LÄNDER auswirkungen von studiengebühren ein vergleich der bundesländer nach studierenden-
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LÄNDER auswirkungen von studiengebühren ein vergleich der bundesländer nach studierenden-
LÄNDERCH ECK lehre und forschung im föderalen wettbewerb september 2010 auswirkungen von studiengebühren ein vergleich der bundesländer nach studierendenzahlen und ihrer sozialen zusammensetzung Im Vergleich der Bundesländer mit und ohne Studiengebühren lassen sich kaum Belege für eine abschreckende Wirkung der Gebühren finden. Das gilt sowohl für zahlen- mäßige Veränderungen bei den Studieren- den als auch für die Entwicklung der sozialen Zusammensetzung. Unter den westdeutschen Ländern ist Hamburg der Gewinner des Länderchecks. Hamburg konnte sowohl mehr Studierende insgesamt anziehen als auch die Beteiligung finanziell schlechter gestellter oder bil- dungsferner Gruppen verbessern – trotz Studiengebühren. Kein anderes westdeutsches Land schneidet so gut ab wie die Hansestadt. Eine negative Studierendenentwicklung zeigt sich in drei Bundesländern. Neben Bre- men und Rheinland-Pfalz zählt Niedersachsen als einziges Gebührenland zu den Verlie- rern des Länderchecks. Die ostdeutschen Bundesländer schnei- den – auch aufgrund anderer Ausgangsbedingungen – insgesamt gut ab. Besonders bei der sozialen Zusammensetzung können sie Ungleichheiten abbauen und zum Wes ten aufschließen. Thüringen und Branden- burg sind neben Hamburg die Länder mit der positivsten Studierendenentwicklung in Deutschland. www.laendercheck-wissenschaft.de di e wi rku ng von stu d i e n g e b ü h r e n e rge bn isse u n d meth o d e n d e s l ä n d e rc h e c ks di e be deutu ng von stu di e nge bü h re n rigen sozioökonomischen Hintergrund würden seltener den Weg an die Hoch- Forschung und Lehre an Hochschulen schulen finden. Dem halten Befürworter in Deutschland müssen ausreichend fi- entgegen, dass mit den Studiengebüh- nanziert werden. Pro Studierenden und ren die Studienbedingungen verbessert Jahr stellt die öffentliche Hand über werden könnten. Gerade dadurch könn- 7.200 Euro als Grundmittel für die ten Studieninteressierte zur Aufnahme Hochschulen bereit. Der Staat, insbe- eines Studiums bewegt werden. Zudem sondere die Bundesländer, ist damit der würden Ausgleichsmechanismen wie entscheidende Akteur bei der Finanzie- Studienkredite eine negative Wirkung rung der Hochschulen. Doch seit dem der Gebühren verhindern. Jahr 2006 beteiligen einige Bundesländer auch die Studierenden mit bis zu 1.000 Euro an den Kosten der Ausbil- zi e lkon fli kt i n de r bi ldu ngspoliti k? dung. Für Langzeitstudierende fallen St i f t e rv e r ba n d mitunter noch höhere Gebühren an. Da- Die Bildungspolitik verfolgt in Bezug auf durch trugen die Studierenden im Jahr die Hochschulen zwei erklärte Ziele: Ers- 2008 1,2 Mrd. Euro zur Finanzierung tens die Qualität bei Forschung und Leh- der Hochschulen bei, drei Mal mehr als re weiter zu verbessern, was auch einer noch zwei Jahre zuvor. Der Finanzie- besseren finanziellen Ausstattung der rungsbeitrag der Studierenden stieg da- Hochschulen bedarf, und zweitens mehr mit auf knapp 7% aller Hochschulein- junge Menschen, insbesondere aus sozial nahmen an. Studiengebühren, obwohl schwächeren Gruppen, für ein Studium nur in einigen Bundesländern einge- zu gewinnen. Studiengebühren stehen in führt, sind damit eine fast ebenso wich- dem Verdacht, dem ersten Ziel zu dienen, tige Einnahmequelle geworden wie doch dem zweiten entgegenzustehen. Da Drittmittel der gewerblichen Wirtschaft nur sieben der 16 Bundesländer allge- (1,2 Mrd. Euro) oder der Deutschen For- meine Studiengebühren zumindest zeit- schungsgemeinschaft (1,6 Mrd.). weise eingeführt haben, kann deren Wir- Gegen die Einführung von Studien- kung im föderalen Wettbewerb um die gebühren führen Kritiker an, dass in der besten Studienbedingungen gut unter- Folge weniger junge Menschen ein Stu- sucht werden. Der Ländercheck geht der dium begännen, weil sie es sich nicht Frage nach, ob eine abschreckende Wir- mehr leisten können oder wollen. Insbe- kung von Studiengebühren im Länder- sondere Jugendliche mit einem schwie- vergleich festzustellen ist. Seite 2 L ändercheck D i e Wi r k u n g v o n St u d i e n g e b ü h r e n au fbau u n d i n di katore n Der Ländercheck untersucht eine e rste e rge bn isse Aktuell ist über die Hälfte der Studieren- mögliche abschreckende Wirkung von Eine abschreckende Wirkung von Studi- den in Deutschland von allgemeinen Studiengebühren in den zwei Bereichen: engebühren ist im Vergleich der Bundes- Studiengebühren betroffen. Zu den Län- • Studierendenentwicklung insgesamt dern mit allgemeinen Studiengebühren zählen Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Hamburg. In der und länder nicht zu erkennen. Zwar lassen sich deutliche Unterschiede zwischen • soziale Zusammensetzung der Studierendenschaft. den Bundesländern bei der Entwicklung von Studierendenzahlen und der sozia- Analyse werden das Saarland, das die Für die Bewertung in den beiden Kate- len Zusammensetzung ausmachen. Vor- Gebühren jedoch ab dem Sommerse- gorien greift der Ländercheck eine Aus- teilhafte und nachteilige Entwicklungen mester 2010 abgeschafft hat, und Nord- wahl von Indikatoren auf. Die Indika- treffen aber Gebührenländer und Län- rhein-Westfalen, das eine Abschaffung toren sind so konzipiert, dass sie die re- der ohne allgemeine Studiengebühren plant, ebenfalls als Gebührenländer be- lative Position der Bundesländer abbil- in ähnlichem Maße. trachtet. Hessen, das ab dem Winterse- den und damit Erfolge, Versäumnisse Bei der Entwicklung der Studieren- mester 2007/08 nur ein Jahr lang Ge- und Herausforderungen im föderalen den zählen sogar die Gebührenländer bühren erhoben hat, zählt dagegen Wettbewerb bei Studierendenentwick- Hamburg und das Saarland zur Spitzen- nicht als Gebührenland. lung und sozialer Zusammensetzung gruppe. Auch bei der Entwicklung der Für die Analyse im Ländervergleich der Studierenden aufzeigen. Die Indika- sozialen Zusammensetzung der Studie- wird der Zeitraum 2005/06 bis 2008/09 toren werden von vielen Faktoren beein- renden schneidet Hamburg gut ab. Da- untersucht. Die Einführung von Studi- flusst: der demographischen Entwick- mit bildet die Hansestadt zusammen mit engebühren erfolgte zwischen 2006 und lung, der Entwicklung auf dem Lehrstel- den ostdeutschen Bundesländern Bran- 2007. Über mehrere Jahre verzögerte len- und Arbeitsmarkt und aus politi- denburg und Sachsen das Spitzentrio, Auswirkungen werden somit in der Un- schen resultierende das in beiden Kategorien überdurch- tersuchung nicht erfasst. Die erhofften Entwicklungen wie die doppelten Abi- schnittlich gut abschneidet. Problemati- positiven Effekte der Gebühren auf die turjahrgänge oder die Veränderung der scher zeigt sich die Entwicklung in den Entscheidungen Studienbedingungen werden im Länder- Anzahl der Studienplätze. Der Länder- beiden gebührenlosen Ländern Bremen check nicht untersucht. Ob Studienge- check untersucht, ob unabhängig von und Rheinland-Pfalz sowie in Nieder- bühren wirklich zu mehr Einnahmen diesen Faktoren Studiengebühren einen sachsen. Niedersachsen ist das einzige und nicht zu späteren Einsparungen bei entscheidenden Einfluss auf die Ent- Gebührenland, das sowohl bei der Stu- der öffentlichen Finanzierung führen wicklung der Studierendenzahlen und dierendenentwicklung oder ob das Versprechen