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E Rechtsinformatik
E ine Premiere erlebte der EDV-Gerichtstag in diesem Jahr: Zu seiner nunmehr 14. Ausgabe reisten mehrere Justiz-Staatssekretäre der Bundesländer nach Saarbrücken. Ihr Besuch beim größten Juristenkongress dieser Art dokumentiert: Die Organisationsabläufe in der Rechtspflege befinden sich im Umbruch. Im April 2005 wurde das Justizkommunikationsgesetz erlassen. Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Bürger sollen künftig möglichst papierlos und EDV-gestützt miteinander kommunizieren können. Dies soll Gerichtsverfahren reibungsloser, transparenter und auch kostengünstiger ablaufen lassen. Dr. Jürgen Oehlerking, Justizstaatssekretär des Landes Niedersachsen, brachte in seiner Eröffnungsrede vor den rund 550 Tagungsteilnehmern zum Ausdruck, dass dies eine große Herausforderung für die Instanzen der Justiz ist. Der von den Saarbrücker Professoren Maximilian Herberger und Helmut Rüßmann initiierte Deutsche EDV-Gerichtstag erweist sich mehr und mehr als Expertentreffen, um sich über Neuentwicklungen in der Informationstechnologie und deren Auswirkungen auf die Justiz zu beraten und auszutauschen. Wichtig hierfür sind vor allem die Arbeitskreise, in denen sich die Teilnehmer intensiv mit aktuellen und künftigen Entwicklungen beschäftigen. Neben dem LeitThema Justizkommunikationsgesetz waren Haupt-Fragestellungen in den Arbeitskreisen: Sicherheit im Internet, Modellieren von justizinternen Arbeitsabläufen (e-Justice Europa), digitales Diktieren und Spracherkennung, Einbindung von Rechtsanwendungsprogrammen in die Justiz sowie Elektronischer Rechtsverkehr und automatische Übersetzung. Ein weiteres aktuelles Thema, das auf öffentliche Einrichtungen ab Januar 2006 zukommt und erhebliche Auswirkungen auf deren Internet-Auftritte haben wird, ist der barrierefreie Zugriff auf deren Inhalte. Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen schreibt vor, dass die Internetangebote der Behörden auch für behinderte Menschen uneingeschränkt zugänglich sein müssen. WebSeiten sind zum Beispiel so zu gestalten, dass spezielle Lese- bzw. Ausgabegeräte für Blinde (Braille-Zeile) die Informationen erfassen und vorlesen können. Ein wichtiger Aspekt des EDV-Gerichtstages ist die begleitende Fachmesse, bei der sich in diesem Jahr mehr als 40 führende Unternehmen der Branche präsentierten und Produkt-Innovationen vorstellten. Die Tagungsteilnehmer konnten sich hier intensiv mit den aktuellen Trends beschäftigen. Die Unternehmensbegleitausstellung hat dem EDV-Gerichtstag inzwischen auch unter Experten die Bezeichnung „Justiz-Cebit“ eingebracht. Der Deutsche EDV-Gerichtstag ist durchaus europäisch angelegt: In jedem Jahr gibt ein anderes Mitgliedsland der EU Einblicke in die dortigen EntwickDie Verleihung des DieterMeurer-Förderpreises für Rechtsinformatik fand im Saarbrücker Rathaus statt. Rechts der Preisträger Uwe Hartleb. Von links: Dr. h.c. Gerhard Käfer, Geschäftsführer der juris GmbH; Oberbürgermeisterin Charlotte Britz; Professor Maximilian Herberger; Dr. Dorothea Meurer-Meichsner, Frau des verstorbenen Prof. Dieter Meurer. Foto: Daniela Freiheit Die blinde Juristin Ayiba Peters zeigt an ihrem Notebook, wie sehbehinderte Menschen Internetseiten mit Hilfe der Brailletastatur und der Sprachausgabe erfassen können. Foto: Sabine Micka lungen, so stellte 2005 Luxemburg den Stand der EDV in seiner Justiz vor. Für einen der Höhepunkte des Gerichtstages verließen die Experten den Uni-Campus und wechselten in den Festsaal der Landeshauptstadt. Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz empfing dort zur Verleihung des von der juris GmbH und dem Deutschen EDV-Gerichtstag gestifteten Dieter-Meurer-Förderpreises für Rechtsinformatik: Preisträger in diesem Jahr ist Uwe Hartleb. Der ehemalige Ministerialrat im Bundesarbeitsministerium hat eine Software namens „Jurex“ entwickelt, die es ermöglicht, Gesetzesentwürfe vor Inkrafttreten auf Fehler zu testen. Hartleb stellt das Programm als kostenfreie Software im Internet zur Verfügung. Am Rande des EDV-Gerichtstages wurde auch bekannt gegeben, dass die Weichen für die Europäische Akademie des Rechts gestellt sind. Am 8. November haben die Saarländische Landesregierung und der Verein Deutscher EDV-Gerichtstag e.V. den Gesellschaftervertrag zur Gründung der Europäischen EDV-Akademie des Rechts gGmbH unterzeichnet. Sitz wird Merzig sein. Die Akademie soll praktische EDV-Lösungen für die Justiz und die rechtsberatenden Berufe entwickeln sowie Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten bieten. Sabine Micka Rechtsinformatik Beim 14. EDV-Gerichtstag vom 21. bis 23. September beschäftigten sich Juristen- und IT-Experten aus ganz Europa mit dem Thema Kommunikation in der Rechtspflege auf dem Uni-Campus. 31 campus 4/2005 Gerichtsverfahren ohne Aktenberge