfolg in der ökonomischen Tätigkeit. Da die Entwicklung hin zu einer bürgerlichen Gesellschaft verstärkt erst in der Mitte des 17. Jahrhunderts einsetzt und Berichte über die Zeitungslektüre außerhalb der Höfe erst ab der zweiten Jahrhunderthälfte zu greifen sind, widmet diese Arbeit eine größere Aufmerksamkeit den staatlichen Interventionsmöglichkeiten. 3.1 Deutschland Zunächst sollen die Faktoren betrachtet werden, die Druckerverlegern die Zeitungsproduktion in Deutschland ermöglichten bzw. erschwerten. Grundsätzlich gab es im 17. Jahrhundert keine wirksame Vorzensur im Druckwesen des Alten Reichs, so dass alle Druckwerke unabhängig von einer vorherigen Prüfung des Manuskripts erscheinen konnten. Zensurinstanzen für Zeitungsdrucke sind erst nach dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges nachweisbar, 108 so unter anderem in Augsburg, Basel, Berlin, Bremen, Hamburg, Leipzig und Stuttgart. Allerdings gibt es nur eine geringe Anzahl an dokumentierten Fällen von Nachzensur, die von diesen und ähnlichen Institutionen ausgehen. Weber nennt rund dreißig Fälle der nachträglichen Zensur einer Zeitung bei rund 60.000 Zeitungsausgaben des 17. Jahrhunderts. Weber erklärt diese verhältnismäßig geringe Zahl damit, dass einerseits die »Macht der Presse« bereits in der Frühen Neuzeit ein topischer Begriff gewesen ist, der auch von frühen Zeitungstheoretikern wie Kaspar Stieler immer wieder aufgegriffen wurde. Für die Machthaber stellen die Zeitungen allerdings keine Gefahr für den Machterhalt dar. 109 In Deutschland basierten die Eingriffsmöglichkeiten der Obrigkeit auf den 1524 gefassten Beschlüssen des Immerwährenden Reichstags. Danach hatte der Kaiser das Recht der Druckprivilegienvergabe in seiner Hand und übertrug die Aufsicht über die Druckereien in die Hand der landesrechtlichen und kirchlichen Zensurbehörden.110 Im Recht waren eine einheitliche Vorzensur und das generelle Verbot lutherischer Druckschriften vorgesehen.111 Im Gegensatz zu europäischen Nachbarländern war hier die rechtliche Ausgangslage klar in kodifiziertem Recht geregelt, die Exekutive ist auf die lokalen Machthaber übertragen. Die rechtlichen Grundlagen standen also bereit, als die erste gedruckte Zeitung 1605 erschien. Durchgeführt wurden die Kontrollen allerdings in unterschiedlich starken Umfang. So kam es, dass durch die Vgl. Wilke 2008, S. 46. Vgl. Weber 2004, S. 57. 109 Vgl. ebd., S. 59–72. 110 Vgl. Plachta 2008, S. 85. 111 Vgl. Stöber 2005, S. 102–104. 107 108 36 gesamte Frühe Neuzeit das Erscheinen von Schmähschriften und bis zum Westfälischen Frieden auch von lutherische Schriften beklagt wurde. 112 Wichtig allerdings, in einer Zeit vor der Einführung eines allgemeinen und verbindlichen Urheberrechts im modernen Sinne, war der Schutz vor Nach- und Raubdrucken. Über Druckprivilegien war ein Drucker mit einem örtlichen Privileg für die Herausgabe einer Zeitung ausgestattet. Über die Vergabe der Privilegien entschieden die lokalen Machthaber. Dass Druckprivilegien für das Erscheinen der Zeitungen wichtig waren, lässt sich aus dem Ersuchen Carolus’ bei dem Rat der Stadt Straßburg um ein Druckprivileg für seine Zeitung ablesen. Auch die ersten in London gedruckten Zeitungen aus der Druckerei von N.B. (vermutlich Nicholas Bourne), die ab 1621 erschienen, waren mit einem Druckprivileg ausgestattet.113 Zeitungsprivilegien entwickelten sich zu einem wichtigen ökonomischen Faktor für Drucker in Deutschland und eine Reihe gerichtlicher Auseinandersetzungen um dieses Vorrecht sind bekannt. 114 Geknüpft an das Gewähren eines Privilegs war in der Regel die Zusage des Druckers, keine Meldungen mit Bezug auf den lokalen Raum wiederzugeben. Diese Richtlinie, an die sich die Drucker in der Regel über das gesamte 17. Jahrhundert hielten, hat zu einer »Abwesenheit des Lokalen« 115 in der Anfangszeit der Publizistik geführt. 3.2 England Eine eigene Form stellt die Pressekontrolle in England im 17. Jahrhundert dar. In der Stuart-Epoche ist die Kontrolle des Druckwesens in London und den wichtigen Universitäts- und Handelsstätten omnipräsent.116 Über die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts betrachtet ist es auffällig, dass die Kontrolle der Presse in unterschiedlich starkem Maße nicht durch den Herrscherhof sondern durch die Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers durchgeführt wurde. Perioden rigider Pressezensur wechselten sich ab mit Phasen eines eher liberalen Umgangs mit publizistischen Produkten. Vermutlich muss davon ausgegangen werden, dass die Durchsetzungskraft der Pressekontrolle vor allem in den 1620er und 1630er Jahren weniger schlagkräftig war, als bisher vermutet wurde.117 Heute gilt der Umfang der Zensur in diesen Jahren als umstritten und belastbare Forschungsergebnisse liegen zu den Jahren ab 1640 vor. 118 Eine Besonderheit der englischen Pressekontrolle ist, dass ihre Durchführung an die Standesorganisation des Buchhandels übertragen wurde. Die Handelsgilde, die Vgl. Westphal 2008, S. 82. Vgl. Weber 2005, S. 10. 114 Vgl. z.B. die Auseinandersetzung um das Zeitungsdruckprivileg in Frankfurt am Main zwischen Johann von den Birghden und Egenolff Emmel (siehe S. 43 f. in dieser Arbeit) und die Auseinandersetzung um das Zeitungsprivileg in Augsburg zwischen Anna Katherina Maschenbauer und Georg Wilhelm Friedrich Späth in: Mančal 1997, S. 703. 115 Vgl. Böning 2008, S. 235 f. Vgl. zu den Auswirkungen des Verbots lokaler (inländischer) Nachrichten auch Straßner 1999a, S. 21 und Koszyk 1999, S. 899–901. 116 Vgl. Raymond 2005, S. 86. 117 Vgl. ebd., S. 85. 118 Vgl. Lambert 1992a, S. 17–25. 112 113 37 1557 den Status eines Royal Charters erhielt, d. h. die königliche Anerkennung als Standesorganisation, übte bis ins 18. Jahrhundert hinein die Aufsicht über die Druckproduktion und den Import von Büchern ins Königreich England aus. 119 Genauso wie die Stationers’ Company mit der Handhabung der Verbote einer Publikation ausgestattet war, konnte sie auch Privilegien für den Druck einzelner Werke vergeben. Ab den 1620er Jahren, in denen Londoner Drucker mit der Herausgabe von Zeitungen begannen, wurden die Zeitungen unter Kontrolle der Stationers’ Company gebracht. Keine Indizien haben sich erhalten, wie es sich um die Aufnahme der Kontrolle der Corrant from Italy, Germany, etc. verhalten hat. Da die Zeitung sich nur über einen kurzen Erscheinungszeitraum von nur einem Jahr nachweisen lässt, liegt die Vermutung nahe, dass sie in England auf Widerspruch der Kontrollinstanzen gestoßen ist und ihr niederländischer Drucker Broer Janszoon dieses Unternehmen einstellen musste. Davon, dass die Presse in der unmittelbaren Nachfolge dieser ersten englischsprachigen Zeitung auf Verbote durch die Stationers’ Company gestoßen ist, zeugt das Schicksal der ersten englischen Zeitungsdrucker Butter und Bourne. Charles I. verfügte 1632 das Verbot für die News from Most Parts of Christendom or Weekly News from Italy, Germany etc. nach einer Beschwerde durch den spanischen Botschafter am Hofe des Königs.120 Erst 1638 wurde die Zeitung nach der Lockerung des Verbots wieder herausgegeben. Bourne und Butter sollten allerdings nicht an diesem Unternehmen beteiligt sein. Bourne nahm 1635 die Stellung des Vorstehers der Stationers’ Company ein, während Butter nach dem Scheitern des Zeitungsunternehmens sein Besitz verlor und bald danach als Bettler starb. Bezogen auf das erste Jahrhundert des Zeitungsdruck in England muss allerdings festgestellt werden, dass die Zensur den kommerziellen Interessen der Stationers’ Company diente und nicht immer mit der gleichen Konsequenz durchgeführt wurde.121 3.3 Frankreich Für Frankreich ist die Französische Revolution von 1789 die wichtigste pressehistorische Zäsur. Mit dem Sturz des Ancien Régime beginnt bis zum Machtantritt Napoleons eine kurze Phase relativer Pressefreiheit, die die vorhergegangen Jahre einer strikten Pressekontrolle bis hin zur Pressezensur und dem Verbot von Zeitungen ablöst. 122 In der kurzen Periode wird eine große Zahl an Zeitungen gegründet, von denen allerdings nur wenige über einen längeren Zeitraum erscheinen. In Frankreich datiert der Beginn der national geregelten Pressezensur auf das Jahr 1612, eine Erneuerung der Zensurmaßnahmen wurde im Jahre 1629 vorgenommen. 123 Den Charakter der Kommunikationskontrolle und besonders der Zensur in Frankreich charakterisiert Voyenne als eine Verteidigung der religiösen Orthodo- Vgl. Auchter 2001, S. XV. Vgl. Pettegree 2014, S. 127 (im Erscheinen, zitiert nach Typoskript). 121 Vgl. Lambert 1992b, S. 9. 122 Vgl. Albert 1998, S. 162. 123 Vgl. Thogmartin 1998, S. 15. 119 120 38 xie. 124 Im Gegensatz zu den europäischen Nachbarländern hatte die starke katholische Staatskirche in Frankreich starken Einfluss auf die Presse. Zusätzlich hatte der König von Frankreich das Recht der Nachzensur. Den Verfassern und Druckern von Publikationen, die nicht den Leitlinien der Politik oder den Vorstellungen der Kirche entsprachen, drohte die Todesstrafe. Allerdings ist kein Fall bekannt, in dem diese gegen einen Zeitungsdrucker durchgesetzt worden ist. Gefängnisstrafen für Druckerverleger und Buchhändler sind allerdings bis zum Beginn der Französischen Revolution an der Tagesordnung. Die Zensur, die in Frankreich bei den Druckerverlegern und Buchhändlern ansetzte, konnten die in den Niederlanden gedruckten französischen Zeitungen umgehen. Da im Abonnementmodell der Austausch direkt zwischen den in Amsterdam ansässigen Druckern und der Kundschaft in Frankreich stattfand, wurden die Instanzen der Kontrolle umgangen. Die in den Niederlanden gedruckten Zeitungen hatten aus diesem Grund einen Vorteil gegenüber den ersten in Frankreich gedruckten Zeitungen, die ab dem Jahre 1625 zu erscheinen beginnen. Eine in inhaltlicher Hinsicht auf diesen Vorteil ausgerichtete Druckpolitik (z.B. Lancierung politisch kontroverser Beiträge, die den Leitlinien staatlicher oder klerikaler Machthaber widerlaufen), mit dem Ziel der Stärkung der verkauften Auflage, lässt sich allerdings nicht nachweisen. Ähnlich wie in Deutschland herrschte gegenüber den frühen Zeitungen aus den Niederlanden von Seiten des Staats und der Kirche ein Desinteresse. Generell unterlagen allerdings in der Folge die in Frankreich gedruckten und erschienenen Zeitungen einer stärkeren Kontrolle, da hier mit dem Auftauchen lokaler Nachrichten aus dem französischen Hof oder der Kirche gefürchtet wurde. Diese Toleranz gegenüber den Zeitungen aus den Niederlanden hat in der zweiten Jahrhunderthälfte des 17. Jahrhunderts dazu geführt, dass ein Zeitungssystem entstand, in dem die Gazettes aus Frankreich und den Niederlanden parallel zueinander bestanden.125 Ein generelles, von der staatlichen Obrigkeit ausgesprochenes Verbot der in den Niederlanden gedruckten Zeitungen, ging vom Hof in Versailles erst 1666 aus. Selbst nach dem formalen Verbot finden sich Hinweise auf die Rezeption der niederländischen Gazettes. 126 Bis zu diesem Punkt suchten die niederländischen Zeitungen die Anerkennung der politischen Klasse und des Publikums in Frankreich vor allem durch eine möglichst neutrale Berichterstattung zu gewinnen. Depezay hat nachgewiesen, dass eine komplementäre Ergänzung zwischen den in Frankreich und den Niederlanden gedruckten Zeitungen besteht.127 Die Neutralität der Zeitungen aus Amsterdam war ein wichtiges Merkmal, das sie von den, meist in kleiner Auflage erscheinenden, geheim kursierenden und von antihöfischen Tendenzen geprägten, französischen Zeitungen unterschied. Die Kommunikationskontrolle über die Zeitungen wird in den vier Erscheinungsgebieten sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Spanne reicht von einer fast nicht Vgl. Voyenne 1962, S. 211. Vgl. Depezay 2010, S. 179. 126 Vgl. ebd., S. 181. 127 Vgl. ebd., S. 184–189. 124 125 39 vorhandene Kontrolle in den Niederlanden bis zu einer strengen Regulierung aus politischen und ökonomischen Motiven in Frankreich und England. Die Analyse hat gezeigt, dass zwischen der Öffentlichkeit und der staatlichen Kommunikationskontrolle eine interaktive Beziehung besteht, die nicht statisch, sondern wandlungsfähig ist. 4 Druckerverleger Dass die Druckerverleger ein integraler Teil innerhalb des Kommunikationssystems Zeitung sind, lässt ihre Stellung als produzierende Organisation der Zeitungen schnell deutlich werden. In der Hand des Druckers liegen die Auswertung des eintreffenden Postverkehrs und die Druckproduktion der Zeitung. In der Zeit zwischen 1605 und 1620 lassen sich im Alten Reich zwölf Druckerverleger namentlich festmachen. Quelle für den Nachweis der Drucker sind Selbstbezeichnungen auf den Jahrestitelblättern deutscher Drucker und Selbstnennungen in den Impressen der in Amsterdam gedruckten Zeitungen. Nur vier der bibliografierten Zeitungen verfügen über kein Impressum und ermöglichen so keinen Rückschluss auf die Drucker. Für sechs der insgesamt 23 Zeitungen bleibt es fraglich, wer als Drucker in Frage kommt. In den meisten Fällen lässt der Forschungsstand selbst zu den namentlich bekannten Zeitungsdruckern keine vertiefte Analyse über die Funktion dieses Glied im Kommunikationssystem Zeitung zu. Nimmt man die Geschäftspraxis der frühen Zeitungsdrucker unter die Lupe, lässt sich eine Typologie von vier Druckertypen entwickeln. Zum einen existieren Offizinen, die den Zeitungsdruck im Nebengewerbe durchführen und für die kurzfristige und planbare Auslastung der Presse ein gewichtiges Argument für den Zeitungsdruck gewesen sein muss. Später entwickeln sich aus dieser Form in den Niederlanden Offizinen, die sich arbeitsteilig zwischen Drucker und Verleger schwerpunktmäßig mit der Zeitungsproduktion beschäftigen. Den dritten Typ bilden Hofdrucker und auch Postmeister stellen eine abgeschlossene Gruppe innerhalb des Berufsstands der Drucker dar. Aufgrund dessen wird hier eine Auswahl der Drucker getroffen, die es im Detail zu betrachten gilt. Gegenstand einer vertieften Betrachtung ist Johann Carolus, der Drucker der Straßburger Relation und der erste greifbare Zeitungsdrucker überhaupt. Mit dessen Geschäftsbetrieb im Kontrast steht der Wolfenbütteler Hofdrucker Julius Adolph von Söhne. Während diese beiden Hauptfiguren des frühen Zeitungsdrucks ihr Unternehmen nach sehr verschiedenen Prinzipien führen und den Vertrieb der Zeitungen über unterschiedliche Kanäle und an andere Zielgruppen richten, beginnt etwa ab 1615 ein Konkurrenzkampf der Drucker darum, eine Zeitung herausgeben zu dürfen. Exemplarisches Beispiel in dieser Analyse ist der Postmeisterdrucker Johann von den Birghden. Für seine in Frankfurt am Main erschienene Frankfurter Postzeitung bediente er sich bewusst seiner privilegierten Stellung als Postmeister mit dem Zugang zu Nachrichten und schützte dieses Privileg auf juristischem Weg gegenüber Konkurrenten. Mit der Mitte der 1610er Jahre begann sich abzuzeichnen, dass die Herausgabe von Zeitungen zu einem lukrativen Geschäft werden konnte, welches Drucker in Einzelfällen in eine Konkurrenzsituation brachte. 40 Für die niederländischen Zeitungen ist die Ausgangslage einerseits aufgrund der auf zwei Drucker beschränkten Anzahl an Zeitungsdruckern einfacher. Die wenig erforschten Unternehmen erschweren andererseits die Analyse, so dass das Bild ihrer Geschäftsmodelle und der Verflechtung mit den anderen an dem System der Zeitungskommunikation beteiligten Organisationen weniger genau sein kann als im Falle der deutschen Zeitungsdrucker. Diese Auswahl kann ein differenziertes Bild der frühen Zeitungsdrucker vermitteln und deutlich machen, mit welch unterschiedlichen (ökonomischen) Programmen die Drucker ihre Zeitungen verlegten und welche Differenzen zwischen ihnen bestehen. Dass nicht nur nationale Unterschiede vorhanden sind, sondern auch Differenzen im Bereich der ökonomischen Steuerung (v. a. Einnahmequellen, Absatzmärkte und Marktmacht), wird ein genauer Vergleich zwischen den deutschen Druckern plausibilisieren können. Ein einheitlicher Markt für Zeitungsdrucke, bei denen ökonomisch ähnlich handelnde Drucker nach den gleichen Prinzipien verfahren, wird es erst mit der Mitte des 17. Jahrhunderts geben. Erst ab diesem Zeitpunkt wird eine inhaltliche Differenzierung deutlich. Der Hamburger Mercurius bildet seit den 1650er Jahren zum ersten Mal ein eigenständiges (protestantisches) publizistisches Profil und in Leipzig erhöht Timotheus Ritzschel zum ersten Mal die Frequenz der Erscheinungsweise, so dass die erste Tageszeitung entsteht. Bis zu diesem Zeitpunkt findet zunächst eine Vereinheitlichung der Ausgangsbedingungen für die Drucker statt. 4.1 Eigentliche Druckerverleger Der Druck von Zeitungen lässt im 17. Jahrhundert zunächst keinen neuen Druckertyp entstehen. Vielmehr wird das bereits erprobte Modell des Druckerverlegers auf den Zeitungsdruck ausgeweitet. In Deutschland ist eines der frühesten greifbaren Beispiele dafür der in Straßburg arbeitende Johann Carolus. Während Carolus neben Zeitungen auch Bücher druckt, 128 finden sich wenige Jahre später in den Niederlanden Beispiele für Drucker, die den geschäftlichen Schwerpunkt auf den Zeitungsdruck setzen. Am Beginn des Zeitungsdrucks in Deutschland steht der 1574 oder 1575 in Mühlbach im Münstertal geborene Buchbinder und Buchdrucker Johann Carolus. 129 Nach seiner Ankunft in Straßburg (vermutlich 1599) übernimmt er in der freien Reichsstadt die etablierte Offizin von Thobias Jobin. 130 Den ersten Hinweis darauf, dass Carolus sich mit dem Druck von Zeitungen beschäftigt hat, ist uns aus einer Eingabe an den Rat von Straßburg erhalten, in dem er um die Vergabe eines Druckprivilegs für Zeitungen bittet. Er erweitert seine Geschäftstätigkeit auf den stationären Buchhandel 1613 und das VD 17 listet insgesamt 220 überlieferte Drucke Carolus’ zwischen 1604 und 1634. Hauptsächlich druckte er juristische, medizinische und laientheologische Bücher, auch eine Ausgabe der poetischen Werke Johann Fischarts findet sich unter den erhaltenen Drucküberlieferung Carolus´. Vgl. Fischer 1936, S. 42. Vgl. auch die Angaben zu Leben und Werk in Reske 2007, S. 898. 130 Vgl. August 1957, S. 154. 128 129 41 Vor dem Beginn des Drucks war Carolus nur über die Briefzeitungen am System der Zeitungskommunikation beteiligt. Es ist unklar, ob es ökonomische Motive 131 waren, die ihn dazu veranlassten, Briefzeitungen nicht mehr durch Abschreiben, sondern durch den Druck zu vervielfältigen oder ob es ein Gespür für das Potenzial der Kombination des Mediums mit der Medienproduktionstechnik Druck war. Ebenso wird von Welke vermutet, dass die drückenden Schulden nach der Übernahme der Jobinschen Offizin ein weiteres Motiv Carolus’ für einen dringend benötigten Gewinn waren. 132 Weber vermutet: Ihm [Carolus, J.H.] ging es als nüchternem Unternehmer allein um die betriebswirtschaftliche Rationalisierung und Effektivierung seines Gewerbes - zur Gewinnung der Zeit […] Als findigem Kopf wird ihm auch bewusst gewesen sein, dass die Umsetzung der handschriftlichen Zeitungen in den Druck die Chance auf eine bedeutende Auflagen- und Absatzsteigerung eröffnete. 133 Weber und Wilke gehen übereinstimmend davon aus, dass Carolus die Tragweite seiner Erfindung nicht bewusst gewesen sein kann. Carolus’ Unternehmen wird heute verstanden als das erste Geschäftsmodell, in dem ein Drucker bewusst die Mittel der Druckerpresse zur Vervielfältigung eines bisher handschriftlich kursierenden Mediums eingesetzt hat. Die Leistung, die mit der Erfindung der gedruckten und periodischen Presse zusammenhängt, kann mit den Stichworten Standardisierung, Ökonomisierung, und Verbreiterung des potenziellen Leserkreises zusammengefasst werden. 4.2 Kooperationsformen Auch wenn die Drucker der frühen niederländischen Zeitungen bisher weniger gut erforscht sind als ihre deutschen Kollegen, lassen sich bezüglich ihrer organisatorischen Verbindung Aussagen treffen. Von Broer Janszoon, dem Drucker der Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren ist bekannt, dass er in der Zeit zwischen 1618 und 1650 in Amsterdam neben den Zeitungen als Drucker von theologischen und literarischen Werken sowie von Noten auftritt. Die beiden Verbundkataloge STCN und STCV liefern dazu insgesamt vier Treffer und dass er mit Sicherheit als Buchdrucker 134 gearbeitet hat, lesen wir aus der Impressumsangabe eines Drucks von 1634. 135 Während seine Funktion innerhalb des Systems der Zeitungskommunikation klar als das Sammeln, Drucken und Distribuieren von Nachrichten beschrieben werden kann, ist so gut wie nichts bekannt über den genauen Distributionsvorgang seiner französischsprachigen Courante d´Italie et d´Alemagne. Die Hintergründe der finanziellen Probleme, in die er 1629 gekommen ist, sind bislang noch unklar. 136 Vgl. Weber 2005, S. 6–9. Vgl. Welke, S. 31. 133 Weber 2005, S. 6. 134 Vgl. Dahl 1939, S. 47. 135 Dort gibt Janszoon mit den Worten »t’Amstelredam. By Broer Jansz. boeck-ducker, woonende op de nieuwe-zijds Achter-Borgh-wal, inde Silvere Kan« seinen Beruf und den Ort seiner Offizin eindeutig an. 136 Vgl. Dahl 1939, S. 48. 