eingehalten die soziale Zusammensetzung der Stu- auch bei der sozialen Zusammensetzung wird, fehlende Studiengebühren über dierenden haben. unterdurchschnittlich abschneidet. mehr öffentliche Mittel auszugleichen, kann erst langfristig beantwortet werden. St i f t e rv e r ba n d Seite 3 L ändercheck D i e Wi r k u n g v o n St u d i e n g e b ü h r e n insgesamt als stu di e re n de n e ntwic k lu n g weniger studierende aufgrund von studiengebühren? stu di e nge bü h re n u n d stu di e re n de nzah le n: n egative e ffe kte n icht nachwe isbar Indikatoren und Gewichtung Im Jahr 2009 begannen in Deutschland I.4 Wanderungsbewegungen, 2005–2008 (20 %) über 420.000 Studierende ein Studium. I.1 Studierendenzahl, 2005–2009 (20 %) I.2 Studienanfängerquoten, 2005–2008 (20 %) I.3 Übergangsquoten, 2005–2008 (20 %) I.5 Ausländische Studierende, 2005–2008 (20 %) Das waren etwa 66.000 mehr als 2005, dem Jahr, in dem durch das Urteil des vorn, gefolgt von den Gebührenländern Bundesverfassungsgerichts die länder- Hamburg und dem Saarland sowie Ber- weise Einführung allgemeiner Studien- lin, Hessen und Thüringen. Sachsen- gebühren ermöglicht wurde. Die relati- Anhalt und Schleswig-Holstein entwi- ve Zunahme ist in den Ländern, die ak- ckelten sich unterdurchschnittlich. tuell Gebühren erheben, ähnlich hoch Schlusslicht ist das Gebührenland Nie- wie in den Nicht-Gebührenländern, dersachsen. Die drei großen Gebühren- nämlich 11% und 12%. Auch die Zahl länder der Studierenden insgesamt hat sich na- und Nordrhein-Westfalen befinden sich Baden-Württemberg, hezu gleich entwickelt. Im Vergleich der im Mittelfeld. Gebührenländer und Bundesländer mit und ohne Gebühren Nicht-Gebührenländer verteilen sich lassen sich also auf den ersten Blick kei- also in ähnlicher Weise auf die einzel- ne Unterschiede bei der Studierenden- nen Bewertungskategorien. Ein klarer entwicklung feststellen. Zusammenhang zwischen Studieren- Dennoch gilt: Zwischen den einzelnen Ländern gibt es große Unterschiede. denentwicklung und Studiengebühren ist nicht erkennbar. Deshalb untersucht der Ländercheck die Indikatoren Studierendenzahlen, Studienanfänger- und Übergangsquoten sowie Wanderungsbewegungen zwischen den Bundesländern und Zuzug aus dem Ausland. Die Teilbetrachtung dient dem Ziel festzustellen, ob sich die Gebührenländer doch mehrheitlich anders entwickeln als die Mehrzahl der Nicht-Gebührenländer. In einer Gesamtbetrachtung der fünf genannten Indikatoren liegt Brandenburg St i f t e rv e r ba n d Bayern Seite 4 L ändercheck St u d i e r e n d e n e n t w i c k l u n g me h r stu di e nan fänge r auch i n ge bü h re n län de rn Demografie und bildungspolitische Rahmenbedingungen wie Studienplatz- In den meisten Bundesländern hat die angebote und der Anteil derjenigen eines Zahl der Studierenden zwischen 2005 Jahrgangs, der überhaupt eine Hoch- und 2008 zugenommen, nur in zwei schulzugangsberechtigung erwirbt, be- Ländern ist sie gesunken. Die Unter- stimmen ganz wesentlich die Entwick- schiede zwischen den Ländern sind da- lung der Studierendenzahlen. Ein weite- bei groß. Während in Brandenburg die rer Faktor ist die individuelle Studien Zahl der Immatrikulierten seit 2005 um entscheidung, die von persönlichen Le- fast 20 % gestiegen ist, verzeichnet Bre- benszielen, dem sozialen Umfeld, der men einen Rückgang von knapp 12 %. Attraktivität der Studiengänge, späteren Sehr positiv hat sich die Zahl der Studie- Berufsaussichten, aber auch den Kosten renden auch in den Gebührenländern eines Studiums – einschließlich der Stu- Saarland (+17 %) und Baden-Württem- diengebühren – abhängt. berg (+13 %) entwickelt. Zu den Schluss Ein Maß für die Studierendenent- lichtern zählt aber auch Niedersachsen wicklung, das demografische Verände- (-5 %), das ebenfalls Studiengebühren rungen bei dieser Entwicklung weitge- erhebt. hend herausrechnet, ist die Studienan- Wie sich die Studierendenzahlen in fängerquote. Sie misst, wie hoch der An- einem Bundesland verändern, hängt teil der Studienanfänger an dem entspre- insbesondere von vier Faktoren ab: chenden Altersjahrgang der Bevölkerung (1) Wie verläuft die demografische Ent- durchweg niedriger als im Süden. ist. Die Studienanfängerquote variiert je Zeitgleich mit Einführung der Stu- wicklung, also sind nachfolgende nach Studienort deutlich. In den Stadt- diengebühren ließ sich in den meisten Jahrgänge stärker oder schwächer staaten kommen auf 100 Jugendliche der betroffenen Ländern ein Rückgang der besetzt? (2) Wie viele Jugendliche erwerben eine Studienberechtigung? (3) Wie viele davon beginnen ein Studi- entsprechenden Altersgruppe zwischen Studienanfängerquoten beobachten. Be- 54 (Berlin) und 70 (Bremen) Personen, sonders auffällig war diese Entwicklung die an einer Hochschule eingeschrieben in Nordrhein-Westfalen, wo die Quote sind. Diese hohe Quote hat auch damit innerhalb eines Jahres um über drei Pro- zu tun, dass viele Jugendliche aus ländli- zentpunkte (4) Wie viele Studienanfänger kommen chen Gebieten in die Städte ziehen, um scheinen diese Effekte eher Einmaleffek- aus anderen Ländern (national und dort ein Studium aufzunehmen. Im übri- te zu sein, die nicht den Trend zu höhe- international) bzw. wählen einen gen Bundesgebiet fällt ein Nord-Süd Ge- ren Studierendenzahlen insgesamt bre- Studienort außerhalb des Heimat- fälle auf. In den nördlichen Bundeslän- chen. Zwei Jahre nach Einführung der landes? dern sind die Studienanfängerquoten Gebühren lagen die Quoten in allen um? St i f t e rv e r ba n d Seite 5 L ändercheck zurückging. St u d i e r e n d e n e n t w i c k l u n g Allerdings stu di e re n de n e ntwic k lu n g Ländern wieder über dem alten Stand (s. Abb.). So zählen im Zeitraum 2005 bis 2008 zwei Gebührenländer zu den Ge- bran de n bu rg, hambu rg u n d be rli n ste ige rn ü be rgangsquote am me iste n winnern bei der Studienanfängerquote. Gut 40% eines Jahrgangs beginnen ak- In Hamburg stieg die Quote um fast tuell ein Studium. Doch nur ein Teil ei- zehn Prozentpunkte auf 63,8 %, in Ba- nes Jahrgangs ist überhaupt berechtigt, den-Württemberg um knapp acht Punk- ein Studium zu beginnen. Die so ge- te auf 47,2%. Dort ist allerdings mit der nannte Übergangsquote misst deshalb, Umwandlung der ehemaligen Berufs- wie gut das Potential der Studienberech- akademien in die Duale Hochschule ein tigten ausgeschöpft wird. Ein veränder- Sondereffekt zu berücksichtigen. Aller- tes Verhalten, etwa Studienverzicht we- dings zählen auch drei Gebührenländer gen Studiengebühren, lässt sich an die- zu der Gruppe mit der schlechtesten sem Indikator sehr rasch ablesen. Im Entwicklung. Bayern, Niedersachsen Jahr 2008 lag diese Quote (Studienbe- und Nordrhein-Westfalen konnten ihre ginn im Jahr des Erwerbs der Studienbe- Studienanfängerquote kaum steigern. rechtigung) wieder auf dem Wert von Die Wachstumsfaktoren in Mecklen- 2005, nämlich bei rund 36%. Im Laufe burg-Vorpommern (+4,5 Prozentpunk- der Jahre nach Erwerb der Studienbe- te) und Sachsen-Anhalt (+1,8) beruhen rechtigung steigt dieser Wert noch deut- auf doppelten Abiturjahrgängen, die von lich an, etwa auf rund zwei Drittel drei der Verkürzung auf 12 Schuljahre her- Jahre später. Am meisten gesteigert ha- rühren. Beide Länder landen trotz dieses ben die Quote Brandenburg, Hamburg Extraeffekts nur im Mittelfeld bei der Be- und Berlin. Die Quote verbesserte sich wertung der Studienanfängerquote. in diesen drei Ländern jeweils um zwei