Universität des Saarlandes - Fachrichtung Anorganische Chemie
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Universität des Saarlandes - Fachrichtung Anorganische Chemie Chemisches Einführungspraktikum Massenwirkungsgesetz (MWG) und Reaktionskombination Das Massenwirkungsgesetz stellt den Zusammenhang zwischen Aktivitäten (bzw. Konzentrationen) der Produkte und der Edukte einer chemischen Reaktion, die sich im chemischen Gleichgewicht befindet, her. Chemisches Gleichgewicht (GG): dynamisches Gleichgewicht (kein Stillstand der Reaktion) Hin- und Rückreaktion laufen gleich schnell ab 𝒂𝑨+𝒃𝑩 ⇌ 𝒄𝑪+𝒅𝑫 Gleichgewichtskonstante: nur abhängig von Temperatur, insbesondere unabhängig von Konzentrationen macht keine Aussage wie schnell eine Reaktion abläuft wird nicht durch einen Katalysator beeinflusst [𝑪]𝒄 ∙ [𝑫]𝒅 𝑲= [𝑨]𝒂 ∙ [𝑩]𝒃 Eigenschaften eines chemischen Gleichgewichts: Prinzip von Le Chatelier: Übt man auf ein System, das sich im chemischen Gleichgewicht befindet, einen Zwang durch Änderung der äußeren Bedingungen aus, so stellt sich infolge dieser Störung des Gleichgewichtes ein neues, dem Zwang ausweichendes Gleichgewicht ein. Beispiele: Änderung der Konzentration, z. B. durch Entfernen des Produktes, bewirkt, dass Produkt nachgebildet wird. 1 Wärmeentzug begünstigt die Wärme liefernde (exotherme) Reaktion, Wärmezufuhr die Wärme verbrauchende (endotherme) Reaktion. Anwendung des MWG Voraussetzungen: Reaktion muss reversibel sein Reaktion muss sich im Gleichgewicht befinden hinreichend verdünnte Lösungen, sonst Konzentration ≠ Aktivität Khin = Krück = [𝐶]𝑐 ∙[𝐷]𝑑 K: Gleichgewichtskonstante [𝐴]𝑎 ∙[𝐵]𝑏 [𝐴]𝑎 ∙[𝐵]𝑏 Khin = [𝐶]𝑐 ∙[𝐷]𝑑 pK = - log K 1 𝐾𝑟ü𝑐𝑘 pKhin = -pKrück Aufstellen des MWG: gelöste Stoffe: Aktivität bzw. Konzentration, Gase: Partialdruck Feststoffe: = 1 per Definition stöchiometrische Koeffizienten: Exponenten der Konzentrationen das Lösungsmittel geht nicht ins MWG ein Beispiel 1: Fällungsreaktion Hinreaktion: Ag+ + Cl- AgCl KF = Rückreaktion: AgCl Ag+ KF(ällung) bzw. pKF 1 [𝐴𝑔+ ]∙ [Cl- ] + Cl- KL = [Ag+] · [Cl-] gebräuchlich und tabelliert: pKL-Werte von Salzen 2 KL(ösevorgang) bzw. pKL hoher pKL-Wert: Salz dissoziiert kaum, schwerlöslicher Niederschlag z.B.: Ca(OH)2: pKL = 5.4, Ag(OH): pKL = 7.7, AgCl: pKL = 9.8, Tl(OH)3: pKL = 45.0 Beispiel 2: Komplexbildungsreaktion Hinreaktion: Ag+ + 2 NH3 [Ag(NH3)2]+ KA(ssoziation) [[Ag(NH3)2]+ ] KA = [𝐴𝑔+ ]∙ [NH3 ]2 Rückreaktion: Ag+ + 2 NH3 KD = [𝐴𝑔+ ]∙ [NH3 ]2 [[Ag(NH3)2]+ ] [Ag(NH3)2]+ KD(issoziation) gebräuchlich und tabelliert: pKD-Werte von Komplexen hoher pKD-Wert: GG liegt auf der rechten Seite, Komplex ist stabil z.B.: [Fe(SCN)]2+: pKD = 2.3, [FeF6]3-: pKD = 16.0, [Fe(CN)6]3-: pKD = 44.0 Beachte: K hängt von der Formulierung einer Reaktion ab! Beispiel: 1. Cl2 + H2 ⇌ 2 HCl p(HCl)2 K = p(H2 )·p(Cl2 ) 2. ½ Cl2 + ½ H2 ⇌ HCl K' = p(HCl) 1 p(H2 ) ⁄2 1 · p(Cl2 ) ⁄2 K = K′ · K′ = K′2 Reaktionskombinationen: Reaktion in Teilschritten: 3 Anwendung des MWG: [𝐵] [𝐶] 𝐾1 = [𝐴] Verknüpfung der Teilschritte: [𝐶] 𝐾2 = [𝐵] 𝐾𝑔𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡 = [𝐴] Kgesamt = K1 · K2 [𝐵]∙[𝐶] K gesamt = 𝐾𝑔𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡 = [𝐴]∙[𝐵] [𝐶] [A] Bei Reaktionskombinationen, Kreisprozessen etc. können die Gleichgewichtskonstanten der Einzelreaktionen