131 132 42 Eine funktionale Ausdifferenzierung zwischen Verleger und Drucker, wie sie im Buchbereich im 17. aber bereits auch im 16. Jahrhundert beobachtet werden kann, finden wir im deutschen Zeitungsdruck nicht vor 1650. In den Niederlanden ist dies bereits das Charakteristikum der ersten erscheinenden Zeitungen. Die Courante uyt Italien et Almaigne wird in einer gemeinsamen Unternehmung von Caspar van Hilten herausgegeben, und in dessen Auftrag bei Joris Veseler gedruckt. Diese Allianz zwischen Herausgeber und Drucker bleibt bis in das Jahr 1646 bestehen, als sich Jan van Hilten, Caspar van Hiltens Sohn, in Amsterdam eine eigene Druckerei einrichtet und auch die Druckproduktion der Zeitungen von Veseler übernimmt. 137 Aus den Impressumsangaben des 1620er Jahrgangs lässt sich mit Sicherheit sagen, dass die Geschäftspartner ab diesem Jahr zusammen arbeiteten, ob sie dies bereits seit dem Erscheinen der Zeitung 1618 getan haben, ist aufgrund des fehlenden Impressums unklar. Die Kooperation zwischen Druckern und Verlegern im Zeitungsdruck ist in dieser Zeit unüblich. Die lange Erscheinungsperiode der von den beiden herausgegebenen Zeitungen spricht allerdings für eine gut funktionierende Verbindung. Dahl spricht im Falle der Courante uyt Italien von »the leading Dutch coranto during this period.« 138 Die genauen Rollen jenseits von Medienproduktion (Drucker) und Nachrichtenakquise, Mediendistribution und Finanzierung (Verleger) sind noch unklar. Die arbeitsteilige Zusammenarbeit von Veseler und van Hilten lässt neben der niederländischen Courante uyt Italien, Duytslandt mit der Courant from Italy, Germany, etc. auch eine fast wortidentische Übersetzung ins Englische für den Markt in London entstehen. Die räumliche Trennung wird die Distribution erschwert und verzögert haben. Es ist denkbar, dass für ein solches Unternehmen eine Arbeitsteilung zwischen Drucker und Verleger angebracht war. Auch werden die Arbeitsschritte (Übersetzung, Sicherstellung des Transports nach England) schwieriger zu organisieren gewesen sein. Während die französischsprachige Courant d´Italie & d´Almaigne von Caspar van Hilten ohne weiteres über den Postweg nach Paris gebracht werden konnte, war neben der Post für die Distribution nach England auch die Beteiligung der Seefahrt notwendig. Dafür, dass gerade Veseler und van Hilten eine gute Kenntnis des Schifffahrtswesens hatten, spricht die Tatsache, dass ihre Zeitung genaue Berichte über die Schiffsbewegungen im Hafen von Amsterdam lieferten. 139 Nicht nur das Ein- und Auslaufen der Schiffe wurde in der Courante berichtet, sondern es finden sich auch genaue Angaben zur Ladung, deren Quantität und Qualität. Dies war ein Qualitätsmerkmal der gedruckten Zeitungen, die für die im Handel arbeitenden Abnehmer einen Mehrwert gegenüber dem konkurrierenden Zeitungsunternehmen von Janszoon darstellte. Vgl. ebd., S. 18. Dahl 1946, S. 20. 139 Vgl. Lesger 2006, S. 234. 137 138 43 4.3 Hofdrucker Aus dem Jahr 1609 sind nicht nur die ersten Zeitungsexemplare von Johann Carolus überliefert, sondern auch die von dem Wolfenbütteler Hofdruckers Julius Adolph von Söhne. Als Hofdrucker stand von Söhne im Auftrag des Wolfenbütteler Fürstenhofes und druckte in den Jahren 1605 bis 1616.140 Davon überliefert sind nach dem VD 17 heute insgesamt 67 Drucke. Nach seinem Tod wurde die Offizin und das Hofdruckerprivileg von dem aus Wolfenbüttel stammenden Elias Holwein übernommen, der die Herausgabe des Aviso fortsetzte. Auch wenn die Zeitungen von Söhnes sich in ihrer Gestalt nicht maßgeblich von denen in Straßburg und später an anderen Orten des Reichs gedruckten Exemplaren unterschieden, ist die ökonomische Grundlage des Unternehmens von Söhnes eine grundsätzlich andere. Als Hofdrucker war er fest mit dem Hof in Wolfenbüttel verbunden und musste sich – auch wenn er nebenher ebenfalls für Markt außerhalb des Hofs druckte – weniger intensiv um den aktiven Absatz seiner Produkte auf dem Markt kümmern. Der Bedarf an Drucksachen des Fürstenhofs war permanent gegeben und macht die andere Ausgangslage dieses zweiten deutschen Zeitungsdruckers aus. Der Hofdrucker von Söhne bediente sich bei der Beschaffung der Nachrichten anderer Quellen als der auf eigene Rechnung arbeitende Zeitungsdrucker. Bezog der Straßburger Drucker seine Nachrichten in Briefform über Korrespondenten, druckte von Söhne seine Zeitungen im Auftrag des Wolfenbütteler Hofs. Dieser stellte ihm in wöchentlicher Folge die eingetroffenen Nachrichten zur Verfügung, damit dieser sie im Druck in Form einer Zeitung vervielfältigte. 141 Die für den Zeitungsdruck notwendige Vorlage ist also nicht wie im Falle von Carolus über das Postsystem beschafft worden, sondern wird in diesem Sonderfall dem Drucker seitens des Hofs unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Dies bringt von Söhne in ein enges Verhältnis mit dem Hof, der in diesem Fall nicht nur der Gegenstand der Berichterstattung, sondern die Quelle für die Nachrichten der Zeitungen ist. In seiner Stellung als Hofdrucker sticht von Söhne hier aus dem Kanon der frühen Zeitungsdrucker heraus, da ein solch enges Verhältnis zu den politischen Machthabern in keinem anderen Fall überliefert ist. Die enge Verbindung an den Hof von Braunschweig-Lüneburg ist auch für den Absatz des Aviso von Bedeutung. Von Söhne druckte die Zeitung im Auftrag des Hofs und lieferte die Exemplare an selbigen aus. Er steht also, und das macht ihn als Hofdrucker zu einem Einzelfall unter den frühen Zeitungsdruckern, in direkter Verbindung zum Hof, der für ihn Zulieferer der Nachrichten wie auch Abnehmer der Zeitungen darstellt. Zu welchem Zweck Herzog August II. von BraunschweigLüneburg sich mit gedruckten Nachrichten hat versorgen lassen, obwohl er über Fürstenboten ebenfalls mit Nachrichten versorgt wurde, ist in der Forschung umstritten. 142 Vgl. Reske 2007, S. 1017. Vgl. Welke 2011, S. 148. 142 Vgl. dazu Engelsing 1960, S. 13 f. 140 141 44 4.4 Postmeisterdrucker Der Zeitungsdruck im 17. Jahrhundert lag in der Zeit vor einer festen arbeitsteiligen Etablierung von Zeitungsverlegern und Zeitungsdruckern im 18. Jahrhundert nicht alleine in den Händen der Zeitungsdrucker. In einer Übersicht über die berufliche Gliederung der ersten Zeitungsdrucker macht Behringer über das gesamte 17. Jahrhundert gerechnet folgendes Verhältnis aus: 67 % der Zeitungsproduzenten sind Druckerverleger, die mit einer stationären Druckerwerkstatt arbeiten und für einen offenen Markt produzieren. Haben die hauptamtlich tätigen Drucker den prozentual größten Anteil an den Zeitungsproduzenten, sind sonstige Berufsgruppen, die alle eine Nähe zum Buch- und Druckgewerbe aufweisen, ebenfalls beteiligt.143 Darunter fallen vor allem Buchführer und Buchbinder sowie in geringerem Ausmaße auch Spediteure und Schulmeister. Die kleinste Gruppe daneben stellen die Postmeister dar, denen nach der Einführung des Postprivilegs 1501 die Aufsicht über die Distribution und den Vertrieb der Post in jeweils einzelnen Teilen des Reichs unterlag. Prozentual machen diese ca. 15 % der Zeitungsdrucker aus. Für den Zeitraum zwischen 1605 und 1620 lässt sich genau ein Fall nachweisen, in dem ein Postmeister den Druck von Zeitungen übernimmt. Erst etwa ab der Mitte des Jahrhunderts beginnt sich die feste Verbindung zwischen den berufsständischen Druckern und dem Medium Zeitung aufzulösen und auch andere Berufsgruppen beginnen in verstärktem Maße mit der Produktion von Zeitungen, so dass sich über das gesamte Jahrhundert das dargestellte Verhältnis ergibt. Zuerst beginnt in Frankfurt ein Postmeister die Zeitungsproduktion. Vermutlich schon seit 1615, definitiv aber 1617 gibt Johann von den Birghden seine zunächst titellose, später Frankfurter Postzeitung genannte Zeitung heraus. Diese Zeitung erscheint in der Folge über mehr als 270 Jahre bis ins Jahr 1886 hinein und macht sie zu einer der am längsten erscheinenden Zeitungen der Frühen Neuzeit. Das Modell, das Postmeister für den Zeitungsdruck und die Distribution übernehmen, wird vor allem in Skandinavien, nach dem Eindruck der Belagerung von Leipzig durch die schwedischen Truppen und des dortigen Post- und Zeitungssystems praktiziert. Johann von den Birghden ist Postmeister in Schaffhausen und kommt vermutlich 1613 oder 1614 in die Freie Reichsstadt Frankfurt. 144 Dort obliegt ihm die Aufsicht über das Post- und Botenwesen und seine Aufgabe ist die Sicherstellung des funktionierenden Postverkehrs. Bereits in seiner Schaffhausener Zeit werden ihm die über die Post distribuierten Zeitungen aufgefallen sein, die von der nächsten Poststation in Straßburg aus der Druckerei Johann Carolus’ ihren Weg ins Reich gefunden haben. Unklar bleibt allerdings, warum genau er mit dem Druck von Zeitungen beginnt. Überliefert ist ein länger währender Rechtsstreit mit dem Frankfurter Drucker Egenolff Emmel, der sich bei dem Rat der Stadt darüber beschwert, dass ein Postmeister das Druckereigewerbe aufgenommen hat. Dieser Rechtsstreit sorgt 1617 dafür, dass der Rat von den Birghden den Zeitungsdruck in Frankfurt untersagt, dieser ihn aber unmittelbar nach dem Beschluss im benachbarten Hoechst wieder auf143 144 Vgl. Behringer 2003, S. 413. Vgl. Kremer 1984, S. 14–17. 45 nimmt. 145 Ohnehin hält das Verbot nicht lange an und von den Birghden kann nach wenigen Wochen nach einer erfolgreichen Gegeneingabe bei dem Rat der Stadt bereits wieder in Frankfurt drucken. Die Postmeister hatten aufgrund ihrer berufsständischen Verbindung zum Postwesen gegenüber den hauptberuflichen Druckern Vorteile im Zeitungsdruck, da sie unmittelbar auf die eintreffenden Nachrichten zugreifen konnten. Zum einen erreichen sie die eintreffenden Nachrichten als erste, zum anderen können sie von dem ihnen zugestandenen kostenlosen Transport ihrer Zeitungen profitieren und so die Distributionskosten niedrig halten. Ihre enge Verbindung zum Postwesen verschafft ihnen eine gute Ausgangslage, um mit den Druckern zu konkurrieren. Dass ihr Geschäfts als Konkurrenz empfunden wurde, darauf deuten die Eingaben seitens Egenolff Emmels hin. Der einfache und schnelle Zugang der Postmeister zu den Nachrichten bringt sie gegenüber den hauptamtlichen Druckern in einen Vorteil in der Beschaffung der Nachrichten. Auf der anderen Seite müssen sie – wie im Falle von den Birghdens – eine Druckerei und die Fähigkeiten zum Drucken zunächst erwerben bzw. Drucker und Setzer beschäftigen, bevor sie mit dem Zeitungsdruck beginnen können. Anteilig bleiben die Postmeister am Zeitungsdruck eine kleine, doch oftmals kommerziell erfolgreiche Gruppe. Die Tatsache, dass mit von den Birghden nur ein Postmeister an der Zeitungsproduktion in den ersten 15 Jahren dieses neuen Mediums beteiligt ist, spricht dafür, dass zunächst die Druckerverleger die Möglichkeiten des Zeitungsdrucks aufgreifen. Auch von den anderen beteiligten Berufsgruppen, die sich im Laufe des Jahrhunderts als Zeitungsdrucker nachweisen lassen, sind in der Frühzeit des Zeitungsdrucks keine Beispiele zu finden. Im Deutschen Reich und in den Habsburgischen Niederlanden sind es mit einer Ausnahme die etablierten Drucker, die das neue Medium in ihr Produktportfolio aufnehmen. Eine Einschränkung stellen die sieben in der Bibliografie 146 genannten Zeitungen dar, bei denen sich kein Drucker nachweisen lässt. 5 Postwesen Der Post kommt im System der Zeitungskommunikation die Funktion des Distributionsnetzes zu. Im Gegensatz zur modernen Zeitungslogistik, in der die Zeitungsexemplare entweder im Abonnement mit der Post, eigenen Boten (im Falle von Lokalzeitungen mit einem eng beschränkten Verbreitungsgebiet) oder über einen stationären Vertrieb (Kioske, Bahnhofsbuchhandel etc.) abgesetzt werden, war die Post in der Frühen Neuzeit das einzige Transportmittel, mit dem die Zeitung preisgünstig und schnell über weite Distanzen befördert werden konnte. Es lassen sich vier Aspekte entdecken, in denen die Post das Erschienen der frühen Zeitungen möglich gemacht bzw. dazu beigetragen hat: 145 146 Vgl. Behringer 2003, S. 385. Vgl. Anhang 1.C, 1.D, 1.E, 1.H, 1.J, 1.M, 1.T. 46 • • • • Belieferung der Drucker mit Nachrichten Kostengünstige Distribution und Sicherung der Zahlungsströme Sicherstellung der Aktualität des Mediums Druck der Postzeitungen In der Folge sollen die vier Aspekte genauer analysiert und der Beitrag des Postwesens dargestellt werden. Die Quellenlage verbietet es, hier einzelne Personen in einer Analyse herauszugreifen. Stattdessen werden die Leistungen untersucht, mit denen das Postnetz und damit auch die beteiligten Akteure zum Erscheinen von Zeitungen beigetragen haben. Historisch entwickelt sich das Postsystem, mit dem die Zeitungsdrucker am Anfang des 17. Jahrhunderts kooperierten, aus dem Botensystem der Höfe, der Reichspost. 147 Zwischen den Höfen etablierte sich bereits seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert ein System der Boten, mit denen Nachrichten gezielt zwischen den Herrschern ausgetauscht werden konnten. Dieser Austausch war allerdings für die Nachrichten der Höfe vorbehalten und parallel dazu existierte für Kaufleute die Möglichkeit, über die Handelsrouten Nachrichten untereinander auszutauschen. Für Druckprodukte, die ebenfalls über einen weiten Raum abgesetzt werden konnten, fand die Distribution der Medien über Messen und im Austausch mit kolportierenden Händlern statt. Das kaiserliche Botensystem der Reichspost wurde im 16. Jahrhundert von der ursprünglich aus Norditalien stammenden Dynastie der Thurn und Taxis revolutioniert und in seiner Leistungsfähigkeit gesteigert. Im Laufe des 17. Jahrhundert löste es sich aus der Abhängigkeit vom Kaiserhof ab und es entwickelte sich ein Postsystem, dass auch Unternehmern und später auch dem gemeinen Mann offen stand. 148 Mit dieser Wende erlangte die Post auch für den Transport von gedruckten Zeitungen Bedeutung. 5.1 Belieferung der Drucker mit Nachrichten Zeitungsdrucker sind auf das Eintreffen von Nachrichten angewiesen. Da sie finanziell nicht in der Lage waren, ein eigenes Botensystem oder ein Korrespondentennetz zu betreiben, waren die per Staffelpost eintreffenden Nachrichten die Grundlage für den Zeitungsdruck. 149 Die Nachrichten werden von Korrespondenten verfasst, die im Falle der frühen Zeitungen aus den Bereichen der Hof-, Handels-, und Gelehrtenwelt stammen. Die Drucker stehen mit Ihnen meist nur indirekt in Kontakt, da sie einerseits die Berichte und Nachrichten aus dem Postverkehr herausfiltern, diese aber in vielen Fällen nicht direkt bei den Korrespondenten in Auftrag gegeben wurden. Hier übernimmt die Post die Übermittlung von Nachrichten, die in der Periode zuvor noch in dem abgeschlossenen Herrschafts- bzw. Handels- und Gelehrtenzirkel nur innerhalb einer abgeschlossenen Gruppe zirkulierten. Mit der Übermittlung durch die Post und vor der Durchsetzung eines streng kontrollierten PostgeheimnisVgl. Stöber 2005, S. 18. Vgl. Glaser / Werner 1990, S. 29–31. 149 Vgl. Weber 2008b, S. 42. 147 148 47 ses gewährt diese Neuerung auf den Kommunikationswegen zum ersten Mal den Druckern einen Zugang zu einem großen Fundus an Nachrichten. Die Zeitung vereint nun zum ersten Mal in dichter Folge hintereinander die Nachrichten von Begebenheiten, die sich in einer kurzen Zeitspanne auf einem großen geografischen Gebiet zugetragen haben und ist nur in der Lage dies zu tun, da die entsprechenden schriftlichen Berichte der Begebnisse über die Post transferiert werden. 5.2 Kostengünstige Distribution und Sicherung der Zahlungsströme Die Zeitung, die in ihren Anfangsjahren ein in der Regel ein- bis achtseitiges Medium war, musste die Zustellung gesichert werden. Außerhalb des Druckorts wurden die Zeitungen über die Post vertrieben, was in diesen Jahren die preiswerteste Form des Vertriebs (abgesehen vom stationären Verkauf durch die Drucker selbst) war. Die Drucker konnten nach Zahlung der Portogebühren für die versandten Exemplare an die Postmeister sich darauf verlassen, dass ihre Produkte termingerecht und zuverlässig entweder mit der Post oder – bei abgelegen wohnenden Empfängern mit reitenden Boten – abgeliefert wurden. 150 Dem Postmeister oblag die Aufgabe, die anfallenden Abonnementgebühren bei den Abonnenten einzuziehen und diese bei dem Drucker abzuliefern. Aus diesen beiden Funktionen wird deutlich, dass die Post einerseits die Aufgabe der Auslieferung der Exemplare zwischen dem Drucker und seinem Kunden hat, der Transfer allerdings auch in die andere Richtung funktionieren muss. Würden die Akteure des Postsystems nicht sicherstellen, dass dem Drucker die Beträge für das Abonnement der Zeitungen zugestellt würde, wäre keine funktionierende Zeitungskommunikation möglich. Der Zeitungsdruck ist ein frühes Beispiel für den Absatz von Druckprodukten zwischen einem Druckerverleger und einem (privaten) Abnehmer unter Umgehung des stationären Buch- und Kolportagehandels. Diese Vertriebsform brauchte in einer Zeit, in der ein bargeldloser Zahlungsverkehr zwischen zwei unabhängigen Parteien erst mit der Gründung der Reichsbank 1876 möglich wurde, einen verlässlichen Intermediär.151 Das Postwesen und die an ihm beteiligten Personengruppen, die Postmeister, Boten und Postreiter, mussten nicht nur die Zeitungsexemplare vom Drucker zum Rezipienten, sondern auch die für das Medium fällig werdenden Beträge vom Leser zum Drucker transferieren. Somit trägt das Postwesen nicht nur zur Auslieferung sondern auch zum Zahlungsverkehr bei. 5.3 Sicherstellung der Aktualität des Mediums Im ersten Teil dieser Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass die Aktualität eines der Kriterien darstellt, mit dem sich die Zeitung von weiteren Nachrichtenmedien der Frühen Neuzeit unterscheidet. Es ist davon auszugehen, dass die Aktualität eines der wichtigen Kriterien für das Publikum war, sich diesem Medium zuzuwenden. Vgl. Sösemann 2002, S. 94. Zwar sind Geldgeschäfte, bei denen Beträge von einem auf das andere Konto virtuell gebucht werden bereits seit dem 12. Jahrhundert bekannt und den Kreuzzugsaktivitäten des Templerordens bekannt, diese Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs waren aber beschränkt auf Mitglieder einer sozialen Gruppe (Ordensmitglieder, Handelsleute etc.). Vgl. dazu Djazayeri 2011, S. 25–30. 150 151 48 Nur die Zeitung war in der Lage, konstant periodisch und zu einem vergleichsweise niedrigen Preis über aktuelle Vorgänge zu informieren. Um die Aktualität zu sichern ist der Zeitungsdruck auf ein leistungsfähiges Postwesen angewiesen. Ihm kommt die Aufgabe zu, die Zeitungen schnell und vergleichsweise preiswert zu distribuieren. Ein aktuelles Medium konnte nur existieren, wenn ein leistungsfähiges Postsystem für die Distribution des gedruckten Mediums über den lokalen Raum des Druckers hinaus vorhanden war. Somit kommt dem Postwesen und dem Vorhandensein eines leistungsfähigen und schnellen Botenwesens die Aufgabe zu, einerseits die Drucker mit eintreffenden Nachrichten schnell und kostengünstig zu beliefern, andererseits die entstehenden Zeitungen schnellstmöglich über einen größeren geografischen Raum zu verteilen. Wenn diese beiden Anforderungen von der Post nicht erfüllt werden, kann keine aktuelle Zeitung erscheinen, sie verliert somit für das Publikum an Wert. Dass die Zeitung somit erst nach der Etablierung des Postwesens entstehen konnte, wird so besser verständlich. 5.4 Konsequenzen für Drucker Aus dieser wichtigen Eigenschaft des Postsystems für die Drucker ergeben sich Konsequenzen, die in der Regel von den Druckern berücksichtigt wurden. Zum einen ist die Anbindung an die Postlinie ein wichtiger Standortfaktor für ein Druckunternehmen. Von den 23 Zeitungen, die in den ersten 15 Jahren des Zeitungsdrucks erschienen, liegt nur der Wolfenbütteler Aviso abseits einer der von den Thurn- und Taxi’schen Reitern bedienten Poststrecken. Besonders im Falle von Straßburg mit dem Drucker Johann Carolus und den beiden niederländischen Zeitungsdruckern in Amsterdam wird deutlich, wie sich eine Positionierung entlang einer Postroute auf den Zeitungsdruck auswirken kann. Veseler und van Hilten waren in Amsterdam dank der Hafen- und Postroutenanbindung in der Lage, die Courant d´Italie et d´Almaigne und Corrant from Italy, Germany, etc. direkt an die Empfänger in England und Frankreich zu distribuieren. Vor allem in Frankreich hat die Umgehung des stationären Buchhandels mit den dort ansetzenden Zensurmaßnahmen den Vorteil, dass sich die Zeitungen – zumindest für einen kurzen Zeitraum – den Einflüssen der staatlichen Kommunikationskontrolle entziehen konnten. Insgesamt bleibt zu verzeichnen, dass das Postwesen eine wichtige Stützfunktion für die Zeitungskommunikation dort hatte, wo es für das Einlaufen von Nachrichten und den ausgehende Transport der Zeitungsexemplare an den Rezipienten die Transportaufgabe übernahm. Ebenfalls wichtig ist die Funktion des Abwickelns des Zahlungsverkehrs. Fehlende Infrastruktur wie Banken sorgten dafür, dass die Post außerdem für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen Druckern und den Rezipienten eine wichtige Rolle einnimmt. 