bis drei Prozentpunkte. Länder mit Studiengebühren schneiden nicht besser oder schlechter ab, als Länder ohne Studiengebühren. Ein Knick nach Einführung der Gebühren wurde wie bei den Studienanfängerquoten in den Folgejahren rasch ausgeglichen. St i f t e rv e r ba n d Seite 6 L ändercheck St u d i e r e n d e n e n t w i c k l u n g ke i n e flucht aus ge bü h re n län de rn Zum Zeitpunkt der Datenerhebung 2008 hatten zehn von sechzehn Bundesländern keine allgemeinen Studiengebühren erhoben. Um Studiengebühren zu vermeiden, war es also möglich, an eine Hochschule in einem gebührenfreien Land zu wechseln oder einen Wechsel in ein Gebührenland zu vermeiden. Wenn Studiengebühren eine stark abschreckende Wirkung entfalten, müsste zumindest der Zuzug in die Gebührenländer abgenommen haben. Bisher vorliegende Daten zu den Wanderungsbewegungen der Studierenden lassen diesen Schluss nicht zu. Denn in vier der sechs Gebührenländer hat sich der Wanderungssaldo zwischen 2005 und 2008 verbessert. Der Wande- rungssaldo oder der »Nettoimport« von Nordrhein-Westfalen haben ihr Wande- rungssaldo beschreibt die Differenz zwi- Studierenden, die Berlin über seine Lan- rungsplus ausgebaut, in Schleswig-Hol- schen Studierenden eines Landes (ohne deskinder hinaus ausbildet. Die Import- stein und Baden-Württemberg ist das zugewanderte Bildungsausländer) und quote betrug damit 17,7%. Typischer- Wanderungsminus gesunken. Kaum denjenigen, die in diesem Land die weise wandern Studierende eher in die Veränderungen gab es in Bayern, eine Hochschulzugangsberechtigung erwor- Städte, deshalb haben die drei Stadtstaa- Verstärkung des negativen Saldos dage- ben haben und in Deutschland studie- ten das größte Wanderungsplus, wäh- gen nur in Niedersachsen. Eine Flucht ren. Dieser Saldo kann groß sein. Im rend die sie umgebenden Flächenländer aus den Gebührenländern oder ein Jahr 2008 waren beispielsweise über Brandenburg, Schleswig-Holstein und Rückgang der Zuwanderung dorthin ist 117.000 Studierende aus Deutschland Niedersachen das größte Wanderungs- also nicht festzustellen. an Berliner Hochschulen eingeschrie- minus aufweisen. Vor Einführung der ben. Doch nur 93.000 junge Berliner Studiengebühren lag der Wanderungs- studierten in Berlin oder einer Hoch- saldo aller heutigen Gebührenländer bei schule eines anderen Bundeslandes. Die rund -9.000. Bis 2008 hat es sich auf Differenz von 24.000 ist der Wande- etwa -5.000 reduziert. Hamburg und St i f t e rv e r ba n d Seite 7 L ändercheck St u d i e r e n d e n e n t w i c k l u n g stu di e re n de n e ntwic k lu n g ausländer kommen seltener – auch i n ge bü h re n län de r Dass Studiengebühren in Deutschland keinen deutlichen Effekt auf aus- Lange galt die Gebührenfreiheit als ländische Studieninteressenten haben, Standortvorteil der deutschen Hoch- dürfte damit zu tun haben, dass alterna- schulen im Wettbewerb um gute auslän- tive Zielländer oft ebenfalls Studienge- dische Studierende, die sich keine ho- bühren erheben. Lediglich in Skandina- hen Gebühren leisten können oder wol- vien verlangen die Hochschulen in der len, wie sie an vielen Universitäten an- Regel keine Studiengebühren. In den derer Länder anfallen. Tatsächlich ist wichtigsten Zielländern für angehende der Anteil von Studienanfängern, die Akademiker, Großbritannien und den aus dem Ausland für ein Studium nach USA, liegen die Gebühren dagegen oft Deutschland kommen, zwischen 2006 im fünfstelligen Bereich und damit um und 2009 bundesweit leicht zurückge- ein Vielfaches über den Gebühren in gangen – von 15,6 % auf 14,7 % aller Deutschland. Studienanfänger. Dies ist jedoch kein Trend, der die Gebührenländer in besonderem Maße trifft. So konnte Hamburg sogar mehr Ausländer an die heimischen Hochschulen locken, Nordrhein-Westfalen konnte den Anteil immerhin konstant halten. Die anderen Gebührenländer entwickelten sich hier unterdurchschnittlich. St i f t e rv e r ba n d Seite 8 L ändercheck St u d i e r e n d e n e n t w i c k l u n g meinung stu d i e nve rzicht wege n stu di e nge bü h re n? Die HIS Hochschul-Informations-System GmbH hat 2006 Studienberechtigte aus allen Bundesländern zu möglichen persönlichen Konsequenzen aus der Einführung von Studiengebühren befragt. Die Befragten äußerten sich ein halbes Jahr, nachdem sie die Hochschulzugangsberechtigung, in den meisten Fällen das Abitur, erworben hatten. Rund 5% sagten aus, bei Studiengebühren ganz auf ein Studium zu verzichten oder den Verzicht zu erwägen, obwohl sie gerne studieren würden. Auf der Basis dieser Zahlen schätzt HIS, dass 6.000 bis 18.000 Studienberechtigte durch Studiengebühren tatsächlich von einem Studium abgehalten werden. Weitere 6% im Durchschnitt gaben an, sich auf jeden Fall eine Hochschule ohne Gebühren zu suchen. Im Ländervergleich ist auffällig, dass Befragte aus Ländern, die keine Studiengebühren einführen wollten, viel häufiger angaben, Konsequenzen aus einer Einführung von Studiengebühren zu ziehen, als in Ländern, in denen Gebühren konkret geplant waren. Konkret vor die Entscheidung gestellt, scheinen also letztendlich andere Gründe die Studien(ort)wahl stärker zu beeinflussen als mögliche Gebühren. St i f t e rv e r ba n d Seite 9 L ändercheck St u d i e r e n d e n e n t w i c k l u n g se le ktive e ffe kte von stu d i e n g e b ü h r e n wi e ve r än de rt sich d i e s oz i a l e z u sam m e n s e tz u n g ? i n di katore n fü r soziale zusamme nsetzu ng Das Kapitel 1 hat gezeigt, dass die Einführung von Studiengebühren die Ent- Indikatoren und Gewichtung I.6 BAföG-Empfänger, 2006–2009 (33 %) I.7 S tudierende »niedriger oder mittlerer sozialer Herkunft«, 2006–2009 (33 %) I.8 Bildungsinländer, 2006–2009 (33 %) wicklung der Studierendenzahlen insgesamt nicht nachteilig beeinflusst hat. In Wenn Studiengebühren einen nen- diesem Kapitel wird untersucht, ob es nenswerten Effekt auf die soziale Zu- Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich Stu- sammensetzung der Studierenden ha- diengebühren negativ auf die soziale Zu- ben, dann müsste der Faktor »Einfüh- sammensetzung der Studierenden aus- rung von Studiengebühren« die anderen wirken. Dies wäre der Fall, wenn der Faktoren überlagern. Die soziale Zusam- Anteil von Studierenden aus einkom- mensetzung der Studierenden müsste mensschwachen Haushalten, mit niedri- sich in Gebührenländern hin zu mehr ger oder mittlerer sozialer Herkunft oder Studierenden mit vermögenden Eltern, mit Migrationshintergrund an den Hoch aus gehobenen Schichten und ohne Mi- schulen abnähme. grationshintergrund entwickeln. Eine solche Veränderung der Stu- Für die Analyse der sozialen Zu dierendenschaft kann ganz unterschied- sammensetzung der Studierendenschaft liche Ursachen haben. So werden die werden drei Indikatoren herangezogen: Indikatoren zur sozialen Herkunft der die Entwicklung des Anteils 1.) der Studierenden durch die kontinuierlich Empfänger von Leistungen nach dem ablaufenden gesellschaftlichen Prozesse Bundesausbildungsförderungsgesetz beeinflusst, wie die Entwicklung des Bil- (BAföG), 2.) der Studierenden niedriger dungsstandes oder der sozialversiche- und mittlerer sozialer Herkunft und 3.) rungspflichtigen Beschäftigung der Be der völkerung. Einwanderungsprozesse wie werden positiv beurteilt, wenn sie zwi- Bildungsinländer. auch gesetzliche Regulierungen in der schen 2006 und 2009 ihren Anteil an Zuwanderungspolitik wirken sich maß- Studierenden aus diesen Gruppen erhö- geblich