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forschung magazin 2013

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forschung magazin 2013
magazin
forschung
November 2013
/gruendercampussaar
Impressum /// Herausgeber: Vizepräsident für Forschung und Technologietransfer, Prof. Dr. Matthias Hannig, Universität des Saarlandes. Redaktion: Beate Wehrle,
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebrs wieder.
Seite 30: bellhäuser – das bilderwerk Anzeigenverwaltung und Druck: VMK – Verlag für Marketing und Kommunikation GmbH, Tel.: 06243/909-0, Fax: 06243/909-400, www.vmk-verlag.de ISSN: 0937-7301 Preis: EURO 2,50
Fotos: wenn nicht anders gekennzeichnet, eigenes Archiv der Autoren. Titelbild: © iStock/Henrik2000, Seite 10: © iStock/julos, Seite 25: © iStock/LL28, Seite 29: © photocase/pencake und © photocase/kallejipp
Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, Tel.: 0681/302-2656, Fax:0681/302-4270, E-Mail: [email protected]. Erscheinungsdatum: November 2013
Präsidialbüro, Tel.: 0681/302-3886 Satz und Gestaltung: Maksimovic & Partners, Agentur für Werbung und Design GmbH Vertrieb: Präsidialbüro der Universität des Saarlandes,
Prof. Dr. Stefan Diebels
Dr. Michael Roland
Pädagogische Psychologie
Prof. Dr. Julia Karbach
Dr. Sonja M. Kessler
Yvette Simon
Dr. Anja Friedrich
Kurznachrichten
magazin forschung
2/13
4 Optimierungsstrategie für das Verfüllen von
Schienbeinfrakturen mit körpereigenem Knochengewebe
Theoretische Mechanik
10 Wie effektiv sind »Gehirnjogging« und
»Gedächtnistraining«? – Aktuelle Befunde der kognitiven
Trainingsforschung
14 Erst schwillt sie, dann schrumpft sie –
die Rolle von p62 in Lebererkrankungen
Prof. Dr. Alexandra K. Kiemer
Stephan Laggai
Pharmazeutische Biologie
Dr. Antje Biermann
22 Lehramtstudium auf dem Prüfstand
F.-Sophie Wach,
Kathrin Kaub
Stephanie Ruffing
Corinna Reichl
Dr. Werner Bedersdorfer
Dirk Hochscheid-Mauel
Prof. Dr. Frank M. Spinath
& Prof. Dr. Roland Brünken
Prof. Dr. Julia Karbach
Bildungswissenschaften / Psychologie
29 Aus der Forschung
Optimierungsstrategie für das
Verfüllen von Schienbeinfrakturen mit
körpereigenem Knochengewebe
Prof. Dr. Stefan Diebels
Dr. Michael Roland
Theoretische Mechanik
In der Medizin ist es mittlerweile üblich, komplizierte Knochenfrakturen mit Hilfe von Aufnahmen aus der
Computertomographie (CT) auf künstliche Knochen zu übertragen. Diese präoperative Methode ist ein sehr
hilfreiches Werkzeug bei der Planung und Konzipierung von neuen Operationstechniken bei Knochenbrüchen.
CT-Aufnahmen des künstlichen Knochens in Verbindung mit mechanischen Versuchen am Knochenmodell
sind ein exzellenter Ausgangspunkt für die Vorbereitung und Planung einer computerassistierten Chirurgie.
Abb. 1 und 2 : Versuchsaufbau zur Validierung der Simulationen
Der folgende Beitrag veranschaulicht dieses neue Verfahren
anhand einer komplizierten Fraktur des Schienbeins, die mit
einem Implantat behandelt werden musste. Der Bruch war in
diesem Fall nach längerer Behandlungszeit nicht vollständig
ausgeheilt, was eher ungewöhnlich ist. In solchen Fällen ist
es üblich, körpereigenes Knochengewebe aus der Hüfte zu
entnehmen und dieses in die ungeheilten Bereiche der Fraktur zu implantieren.
Da dieser Eingriff allerdings eine große Belastung für den
Patienten darstellt, haben wir gemeinsam mit Dr. Thorsten
Tjardes und Dr. Robin Otchwemah von den Kliniken
der Stadt Köln Untersuchungen angestellt, um die Knochenentnahme auf ein sinnvolles Minimum reduzieren zu können.
Dazu müssen die im Schienbein-Implantat-System auftretenden Spannungen während eines Vorwärtsschrittes möglichst
genau bekannt sein. Die Basis für diese patientenbasierten
Untersuchungen bilden umfangreiche Simulationsrechnungen zusammen mit mechanischen Experimenten zu deren
Validierung (Abbildungen 1 und 2).
a)
Algorithmen –
Fundament der Informatik
Die moderne Informationstechnologie verdankt ihren
Aufschwung der Möglichkeit, Berechnungen immer
schneller durchzuführen. Parallelisierungen und
schneller getaktete Prozessoren treten in ihrem
Einfluss aber deutlich hinter den Anteil zurück, den
effiziente Algorithmen haben. Während erstere nur
linear die Rechengeschwindigkeit steigern können,
sind dem Erfindergeist der Informatiker massiv
stärkere Steigerungen gelungen.
b)
Das Max-Planck-Institut für Informatik widmet sich
der Entwicklung und Verbesserung von Algorithmen
in allen seinen Forschungsschwerpunkten. Neue
Erkenntnisse, die in Veröffentlichungen auf höchstem
wissenschaftlichen Niveau der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden, sowie die Heranbildung
von akademischem Nachwuchs, sorgen nachhaltig
dafür, dass immer bessere, schnellere und vor allem
zuverlässigere Berechnungsverfahren im Bereich
Informationstechnologie Einzug in die vielfältigen
Einsatzgebiete der Informatik halten.
c)
Abb. 3: a) Original CT-Aufnahme
b) Original CT-Aufnahme nach Anwendung der Filterung
Theoretische Mechanik
c) automatische Segmentierung der Knochen- und Implantatstrukturen
7 4
3 5
Bildverarbeitung und Netzgenerierung
Ausgehend von den Aufnahmen einer Computertomographie können dank moderner Bildverarbeitungsmethoden
automatisiert sogenannte Finite-Elemente Rechengitter erzeugt werden. Dazu werden in einem ersten Schritt kantenverbessernde anisotrope Diffusionsfilter, die in der ›Mathematical Image Analysis Group‹ von Prof. Joachim Weickert
an der Universität des Saarlandes entwickelt werden, auf das
Originalbild (Abbildung 3a und 3b) angewandt. Zusammen
mit einer geeigneten adaptiven Schwellwertanalyse kann so
die genaue Struktur der Knochen, des Implantats und seiner
Verankerung aus dem ursprünglichen Bild gewonnen und
segmentiert werden (Abbildung 3c).
Forschungsspektrum
Ÿ Grundlagenforschung (Algorithmen und
Komplexität, Logik der Programmierung)
Ÿ Computergrafik
Ÿ Geometric Computation
Ÿ Constraint Solving
Ÿ Programmverifikation
Ÿ Datenbanken und Informationssysteme
Ÿ Bioinformatik und Angewandte Algorithmik
Ÿ Automatisierung der Logik
MPI-INF
Campus E1 4
www.mpi-inf.mpg.de
Die nun auf die wesentlichen Informationen reduzierten Bilddaten können dann auf ein Finite-Elemente Rechengitter
abgebildet werden, indem die einzelnen Bildinformationen
oder Pixel mittels des bekannten Bildabstandes zu dreidimensionalen Objekten, sogenannten Voxeln, erweitert werden.
Abbildung 4 zeigt das so gewonnene Modell eines Schienbeins mit einem verschraubten Implantat (blau) und einem
Abb. 4: Transparent dargestelltes Rechengitter für die Simulationen,
Implantat (blau) und Frakturbereich (rot)
rot markierten Frakturbereich. Da es von orthopädischer
Seite von großer Bedeutung ist, die Simulationsergebnisse
Abb. 5: Darstellung des verwendeten Implantats
explizit für das Implantat zu kennen, um Rückschlüsse auf
dessen Verhalten während der Patientenbewegung ziehen zu
können, wurde dieses noch einmal isoliert dargestellt (Abbildung 5).
Algorithmische Optimierungsstrategie
Um optimale Füllstellen innerhalb des Frakturbereichs zu
finden, wird in einem ersten Schritt ein sogenanntes WorstCase-Szenario erstellt. Dazu wird postuliert, dass die gesamte
Fraktur nur mit Weichgewebe gefüllt ist und noch keinerlei
Knochengewebe eingesetzt worden ist. Für dieses so erstellte
Schienbein-Materialmodell werden im Anschluss die Vergleichsspannungen in Abhängigkeit vom Körpergewicht des
Patienten während der verschiedenen Positionen eines Vorwärtsschrittes berechnet.
Für unseren Beispielpatienten zeigt sich dabei, dass das Spannungsmaximum an einer Übergangsstelle zwischen dem gesunden Knochenmaterial und dem weichen Frakturbereich
auftritt (Abbildung 6a) und zwar bei einem Beugungswinkel
des Schienbeines von 45 °, dem angenommenen Maximalwinkel während eines normalen Vorwärtsschrittes. Zur besseren
Vergleichbarkeit der hier dargestellten Abbildungen wird
diese Spannungsspitze mit dem Wert 100 versehen und alle
weiteren Ergebnisse an dieser Zahl skaliert.
Um mit unserer Optimierungsstrategie zu beginnen, wird
nach dem Worst-Case-Szenario als größtmöglicher Gegensatz ein Best-Case-Szenario berechnet. Hier wird von einer
optimalen und vollständigen Verfüllung des Frakturbereichs
mit körpereigenem Knochengewebe und dadurch einer sehr
guter Kraftübertragung ausgegangen. Abbildung 6b zeigt,
dass bei gleichem Beugungswinkel nun ein deutlich geringeres Spannungsmaximum vorliegt.
Ausgehend von einer anschließenden Analyse der dreidimensionalen Spannungsverteilung innerhalb der Knochen-Implantat-Struktur werden die Bereiche der Fraktur
bestimmt, in denen nur sehr geringe Spannungen auftreten.
Für diese werden dann in dem erstellten Schienbein-Materialmodell die Parameter von verfülltem Knochengewebe auf
Weichgewebe herabgesetzt. In unserem Beispiel war dies für
etwa 50 % des Frakturbereichs möglich.
In einer erneuten Simulation der Spannungsverteilung
während eines Vorwärtsschritts zeigte sich, dass für unseren Beispielpatienten trotz der Reduktion nur eine Erhöhung der Spannungsspitze von unter einem Prozent bezogen auf das Best-Case-Szenario auftrat. Dies bedeutet,
dass etwa die Hälfte des Frakturbereichs keinen nennenswerten Einfluss auf die maximalen Spannungswerte hat und vom
mechanischen Gesichtspunkt aus auch nicht verfüllt werden
muss. Dieser nur zur Hälfte verfüllte Frakturbereich bildet
den Ausgangspunkt für eine weitere Simulation des Schienbein-Materialmodells mit anschließender Spannungsanalyse
und weiterer Reduktion des Füllbereichs.
Insgesamt konnten wir diese algorithmische Vorgehensweise sechsmal anwenden, bevor die Zunahme der maximalen
Spannungswerte einen medizinisch nicht mehr sinnvollen
Wert annahm. Zusammenfassend zeigte sich, dass eine
Reduktion der Frakturfüllung um etwa 96 % möglich war.
Die Zunahme der maximalen Spannungen in Abbildung 6c ist
mit dem Wert 83 immer noch nahe am Bereich des optimalen
Best-Case-Szenarios mit einem Wert von 79.
In der Tabelle sind die Simulationsergebnisse für die verschiedenen Beugungswinkel und die verschiedenen Verfüllungsgrade (Worst-Case, Best-Case, Optimierung) zusammengefasst.
Beugungswinkel des Schienbeins während des Vorwärtsschrittes ␣ = 0˚
␣ = 10˚
␣ = 20˚
␣ = 30˚
␣ = 40˚
␣ = 45˚
unverfüllter Frakturbereich (Worst-Case):
9,2
31,4
53,4 73,7
91,2
100,0
Vollständig verfüllter Frakturbereich (Best-Case):
5,8
23,4
41,3 57,8
72,2
79,4
Optimierte Verfüllung des Frakturbereichs:
7,8
27,3
44,9 61,1
76,2
83,7
a)
b)
c)
Abb. 6a: Simulationsergebnis des Worst-Case-Szenarios
6b: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios
Theoretische Mechanik
6c: Simulationsergebnis nach erfolgter Optimierung
7 6
3 7
Um diese Vorgehensweise in zukünftigen Operationsplanungen anwendbar zu machen, sind die von mechanischer Seite
zwingend zu verfüllenden Frakturbereiche genau lokalisiert
und visualisiert worden (siehe Abbildung 7b). Im Vergleich
zur gesamten Fraktur aus Abbildung 7a ist erkennbar, dass
eine Reduktion auf zwei Knochenstege und eine Schraubenverankerung möglich ist.
Sollte sich eine solch starke Reduktion des zu verfüllenden Frakturbereichs als sinnvoll erweisen, wäre dies eine sehr
starke Entlastung der Patienten, da die Entnahme von körpereigenem Knochengewebe aus der Hüfte auf ein notwendiges
Minimum reduziert werden könnte. Darüber hinaus würden
sich die Heilungschancen erhöhen, da der Körper ständig
Knochengewebe in intensiv belasteten Bereichen auf- und
in weniger stark belasteten Bereichen abbaut. Da hier eine
Fokusierung auf die mechanisch belasteten Frakturstellen
ermöglicht wird, würde dieser Prozess sinnvoll ausgenutzt
und unterstützt.