6 Zusammenfassung der Ergebnisse Wendet man mit der Organisationsanalyse einen Ausschnitt aus Saxers Theoriemodell der Medienanalyse auf die frühe Zeitungskommunikation an, stellt man fest, dass die erfolgreiche Kommunikation auf der Zusammenarbeit der Organisationen und Akteure beruht. Im Mittelpunkt und mit der Produktion der wöchentlichen 49 neuen Ausgaben beschäftigt sind die Drucker. Um deren Distribution bemühen sind die einzelnen Akteure innerhalb des Postsystems, die auch im Falle der Postmeisterdrucker selbst Zeitungen herausgeben können. Grundlage für die Zeitungen sind Nachrichten, die von Korrespondenten verfasst und über das Postsystem an die Drucker oder andere Empfänger versandt werden. Die politische Öffentlichkeit setzt die Regularien, zu denen die Zeitungen erscheinen können. Dies geschieht, wie die Analyse gezeigt hat, in den vier Ländern auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Intensität. Die Organisationen selbst stellen allerdings keine einheitlichen Gebilde dar, sondern sind regional und nach den Leistungen differenziert. In den Niederlanden beginnt eine Kooperation zwischen einem Drucker und einem Verleger, während in Deutschland Zeitungen hauptsächlich von Druckern, aber auch von Postmeistern gedruckt werden. Ähnlich verhält es sich mit der Kommunikationskontrolle: während in Deutschland die Aufsicht über das Druckwesen in den Händen der lokalen Machthaber liegt, delegiert die englische Krone die Aufsicht und die damit verbundenen Interventionsmöglichkeiten an die Stationers’ Company. Anhand dieser frühen Ausdifferenzierung der Akteure und Organisationen in weitere Subsysteme lässt sich erkennen, welche verschiedenen Lösungsstrategien mit der Aufgabe der Zeitungskommunikation gefunden wurden. Der relativ lange Erscheinungszeitraum beispielsweise der Frankfurter Postzeitung weist darauf hin, dass in der Frühzeit des Zeitungsdrucks belastbare Fundamente gelegt wurden, auf denen die Zeitungsproduktion über einen langen Zeitraum hinaus stattfinden konnte. Dass dabei nicht nur der inländische Markt im Mittelpunkt stand, beweisen die Unternehmungen der niederländischen Drucker. Bedingt durch die sich wandelnden politischen Rahmenbedingungen und die ökonomischen Interessen der Drucker in den Zielmärkten, ist diesen Zeitungen allerdings nur ein kurzer Erscheinungszeitraum beschieden gewesen. Insgesamt lässt sich resümieren, dass das einmal gefundene Zusammenspiel zwischen den einzelnen Organisationen und Akteuren über einen langen Zeitraum relativ konstant bleibt. Innovationen in dem Gefüge gehen in der Folge mehrheitlich von den Druckern aus. Diese verkürzen beispielsweise die Erscheinungsfrequenz und es entsteht in Leipzig 1650 die erste Tageszeitung. In den Niederlanden entdecken bereits in den 1620er Jahren die Drucker eine zusätzliche Einkommensquelle, indem sie kostenpflichtige Anzeigen in ihre Zeitungen aufnehmen und die das bis heute bestehende Modell eines für zwei Märkte (Publikums- und Werbemarkt) produzierten Mediums schaffen. IV Typografische Analyse Bis auf einige wenige Ansätze 152 ist eine grundsätzliche Beschreibung der typografischen Gestalt, wie sie hier geleistet werden soll, in der Forschungsliteratur nicht greifbar. Folke Dahl, Lotte Wölfle und Johannes Weber haben in ihrer Beschreibung des Zeitungslayout sich nur auf wenige Zeitungen konzentriert bzw. lange Zeiträume 152 Vgl. die Arbeiten von Dahl 1946 und Wölfle 1943. 50 in den Fokus genommen und ausgehend von ihren Beobachtungen generalisierende Tendenzen abgeleitet.153 So konnte Dahl durch einen Exemplarvergleich nachweisen, dass ab dem Jahre 1626 die Zeitungen der Offizin Veseler / van Hilten auf zwei verschiedenen Pressen gedruckt wurden. 154 Der hier unternommene Versuch, eine systematische typografische Beschreibung der Zeitungen vorzunehmen, führt zu Aussagen über die unterschiedlichen von den Druckern in Medium angelegten Leseweisen. Das Layout der Zeitungen unterscheidet sich in der Frühphase des Zeitungsdrucks stark. Die deutlichsten Unterschiede lassen sich zwischen den in den Niederlanden und den in Deutschland gedruckten Zeitungen ausmachen. Die niederländischen Zeitungen sind einseitig bedruckte und in zwei Kolumnen im Quartformat gestaltete Medien, während die von deutschen Druckern gedruckten Zeitungen grundsätzlich mehrblättrig und einspaltig gestaltet sind. Die Unterschiede bedeuten andere, von den Druckern durch das Layout vorgegebene, Leseweisen. Die Strukturierung der Medien durch typografische Elemente und Gestaltungsweisen hat einen Einfluss auf die Entnahme der Informationen aus den Zeitungen. An dieser Stelle kann keine Analyse der tatsächlichen Leseweisen geschehen. Diese müsste auf der Grundlage von exemplarspezifischen Vergleichen der Lesespuren entstehen. Hier wird stattdessen die Gesamtüberlieferung in den Blick genommen mit dem Ziel, die typografischen Unterschiede zwischen den einzelnen Zeitungsunternehmen herauszuarbeiten und der Bedeutung für die darin angelegte Leseweise nachzuspüren. Abgebildet in der Bibliografie finden sich auf der Basis einer Literatur-, Bibliotheks- und Archivrecherche die jeweils frühesten greifbaren Abbildungen der Jahrestitelblätter, Titelblätter und der jeweils ersten Seite der Textteile der Zeitungen. Nicht in jedem Fall konnte eine Abbildung des ersten Exemplars gefunden werden, weswegen hier in Einzelfällen auch die jeweils ersten greifbaren Exemplare hinzugezogen werden. Verzichtet wurde dabei auf eine komplette Abbildung eines Zeitungsexemplars, da die ausgelassenen Seiten in Bezug auf das Layout nur eine minimale Varianz aufweisen, die für die typografische Untersuchung nicht erheblich ist. Häufigste Form dieser Unterschiede betrifft eine wechselnde Anzahl von Textzeilen die in der Regel auf der Versoseite des letzten Blatts zu beobachten ist, da hier der abgedruckte Nachrichtentext die Seite nicht komplett füllt. Eventuell vorhandene Schlussvignetten sind in der bibliografischen Beschreibung aufgenommen, allerdings ebenfalls nicht abgebildet. Die in der Bibliografie angelegte Struktur nach einer Unterscheidung in Makro- und Mikrotypografische Merkmale strukturiert auch die folgenden Aussagen bezüglich der Zeitungslayouts. Bewusst ausgelassen wurde die Beschreibung der Zusammensetzung der Lesergruppe der frühen Zeitungen.155 Vgl. Weber 1999, S. 23–30. Vgl. Dahl 1939, S. 174. 155 Für eine ausführliche Beschreibung der Zeitungsleser im 17. Jahrhundert vgl. Welke 1981, S. 29–54. 153 154 51 1 Bestandteile der ersten Zeitungen Die ersten 15 Jahre der Zeitungen sind dadurch gekennzeichnet, dass keine allgemeingültigen Standards entstehen, weder in der typografischen Gestaltung, dem Umfang oder den Bestandteilen einer Zeitung. Eine große Varianz an Zeitungsformen mit unterschiedlichen Bestandteilen ist für diesen Zeitraum charakteristisch. Die Analyse der Zeitungen hat ergeben, dass neben dem obligatorischen Hauptteil, in dem die Nachrichten untergebracht sind, fakultativ Jahrestitelblatt, Titelblatt und Vorrede auftauchen können. Während die in Amsterdam gedruckten Zeitungen einen hohen Standardisierungsgrad aufweisen, sind es im Gegensatz dazu die Zeitungen deutscher Drucker, die in unterschiedlich starker Weise die eigenen Zeitungen mit den genannten Teilen ausstatten. Johann Carolus hat den ersten (erhaltenen) Jahrgang seiner Straßburger Relation mit fast allen dieser Elemente ausgestattet, die in der folgenden Analyse eine Rolle spielen werden (Vgl. Abb. 3). Die zusammengebundenen und in der Heidelberger Universitätsbibliothek gelagerten Exemplare verfügen zunächst über ein Jahrestitelblatt, das dem Leser eine Ahnung von der in Buchform gebundenen Zeitung gibt. Die Angaben des Zeitungstitels und die Jahresangabe auf die sich das Titelblatt bezieht, finden sich auf dem Jahrestitelblatt abgedruckt. Weiterhin weist Carolus mit den Worten »Alles auff das trewlichst wie ich solche [Nachrichten, J.H.] bekommen und zu wegen bingen mag / in Truck verfertigen will« (Vgl. Abb. 3). 2 Makrotypografie Ein erster Blick auf den Bestand der erhaltenen Zeitungsexemplare macht deutlich, dass in der Frühzeit des Zeitungsdrucks vor allem unter den deutschen Druckern kein Konsens über den Umfang der Zeitungen existierte und entsprechend vielfältige Exemplare bis heute überlebt haben. Was den Umfang anbelangt, variieren die Zeitungen zwischen einem und zwei Blatt. In der Regel behalten die einzelnen Zeitungsunternehmen einen einmal gewählten Umfang bei, nur in zwei Fällen kommt es dazu, dass die Drucker innerhalb eines Jahrgangs den Umfang wechseln. Ob sich dies mit einer Zunahme der Nachrichten erklären lässt, kann man durch eine vergleichende Analyse mit Zeitungen anderer Druckunternehmer aus dem gleichen Zeitraum entschlüsseln. Eine Standardisierung der Zeitungsformate findet in Europa erst in den 1850er Jahren, also gut 250 Jahre nach dem Druck der ersten Zeitungen statt. Treiber dieser Entwicklung war eine neue Technologie. Neu eingeführte Rotationsdruckmaschinen im Zeitungsdruck waren auf festgelegte Formate ausgelegt, so dass sich die noch heute gebräuchlichen Formatangaben Berliner Format (315 x 470 mm, 6 Spalten), Rheinisches Format (375 x 530 mm, 7 Spalten) und Hamburger Format (400 x 570 mm, 8 Spalten) 156 erst durch den Druck einer technischen Innovation entwickelten. Bis zu diesem Zeitpunkt variierte das Bogenformat aller Zeitungen. Den deutschen Zeitungen aus dem Untersuchungszeitraum ist gemein, dass sie im Quartformat gedruckt wurden. In insgesamt fünf Fällen konnte aufgrund der Inspektion ge156 Vgl. o. V. 2011, S. 692 f. 52 nauere Angaben über die Ausmaße des Formats gewonnen werden. So erschien die Straßburger Relation im Quartformat (225 × 285 mm). Nähere Vergleiche in Bezug auf die Maße des Textspiegels sind aufgrund der nicht maßstabsgetreuen Verkleinerungen vieler Faksimiles nicht möglich. Da die Zeitungen deutscher Drucker in vielen Fällen in Jahrgangsbände und teils mit anderen Druckerzeugnissen zusammen gebunden wurden, ist das ursprüngliche Format der Medien durch Beschnitt verloren gegangen. Die wenigen Exemplare, über die genauere Formatangaben gemessen werden konnten, weisen ähnliche Größenverhältnisse auf. In der Regel handelt es sich bei den Zeitungen um im Hochformat gedruckte Medien mit einer Höhe von ca. 30 Zentimetern und einer Breite von 18 bis 20 Zentimetern. Im Gegensatz dazu steht der Zeitungsdruck in den Niederlanden. Eine starke Ähnlichkeit weisen die hier gedruckten Zeitungen in allen typografischen Untersuchungsperspektiven auf. Mit Blick auf Umfang und Format herrschen hier Verhältnisse vor, so dass man fast von feststehenden Layoutkonventionen sprechen kann, zumal der Zeitungsdruck in den Niederlanden der kommenden Jahre des 17. Jahrhunderts sich an den hier etablierten Konventionen orientieren und zunächst fast keine Abweichungen produzieren wird. Identisch ist der Umfang der in den Niederlanden gedruckten Zeitungen. Die Quartblätter sind in allen vier Fällen einseitig mit einem zweispaltigen Satz bedruckt. Die wiedergegebene Nachrichtenmenge (im Durchschnitt rund vier Meldungen differiert nur gering gegenüber der in den deutschen Zeitungen abgedruckten Nachrichten (im Durchschnitt fünf bis sechs Meldungen). Die eintreffende Post stellte für die niederländischen und die deutschen Drucker eine ähnliche Ausgangslage dar, wobei die Amsterdamer aufgrund der Anbindung an den Hafen und das Eintreffen von den per Handelsschiff übermittelten Nachrichten in Bezug auf die Aktualität ihnen einen leichten Vorteil verschaffte. Makrotypografische Entscheidungen wie die Wahl des Blattformats und die Festlegung des Umfangs bestimmen die auf der mesotypografischen Ebene zu beobachtenden Phänomene. Ob die Produktion der Zeitungen im gleichen Format intentional geschieht, muss fraglich bleiben, so lange keine genauen Kenntnisse der Verbindungen zwischen den beiden Druckereien bekannt sind. Mit Sicherheit darf allerdings angenommen werden, dass die Beschränkung auf Amsterdam als den Druckort der Zeitungen dazu geführt hat, dass die Drucker Kenntnis von den Produkten des jeweils anderen Unternehmens hatten. Spekulativ, doch nicht unwahrscheinlich bleibt eine bewusste Orientierung seitens Jan van Hiltens und Joris Veselers an der Produktion von Broer Janszoon, da sich die starken Ähnlichkeiten auch in der mikrotypografischen Analyse wieder auftauchen werden. 2.1 Typografische Einrichtung des Titelblatts Dem Titelblatt der Zeitungen kommt eine Reihe von Funktionen zu. Es informiert über den Inhalt der Zeitung und das für Zeitungen wichtige genaue Erscheinungsdatum, anhand dessen der Rezipient eine Einschätzung der Relevanz und Aktualität des Mediums vornehmen kann. Dies sorgt für eine Vorstrukturierung des Inhalts, indem 53 das Titelblatt die Korrespondenzorte der Nachrichten in der Reihenfolge ihres Eintreffens nennt. Neben den Angaben von Titel und Drucker der Zeitung finden sich auf den Titelblättern, die ein Ausstattungsmerkmal von acht der deutschen Zeitungen sind, verschiedene Formen der Illustrationen und Zierelemente. Aus dem Gesamtkorpus der untersuchten Zeitungen lassen sich zwei unterschiedliche Typen der Titelblattgestaltung erkennen. Die Titelblätter der ersten Gruppe nennen den Zeitungstitel und im Impressum den Namen des Druckers. Nicht in allen Zeitungen sind allerdings Impressen nachweisbar. Im Falle des unter Umgehung des stationären Handels direkt auf dem Postweg vertriebenen neuen Mediums war der Druckerverleger dem Empfänger in der Regel bekannt. Fakultativ können auf diesen Titelblättern ebenfalls Verzierungen in Form von Vignetten, Zierleisten oder Rahmungen auftreten. Schließlich lassen sich an zwei Titelblättern grafische Elemente nachweisen, die keinen rein verzierenden Charakter haben, sondern direkten Bezug auf das Nachrichtenwesen nehmen. Mit Zierelemente ausgestattet sind z.B. der Historische Welt-Spiegel und die in Stuttgart erscheinenden Zeitungen. Das Titelblatt der vermutlich von Johann Weyrich Rößlin gedruckten Zeitungen nennt lediglich den Titel der Zeitungen. Ab 1620 werden auch mit einer kurzen Angabe des Inhalts in Form einer Aufzählung der Korrespondenzorte dort abgedruckt (Vgl. Abb. 19). Gleichbleibend ist die Ausstattung mit einem Kreuz jeweils auf dem unteren Teil der Titelblattseite. In ähnlicher Form, wenn auch erheblich kleiner dimensioniert, finden sich Kreuze auch innerhalb der Nachrichtentextseiten anderer Zeitungen. Ebenfalls mit einem einfachen Ziermuster in Form eines Balkens sind die Titelangaben vom Impressum des Historischen Weltspielgels in der einzigen greifbaren Ausgabe von 1620 überliefert (Vgl. Abb. 22). Auch in diesem Fall ist hier ein Zierelement zu beobachten, dass ebenfalls in einigen Zeitungsexemplaren im Nachrichtentext nachzuweisen ist, in größerer Form aber auch auf dem Titelblatt vorkommt. Über aufwändigere Illustrationen verfügen einige der frühen Zeitungen, die am Beginn des Zeitungsdrucks erschienen sind. Die Straßburger Relation und der Wolfenbütteler Aviso nutzen beide Illustrationen auf den Titel- und Jahrestitelblättern ihrer Ausgaben und setzen dies über den gesamten Erscheinungszeitraum fort. Im Textbereich der Zeitungen finden sich hingegen keinerlei Illustrationen, nur Schmuckelemente sind vorhanden. Die Straßburger Relation verfügt in der 1609er Ausgabe über ein gerahmtes Jahrestitelblatt, das den Zeitungsnamen einfasst. Das Jahrestitelblatt nimmt, wie Walter Schöne in seiner vergleichenden Analyse mit den Titelblättern der Meßrelationen nachgewiesen hat, einen starken typografischen Bezug zu dem halbjährlich erscheinenden Meßrelationen auf. 157 Der Rahmen, der einen Torbogen oder ein Portal darstellt, wird zur linken von einer Wächterfigur und zur rechten von einem Wesen mit Wanderstab bevölkert. Beide Figuren stehen erhöht auf einem Podest. Den unteren Teil des Rahmens säumen drei Putten. Im Textfeld sind drei in einem spitz zulaufenden Dreieck angeordnete Sterne abgedruckt, die den Titel abrunden. 157 Vgl. Schöne 1940, S. 26. 54 Auf dem Titelblatt des Wolfenbütteler Aviso, von dem kein Jahres-, sondern die Titelblätter der wöchentlichen Folge vorhanden sind, ist in einer Titelvignette ein gehörnter Menschenkopf mit Eselsohren dargestellt. Ein Abgleich mit emblematisch verwendeten ähnlichen Abbildungen hat keine sinnfälliger Übereinstimmung zu Tage gefördert. Eine emblematische Verwendung dieses Motivs kann ausgeschlossen werden. Die letzte Zeile des Titels ist an die Breite der spitz zulaufenden Vignette angepasst und schließt an diese unmittelbar an. Aus der Kombination entsteht ein Effekt, der den Text nach unten hin in der in vielen Zeitungstitelblättern vorhandenen spitz zulaufenden Form erscheinen lässt. Die Titelvignette blieb von Julius Adolph von Söhne in den ersten drei Jahren der Zeitung unverändert, und wurde erst ab 1612 durch eine italienische Stadtansicht ersetzt, in der die Forschung einige Bezüge zum Druckort Wolfenbüttel sieht.158 Eine zweite Gruppe in der Gestaltung der Titelblätter besteht aus den Zeitungen, die über Verzierungen eine visuelle Verbindung mit dem frühneuzeitlichen Zeitungswesen in eine Verbindung herstellen. Beispielhaft dafür sind die ab 1620 bis 1699 in Köln erscheinenden Raporten (Vgl. Abb. 21) und die 1614 vermutlich nur wenige Wochen gedruckte Aviso oder Zeitung (Vgl. Abb. 9). Das Titelblatt der Aviso oder Zeitung zeigt eine Strandszene, bei der auf der linken Seite eine offensichtlich ältere, auf einen Stock gestützte Figur in Richtung Meer mit einem einkommenden Schiff blickt. Im Hintergrund befindet sich eine nicht näher zu bestimmende Stadtansicht. Über der Szene schwebt Götterbote Hermes, der auch als Schutzgott der Reisenden, der Kaufleute und des Verkehrs fungiert. Er wird erkenntlich durch seine geflügelten Schuhe und den geflügelten Helm. In seiner linken Hand trägt er den Hermesstab, der in der Mythologie eine magische Funktion besitzt. Der unbekannte Drucker verwendet für die Titelblattillustration bekannte und lange tradierte Motive, die es dem Rezipienten ermöglichen, das Druckwerk als ein Nachrichtenmedium bereits durch den Blick auf das Titelblatt zu erkennen. Die Illustration nimmt bekannte Bildmotive auf, die von den Rezipienten in einen Zusammenhang mit dem Post- und Nachrichtenwesen gebracht werden können. Die in der Regel langen und von Ausgabe zu Ausgabe wechselnden Zeitungstitel referieren den Nachrichteninhalt der Zeitung und geben dem Leser die Möglichkeit, auf den ersten Blick eine Übersicht über den Inhalt einer einzelnen Ausgabe zu bekommen. Die fehlende Pagina macht den direkten Verweis zwischen dem Eintrag auf dem Titelblatt und dem Auftreten der Nachricht im Hauptteil noch unmöglich, eine erste, grobe Strukturierung des Inhalts wird in insgesamt acht Fällen durch das Titelblatt ermöglicht. Zwar fehlt noch die für das Inhaltsverzeichnis im strengen Sinn wichtige Paginierung, die einen direkten Zugriff auf die Inhalte erlaubt. 159 Trotzdem muss das Auftreten der Korrespondenzorte auf dem Titelblatt als wichtiges Element der Vorstrukturierung verstanden werden. Der Langtitel variiert mit jeder neuen Zeitungsausgabe, konstant bleiben meist nur die Kurztitel (Zeitungen aus Aviso Relation oder Zeitung aus […] usw.), die Langtitel geben einen präzisen Aufschluss über den 158 159 Vgl. Achilles 1969, S. 193. Vgl. Rautenberg 2003, S. 274 f. 55 Inhalt und die Platzierung der Nachrichten innerhalb der Zeitung, deswegen ist hier über den Titel der Inhalt vorstrukturiert. Wenig Unterschied weist der Schriftgrad der Überschriften im Gegensatz zu dem des Nachrichtentextes auf in den Zeitungen, die in den Niederlanden gedruckt wurden. Dieser fehlende Kontrast, der in den meisten deutschen Zeitungen deutlich größer ausfällt, erschwert eine Trennung der verschiedenen Nachrichteneinheiten auf den ersten Blick. In der Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren wird eine Überschrift grafisch durch das Einfügen einer oberhalb der Überschrift platzierten Linie herausgehoben (Vgl. Abb. 17), was die Übersichtlichkeit verbessert. 