auf die Entwicklung und Zusam- hen und damit die soziale Selektion in mensetzung der Studierenden mit Mi ihrem grationshintergrund aus. Diese Faktoren konnten. können auch für die einzelnen Bundes- Bundesländer Bildungssystem vermindern Von den sechs Gebührenländern er- länder ganz unterschiedlich große Be- reicht Hamburg die Spitzengruppe. Bay- deutung erlangen. ern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland landen im Mittelfeld. Zwei Bundes- St i f t e rv e r ba n d Seite 10 L ändercheck S e l e k t i v e E f f e k t e v o n St u d i e n g e b ü h r e n länder, Niedersachsen und Baden-Württemberg, schneiden unterdurchschnittlich ab. bafög-empfänge r von ge bü h re n n icht abgesch reckt Damit sich auch Kinder von Eltern mit Unter den Nicht-Gebührenländern niedrigen Einkommen ein Studium fi- entwickeln sich besonders die ostdeut- nanzieren können, wurde 1971 das schen Bundesländer positiv; Spitzenrei- BAföG eingeführt. Das BAföG sichert ter des Gesamtratings ist Sachsen-An- Studierenden aus finanziell schlechter halt. Bei den westdeutschen Nicht-Ge- gestellten Elternhäusern die Studienfi- bührenländern gibt es Licht und Schat- nanzierung. Die BAföG-Quote, also der ten. Während Schleswig-Holstein gut Anteil der BAföG-Empfänger an allen abschneidet, vergrößert sich die soziale Studierenden, kann aus ganz verschie- Selektion an den Hochschulen in Rhein- denen Gründen stark schwanken, bei- land-Pfalz, Bremen und Berlin, wobei spielsweise weil sich aufgrund von Ge- Bremen das schlechteste Ergebnis aller setzesänderungen oder sozialen Ent- Bundesländer erzielt. Im Folgenden wicklungen die Anzahl der Anspruchs- werden die drei Indikatoren beginnend berechtigten vergrößert oder verkleinert. mit den BAföG-Empfängern im Einzel- So ging die BAföG-Quote von 33 Pro- nen untersucht. zent im Jahr 1991 auf 19 Prozent 1997 zurück. Seit 2003 ist die BAföG-Quote jedoch relativ konstant bei 23 Prozent oben und unten. In Hamburg stieg die geblieben. Wenn die Vermutung stimmt, Anzahl der BAföG-Empfänger trotz Stu- dass die Einführung von Studiengebüh- dienbeiträgen um 15 Prozentpunkte an, ren insbesondere Kinder aus einkom- im Saarland ging die Quote dagegen um mensschwachen Haushalten vom Studi- 7 Prozentpunkte zurück. In den Nicht- um abhält, müsste sich der Anteil der Gebührenländern schwanken die Verän- BAföG-Empfänger in den Gebührenlän- derungen zwischen +9 Prozentpunkten dern zwischen 2006 und 2009 negativ (Schleswig-Holstein) und -7 Prozent- entwickeln. punkten (Mecklenburg-Vorpommern). Das ist jedoch nicht zu beobachten. Aus der Entwicklung der BAföG-Quote Wie im bundesdeutschen Durchschnitt in den Bundesländern lässt sich daher bleibt der Anteil der BAföG-Empfänger keine abschreckende Wirkung von Stu- in vier der sechs Gebührenländer beina- diengebühren auf Kinder aus einkom- he unverändert. Mit dem Saarland und mensschwachen Elternhäusern ablesen. Hamburg gibt es unter den Gebührenländern jeweils einen Ausreißer nach St i f t e rv e r ba n d Seite 11 L ändercheck S e l e k t i v e E f f e k t e v o n St u d i e n g e b ü h r e n se le ktive e ffe kte von stu d i e n g e b ü h r e n me h r stu di e re n de aus bi ldu ngsfe rn e n e lte rn häuse rn kunft« lassen aufgrund dieser Konstruktion insbesondere Rückschlüsse auf die Bildungsnähe oder -ferne der Elternhäu- Die Studienfinanzierung kann nicht nur ser zu. Nur mittelbar lässt sich mit dem bei niedrigen, sondern auch bei mittle- Indikator etwas über die Einkommens- ren Einkommen der Eltern ein Problem situation der Eltern aussagen, denn Bil- darstellen, da mittlere Einkommen nur dungsferne ist nicht mit niedrigem Ein- wenig staatliche Unterstützungsleistun- kommen und Bildungsnähe nicht mit gen erhalten. So haben Familien mit hohem Einkommen gleichzusetzen. In niedrigen Einkommen Anspruch auf den beiden unteren sozialen Herkunfts- BAföG-Leistungen. Gutsituierte Eltern gruppen liegen die Anteile der BAföG- profitieren – obwohl gerade für sie die Empfänger bei 57% (»niedrige soziale Studienfinanzierung ihrer Kinder kein Herkunft«) resp. 42% (»mittlere soziale Problem sein sollte – substanziell von Herkunft«), sodass etwa die Hälfte der kindbezogenen Steuervergünstigungen. Studierenden aus den beiden unteren Allein Familien mit Einkommen nur sozialen Gruppen aus einkommens- knapp oberhalb der BAföG-Grenze er- schwachen Elternhäusern stammt. reichen beide staatlichen Zuwendungen Die Anteile der unterschiedlichen nicht. Dies wird auch als »Mittelstands- sozialen Gruppen an den Studierenden loch« der Studienfinanzierung bezeich- haben sich von 1982 bis 2006 kontinu- zusammenhängen. Im Jahr 2005 nah- net. ierlich verschoben. Dies ist unter ande- men 65% der Beamten- und 83% der Die Entwicklung der Bildungsbetei- rem darauf zurückzuführen, dass die Akademikerkinder ein Studium auf, ligung von niedrigen und mittleren ge- Elterngenerationen zunehmend höhere aber nur 17% der Arbeiter- und 23% der sellschaftlichen Schichten untersucht im schulische und berufliche Abschlüsse Nichtakademikerkinder. Detail die Sozialerhebung des Studen- erreicht haben. So hat sich der Anteil Die Entwicklung von 2006 bis 2009 tenwerks, die alle drei Jahre durchge- der Studierenden aus der Herkunfts- zeigt, dass sich dieser Trend zu Lasten führt wird. Sie arbeitet mit einer Klassifi- gruppe »hoch« in diesem Zeitraum von der bildungsfernen Schichten trotz Ein- kation von vier sogenannten »sozialen 17% auf 38% mehr als verdoppelt. Dies führung von Studiengebühren nicht Herkunftsgruppen« (»hoch«, »geho- ging zu Lasten der beiden unteren fortgesetzt hat. Im Gegenteil: Zum ers- ben«, »mittel« und »niedrig«), in die Schichten »mittel« und »niedrig«, deren ten Mal seit 1982 hat sich der Anteil der die Merkmale »höchster schulischer Ab- Studierendenanteil von 57% auf 38% Studierenden hoher sozialer Herkunft schluss der Eltern«, »höchster berufli- zurückging. Die Sozialerhebungen zei- verringert. Im Gegenzug stieg sowohl cher Abschluss der Eltern« und »Stel- gen, dass die soziale Herkunft und die der Anteil der Studierenden niedriger lung der Eltern im Beruf« einfließen. Erlangung eines höheren Bildungsab- sozialer Herkunft wie auch der Studie- Diese Indikatoren zur »sozialen Her- schlusses in Deutschland besonders eng renden mittlerer sozialer Herkunft an. St i f t e rv e r ba n d Seite 12 L ändercheck S e l e k t i v e E f f e k t e v o n St u d i e n g e b ü h r e n Dieser Trend ist in elf der sechzehn kunft um drei Prozentpunkte, in Baden- dern ganz unabhängig von der Erhe- Bundesländer zu beobachten, darunter Württemberg und Rheinland-Pfalz um bung von Studiengebühren sowohl po- auch in den Gebührenländern Bayern, einen Prozentpunkt. In Hessen bleibt sitive wie auch negative Entwicklungen Nordrhein-Westfalen, Hamburg und im das Verhältnis zwischen oberen und un- gibt, entwickelt sich der Osten im Sinne Saarland. Die größten Zuwächse in den teren sozialen Gruppierungen stabil. einer verminderten sozialen Selektion einheitlich positiv. niedrigen und mittleren Herkunftsgrup- di e ost-west-sch e re sch li esst sich der sozialen Herkunftsgruppen lässt Anhalt stiegen die Anteile von Studie- West- und ostdeutsche Bundesländer Auswirkung von Studiengebühren auf renden der unteren sozialen Herkunfts- weisen eine signifikant unterschiedliche die soziale Selektion der Studierenden gruppen um zehn Prozentpunkte, in soziale Zusammensetzung und Entwick- ableiten. In einigen