zu einer Gesamtkonstante zusammengefasst werden. Kgesamt = K1 · K2 bzw. pKgesamt = pK1 + pK2 Eine andere Reaktion soll so verlaufen: und in Teilschritten: Die Anwendung des MWG auf die Teilreaktionen ergibt: [𝐵] 𝐾1 = [𝐴] und [𝐷] 𝐾2 = [𝐵]2 und mit [B] = K1 [A] folgt 𝐾2 = [𝐾 [𝐷] 1] 2 ∙[𝐴]2 Der Ausdruck für die Gesamtkonstante lautet dann: [𝐷] 𝐾𝑔𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡 = 𝐾12 ∙ 𝐾2 = [𝐴]2 bzw. pKgesamt = 2 pK1 + pK2 Der Faktor, mit dem die Teilgleichung multipliziert wird, geht als Exponent von K ins Produkt für die Gesamtkonstante bzw. als Faktor von pK in die Summe für den Gesamt-pK-Wert ein. 4 Faustregel: pK < -10 Produkte begünstigt, GG liegt rechts, Energieabgabe pK > 10 kaum Bildung von Produkten, Energieverbrauch -10 < pK < 10 Konzentrationsänderungen können Lage des GG beeinflusst ΔG0 = -R·T·lnK Zusammenhang mit der Freien Energie: ΔG = 5.7pK Beispielaufgabe 1: Löst sich Bariumcarbonat in Salzsäure? Zerlegung der Gesamtreaktion in Grundreaktionen: a) Lösevorgang BaCO3 ⇌ Ba2+ + CO32- pKL = 8 b) Säure-Base-Reaktion HCl + H2O ⇌ Cl- + H3O+ pKS = -7 · 2 c) Säure-Base-Reaktion CO32- + H3O+ ⇌ HCO3- + H2O -pKS2 = -10.3 d) Säure-Base-Reaktion HCO3- + H3O+ ⇌ H2CO3 + H2O -pKS1 = - 3.3 e) Dissoziation H2CO3 ⇌ CO2 (aq) + H2O -pKA = - 3.2 f) Gasentwicklung CO2 (aq) ⇌ CO2 (g) -pKL = - 1.4 BaCO3 + 2 HCl ⇌ Ba2+ + H2O + CO2 (g) + 2 Cl- pKges = -24.2 Der pK-Wert der Gesamtreaktion erlaubt die Aussage, dass die Reaktion quantitativ abläuft. 5 Beispielaufgabe 2: pH-Wert-Abhängigkeit der vollständigen Schwefelwasserstofffällung Mn2+ + H2S(g) ⇌ MnS ↓ + 2H+ Zerlegung der Gesamtreaktion in Grundreaktionen: a) Lösevorgang H2S (g) ⇌ H2S (aq) pKL = 1 b) Säure-Base-Reaktion H2S (aq) + H2O ⇌ HS- + H3O+ pKS1 = 7 c) Säure-Base-Reaktion HS- + H2O ⇌ S2- + H3O+ pKS2 = 14 d) Fällungsreaktion S2- + Mn2+ ⇌ MnS -pKL = -12.6 Mn2+ + H2S(g) ⇌ MnS ↓ + 2H+ MWG: [𝑀𝑛𝑆]∙[𝐻 + ]2 𝐾𝑔𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡 = [𝑀𝑛2+ ]∙𝑝(𝐻 2 𝑆) [MnS] = 1, im offenen System p(H2S) = 1 [𝐻 + ]2 𝐾𝑔𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡 = [𝑀𝑛2+ ] Auflösen nach [H+]: [H+]2 = Kgesamt · [Mn2+] vollständige Fällung: [Mn2+] = 10-6 mol/L (per Definition) pH = ½ (6 + 9.4) pH = 7.7 Die Fällung von MnS läuft bei einem pH-Wert ≥ 7.7 vollständig ab. 6 pKges = 9.4 Übungsaufgaben: 1. Die Bildung eines Esters aus einem Alkohol und einer Säure führt zu einem Gleichgewicht. Welche Maßnahmen kann man ergreifen, um die Esterbildung möglichst vollständig ablaufen zu lassen? 2. Löst sich Bariumsulfat in Salzsäure? pKL(BaSO4) = 10 / pKS(H2SO4) = -3 / pKS(HSO4-) = 2 3. Überprüfen Sie, ob Silberchlorid, Silberbromid bzw. Silberiodid in Ammoniak respektive Thiosulfatlösung löslich sind. pKL(AgCl) = 9,8 / pKL(AgBr) = 12,3 / pKL(AgI) = 16,0 pKD([Ag(NH3)2]+) = 7 / pKD([Ag(S2O3)2]3-) = 14 4. Festes Silbercarbonat wird mit wässriger Ammoniak-Lösung geschüttelt bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hat. Berechnen Sie den Gleichgewichtsexponenten der Gesamtreaktion. pKL(Ag2CO3) = 12,0 / pKD([Ag(NH3)2]+) = 7 5. Wieviel mg Bariumsulfat (pKL(BaSO4) = 10, M(BaSO4) = 233,3 g/mol) lösen sich in a) 100 ml Wasser b) 100 ml 0,005 mol/L Natriumsulfatlösung? 6. Ab welchem pH-Wert läuft die Fällung von Quecksilber(II)sulfid vollständig ab? KL(HgS) = 10-54 7