Da es bei Patienten mit komplizierten Frakturen und Implantaten immer wieder Fälle gibt, in denen es zu unerwarteten und nicht vorhersagbaren Verformungen des Implantats
kommt, was die Heilung und Behandlung nachhaltig beeinflusst und verschlechtert, wurde bei den Simulationen stets
ein besonderes Augenmerk auf diesen Bereich gelegt, um
eventuell auftretende Belastungsspitzen künftig besser prognostizieren zu können.
Um eine bessere Visualisierung der Spannungen innerhalb
des Implantats und seiner Verschraubungen zu ermöglichen,
können diese auch separat vom Knochengewebe aus den
Bilddaten gewonnen und dargestellt werden (Abbildung 7).
Weitere Anwendungsmöglichkeiten in Medizin und
Biomechanik
Die hier vorgestellten Methoden zur Generierung von
Finite-Elemente Rechengitter und der darauf basierenden
(Optimierungs-) Algorithmen können auch auf zahlreiche
andere Fragestellungen aus der Medizin und der Biomechanik angewandt werden. Beispielsweise kann die vorgestellte Segmentierungsstrategie an Stelle der CT-Daten auch
modifiziert auf MRT-Bilder angewandt werden. Damit wird
ermöglicht, neue patientenspezifische Sachverhalte zu untersuchen. Darüber hinaus kann die Optimierung der Frakturverfüllung auch umgedreht auf das Implantat angewandt
werden, um für dieses eine optimale und patientenangepasste
Form zu entwickeln – eine Problematik, an der wir bereits zu
arbeiten begonnen haben.
Der Lehrstuhl für Technische Mechanik (LTM) ist zwar
ingenieurwissenschaftlich geprägt, arbeitet aber in vielen Bereichen und Projekten interdisziplinär mit Wissenschaftlern
anderer Forschungsbereiche und Universitäten zusammen.
Dies spiegelt sich sowohl in zahlreichen Kooperationen mit
Industriepartnern wider als auch in der heterogenen Zusammensetzung der Arbeitsgruppe. Diese untersucht von
der Modellierung über die numerische Simulation bis hin zu
experimenteller Untersuchung an eigenen Prüfständen die
ganze Bandbreite mechanischer Fragestellungen.
Abb. 7 a: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios
Abb. 8: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios
Abb. 7 b: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios
Softwaresysteme –
Rückgrat der vernetzten Welt
D
Prof. Dr.-Ing. Stefan
iebels
studierte von 1984 bis 1989 Maschinenbau und Mechanik an der Technischen Hochschule Darmstadt. Nach dem
Abschluss als Diplomingenieur der Fachrichtung Mechanik
erfolgte 1992 die Promotion im Fachbereich Mechanik der
TH Darmstadt mit einem Thema aus der Strömungsmechanik.
Mit dem Wechsel an das Institut für Mechanik (Bauwesen)
der Universität Stuttgart wanderte der Fokus auf die Modellierung und numerische Simulation komplexer Kontinua.
Dabei wurden vor allem Fragen von Größeneinflüssen auf
die mechanischen Eigenschaften sowie der Einfluss der
Mehrphasigkeit in mikroskopisch heterogenen Materialien
sowohl theoretisch als auch numerisch untersucht. Die Habilitation erfolgte 2000, seit 2002 lehrt Prof. Diebels im Bereich
Technische Mechanik der Universität des Saarlandes. Die
Forschungsinteressen sind weiterhin die kontinuumsmechanische Modellierung heterogener und mehrphasiger Werkstoffe,
die experimentelle Charakterisierung der mechanischen
Eigenschaften sowie die numerische Umsetzung der nichtlinearen Modelle.
Theoretische Mechanik
R
7 8
3 9
Dr. Michael
oland
studierte Mathematik mit Nebenfach Physik an der TU
Kaiserslautern und promovierte anschließend an der Universität des Saarlandes im Fachbereich Mathematik über die
numerische Simulation von Populationsbilanzen mittels der
Finite-Elemente-Methode. Im Rahmen eines DFG-Projektes
forscht er nun im Bereich der patientenbasierten Simulation
in der Biomechanik und Medizin.
Computersysteme bilden mittlerweile den Kern in
sehr vielen wichtigen Prozessen in Wirtschaft,
Wissenschaft und Administration. Sie durchdringen
das tägliche Leben mehr und mehr. Mit wachsender
Komplexität wird deren direktes Verständnis für den
Einzelnen schwierig bis unmöglich.
Ein großer Schwerpunkt des Max-Planck-Instituts für
Softwaresysteme besteht darin, das wissenschaftliche
Fundament, also die Grundlagen von Softwaresystemen zu legen. Unsere Forscher entwickeln
neuartige Methoden, Technologien und Werkzeuge,
die die Möglichkeiten bei Design, Analyse und Betrieb
von sicheren und zuverlässigen Softwaresystemen
verbessern.
Hierbei erforscht ein Team von internationalen
Wissenschaftlern grundlegende Strukturen und
Verknüpfungen von Softwaresystemen, um die
störungsfreie und eindeutige Kommunikation von
Systemen zu gewährleisten.
Forschungsspektrum
Ÿ Grundlagenforschung in Sprachdesign,
Analyse, Modellierung, Einführung und
Auswertung von Softwaresystemen
Ÿ Systemprogrammierung
Ÿ Vergleich von dezentralen und
Netzwerksystemen sowie von
eingebetteten und autonomen Systemen
Ÿ Aspekte der formalen Modellierung,
Analyse, Sicherheit und Stabilität von
modernster Softwaretechnik
Standorte
Kaiserslautern
Saarbrücken
MPI-SWS
Campus E1 5
www.mpi-sws.org
Wie effektiv sind »Gehirnjogging« und
»Gedächtnistraining«? – Aktuelle Befunde der
kognitiven Trainingsforschung
Prof. Dr. Julia Karbach
Pädagogische Psychologie
»Kognitives Training«, »Denktraining« und »Gehirnjogging« – diese Begriffe beschreiben eine Vielzahl von Trainingsprogrammen, die auf verschiedenste Art und Weise
dazu dienen sollen, unsere kognitive Leistungsfähigkeit zu steigern. Viele dieser Programme sind computerbasiert und werden kommerziell vertrieben. Allerdings kommt
man bei der Vielfalt der Produkte nicht umhin, sich zu fragen: Wie effektiv ist kognitives Training? Und was genau macht eine bestimmt Art von Training wirkungsvoll?
Welche kognitiven Fähigkeiten kann man durch Training verbessern? Und wer von uns
profitiert am meisten von welcher Art des Trainings? Fragen dieser Art werden im
»Cognition & Development Lab« in der Pädagogischen Psychologie untersucht.
In den letzten Jahren ist das wissenschaftliche Interesse an
kognitiven Trainingsinterventionen kontinuierlich gestiegen.
Im Fokus der Forschung standen dabei sowohl die kognitiven
und neuronalen Mechanismen, die trainingsbedingten Leistungsveränderungen zugrunde liegen, als auch der mögliche
Nutzen kognitiver Trainings im Hinblick auf die Anwendung
im pädagogischen und klinischen Kontext, z. B. bei Kindern
mit Aufmerksamkeitsstörungen oder älteren Menschen mit
altersbedingten kognitiven Defiziten.
Studien zur Effektivität kognitiver Trainingsinterventionen zeigen, dass die kognitive und neuronale Plastizität, d. h.
die mögliche Veränderbarkeit der kognitiven Leistungsfähigkeit und der zugrunde liegenden Aktivität im Gehirn, von
der Kindheit bis ins hohe Alter bedeutend ist (Karbach &
Schubert, 2013). Trainiert man eine bestimmte Fähigkeit,
wie beispielsweise das schnelle Wechseln zwischen zwei Aufgaben, verbessert sich die Leistung in diesen Aufgaben normalerweise recht schnell und stark. Interessanterweise zeigt
sich darüber hinaus in zahlreichen Studien, dass sich computerbasiertes kognitives Training auch positiv auf die Leistung
in Aufgaben auswirken kann, die nicht trainiert wurden: So
verbesserte ein Aufgabenwechseltraining nicht nur die Leistung in strukturell ähnlichen untrainierten Wechselaufgaben
(naher Transfer), sondern auch die Leistung in Gedächtnisaufgaben, Handlungskontrolle und logischem Schlussfolgern
(weiter Transfer) (s. Abbildung 1; Karbach & Kray, 2009).
Obwohl Transfereffekte dieser Art über einen weiten Altersbereich hinweg berichtet werden, sind sie häufig nicht sehr
robust und teilweise stark umstritten (z. B. Shipstead, Redick & Engle, 2012).
Ein Grund für die bislang heterogene Befundlage mögen
die großen Unterschiede hinsichtlich der Art des Trainings,
dessen Intensität und Dauer, sowie der methodischen Zugänge sein, die die Vergleichbarkeit einzelner Studien sehr stark
einschränken. Beispielsweise umfasst das Training in einigen
Studien nur wenige Tage, während in anderen mehrere Monate trainiert wird. Ebenso variieren die Trainingsaufgaben
häufig im Grad ihrer Adaptivität, d. h. der Anpassung der
Aufgabenschwierigkeit an die Leistung des Trainierenden,
oder dahingehend, mit welcher Art von Kontrollbedingung
das Training verglichen wird.
Kinder
Ältere Erwachsene
Aufrechterhaltung
Flexibilität
Kontrollgruppe
Inhibition
Trainingsgruppe
Arbeitsgedächtnis
Schlussfolgern
0,00
0,50
1,00
1,50
Effektstärke (d)
2,00
2,50
-0,50
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
Effektstärke (d)
Abb. 1: Effektstärken (standardisierte Leistungsdifferenz zwischen Prätest und
Posttest) der Transfereffekte eines Aufgabenwechseltrainings zu
untrainierten Aufgaben (Aufgabenaufrechtechterhaltung, kognitive Flexibilität, Inhibition, Arbeitsgedächtnis, logisches Schlussfolgern) für Kinder
(links) und ältere Erwachsene (rechts). Für alle untersuchten Maße sind die
Leistungszugewinne in der Trainingsgruppe signifikant höher als in
der Kontrollgruppe.
Wie kann ein kognitives Training aussehen?
Um sinnvoll zwischen verschiedenen Arten kognitiver
Trainingsinterventionen differenzieren zu können, unterscheidet man üblicherweise drei Arten kognitiven Trainings:
Strategiebasierte Interventionen werden häufig im Rahmen
von Gedächtnistrainings eingesetzt und umfassen z. B. assoziative Techniken wie die Methode der Orte, bei der die
Informationen, die erinnert werden sollen, mit bestimmten
Örtlichkeiten verknüpft werden. Ein Training derartiger
Strategien führt häufig zu großen Leistungsverbesserungen in der Trainingsaufgabe, die über längere Zeitspannen
aufrechterhalten werden können, aber nur zu sehr geringen
Transfereffekten (Rebok, Carlson & Langbaum, 2007;
Verhaeghen, Marcoen & Goossens, 1992).
Multimodale Trainings dagegen sind meist komplexer
und beanspruchen eine Vielzahl kognitiver Prozesse. Typische
Beispiele sind das computerbasierte Training mit Hilfe von
Programmen, die viele unterschiedliche Aufgaben enthalten,
oder das Training mit Hilfe von Videospielen, das zwar breite,
aber eher kleine Transfereffekte induziert (e. g., Basak, Boot,
Voss & Kramer, 2008). Der größte Nachteil dieser Trainings-
Pädagogische Psychologie
Arbeitsgruppe »Cognition & Development Lab«
7 10
3 11
form ist die Tatsache, dass die komplexe Natur multimodaler
Trainings kaum Rückschlüsse darauf erlaubt, welche spezifischen Aspekte für die Transfereffekte verantwortlich sind.
Im Gegensatz dazu werden bei prozessbasierten Trainings
grundlegende Verarbeitungskapazitäten gefördert, z. B. die
Verarbeitungsgeschwindigkeit oder exekutive Funktionen
(siehe Infobox), die typischerweise starken altersbedingten
Veränderungen unterliegen und ihren Höhepunkt im jungen
Erwachsenenalter erreichen (z. B. Kray, Eber & Karbach,
2008; Li et al., 2004). Einige computerbasierte Trainings exekutiver Funktionen haben von der Kindheit bis ins hohe Alter vielversprechende weite Transfereffekte gezeigt (siehe
Diamond, 2012; Karbach, Mang & Kray, 2010; Lustig,
Seidler & Reuter-Lorenz, 2009), während Trainings der
Verarbeitungsgeschwindigkeit zwar starke Leistungsverbesserungen in der Trainingsaufgabe, aber kaum Transfereffekte
erbrachten (Verhaeghen, 2014). Insgesamt legen bisherige
Befunde nahe, dass prozessbasierte Trainings exekutiver Kontrolle effektiver zu sein scheinen als strategiebasierte Interventionen. Ihre positiven Effekte sind nicht nur bei gesunden
Probanden nachweisbar, sondern z. B. auch bei Kindern mit
Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
(Klingberg, 2010; Kray, Karbach, Hänig & Freitag,
2012).
Wer profitiert am meisten?