Gebührenländern Mecklenburg-Vorpommern lung ihrer Studierendenschaft auf. In verändert sich die soziale Zusammenset- Saarland um jeweils acht Prozentpunkte. den fünf ostdeutschen Bundesländern zung überdurchschnittlich positiv, in Mit dem Saarland (50%) und Hamburg ohne Berlin lag der Anteil der Studieren- anderen im Bundesdurchschnitt. Am (44%) haben zwei Gebührenländer die den »hoher« oder »gehobener« Her- schwächsten schneidet mit Bremen ein pen können jeweils zwei Gebührenländer und zwei Nicht-Gebührenländer verzeichnen: In Hamburg und Sachsen- und im Aus der Analyse der Entwicklung sich damit keine allgemein negative höchsten Studierendenanteile aus unte- kunft im Jahr 2006 bei 68 Prozent; nur Nicht-Gebührenland ab. Mit Nieder- ren sozialen Schichten. gut 32 Prozent der Studierenden kamen sachsen und – in abgeschwächter Form Ganz gegen den Trend entwickelt aus den beiden unteren sozialen Grup- – Baden-Württemberg können jedoch sich die Zusammensetzung der Studie- pen. Im Westen war die soziale Zusam- auch zwei große Gebührenländer keine renden im Bundesland Bremen. Der An- mensetzung ausgeglichener. Dort betrug Fortschritte bei der sozialen Zusammen- teil der Studierenden der unteren sozia- das Verhältnis etwa 60 zu 40. Drei Jahre setzung ihrer Studierenden vorweisen. len Gruppen geht zu Gunsten der »ge- später, im Jahr 2009, haben sich die Ost- hobenen« und der »hohen« Herkunfts- länder deutlich den Westländern ange- gruppe um sechs Prozentpunkte zurück; nähert. Studierende mittlerer und nied- allerdings von einem sehr hohen Niveau riger sozialer Herkunft waren 2009 um aus (49% im Jahr 2006). Bremen ist mit vier (Sachsen) bis zehn (Sachsen-An- diesem Rückgang das Schlusslicht unter halt) Prozentpunkte häufiger in der ost- den 16 Bundesländern. Eine negative deutschen Studierendenschaft vertreten Entwicklung verzeichnen neben Bre- als 2006. Mit einem Anteil von 39 Pro- men die beiden Gebührenländer Nie- zent sind Studierende der unteren sozia- dersachsen und Baden-Württemberg len Gruppen nun beinahe genauso häu- sowie Rheinland-Pfalz. In Niedersach- fig an ostdeutschen Hochschulen anzu- sen sinkt der Anteil der Studierenden treffen wie an westdeutschen (41 Pro- niedriger und mittlerer sozialer Her- zent). Während es also in den Westlän- St i f t e rv e r ba n d Seite 13 L ändercheck S e l e k t i v e E f f e k t e v o n St u d i e n g e b ü h r e n se le ktive e ffe kte von stu d i e n g e b ü h r e n bi ldu ngsi n län de r: ke i n e auswi rku nge n von ge bü h re n e rke n n bar Etwa die Hälfte der Bildungsinländer kommt aus europäischen Staaten außerhalb der EU. Darunter stammen Wird über die soziale Selektion im Bil- aus der Türkei rund 15.000 Personen, dungswesen gesprochen, so stehen ne- aus den Staaten des früheren Jugoslawi- ben einkommensschwachen und bil- ens etwa 7.000 und aus der Ukraine dungsfernen Haushalten als dritte Grup- und der russischen Föderation jeweils pe Migranten im Fokus der öffentlichen über 2.000 Studierende. Die Mitglieds- Diskussion. Um diese Gruppe nähe- länder der EU stellen weitere 30% der rungsweise zu erfassen, weist die offizi- Bildungsinländer, sodass nur 20% der elle Statistik Personen mit ausländischer Bildungsinländer Wurzeln außerhalb deutschem Europas haben. In dieser Gruppe sind Schulabschluss als »Bildungsinländer« die Asiaten mit rund 9.000 Studieren- gesondert aus. Allerdings bildet die den am stärksten vertreten. Aus Afrika Gruppe der »Bildungsinländer« nur ei- und Amerika stammen nur jeweils gut nen Teil der Personen mit Migrations- 1.000 Bildungsinländer. Staatsangehörigkeit und hintergrund ab. Weder Migranten, wel- Historisch bedingt weisen west- che mittlerweile die deutsche Staatsan- und ostdeutsche Bundesländer eine sehr gehörigkeit besitzen, noch Migranten, unterschiedliche Verteilung der Bil- die ihre Hochschulzugangsberechtigung dungsinländer auf. Während in den 15% und 33% die ersten fünf Plätze. im Ausland erworben haben, werden Hörsälen der ostdeutschen Hochschu- Brandenburg hat mit seiner Lage im dadurch erfasst. Daher lässt die offizielle len ohne Berlin nur ein Prozent Bil- Umfeld Berlins mittlerweile einen dop- Statistik nur Teilaussagen zum Studier- dungsinländer sitzt, sind es in den West- pelt so hohen Anteil an Bildungsinlän- verhalten dieser Gruppe zu. ländern über drei Prozent. Spitzenreiter dern wie die anderen ostdeutschen Bun- In Deutschland studieren knapp ist Hessen mit knapp fünf Prozent. In desländer. Es erreicht damit erstmals 60.000 Bildungsinländer, das sind drei den fünf ostdeutschen Bundesländern das Niveau von Schleswig-Holstein, Prozent aller Studierenden. Zwischen studieren insgesamt knapp 3.000 Bil- dem westdeutschen Land mit dem nied- 2006 und 2009 blieb diese Zahl kons- dungsinländer, etwa so viele wie in rigsten Anteil an Bildungsinländern. tant auf diesem Niveau. Da sich im glei- Rheinland-Pfalz. In den westdeutschen Bundeslän- chen Zeitraum die Anzahl aller Studie- Ausgehend von ihrem besonders dern verläuft die Entwicklung unein- renden erhöht hat, ist der Anteil der niedrigen Niveau konnten die Ostländer heitlich. An der Spitze der westdeut- Bildungsinländer an allen Studierenden die Anzahl an Bildungsinländern in den schen Länder stehen mit dem Saarland leicht rückläufig. St i f t e rv e r ba n d letzten drei Jahren erheblich steigern. und Bayern zwei Gebührenländer. Sie Im Bundesländervergleich belegen die konnten die Anzahl ihrer Bildungsinlän- fünf Länder mit Zuwächsen zwischen der um acht Prozent bzw. zehn Prozent Seite 14 L ändercheck S e l e k t i v e E f f e k t e v o n St u d i e n g e b ü h r e n steigern. Auch an den gebührenlosen Für die Gruppe der Studierenden bührenländer ab. So kann das Saarland rheinland-pfälzischen Hochschulen stu- mit Migrationshintergrund, wie sie sich trotz Studiengebühren die Anzahl an dierten 2009 fast acht Prozent mehr Bil- in der Kategorie der »Bildungsinländer« Bildungsinländern stärker steigern als dungsinländer als 2006. Den größten darstellt, lässt sich damit eine negative das benachbarte Rheinland-Pfalz. Bre- Verlust an dieser Studentengruppe ver- Auswirkung von Studiengebühren nicht men verliert ohne Studiengebühren pro- zeichnen die Stadtstaaten Bremen und belegen. Die größten Unterschiede in zentual mehr Bildungsinländer als Nie- Berlin. Sie verlieren zwischen sieben der Entwicklung von studierenden Bil- dersachsen mit Studiengebühren. Das und zwölf Prozent dieser Studierenden, dungsinländern sind zwischen ost- und gute Abschneiden der ostdeutschen Län- obwohl beide keine Studiengebühren westdeutschen Bundesländern festzu- der wirkt sich im Ländervergleich aller- erheben. Für Berlin liegt die Schlussfol- stellen. Die ausgeprägten Zuwächse im dings so aus, dass sich die Gebührenlän- gerung nahe, dass die Bildungsinländer Osten sind in erster Linie den historisch der nur in der Mittel- und Schlussgrup- verstärkt im brandenburgischen Um- unterschiedlichen Einwanderungsstruk- pe wiederfinden. land ein Studium aufnehmen. turen geschuldet. Im Westen schneiden Gebührenländer besser als Nicht-Ge- lu p e stu d i e n ge bü h re n i n n rw – au s n a h me n von de r rege l Im Auftrag des Landesministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie haben Stifterverband und Studentenwerk in einer gemeinsamen Studie die Verwendung von Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen untersucht. 