2.2 Seitenaufteilung Die Zeilenzahl der Straßburger Relation der ersten Ausgabe des Jahres 1609 variiert zwischen 18 und 34 Zeilen (Vgl. Abb. 5). Der Wert von 18 Zeilen findet sich auf der letzten Seite der Zeitung, die nicht vollständig bedruckt ist. Im Mittel liegt das Maß, auch wenn man die anderen Exemplare dieses Jahrgangs heranzieht, bei einem Wert zwischen 30 und 34 Zeilen. Die in den darauffolgenden Jahren von anderen Druckern herausgegebenen Zeitungen orientieren sich an diesem Wert und erscheinen vielfach mit einem Umfang zwischen 30 und 40 Zeilen, die immer mit Bezug auf das Verhältnis zu Satzspiegel und Schriftgröße betrachtet werden müssen. Beispiel dafür ist der Wolfenbütteler Aviso mit 34–36 Zeilen (Vgl. Abb. 5), die Frankfurter Postzeitung (36–38 Zeilen, vgl. Abb. 10) und etwa der in Berlin erscheinende Mercurius (29–33 Zeilen, vgl. Abb. 11). Vergleicht man diese Werte mit den folgenden Exemplaren der niederländischen Zeitungen wird deutlich, dass sie in der Anzahl der Zeilen nur eine geringe Varianz aufweisen, die in der Regel mit dem Zeilenfall der Überschriften (Doppelte Größe im Vergleich zum Nachrichtentext) begründet ist. Unter den im Alten Reich gedruckten Zeitungen gibt es allerdings auch Abweichungen. Einzelne Zeitungstitel fallen durch eine größere bzw. kleinere Anzahl an Zeilen im Vergleich zum beobachteten Durchschnitt von ca. 30–40 Zeilen auf und müssen aus diesem Grunde hier genannt werden. Die in Hildesheim gedruckte Zeitung liegt mit ihren 22–32 Zeilen leicht unter dem in der Frühzeit des Zeitungsdrucks in Deutschland üblichem Maß. Erklärung dafür ist, dass die Zeitung in ihrem 1619er Jahrgang noch ohne ein Titelblatt erschien und der Drucker Joachim Gössel auf dieser Seite den Titel und den ersten Nachrichtentext unterbringen musste (Vgl. Abb. 16). Erst ab 1620 lässt sich ein Titelblatt nachweisen. Der Gesamtumfang von vier Blättern bleibt über den gesamten Erscheinungszeitraum hinaus konstant und die Zeilenanzahl gleicht sich dem Durchschnittswert an. Deutlich über dem Durchschnitt liegen die erhaltenen Zeitungsexemplare der in Hamburg von Johann Meyer gedruckten Wöchentlichen Zeitungen. Das erste Exemplar weist über alle Seiten hinweg 53–57 Zeilen auf (Vgl. Abb. 13). Typografisch schlägt sich dies in einer kleineren Type nieder, die auf der Seite eine größere Menge an Zeilen als in den vergleichbaren deutschen Zeitungen erlaubt. In Bezug auf die Zeilenzahl weichen die drei untersuchten niederländischen Zeitungen deutlich weniger voneinander ab. Sie liegt hier bei rund 70 bis 80 Zeilen pro Ausgabe und auch im Längsschnittvergleich über den Zeitverlauf hinweg bleibt dieser 56 Wert konstant. Der Courante uyt Italien et Almaigne hat in beiden Kolumnen eine einheitliche Zahl von 71 Zeilen. Selbst die unterschiedliche Anzahl an (leicht größer gesetzten) Überschriften (jeweils zwei, vgl. Abb. 14) wird ausgeglichen und eine einheitliche Zeilenanzahl erreicht. Anders verhält es sich im Falle der Tijdinghe uyt verscheide Quartieren. Hier verteilen sich in der linken Spalte 80 Zeilen, während die rechte Kolumne in der ersten Ausgabe des Jahres 1619 über 86 Zeilen verfügt. Die unterschiedliche Anzahl liegt darin begründet, dass im unteren Drittel der Kolumnen die Schriftgröße zu einem kleineren Schriftgrad wechselt und so mehr Zeilen aufgenommen werde können. Grund für diesen Wechsel ist die Länge der letzten Nachricht. Man hat hier zu einem kleineren Schriftgrad greifen müssen, um die vollständige Nachricht auf der Vorderseite des Blatts unterbringen zu können. Die druckökonomische Entscheidung wirkt sich auf die Zeilengestaltung aus und schafft ein uneinheitliches Druckbild, das sich in dieser Form allerdings nicht mehr bei den folgenden Ausgaben der Tijdinghe uyt verscheide Quartieren findet. Von dieser einen Ausnahme abgesehen, weisen die in den Niederlanden gedruckten Zeitungen einen hohen Grad an Standardisierung im Bereich des Layouts auf, das nahezu ein Jahrhundert konstant bleibt. Maßgeblich für den Umfang an Nachrichtentext, der in einer Zeitung untergebracht werden konnte, sind neben dem Umfang der Zeitung auch die Zahl der Zeilen und deren Länge. Die untersuchten Zeitungsexemplare weisen, was die Zahl der Zeilen auf einer Seite betrifft, untereinander große Unterschiede auf, allerdings lassen sich für den deutschen und den niederländischen Zeitungsdruck grundsätzliche Präferenzen herausarbeiten, die die Lektüre der Zeitung bestimmen. Die im kleineren Format entstandenen deutschen Zeitungen verfügen in der Regel über ein Drittel bis halb so viele Zeilen wie die niederländischen. Im Durchschnitt verfügen sie über gut 30 bis 40 Zeilen pro Druckseite, während die niederländischen Zeitungen im Mittel auf rund 80 Zeilen kommen. Schaut man allerdings näher auf die einzelnen erhaltenen Exemplare, ergibt sich eine differenzierte Sichtweise. 2.3 Layout und Lesen Typografische Entscheidungen des Druckers beeinflussen die Art und Weise, in der eine Zeitung von ihrem Leser rezipiert wird. Zwar liegen nur wenige Daten bezüglich der Zeitungslektüre bzw. den Leseepisoden der frühen Zeitungen vor, es lassen sich anhand der typografischen Gestaltung der Zeitungen aber Aussagen darüber treffen, wie das Layout die Lektüre bereits vorstrukturiert hat. 160 Chartier und Cavallo gehen davon aus, dass die Basis der Informationsentnahme, d. h. die semantische Decodierung nicht nur auf physiologischen und psychologischen Prozessen basiert, sondern der Rezeptionsvorgang bereits in bedeutendem Maße selbst durch die physische Form des Mediums vorgeprägt ist. 161 »Gegen eine rein semantische Definition des Textes muß man sich vor Augen halten, dass die Formen Sinn erzeugen und dass ein Text eine neue Bedeutung und einen neuen Status erhält, wenn die Träger wechseln, 160 161 Vgl. dazu Wehde 2000, S. 13–16; 149–155. Vgl. Chartier / Cavallo 1999, S. 10–14. 57 die ihn der Lektüre darbieten.« 162 Damit werden die Form und die typografische Gestalt und die Ausdrucksseite der Schrift, mit denen sich das folgende Kapitel beschäftigen wird, als wichtiges Element der Sinnerzeugung bestimmt. Unterschiedlich ist das Format in dem die deutschen und niederländischen Zeitungen erscheinen. Das zunächst nur einseitig bedruckte Quartformat steht dem kleineren und gefalzten Quartformat gegenüber. In den in Amsterdam gedruckten Zeitungen ist der Leser mit einer im Durchschnitt knapp doppelt so hohen Zeilenzahl konfrontiert wie in einer deutschen Zeitung. Die Anforderung, hier einen ersten visuellen Überblick zu bekommen, ist entsprechend höher. Einfacher gestaltet sich die Textentnahme aus den deutschen Zeitungen. Hier ist ein viel geringerer Zeilenanteil auf einem kleineren Blattformat untergebracht, über den viel schneller eine Übersicht gewonnen und Selektionsentscheidungen getroffen werden können. Das Zusammenspiel zwischen Format und Schriftgröße verdient ebenfalls eine nähere Betrachtung. Hier fällt das Verhältnis (großes Format – kleine Schriftgröße) in den niederländischen Zeitungen deutlich anders aus als in den deutschen (kleineres Format – größere Schriftgröße). Diese Formatkonventionen wurden das gesamte 17. Jahrhundert angewandt. Zu einer Umstellung der deutschen Zeitungen hin zu größeren Formaten mit mehr Raum für Inhalte kommt es im 18. und 19. Jahrhundert. 3 Mikrotypografie Schnelle und kostengünstige Produktion haben in der mikrotypografischen Perspektive ihre Spuren hinterlassen. Ein klares, standardisiertes typografisches Modell, an dem sich alle Drucker orientieren und die Wiedererkennbarkeit der Zeitung als neuem Medium in der Frühen Neuzeit gewähren, gibt es in den Anfangsjahren des Zeitungsdrucks noch nicht. Trotzdem gibt es, auch zwischen den deutschen und niederländischen Zeitungen, eine Reihe von Überschneidungen die darauf hindeuten, dass von den Druckern eine ähnliche Rezeptionsweise angelegt wird. Das Aussehen einer Zeitung ist in hohem Maße bedingt durch das Schriftbild und somit durch mikrotypografische Entscheidungen eines Druckers. In der Frühzeit des Zeitungsdrucks waren ausschließlich die Drucker für die Ausstattung und die Gestalt verantwortlich, erste Eingriffe in die Reihenfolge der Nachrichten und eine bewusst nach Relevanz der Nachrichten geordnete Gestaltung sind erst aus dem Zeitungsdruck gegen Ende des 17. Jahrhunderts bekannt. 163 Für die Wirkung, die vermittels der typografischen Gestaltung beim Leser einsetzt, können auf der mikrotypografischen Ebene folgende Aspekte analysiert werden: • • • Schriftgrad (die Größe der Druckschrift) Schriftschnitt (die Ausformungen einer Schrift, Dickte, Laufweite etc.) Schmückende Ausstattung (Ausstattung mit Zierelementen, Papier etc.) Die typografische Analyse hat hier die Aufgabe, einerseits den Zusammenhang der Zeitungsproduktion mit den technischen Voraussetzungen im Druck- und Mediensystem der Frühen Neuzeit zu bedenken, wie sie im vorherigen Kapitel genauer dar162 163 Ebd., S. 12. Vgl. Wölfle 1943, S. 159. 58 gelegt wurden, und zum anderen die Frage zu stellen, wie sich Gestaltungsentscheidungen der Drucker auf die mögliche Rezeption der Zeitungen ausgewirkt haben. Während der erste Analyseschritt sich mit den Titelblättern beschäftigt hat, wird hier eine Analyse des Textbereichs, d. h. dem Bereich, in dem die Nachrichten abgedruckt sind, folgen. 3.1 Überschrift und Haupttext Die wenigen Verzierungen in Form von Initialen und das Fehlen weiterer Schmuckelemente haben einen Einfluss auf die Gestaltung der Textseite. Das Satzschema, bei dem in der überwiegenden Zahl der Fälle mehrere Nachrichten auf einer Textseite untergebracht werden, baut auf einer visuell einfach zu entziffernden Ebene von verschiedenen Nachrichtentexten auf. Eine Besonderheit der Überschriften in den frühen Zeitungen war es, dass sie sich auf den Korrespondenzort, d. h. den Ort, aus dem die Nachricht beim Drucker eingetroffen ist, beziehen. Nachweisbare Überschriften wie z.B. Auß Rohm (Vgl. Abb. 11) oder Auß Wien (Vgl. Abb. 13) geben also nicht zwangsläufig Geschehnisse aus dem in der Überschrift genannten Ort wieder, sondern berichten das, was dem Korrespondenzschreiber mitgeteilt wurde. Im Falle der Nachrichten aus Rom aus dem Berliner Mercurius werden insgesamt zwei Nachrichten subsumiert. Eine Nachricht berichtet über die Landung der türkischen Armada in Neapel und die andere Nachricht stellt das Eintreffen eines spanischen Kuriers in Genua am lokalen Hof dar. Alle untersuchten Zeitungen grenzen die einzelnen Nachrichten untereinander durch eine hervorgehobene Überschrift ab. Zur Auszeichnung wird in der Regel die Überschrift zentriert und in einem größeren Schriftgrad gesetzt. Ein Beispiel dafür ist der ab 1617 in Berlin erscheinende Mercurius. Die erste Textseite der 37. Ausgabe der Zeitung vereinigt zwei Überschriften, die in ca. der doppelten Schriftgröße der Grundschrift gehalten sind. Sie sind vom Nachrichtentext durch einen leicht größeren Durchschuss und die Zentrierung abgesetzt. Diese typografischen Auszeichnungen erleichtern dem frühen Zeitungsleser die Orientierung auf der Textseite und untergliedern den Nachrichtenteil. Der Wolfenbütteler Aviso gibt in typografischer Hinsicht ein Modell vor, dem viele Zeitungen folgen werden (Vgl. Abb. 7): Die erste Textzeile im Nachrichtenbereich wird mit einer dreizeiligen Schmuckinitiale eingeleitet. Hier wird der ersten Zeile des Nachrichtentexts (AUs Holland hat man/das die General Staaten auff) durch Fettdruck ein besonderes Gewicht gegeben. In den folgenden Nachrichten wird in der Überschrift nur der Korrespondenzort angegeben, aber kein Teil des Fließtexts ausgezeichnet. Hier ist die Überschrift wie im Falle des Mercurius in der doppelten Schriftgröße des Fließtexts zentriert über dem im Blocksatz gesetzten Text gesetzt. In den niederländischen Zeitungen hat sich genauso wie bei den deutschen Zeitungen kein einheitlicher Standard der Auszeichnung der Überschriften in den ersten Jahren herausgestellt. Während beispielsweise die Courante d´Italie et Almaigne die Überschriften zentriert, kursiv und im gleichen Schriftgrad wie den Fließtext setzt und einen geringfügig größeren Durchschuss zwischen Überschrift und Fließtext vorgibt (Vgl. Abb. 23), verfährt Broer Janszoon mit der Tijdinghen uyt verscheyde 59 Quartieren anders. Die Überschriften in dieser in Fraktur gesetzten Zeitung sind durch die Verwendung einer Antiquaschrift und eines größeren Schriftgrads gekennzeichnet. Dazu kommt, dass ab der zweiten Überschrift die Textteile zusätzlich noch mit einem waagerechten Strich voneinander abgesetzt sind (Vgl. Abb. 17). Nicht alle Zeitungen zeichnen die Überschriften in exakt dieser Weise aus, andere Auszeichnungsformen umfassen auch den Gebrauch kursivierter und gesperrter Schriften oder einen größeren Schriftgrad. Allen Zeitungen ist es jedoch gemein, dass sie, vermittelt durch ihre typografische Gestaltung, dem Leser eine schnelle Trennung der einzelnen Nachrichten ermöglichen, wenn auch weniger eindeutig als in den deutschen Zeitungen. In der Regel sind die Überschriften ausgezeichnet durch eine zentrierte Stellung und eine größere Schriftart, fakultativ können die Elemente Fettung oder Kursivierung hinzutreten. 3.2 Schrift In der Verwendung der Schrift folgen die beiden am Zeitungsdruck beteiligten Drucker jeweils den sich bereits länger herausgebildeten und tradierten Konventionen. Der deutsche Sonderweg, eine zweischriftige Kultur noch bis ins 20. Jahrhundert hinein aufrechtzuerhalten, prägt das Bild der ersten Zeitungen. Als Brotschrift wird in allen deutschen Zeitungen eine Frakturschrift verwendet. Dies entspricht den zeittypischen Gepflogenheiten. Allerdings greifen die Drucker nicht ausschließlich auf die Fraktur zurück, sondern setzen, entsprechend den Konventionen, an ausgewählten Stellen eine Antiqua ein. Diese kommt immer dann zum Einsatz, wenn anderssprachliche Ortsbezeichnungen bzw. aus dem lateinischen adaptierte Begriffe wiedergegeben werden. Dafür ist die Frankfurter Postzeitung ein illustratives Beispiel. In der ersten Ausgabe wird berichtet von einer Hinrichtung, die am französischen Königshof in Paris stattgefunden hat. Das aus dem Lateinischen stammende und in deutscher flektierter Form verwendete Substantiv Execution wird hier im Gegensatz zu dem restlichen Text in einer Antiqua gesetzt (Vgl. Abb. 10). Ebenso werden Ortsnamen aus Regionen jenseits des deutschen Sprachraums in vielen Zeitungen kursiv gesetzt. Für die Courante uyt Italien, Duytslandt und die Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren lässt sich die Type näher als niederländische Textura bestimmen.164 Sie entstammt der Entwicklung der Textura und gilt als die typische Form der niederländischen Schriftformen.165 Diese Type hatte sich bereits im 16. Jahrhundert entwickelt und durchgesetzt und bleibt für das gesamte 17. Jahrhundert im Buchdruck und in der Produktion niederländischer Zeitungen für das eigene Land dominant. Die geringe Laufweite und das damit einhergehende enge Schriftbild, die in einer kurz ausfallenden Zeile in einem Satz mit zwei Kolumnen gesetzt ist, macht die Zeitungen schwer zu lesen und schafft einen hohen Grauwert, der geringe Durchschuss verstärkt diesen Effekt. Gemeinsam ist den beiden in der niederländischen Textura gedruckten Zeitungen die Eigenschaft, sehr schwer lesbar zu sein und an den Leser ein hohes Maß an Konzentration zu stellen. 164 165 Vgl. Dahl 1946, S. 29. Vgl. Vervliet 1968, S. 42. 60 Ein Sonderfall ist die Courant d´Italie et Almaigne. Die französischsprachige Zeitung ist konzipiert für den Markt im Ancien Régime und muss deswegen mit der Verwendung der Antiqua den Konventionen des Zielmarkts entsprechen. Caspar van Hilten verwendete eine feine und gut lesbare Antiqua, um diese für den französischen Markt produzierte Zeitung besser absetzen zu können, indem er den in Frankreich herrschenden Sehgewohnheiten entsprach. Immer wieder werden in den Zeitungen des 17. Jahrhunderts verschiedene Schriftschnitte in einer Ausgabe verwendet. Für den Untersuchungszeitraum ist allerdings keiner dieser Fälle nachweisbar. Wölfle bemerkt, dass der Zeitungssatz, der schnell erfolgen musste und im Falle der Offizin Veselers von zwei Setzern parallel ausgeführt wurde, dafür gesorgt hat, dass in manchen Fällen ein Zeitungsteil in Fraktur, der andere in einer Antiquaschrift gesetzt wurde. 166 Aufgrund vermutlich nicht in ausreichendem Maße vorhandenem Typenmaterial musste also hier auf verschiedene Schriftarten zurückgegriffen werden. 3.3 Schriftgröße und Durchschuss Für die Steuerung des Leseprozess ist neben den Auszeichnungen auch die Schriftgröße ein Maßstab. Eine zu kleine Schrift wird als unleserlich wahrgenommen, 167 während eine zu große Schrift unökonomisch mit dem vorhandenen Platz auf der Seite umgeht. Da der fehlende Zugriff auf die Originale ein genaues Ausmessen der Schriftgrößen unmöglich macht, muss in dieser Studie die Schriftgröße und der Durchschuss in Abhängigkeit zur gesamten Seitengestaltung analysiert und auf eine genaue Messung verzichtet werden. Rückgreifend auf die Arbeiten von Dahl lässt sich für die Amsterdamer Zeitungen die Petit als Schriftgrad aller Zeitungen festmachen. 168 Aus der Betrachtung aller noch vorhandenen Zeitungsexemplare lässt sich eine generelle Tendenz feststellen: die Drucker verwendeten im Nachrichtenteil der Zeitung meist einen klein ausfallenden Petit-Grad und brachten in der Regel nur zwei verschiedene Schriftgrößen zum Einsatz, um die Überschriften vom Nachrichtentext zu trennen. Während sich dieses Verfahren an den meisten Zeitungen nachvollziehen lässt, weisen insgesamt drei der untersuchten Exemplare eine abweichende Gestaltungsform auf. In der Vorrede zur ersten Ausgabe des Jahres 1609 der Straßburger Relation ist die erste Textzeile in einem leicht größeren Schriftgrad gesetzt als die darauf folgenden Teile. Dies bildet allerdings im Textbereich der frühen Zeitungen eine absolute Ausnahme, Die Drucker aller anderen Zeitungen arbeiten nur in der Trennung zwischen Überschrift und Nachrichtentexte mit verschiedenen Schriftgraden. Eine weitere Ausnahme von diesem Schema bildet das Diarium Hebdomadale. In dieser Zeitung arbeitet der Drucker – vermutet wird Johann Theobald Schönwetter – im Nachrichtenteil mit nur einem einzigen Schriftgrad (Vgl. Abb. 20). Allerdings stellt das erste Exemplar dieser Zeitung auch eine Besonderheit innerhalb des ZeiVgl. Wölfle 1943, S. 153. Vgl. König 2004, S. 49. 168 Vgl. Dahl 1946, S. 13. 166 167 61 tungsdrucks in der Frühen Neuzeit dar. Bei dem Nachrichtentext handelt es sich um die Wiedergabe einer staatsrechtlichen Angelegenheit am polnischen Königshof. Die Art der Wiedergabe des Sachverhalts, eine Eingabe des polnischen Königs an den Warschauer Reichstag mit der Bitte um Unterstützung beim Aufrechterhalten der Moral der Bevölkerung in den Zeiten der Türkenkriege, wirkt deutlich zeitungsuntypisch. Die einzelnen Schritte, die der König vorschlägt, sind nummeriert und in einzelnen Absätzen wiedergegeben. Dies widerspricht der gängigen Konvention der frühen Zeitungen, da die Nachrichten in Berichtform und aus der Perspektive eines neutralen Beobachters dargestellt werden.169 Die Darstellungsweise ist eher als eine Konvention der Flugpublizistik bekannt, in der direkte Positionen einzelner Parteien aufgegriffen werden und Darstellungen der Obrigkeit teils direkt im Medium des Flugblatts oder der Flugschrift an einen Rezipientenkreis übertragen werden. Die Forschungslage zu dieser Zeitung gibt allerdings keinen Rückschluss auf die Beurteilung des Inhalts oder des Layouts. Mit über die Lesbarkeit der Zeitung entscheiden nicht nur Schrift und Schriftgrad sondern auch der Durchschuss. Eine nähere Betrachtung dieses Faktors liefert Rückschlüsse auf den Leseprozess. In den allermeisten Fällen haben die deutschen Zeitungen einen durchschnittlich dimensionierten Durchschuss, der das einfache Lesen der Zeitungen ermöglicht. Die zuvor konstatierte schnelle und kostensparende Produktionsweise hat sich nicht in der Hinsicht ausgewirkt, dass in vielen Zeitungen mit dem Zweck des Platzsparens mit einem kompressen Satz gearbeitet wurde. Bei zwei der vier in Amsterdam produzierten Zeitungen sieht dies anders aus. Der Zeilenabstand fällt sehr gering aus. Dies ist zum einen darin begründet, dass Zeitungen schnell hergestellt werden mussten, wollten sie einen hohen Aktualitätswert behalten. Zum anderen musste eine große Textmenge auf dem nur einseitig bedruckten Blatt untergebracht werden. Hier hängt der geringe Durchschuss mit dieser Notwendigkeit der ökonomisch sparsamen Seitengestaltung zusammen. Ein Illustratives Beispiel dafür ist die Courante uyt Italien, Duytslandt etc. Der sehr geringe Durchschuss erschwert das Lesen der Zeilen, zudem hat die vergleichsweise fette Textura den Effekt, dass auf der Seite ein hoher Grauwert entsteht und das Blatt aus einiger Entfernung sehr dunkel wirkt (Vgl. Abb. 14). Die Textura, die in zwei der vier Zeitungen verwendet wird, unterstützt diesen Eindruck und lässt einen hohen Grauwert entstehen. In einigen Zeilen stoßen die Unterlängen der oberen Zeile mit den Oberlängen der unteren Zeile zusammen, was besonders häufig der Fall ist, wenn sich zwei Majuskeln in räumlicher Nähe befinden. Diese Anordnung macht die Zeitung insgesamt schwer zu lesen. Der Rezipient wird ein hohes Maß an Konzentration aufbringen müssen, um dem Text visuell folgen zu können. Die ebenfalls in den Niederlanden gedruckte Courant d´Italie et d´Almaigne geht damit anders um. Caspar van Hilten hat für die Zeitung eine Antiqua gewählt und kann so mit einem ebenfalls klein ausfallenden Durchschuss arbeiten, ohne dass sich größere Einschränkungen für die Lesbarkeit ergeben wie im Falle der Courante uyt Italien, Duytslandt etc. (Vgl. Abb. 23). Davon, dass diese Vorgehensweise nicht kom169 Vgl. Schultheiß-Heinz 2004, S. 179–181. 