Ein Aspekt, der in der kognitiven Trainingsforschung von
hohem Interesse ist, betrifft die Frage, welche Individuen am
meisten von einem kognitiven Training profitieren. Sind es
eher diejenigen, die kognitiv weniger Leistungsfähig sind,
oder profitieren eher Personen, die ohnehin schon sehr leistungsfähig sind?
Frühe strategiebasierte Gedächtnistrainingsstudien haben bei gesunden jungen Probanden häufig größere trainingsbedingte Zugewinne berichtet als bei Kindern und
älteren Menschen (siehe Titz & Karbach, im Druck;
Verhaeghen et al., 1992). Diese sog. Schereneffekte (auch
»Matthäuseffekte«) legen nahe, dass gesunde junge Probanden deswegen mehr vom Training profitierten, weil sie
über effizientere kognitive Ressourcen verfügten, um neue
Strategien zu erlernen und anzuwenden. Im Gegensatz
dazu haben zahlreiche prozessbasierte Trainings exekutiver
Funktionen gezeigt, dass Kinder und ältere Menschen mehr
profitierten als junge Erwachsene (z. B. Cepeda, Kramer &
Gonzalez de Sather, 2001; Karbach & Kray, 2009;
Kray et al., 2008). Diese sog. Kompensationseffekte deuten darauf hin, dass bei jungen Erwachsenen aufgrund ihrer
höheren kognitiven Leistungsfähigkeit weniger Raum für
Verbesserungen besteht und somit die Gruppen mit schwächerer Leistung mehr vom Training profitieren. Dieses Befundmuster zeigt sich nicht nur hinsichtlich des Vergleichs
verschiedener Altersgruppen, sondern auch bei einer systematischen Analyse individueller Unterschiede trainingsbedingter Leistungszugewinne auf latenter Ebene (Karbach
& Spengler, 2012).
Obwohl diese und andere Befunde darauf hindeuten, dass
prozessbasiertes Training exekutiver Kontrollfunktionen für
leistungsschwächere Individuen effizienter zu sein scheint
als strategiebasierte Interventionen, fehlte in der Literatur
bislang ein systematischer Vergleich der Befunde über die
existierenden Studien hinweg. Ergebnisse einer solchen Analyse sind einerseits von hoher Relevanz für das Verständnis
der kognitiven und neuronalen Grundlagen von kognitiver
Plastizität und andererseits von großer Bedeutung für die
Anpassung von Trainingsinterventionen an Individuen mit
Was sind »exekutive Funktionen«?
Exekutive Funktionen sind kognitive Kontrollfunktionen, die die Handlungsplanung unterstützen und uns
bei der Anpassung an wechselnde Umweltanforderungen helfen, z. B. in Situationen, in denen unangemessene
Handlungsimpulse unterdrückt werden müssen. Exekutive
Kontrollfunktionen werden von neuronalen Strukturen unterstützt, bei denen v.a. der präfrontale Kortex eine wichtige
Rolle spielt. Da dieser Teil des Gehirns bis in die Adoleszenz
hinein reift und im Alter relativ früh von Abbau betroffen
ist, unterliegen exekutive Funktionen ausgeprägten altersbedingten Veränderungen (Casey, Tottenham, Liston &
Durston, 2005; Hedden & Gabrieli, 2004). Man nimmt an,
dass es drei zentrale Bereiche exekutiver Kontrolle gibt:
(1) Inhibition, d. h. die Fähigkeit zur Hemmung unangemessener Handlungstendenzen und Interferenzen, (2) Arbeitsgedächtnis, d. h. die Fähigkeit, Informationen für kurze
Zeit zu erinnern und zu manipulieren und (3) kognitive
Flexibilität, d. h. die Fähigkeit zum schnellen Wechseln zwischen Aufgaben und Handlungszielen (Miyake et al., 2000).
Diese Prozesse bilden die Grundlage für übergeordnete
Kontrollfunktionen wie logisches Schlussfolgern, Problemlösen und Handlungsplanung (Diamond, 2012) und sind
gute Prädiktoren für eine Reihe wichtiger Erfolgsmaße, wie
Schul- und Ausbildungserfolg, körperliche Gesundheit und
sozioökonomischer Status (siehe Zelazo & Lyons, 2012).
spezifischen Bedürfnissen, wie z. B. Patienten mit kognitiven
Defiziten.
Meta-Analyse der Effekte kognitiven Trainings im Alter
Um diese Forschungslücke zu schließen, wurden in einer aktuellen Studie in Zusammenarbeit mit Prof. Paul
Verhaeghen (Georgia Institute of Technology, Atlanta)
Daten aus knapp 50 Studien reanalysiert, die in den letzten
30 Jahren publiziert wurden und in denen bei älteren Erwachsenen exekutive Kontrollfunktionen trainiert wurden.
Dabei wurde auf die Technik der Meta-Analyse zurückgegriffen, die es erlaubt, die Ergebnisse vieler Einzelstudien
basierend auf ihren Effektstärken zu vergleichen und den
Einfluss sogenannter Moderatorvariablen, wie z. B. des Alters
der Probanden oder der Anzahl absolvierter Trainingseinheiten, zu untersuchen. Im Rahmen der Meta-Analyse sollten
vor allem zwei Fragen beantwortet werden: (1) Wie effektiv
ist ein Training exekutiver Kontrolle (Arbeitsgedächtnis, Inhibition, kognitive Flexibilität, s. Infobox)? Hierzu wurde das
Training einerseits mit passiven Kontrollgruppen verglichen,
in denen die Probanden nicht an einer Intervention teilgenommen hatten. Andererseits wurde das Training mit aktiven
Kontrollgruppen verglichen, in denen die Probanden zwar an
einer Intervention teilnahmen, in der aber nicht exekutive
Kontrollfunktionen trainiert wurden (z. B. Wissenstraining,
oder Quizzaufgaben). (2) Gibt es Altersunterschiede bzgl.
der Leistungsgewinne in der trainierten Aufgabe und bzgl. der
Transfereffekte zwischen jungen und älteren Erwachsenen?
Die Ergebnisse der Meta-Analyse liefern ein klares Bild:
Das Training exekutiver Kontrolle führt zu deutlich größeren
Leistungsverbesserungen als die aktiven und die passiven
Kontrollbedingungen (Karbach & Verhaeghen, 2013). Das
gilt sowohl für die Leistung in der Trainingsaufgabe, als auch
für nahe und weite Transfereffekte. Dabei machte es keinen
Unterschied, ob das Arbeitsgedächtnis trainiert wird oder
andere Aspekte exekutiver Kontrolle. Darüber hinaus zeigten
sich keine Altersunterschiede in der Höhe der Trainings- und
Transfereffekte, d. h. ein Training exekutiver Kontrolle scheint
über einen weiten Altersbereich hinweg ein effizientes Mittel
zur Förderung der kognitiven Leistungsfähigkeit zu sein.
Arbeitsgedächtnistraining zur Förderung
des Schulerfolges
Eine große Einschränkung, die die meisten kognitiven
Trainingsstudien gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass die
Untersuchung von Transfereffekten auf die Leistung in laborbasierten kognitiven Aufgaben beschränkt ist. Obwohl
das Ziel vieler Interventionen letztendlich eine Verbesserung
der kognitiven Leistungsfähigkeit im Alltag ist, gibt es kaum
Studien, die entsprechende Maße untersucht haben. Eine
Ausnahme bildet der Bereich schulischen Lernens in der
Kindheit, dem in den letzten Jahren einige Trainingsstudien
ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben.
Exekutive Funktionen, insbesondere das Arbeitsgedächtnis, nehmen eine zentrale Rolle beim Erwerb neuen Wissens
und neuer Fähigkeiten ein und sind ein exzellenter Prädiktor für akademischen Erfolg (Pickering, 2006; Swanson &
Alloway, 2012). Das Arbeitsgedächtnis wird z. B. immer
dann benötigt, wenn gelesene oder gehörte sprachliche Informationen verarbeitet werden oder wenn Fakten in Beziehung gesetzt werden müssen, um übergeordnete Prinzipien
zu erkennen und abzuleiten (Diamond, 2012). Entsprechend
weisen beispielsweise die Arbeitsgedächtniskapazität und
die Leistung in sprachlichen Bereichen und Mathematik im
Grundschulalter einen hohen Zusammenhang auf. Daher
liegt die Vermutung nahe, dass sich ein gezieltes Arbeitsgedächtnistraining auch positiv auf die schulische Leistung
in diesen Bereichen auswirken könnte. Aktuelle Studien
zeigen dementsprechend, dass bei Kindern mit Lern- und
Aufmerksamkeitsstörungen oder Arbeitsgedächtnisdefiziten
ein Arbeitsgedächtnistraining nicht nur zu einer Leistungsverbesserung in anderen kognitiven Testaufgaben führt,
sondern sich auch positiv auf die Lese- und Mathematikleistung auswirken kann (Titz & Karbach, im Druck). Eine
aktuelle eigene Studie, die in Kooperation mit Prof. Torsten
Schubert und Dr. Tilo Strobach (Humboldt Universität
zu Berlin) durchgeführt wurde, zeigt ähnliche Ergebnisse in
einer Gruppe gesunder Grundschüler: Nach 14 Sitzungen
intensiven Arbeitsgedächtnistrainings lässt sich eine starke
Verbesserung der Lesefähigkeit nachweisen (Karbach,
Strobach & Schubert, 2013), allerdings nur dann, wenn
das Training adaptiv war, d. h. wenn es sich kontinuierlich an
die Leistungsfähigkeit der Kinder angepasst hat.
Fazit
Insgesamt hat die kognitive Trainingsforschung in den
letzten Jahren gezeigt, dass kognitives Training, vor allem
im Bereich prozessbasierter Interventionen zur Förderung
exekutiver Kontrolle, ein adäquates Mittel sein kann, um die
kognitive Leistungsfähigkeit von Kindern, jungen und älteren Erwachsenen zu verbessern. Im Mittelpunkt aktueller
Forschungsbemühungen stehen weitergehende Fragen, die
sich z. B. damit beschäftigen, wie der Transfer des Trainings in
den Alltag der Trainierenden unterstützt werden kann, welche Rolle soziale und motivationale Faktoren für den Trainingserfolg spielen und inwiefern kognitive Plastizität durch
genetische Prädispositionen beeinflusst wird.
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K
Prof. Dr. Julia
arbach
studierte Psychologie an der Universität des Saarlandes
und der Universität Santa Barbara (USA). Ihr Diplom 2005
und ihre Promotion 2008 absolvierte sie im Bereich kognitive
Entwicklungspsychologie der Lebensspanne. Seit 2011 hat sie
eine Juniorprofessur für Pädagogische Psychologie an der Universität des Saarlandes inne. Ihre Forschungsschwerpunkte
liegen im Bereich der Entwicklung und Plastizität kognitiver
Funktionen und der Untersuchung von Prädiktoren für Schulund Studienerfolg.
Erst schwillt sie, dann schrumpft sie –
die Rolle von p62 in Lebererkrankungen
Dr. Sonja M. Kessler
Yvette Simon
Stephan Laggai
Prof. Dr. Alexandra K. Kiemer
Pharmazeutische Biologie
Leberkrebs, genauer gesagt seine häufigste Form,
das Hepatozelluläre Karzinom, nimmt gerade in den
Industriestaaten als Todesursache stark zu. Hierzulande
sind als Risikofaktoren vor allem metabolische Erkrankungen wie Fettleibigkeit und Diabetes von Bedeutung.
Durch metabolische Veränderungen kann es zu einer
massiven Fetteinlagerung in die Leber kommen – sie
»schwillt«. Bei der Progression der Fettleber zum
Leberkrebs kommt es dann über eine Entzündung zur
Zirrhose, d.h. einer Vernarbung und einem damit
verbundenen Funktionsverlust des Lebergewebes – die
Leber »schrumpft«. Die molekularen und zellulären Mechanismen, die zur Entstehung von Leberkrebs führen,
sind bisher noch unzureichend bekannt. Wir interessieren uns für die Charakterisierung dieser molekularen
Mechanismen in der Leber, die zunächst zur Entwicklung einer Fettleber und später auch zum Leberkrebs
beitragen. Unsere Arbeiten zeigen eine bedeutende
Rolle des Proteins p62 im Krankheitsgeschehen und
geben Hinweise auf mögliche neue Therapieoptionen.
Progression von der Fettleber zum Lebertumor
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die am weitesten
verbreitete Form von Leberkrebs. Sie stellt weltweit bei
Männern die dritthäufigste und bei Frauen die sechsthäufigste krebsbedingte Todesursache dar (Mittal & El-Serag,
2013). Interessanterweise gibt es erhebliche geographische
Unterschiede bezüglich des Auftretens des HCC: die Inzidenz
ist in Entwicklungsländern zwei- bis dreimal höher als in den
Industriestaaten (Hashimoto & Tokushige, 2012). Hier
spielen die zugrundeliegenden Risikofaktoren der HCC-Entstehung eine entscheidende Rolle. In den meisten Fällen ist
das HCC die Folge einer bestehenden Leberzirrhose. Die häufigsten Ursachen einer Leberzirrhose sind Infektionen durch
Hepatitis B- und C-Viren sowie übermäßiger Alkoholkonsum
bzw. -abusus (>20-25 g / Tag). Weitere Risikofaktoren sind metabolische Erkrankungen sowie die Exposition von Toxinen
wie beispielweise der Verzehr von mit Aflatoxinen kontaminierten Nahrungsmitteln. Zu den metabolischen Erkrankungen zählen die Eisenspeicherkrankheit, Diabetes mellitus,
Fettleibigkeit (BMI ≥30 kg / m2) und die Fettlebererkrankungen. Diese metabolischen Erkrankungen erklären den in den
letzten Jahrzehnten zu beobachtenden steten Anstieg der
Inzidenz des HCC in Europa und den Industriestaaten, was
sich auch in den Zahlen des saarländischen Krebsregisters
widerspiegelt (Abb.1).