29 von insgesamt 33 staatlichen Hochschulen des Landes erheben Studiengebühren. Obwohl die Hochschulen selbst über die Höhe bestimmen können, wird nur in sechs Fällen nicht der Höchstbeitrag von 500 Euro fällig. Vom Sommersemester 2008 bis zum Sommersemester 2009 wurden so rund 309 Millionen Euro eingenommen, die den Hochschulen unmittelbar zur Verfügung standen. Doch nicht alle Studierenden müssen die Gebühren auch bezahlen. Jeder fünfte ist von der Gebührenpflicht ausgenommen oder befreit. Diese Quote ist über die Zeit stabil. Doch zwischen den Hochschulen gibt es große Unterschiede. Der Anteil der Gebührenbefreiten schwankt zwischen 28 Prozent und 10 Prozent. Von Studiengebühren ausgenommen sind Studierende, die einen Promotionsstudiengang belegen, beurlaubt sind oder ein Praxis- oder Auslandssemester wahrnehmen. Befreit waren u.a. Studierende mit minderjährigen Kindern, Studierende, die als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule mitwirken oder Studierende mit Behinderung oder schwerer Erkrankung. Über die Verwendung der Studiengebühren sagt die Untersuchung auch etwas aus: Die Gebühren werden im Sinne des Gesetzes zweckgemäß, aber wenig phantasievoll verwendet. Ziel der Einführung von Studiengebühren ist die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen. St i f t e rv e r ba n d Seite 15 L ändercheck S e l e k t i v e E f f e k t e v o n St u d i e n g e b ü h r e n fazit ke i n e absch recke n de w i r ku n g vo n lich langsamer als in anderen Bundes- rien überdurchschnittlich ab und lässt ländern. Im Ländercheck finden sich je- viele Nicht-Gebührenländer in seiner doch keine Hinweise darauf, dass kriti- Studierendenentwicklung hinter sich. sche Entwicklungen dieser Art in den Worauf genau der Erfolg der Hamburger Gebührenländern häufiger als im übri- zurückzuführen ist, lässt sich in diesem gen Bundesgebiet zu finden sind. Ländercheck nicht klären. Im Sommer Um die Auswirkungen von Studien- 2008, also direkt vor dem zweiten Un- gebühren zu untersuchen, wurden im tersuchungszeitpunkt dieser Studie, hat Ländercheck acht Kennzahlen vergli- der damals neu gewählte Hamburger Se- chen. Jedes Land konnte in den acht nat jedoch eine außergewöhnliche Neu- Kennzahlen zwischen null und vier regelung der Studiengebühren beschlos- Punkten erreichen. Im Durchschnitt er- sen, die bislang einzigartig in Deutsch- reichten die Gebührenländer 1,9 Punk- land ist: Die Gebühren können nachge- te, die Nicht-Gebührenländer lagen mit lagert, also erst bei Berufseintritt, be- 2,0 Punkten nur unwesentlich darüber. zahlt werden. Die Gebühren werden zu- Gravierende Unterschiede zwischen Ge- dem erst ab einem Jahreseinkommen bührenländern und Nicht-Gebühren- von 30.000 Euro fällig. Diese Stundung ländern lassen sich also anhand der vor- der Gebühren ist bei Studierenden äu- liegenden Indikatoren nicht belegen. ßerst beliebt: Sie wird von knapp der Eine weiter aufgefächerte Analyse Hälfte der gebührenpflichtigen Hamburger Studenten genutzt. In Deutschland steigen die Studien- zeigt, dass die Ostländer wesentlich für anfängerzahlen ebenso wie der Anteil an das gute Abschneiden der Nicht-Gebüh- Studierenden mit einem schwierigen so- renländer Die Studiengebühren eingeführt, die inter- zioökonomischen Hintergrund. Die Be- Nicht-Gebührenländer West kommen national derzeit verstärkt diskutiert verantwortlich sind. Hamburg hat damit eine Form der fürchtungen einer gegenteiligen Ent- nämlich im Durchschnitt lediglich auf wird. In Großbritannien wird erwogen, wicklung, die mit der Einführung von 1,7 Punkte und liegen damit hinter den Studiengebühren Studiengebühren Gebührenländern im Westen. Die Ost- und Hochschulabsolventen stattdessen verbunden waren, ganz abzuschaffen scheinen sich also insgesamt nicht zu länder schaffen dafür im Schnitt 2,3 über eine erhöhte Einkommensteuer an bewahrheiten. Doch unabhängig von Punkte und ziehen die gebührenfreien den Kosten ihres Studiums zu beteiligen. der Gebührenerhebung sind die Unter- Westländer in der Gesamtbilanz mit Das Hamburger Modell, bei dem Studie- schiede zwischen den Bundesländern nach oben. rende erst zahlen, wenn sie vom Studi- groß. In einigen Ländern öffnet sich die Als Vorbild für die Gebührenländer um auch profitieren, könnte sich, auch soziale Schere an den Hochschulen wei- kann Hamburg dienen. Es schneidet in angesichts der Ergebnisse dieses Länder- ter, Studierendenzahlen wachsen deut- den meisten der untersuchten Katego checks, als Königsweg in der augen- St i f t e rv e r ba n d Seite 16 L ändercheck Fa z i t stu di e nge bü h re n im l ä n d e rve rg l e i c h blicklichen Diskussion über Studiengebühren anbieten. Aber auch die meisten anderen Ge- In dieser Studie wurde nicht die schreckende Wirkung der Gebühren für Frage untersucht, ob Studiengebühren ein Studium ist im Ländervergleich positive Wirkungen entfalten, etwa ob nicht zu erkennen. Dies gilt zumindest bührenländer haben es geschafft, ihre sich damit die finanzielle Ausstattung für die aktuelle Höhe von maximal Gebührenerhebung so auszugestalten, der Hochschulen nachhaltig verbessert. 1.000 Euro pro Jahr, die im internationa- dass sie genauso viele Studierende aus Verbesserungen bei Lehre und Studien- len Vergleich sicher als moderat anzuse- allen sozialen Gruppen anziehen wie bedingungen können Studiengebühren hen ist. Die Länder sollten deshalb statt Nicht-Gebührenländer. Dieses Ziel wur- nur bewirken, wenn die Steigerung des über eine Abschaffung eher über eine de auf ganz unterschiedlichen Wegen Anteils privater Mittel auch in Zukunft gerechte und effiziente Ausgestaltung erreicht. Beispielsweise liegt in Nord- nicht durch Einsparungen der öffentli- des Gebührensystems nachdenken. rhein-Westfalen die Grenze, bis zu der chen Hand nivelliert wird. Die Entwick- sich Studierende im Rahmen eines lung der Hochschulfinanzierung muss BAföG-Darlehens und für Studienge- deshalb auch in Zukunft kritisch beglei- bühren verschulden müssen, bereits bei tet werden. Weiterer Untersuchungsbe- 10.000 Euro oder 1.000 Euro pro Se- darf besteht darin, festzustellen, wie sich mester, in anderen Gebührenländern die nichtmonetären Ziele der Einfüh- liegt sie bei 15.000 Euro. An nordrhein- rung von Studiengebühren erfüllen. westfälischen Hochschulen ist ebenfalls Nehmen Beteiligung und Identifikation ein Preiswettbewerb unter den Hoch- der Studierenden an und mit ihrer schulen zu beobachten: Längst nicht alle Hochschule zu, da ein geleisteter finan- Hochschulen nehmen den Höchstbei- zieller Beitrag auch mit Mitspracherech- trag von 500 Euro und können sich da- ten verbunden ist? Steigt die Studien- mit zum Beispiel in sozial schwächeren motivation, weil nur dasjenige, das et- Regionen profilieren. Baden-Württem- was kostet auch etwas wert ist, und berg hat eine großzügige Befreiungsre- werden Abschlüsse eher in der Regelstu- gelung für Geschwister eingeführt, wie dienzeit erreicht? sie vorher bereits in Bayern bestand. Einzig Niedersachsen schneidet von den Gebührenländern unterdurch- Zusammenfassend gilt: Die Gebührenländer sind für Studierende genauso attraktiv wie Nicht-Gebührenländer. schnittlich ab. Hochschulen und Politik Unterschiede zwischen den Ländern bei sollten dort die weitere Entwicklung be- Studierendenentwicklung und sozialer obachten und gegebenenfalls Maßnah- Zusammensetzung lassen sich kaum auf men ergreifen, um die Attraktivität der die Einführung von allgemeinen Studi- Landeshochschulen zu steigern. engebühren zurückführen. Eine