62 plett gelungen ist, zeugt der Wechsel der Schriftgröße in der rechten Kolumne. Auch hier wird deutlich, dass die Zeitungen sehr schnell gedruckt wurden und ein einmal gesetzter Bogen nicht wieder abgelegt wurde, wenn eine falsche Wahl der Größe der Stege bzw. der Schriftgröße festgestellt wurde. Vielmehr wurde dieser Fehler dadurch korrigiert, dass einfach innerhalb des Fließtexts auf einen kleineren Schriftgrad umgestellt wurde, um mit dem vorgegebenen Platz auszukommen. Auch für die deutschen Zeitungen sind derartige Fälle bekannt, wenn sich auch in den frühen Zeitungen kein Fall nachweisen lässt. Wölfle weist auf eine Reihe von Fällen hin, in denen der Ausfall von Nachrichten die Drucker dazu veranlasst hat, die Schriftgröße auf der letzten Seite stark zu vergrößern, damit die Druckseite gefüllt werden konnte.170 Dies blieb im gesamten 17. Jahrhundert üblich. Im Falle der Courante d´Italie et Almaigne ist der Vergleich dadurch getrübt, dass die Zeitung, die für ein französisches und damit an die Antiqua gewöhntes Publikum in einer solchen Schrift gestaltet ist. Der Durchschuss fällt im Vergleich zu der relativ fetten Fraktur der niederländischen Schwesterzeitung ähnlich bemessen aus. Der visuelle Effekt, den die feinen Striche der Antiquaschrift haben, wirkt sich positiv auf die Lesbarkeit aus. Bei gleichem Durchschuss wirken die Zeilen weniger kompress gesetzt und der visuelle Anschluss nach einem Regressionsschwung ist leichter zu finden. Dieses Beispiel gibt erneut einen Einblick in die Druckproduktion der frühen Zeitungen. Auch bei den deutschen Zeitungen gibt es Abweichungen im Zeilenabstand. Der Straßburger Relation etwa gleicht eine im Vergleich mit anderen Zeitungen relativ lange Zeilenlänge durch einen größeren Durchschuss aus (Vgl. Abb. 5). Mit durchschnittlich gut 75 Zeichen pro Zeile im Nachrichtentext liegt die Zeilenlänge und der relativ kompresse Satz dieser Zeitung deutlich über der Zeichenzahl anderer deutscher Zeitungen (z.B. Hamburger Wöchentliche Zeitung auß mehrerley örther mit durchschnittlich ca. 50 Zeichen pro Zeile).171 Das Auge des Lesers findet durch die großzügige Gestaltung leicht den Anschluss an der Folgezeile. Ein illustratives Beispiel für den in den frühen Zeitungen typischen Umgang mit Zeilenlänge und Durchschuss bietet die Frankfurter Postzeitung. Die im Schnitt rund 55 Zeichen langen Zeilen weisen einen weit gesetzten Durchschuss auf, der dem Leser das einfache und schnelle Entnehmen der Informationen ermöglicht. 3.4 Zierelemente Die Druckkonventionen des Barocks ermöglichten es den Druckern in vielen Fällen, die eigenen Produkte mit einer Vielzahl unterschiedlicher Verzierungen auszustatten. Häufig auftretende Elemente sind Zierleisten, Vignetten, Sterne und Muster. Bereits die Analyse der Zeitungstitelblätter hat gezeigt, dass bei weitem nicht alle Zeitungen mit einem reich verzierten und geschmückten Titelblatt ausgestattet sind. Ebenso verhält es sich auf der Nachrichtenseite. Während einige Zeitungen eines der oben Vgl. Wölfle 1943, S. 39. Gebildet wurden die Werte nach dem Haebler´schen Verfahren. Danach wird die Zahl der Zeichen pro Zeile in den ersten zehn Zeilen (inklusive Leerzeichen) ermittelt und das statistische Mittel errechnet. Vgl. dazu Rautenberg 2013, S. 431–466. 170 171 63 genannten Zierelemente aufweisen, verzichten die Drucker anderer Zeitungen darauf. Exemplarisch dafür ist der Umgang mit Initialen. Im Textbereich von neun der insgesamt 23 Zeitungen lassen sie sich nachweisen. Damit sind fast alle der Zeitungen, bei denen Illustrationen im Textbereich vorliegen, mit Initialen ausgestattet. Weit verbreitet im frühen Zeitungsdruck ist es, die erste Nachricht auf der ersten Textseite der Nachrichten mit einer Initiale beginnen zu lassen, während die folgenden Nachrichten nur über Einzüge und / oder in einem anderen Schriftgrad gesetzte Überschriften hervortreten lassen. Die Initialen lassen sich eindeutig als Schmuckelemente des Textes bestimmen. Vorherrschend ist der Typ der einfachen Schmuckinitiale. In keinem Fall ließen sich belebte oder historisierte Initialen nachweisen, die dem Text eine zusätzliche Bedeutungsebene hinzugefügt hätten oder mit diesem in einen Sinnzusammenhang gestellt werden könnten. Die Initialen haben eine Größe von meist drei bis vier Zeilen und nehmen keine dominante Position auf der Seite ein. Eine Ausnahme stellt die Wöchentliche Zeitung dar (Vgl. Abb. 13). In dieser Zeitung beginnt jede neue Nachricht auf dem kompress gedruckten Blatt mit einer eigenen relativ großen Initiale. Auch alle drei in Abbildungen vorliegenden niederländischen Zeitungen beweisen, dass Caspar van Hilten und Joris Veseler auf eine Ausstattung mit Initialen als Zierelementen setzten. Eine Besonderheit der bei Janszoon gedruckten Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren ist, dass sie statt der bei einem in Fraktur gesetzten Text keine Fraktur-Initiale verwendet, sondern auf eine Antiqua-Initiale zurückgreift. Hinzu kommt die vergleichsweise umfangreiche Ausstattung. Die Initiale ist in einem gerankten Kasten gehalten, der über sieben Textzeilen läuft. Die Regel der Ausgestaltung der Nachrichtentexte waren eher einfache und nicht geschmückte Initialen, die in der Regel über drei bis maximal fünf Textzeilen laufen. Auf den Textbereich bezogen sind Initialen nicht die einzigen Zierelemente, die sich nachweisen lassen. In einigen Fällen wurde der Text auf der (im Anhang nicht abgebildeten) zu einer Spitzkolumne gesetzt. Neben dem Dreieckssatz finden sich vereinzelt am Ende der Zeitungen auch Sterne, die den Text abschließen. 4 Lektüre der frühen Zeitungen Dem Votum Wölfles, das 1943 die deutschen Zeitungen als in der äußeren (typografischen) Erscheinungsform »noch uneinheitliches Medium« 172 bezeichnet, ist im Vergleich mit den in den Niederlanden gedruckten Zeitungen mit Einschränkungen zuzustimmen. Bei weitestgehend gleichem Inhalt und vergleichbaren Produktionsund Distributionsbedingungen müssen die Unterschiede im Layout in der Intention des Absatzes an eine unterschiedliche Zielgruppe gesucht werden. Nur in wenigen Bereichen lassen sich Konventionen feststellen, die zumindest von den Druckern in einem Sprachraum gleichermaßen beachtet werden. In der makrotypografischen Analyse waren dies für die deutschen Zeitungen vor allem die Verwendung eines einspaltigen Satzes und in den meisten Fällen das Verwenden eines Titelblatts. Stärkere 172 Wölfle 1943, S. 377. 64 Ähnlichkeiten wiesen die in den Niederlanden gedruckten Zeitungen auf, was mit der Anzahl von nur zwei aktiven Zeitungsdruckern und der geringen Anzahl von Zeitungen erklärt werden kann. Darüber, wie die Zeitungen des 17. Jahrhunderts gelesen wurden, liegen eine Reihe von Detailstudien vor. Die Einzelstudien zusammenfassend lassen sich der Fürstenhof, 173 das Gasthaus, 174 die Lesegesellschaft 175 (ab dem 18. Jahrhundert), die studentische Tischgemeinschaft 176 und die Schule als Orte kollektiver Zeitungslektüre bestimmen. Joad Raymond charakterisiert das Zeitungslesen als »Reading the news could be the enthusiastic pursuit of appetite, inutile and unreasoned«. 177 Ebenso wie Martin Welke geht er davon aus, dass die Zeitungslektüre für einen relative großen Kreis der städtischen Bevölkerung im 17. Jahrhundert ein Bestandteil des Alltags war. 178 Welke beziffert die Zahl der Leser nach seiner eigenen konservativen Schätzung um 1750 auf mehr als 1 Mio. Leser im Alten Reich. 179 Die typografische Erscheinung der Seite steht vor allem in einem Zusammenhang mit den technischen Gegebenheiten. Der Grund ist die Produktion im Buchdruckverfahren und die kommunikationstechnologische Anbindung an das Postwesen. Für den Zeitungsdruck waren nur sehr kurze Produktionszeiten eingeplant, da zwischen dem Eintreffen der Nachrichten und dem Versand der Zeitung teilweise nur ein halber Tag lag, wie es aus der Eingabe von Johann Carolus an den Straßburger Rat deutlich wird. 180 Kurze Fristen, in denen eine Zeitung produziert werden musste, führten mit zum teilweise fehlerhaften und wenig durchgestaltet wirkenden Druck. Die in Deutschland erscheinenden Zeitungen orientieren sich in ihrer Typografie weitestgehend an den bekannten Konventionen der Buch- und Flugschriftentypografie. Angefangen von der Wahl des Formats, über die oft vorhandene Ausstattung mit einem Titelblatt bis hin zu mikrotypografischen Entscheidungen (eine Kolumne, Druck in Fraktur mit Antiqua-Einschüben) dürfte das neue Medium die Sehgewohnheiten des Publikums nicht allzu sehr herausgefordert haben. Grundsätzlich von den deutschen Zeitungen unterscheiden sich die niederländischen Exemplare. Beispiele für Druckwerke im einseitig bedruckten Plakatformat, die für eine lineare Lektüre bestimmt sind, sind rar gesät. Der sehr kompresse Satz (bezogen auf die in der Textura gedruckten Zeitungen) und das große Format der niederländischen Zeitungen weist auf einen deutlichen Funktionsunterschied im Vergleich mit den deutschen Zeitungen hin und erlaubt den Rückschluss, dass die niederländischen Zeitungen in einem anderen Rezeptionsvorgang gelesen wurden. Alle inspizierten Originale weisen eine vermutlich früh vorgenommene zweifache Falzung auf. Dadurch wurde das Format auf eine Größe reduziert, die einfach über das Postsystem Vgl. Arndt S. 82–88. Welke 1981, S. 36. 175 Vgl. dazu die polemische Auseinandersetzung Ahasver Fritschs mit dieser Form der Zeitungslektüre und des lauten Vortrags in Frisch 1999 [1676], S. 17–21. 176 Vgl. Welke 1981, S. 35 177 Raymond 2003, S. 189. 178 Vgl. Welke 1981, S. 29–34. 179 Ebd., S. 31. 180 Vgl. S. 10 in dieser Studie. 173 174 65 transportiert werden konnte. Spuren einer Penetration durch Nägel oder ähnliche Befestigungsmittel konnten nicht nachgewiesen werden, allerdings können sie bei einem nachträglichen Beschneiden des Blatts verloren gegangen sein. Aussagen über eine Aufhängung der Zeitungen bleiben deswegen spekulativ. Dass die frühen Amsterdamer Zeitungen öffentlich im Wirtshaus oder teilöffentlich in der Werkstatt oder dem Handelshaus aufgehängt wurden, erscheint jedoch nicht unwahrscheinlich, wenn man die Funktion des großen Formats und dessen Möglichkeiten bedenkt. Da Berichte über die individuelle Rezeption früher Zeitungen nicht vorhanden sind bzw. sich auf Aussagen innerhalb eines Abonnentenkreises beschränken, 181 können sich die gewonnenen Aussagen einzig auf die Beobachtungen in der Typografie stützen. Erschwerend auf die Rezeption hat sich vermutlich der in den meisten Fällen wenig sorgfältige Druck ausgewirkt. Aktualitätsansprüche haben die Drucker in den Zwang versetzt, auf die Produktion einer Zeitung meist nur wenig Sorgfalt zu verwenden, da nur wenige Zeitressourcen vorhanden waren. Dies drückt sich in den vielen kleineren Satz- und Druckfehlern und der Uneinheitlichkeit aus, die sich in vielen Zeitungen finden. Innerhalb der makrotypografischen Ausstattung wird ebenfalls ein Funktionsunterschied deutlich, wenn man sich die Ausstattung mit Illustrationen und den Angaben auf dem Inhaltsverzeichnis vor Augen führt. Einige der untersuchten Exemplare der deutschen Zeitungen verfügten auf der Titelseite in insgesamt sieben Fällen über eine Illustration und zwei der Zeitungen verfügten bereits über Vorformen eines Zeitungskopfs. Klare Referenzen an bekannte Symbole aus dem Postwesen machten den Charakter ebenfalls eindeutig. In der Autopsie der Exemplare wird anhand des archivalischen Umgangs und der (hier nicht näher ausgeführten) Nutzerspuren ein anderer Umgang mit den Zeitungen deutlich. Deutsche Zeitungen waren in einer Reihe von Fällen seitens der Drucker mit einem Jahrestitelblatt versehen, dass auf eine Bindung der einzelnen Ausgaben am Jahresende hinweist. Im Gegensatz dazu wiesen zwei der inspizierten niederländischen Zeitungen eine zweifache Falzung auf, die ihre Größe auf ein handliches Format reduzierte. Diese Zeitungen wurden lose aufbewahrt und vermutlich oft zwischen den Rezipienten hin- und gereicht, worauf die teilweise deutlichen Nutzungsspuren hinweisen. Ebenfalls der einfachen und zielgerichteten Entnahme der Informationen dient der oftmals vorhandene Vorläufer der Inhaltsübersicht. Bevor etwa ab 1850 die Zeitungsinhalte in Ressorts (Nachrichten, Wirtschaft, Politik, Sport etc.) gegliedert wurden, ermöglichte die Aufzählung der Korrespondenzorte der individuellen Ausgabe auf dem Titelblatt dem Leser einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu den jeweiligen Informationen. Deutsche Zeitungen haben aufgrund des Rückgriffs auf die aus dem Buchdruckbekannten typografischen Schemata einen einfacheren Zugang für den Leser. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass in der nationalen Zeitungsproduktion seitens der Drucker eine jeweils andere Leseweise angelegt wurde. Ein informierendes Lesen ist in den deutschen Zeitungen angelegt. Willberg und Forssman bestimmen 181 Vgl. Jentsch 1937, S. 32 und überblickend Prüsener 1972, S. 36. 66 das typografische Prinzip des selektierenden Lesens dadurch, dass die Seite »so deutlich wie möglich« 182 eingerichtet sein muss. Eigenschaft dieser Typografie ist es, »auf Leser zugeschnitten [zu sein], die eine bestimmte Auskunft suchen.« 183 Die typografische Umsetzung ermöglicht es den Lesern der frühen deutschen Zeitungen, die Inhalte bereits bei einem ersten groben Überblick über die Ausgabe in relevante und nicht relevante Nachrichten zu unterteilen. Bereits der Blick auf das oftmals vorhandene Titelblatt erlaubte eine Vorselektion. Die typischerweise mit eindeutig ausgezeichneten Überschriften und oftmals noch mit weiteren typografischen Mitteln markierten einzelnen Nachrichten waren für den Leser schnell zu unterteilen. Viele unterschiedliche Mittel (Wahl verschiedener Schriftgrößen, Fettungen, Kursivierungen und Initialen) ermöglichen es dem Leser, die einzelnen Nachrichten schnell voneinander zu unterteilen. Der individuelle Leser musste nicht eine lineare Lektüre vornehmen, um zu den von ihm als wichtig empfundenen Inhalten zu gelangen. Somit werden deutsche Zeitungen in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts den Ansprüchen einer schnellen Informationsentnahme auf der Basis eines selektierenden Lesens gerecht. Die Typografie der in den Niederlanden gedruckten Zeitungen lässt den Rückschluss zu, dass es sich um ein Layout handelt, das ein informierendes Lesen impliziert. Charakteristisch für diese Leseweise ist es, dass die Typografie dem Leser ein schnelles Überfliegen des Textes erlaubt.184 Diese Typografie findet dort Anwendung, wo der Rezipient sich über einen abgrenzbaren Zusammenhang informieren möchte und keine lineare Lektüre des gesamten Mediums bzw. der Zeitung intendiert ist. 185 Mit diesem Zweck geht die Einrichtung der Seite einher. Das große Format ermöglicht es, das Zeitungsexemplar an einem Ort aufzuhängen und es so einem potenziell großen Rezipientenkreis zugänglich zu machen. Die verwendeten kleinen Schriftgrade sind dem Vorsatz geschuldet, dass sich der Nachrichtentext auf nur einer Seite des Bogens unterbringen lassen musste, damit eine solche Präsentationsmöglichkeit überhaupt möglich wurde. Die in den Niederlanden gedruckten Zeitungen sind auf diesen Zweck hin durchgestaltet und erlauben es, über das Blatt schnell einen Überblick zu gewinnen. Die Überschriften sind vom Nachrichtentext und visuell schnell erfassbar. Dies sorgt dafür, dass dem Leser in der einseitig bedrucktem Zeitungsexemplar schnell zu einer Übersicht über die einzelnen Meldung gelangen kann. V Abschließende Zusammenfassung und Ausblick Für die eingangs gestellte Frage nach der Stellung der Zeitung im Mediensystem der Frühen Neuzeit und der Beziehung zu anderen Nachrichtenmedien ließ sich feststellen, dass die Zeitung als ein zusätzliches Medium hinzutritt und sich in inhaltlicher Hinsicht aus den anderen Medien speist. Gleicht man die Eigenschaften der Zeitung Vgl. Willberg / Forssman 2005, S. 23–28. Rautenberg / Wetzel 2001, S. 47. 184 Vgl. Willberg / Forssman 2005, S. 35–40. 185 Vgl. Schopp 2011, S. 43. 182 183 67 (Aktualität, Periodizität, Universalität und Publizität) mit den parallel bestehenden Nachrichtenmedien ab wird deutlich, dass zwischen der Zeitung und dem Flugblatt und der Flugschrift, den Briefzeitungen und den Meßrelationen oft nur ein gradueller Unterschied besteht und keine grundsätzlichen Oppositionen nachweisbar sind. Die gedruckte und periodisch erscheinende Zeitung unterscheidet sich beispielsweise von den Zeitungsbriefen hauptsächlich durch ihre Publizität. Zeitungen sind zu einem vergleichsweise geringen Preis potenziell für eine breite Käuferschicht attraktiv, während Zeitungsbriefe exklusiv für einen Empfänger verfasst werden. Was ihren Aktualitätswert anbelangt sind beide Medien allerdings ebenbürtig. Vor allem Zeitungsbriefe und die Flugblattpublizistik liefern die wichtigen Nachrichten, die die Grundlage für die Zeitungen bilden. Unbedeutend als Stofflieferant hingegen sind die Meßrelationen. Aufgrund ihres wenig aktuellen Charakters finden sich in ihnen vor allem Nachrichten wieder, die zuvor bereits in der Flugschriftenliteratur, den Zeitungsbriefen und den Zeitungen festgehalten sind. Ein erster Schritt hin zu einer Systematisierung des frühen Zeitungsdrucks konnte mit der Organisationsanalyse im zweiten Kapitel gemacht werden. Die Leistung dieses Kapitels ist die Systematisierung anhand Saxers Theoriemodell der Medienanalyse, bezogen auf die beteiligten Organisationen. Unterschiede wurden vor allem dort deutlich, wo politische Machthaber Einfluss auf den Zeitungsdruck ausübten. Während in Deutschland die Zeitungen weitestgehend ohne Einfluss der Höfe erscheinen konnten, wurde der Export niederländischer Zeitungen nach England aus ökonomischen und politischen Motiven heraus unterbunden. Die vier am Zeitungsdruck beteiligten Druckertypen lassen einen Rückschluss darauf zu, dass bereits früh eine Differenzierung hinsichtlich der Betriebsformen stattgefunden hat. Während in Wolfenbüttel Julius Adolph von Söhne seine enge Anbindung an den Hof dafür nutzt, zielgerichtet und mit einer kleinen Auflage Zeitung für diesen Abnehmerkreis zu produzieren, kooperieren in den Niederlanden bereits Drucker und Verleger. Johann von den Birghden nutzt seine gehobene Stellung als Postmeister gezielt dazu aus, ein vermutlich lukratives Nebengeschäft mit dem Zeitungsdruck aufzubauen. Ausgehend von einer Betrachtung der Gestalt der Zeitungen konnte die typografische Analyse nachweisen, dass mit den Unterschieden in Umfang und auf makround mikrotypografischer Ebene unterschiedliche Lesarten verbunden sind. Während das Layout der in Deutschland gedruckten Zeitungen selektives Lesen vorgibt, ermöglichen niederländische Zeitungen das informierende Lesen. Gemeinsam ist den Zeitungen, dass sie innerhalb einer kurzen Frist gesetzt und gedruckt werden mussten. Dennoch wählten die Drucker Layoutkonventionen, die über einen langen Zeitraum relativ konstant blieben. Mit Blick auf das Kommunikationssystem in der Frühen Neuzeit stellt sich die Frage, warum gerade in Deutschland die ersten Zeitungen erscheinen. In Italien hat sich bereits im ausgehenden Mittelalter und der Frührenaissance ein leistungsfähiges System der Brief- und Nachrichtenübermittlung entwickelt. Nahezu jede große Stadt verfügte bereits im 16. Jahrhundert über kommerziell arbeitende Schreibstuben, in denen Nachrichten verschriftlicht und im Anschluss über ein leistungsfähiges Post- 68 netz innerhalb kurzer Zeit im oberitalienischen Raum versandt werden konnte. Politisch ist Italien, genauso wie Deutschland, dezentral organisiert und relativ kleinteilig gegliedert. Die Republiken Venedig und Florenz, das Königreich Neapel, das Herzogtum Mailand und der römische Kirchenstaat dominierten bis zum Risorgimento im 19. Jahrhundert das politische und wirtschaftliche Geschehen und sorgten für ein konstantes Bedürfnis an Nachrichten. 