So liegt die Neuerkrankungsrate in Mitteleuropa, Nordamerika und Australien bei 5 Personen pro 100.000 Einwohnern pro Jahr, mit einem etwa 3 – 4-fach höheren Risiko
für Männer (Mittal & El-Serag, 2013) (vgl. Abb. 1). Weil
ein HCC in der Regel aufgrund fehlender Symptome erst im
fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird, verläuft die
Erkrankung meist tödlich. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt
bei etwa 6,5 Prozent, wobei die meisten Patienten nach Diagnosestellung weniger als ein Jahr überleben (Denzer 2006).
Histologische Befunde von Patienten mit Fettlebern,
die durch metabolische Erkrankungen ausgelöst wurden,
zeigen dabei Ähnlichkeiten zu Befunden von alkoholkranken Patienten, ohne dass ein nennenswerter Alkoholkonsum
Abb. 1: Häufigkeit des HCC im Saarland 1970 –2010.
Auszug aus dem saarländischen Krebsregister.
besteht. Deshalb wird dieses Krankheitsspektrum auch als
nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen (non-alcoholic
fatty liver diseases, NAFLD) bezeichnet. NAFLD umfassen dabei eine Bandbreite von einfacher Fettleber über
Fettleberentzündung (Nicht-alkoholische Steatohepatitis,
NASH) bis hin zur Fibrose und Leberzirrhose (Angulo,
2002) (Abb. 2). Die Häufigkeit der NAFLD wird in den Industrieländern zwischen 6 und 33% angegeben, bei Adipösen
sogar mit 70 – 95%. Die NAFLD ist hierbei häufig mit dem
metabolischen Syndrom, bestehend aus Fettleibigkeit, Diabetes mellitus, erhöhten Blutfettwerten (Hypertriglyzeridämie:
Abb 2: Spektrum der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankungen. Progression der
Fibrose, Zirrhose und zum HCC weiterentwickeln kann (adaptiert von [Cohen et al.,
NAFLD ausgehend von der Fettleber, die durch Ansammlung von Lipiden
2011; Angulo et al., 2002; Vernon et al., 2011; Bedogni et al., 2005;
in die Leberzellen als 1. Hit initiiert wird. Diese kann durch einen 2. Hit zu
Neuschwander-Tetri & Caldwell, 2003; Day, 2005; and Loria et al., 2010]).
einer nicht-alkoholischen Fettleberentzündung (NASH) führen, die sich zu
Pharmazeutische Biologie
≥150 mg / dl) und Bluthochdruck (≥130 mmHg systolischer rer Aufklärung. Man geht heute davon aus, dass es sich
Blutdruck), assoziiert, kann jedoch auch unabhängig davon um eine multifaktorielle Genese handelt, d. h. zahlreiche
diagnostiziert werden.
Faktoren können zur Progression der NAFLD beitragen.
Eine Fettleber entsteht, wenn sich vermehrt Fette in den Als gesichert gilt eine Beteiligung genetischer Faktoren,
Leberzellen ansammeln. Dieser Zustand kann ohne weitere einer Insulinresistenz, entzündungsfördernder Signalstoffe,
Folgen und Symptome über Jahre hinweg vorliegen. In eini- oxidativen Stresses, mitochondrialer Veränderungen, apogen Fällen kann es aber durch Beteiligung immunologischer ptotischer Vorgänge und Endotoxinen (Dancygier, 2006).
Mechanismen zur Progression der Fettleber in eine Fettleber- In jüngster Zeit wird immer deutlicher, dass zuletztgenannte
entzündung kommen, die sich im weiteren Verlauf zur Fibrose Endotoxine, d. h. Zellwandbestandteile, die aus der bakteriund Zirrhose entwickeln kann. Diese pathophysiologische ellen Besiedlung des Darms stammen, das Fortschreiten der
Veränderung wurde 1998 als sogenanntes »2-Hit-Model« NAFLD beeinflussen können.
vorgestellt (Abb.2) (Day & James, 1998).
Die genauen zugrundeliegenden Mechanismen für die Progression sind nach wie vor ungeklärt und bedürfen weite-
7 14
3 15
Abb. 3: p62 positives Leberkrebsgewebe (braun gefärbtes Gewebe) im Vergleich mit p62 negativem
gesundem Gewebe (oben rechts) (Kessler et al., 2013).
p62 als erster Hit
In einigen Fällen kann sich aus einer Langzeit-NAFLD ein
HCC entwickeln. Bei dem Übergang von einer chronischen
Lebererkrankung zum Leberkrebs wurde festgestellt, dass der
Körper dabei Antikörper gegen körpereigene Proteine herstellt, die wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Krebsentwicklung stehen. So wurde 1999 bei einem Immunoscreening
einer cDNA Expressions-Bibliothek von Autoantigenen eines
HCC Patienten das RNA-bindende Protein p62 / IGF2BP2-2 gefunden (Zhang et al., 1999). In einer weiteren Studie an
mehreren HCC Patienten konnte zudem gezeigt werden, dass
diese Patienten in 21% der Fälle Autoantikörper gegen p62
gebildet hatten (Zhang et al., 2001). Des Weiteren haben
mehrere Untersuchungen gezeigt, dass p62 in Vorstufen des
HCC, also in zirrhotischen Knoten, aber auch in verschiedenen
gastrointestinalen Karzinomen und im HCC verstärkt gebildet
wird (Abb.3) (Liu et al., 2013; Kessler et al., 2013).
Die Bildung von p62 erfolgt in fötalen Lebern, nicht
aber in gesunden Lebern von Erwachsenen (Lu et al., 2001).
Daher zählt p62 zu den onkofötalen Proteinen, deren fötaler
Charakter einer geringen Differenzierung entspricht, die
auch gerade bösartige Tumore zeigen.
p62 ist ein zytoplasmatisches Protein, das an die mRNA
des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors (insulin-like growth
factor, IGF) 2 bindet, welcher ebenfalls onkofötal und verstärkt in HCC gebildet wird. p62 gehört zur Familie der IGF2
mRNA bindenden Proteine (IGF2BP), die in vergangenen Studien bereits in den Zusammenhang mit HCC und metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus gebracht wurden.
Der Befund, dass p62 im Tumorgewebe, nicht aber in der
Abb 4: Herstellung der p62 transgenen Mäuse. (A) Keine Expression von p62 mRNA. (B) Leber-spezifische p62 Expression in
doppelt positiven p62+/LT2+ Mäusen. (C) Fütterung mit Tetracyclin verhindert die p62 Expression (Tybl et al., 2011).
Abb. 5: Zusammensetzung der Leberfette in p62 transgenen Mäusen. Dünnschichtchromatographische Trennung von
Leberlipidextrakten aus Wildtyp-Mäusen oder p62 Mäusen zeigt eine verstärkte Akkumulation aller
Fettklassen in den transgenen Tieren. Links: Detektion mit 2,7-Dichlorfluorescein, Rechts: Detektion mit
Schwefelsäure/Ethanol (Laggai et al., 2013).
gesunden Leber gebildet wird, lässt noch keine Aussage darüber zu, ob und wie p62 das Krankheitsgeschehen beeinflusst.
Die erste Charakterisierung der funktionellen Eigenschaften
von p62 wurde mit Hilfe eines transgenen Mausmodells an
unserem Institut durchgeführt. Das Vorgehen erfolgte dabei
so, dass Mäusen das Gen für p62 in das Genom integriert
wurde. In einem weiteren Mausstamm wurde ein Schalter
(liver enriched activator protein, LAP) eingebaut, der dafür
sorgt, dass das Ablesen des Gens nur in der Leber erfolgt.
Bei Kreuzung der beiden Mausstämme miteinander wird p62
nur von solchen Mäusen gebildet, die p62 und LAP positiv
sind, und diese Bildung erfolgt ausschließlich in der Leber.
Die Bildung von p62 kann reguliert werden, da durch Gabe
eines Tetracyclins der Schalter ausgeschaltet und somit die
p62 Expression verhindert wird (Abb. 4) (Tybl et al., 2011).
Ein spezifischer Befund in den Lebern dieser p62 transgenen
Mäuse unter Normaldiät war die Induktion einer Fettleber.
Hierbei waren in den Lebern der p62 transgenen Mäuse alle
detektierbaren Fettklassen verstärkt akkumuliert (Abb. 5)
(Laggai et al, 2013).
Die Anwesenheit von p62 verursacht mit der Einlagerung
von Fetten in die Leber also den ersten Hit in der Entstehung
der NAFLD (Abb. 2).
Für die Aufklärung des zugrundeliegenden Mechanismus der Fetteinlagerung war ein interessanter Befund, dass
der den Fetteinbau fördernde Wachstumsfaktor IGF2 in den
p62 transgenen Mäusen vermehrt gebildet wird (Abb. 6)
(Tybl et al., 2011). Diesen Zusammenhang konnten wir auch
in menschlichen Lebertumoren nachweisen. In den Gewebeproben von Leberkrebspatienten, die hohe p62 Level
zeigten, fanden wir ebenso hohe IGF2 Spiegel vor. Dies zeigt
eine stark positive Korrelation von p62 und IGF2 (Abb. 6)
(Kessler et al., 2013).
Da IGF2 eine hohe Ähnlichkeit zum anabolen Insulin zeigt und an die selben Rezeptoren bindet (Chao and
Abb 7: Nach Rotfärbung von Fetteinlagerungen mittels Scharlachrot (oben) ist in
den p62 transgenen Tieren eine vermehrte, hier rötlich gefärbte Akkumulation
von Fetten zu beobachten. Die Siriusrot Färbung auf Kollagen in der Leberfibrose (unten) zeigt eine deutliche Kollageneinlagerung. In den WildtypTieren ist beides weniger stark ausgeprägt (Simon et al., 2013).
Pharmazeutische Biologie
D’Amore, 2008), ist die Fettleberentstehung in den p62 transgenen Mäusen zum größten Teil durch die erhöhten Igf2 Level
zu erklären.
7 16
3 17
Abb. 6: Oben: Igf2 Expression im p62 trangenen Maus Modell. Durch Anschalten
des p62 Gens bei Abwesenheit eines Tetracyclins (Doxycyclin) wird die
Bildung von IGF2 ausgelöst (Tybl et al., 2011). Unten: IGF2 Expression ist
auch im humanen Lebertumor von p62 abhängig. Korrelation von p62 und
IGF2 in menschlichen Leberkrebsproben (Kessler et al., 2013).
p62 in späteren Krankheitsstadien
Um nun den Einfluss von p62 auch in der entzündlichen
Fettleber zu untersuchen, wurden Wildtyp-Tiere und p62
transgene Tiere mit einer Methionin-Cholin-defizienten
(MCD) Diät gefüttert. Die MCD Diät verstärkt und beschleunigt die Entstehung einer Fettleber, die schnell in einen entzündlichen Typ übergeht, der der menschlichen Steatohepatitis sehr ähnlich ist (Leclercq et al., 2000). p62 erhöht
in diesem Modell die Entzündungsreaktion, wie man am
Beispiel einer verstärkten Bildung des Chemokins und Entzündungsmarkers MCP-1 erkennen kann. Außerdem führt p62
in diesem Modell zu einer gesteigerten Bildung von krankhaftem kollagenhaltigem Bindegewebe, einer sogenannten
Fibrose (Abb. 7) (Simon et al., 2013).
p62 scheint somit nicht nur als erster Hit eine Rolle in der
Fettleberentstehung zu spielen, sondern auch als zweiter Hit
die Progression zur entzündlichen Fettlebererkrankung bis
hin zur Fibrose zu steigern.
Abb. 8: Ausmaß des Zelltods in menschlichen Lebertumorzellen durch Gabe des Chemotherapeutikums Doxorubicin (dox)
nach Ausschalten von p62 (si p62) gegenüber der Kontrolle (si co) (linke Seite) bzw. nach Überexpression,
d. h. erhöhter Bildung von p62 (p62) gegenüber der Kontrolle (co-v) (rechte Seite) (Kessler et al., 2013).
Da diese Erkrankungen eine Rolle in der Entstehung von
Lebertumoren spielen, stellte sich nun die Frage, ob p62 auch
die Entstehung bzw. das Fortschreiten von Leberkrebs direkt
beeinflussen kann. Es sind zahlreiche Signalwege bekannt, die
die Entstehung von Lebertumoren begünstigen (Stickel &
Hellerbrand, 2010). Einerseits können Faktoren, die die
Entstehung und das Wachstum von Tumoren erschweren, wie
z. B. das Phosphate and tensin like homologue (PTEN), abgeschaltet sein. Andererseits können in Tumorzellen Signalwege
aktiviert werden, die den Tumorzellen das Überleben erleichtern, wie z.B. der Extra-regulated kinases (ERK)-Signalweg.
Tatsächlich ist in den Lebern der p62 transgenen Mäuse
PTEN verringert (Tybl et al., 2011). In Hepatomzellen und
menschlichem HCC-Gewebe konnten wir zudem zeigen, dass
p62 den ERK-Signalweg aktivieren kann. In diesem Zellkul-
turmodell menschlicher Lebertumoren war zu beobachten,
dass die Tumorzellen in Abwesenheit von p62 nach Gabe
eines Chemotherapeutikums erfolgreicher abgetötet werden,
wohingegen sie in Anwesenheit hoher p62-Spiegel vor dem
Chemotherapeutikum geschützt sind (vgl. Abb. 8) (Kessler
et al., 2013).
