Regelaufbau einer Klausur aus dem Verwaltungsrecht – Klageverfahren
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Regelaufbau einer Klausur aus dem Verwaltungsrecht – Klageverfahren
Prof. Dr. Christoph Gröpl Verwaltungsprozessrecht Regelaufbau einer Klausur aus dem Verwaltungsrecht – Klageverfahren Einleitungssatz: Bestimmung des Gegenstandes des Rechtsstreits I. Zulässigkeit der Klage/Sachentscheidungsvoraussetzungen 1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO) a) „Aufdrängende Verweisung“ (insb. § 54 I BeamtStG, § 126 I BBG) b) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit (modifizierte Subjektstheorie) c) Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art („doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“) d) Keine „abdrängende Verweisung“, z. B. § 40 I 2, II VwGO 2. Statthafte Klageart (nach klägerischem Begehren) a) Anfechtungsklage (§ 42 I Fall 1 VwGO) → Aufhebung eines VA (§ 35 VwVfG) b) Verpflichtungsklage (§ 42 I Fall 2 VwGO) → Erlass eines abgelehnten oder unterl. VA c) Allg. Leistungsklage → sonstiges Tun oder Unterlassen d) Allg. Feststellungsklage (§ 43 VwGO) → (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 43 VwGO) → Nichtigkeit eines VA [Erweiterte] Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 VwGO [analog]) → Rechtswidrigkeit eines erled. VA 3. Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) → Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte Keine Voraussetzung für Feststellungsklage → berechtigtes Feststellungsinteresse (§ 43 I VwGO) 4. Vorverfahren a) Erforderlich (§§ 68, 75 VwGO): bei Anfechtungs- u. Versagungsgegenklage (Beachte § 54 II BeamtStG, § 126 II BBG) b) Ordnungsgemäß eingeleitet (form- u. fristgerechte Widerspruchserhebung, § 70 VwGO) c) Erfolglos durchgeführt (i.d.R. abschlägiger Widerspruchsbescheid, § 73 VwGO – beachte: § 75 VwGO) 5. Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung a) Form (zwingende Voraussetzungen in § 81 I und § 82 I 1 VwGO) b) Frist (§ 74 VwGO) 6. Passive Prozessführungsbefugnis, § 78 I Nr. 2 VwGO, § 19 II AGVwGO 7. Beteiligungsfähigkeit (§ 61 Nr. 3 VwGO, § 19 I AGVwGO); Prozessfähigkeit (§ 62 VwGO); Postulationsfähigkeit (§§ 67, 67a VwGO) 8. Keine anderweitige Rechtshängigkeit (§ 173 VwGO i.V.m. § 17 I GVG); keine entgegenstehende Rechtskraft (§ 121 VwGO); kein Klageverzicht; keine Klageverwirkung; allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 9. (Sachl. und örtl.) Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (§ 83 i.V.m. §§ 45 ff., 52 f. VwGO, § 1 AGVwGO) Keine Sachentscheidungsvoraussetzungen, erforderlichenfalls gleichwohl (kurz) ansprechen: Beiladung (§§ 65, 66 VwGO); objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO); subjektive Klagehäufung (§ 64 VwGO i.V.m. §§ 59–63 ZPO) II. Begründetheit der Klage 1. Anfechtungsklage gem. § 113 I 1 VwGO begründet, soweit VA (obj.) rechtswidrig und Kläger dadurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt (= subj. Rechtswidrigkeit) → Anführung der (möglichen) Rechtsgrundlage(n) a) Formelle Rechtswidrigkeit (1) (2) (3) (4) Zuständige Behörde: sachlich – örtlich (insb. § 3 VwVfG) Formvorschriften (grds. § 37 II VwVfG; beachte insb. § 39 VwVfG) Verfahrensvorschriften (insb. Anhörung, § 28 VwVfG) ggf. Heilung/Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern (§§ 45/46 VwVfG) b) Materielle Rechtswidrigkeit (zumeist Schwerpunkt der Klausur!) (1) Subsumtion des Sachverhalts unter den Tatbestand der Rechtsgrundlage (insb. unbestimmte Rechtsbegriffe und richtiger Adressat) (2) Rechtsfolge: bei nicht gebundenem VA → fehlerfreie Ermessensausübung (§ 40 i.V.m. § 39 I 3 VwVfG); Grundsatz der Verhältnismäßigkeit c) Tatsächliche Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte 2. Verpflichtungsklage gem. § 113 V VwGO begründet, soweit Kläger einen Anspruch auf VA-Erlass hat 3. Leistungsklage begründet, wenn Kläger Anspruch auf Tun oder Unterlassen hat Zu 3. und 4.: Subsumtion des Sachverhalts unter die Anspruchsgrundlage – anschl. Prüfung, ob die Norm einen Anspruch auf eine bestimmte Verwaltungshandlung oder nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung gewährt (dann u. U. Verbescheidungsurteil, § 113 V 2 VwGO). 4. Feststellungsklage begründet, wenn das Rechtsverhältnis besteht/nicht besteht. Zur Beachtung: Dieser Regelaufbau gilt für eine Vielzahl von Fällen und ist dementsprechend allgemein gehalten. In der konkreten Klausur sind insb. im Rahmen der Sachentscheidungsvoraussetzungen nur die problematischen Punkte zu prüfen; die fett gedruckten Stationen sollten aber in jedem Falle (kurz) angesprochen werden. VPR12/1