ab- St i f t e rv e r ba n d Seite 17 L ändercheck Fa z i t die historie der studiengebühren in deutschland Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen Die erste Form von Studiengebühren in Baden-Württemberg, der Bundesrepublik waren Hörergelder, Hessen, Saarland, Hamburg, Bayern und Hamburg, wobei die neue nord- die bis zum WS 1970/71 in Höhe von und Sachsen vor Gericht, die darin ei- rhein-westfälische Regierung ebenfalls 120 bis 150 DM pro Semester existier- nen unzulässigen Eingriff des Bundes in die Abschaffung der Studiengebühren ten. Danach wurden in Deutschland 35 die Gesetzgebungskompetenz der Län- angekündigt hat. Sachsen-Anhalt, Jahre lang keine Studiengebühren erho- der sahen. Das Bundesverfassungsgericht Studiengebühren unterliegen in ei- ben. Ein Grund für die Abschaffung war gab diesen Ländern im Januar 2005 nigen Bundesländern einer gesetzlich die soziale Öffnung der Hochschulen im recht. Somit stand der Einführung von festgelegten Zweckbindung. So dürfen Zusammenhang mit den Protesten der allgemeinen Studiengebühren nichts Studiengebühren etwa in Bayern aus- Studentenbewegung und der Einfüh- mehr im Wege. schließlich zur Verbesserung der Lehre rung des BAföG. Bereits seit dem Wintersemester und der Studienbedingungen eingesetzt 1993 wurden die Studiengebühren 2006/07 zahlen Studienanfänger in Bay- werden. Gemeint sind insbesondere die erneut thematisiert, als der Wissen- ern, Baden-Württemberg und Nieder- Verbesserung des Betreuungsverhältnis- schaftsrat seine 10 Thesen zur Hoch- sachsen 500 Euro Studiengebühren zu- ses zwischen Studierenden und Lehren- schulpolitik veröffentlichte und in einer sätzlich zu den Verwaltungsgebühren. den, zusätzliche Tutorien und die Mo- »11. These« von der »Einführung von Ab dem Sommersemester 2007 wurden dernisierung der Bibliotheks- und Laborausstattungen. Studiengebühren beim Überschreiten in diesen Bundesländern alle Studieren- einer bestimmten Studiendauer (…) als den mit 500 Euro pro Semester zur Kas- politisches Mittel (…)« sprach. se gebeten. Hamburg, Hessen, Nord- bu n deslän de rü be rsicht Baden-Württemberg führte 1998 rhein-Westfalen und das Saarland führ- Baden-Württemberg: Das Land war Gebühren für Langzeitstudierende ein. ten 2007 ebenfalls Studiengebühren Vorreiter in Sachen Studiengebühren Die damals rot-grüne Bundesregierung von in der Regel 500 Euro Höhe ein. klagte daraufhin vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung der Seitdem wurden in keinem weiteren und führte bereits 1998 Langezeitstudiengebühren ein. Zum Sommersemester einge- (SS) 2007 wurden allgemeine Studien- Gebühren und begründete dies mit dem führt. Hessen dagegen hat bereits nach gebühren in Höhe von 500 Euro pro Se- Grundrecht auf freie Bildung. Nach dem einem Jahr die Studiengebühren wieder mester für alle Studierenden eingeführt. Scheitern dieser Verfassungsklage ver- abgeschafft, im Saarland wurde die Ge- Bayern: Ab dem SS 1999 wurde in Bay- bot sie die Erhebung von Gebühren per bührenerhebung im Juni 2010 einge- ern eine Gebühr von 1000 DM pro Se- Bundesgesetz. Im April 2002 beschloss stellt. Hamburger Studierende müssen mester für das Zweitstudium erhoben. der Bundestag die 6. Novelle zum Hoch- ihre Studiengebühren nicht mehr wäh- Ab dem Wintersemester (WS) 2005/06 schulrahmengesetz, die die Gebühren- rend des Studiums, sondern erst danach kam eine Gebühr von 500 Euro pro Se- freiheit für das Erststudium festlegte. zahlen. Aktuell sind es nur noch fünf mester für Langzeitstudierende hinzu. Bundesländer, die Studiengebühren er- Durch die Änderung des bayerischen heben: Hochschulgesetzes wurden beide Ge- Gegen dieses Gesetz zogen wiede rum die unionsgeführten Bundesländer St i f t e rv e r ba n d Bundesland Studiengebühren Baden-Württemberg, Seite 18 L ändercheck Bayern, H i sto r i e d e r St u d i e n g e b ü h r e n i n D e u t s c h l a n d bühren zum SS 2007 durch allgemeine pro Semester, die zum SS 2007 einge- eine Studiengebühr von 650 Euro pro Studiengebühren ersetzt. Diese betragen führt worden waren. Semester bezahlen. an Universitäten und Kunsthochschulen Hessen: Erstmals nahm das Bundesland Saarland: Zum WS 2007/08 wurden in zwischen 300 und 500 Euro und an Hessen im WS 07/08 500 Euro allgemei- Saarland Gebühren eingeführt. Die ers- Fachhochschulen zwischen 100 und ne Studiengebühren. Das Überschreiten ten beiden Hochschulsemester kosten 500 Euro. Es besteht eine Befreiung für der Regelstudienzeit um mehr als vier 300 Euro, jedes weitere Semester 500 Studierende mit Geschwistern, die Semester kostete 500 Euro im ersten Se- Euro. Seit SS 2010 ist das Erststudium ebenfalls an einer gebührenpflichtigen mester, 700 Euro im zweiten und 900 wieder kostenfrei. Für ein Langzeit- Hochschule studieren. Euro in den weiteren Semestern. Hessen oder Zweitstudium können Hochschu- Berlin: Es fallen lediglich Verwaltungs- hat die Erhebung von Studiengebühren len ab dem WS 2010 wieder Gebühren gebühren in Höhe von 51 Euro pro Se- bereits nach einem Jahr (Juni 2008) wie- bis zu 400 Euro pro Semester erheben. mester an. der zurückgenommen. Brandenburg: Es fallen lediglich Ver- Mecklenburg-Vorpommern: Das Land Zweitstudium Gebühren in Höhe von waltungsgebühren in Höhe von 51 Euro hat ein gebührenfreies Erststudium be- 300 bis 450 Euro pro Semester erhoben. pro Semester an. schlossen. Es fallen lediglich Verwal- Ein Erststudium ist gebührenfrei. Bremen: Die regierende Koalition aus tungsgebühren an. Sachsen-Anhalt: Wer die Regelstudien- Sachsen: Seit 2004 werden für ein SPD und CDU beschloss 2005 das soge- Niedersachsen: Seit dem WS 2006/2007 zeit um mehr als vier Semester über- nannte Studienkonten-Gesetz, das für werden allgemeine Studiengebühren schreitet, zahlt seit WS 2005/06 500 Studierende, die ihren Erstwohnsitz von 500 Euro pro Semester erhoben. Euro/Semester. Davor fallen keine Ge- nicht in Bremen haben oder die Regel- Studierende, die die Regelstudienzeit bühren an. studienzeit deutlich überschreiten, Ge- um vier oder mehr Semester überschrei- Schleswig-Holstein: Es werden keine bühren in Höhe von 500 Euro vorsieht. ten, zahlen zwischen 600 und 800 Euro. Studiengebühren erhoben. Die »Landeskinderregelung« wurde je- Nordrhein-Westfalen: Das Land hat im Thüringen: Hier gelten 500 Euro Lang- doch durch einen Gerichtsbeschluss ge- Jahr 2006 allgemeine Studiengebühren zeitgebühren ab dem Überschreiten der kippt und 2010 abgeschafft. eingeführt. Als einziges Bundesland Regelstudienzeit um vier Semester. Da- Hamburg: Der Hamburger Senat führte überlässt es den Hochschulen die Ent- vor fallen keine Gebühren an. zum WS 2008/09 ein neues Studienbei- scheidung, ob und in welcher Höhe (bis tragsmodell ein, das es ermöglicht, Stu- max. 500 Euro) sie Studiengebühren er- diengebühren erst nach dem Studium heben. Die im Sommer 2010 neuge- zu zahlen. Die Zahlung muss erst ab ei- wählte Regierung plant, die Studienge- nem Jahresgehalt von 30.000 Euro erfol- bühren abzuschaffen. gen, die Gebührenhöhe wurde auf 375 Rheinland-Pfalz: Das Land erhebt keine Euro gesenkt. Vorher galten allgemeine Studiengebühren. Wer die Regelstudien- Studiengebühren in Höhe von 500 Euro zeit deutlich überschreitet, muss jedoch St i f t e rv e r ba n d Seite 19 L ändercheck H i sto r i e d e r St u d i e n g e b ü h r e n i n D e u t s c h l a n d i n di katore n u n d methodi k be rech nu ng de r i n di katore n e i n z e li n d i kato r kat e g o r i e - u n d Abweichung vom Durchschnitt Anteil an max. Punktezahl Weit überdurchschnittlich ≥+s 80–100% sammen. Davon messen fünf die Studie- Überdurchschnittlich ≥ + V s und < + s 60–79% rendenentwicklung und drei die soziale Durchschnittlich ≥ - V s und < + V s 40–59% Zusammensetzung der Studierenden. Unterdurchschnittlich ≥ - s und < - V s 20–39% Weit unterdurchschnittlich <-s 0–19% Die Gesamtbewertung b e w e rtu n g des Länder- checks zur Wirkung von Studiengebühren setzt sich aus acht Indikatoren zu- Die Bundesländer werden anhand ihrer relativen Position bewertet und in fünf g e samtb e w e rtu n g s = Standardabweichung Gruppen von weit überdurchschnittlich bis weit unterdurchschnittlich eingeteilt. Die Grenzen für die Einteilung bilden eine halbe und eine volle Standardabweichung über- und unterhalb des Durchschnittswertes. Für jeden Indikator wird entsprechend der Gruppe ein Punktewert für jedes Bundesland ermittelt. Verschiedene Indikatoren werden dann mit den entsprechenden Punktewerten in den Kategorien der zwei Kapitel zusammengefasst. Deren Bewertung richtet sich nach dem Anteil der maximal zu erreichenden Punktezahl. In die Gesamtwertung gehen beide Kategorien zu jeweils 50% ein. St i f t e rv e r ba n d Seite 20 L ändercheck I n d i k ato r e n u n d M e t h o d i k di e i n di katore n I.1 Studierendenzahl, 2005 bis 2009 I.5 Ausländische Studierende, 2005 bis 2008 Meinung: Studienverzicht wegen Studienge- an allen Studienanfängern in Prozentpunkten im Anteil der Studienberechtigten im Jahr 2006, die Veränderung der Zahl deutscher und ausländi- Veränderung des Anteils der Bildungsausländer in Prozentpunkten im Zeitraum Wintersemester Zeitraum 2005 bis 2008. scher Studierender an deutschen Hochschulen 2005/06 bis 2008/09. Quelle: Statistisches Bundesamt I.2 Studienanfängerquoten, 2005 bis 2008 Veränderung des Anteils der Studienanfän- bühren bei Studiengebühren einen Studienverzicht oder den Wechsel an eine gebührenfreie Hochschule I.6 BAföG-Empfänger, 2006 bis 2009 Veränderung des Anteils von Studierenden, die nach BAföG gefördert werden, zwischen 2006 und 2009 in Prozentpunkten. planten, in Prozent. Quelle: HIS Lupe: Studienbeiträge in NRW ger an der altersspezifischen Bevölkerung in Quelle: Deutsches Studentenwerk/HIS Anteil der von Studiengebühren ausgenommenen Sondereinflüsse durch doppelte Abiturientenjahr- I.7 Studierende »niedriger« und »mittlerer« len in Prozent im Zeitraum 2007 bis 2009. Prozentpunkten im Zeitraum 2005 bis 2008; gänge in Sachsen-Anhalt 2007 und Mecklenburg- Vorpommern 2008 sowie durch die Anerkennung sozialer Herkunft Veränderung des Anteils von Studierenden der Berufsakademien als Fachhochschulen in »niedriger« oder »mittlerer« sozialer Herkunft Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: Deutsches Studentenwerk/HIS Baden-Württemberg. I.3 Übergangsquoten, 2005 bis 2008 Veränderung des Anteils an Personen, die im Jahr I.8 Bildungsinländer, 2005/06 bis 2008/09 Veränderung der Anzahl der ausländischen Studierenden, die in Deutschland die Hochschulzugangs- Zeitraum 2005–2008. Sondereinflüsse durch dop- Wintersemester 2005/06 bis zum Wintersemester pelte Abiturientenjahrgänge in Sachsen-Anhalt 2007 und Mecklenburg-Vorpommern 2008 sowie Quelle: Stifterverband/Deutsches Studentenwerk zwischen 2006 und 2009 in Prozentpunkten. des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung ein Studium beginnen, in Prozentpunkten im und befreiten Studierenden in Nordrhein-Westfa- berechtigung erworben haben, im Zeitraum vom 2008/09 in Prozent. Quelle: Statistisches Bundesamt durch die Anerkennung der Berufsakademien als Fachhochschulen in Baden-Württemberg. Quelle: Statistisches Bundesamt I.4 Wanderungsbewegungen, 2005 bis 2008 Der Wanderungssaldo ist definiert als Differenz von Studierenden eines Landes mit Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung in anderen Bundesländern und Studierenden in anderen Bun- desländern mit Hochschulzugangsberechtigung des Landes. Der Indikator misst die Veränderung des Wanderungssaldos in Prozentpunkten im Zeitraum 2005 bis 2008. Quelle: Statistisches Bundesamt St i f t e rv e r ba n d Seite 21 L ändercheck I n d i k ato r e n u n d M e t h o d i k i n di katore n u n d methodi k Entwicklung der Studierendenzahlen/Soziale Zusammensetzung der Studierenden I.1 Studierende, Veränderung 2005 bis 2009 I.2 Anteil der Studienanfänger, Veränderung 2005 bis 2008 I.3 Übergangsquoten von Schule zu Hochschule, Veränderung 2005 bis 2008 I.4 Wanderungssaldi der Studierenden, Veränderung 2005 bis 2008 in % I.5 Anteil der Bildungsausländer, Veränderung 2005 bis 2008 I.6 Anteil Studierender mit Förderung nach BAFöG; Veränderung 2006 bis 2009 I.7 Anteil Studierender „niedriger“ und „mittlerer“ sozialer Herkunft; Veränderung 2006 bis 2009 in Prozentpunkten Baden-Württemberg 13,4 7,7 0, 5 1,2 -3,6 -1 -1 Bayern 8,0 1,5 0, 9 - 0, 1 - 1 ,7 1 3 Berlin 2,1 6,2 2,5 -4,8 1,9 -4 2 Brandenburg 18,9 7, 6 3,4 8,6 - 5 ,7 3 5 Bremen -11,9 4,4 1,3 0, 8 -1,3 2 -6 Hamburg 8,5 9 ,7 3,0 1,2 0, 5 15 10 Hessen 13,0 3,5 - 0, 5 3,1 - 0, 4 -1 0 Mecklenburg-Vorpommern 1 0, 9 4,4 - 2 ,7 1,2 -3,1 -7 8 Niedersachsen -5,1 1,4 -1,3 -4,3 -1,8 0 -3 Nordrhein-Westfalen 6,4 0, 1 -1,3 0, 5 0, 0 0 2 Rheinland-Pfalz 8,1 3,3 -1,4 - 1 ,7 - 0, 6 -4 -1 Saarland 1 7,7 5,4 -1,0 9,9 -2,9 -7 8 Sachsen 1,3 2,4 1,6 -1,0 0,7 0 4 Sachsen-Anhalt 1 ,7 5,2 -2,6 - 5 ,7 -2,1 -1 10 Schleswig-Holstein 5,8 1,2 -3,0 1,8 -1,4 9 7 Thüringen 7, 0 5,9 0, 9 2,5 1,8 -2 5 Ungewichteter Durchschnitt 6,6 3,3 0, 0 3 0, 8 -1,2 0, 2 3,3 St i f t e rv e r ba n d Seite 22 L ändercheck I n d i k ato r e n u n d M e t h o d i k I.8 Bildungsinländer im 1. HS-Semester, Veränderung WS 2005/06 bis WS 2008/09 in % -4 8 -7 33 -12 -4 2 15 -2 -3 8 10 31 28 0 31 8,3 St i f t e rv e r ba n d Seite 23 L ändercheck I n d i k ato r e n u n d M e t h o d i k lehre und forschung im föderalen wettbewerb d e r ländercheck w i s s e n s c h a f t Deutschland ist ein föderaler Bundesstaat. Die staatlichen Verantwortlichkeiten für Bildung und Wissenschaft sind vorrangig bei den 16 Bundesländern verortet. Für den Hochschulbereich hat die Föderalismus-Reform im Jahr 2006 den Ländern praktisch die Alleinzuständigkeit eingeräumt. Damit erwächst ein Wettbewerb zwischen den Ländern um die besten Bedingun- gen für Bildung und Forschung, aber auch eine Verantwortung der Länder zur Zusammenarbeit und Abstimmung bei nationalen Herausforderungen. Der Stifterverband-Ländercheck überprüft regelmäßig den Stand und die Wirkungen des föderalen Wettbewerbs auf unterschiedlichen Feldern der akademischen Bildungs- und Innovationspolitik und zeichnet Landkarten Deutschlands, die Orientierungen bieten für politische Standortdebatten. bisher erschienene ausgaben des ländercheck wissenschaft: Der lange Weg nach Bologna – wo stehen die Länder bei der Studienreform? h e rausge be r Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft Barkhovenallee 1, 45239 Essen Postfach 16 44 60, 45224 Essen Telefon (02 01) 84 01-0 Telefax (02 01) 84 01-3 01 [email protected] www.stifterverband.de autore n Pascal Hetze, [email protected] Mathias Winde, [email protected] mitarbe it Britta Jansen g e sta ltu n g dakato…design. www.dakato.com infografik isotype.com druck www.fata-morgana.de www.laendercheck-wissenschaft.de Oktober 2009 Wo die Forschungslandschaft blüht – ein Vergleich der Länder nach öffent lichen und privaten Wissensinvestitionen Juni 2010