Somit ist p62 im HCC an der Chemoresistenz des Tumors
beteiligt, was im Zusammenhang mit einer hohen Aggressivität von Tumoren steht. Um dies in Patientenproben zu überprüfen, wurden die gemessenen p62-Spiegel mit klinischen
Daten des jeweiligen Patienten verglichen. Hierbei zeigte
sich tatsächlich, dass eine hohe Expression von p62 mit einer
schlechten Prognose zusammenhängt (Abb. 9) (Kessler et
al., 2013).
Abb. 9: Der Zusammenhang von p62 und schlechten Prognose-Parametern (schwarz ausgefüllte Felder). Eine schlechte Prognose
ist gekennzeichnet durch ein höheres Stadium (b/c bzw. 3/4) nach der Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC) bzw. der Tumor
Nodes (Lymphknoten) Metastasen (TNM) Klassifikation, dem Vorhandensein mehrerer Knoten (Multinodularität) sowie
einem großen Durchmesser (diameter > 5 cm) (Kessler et al., 2013).
Zusammenfassung und Ausblick
Die Prozesse, die an der Entstehung der Fettlebererkrankungen und ihrem Fortschreiten zum Leberkrebs beteiligt
sind, sind bisher nur unzureichend verstanden. Da das Hepatozelluläre Karzinom als häufigster Lebertumor eine Vielzahl
von Signalwegen verändert und diese von Patient zu Patient
variieren, ist eine möglichst genaue Aufklärung dieser Mechanismen äußerst wichtig, um eine wirksame Therapie für jeden
einzelnen Patienten zu erreichen. Ein interessantes Zielobjekt für die zukünftige Therapie scheint nach unseren Ergebnissen das IGF2 mRNA-bindende Protein p62 zu sein, das nicht
nur die Entstehung einer Fettleber induziert, sondern auch
das Fortschreiten dieser Lebererkrankung bis hin zum HCC
begünstigt und verstärkt. Die genauere Charakterisierung
von p62 bietet die Chance, zumindest für eine bestimmte
Patientengruppe gezieltere Therapieformen zu entwickeln.
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Experimental Medicine, 189(7), 1101 – 1110.
–
K
Stickel F, Hellerbrand C. (2010). Non-alcoholic fatty liver disease as a risk factor for
hepatocellular carcinoma: mechanisms and implications. Gut; 59: 1303–1307.
Zhang, J.-Y., zhu, w., imai, h., kiyosawa, k., chan, e. k. l., & tan, e. m. (2001).
De novo humoral immune responses to cancer-associated autoantigens during transition from
chronic liver disease to hepatocellular carcinoma. Clinical & Experimental Immunology, 125(1), 3– 9.
Prof. Dr. Alexandra K.
iemer
studierte Pharmazie an der LMU München; Promotion
1995–1997 am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und
Pharmazie der Tierärztlichen Fakultät der LMU München.
1998–1999 Mitarbeiterin an der Medizinischen Klinik II des
Klinikums der Universität München-Großhadern und am
Department Pharmazie, Zentrum für Pharmaforschung der
LMU München. 2000–2002 Stipendiatin des Bayerischen
Habilitationsförderpreises mit Auslandaufenthalten bei der
Kyowa Hakko Kogyo Ltd. in Tokio, an den Universitäten von
Florenz und Sydney und am Department of Immunology des
Scripps Research Institute (La Jolla, USA). 2003: Habilitation
in den Fächern Pharmazeutische Biologie und Pharmakologie
an der LMU München und Wechsel an das Department of
Molecular and Experimental Medicine des Scripps Research
Institute (La Jolla), ab 2004 auch Tätigkeit an der UCSD (La
Jolla). Nach einem abgelehnten Ruf auf eine Professur für
Pharmakologie und Toxikologie der TU Dresden im Jahr 2004
ist sie seit 2005 Professorin für Pharmazeutische Biologie an
der Universität des Saarlandes.
Forschungsschwerpunkte: molekulare Mechanismen von
Entzündungsprozessen.
K
Dr. Sonja M.
eßler
studierte Pharmazie an der Ernst-Moritz-Arndt Universität in Greifswald. Sie fertigte ihr Diplom bei der Beiersdorf
AG Hamburg in Kooperation mit dem Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Ernst-MoritzArndt Universität, Greifswald, an. Für die Anfertigung ihrer
Doktorarbeit wechselte sie 2007 in den Arbeitskreis von
Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer. Im Jahr 2011 reichte sie ihre
Dissertation mit dem Titel »The IGF2 mRNA binding protein
p62 as a regulator of IGF2 and H19 expression – potential
implications in tumorigenesis« ein. Seitdem unterstützt sie als
wissenschaftliche Mitarbeiterin den Arbeitskreis von Frau
Prof. Dr. A. K. Kiemer. 2012 war sie als EASL Dame Sheila
Sherlock Fellowship Stipendiatin am Institut für Pathologie
der Medizinischen Universität Graz, Österreich tätig.
S
Yvette
imon
hat Pharmazie an der Universität des Saarlandes studiert.
Während des Studiums hat sie einen Auslandsaufenthalt an
der University of Exeter in Großbritannien im Rahmen des
ERASMUS-Austauschprogramms des DAADs absolviert. Ihr
Diplom in Pharmazie hat sie in Kooperation mit der Pharmazeutischen Biotechnologie der Universität des Saarlandes
an der University of New South Wales in Sydney, Australien
durchgeführt und wurde im Herbst 2009 zur Apothekerin approbiert. Seit Juni 2010 ist sie als Doktorandin im Arbeitskreis
von Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer tätig. Ihre Dissertation
mit dem Titel »The insulin-like growth factor 2 (IGF2) mRNA
binding protein p62 / IGF2BP2-2 amplifies steatosis, inflammation, and fibrosis in murine non-alcoholic steatohepatitis
(NASH)« hat sie kürzlich eingereicht.
L
Stephan
aggai
studierte Pharmazie an der Universität des Saarlandes
und schloss das Studium 2009 mit der Approbation als Apotheker ab. Er fertigte seine Diplomarbeit 2010 /11 am Arbeitskreis von Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer an. Dabei beschäftigte er sich mit der Rolle von p62 in einem Zellkulturmodell
der Fettleber. Diese interessanten Arbeiten wurden mittels
eines Stipendiums der Graduiertenförderung des Saarlandes
nahtlos im Rahmen einer Doktorarbeit fortgesetzt. Dabei
liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Untersuchung des
durch p62 veränderten Fettstoffwechsels der Leber.
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Pharmazeutische Biologie
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Lehramtstudium auf dem Prüfstand
Dr. Anja Friedrich, Dr. Antje Biermann, Kathrin Kaub, F.-Sophie Wach,
Corinna Reichl, Stephanie Ruffing, Dirk Hochscheid-Mauel, Dr. Werner Bedersdorfer,
Prof. Dr. Frank M. Spinath, Prof. Dr. Julia Karbach & Prof. Dr. Roland Brünken
Bildungswissenschaften / Psychologie
Wer studiert Lehramt und wer wird eine gute Lehrkraft? Wie entwickelt sich pädagogische Kompetenz im
Verlauf der Ausbildung? Welche Faktoren beeinflussen
den Studien- und Ausbildungserfolg von Lehramtsstudierenden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das vom Bun-
desministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt SioS-L (Studie zu individuellen und organisationalen Einflüssen auf Studien- und Ausbildungserfolg
in der Lehrerbildung) an der Universität des Saarlandes
seit 2009. Erste interessante Ergebnisse liegen nun vor.
Was macht eine gute Lehrkraft aus?
Es besteht aus wissenschaftlicher Sicht Konsens darüber,
dass gute Lehrer eine möglichst breite fachliche, fachdidaktische und pädagogische Wissensbasis besitzen sollten. Darüber hinaus spielen jedoch auch Persönlichkeitsfaktoren wie
bestimmte motivationale Orientierungen und Fähigkeiten
zur Selbstregulation sowie angemessene Überzeugungen und
Werthaltungen eine bedeutende Rolle, um qualitativ hochwertigen Unterricht planen und gestalten zu können (vgl.
Abbildung 1).
Lehrkräfte vor (Abbildung 2). Dabei wird angenommen, dass
berufsbezogene Kompetenzen und professionelles Verhalten
als Resultat der professionsspezifischen Ausbildung erlernund entwickelbar sind (Qualifikation) und dass gleichzeitig
die Aneignung professioneller Kompetenzen – im Sinne
der Wahrnehmung, Nutzung und Verarbeitung spezifischer
Lernangebote – von bestimmten individuellen Persönlichkeitsmerkmalen (Eignung) beeinflusst wird.
Zu diesen personalen Charakteristika, von denen angenommen wird, dass sie erfolgreiche Lern- und Entwicklungsprozesse begünstigen, können vor allem kognitive Fähigkeiten sowie grundlegende psychosoziale und motivationale Orientierungen gezählt werden (vgl. z. B. Kunter, Kleickmann
et al., 2011; Blömeke, 2009; Mayr, 2011). Hierbei lassen sich
insbesondere die Persönlichkeitseigenschaften Extraversion,
psychische Stabilität und Gewissenhaftigkeit mit engagiertem Studierverhalten, guten Praxisleistungen im Studium,
höherer Zufriedenheit in Studium und Beruf sowie einem
kompetenteren Lehrerhandeln im Unterricht in Verbindung
Motivationale
Orientierungen
Selbstregulative
Fähigkeiten
Überzeugungen /
Werthaltungen
Professionswissen
Wissensbereiche
(Wissen und Können)
Pädagogisches
Wissen
Fachwissen
Fachdidakt.
Wissen
OrganisationsWissen
BeratungsWissen
Wissensfacetten
Kontext
Bildungssystem, Individuelle Schule
Schülerergebnisse
Abb. 1: Modell professioneller Handlungskompetenz nach Baumert & Kunter (2006)
So zeigen sich deutliche Zusammenhänge zwischen Selbstwirksamkeitserwartungen (also die Überzeugung, als Lehrkraft etwas bewirken zu können) und Lehrerenthusiasmus mit Merkmalen der Unterrichtsführung, der Verbleibenswahrscheinlichkeit im Beruf sowie pädagogischem
Professionswissen (vgl. Baumert & Kunter, 2006). Auch
Engagement, Geduld, Humor und Distanzierungsfähigkeit
sind bedeutende Merkmale einer erfolgreichen Lehrkraft
(Helmke, 2004; Klusmann, Kunter, Trautwein & Baumert, 2006). Neben den bereits genannten personenbezogenen Merkmalen wurden Einstellungen, Überzeugungen und
Werthaltungen darüber, wie Lernen funktioniert und Unterricht gestaltet sein sollte (sog. subjektiven Theorien) als entscheidende Voraussetzungen professionellen Lehrerhandelns
diskutiert (Baumert & Kunter, 2006; Blömeke, 2004).
Wie wird man eine kompetente Lehrkraft?
Kunter, Kleickmann et al. (2011) stellen im Rahmen
ihrer Studie COACTIV ein Kompetenzentwicklungsmodell für
Nutzung
Lerngelegenheiten
von
Professionelle
Professionelles
Kompetenz
Verhalten
Professionswissen
Unterricht
Motivationale
Fachlich
Motivational
Beratung
Lerngele-
Merkmale
Kooperation
genheiten
Überzeugungen
Allgemeines
Selbstregulative
Arbeitsverhalten
Fähigkeiten
Lehrerergebnisse
Weiterentwicklung
Beruflicher Aufstieg
Wohlbefinden
Persönliche Voraussetzungen
Kognitive Fähigkeiten, Motivation, Persönlichkeit
Abb. 2: Kompetenzentwicklungsmodell für Lehrkräfte nach Kunter,
Kleickmann et al. (2011)
bringen (Kunter, Kleickmann et al., 2011). Auch lehramtsspezifische Berufswahlmotive beeinflussen den Studienerfolg
(vgl. Pohlmann & Möller, 2010). So zeigen sich signifikante Zusammenhänge zwischen spezifischen Berufswahlmotiven (z. B. Interesse an der Arbeit mit Kindern, Interesse an
der Initiierung und Begleitung von Lernprozessen) und Abschlussnoten im Lehramtsstudiengang (Brühwiler, 2001),
dem späteren Berufserfolg als Lehrkraft (Hanfstingl &
Bildungswissenschaften / Psychologie
Forschungsteam, das die individuellen und organisationalen Einflüsse auf Studien- und Ausbildungserfolg in der Lehrerbildung untersucht.
7 22
3 23
Mayr, 2007; Rauin & Meier, 2007) sowie dem Andauern
berufsbezogenen Engagements (Brunner et al., 2006).
Neben den individuellen, relativ stabilen Persönlichkeitsmerkmalen, die die Studierenden bereits zu Beginn ihrer
Ausbildung mitbringen, bestimmen insbesondere die Art und
Qualität der formalen und informellen Lerngelegenheiten die
Entwicklung professioneller Lehrerkompetenzen (vgl. auch
Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2008; Blömeke, Kaiser
& Lehmann, 2010; Darling-Hammond, 2006; Kennedy,
Ahn & Choi, 2008). Die innerhalb der verschiedenen Phasen der Lehrerbildung angebotenen Lerngelegenheiten und
deren tatsächliche Nutzung werden als entscheidende Voraussetzungen für die Kompetenzentwicklung angesehen (Kunter, Kleickmann et al., 2011). Die Qualität und das Angebot dieser Lerngelegenheiten stehen wiederum in Verbindung
mit den an den jeweiligen Ausbildungsorten vorgefundenen
Kontexten. Hierbei wird angenommen, dass Lehrerfolg durch
das Zusammenspiel universitärer Rahmenbedingungen (z. B.