1664 und damit knapp 60 Jahre nach der Straßburger Relation erscheint in der norditalienischen Provinz Mantua die erste italienische Zeitung. Verglichen mit den zentraleuropäischen Nachbarstaaten, die fast ausnahmslos in den 1630er bis 1650er Jahren mit dem Zeitungsdruck beginnen, liegt Italien hier zeitlich betrachtet zurück. Fraglich ist, ob das System der postbasierten Nachrichtenkommunikation per Briefzeitung derart etabliert ist, dass sich die Zeitung erst vergleichsweise spät und nur sehr langsam als Medium der politischen Information entwickelt. Blickt man auf das sich zwischen 1605 und 1620 langsam entwickelnde Gefüge zwischen Öffentlichkeit, Korrespondenten, Druckern und dem Postwesen stellt sich die Frage, ob und wie sich die Beziehungen der Akteure zueinander verschieben. In Leipzig beispielsweise ist der Fall bekannt, dass Drucker nach der Besetzung durch schwedische Drucker dazu aufgefordert wurden, den Zeitungsdruck im schwedischen Königreich zu etablieren. Somit üben Akteure der politischen Öffentlichkeit durch die Umsiedlung von Druckern einen Einfluss auf das Zeitungssystem aus. Aus Berlin ist bekannt, dass der dortige Zeitungsdrucker Runge auf Druck der Bewachung der kurfürstlichen Obrigkeit auf einen publizistisch pro-schwedischen Kurs einschwenkte. In typografischer Hinsicht ist es interessant, den Untersuchungszeitraum zu erweitern und die Frage zu stellen, ob und wie sich die beiden herausgebildeten Layouts weiterhin entwickeln. Man muss davon ausgehen, dass Zeitungsdrucker, die nach 1620 mit der Zeitungsproduktion begonnen haben, sich bewusst an einem der bestehenden Layoutformen orientiert haben. Zu klären wären die Fragen, welchen Konventionen die Zeitungsdrucker folgten und ob sich Gründe dafür finden lassen. Neben einer Auswertung der Zeitungsexemplare könnte eine solche Analyse Archivmaterial aus den persönlichen Nachlässen der Drucker auswerten. Ebenfalls positiv wirkt sich die fortschreitende Digitalisierung von Zeitungsexemplaren für die Zugänglichkeit seitens der Forschung aus. Die frühen Zeitungen haben eine besonders starke Beachtung seitens der Forschung erfahren. Der Großteil der Zeitungen des 17. Jahrhunderts ist allerdings primär als Quellenmaterial für die Geschichtswissenschaft und noch nicht als eigener Forschungsgegenstand ausgewertet worden. Diese Studie hat eine der sechs Dimensionen der Medienanalyse nach Saxer behandelt. Für eine Folgestudie kann dieser Rahmen erweitert werden. So bietet es sich an, die Dimension Technizität in Bezug auf die Zeitungen zu erörtern. Zu Fragen wäre, wie sich beispielsweise die oftmals illustrierte Flugblattpublizistik gegenüber den Zeitungen verhält. Beide Medien stellen ein bestimmtes Lösungspotenzial von Kommunikationsproblemen dar. Die technische Grundlage beider Medien ist der Buchdruck, bei den Flugblättern kommen Bilddruckverfahren hinzu und es entstehen illustrierte Medien. Wie, so könnte man fragen, kommt es dazu, dass im Laufe 69 des 17. Jahrhunderts die sachlichen Nachrichteninhalte abnehmen und das Flugblatt als Medium der theologischen Auseinandersetzung und Agitation wichtig wird? Diese Entwicklung vollzieht sich, obwohl das aufwändigere und vermutlich im Schnitt teurere illustrierte Flugblatt ein hohes Potenzial hat, eine sachliche Darstellung eines einzelnen Vorgangs wiederzugeben. 70 Literatur Achilles, Walter: Anmerkungen zum Titelholzschnitt des »Aviso« von 1612. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 41(1969), S. 192–196. Albert, Pierre: La presse française. Paris 1998. Arndt, Johannes: Gab es im frühmodernen Heiligen Römischen Reich ein »Mediensystem der politischen Publizistik«? Einige systemtheoretische Überlegungen. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 6(2004), S. 74–102. 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ORGANIZATIONS AND TYPOGRAPHY OF THE FIRST NEWSPAPERS IN GERMANY AND THE NETHERLANDS (1605–1620) With the advent of the newspaper in Germany in 1605 a new medium improved the possibility for a broad publicity to read the news, politics became for the first time visible to the newspaper-reading audience as a small-scale process of negotiations and the different interests of the various parties stood out clearly. Between 1605 and 1620 a total of 23 different newspapers were published and the invention quickly crossed the border to the Dutch Republic. In Amsterdam and Antwerp printers began to print newspapers not only in their Dutch native language, but also in English and French. These newspapers were designed to meet the reader´s expectations in England and France. This study aims to clarify the role of the newspaper as a new medium in the canon of the already established media. For this purpose, the analysis firstly identifies the criteria that define the newspaper (publicity, periodicity, currency and universality) and applies them in a comparative manner to pamphlets, written newsletters and the »Meßrelation« (news books, published for the distribution at the Frankfurt and Leipzig book fairs). Secondly it is to ask which organizations are involved in the production of the newspaper and what role these organizations play. Authorities were responsible for controlling of communication and the censorship of newspapers. A comparison of the situation in Germany, the Dutch Republic, England and France shows the fundamental principles of press regulation in the Early Modern period. The suppression of local news was a common practice in every state except for the Dutch Republic. Correspondents situated at the court, in merchant towns and along trade routes or as academics and scholars play the most important part in writing down the news and taking account from events. The post system plays the role of transporting written accounts of news to the printer and delivering the newspaper to the reader. Strong connections with the fourth important organization, the printers, can here be found in the role of the postmaster-printers. These types of small-scale printers benefited from their role as postmasters and used their good access to news sent via mail to print newspapers. Printer-publishers form the last organization and are commissioned with the print of the newspapers. They can be subdivided into general printerpublishers, printers working for courts, postmaster-printers and forms of economic cooperation between printers and publishers. Results of the second chapter finally serve to provide information on the design of the early newspapers. They have a layout that is typical for book or pamphlet typography. The audience was confronted with newspapers as a new medium and could, because of the decisions of printer-publishers, apply learned reading strategies. It is significant that German printer-publishers orientated themselves towards the layout of the book, while Dutch printer-publishers used the layout schemes of the pamphlets to design the newspapers. 80 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abhängigkeitsverhältnisse der Neuigkeitenmedien in der Frühen Neuzeit. Abb. 2: Modell der Zeitungskommunikation. Abb. 3: Zeitung: 14. Januar 1609. Jahrestitelblatt Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 7. Abb. 4: Zeitung: 8. Januar 1609. Vorrede Bl. 2r. Weber 2010, S. 36. Abb. 5: Zeitung: 8. Januar 1609. Textseite Bl. 2v. Weber 2010, S. 37. Abb. 6: Zeitung: 22. Januar 1609. Titelblatt Bl. 1r. Eigene Erstellung von SUB Bremen 78 L 1704 (1609,6). Abb. 7: Zeitung: 22. Januar 1609. Textseite Bl. 2r. Eigene Erstellung von SUB Bremen 78 L 1704 (1609,6). Abb. 8: Zeitung. 26. Februar 1610. Titelblatt. Bl. 1r. In; Bogel / Blühm I, S. 17. Abb. 9: Zeitung: 28. Juni 1614. Titelblatt Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 16. Abb. 10: Zeitung: 8. Oktober 1615. Textseite. Bl. 1r. In: Weber 2010 S. 51. Abb. 11: Zeitung: 23. August 1617. Textseite Bl. 1r. Eigene Erstellung von SUB Bremen, Mikrofilmarchiv H16/201. Abb. 12: Zeitung: Jahrestitelblatt 1619. Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 26. Abb. 13: Zeitung: 4. August 1618. Textseite. Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 26. Abb. 14: Zeitung: 1. Juni 1618. Bl. 1r. In: Dahl 1946, S. 17. Abb. 15: Zeitung: 30. Dezember 1619/5. Januar 1620. Titelblatt. Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 30. Abb. 16: Zeitung: 20. Februar 1619. Textseite. Bl.1v. In: Weber 2010 S. 54. Abb. 17: Zeitung: 2. Februar 1619. Bl. 1r. In: Dahl, 1946, S. 26. Abb. 18: Zeitung: 25. Juli 1619. Titelblatt. Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 36. Abb. 19: Zeitung: 25. Juli 1619. Inhaltsübersicht. Bl. 1v. In: Bogel / Blühm II, S. 37. Abb. 20: Zeitung: 28. Dezember 1620. Titel und Textseite. Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 40. Abb. 21: Zeitung: 4. Dezember 1620. Titelblatt. Bl. 1r. In: Bogel / Blühm II, S. 41. Abb. 22: Zeitung: 24. September 1620. Titelblatt. Bl. 1r. In: Bogel Blühm III, S. 216. 81 Abb. 23: Zeitung: 23. August 1620. Titel und Text. Bl. 1r. In: Dahl, 1946, S. 32. 82 Verzeichnis der gedruckten Zeitungen (1605–1620) Quellen BOGEL / BLÜHM Bogel, Elsa / Blühm, Elger: Die deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts. Ein Bestandsverzeichnis mit historischen und bibliografischen Angaben. Zusammengestellt von Else Bogel und Elger Blühm. Band 1–3. Bremen 1971–1983. FISCHER Fischer, Helmut: Die ältesten Zeitungen und ihre Verleger. Augsburg 1936. OPEL Opel, Julius Otto: Die Anfänge der deutschen Zeitungspresse 1609 bis 1650 (Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels 3). Leipzig 1879. 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Die Bibliografie verzeichnet Angaben zum Langtitel, Kurztitel und Zeitraum des Erscheinens der Zeitung. Einträge zu den Druckern (und ggf. deren Nachfolgern), Druckort, Erscheinungsweise und Umfang geben Aufschluss über die Produzenten, die physische Gestalt und die Herkunft der Zeitungen. Informationen zu Überlieferung und Fundorten runden die Bibliografie ab. Diese Angaben ermöglichen einen Zugang zu den heute erhaltenen Jahrgängen und Beständen. Signaturen wurden da aufgenommen, wo sie recherchierbar und eindeutig einer Zeitung und einem Jahrgang zugewiesen werden konnten. Die Bibliografie verweist auf ausgewählte Literatur zur jeweiligen Zeitung. 83 Aufbauend auf dieser Zusammenstellung kann im dritten Kapitel dieser Studie eine typografische Analyse der Zeitungen geleistet werden. Diese baut auf der analytischen Auswertung der Zeitungen nach makro- und mikrotypografischen Gesichtspunkten auf. Die Einträge in der Bibliografie beruhen auf der Auswertung und Zusammenstellung vorliegender bibliografischer Arbeiten von Opel, Rennert, Dahl und Bogel / Blühm. Dort, wo die Bibliografien nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind, wurden sie ergänzt und aktualisiert. Jüngere und verstreut publizierte Forschungsergebnisse, wie beispielsweise der über archivalische Quellen gelungene Rückschluss auf die Erscheinungsweise der Relation bereits seit 1605, finden in dieser Bibliografie Berücksichtigung. Vermutete, aber nicht durch überlebende Exemplare gesicherte Erscheinungsjahre oder durch Kriegsverluste o.Ä. verloren gegangene Zeitungen werden durch eckige Klammern dargestellt. Eigene Ergänzungen und Korrekturen konnten dort vorgenommen werden, wo jüngere Zeitungsfunde vorlagen. Ein Abgleich mit den online zugänglichen Katalogen VD 17, ISTC, ESTC und USTC hat in einigen Fällen zu Unstimmigkeiten mit den gedruckten Bibliografien geführt. Ein Abgleich mit den Verzeichnissen der lokalen Bibliotheken oder Archive sowie gegebenenfalls die Anfrage nach einem Digitalisat oder die Klärung widersprüchlicher Angaben hat diese Diskrepanzen gelöst. Der komplette Titel einer Zeitung kann relativ lang ausfallen. So lauten die Angaben auf dem Titel der ersten Ausgabe des Aviso beispielsweise »Was sich begeben vnd zugetragen hat / in Deutsch: vnd Welschland / Spannien / Niederlandt / Engellandt / Franckreich / Vngern / Osterreich / Schweden / Polen / vnnd in allen Provintzen / in Ost: vnnd West-Indien etc.« 186 Die Titel vermitteln die Inhalte einer Ausgabe einer Zeitung und sind aus diesem Grund nicht statisch und über viele Ausgaben hinaus gleichbleibend sondern dynamisch. Je nach Inhalt und Reihenfolge der Meldungen variieren die Angaben auf dem Titel der Zeitung. Wo dies der Fall ist, wird in der Bibliografie aus pragmatischen Gründen nur der vollständige Titel der ersten Ausgabe der Zeitung bibliografiert. 186 Vgl. Abb. 6. 84 1.A Relation Aller Fürnemmen vnd gedenckwürdigen Historien. Straßburg [1605]–1636 Titel Relation: Aller Fürnemmen vnd gedenckwürdigen Historien/ so sich hin vnnd wider in Hoch und Nieder Teutschland/ auch in Frankreich/Italien/Schott vnd Engelland /Hisspanien/Hungern/Polen/Siebenbürgen/Wallachey /Moldaw/Türckey/etc. Inn diesem 1609. Jahr verlauffen vnd zugetragen möchte. Alles auff das trewlichst wie ich solche bekommen vnd zu wegen bringen mag/in Truck verfertigen will. Kurztitel Relation Erscheinungszeitraum [1605]–1667 Drucker Johann Carolus (1605–1634); Moritz Carolus (1635– 1636) Druckort Straßburg Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 2–3 Blatt Überlieferung 1609: Nr. 1–33, 35–52 1612: N1–47, 49–52 1620: 33, 48 Exemplarnachweise Heidelberg, UB (1609, B 3369-1) Karlsruhe, LB (1609) Straßburg, BNU (1612, Réserve R.100.415) [Karlsruhe, LB (1614), Kriegsverlust] Stockholm, KB (1620, Tidningar Nederländerna (SAB)) LITERATUR Die Relation des Jahres 1609. In Faksimiledrucken herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von WALTER SCHÖNE Bd. 2. Leipzig 1940, S. 174–199; OPEL, S. 44–64; BLANCK, FRIEDRICH: Die Kölnische Zeitung von 1609. In: Kölnische Zeitung Nr. 31, 10.1.1912 (2. Morgenausgabe); HEIDE, WALTHER: Die älteste gedruckte Zeitung. Mainz 1931, S. 14–24; RITTER, ERWIN: Elsässische Zeitungen vor der Französischen Revolution. In: Jahrbuch des wissenschaftlichen Zweigvereins des Vogesen-Clubs 2 (1934), S. 126–141; RENNERT, S. 107–109; SCHÖNE-RIECK, HENRIETTE: Die Zeitungen des Jahres 1609 (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 2). Leipzig 1943; AUGUST, HEINZ: Johann Carolus. In: Neue Deutsche Biographie Bd. 3. Stuttgart 1947, S. 154; PICCARD, GERHARD / SPORHANKREMPEL, LOTTE: Die Untersuchung der ältesten deutschen Zeitungen auf ihre Wasserzeichen. In: Papiergeschichte 1 (1951), S. 13–16; PICCARD, GERHARD: Früher 85 Zeitungsdruck am Oberrhein. Straßburg und Konstanz. In: Baden. Monographie einer Landschaft. Südwestdeutsche Rundschau für Kultur und Wirtschaft 3 (1951), S. 3–6; HAUF, ELSE: Eine Nachricht über den Verleger Johann Carolus in einer »Relation« von 1622. In: Publizistik 8 (1963), S. 152–154; BOGEL / BLÜHM: I, S. 1–4; II, S. 7–9; III, S. 25 f.; SCHRÖDER, THOMAS: Die ersten Zeitungen. Textauswahl und Nachrichtenauswahl. Tübingen 1995; DEMSKE, ULRIKE: Merkmale und Relationen. Diachrone Studien zur Nominalphrase des Deutschen. Berlin 2000; WEBER, JOHANNES: Straßburg 1605. Die Geburt der Zeitung. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 7 (2005), S. 3–27; WELKE, MARTIN: Johann Carolus und der Beginn der periodischen Tagespresse. In: MARTIN WELKE / JÜRGEN WILKE (Hrsg.): 400 Jahre Zeitung. Die Entwicklung der Tagespresse im internationalen Kontext (Presse und Geschichte 23). Bremen 2008, S. 9–116; WÜRGLER, ANDREAS: Medien in der Frühen Neuzeit. (Enzyklopädie Deutscher Geschichte 85). München 2009; RESKE, S. 898. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel Antiqua (Relation:), Fraktur, dreieckig, spitz zulaufend gesetzt, Zierelmente (drei Sterne), gerahmt mit drei Putten, zwei stehenden Figuren 4°, 225 × 280 mm Jahrestitelblatt (Bl. 1r), Vorrede Nachrichtentext (Bl. 2r–8v) 1 Kolumne (18–34 Z.) 180 × 210 mm (Bl. 1v), Schrift / Satz Überschriften Text Ausstattung Zusammenfassung Fraktur, zentriert Fraktur, lateinischer Text in Antiqua, Blocksatz Kopfleiste (Bl. 2r) in vielen Exemplaren leicht fleckiger Druck, Satzfehler 86 Abb. 3: Zeitung: 8. Januar 1609. Jahrestitelblatt Bl. 1r. 87 Abb. 4: Zeitung: 8. Januar 1609. Vorrede Bl. 2r. 88 Abb. 5: Zeitung: 8. Januar 1609. Textseite Bl. 2v. 89 1.B Avisa Relation oder Zeitung. Wolfenbüttel 1609–1624 Titel Aviso Relation oder Zeitung. Was sich begeben vnd zugetragenhat/in Deutsch :vnd Welschland/Spannien /Niederlandt/Engellandt/Frankreich/Vngern/Osterreic h/Schweden/Polen/und in allen Provintzen/in Ost:vnnd WestJndien etc. So alhie den 15. Jannuar angelangt. Gedruckt im Jahr/1609. Kurztitel Aviso Erscheinungszeitraum 1609–1624 Drucker Julius Adolph von Söhne (1609–1615), Elias Holwein (1616–1624) Druckort Wolfenbüttel Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1609: Nr. 1–50 1610: Nr. 1–52 1612: Nr. 14 [Nachdruck von 1799] 1615: Nr. 20 1618: Nr. 29 1619: Nr. 52 Exemplarnachweise Hannover, LB (1609–1610) Wolfenbüttel, HAB (1612, T 369.4° Helmst. (13)) Berlin, SB (1614, Flugschr. 1614/3) Hannover, SA (1615) Bremen, SUB (1618–1620, 78 L 1704 (1616,6)) [Berlin, SB (1620), Kriegsverlust] handschriftliche Exzerpte aus Aviso-Nummern 1609– 1612 [MS 71] LITERATUR VON SCHWARZKOPF, JOACHIM: Über Zeitungen. Ein Beytrag zur Staatswissenschaft. Frankfurt am Main 1795; GRIMME, FERDINAND: Neu aufgefundene Zeitungen des 17. Jahrhunderts. In: Kölnische Zeitung vom 4. und 6. Oktober 1903, S. 12–13; FUCHS, FRITZ: Die geschichtliche Entwicklung des Nürnberger Zeitungswesens bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Erlangen 1925, S. 110–114; DRESLER, ADOLF: Die Anfänge der Augsburger Presse und der Zeitungsdrucker Andreas Aperger. In: Zeitungswissenschaft 5 (1930), S. 275–289; HEIDE, WALTHER: Die ältesten gedruckten Zeitungen. Mainz 1931; OST, GÜNTHER: Zur Geschichte unserer ältesten Zeitungen. In: Zeitungswissenschaft. 6 (1931), S. 28–32; BIBO, HANNS: Die beiden ersten Wochenzeitungen. Oestrich am Rhein 1933; HEIDE, WALTHER: Die älteste gedruckte Zeitung. Notwendige Feststellungen zu Streitfragen. In: Zeitungswissen- 90 schaft 11 (1936), S. 61–70; Der Aviso des Jahres 1609. In Faksimiledruck. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von WALTER SCHÖNE. Leipzig 1939; Wo erschien die älteste gedruckte Zeitung? Fünf Gutachten, bearbeitet von WALTER. SCHÖNE. Hrsg. v. WALTHER HEIDE. (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 1). Leipzig 1940; HART, HERMANN: Die Problematik um das »alt ZeitungBuch«. In: WALTHER HEIDE (Hrsg.): Wo erschien die älteste gedruckte Zeitung? Fünf Gutachten (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 1). Leipzig 1940, S. 15–24; HEIZLER, RUDOLF: Unzureichend bewiesene Thesen. In: HEIDE, WALTHER (Hrsg.): Wo erschien die älteste gedruckte Zeitung? Fünf Gutachten (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 1). Leipzig 1940, S. 25–38; KURTH, KARL: Julius Adolph von Soehne-Wolfenbüttel der Drucker des Aviso von 1609? In: HEIDE, WALTHER (Hrsg.): Wo erschien die älteste gedruckte Zeitung? Fünf Gutachten (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 1). Leipzig 1940, S. 39–61, RUPPEL, ALOYS: Druckgeschichte und Zeitungsforschung, S. 62–78. In: HEIDE, WALTHER (Hrsg.): Wo erschien die älteste gedruckte Zeitung? Fünf Gutachten (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 1). Leipzig 1940; SCHÖNE, WALTER: Methoden der Inkunabelforschung der Zeitung. In: HEIDE, WALTHER (Hrsg.): Wo erschien die älteste gedruckte Zeitung? Fünf Gutachten (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 1). Leipzig 1940, S. 79–94; KURTH, KARL: Wurde der »Aviso« von 1609 in Wolfenbüttel oder in Braunschweig gedruckt? In: Zeitungswissenschaft 18 (1943), S. 247–255; SCHÖNE-RIECK, HENRIETTE: Die Zeitungen des Jahres 1609 (Forschungsberichte zur Geschichte des Pressewesens 2). Leipzig 1943. PICCARD, GERHARD: Vom Ursprung der Zeitung. In: Zeitungs-Verlag 48 (1951), S. 4 f.; JESSEN, HANS: Wo kommt der Aviso her? Ein Beitrag zur Frühgeschichte der deutschen Zeitung. In: Gazette 1 (1955), S. 182–190; HARTMANN, WILHELM: Die älteste deutsche Zeitung wurde in Wolfenbüttel gedruckt. In: Alt-Hildesheim 26 (1955), S. 47; HARTMANN, WILHELM: Wolfenbüttel als Druckort des »Aviso« von 1609, der ältesten periodisch gedruckten Zeitung. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 31 (1959), S. 175–189; ENGELSING, ROLF: Der Aviso von 1609 (Flugschriften zur Kulturkunde 1). Bremen 1960; Standortverzeichnis der Nürnberger politischen Presse. Bearbeitet von LUDWIG ZIEGELMEIER (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Nürnberg 2). Nürnberg 1960; BOGEL-HAUFF, ELSE / ELGER BLÜHM: Neue Mitteilungen zum »Aviso«. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 39 (1967), S. 302–308; SPORHANKREMPEL, LORE: Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 und 1700 (Nürnberger Forschungen 10). Nürnberg 1968, S. 128–136; ACHILLES, WALTER: Anmerkungen zum Titelholzschnitt des »Aviso« von 1612. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 42 (1969), S. 102–196; BLÜHM, ELGER: Adlige Bezieher des Wolfenbütteler »Aviso«. Bericht über einen Archivfund von Wilhelm Hartmann. In: Publizistik 16 (1971), S. 64–67; BOGEL / BLÜHM: I, S. 4–8; II, S. 10–13; III, S. 35 f.; BLÜHM, ELGER: Vom »Ursprung und Altertum der Zeitungen« in Deutschland. (Neue Nummern des Wolfenbütteler »Aviso« von 1618–1623). In: Gutenberg-Jahrbuch 1976, S. 326–332; BRAUNGART, WOLFGANG: Zu zwei 91 Schlußvignetten des »Aviso« von 1609. In: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten 6 (1979), S. 310–312; RESKE, S. 1017. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Antiqua (Aviso Relation), Fraktur, drei Schriftgrade, spitz zulaufend, Titelvignette (gehörnter menschlicher Kopf, Muschelohren) Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4°, 20,5 × 15,5 cm Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4v) 16 × 11,5 cm, 1 Kolumne (34–36 Z.) Schrift / Satz Überschriften Text Zierstücke Fraktur, zentriert, größerer Schriftgrad Fraktur, Blocksatz, Absatz durch Einzug markiert dreizeilig Schmuckinitiale am Textbeginn, erste Zeile durch Fettdruck markiert, Textschluss auf Bl. 4v spitz zulaufend, 3 Sterne als Schlusszierstück Abb. 6: Zeitung: 22. Januar 1609. Titelblatt Bl. 1r. 92 Abb. 7: Zeitung: 22. Januar 1609. Textseite Bl. 2r. 93 1.C Newe Zeitung(en). o. O. 1610 Titel Particularitäten, Etlicher Newer Zeitungen/ so erstvergangenen Monat Julio Fürgeloffen/ und sich zugetragen/ … Anno 1610. Kurztitel Newe Zeitung(en) Erscheinungszeitraum 1610 Drucker k. A. Druckort o. O. Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1610: M, P Exemplarnachweise Düsseldorf, UB (1610, f/0083) Wien, ÖNB (1610, 62.T.20.(10)) LITERATUR BOGEL / BLÜHM: I, S. 8 f.; II, S. 14 f.; III, S. 26 f. 94 1.D Newe Zeitung(en). o. O. 1610–1611 Titel Newe gedenckwürdige Zeitung/was sich inner Monats frist erhebliches begeben vnd vorgelauffen/auß Cöllen/ Straßburg/Praag/ Wien/Rom/Venedig/vnd anderer Örter. Fürnemblich aber das Gülische jetztschwebende Kriegsweisen vermeldente. ANNO M.DC.X. Kurztitel Newe Zeitung Erscheinungszeitraum 1610–1611 Drucker k. A. Druckort o. O. [Güstrow?] Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung [A], G, H, K, L, S [Laufende Zählung durch Buchstaben im Vignettenfeld] Exemplarnachweise Stockholm, KB (1610, Tidningar Nederländerna (SAB)) Göttingen: SALg (1611) Schwerin, LHA (1611) LITERATUR BOGEL / BLÜHM: I, S. 15–17. TYPOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Fraktur, lateinische Jahresangabe Antiqua, Aus typografischem Ziermaterial gebildeter Kegel, Einfassung für Buchstaben G Buchblock Größe Inhalt 4°; 20,5 × 15,5 cm Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4v) 95 Abb. 8: Zeitung: 26. Februar 1610. Titelblatt. Bl. 1r. 96 1.E Aviso oder Zeitung. o. O. 1614 Titel Aviso oder Zeitung Das ist Kurtze jedoch außfürliche Relation vnd Meldung führnemmer Geschichte/deren sich etliche in den benachbarten/etliche aber in weit abgelegenen Ländern/als in Türckey/in Vngern vnd Siebenbürgen/in Polen vnd in der Moßcaw/in Schweden/etc. So wol in Teutsch:vnd in Welschlanden/in Franckreich/Spanien/ Engellandt/West: vnd OstJndien: Fürnemlich aber in Oesterreich/Böhmen/in den Niederlanden vnd im gantzen Römischen Reich/hin vnd wieder jetziger zeit begeben vnd zugetragen haben. So von Nürnberg den 28. Junianhero/vnnd sonst Wochentlichen avisiert und angelangen. Gedruckt im Jahr/1614. Kurztitel Aviso oder Zeitung Erscheinungszeitraum 1614 Drucker k. A. Druckort o. O. Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1614: Nr. 26 Exemplarnachweise Berlin, SB (1614, Flugschr. 1614/3) Berlin, Stft. Preuß. Kult., (1614) LITERATUR BOGEL / BLÜHM: I, S. 9 f.; II, S. 16. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Antiqua (Aviso), Fraktur, drei Ebenen, spitz zulaufend, Illustration (Strandszene geflügelte Botenfigur, Mensch), emblematisch, Götterbote, Hermesfigur Buchblock Größe 4°; 19,5 × 14 cm 97 Abb. 9: Zeitung: 28. Juni 1614. Titelblatt Bl. 1r. 98 1.F o. T. [Frankfurter Postzeitung]. Frankfurt am Main 1615–1866 Titel o. T. Erscheinungszeitraum 1615–1690 Drucker Johann von den Birghden 1615–1627, Gerhard Vrints 1627–1631, v. d. Birghden 1632 bis August 1635, Vrints September 1635–1645, Johann Baptist Höswinkel 1645–1658, Johann Adam Wetzel 1658– 1690 Druckort Frankfurt am Main Erscheinungsweise wöchentlich, unregelmäßig auch öfters Umfang 4 Blatt Überlieferung 1615: Nr. 39, 42, 43, 46–49 1616: Nr. 3, 6–9, 11, 12, 14, 17–32, 50 1617: Nr. 40 1618: Nr. 4, 16, 21, 22, 33, 35, 36, 38–47, 49–52 1619: Nr. 1–4, 6, 11, 12, 17, 18, 22, 23, 30, 32, 35, 39–44, 46, 47, 49–55, 57–59, 61, 63, 65–73 1620: Nr. 1–4, 6, 11, 12, 15, 17, 18, 22, 23, 30, 32, 35, 39–44, 46, 47, 49–55, 57–59, 61, 63, 65–73 Exemplarnachweise Dresden, SA: (1615–1616, 1619, 1620, 2 DEDUCT B 143/c (2)) Bremen, SB (1620) Stockholm: KB (1617–1620) Amberg, SA (1619, Reg. 115) Bremen, SUB (1616) Breslau, UB (1618) Gotha, ForschB (1620, LP N 4° V, 00003 (25)) LITERATUR VON SCHWARZKOPF, JOACHIM: Ueber politische und gelehrte Zeitungen, Meßrelationen, Intelligenzblätter und über Flugschriften zu Frankfurt am Mayn. Frankfurt am Main 1802; FAULHABER, BERNHARD: Geschichte der Post in Frankfurt am Main (Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 10). Frankfurt am Main 1883; OPEL, S. 65–115; MORI, GUSTAV: Die Entwicklung des Zeitungswesens in Frankfurt am Main. In: Archiv für Buchgewerbe 49 (1912), S. 147–239; HERZOG, HERMANN: Postmeister von den Birghden. Ein Lebensbild aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs. In: Archiv für Post und Telegraphie 46 (1918), S. 9–22; JACOBI, HEINRICH: Die Entwicklung des Frankfurter Zeitungswesens bis 1850. Hanau 1926; KLEINPAUL, JOHANNES: Der Nachrichtendienst der Herzöge von Braunschweig im 16. und 17. Jahrhundert. In: Zeitungswissenschaft 5 (1930), S. 82–94; DERS.: Das Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten im 16. und 17. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Ge- 99 schichte der geschriebenen Zeitungen. Leipzig 1930; DERS.: Zeitungsgeschichtliche Schätze in Stettiner Bibliotheken. Grimma 1939; RENNERT, S. 37–48; SIMON, HERMANN: Geschichte der Ulmer Presse von den Anfängen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. München 1954; RÜHL, EDITH: Fund einer Berliner Zeitung aus dem Jahre 1619 in der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Publizistik 5 (1960), S. 96–99; BLÜHM, ELGER: Alte Frankfurter Kölner Zeitungen in Bremen. In. Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 10 (1966), S. 23–31; BRÄUNING-OKTAVIO, HERMANN: Die »Wochentlichen Zeitungen« (1664–1667) aus Darmstadt und ihre Drucker. In: Gutenberg-Jahrbuch 1971, S. 246; BOGEL / BLÜHM: I, S. 24 f.; III, S. 27– 29; KREMER, KARL Heinz: Johann von den Birghden 1582–1645, des deutschen Kaisers und des schwedischen Königs Postmeister zu Frankfurt am Main. In: Archiv für deutsche Postgeschichte 1 (1984), S. 7–43; BEHRINGER, WOLFGANG: Post, Zeitung und Reichsverfassung. Machtkämpfe zu Beginn des Zeitungswesens. In: BEYRER, KLAUS / DALLMEIER, MARTIN (Hrsg.): Als die Post noch Zeitung machte. Eine Pressegeschichte. Eine Publikation des Deutschen Postmuseums, Frankfurt am Main anläßlich der gleichnamigen Ausstellung. Gießen 1994, S. 40–55; RESKE, S. 249; BEHRINGER, WOLFGANG: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit. Göttingen 2003. KREMER, KARL HEINZ: Johann von den Birghden 1582–1645. Kaiserlicher und königlich-schwedischer Postmeister zu Frankfurt am Main (Presse und Geschichte 15). Bremen 2005. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Buchblock Größe Inhalt Text Satzspiegel 4°, 19,5 × 14 cm Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4v) 15,5 × 11 cm (Bl. 1r–4v) 1 Kolumne (35–38 Z.) Schrift / Satz Überschriften Text Ausstattung Fraktur, zentriert; Fraktur, lateinische Begriffe in Antiqua, Blocksatz, Absätze durch Einzug markiert Dreizeilige Initiale am Textbeginn 100 Abb. 10: Zeitung: 8. Oktober 1615. Textseite. Bl. 1r. 101 1.G o. T. [Mercurius]. Berlin 1617–1691 Titel o. T. [Mercurius] Kurztitel Mercurius (seit 1666) Erscheinungszeitraum 1617–1691 Drucker Christoph Frischmann (1617–1618), Veit Frischmann (1618–1655), Hrsg. von Offizin Rungel Druckort Berlin Erscheinungsweise wöchentlich, ab 1658 drei bis sechs Mal Umfang wechselnd, 4–8 Blatt, seit 1650 2 Blatt Überlieferung 1617: Nr. 30, 36–38, o.N., 39, 40, 49 1618: Nr. 1–9, 11–13, 22–33, 33 [falsche Nummerierung, eigentlich 34] 1619: Nr. 12–16, 19 1620: Nr. 27–39, 45, 46, 50 Exemplarnachweise Stockholm, KB (1617–1626, Tidningar Nederländerna (SAB)) Bremen, SUB (1617) Uppsala, UB (1618, Sv. Rar. 10:359 (2) Göttingen, SALg (1620) Schwerin, LHA (1620) Warschau, NB (1620, 993.270 ) LITERATUR CONSENTIUS, ERNST: Die Berliner Zeitungen bis zur Regierung Friedrichs des Großen. Berlin 1904; OPEL, S. 116–136; KLEINPAUL, JOHANNES: Zeitungsgeschichtliche Schätze in Stettiner Bibliotheken. Grimma 1933; DEININGER, FRIEDRICH: Die erste Berliner Zeitung und ihre Nachrichtenbeschaffung (1617–1626). Berlin 1939; LÖSCHBURG, WINFRIED: Die älteste Zeitung der Deutschen Staatsbibliothek. In: Marginalien, Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie 14 (1971), S. 25–31; BOGEL / BLÜHM: I, S. 16–23; II, S. 20–25; III, S. 29–33; BENDER, KLAUS: Vossische Zeitung (1617–1634). In: FISCHER, HEINZ-DIETRCH: Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts (Publizistisch-historische Beiträge 2). München 1972, S. 25–39; SIMONOV, S. 216–218; PLÜMACHER, ECKHARD: Ein unbekannter Berliner Drucker aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Matthias Zypsen. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Berliner Zeitungswesens. In: Gutenberg-Jahrbuch 1984, S. 163–171; DE MENDELSOHN, PETER: Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Berlin 1987; STEINWASSER, FRITZ: Berliner Post. Ereignisse und Denkwürdigkeiten seit 1237. Berlin 1988; RESKE, S. 104; KÖRBER, ESTHER –BEATE: Öffentlichkeiten der Frühen Neuzeit. Teilnehmer, Formen, Institutionen und Entscheidungen öffentlicher Kommunikation im Herzogtum Preußen von 1525 bis 1618 (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 7). Berlin / New York 102 1998; WILKE, JÜRGEN: Nachrichtenvermittlung und Informationswege im 17. und 18. Jahrhundert in Brandenburg / Preußen. In: SÖSEMANN, BERND (Hrsg.): Kommunikation und Medien in Preußen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 12). Stuttgart 2002, S. 72–84. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4°, 21 × 14 cm Nachrichtentext (Bl. 1r-4v) 1 Kolumne (29–33 Z.) Schrift / Satz Überschriften Text Ausstattung Fraktur, zentriert, größerer Schriftgrad Fraktur, Blocksatz, italienische u. lateinische Begriffe, Ortsnamen etc. Antiqua, erste Zeile hängend eingerückt dreizeilig Schmuckinitiale am Beginn der ersten Nachricht Abb. 11: Zeitung: 23. August 1617. Textseite Bl. 1r. 103 1.H o. T. [Continuatus]. o. O. 1618–1619 Titel (1618) o. T. [Continuatus] Titel (1619) Continuatus der wochentlichen Zeitungen von Johannis Evangelistae 1618. biß wider Johannis Baptistae 1619, geliebts Gott. Kurztitel Continuatus Erscheinungszeitraum 1618–1619 Drucker k. A. Druckort o. O. Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4–6 Blatt (1618), 2 Blatt (1619) Überlieferung 1618: Nr. IX–XXX 1619: Nr. I–XI, XIII–XVI Exemplarnachweise Sankt Petersburg, RNB (1618–1619) LITERATUR GOLDBERG, A. L.: Pervye nemeckie gazety, chranjasciesja v Gosudarstvennoj Publicnoj biblioteke im M.E. Saltykova-Scedrina, In: Trudy Gosudarstvennoj Publicnoj biblioteki im M.E. Saltykova-Scedrina t.IX(12). Sankt Petersburg 1922, S. 189–202 [Die ersten deutschen Zeitungen, die in der Staatlichen Öffentlichen M.E. Saltykov-Scedrin-Bibliothek aufbewahrt werden. In: Arbeiten der Staatlichen Öffentlichen M.E. Saltykov-Scedrin-Bibliothek IX(12)]; BOGEL / BLÜHM: III, S. 34 f. 104 1.I Wöchentliche Zeitung auß mancherley örther. Hamburg 1618–1678 Titel (1618) o. T. Titel (1619–1620) Wöchentliche Zeitung auß mancherley örther Kurztitel Wöchentliche Zeitung Erscheinungszeitraum 1618–1678 Drucker Johann Meyer 1618–1634, Ilsabe Meyer 1634–1656, seit 1638 auch Meyers zweiter Ehemann Martin Schuhmacher, Hrsg. [Dr.] Paul Lange Druckort Hamburg Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1618: Nr. C, J, K, L 1619: Nr. Bb–Ee, Gg, Hh, Kk, Ll Nn–Rr, Xx, Aaa, Bb [falsch nummeriert, = Bbb], Ccc–Hhh, Ji [falsch nummeriert, = Jjj], Kkk–Sss, Bbbb–Cccc 1620: 3, 4, 6–17, 21, 22, 26–28, 34, 35, 37–41, 43, 45–47, 49 Exemplarnachweise Stockholm, KB (1618–1621, Scrin. A/136) Lüneburg, RatsB (1619–1621, 4 Eph.pol. 681628/29) LITERATUR LAPPENBURG, JOHANN MARTIN: Zur Geschichte der Buchdruckkunst in Hamburg. Hamburg 1840. OPEL, S. 179–185; HAGEDORN, ANTON: Die Anfänge der hamburgischen Zeitungspresse. In: Mitteilungen des Vereins für Hamburger Geschichte 6 (1893/94), S. 133–140; CONSENTIUS, ERNST: Die Zeitungsschreiber im 17. Jahrhundert. In: Deutschland. Monatsschrift für die gesamte Kultur 6 (1905), S. 246– 251; GÖRGES, WILHELM: Die ältesten Zeitungen der Stadtbibliothek Lüneburg. In: Lüneburger Museumsblätter 2 (1912), S. 235–246; HESKEL, ANNIE: Das älteste Exemplar der ältesten Hamburger Zeitung. In: Mitteilungen des Vereins für Hamburger Geschichte 41 (1923), S. 136; OST, GÜNTHER: Althamburger und Altmecklenburger Zeitungen. Ein Beitrag zur Geschichte der Inkunabeln der Zeitungspresse. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburger Geschichte 32 (1931), S. 202–205; SASSE, GUSTAV: Bremisches Zeitungswesen bis 1848. Bremen 1932. SCHÖNE, WALTER: Drei Jahrhunderte Leipziger Presse. In: Zeitungswissenschaft 11 (1936), S. 516–524; Kellenbenz, Hermann: Das hamburgische Zeitungswesen und die Politik. In: Hamburger Geschichts- und Heimatblätter 12 (1940), S. 321–324; RENNERT, S. 49–54; REINCKE, HEINRICH: Zur Vor- und Frühgeschichte des Hamburger Zeitungswesens In: Zeitschrift des Vereins für Hamburger Geschichte 44 (1958), S. 205–218; VON REINKEN, LIESELOTTE: Georg Greiflingers Verhältnis zur Meyer-Schumacherschen 105 Zeitung. In: DIES: Deutsche Zeitungen über Königin Christine 1626–1689. Eine erste Bestandsaufnahme. Münster 1966, S. 143–146; BOGEL / BLÜHM: I, S. 23–30; II, S. 26–29; WEBER, JOHANNES: Deutsche Presse im Zeitalter des Barock. Zur Vorgeschichte öffentlichen politischen Räsonnements. In: JÄGER, HANS-WOLF (Hrsg.): Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert (Das achtzehnte Jahrhundert 4). Göttingen 1997, S. 137–150; DOERING-MANTEUFFEL, SABINE / MANCAL, JOSEF / WÜST, WOLFGANG (Hrsg.): Pressewesen der Aufklärung. Periodische Schriften im Alten Reich (Colloquia Agustana 15). Berlin 2001; BÖNING, HOLGER: Periodische Presse. Kommunikation und Aufklärung. Hamburg und Altona als Beispiel (Presse und Geschichte 6). Bremen 2002; BARTON, WALTER: Die Anfänge der europäischen Presse 1605 und die Entwicklung der oldenburgischen Presse bis zur Franzosenzeit 1746– 1813. Katalog zur Ausstellung in der Landesbibliothek Oldenburg. Oldenburg 2005; RESKE, S. 337; 340; KRIEGER, MARTIN: Patriotismus in Hamburg. Identitätsbildung im Zeitalter der Frühaufklärung. Köln / Weimar / Wien 2008. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Antiqua (Confirmation), Fraktur, vier Schriftgrade, Angabe der Ausgabe (N) in Zierleiste integriert Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4°, 21 × 15 cm Titelblatt (Bl 1r.), Nachrichtentext (Bl.1v–4v) 18,5 × 13,5 cm, 1 Kolumne (53–57 Z.) Schrift / Satz Überschrift Text Ausstattung Zusammenfassung Fraktur, zentriert; Zwischenüberschriften: Fraktur, erste Überschrift fett und größer, zwei Schriftgrade für Überschriften verwendet Fraktur, italienische und lateinische Begriffe und Namen Antiqua, kompresser Blocksatz, Absätze durch Einzug markiert vierzeilige Initialen am Beginn jeder Nachricht teilweise ungleicher Durchschuss, Gassen, kletschiger Druck 106 Abb. 12: Zeitung: Jahrestitelblatt 1619. Bl. 1r. 107 Abb. 13: Zeitung: 4. August 1618. Textseite. Bl. 1r. 108 1.J Relation dessen, was sich begeben. o. O. [1618]–1626 Titel RELATION dessen/Waß sich in Böhemen / Osterreich/ Polen / Schlesien / Franckreich / Hollandt / Engellandt Jtalia vnnd anderen Ortern mehr /denckwürdiges itz lauffenden [Monat] dieses M.DC.XIX Jahrs begeben. Jnsbesonderheit/Was in jtzigen Bohemischen kriegsweßen dieser Zeit fürgelauffen. Den … Vnd sonsten Wochentlich von Nürnberg avisiert. Im Jahr/1619. Kurztitel Relation dessen, was sich begeben Erscheinungszeitraum 1618–1626 Drucker k. A. Druckort o. O. Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 2–4 Blatt Überlieferung 1619: Aa, Bb, Dd–Ff, Ll, Qq–Ss Exemplarnachweise Stockholm, KB (1619–1623, Tidningar Nederländerna (SAB)) Lüneburg, RatsB (1618 verloren) Hannover, LB (1619) LITERATUR GÖRGES, WILHELM: Die ältesten Zeitungen der Stadtbibliothek. In: Lüneburger Museumsblätter 2 (1912), S. 233–246; OST, GÜNTHER: Zur Geschichte unserer ältesten Zeitungen. In: Zeitungswissenschaft 6 (1931), S. 28–32; DERS.: Althamburger und Altmecklenburger Zeitungen. Ein Beitrag zur Geschichte der Inkunabeln der Zeitungspresse. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburger Geschichte 32 (1931), S. 204–209; REINCKE, HEINRICH: Zur Vor- und Frühgeschichte des Hamburger Zeitungswesens. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburger Geschichte 44 (1958), S. 211 f.; SPORHAN-KREMPEL, LORE: Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 und 1700 (Nürnberger Forschungen 10). Nürnberg 1968; BOGEL / BLÜHM: I, S. 35 f.; II, S. 34 f.; III, S. 37. 109 1.K Courante uyt Italien, Duytslandt etc. Amsterdam 1618–1650 Titel Courante uyt Italien, Duytslandt etc. Kurztitel Courante uyt Italien, Duytslandt etc. Erscheinungszeitraum 1618–1650 Drucker Caspar van Hilten für Joris Veseler Druckort Amsterdam Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 1 Blatt Überlieferung 1618: 14.6., 22.6., 15.11., 23.11., 31.11. 1619: 15.5., 19.5., 25.11. 1620: 21.8, 28.8., 18.9., 17.10., 12.12. Exemplarnachweise Stockholm, KB (1618–1620, Tidningar Nederländerna (SAB)) London, BM, (1619-1620, T.2423.(24.)) Hasselt, AH, (1620) LITERATUR STOLP, ANNIE: De overgang van geschreven naar gedrukte Kranten in de republiek der Zeven Provincien. Amsterdam 1938; DIES.: De eerste couranten in Holland. Bijdrage tot de geschiedenis der geschreven nieuwstijdingen. Enschede 1938; DAHL, S. 33–52; HEMELS, JOAN: De dagblatuitgever: van courantier naar ondernemer. In: VAN CUILENBURG, JAN / NEIJENS, PETER (Hrsg.): Media in overloed. Amsterdam 1999; LANKHORST, OTTO: Newspapers in the Netherlands in the seventeenth century. In: DOOLEY, BRENDAN / BARON, SABRINA A. (Hrsg.): The Politics of Information in Early Modern Europe. London / New York 2001, S. 151–159; DÍAZ NOCI, JAVIER: Gacetas españolas de los Países Bajos en el siglo XVII. La Gazeta de Amsterdam y Noticias Principales y Verdaderas. In: Revista internacional de comunicación 8 (2002), S. 215–237; SCHULTHEIß-HEINZ, SONJA: Politik in der europäischen Publizistik. Eine historische Inhaltsanalyse von Zeitungen des 17. Jahrhunderts (Beiträge zur Kommunikationsforschung 16). Stuttgart 2004; MAIER, INGRID: Niederländische Zeitungen (»Couranten«) des 17. Jahrhunderts im Russischen Staatsarchiv für die alten Akten (RGADA), Moskau. In: Gutenberg-Jahrbuch 2004, S. 192–218; VAN DE PLASSE, JAN: Kroniek van de Nederlandse dagbladen opiniepers. Amsterdam 2005; LESGER, CLÉ: The Rise of the Amsterdam Market and Information Exchange. Merchants, Commercial Expansions and the Change in the Spatial Economy of the Low Countries, c. 1550–1630. Aldershot / Burlington 2006; DERS.: The Printing Press and the Rise of the Amsterdam Information Exchange around 1600. Amsterdam 2008; MAIER, INGRID: Zeventiende-eeuwse Nederlandse couranten vertaald voor de tsaar. In: Tijdschrift voor Mediageschiedenis 12 (2009), S. 27–49; GROESEN, MICHIEL VAN: A Week to Remember: Dutch Publishers and the Competition for News from Brazil, 26 August – 2 September 1624. In: Quaerendo 40 (2010) H. 1, 110 S. 26–49; ESPEJO, CARMEN: European Communication Networks in the Early Modern Age. A new Framework of Interpretation for the Birth of Journalism. In: Media History 17 (2011), S. 189–202. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4°, 41 × 31 cm Nachrichtentext (Bl. 1r) 2 Kolumnen (jeweils 71 Z.) Schrift / Satz Titel Überschriften Text Zusammenfassung Antiqua, zentriert Antiqua, zentriert Dutch Black Letter, Blocksatz, arabische Zahlen, hängende Einzüge, Gliederung durch waagerecht verlaufenden Kolumentrennstrich sehr kompresser Satz, hoher Grauwert Abb. 14: Zeitung: 1. Juni 1618. Bl. 1r. 111 1.L Die Erste (Ander, Dritte …) Zeitung. Hildesheim 1619–1622 Titel (rekonstruiert) Die Erste Z[eitung], Die sich im ga[nzen] römischen Reich/so wol auch in d[en benachbarten] Ländern/als Welschlandt/Fran[kreich, Hispanien,] Engellandt/Dänemarck/S[chweden Pohlen, Moscau,] Lifflandt/Türckey etc. Vnd dan [in der welt abgelegenen] Jnsulen/Als Cypern/M[adera, Candia] vnd anderen mehr/[begeben] vund zugetragen h[aben.] So durch das gantze Jahr/wöch[entlich anhero ge]langen/vnd Avisirt wer[den.] Kurztitel Die Erste (Ander, Dritte …) Zeitung (1619) [R]elation, sive [k]urtzer Bericht Erscheinungszeitraum 1619–1622 Drucker Joachim Gössel Druckort Hildesheim Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1619: 1–44, 46–51, 53 1620: 1–35, 37–52 Exemplarnachweise Hildesheim, StA (1619) München, BSB (1619, Ztg. II,19) Hannover, LB (1620) LITERATUR VON SCHWARZKOPF, JOACHIM: Ueber politische Zeitungen und Intelligenzblätter in Sachsen, Thüringen, Hessen und einigen angrenzenden Gebieten. Gotha 1802; OPEL, S. 172–178; BARTH, ALOYS: Das Zeitungswesen von Hildesheim. Ein Beitrag zur Geschichte und Soziologie der deutschen Presse. Hildesheim 1929; FISCHER, S. 95–99; HARTMANN, WILHELM: Die Hildesheimer Zeitungen in der Zeit von 1617 bis 1813. In: Alt-Hildesheim 25 (1954), S. 1–13; DERS.: Hildesheimer Drucke der Zeit vor 1650. In: Alt-Hildesheim 31 (1960), S. 1–37; DERS.: Die älteste Hildesheimer Zeitung ab 1617 im Licht neuer Forschungen (Schriftenreihe des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek Hildesheim 3). Hildesheim 1968; GERSTENBERG, BRUNO: Die Hildesheimer Zeitungsunternehmen und die Spiegelung der städtischen Wirtschaft in den Zeitungen von 1705 bis 1866. Hildesheim 1970; BOGEL / BLÜHM: I, S. 31–33; II, S. 31 f.; AUFERMANN, JÖRG / SCHUSTER, VOLKHARD: Hildesheimer Allgemeine Zeitung. Geschichte der ältesten heute in Deutschland erscheinenden Tageszeitung. In: RAABE, PAUL (Hrsg.): Von St. Petersburg nach Hildesheim. Festschrift zum 200jährigen Jubiläum des Hauses Gerstenberg, 1792–1992. Hildesheim 1992; ABROMEIT, SVEN: 300 Jahre Hildesheimer allgemeine Zeitung. Seitenblicke 112 1705–2005. Anlässlich des Festaktes 300 Jahre »Hildesheimer Allgemeine Zeitung« im Stadttheater Hildesheim am 29. April 2005. Hildesheim 2005; RESKE, S. 376. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Antiqua (Relation), Fraktur, zentriert, spitz zulaufend, drei Schriftgrößen, Zierelement: doppelköpfiger Reichsadler mit Wappen Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4° Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4r) 1 Kolumne (22–32 Z.) Schrift / Satz Überschriften Text Ausstattung Fraktur, zentriert Fraktur, Blocksatz, Abschnitte durch Einzüge markiert sechszeilige Initiale auf Bl. 1v (ab 1619) Abb. 15: Zeitung: 30. Dezember 1619/5. Januar 1620. Titelblatt. Bl. 1r. 113 Abb. 16: Zeitung: 20. Februar 1619. Textseite. Bl.1v. 114 1.M Wöchentliche Zeitung. Danzig 1619 Titel Wöchentliche Zeitung vom 24. Febr. biß zum II Martij diß 1619. Jahres. Aus Danzig. Gedruckt Jm Jahr 1619. Kurztitel Wöchentliche Zeitung Erscheinungszeitraum 1619 Drucker Andreas Hünfeld (?) Druckort Danzig Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1619; Nr. E, B+B Exemplarnachweise Sankt Petersburg, RNB (1619) Stockholm, KB (1619, Tidningar Nederländerna (SAB)) Königsberg, UB (verloren) Danzig, SB (verloren) Stettin, MSG (verloren) LITERATUR BAKE, WERNER: Vom pommerschen Zeitungswesen. Eine Studie mit Anschauungsmaterial durch 300 Jahre. In: Zeitungs-Verlag 29 (1928), S. 45; HAßBARGEN, HERMANN: Eine Danziger Zeitung vom Jahre 1619. In: Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins 30 (1931), S. 85–92; OST, GÜNTHER: Die ältesten pommerschen Zeitungen. In: Baltische Studien 34 (1932), S. 220 f.; KLEINPAUL, JOHANNES: Zeitungsgeschichtliche Schätze in Stettiner Bibliotheken. Grimma 1933; KRANHOLD, KARL HEINZ: Frühgeschichte der Danziger Presse (Studien zur Publizistik. Bremer Reihe 9). Münster 1967; BOGEL, BLÜHM: I, S. 33 f.; II, S. 32; PIRONZYNSKY, JAN: Die Stellung der polnischen Metropolen im europäischen Nachrichtenverkehr des 16. Jahrhunderts. In: LANGER, ANDREA / MICHELS, GEORG (Hrsg.): Metropolen und Kulturtransfer im 15./16. Jahrhundert. Prag – Krakau – Danzig – Wien (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropas 12). Stuttgart 2011, S. 101–110; LOEW, PETER OLIVER: Danzig. Biographie einer Stadt. München 2011. 115 1.N Aviso Relation, oder Zeitung. Halberstadt 1619 Titel AVISO RELATION, oder Zeitung/ Was sich begeben uvnd zugetragen hat Jn Teudsch: vnnd Welschlandt/ Hispanien/ Niederlandt/ Engellandt/ Franckreich/ Schweden/ Polen/ Rom/ Venedig/ Antorff/ Ambsterdam/ Cölln/ Franckfurt/ Insprück vnd Schweitz/ Sonderlich aber im Königreich Böheimb/ Vngarn /Erzthertzogthumb Osterreich/ Fürstenthumb Mähren und Schlesien/ etc. So von Nürnberg den 19. DECEMBRIS, vnd sonsten wöchentlich allhier avisiert, vnd angelanget. Anno 1619. Gedruckt zu Halberstadt. Kurztitel Aviso Relation, oder Zeitung Erscheinungszeitraum 1619 Drucker Jakob Arnold Kote Druckort Halberstadt Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1619, Nr. 52 Exemplarnachweise Originale verloren, Reproduktion bei EGGELING LITERATUR EGGELING, FRITZ: Das Halberstädter Zeitungswesen. Seine Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart. Greifswald 1925; SCHÖNE, S. 18; BAUMANN, WALTER: Geschichte des alten Halberstädter Buchdrucks. In: AGB 1 (1958), S. 245–273; BOGEL / BLÜHM: III, S. 39 f.; RESKE, S. 324; ROSSEAUX, ULRICH: Die Kipper und Wipper als publizistisches Ereignis (1620–1626). Eine Studie zu den Strukturen öffentlicher Kommunikation im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 67). Berlin 2001. 116 1.O Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren. Amsterdam 1619–1650 Titel 1619–1628: o. T. 1629: Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren Kurztitel Tijdinghen uyt verscheyde Quartieren Erscheinungszeitraum 1619–1650 Drucker Broer Janszoon Druckort Amsterdam Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 1 Blatt Überlieferung 1619: 10.2., 15.6., 22.6., 31.8., 22.11. 1620: 1.3., 2.5., 20.9., 10.10., 5.12. Exemplarnachweise Stockholm, KB (1619–1620, Tidningar Nederländerna (SAB)) Antwerpen, SB (1619, R 50.13) London, BM (1619, T.2423.(23.)) Amsterdam, NP (1620) Hasselt, AH (1620) LITERATUR DAHL, S. 55–65; KUNGLIGA BIBLIOTEKET (Hrsg.): The birth of the European press as reflected in the newspaper collection of the Royal Library. An Exhibition Catalogue. Stokholm 1960; SIMECEK, ZDENEK.: The First Brussels, Antwerp and Amsterdam Newspapers: Additional Information. In: Revue belge de philologie et d’histoire 50 (1972), S. 1098–1115; KEBLUSEK, MARIA: The business of news. Michel le Blon and the transmission of political information to Sweden in the 1630s. In: Scandinavian Journal of History 28 (2003), S. 205–213; MAIER, INGRID: Zur Frühgeschichte der Haager Zeitungen. In: Quaerendo 24 (2004), S. 87–133; ARBLASTER, PAUL: Posts, Newsletters, Newspapers. England in a European system of communications. In: Media History 11 (2005), S. 21–36; DERS.: Posts, Newsletters, Newspapers: England in a European System of communications. In: Raymond, Joad (Hrsg.): News Networks in Seventeenth Century Britain and Europe. Abingdon / New York 2006, S. 19–34; LESGER, CLÉ: The Printing Press and the Rise of the Amsterdam Information Exchange around 1600. Amsterdam 2008; HAFFEMAYER, STÉPHANE: Transferts culturels dans la presse européenne au XVIIe siècle. In: Le Temps des médias 11 (2008), S. 25–43; VAN GROESEN, MICHIEL: A Week to Remember: Dutch Publishers and the Competition for News from Brazil, 26 August – 2 September 1624. In: Quaerendo 40 (2010), S. 26–49; HARMS, ROELAND: Pamfletten en publieke opinie. Massamedia in den zeventiende eeuw. Amsterdam 2011; VAN GROESEN, MICHIEL: Lessons Learned: The Second Dutch Conquest of Brazil and the Memory of the First. In: Colonial Latin American Review 20 (2011) H. 2, 117 S. 167–193; BAKKER, HANNAH: Tijdingen uit Duitsland. Nieuws over de Dertigjarige oorlog in de Republiek der Verenigde Nederlanden (1618–1632). Leiden 2012. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4°, 220 × 270 mm Nachrichtentext (Bl. 1r) 2 Kolumnen (80/86 Z.) Schrift / Satz Überschriften Text Ausstattung Antiqua zentriert, größerer Schriftgrad Dutch Black Letter, durchgehend einheitlicher PetitSchriftgrad, in Kolumne 2, Zeile 62 Wechsel zu kleinerem Schriftgrad, Blocksatz, Absätze durch Einzüge markiert, Impressum am Textende zentriert und einspaltig siebenzeilige Initiale am Beginn der ersten Kolumne Abb. 17: Zeitung: 2. Februar 1619. Bl. 1r. 118 1.P Zeittungen. Stuttgart 1619–1665 Titel Zeittungen/Auß vnderschidlichen Orten im Monat Julio vnd Augusto/ Anno 1619. Kurztitel Zeittungen Erscheinungszeitraum 1619–1665 Drucker [Johann Weyrich Rößlin, Vater und Sohn] Druckort Stuttgart Erscheinungsweise wöchentlich Umfang meist 4 Blatt Überlieferung 1619: I–XXII Exemplarnachweise Stuttgart, WLB (1619, 4 J STAT II, 400) Sankt Petersburg, RNB (1620–1655) LITERATUR OPEL, JULIUS OTTO: Ueber eine bisher unbekannte süddeutsche Zeitung. In: Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels 10 (1886), S. 207–224; KRAUß, R.: Die ältesten Stuttgarter Zeitungen. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte NF 23 (1914), S. 365–374; MAIER, KURT: Das Zeitungswesen in Württemberg. Seine Entstehung und seine Entwicklung. Tübingen 1921; GROTH, OTTO: Die Zeitung. Bd. 1: Materialien. Mannheim 1928; FISCHER, S.108–114; GOLDBERG, A. L.: Pervye nemeckie gazety, chranjasciesja v Gosudarstvennoj Publicnoj biblioteke im M.E. Saltykova-Scedrina. In: Trudy Gosudarstvennoj Publicnoj biblioteki im M.E. Saltykova-Scedrina t.IX(12). Sankt Petersburg 1922, S. 189–202 [Die ersten deutschen Zeitungen, die in der Staatlichen Öffentlichen M.E. SaltykovScedrin-Bibliothek aufbewahrt werden. In: Arbeiten der Staatlichen Öffentlichen M.E. saltykov-Scedrin-Bibliothek IX(12)]; BOGEL / BLÜHM: I, S. 37–39; II, S. 36– 39; III, S. 41 f; ROSSEAUX, ULRICH: Die Kipper und Wipper als publizistisches Ereignis (1620–1626). Eine Studie zu den Strukturen öffentlicher Kommunikation im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 67). Berlin 2001; KUTSCH, ARNULF / WEBER, JOHANNES (Hrsg.): 350 Jahre Tageszeitung: Forschungen und Dokumente (Presse und Geschichte 3). Bremen 2002; RESKE, S. 912; WILKE, JÜRGEN: Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Köln / Weimar /Wien 2008; MEDICK, HANS: Wallensteins Tod. Auf den medialen Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Krieges. In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur 37 (2008), H. 2, S. 111–130. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Fraktur, zentriert, spitz zulaufend, Kreuz-Verzierung, ab Juli 1619 chronologisch geordnete Inhaltsübersicht, Korrespondenzorte durch Klammer zusammengefasst 119 Buchblock Größe Inhalt 4° Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4v) Abb. 18: Zeitung: 25. Juli 1619. Titelblatt. Bl. 1r. 120 Abb. 19: Zeitung: 25. Juli 1619. Inhaltsübersicht. Bl. 1v. 121 1.Q Diarium Hebdomadale. Frankfurt am Main 1620 Titel Diarium Hebdomadale, oder Wöchentliche auiso Kurztitel Diarium Hebdomadale Erscheinungszeitraum 1620 Drucker [Johann Theobald Schönwetter] Druckort Frankfurt am Main Erscheinungsweise zweimal wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1620: 49, 55, 58, 68, 69 Exemplarnachweise Bremen, SB (1620, VII.6.b.95) LITERATUR STARP, HILDEGARD: Das Frankfurter Verlagshaus Schönwetter 1598–1726. In: AGB 1 (1958), S. 38–113; Lindemann, Margot: Geschichte der deutschen Presse. Teil 1: Deutsche Presse bis 1815 (Abhandlungen und Materialien zur Publizistik 5). Berlin 1969; BLÜHM, ELGER: Alte Frankfurter und Kölner Zeitungen in Bremen. In: Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 10 (1966), S. 23–31; BOGEL / BLÜHM: I, S. 40 f.; II, S. 40; RESKE, S. 254 f. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4° Nachrichtentext (Bl. 1r–4v), 1 Kolumne (38–41 Z.) Schrift / Satz Überschriften Text Zierstücke Antiqua (Propositio), Fraktur, zentriert, spitz zulaufend, teilweise fett ausgezeichnet Fraktur, Blocksatz, Absätze durch Einzug markiert, Gliederung als Aufzählung zweizeilige Initiale am Textbeginn 122 Abb. 20: Zeitung: 28. Dezember 1620. Titel und Textseite. Bl. 1r. 123 1.R Zeitung auß Böhmen. Güstrow 1620 Titel Zeitung auß Böhmen/ Mähren/ Pohlen/ Schlesien/ vnd andern Orthen. Insonder Von dem Treffen/ vor Langenlois. Wie auch Churfürstl. Durchleucht. Mandat/ sampt dem anhangendem KirchenGebet. Güstrow. ANNO M.DC.XX. Kurztitel Zeitung auß Böhmen Erscheinungszeitraum 1620 Drucker Moritz Sachs (?) Druckort Güstrow Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1620, Nr. XIV Exemplarnachweise Wolfenbüttel, HAB (1620, H: T 511.4° Helmst. (17)) LITERATUR BOGEL / BLÜHM: III, S. 42 f., 214; RESKE, S. 319. 124 1.S Raporten. Köln 1620–1699 Titel RAPORTEN, Das ist Wochentlicher Relation Beschreibung dero newen Zeitungen/Welche sich jüngst hin vnd wider in verscheidenen Landen vnd Orthen verlauffen vnd zugetragen/Vom 28. Nouembris biß auff den 4. Decembris. Gedruckt zu Cölln/Bey Johann Mertzenich in der Lindtgassen in S. Peter/M.DC.XX Kurztitel Rapporten Erscheinungszeitraum 1620–1699 Drucker Johann von Mertzenich (1620–1637), Arnold Kempen (1637–1655) Druckort Köln Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1620: E, F Exemplarnachweise Bremen, SB (1620, VII.6.b.95) LITERATUR ENNEN, LEONHARD: Die Zeitungspresse in der Reichsstadt Köln. In: Annalen des historischen Vereinigung für den Niederrhein insbesondre der alten Erzdiöcese Köln 36 (1881), S. 22–29; KEMMERLING, FRIEDRICH: Studien zur Geschichte des älteren Kölner Zeitungswesens. Bonn 1911; RENNERT, S. 60–64; REUTER, WOLFGANG: Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Buchdruckgewerbes im Rheinland bis 1800. In: AGB 1 (1958), S. 642–736; BLUNCK, JÜRGEN: Die Kölner Zeitungen und Zeitschriften vor 1814. Eine Bibliografie mit Standortnachweis (Studien zur Publizistik. Bremer Reihe 7). Münster 1966; BLÜHM, ELGER: Alte Frankfurter und Kölner Zeitungen in Bremen. In: Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 10 (1966), S. 23–31; BOGEL / BLÜHM: I, S. 41–45; II, S. 41–45; Roeder, Corinna: Frühe Kölner Wochenzeitungen. Die Unternehmen der Offizinen Mertzenich und Kempen 1620 bis 1685 (Kölner Arbeiten zum Bibliotheks- und Dokumentationswesen 23). Köln 1998; RESKE, S. 458. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Antiqua (Raporten), Fraktur, zentriert, Datierung lateinisches Format, Hermes-Botenfigur auf Globus stehend Buchblock Größe Inhalt Satzspiegel 4° Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4v) 1 Kolumne 125 Abb. 21: Zeitung: 4. Dezember 1620. Titelblatt. Bl. 1r. 126 1.T Historischer Welt-Spiegel. o. O. 1620 Titel Notarius fide dignus, Hyemalis. Oder HJstorischer Welt-Spiegel: Jn welchem vns Viel vnd mancherley Sachen/ Geschichten vnd Handlungen/ welche in Geist- vnd Weltlichen Händeln inn vnd ausserhalb dem Röm. Reich/ sonderlich in Hoch- vnd Nieder Teutschland/ auch in Franckreich/ Schott- vnd Engelland/ Hispanien/ Italien, Hungarn/ Böheimb/ Polen/ Siebenbürgen/ Wallachey/ Moldaw/ Türckey etc. So wol zwischen hohen als niedern Stands-Personen/ in Fried vnd Kriegssachen täglich sich begeben vnd zugetragen/ eygentlich vor die Augen gestellt werden. Auß welchem wir dann Die grosse Verenderungen der Regimenten/ die Gefahr der gantzen Christenheit/ vnd wolverdiente Straffen GOttes/ vnd erkennen sollen. Menniglich zur Warnung vnd Vnterricht verfertigt: Von Johan-Philippo Cuspinianno H. Gedruckt zu Grünstadt/ durch Martha Salome Stipsin [Scipsin ?] Wittiben. Im Jahr Christi/ 1620. Kurztitel Historischer Welt-Spiegel Erscheinungszeitraum 1620 Drucker k. A. Druckort o. O. Erscheinungsweise wöchentlich (?) Umfang 4 Blatt Überlieferung 1620: 19.9. Exemplarnachweise Frankfurt am Main, StUB (1620) Wolfenbüttel, HAB (1620, A: 32.32.1 Pol. (9)) LITERATUR WELLER, EMIL: Die falschen und fingierten Druckorte. Repertorium der seit der Erfindung der Buchdruckkunst unter falscher Firma erschienenen deutschen, lateinischen und französischen Schriften. Bd. 1. Leipzig 1864, S. 20; BOGEL / BLÜHM: III, S. 44–46, 216. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Titelblatt Antiqua (Notarius fide dignus, Hyemalis, latinisierter Druckername, Continuation), Druckername (JohanPhilippo Cuspiano H.), Kurzititelangabe ebenfalls Antiqua, Fraktur, Zierleiste, Titel spitz zulaufend, vier Schriftgrade 127 Buchblock Größe Inhalt 4° Titelblatt (Bl. 1r), Nachrichtentext (Bl. 1v–4v) Abb. 22: Zeitung: 24. September 1620. Titelblatt. Bl. 1r. 128 1.U Courant d´Italie et d´Almaigne, etc. Amsterdam 1620–1621 Titel Courant d´Italie & d´Almaigne, &c. Kurztitel Courant d´Italie & d´Almaigne Erscheinungszeitraum 1620–1621 Drucker Caspar van Hilten Druckort Amsterdam Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 1 Blatt Überlieferung 1620: 12.9., 19.9. Exemplarnachweise Stockholm, KB (1619, Tidningar Nederländerna (SAB)) Stockholm, RA (1620–1621) LITERATUR DAHL, S. 53 f.; DERS.: Le courant d’Italie & d’Almaigne, &c. Ett bidrag till den äldsta franskspråkiga pressens historia. Göteborg 1950; DERS.: Les débuts de la presse française: nouveaux aperçus. Göteborg 1951; DERS. (Hrsg.): Die Anfänge der europäischen Presse. Eine Ausstellung der Königlichen Bibliothek Stockholm. Bremen 1965; CARROLL, DEWEY EUGENE: Newspaper and periodical production in countries of Europe, 1600–1950. A quantitative historical analysis of patterns of growth. Urbana 1966; HAFFEMAYER, STÉPHANE: Transferts culturels dans la presse européenne au XVIIe siècle. In: Le Temps des médias 11 (2008), S. 25–43; DÍAZ NOCI, JAVIER: La Circulación de Noticias en la España del Barroco. In: CHARTIER, ROGER / ESPEJO, CARMEN (Hrsg.): La aparición del periodismo en Europa. Communicación y propaganda en el Barroco. Madrid 2012, S. 207–244. TYPOGRAFISCHE BESCHREIBUNG Buchblock Größe Nachrichtentext Satzspiegel 4°, 265 × 280 mm (Bl. 1r) 2 Kolumnen ( jeweils 65 Z.) Schrift / Satz Titel Überschriften Text Ausstattung Antiqua, zentriert über beide Kolumnen, Antiqua; zentriert, kursiv Antiqua, Blocksatz, Absätze mit Einzug markiert 5-zeilige Initiale, senkrecht verlaufende Leisten zur Texttrennung 129 Abb. 23: Zeitung: 23. August 1620. Titel und Text. Bl. 1r. 130 1.V Corrant from Italy, Germany, etc. Amsterdam 1620–1623 Titel Corrant out of Italy, Germany, &c. Kurztitel Corrant out of Italy, Germany, etc. Erscheinungszeitraum 1620–1623 Drucker Joris Veseler Druckort Amsterdam Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 1 Blatt Überlieferung 1620: 15.8., Exemplarnachweise Stockholm, RA (1620, THYSPF 18515) LITERATUR BARWICK, G. F.: Corantos. In: Library 14 (1913), S. 113–121; SHAABER, MATTHIAS A.: The History of the first English Newspapers. In: Studies in Philology 29 (1932), S. 551–587; DAHL, S. 53 f.; DERS.: Le courant d’Italie & d’Almaigne, & c. Ett bidrag till den äldsta franskspråkiga pressens historia. Göteborg 1950; DERS.: Les débuts de la presse française: nouveaux aperçus. Göteborg 1951; FRANK, JOSEPH: The beginnings of the English newspaper 1620–1660. Harvard 1961; DERS. (Hrsg.): Die Anfänge der europäischen Presse. Eine Ausstellung der Königlichen Bibliothek Stockholm. Bremen 1965; CARROLL, DEWEY EUGENE: Newspaper and periodical production in countries of Europe, 1600–1950. A quantitative historical analysis of patterns of growth. Urbana 1966; ECCLES, MARK: Thomas Gainsford, »Captain Pamphlet«. In: Huntington Library Quarterly 45 (1982) H. 4, S. 259–270; Lake, Brian: British Newspapers. A History and Guide for Collectors. London 1984; SELLIN, PAUL R.: The Politics of Ben Jonson’s Newes from the New World Discover’d in the Moone. In: Viator 17 (1986), S. 321–338; KARMEN, HENRY: Early Modern European Society. Oxford 2000; SALZMAN, PAUL: Literary Culture in Jacobean England: Reading 1621. London 2002; BRIGGS, ASA / BURKE, PETER (Hrsg.): A Social History of the Media. From Gutenberg to the Internet. Cambridge / Malden 2009. 131 1.W Nieuwe Tijdingen. Antwerpen 1620–1629 Titel Nieuwe Tijdingen Erscheinungszeitraum 1620–1629 Drucker Abraham Verhoeven Druckort Antwerpen Erscheinungsweise wöchentlich Umfang 4 Blatt Überlieferung 1620: 15.8. Exemplarnachweise London, BL (1620, THYSPF 18598) LITERATUR GÉNARD, P.: De Boekdrukkunst in Antwerpen. Verslag eener conferentie gegeven door M. P. Génard. Antwerpen 1866; Goovaerts, Alphonse Jean Marie André: Abraham Verhoeven van Antwerpen, de eerste gazettier van Europa. Bio-bibliographische studie. Antwerpen 1881; VOET, L.: Abraham Verhoeven en de Antwerpse pers. Beschouwingen rond een recente tentoonstelling. In: De gulden passer 31(1953), S. 1–37; GEYL, PIETER: The Netherlands in the Seventeenth Century. Part one: 1609–1648. New York 1961; DAMME, KRISTIN VAN / DEPLOIGE, JEROEN: »Slechts nieuws geen nieuws«. Abraham Verhoeven (1575–1652) en den Nieuwe Tijdingen: periodieke en propaganda in de Zuidelijke Nederlanden tijdens de vroege zevemtiende eeuw. In: Bijdragen en mededelingen van het Historisch Genootschap 113 (1998) H. 1, S. 1–22; KEBLUSEK, MARIA: The business of news. Michel le Blon and the transmission of political information to Sweden in the 1630s. In: Scandinavian Journal of History 28 (2003), S. 205–213; HELLEMANNS, FRANK: Echte Mediaprimeurs. Een Communicatiegeschiedenis. Tielt 2008. 132 Abkürzungsverzeichnis Amberg, SA Amsterdam, NP Antwerpen, SB Berlin, SB Berlin, Stft. Preuß. Kult. Bremen, SB Breslau, UB Danzig, SB Dresden, SA Düsseldorf, UB Frankfurt am Main, StUB Gotha, ForschB Göttingen, SALg Hamburg, PrivB Hannover, LB Hannover, SA Hasselt, AH Heidelberg, UB Hildesheim, StA Karlsruhe, LB Königsberg, UB London, BL London, BM Lüneburg, RatsB München, BSB Sankt Petersburg, RNB Schwerin, LHA Stettin, MSG Stockholm, KB Stockholm, RA Straßburg, BNU Stuttgart, WLB Uppsala, UB Warschau, NB Wien, ÖNB Wolfenbüttel, HAB Staatsarchiv Amberg Nederlands Persmuseum Amsterdam Stadsbibliotheek Antwerpen Staatsbibliothek Berlin Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz Staatsbibliothek Bremen Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu Staatsbibliothek Danzig Staatsarchiv Dresden Universitätsbibliothek Düsseldorf Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main Forschungsbibliothek Gotha Staatliches Archivlager Göttingen Hamburg, Privatbesitz Bode Landesbibliothek Hannover Staatsarchiv Hannover Archief van de Stad Hasselt, Prov. 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