Inhalte, Themen und Anforderungen von Lehrveranstaltungen, Organisation des Studiengangs), spezifischer Merkmale
der Dozenten (z. B. Fach- und Lehrkompetenz, Engagement)
sowie bestimmter Aspekte des Auditoriums (z. B. Qualität
von Referaten, Beteiligung, Störungen) bedingt wird. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Verfügbarkeit und die Nutzung von bestimmten Lerngelegenheiten der universitären Ausbildung (z. B. Anzahl der belegten
Kurse etc.) mit Unterschieden im professionellen Wissen
von Lehrkräften einhergehen, die sich bis zu 20 Jahre nach
Ausbildungsende nachweisen lassen (Blömeke, Felbrich
et al., 2008; Blömeke & König, 2011; Brunner, Kunter,
Krauss, Baumert et al., 2006; Kennedy et al., 2008; Kunter, Baumert et al., 2011). Weiterhin lässt sich feststellen,
dass in der Lehrerbildung erworbenes Wissen dann erfolgreicher angewendet werden kann, wenn es in praxisbezogenen
Lehr- / Lernarrangements erworben wurde (Mayr, 2003) und
dass Studierende in Veranstaltungen mit der Möglichkeit zu
selbstgesteuertem Lernen durchschnittlich höhere Lernerfolge erzielen (Kotzschmar, 2004). Darüber hinaus wird die
Rolle der Mentoren vor allem in der zweiten Phase der Lehramtsausbildung (Referendariat) sowohl für die Entwicklung
professioneller Kompetenzen, als auch für die emotionale
Unterstützung diskutiert (Abs, 2005; Hobson, Ashby, Malderez & Tomlinson, 2009). Es konnten positive Zusammenhänge der Betreuung durch einen Mentor mit der Höhe
des Selbstvertrauens, des Selbstwertes, der Selbstreflexion
und den Problemlösefähigkeiten der Kandidaten sowie ein
verbessertes Klassen-, Zeit- und Workload-Management der
jungen Lehrer gezeigt werden (Lindgren, 2005; Malderez,
Hobson, Tracey & Kerr, 2007; McIntyre & Hagger,
1996; Moor et al., 2005).
Offene Forschungsfragen
Trotz der beschriebenen Forschungsergebnisse wird die
Frage »Wie wird man eine kompetente Lehrkraft?« nicht eindeutig geklärt. Unklar bleibt bisher, welche Zusammenhänge zwischen verschiedenen personalen Studieneingangsvoraussetzungen wie allgemeinen Persönlichkeits-, Interessens-,
Einstellungs- und Leistungsvariablen und der Kompetenzentwicklung im Verlauf der akademischen und beruflichen
Lehramtsausbildung existieren (vgl. Kunter, Kleickmann
et al., 2011). Gerade hinsichtlich der Entwicklung und Veränderbarkeit der individuellen Merkmale im Verlauf der zweiphasigen Lehramtsausbildung ist bislang nur wenig bekannt
(Kunter & Baumert, 2011; Mayr, 2011). So lässt sich nicht
feststellen, welche Variablen sich bereits zu Beginn des Studiums zur Vorhersage von Studienerfolg eignen und welche
Variablen erst in späteren Abschnitten der Ausbildung eine
Prognose für erfolgreiches Lehrerhandeln erlauben. Dies ist
vor allem vor dem Hintergrund der verschiedenen Ausbildungsschwerpunkte und der unterschiedlichen strukturellen
Bedingungen im universitären und schulpraktischen Kontext
interessant. Mögliche Entwicklungen und Veränderungen
über beide Phasen der Lehrerausbildung hinweg entziehen
sich somit bisher den Untersuchungen.
Das Forschungsprojekt SIOS-L
Genau hier setzt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Projekt SioS-L an.
Um die Forschungsfragen möglichst umfassend beantworten zu können, wird die Studie als Kooperation der Lehrstühle Empirische Bildungsforschung (Prof. Dr. Roland
Brünken), Pädagogische Psychologie (Prof. Dr. Julia
Karbach) und Differentielle Psychologie und psychologische Diagnostik (Prof. Dr. Frank M. Spinath) sowie
des Zentrums für Lehrerbildung (Dr. Hans-Werner Bedersdorfer) durchgeführt. Ziel des Projektes ist es, ein
spezifisches Studien- bzw. Ausbildungserfolgsmodell für den
Bereich der Lehrerbildung zu entwickeln (Abbildung 3).
Die Projektergebnisse können sowohl im Rahmen der Verbesserung von Qualifikations- und Ausbildungsmaßnahmen
als auch für die Studierendenberatung und -auswahl nutzbar
gemacht werden.
Erste Ergebnisse
Belastungserleben von Studierenden bereits zu Beginn
des Studiums hoch
Individuelle Faktoren
Der Beruf des Lehrers gilt aufgrund hoher Arbeitsanforderungen und möglicher interpersoneller Konflikte mit
Individuelle
Ausbildungs-/
Studienerfolg
Studienverlauf
Voraussetzungen
Berufserfolg
Schülern als hoch belastend (van Horn, Schaufeli, &
Enzmann, 1999). Entsprechend konnten Kieschke und
Organisationale Faktoren
Schaarschmidt (2008) ein gegenüber anderen ProfessioProjektphase 1
Projektphase 2
nen deutlich erhöhtes Burnout-Risiko für die BerufsgrupAbb. 3: Schematisches Studienverlaufsmodell"
pe der Lehrer nachweisen. Zudem weisen Ergebnisse der
Potsdamer Lehrerstudie bereits auf eine hohe Prävalenz
Eine Ausgangsstichprobe von 737 Lehramtsstudierenden und ineffektiver Stressbewältigungsmuster unter Studierenden
eine Vergleichsgruppe von 191 Psychologiestudierenden wer- des Lehramts sowie Referendaren hin (Schaarschmidt &
den über einen Zeitraum von sechs Jahren vom Beginn ihres Kieschke, 2007). Aufbauend auf diesen Befunden wird im
Studiums über die gesamte zweiphasige Ausbildung (Univer- Projekt SioS-L untersucht, inwiefern gesundheitsschädliche
sität und Referendariat bzw. Bachelor und Master) bis in ihr Arbeits- und Verhaltensmuster auf Motive für die Wahl des
Berufsleben hinein begleitet (Abbildung 4). Erfasst werden Lehramtsstudiums zurückzuführen sind. Die Kenntnis von
dabei verschiedene Kompetenzen der Lehramtsstudierenden Zusammenhängen zwischen individuellen Berufswahlmoti(Professionswissen, pädagogische Handlungskompetenz), ven und einem späteren Belastungserleben ist von hoher
individuelle Merkmale (z. B. Lern- und Leistungsfaktoren, praktischer Relevanz. So könnte den physischen und psychiBerufsinteresse) und Merkmale der Ausbildung (z. B. An- schen Belastungen von Burnout gefährdeten Lehrern sowie
gebot und Qualität von Lehre und Betreuung). Mit einer den damit einhergehenden negativen Konsequenzen auf
Teilstichprobe der Lehramtsstudierenden (N = 90) werden Seiten der Institutionen (Einbußen der Unterrichtsqualität,
in den praktischen Teilen der Ausbildung (allgemeine und Kosten durch Krankheitsausfall) durch gezielte Beratungen
fachdidaktische Schulpraktika sowie Referendariat) Video- Studieninteressierter frühzeitig entgegen gewirkt werden.
studien durchgeführt, um die Entwicklung handlungsnaher
Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurden in
Kompetenzen (Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts, zwei aufeinander folgenden Jahrgängen 619 LehramtsstuSchüleraktivierung, Umgang mit Unterrichtsstörungen) de- dienanfänger der Universität des Saarlandes unmittelbar
tailliert untersuchen zu können.
nach Aufnahme ihres Studiums befragt. Die StudienwahlDas längsschnittliche Studiendesign erlaubt die Analyse motive wurden hinsichtlich einer Wertkomponente (Pädagovon Entwicklungsverläufen und die Überprüfung kausaler gisches Interesse, Fachliches Interesse, Nützlichkeit), einer
Zusammenhänge zwischen bestimmten individuellen Per- Erwartungskomponente (Fähigkeitsüberzeugung, Geringe
sonenvariablen der Studierenden und deren Kompetenzent- Schwierigkeit) sowie Sozialer Einflüsse untersucht (Pohlwicklung, die bisher nur vermutet werden konnten und erst mann & Möller, 2010). Zudem wurden arbeitsbezogene
zum Teil empirisch gesichert sind. Einen weiteren Vorteil bie- Verhaltens- und Erlebensmuster erfasst. Schaarschmidt
tet die vielfältige Erfassung der professionellen Kompetenz und Fischer (2008) unterscheiden hierbei vier Typen, die
mit Hilfe unterschiedlicher Methoden. Über die allgemein sich hinsichtlich ihres Arbeitsengagements, ihrer Widerübliche Erfassung von Noten und selbsteingeschätzten Kom- standsfähigkeit sowie berufsbegleitender Emotionen unterpetenzen hinaus wird das pädagogische Wissen als Teil des scheiden. Ein gesundes arbeitsbezogenes Verhaltens- und
Professionswissens mit zwei spezifischen Wissenstests erfasst. Erlebensmuster geht mit hohem beruflichem Engagement,
Die Handlungskompetenz der Studierenden wird u. a. sowohl einer ausgeprägten Widerstandsfähigkeit gegenüber Belaüber Expertenurteile von Dozenten und Betreuungslehrern stungen und einem allgemein positiven Lebensgefühl einher
als auch über videographierte Unterrichtsentwürfe in Prakti- (Gesundheitstyp). Demgegenüber weisen andere Personen
kums- und Referendariatsperioden erfasst. Durch dieses Vor- ausgeprägte Schonungstendenzen gegenüber beruflichen Angehen ist es möglich, spezifische Indikatoren für unterschied- forderungen auf, was sich in einem verminderten Arbeitsenliche Facetten professioneller Kompetenz zu identifizieren.
gagement äußert (Schonungstyp). Schließlich werden zwei
gesundheitsschädigende Muster
unterschieden. Während sich manProjektphase 1
Projektphase 2
che Personen durch ein überhöhtes
N=293
Studienanfänger
5. Semester
Kohorte 1
Absolventen
Referendare
Engagement selbst überfordern
N=113
5. Semester
Absolventen
Kohorte 2
Referendare
Lehrer
und Schwierigkeiten haben, sich
N=331
Studienanfänger
5. Semester
Absolventen
Kohorte 3
von ihrer Arbeit zu distanzieren
Kohorte 4
(Arbeitstyp), weisen Personen mit
N=89
Studienanfänger
Absolventen BA
Absolventen MA
Psychologie
Verhaltensweisen des Burnout-RiKohorte 5
N=103
Studienanfänger
5. Semester
Absolventen MA
Psychologie
sikomusters bereits ein reduziertes
Arbeitsengagement auf, das mit
Abb. 4: Schematische Darstellung des längsschnittlichen Forschungsdesigns über beide Förderphasen hinweg.
einer verminderten Belastbarkeit
N = Stichprobengröße.
und einem negativem Lebensgefühl einhergeht (Burnouttyp).
Die Ergebnisse der SioS-L Studie zeigen, dass jeweils
ein Viertel der Befragten hohe Übereinstimmungen mit den
Verhaltensweisen des schonenden beziehungsweise gesunStudienbeginn
Betrachtung während des Studiums
Ende der 1.
2. Ausbildungsphase
Ausbildungsphase
Berufseintritt
Bildungswissenschaften / Psychologie
den Typus angaben. Gleichzeitig ließen sich jedoch knapp
die Hälfte der befragten Studienteilnehmer / -innen einem
der beiden gesundheitsschädigenden Verhaltensmuster zuordnen. Insgesamt zeigte somit bereits ein deutlich höherer
Anteil an Studienanfängern gesundheitsschädliche Erlebensund Verhaltensmuster als dies in der Potsdamer Lehrerstudie
der Fall war (Schaarschmidt & Kieschke, 2007). Darüber
hinaus unterschieden sich die vier Typen in ihren Motiven
für die Wahl des Lehramtsstudiums. Die Ergebnisse zeigen
unter anderem, dass sich insbesondere Personen, die dem
Burnout-Risikomuster zuzuordnen sind, durch ein reduziertes pädagogisches wie fachliches Interesse, eine geringere
Fähigkeitsüberzeugung sowie der Motivation, das Lehramtsstudium aufgrund der angenommenen geringen Schwierigkeit
zu wählen, kennzeichnen. Darüber hinaus gaben Personen,
deren Arbeits- und Verhaltensmuster dem Schonungstyp entsprachen, gegenüber Individuen des gesunden Typus seltener
an, das Lehramtsstudium aufgrund ihres fachlichen Interesses oder ihrer Fähigkeitsüberzeugung gewählt zu haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Personen, die das
Lehramtsstudium primär aus intrinsischen Motiven heraus
wählen, über ein höheres Maß an Ressourcen verfügen und
damit ein geringeres Burnout-Risiko aufweisen.
Aufbauend auf den dargestellten Befunden soll in zukünftigen längsschnittlichen Betrachtungen ermittelt werden, inwiefern bestimmte Berufswahlmotive nicht nur die
unmittelbaren Erlebens- und Verhaltensmuster, sondern auch
mittelfristig die Gesundheit der Studierenden beeinflussen.
Hierzu werden Zusammenhänge zwischen den zu Beginn
des Studiums vorherrschenden Berufswahlmotiven und der
psychischen und körperlichen Gesundheit der Studierenden
sowie dem Auftreten von Burnout-Symptomen nach drei
Jahren ermittelt.
7 24
3 25
Passen die beruflichen Orientierungen der Studierenden
zu den Anforderungen im Lehramtsstudium?
Zu Beginn des Studiums wurden die allgemeinen berufsbezogenen Interessenorientierungen von 500 Lehramtsstudierenden erhoben und ausgewertet. Ausgehend von der
Berufswahltheorie nach Holland (1997) können Personen
und Berufe danach klassifiziert werden, wie ähnlich sie einem
bestimmten Grundtypus sind. Es wird angenommen, dass die
Passung zwischen den individuellen Merkmalen einer Person
(Personentypus) und den spezifischen Anforderungsprofilen der beruflichen Umwelt (Umwelttypus) mit einer Reihe
günstiger Merkmale (Verweildauer in Studium und Beruf,
Zufriedenheit, Lern- und Leistungserfolge) in Verbindung
steht (Assouline & Mair, 1987; van Iddekinge, Putka &
Campbell, 2011). Holland (1997) definiert sechs grundlegende Personen- und Umwelttypen (vgl. hierzu auch Bergmann & Eder, 2005; Rolfs & Schuler, 2002):
Praktisch-technisch (Realistic). Personen mit hohen
praktisch-technischen Interessenorientierungen bevorzugen
körperliche Tätigkeiten, die Koordination und Handgeschicklichkeit erfordern und zu konkreten, sichtbaren Ergebnissen
führen. Sie verfügen über Fähigkeiten im technischen und
mechanischen Bereich.
Intellektuell-forschend (Investigative). Personen dieses
Typs bevorzugen die Auseinandersetzung mit natur- oder sozialwissenschaftlichen Phänomenen mithilfe systematischer
Beobachtung und Forschung.
Künstlerisch-sprachlich (Artistic). Personen mit künstlerisch-sprachlichen Interessen präferieren offene, kreative
Aktivitäten. Ihre Fähigkeiten liegen im Bereich von Sprache,
Kunst und Musik.
Sozial (Social). Personen mit hohen sozialen Interessen
streben vor allem Tätigkeiten wie Unterrichten, Lehren, Ausbilden und Versorgen an. Sie verfügen über gute Fähigkeiten
im zwischenmenschlichen Bereich.
Unternehmerisch (Enterprising). Personen dieses Typs
zeigen hohe führungsbezogene Kompetenzen. Sie präferieren berufliche Kontexte, in denen Sie die Planung und Organisation von Gruppen übernehmen und andere Menschen
beeinflussen und anleiten können.
Konventionell (Conventional). Personen mit hohen konventionellen Interessenorientierungen präferieren ordnendverwaltende Tätigkeiten, bei denen der strukturierte und
regelhafte Umgang mit Daten im Vordergrund steht und die
ein hohes Maß an Genauigkeit erfordern.
Unsere Analysen zeigen, dass sich Lehramtsstudierende
vor allem durch hohe Interessen in sozialen und unternehmerischen beruflichen Tätigkeitsbereichen auszeichnen und
– je nach Fachschwerpunkt – höhere intellektuell-forschende
(Naturwissenschaftler), künstlerisch-sprachliche (Geistes- /
Sprachwissenschaftler und Mischtypen) und konventionelle
Orientierungen (Sportwissenschaftler) zeigen. Solche Fachgruppenunterschiede konnten auch in Hinblick auf andere
Merkmale nachgewiesen werden: Beispielsweise erzielten
insbesondere die Lehramtsanwärter aus den naturwissenschaftlichen Fachbereichen besonders gute Ergebnisse in den
kognitiven Leistungstests (u. a. hohe Fähigkeiten im Denken /
Schlussfolgern und im räumlichen Vorstellungsvermögen).
Trotz dieser guten leistungsbezogenen Studieneingangsvoraussetzungen scheinen die Naturwissenschaftler im DurchSparkassen-Finanzgruppe
Auch Ihre Mutter würde
es wollen. Die SparkassenAltersvorsorge.
S
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Abb. 5: Welche Verhaltensmuster prädestinieren dazu, eine kompetente Lehrkraft
zu werden?
schnitt mit deutlich ungünstigeren motivationalen Voraussetzungen in ein Lehramtsstudium einzutreten: Im Vergleich
zu ihren Kommilitonen aus den geistes-, sprach- und sportwissenschaftlichen Lehramtsfachbereichen sind sie deutlich
weniger interessiert an sozialen beruflichen Tätigkeiten,
die einen Großteil der späteren Arbeit als Lehrer ausmachen werden, und sind bereits im ersten Semester weniger
zufrieden mit ihrem Studium. Inwiefern sich Interessen und
Zufriedenheit über das Studium hinweg verändern, ist Teil
zukünftiger längsschnittlicher Auswertungen.
Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Projekt Study
Finder der UdS (Stoll & Spinath, 2008) war es möglich, auch
Einschätzungen von Dozenten und Professoren aus der universitären Lehrerbildung einzuholen. Die zuständigen Experten aus verschiedenen Fachbereichen der Lehrerausbildung
wurden gebeten einzuschätzen, welche Tätigkeiten und Anforderungen speziell für das Lehramtsstudium wichtig sind. Ein
zentrales Ergebnis dieser Befragungen war, dass die Experten
fachübergreifend die Tätigkeits- und Anforderungsschwerpunkte im Lehramtsstudium speziell in den intellektuellforschenden, sozialen und konventionellen Bereichen sehen.
Es stellt sich nun die Frage, inwiefern die Interessenorientierungen der Saarbrücker Lehramtsstudierenden mit
dem Anforderungsprofil der Lehramtsausbildung übereinstimmen? Um diese Frage adäquat beantworten zu können,
wurde für alle Studierenden ein Passungsindex gebildet, der
die Informationen über die Interessenausprägungen der Studierenden auf den drei für das Lehramtsstudium wichtigsten
Dimensionen (intellektuell-forschend, sozial und konventionell) beinhaltet. Ein interessantes Ergebnis ist zunächst,
dass die Studierenden aus allen Fachbereichen lediglich eine
durchschnittlich hohe Anpassung an die Anforderungen im
Lehramtsstudium zeigen. Gleichzeitig zeigen unsere Analysen, wie wichtig eine adäquate Anpassung im Studium ist:
Diejenigen Studierenden, die stärker intellektuell-forschend,
sozial und konventionell orientiert sind, sind im Durchschnitt
auch zufriedener mit ihrem Studium, zeigen eine höhere Anstrengungsbereitschaft und ein niedrigeres Belastungserleben.
Zufriedenheit wird bestimmt durch Persönlichkeit
und Motivation
Die Studienzufriedenheit gilt immer mehr als wichtiger
Bestandteil einer erfolgreichen universitären Ausbildung,
da zufriedene Studierende z. B. eine höhere Stresstoleranz
aufweisen (Schiefele & Jacob-Ebbinghaus, 2006), sel-
tener ihr Studium abbrechen (Aitken, 1982) und bessere
Leistungen im Studium zeigen (Bean & Bradley, 1986).
Um ein möglichst ganzheitliches Bild zu erhalten, wird in
SioS-L die Studienzufriedenheit mehrdimensional erfasst,
indem die Studienteilnehmer / -innen darüber Auskunft geben, wie zufrieden sie mit den Inhalten ihres Studiums, den
Studienbedingungen und der persönlichen Bewältigung der
Studienbelastungen sind (Schiefele & Jacob-Ebbinghaus, 2006; Westermann, Heise, Spies & Trautwein,
1996). Im Rahmen der Studie soll zum einen untersucht werden, wie sich die Studienzufriedenheit über den Verlauf des
Studiums verändert. Zum anderen wird analysiert, welche
persönlichen Eigenschaften und organisationale Bedingungen – gemessen zu Beginn des Studiums – zu einer höheren
Zufriedenheit nach der ersten Studienhälfte führt. Dank der
zahlreichen Teilnahme unserer Studierenden an einer zweiten
Erhebungswelle konnten erste Langzeitdaten von 254 Studierenden gewonnen und ausgewertet werden. So stellte sich
heraus, dass Studierende, die bezüglich ihrer Persönlichkeit
höhere Werte auf dem Faktor Neurotizismus aufwiesen, d. h.
eher ängstlich und weniger emotional stabil waren, nach der
Hälfte ihres Studiums auch eine geringere Zufriedenheit in allen drei Bereichen berichteten. Diesem Persönlichkeitsfaktor
kommt dementsprechend eine umfassende Bedeutsamkeit zu.
Darüber hinaus zeigte sich, dass die Studierenden nach zwei
Jahren umso zufriedener waren, je mehr Wichtigkeit sie ihrem
Studium bereits zu Beginn zugemessen hatten. Ebenfalls zufriedener waren Studierende, die angaben sich aus fachlichem
Interesse (intrinsisch motiviert) für das Lehramtsstudium entschieden zu haben. Demgegenüber waren Studierende, die
sich aufgrund der Nützlichkeit (gute Vereinbarung von Familie und Beruf; flexible Arbeitszeiten, finanzielle Sicherheit) für
das Lehramtsstudium entschieden hatten, eher unzufrieden
mit der Bewältigung der Studienbelastungen.
Welche Lehrer machen besseren Unterricht?
Eine weitere Fragestellung der Studie befasst sich mit der
Entwicklung der Handlungskompetenz von Studierenden
und den Voraussetzungen, die ein Studierender mitbringen
muss, um guten Unterricht durchführen zu können.
Um diese Frage zu beantworten, wird eine kleinere Teilstichprobe von Lehramtsstudierenden (N = 90) bei ihren
Unterrichtsversuchen in drei Praktikumsphasen gefilmt. Die
bislang vorhandenen Videoaufzeichnungen wurden durch
geschulte Experten hinsichtlich der Unterrichtsqualität eingeschätzt. Zu den Merkmalen der Unterrichtsqualität zählen
in Anlehnung an die bisherige Forschung (1) die Klarheit und
Strukturiertheit des Unterrichts (inwieweit sind die Ziele der
Stunde deutlich, ist die Stunde klar gegliedert usw.), (2) die
Schülerorientierung bzw. Lernprozessbegleitung (inwieweit
werden Schülerinnen und Schüler bei ihrem Lernprozess
unterstützt) und (3) ein effektiver Umgang mit Störungen.
Aus der bisherigen Forschung liegen einige Ergebnisse
zum Zusammenhang von einzelnen Persönlichkeitsmerkmalen und der Unterrichtsqualität vor. Lehrkräfte, die von ihren
Fähigkeiten überzeugt sind, auch schwierige Unterrichtssituationen meistern zu können, weisen eine bessere Instruktionsqualität auf, sie stellen anspruchsvollere Aufgaben und
sind geduldiger, wenn Schüler Fehler machen. Die gleichen
Zusammenhänge lassen sich beobachten, wenn Lehrer eher
der Überzeugung sind, dass Schüler besser lernen, wenn sie
sich selbständig Dinge erarbeiten und Dinge ausprobieren
können (konstruktivistische Überzeugung) (z. B. Baumert
& Kunter, 2011; Lipowsky, 2006). Auch Persönlichkeitsmerkmale weisen einen Zusammenhang mit dem Handeln
auf: Lehrpersonen, die gewissenhafter und offener für Erfahrungen sind, zeigen bessere Praxisleistungen (Hanfstingl
& Mayr, 2007).
In den bisherigen Studien wird das Unterrichtshandeln
oftmals mittels Fragebögen durch die Lehrpersonen selbst
oder durch die unterrichteten Schüler erfasst. Diese Einschätzungen können jedoch unterschiedlichen Verzerrungen unterliegen. Eine Ergänzung in der SioS-L-Studie stellen Videoaufzeichnungen dar. Ein Vorteil von Videoaufzeichnungen
besteht in einer angenommenen höheren Objektivität bei der
Einschätzung der Unterrichtsmerkmale, da Videos mehrmals
angeschaut werden können und auch immer von mindestens
zwei Personen eingeschätzt werden.
Erste Ergebnisse scheinen die in der Forschung gefundenen
Zusammenhänge von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und dem beobachtbaren Handeln einer Lehrkraft zu bestätigen. Darüber hinaus spielen möglicherweise Geschlechtereffekte eine Rolle in dem Sinne, dass z. B. bei Männern und
Frauen unterschiedliche Motive für die Wahl eines Lehramtsstudiums ein besseres Instruktionsverhalten vorhersagen.
Weitere Analysen sollen ein noch genaueres Bild davon
aufzeigen, wie sich das Instruktionsverhalten der Lehramtsstudierenden im Verlauf des Studiums entwickelt, und welche
weiteren Personenmerkmale dafür eine Rolle spielen.
jungen Autofahrern sowie die Analyse und Förderung der
Entwicklung professioneller Kompetenzen im Studium u. a.
bei Lehramtsstudierenden.
S
Prof. Dr. Frank
pinath
studierte und promovierte im Fach Psychologie an der
Universität Bielefeld. Nach einem halbjährigen postgradualen Fellowship am Kings College (London, UK) habilitierte er an der Universität Bielefeld und wurde 2004 auf den
Lehrstuhl für Differentielle Psychologie und Psychologische
Diagnostik an der Universität des Saarlandes berufen. Seine
aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der
verhaltensgenetischen Erforschung von Intelligenz und Persönlichkeit, in der Untersuchung von Prädiktoren für Schulund Studienerfolg sowie in der Entwicklung onlinebasierter
Self-Assessments.
Projektleitung
K
Prof. Dr. Julia
arbach
Kurzprofil auf S. 11
B
Bildungswissenschaften / Psychologie
B
7 26
3 27
Prof. Dr. Roland
rünken
studierte Psychologie in Trier, Düsseldorf und Aachen.
Nach dem Diplom 1993 folgte eine Assistentenzeit am Lehrstuhl für Instruktionspsychologie der Uni Erfurt von 19942001, wo er 1998 auch promovierte. Nach Stationen als Nachwuchsgruppenleiter in Erfurt und Lehrstuhlvertreter in Salzburg war er von 2003 bis 2006 als Professor für Psychologie
des Lehrens und Unterrichtens an der Unversität Göttingen
tätig. Seit 2006 ist er als Professor für empirische Bildungsforschung an der Universität des Saarlandes, wo er derzeit
auch als Dekan und Senator tätig ist. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die empirische Lehr-Lernforschung
mit Bezug zu Neuen Medien, pädagogisch-psychologische
Fragen in der Verkehrspsychologie, insbesondere in Hinblick
auf die Entwicklung und Diagnose von Fahrkompetenzen bei
Dr. Hans Werner
edersdorfer
arbeitete nach einem Lehramtsstudium von 1972 bis
1981 als Lehrer im saarländischen Schuldienst. Gleichzeitig studierte er an der Universität des Saarlandes und der
Pädagogischen Hochschule des Saarlandes und absolvierte
im Jahr 1977 die Diplomprüfung (Schwerpunkt Pädagogische Diagnose und Beratung). Von 1981 bis 1985 arbeitete
er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität des
Saarlandes (erziehungswissenschaftliche Lehrerbildung) und
promovierte dort im Jahr 1987. Von 1985 bis zum Jahr 2001
leitete er das Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung. Seit
2002 arbeitet er als Geschäftsführer des Zentrums für Lehrerbildung der UdS.
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urznachrichten aus der Forschung
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Wirkung Pflanzliche Sterole beugen
Alzheimer vor
Dass sich Inhaltsstoffe aus Obst und Gemüse positiv auf
unsere Gesundheit auswirken, ist kein Geheimnis. Pflanzliche Sterole tragen beispielsweise dazu bei, den Cholesterinspiegel zu senken. Zudem scheinen sie der Entste-
Insgesamt konnten die Wissenschafter der Universität des
Saarlandes in ihrer Studie zeigen, dass die unterschiedlichen
Phytosterole verschiedene zelluläre Mechanismen beeinflussen und daher in ihrer Wirkung unterschiedlich zu bewerten
sind. »Gerade im Hinblick auf Alzheimer scheint es sinnvoll
zu sein, bei der Ernährung auf einzelne Phytosterole zu setzen
anstatt auf ein Gemisch«, so Grimm weiter.
Kurznachrichten
Informatik-Professor verbessert Datenschutz
im Internet
7 28
3 29
hung von Alzheimer vorzubeugen, wie eine aktuelle Studie
von Forschern der Universität des Saarlandes belegt. Die
Mediziner um Marcus Grimm haben nachgewiesen, dass
ein bestimmtes Sterol, das Stigmasterol, die Bildung von
Eiweißen hemmt, die bei der Entwicklung der Krankheit
eine wichtige Rolle spielen. Die Studie wurde im renommierten Journal of Neuroscience veröffentlicht.
»Pflanzliche Sterole kommen in unterschiedlicher Zusammensetzung etwa in Nüssen, Samen und Pflanzenölen
vor. Sie sind das Äquivalent zum tierischen Cholesterin und
können daher im Stoffwechsel an denselben Stellen wie das
Cholesterin ihre Wirkung entfalten«, erklärt Marcus Grimm,
Laborleiter in der Experimentellen Neurologie an der Universität des Saarlandes. »Da sie auch den Cholesterinspiegel
senken, werden sie vielseitig in der Nahrungsmittelindustrie
und als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt.«
Ein erhöhter Cholesterinspiegel steht schon lange im Verdacht, das Risiko zu erhöhen, an Alzheimer zu erkranken.
»Studien haben bereits gezeigt, dass Cholesterin die Bildung
sogenannter seniler Plaques fördert«, berichtet Grimm. Diese
Plaques bestehen aus Eiweißen, vor allem aus den Beta-Amyloid-Proteinen, und lagern sich im Gehirn an den Nervenzellen ab. Sie gelten als einer der Hauptauslöser von Alzheimer.
Das Forscherteam um Grimm hat nun zusammen mit
Wissenschaftlern aus Bonn, Finnland und den Niederlanden
untersucht, wie Sterole, die wir über die Nahrung aufnehmen,
die Entstehung der Plaques-Proteine beeinflussen. Hierbei
zeigte sich, dass insbesondere ein Sterol, das Stigmasterol, die
Bildung unterbindet. »Stigmasterol wirkt auf unterschiedliche
molekulare Prozesse, es senkt die Enzymaktivität, hemmt
die Bildung Alzheimer relevanter Proteine und verändert
die Struktur der Zellmembran«, sagt Grimm. »All dies zusammengenommen führt letztlich dazu, dass weniger BetaAmyloid-Proteine entstehen.« Im Tierversuch konnten die
Forscher diesen positiven Effekt bereits belegen.
Cyber-Angriffe von Hackern oder die jüngst aufgedeckten Ausspähaktionen von Geheimdiensten belegen immer
wieder aufs Neue, dass persönliche Daten im Internet nicht
sicher sind. Matteo Maffei, neu berufene Professor für Informatik und Forscher am Center for IT-Security, Privacy,
and Accountability (CISPA) an der Universität des Saarlandes, arbeitet daran, die Privatsphäre der Menschen in der
digitalen Welt zu schützen:
»Kryptographische Methoden wie Verschlüsselungsverfahren nutzen die meisten Internetnutzer unbewusst,
sobald sie sich mit ihrem Passwort bei einem sozialen Netzwerk oder bei einer Bank anmelden«, sagt Professor Matteo
Maffei. »Problematisch wird es, wenn Hacker diesen Schutz
aushebeln, um an sensible Daten wie Passwörter oder Kreditkartennummern heranzukommen.« Maffei, der seit Anfang
Oktober eine Professur für sichere Systeme zum Schutz der
Privatsphäre an der Saar-Uni inne hat, arbeitet mit seiner
Gruppe deswegen an Lösungen, Computer, Handys und deren Apps sicherer zu machen: Die Informatiker entwickeln
unter anderem Algorithmen, die automatisch Sicherheitslükken aufspüren können.
Darüber hinaus arbeiten die Saarbrücker Forscher um
Maffei an neuartigen kryptographischen Techniken, um den
Datenschutz im Internet zu garantieren etwa um die Privatsphäre gegenüber Onlinewerbediensten sicherzustellen. »Die
personalisierte Werbung spielt im Internet eine große Rolle. Serviceprovider registrieren zum Beispiel, dass wir den
neuesten Bestseller bei einem Online-Händler gekauft oder
einen Flug bei einem Reiseportal gebucht haben«, erklärt
Maffei. »Dementsprechend wird die auf uns zugeschnittene
urznachrichten aus der Forschung
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Selbstheilende Kupferschichten sorgen für
Innovationssprung bei der Herstellung von
Smartphones
Wie ein Nervensystem verbinden elektronische Leiterplatten die Bauteile von Smartphones. Strom und Abwärme werden dort über komplexe, dreidimensionale Kupferbahnen geleitet. Die Herstellung dieser hauchdünnen
Kupferverbindungen auf großflächigen Leiterplatten ist
anspruchsvoll. Ein entscheidender Innovationssprung ist
Materialwissenschaftlern um Professor Frank Mücklich
gelungen. Mit einer selbstheilenden Kupferschicht, die
dünner als ein Zehntel einer Haaresbreite ist, konnten sie
das Verkupfern der Leiterplatten wesentlich erleichtern.
Für diese patentierte Erfindung wurden den Forschern in
Hamburg der Innovationspreis 2013 des Deutschen Kupferinstitutes verliehen.
»Damit Smartphones immer flacher und leistungsfähiger werden, müssen auch ihre elektronischen Bauelemente
schrumpfen und auf filigrane Weise miteinander vernetzt
werden. Eine elektronische Leiterplatte ist heute ein äußerst
komplexes, dreidimensionales Gebilde«, sagt Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des
Saarlandes und Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums für
Werkstofftechnik (MECS). Für die großflächige und präzise
Fertigung von Leiterplatten wird das Galvanik-Verfahren
genutzt. Die Leiterplatte wird dabei in eine kupferhaltige
Säure, den Elektrolyt, getaucht. Dann fließt extrem starker
elektrischer Strom durch die Platte und transportiert das
Kupfer auf die Oberfläche und in winzige Bohrlöcher, die
für spätere Bauteile und Kontakte vorgesehen sind. »Die Leiterplatte wird dadurch mit einer gleichmäßigen Kupferschicht
überzogen, die dünner ist als ein Zehntel des Durchmessers
eines menschlichen Haares«, erklärt der Materialforscher.
Die Leiterplatten werden dabei von säureresistenten Titanklammern gehalten, die den Strom auf die Platte leiten.
»Diese Halterungen müssen eine enorme elektrische Energie auf wenigen Quadratmillimetern aushalten. Der extrem
starke Strom schädigt sie bei jedem Durchlauf durch Funkenbildung, ähnlich wie ein Blitzeinschlag«, beschreibt Frank
Mücklich das grundsätzliche Problem von modernen Galvanik-Anlagen. Gemeinsam mit den Materialwissenschaftlern
Dominik Britz und Christian Selzner untersuchte er die Schädigungsvorgänge nicht nur im Elektronenmikroskop, sondern
mit Hilfe von Tomographen auch in Nanodimensionen und
sogar auf atomarer Ebene. »Wir mussten dabei erkennen,
dass die bisherige Strategie nicht zum Erfolg führt. Es reicht
nicht, immer neue Werkstoffe mit noch höherer Widerstandskraft gegen diese zerstörerischen, viele tausend Grad heißen
Funken zu entwickeln«, erläutert Mücklich. Denn auch sehr
teure Edelmetalle wie Platin konnten diesen Prozess letztlich
nur verzögern, aber nicht aufhalten. Stattdessen fanden die
Materialforscher ein äußerst sparsames und zuverlässiges
Verfahren. »Dieses ähnelt der Heilung von Wunden, mit der
unser Körper zeitlebens die Haut regeneriert«, vergleicht
Frank Mücklich.
Wie in einem Karussell wandern die Kontakte jetzt in der
Produktionsanlage im Kreis herum und werden genauso wie
die Leiterplatten immer wieder mit einer neuen dünnen Kupferschicht überzogen. »Damit erzeugen wir eine recycelbare
Verschleißschicht auf den Kontakten, heilen aufgetretene
Schäden sofort aus und verbessern ganz nebenbei sogar die
Leitfähigkeit der Halterungen um ein Vielfaches«, sagt der
Materialforscher. Durch das neue Verfahren müssen die Halterungen in Zukunft nicht mehr aufwändig in den Produktionsstätten ausgebaut und ersetzt werden. Da in jeder der rund
600 Produktionsanlagen weltweit etwa 200 Halterungen im
Einsatz sind, spart der Hersteller jetzt jährlich mehrere Millionen Euro. Professor Mücklich kann sich vorstellen, dass sich
die selbst erneuernden Schutzschichten nach diesem Prinzip
auch für andere Anwendungen einsetzen lassen. »Wenn Bauteile während der Produktion stark beansprucht werden, sollte man nicht nur über Hightech-Werkstoffe wie Titan nachdenken, sondern auch vergleichsweise alte, aber nicht weniger
geeignete Materialien wie Kupfer oder Kupferlegierungen in
die Überlegungen einbeziehen«, sagt Mücklich.
Kurznachrichten
Werbung eingeblendet, wenn wir im Internet surfen, zum
Beispiel für passende Hotels.« Der Informatiker entwickelt
neue Methoden, um diese persönlichen Angaben im Internet
künftig besser zu schützen. Beim Online-Kauf würden mit
diesen Techniken persönliche Daten beispielsweise nur noch
zwischen Verkäufer und Käufer ausgetauscht.
Ähnliche Verfahren könnten zudem die Kommunikation
in sozialen Netzwerken sicherer machen und gewährleisten,
dass sensible Daten nur einem bestimmten Teilnehmerkreis
zugänglich sind. »Knackt ein Hacker beispielsweise ein Nutzerprofil in einem so gesicherten Netzwerk, wäre es für ihn
nicht möglich, auf die Nutzerdaten zuzugreifen, da diese verschlüsselt sind«, sagt Maffei.
Der Informatik-Professor forscht am Center for IT-Security, Privacy, and Accountability (CISPA) an der Saar-Uni. Das
CISPA, eines der drei bundesweiten Kompetenzzentren für ITSicherheit, wurde 2011 mit Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung eingerichtet. Ziel des Zentrums
ist es, Lösungen für die Kernprobleme der IT-Sicherheit in
der digitalen Gesellschaft zu entwickeln.
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