– Können Gesamtschulen dazu beitragen Bildungsentscheidungen am Ende der neunten Jahrgangsstufe
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– Können Gesamtschulen dazu beitragen Bildungsentscheidungen am Ende der neunten Jahrgangsstufe
ID: 103 / B 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: Bildungsentscheidungen, soziale Herkunftseffekte, Hauptschulabschluss, Gesamtschule Bildungsentscheidungen am Ende der neunten Jahrgangsstufe – Können Gesamtschulen dazu beitragen soziale Herkunftseffekte zu reduzieren? Jennifer Lorenz, Tobias C. Stubbe Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland Zahlreiche Studien belegen, dass die soziale Herkunft im deutschen Bildungssystem eine entscheidende Rolle spielt und Kinder aus sozial weniger privilegierten Familien systematisch benachteiligt werden (z.B. Ehmke & Jude, 2010). Durch die Mehrgliedrigkeit des deutschen Bildungssystems werden insbesondere die an Bildungsübergängen wirkenden sekundären Herkunftseffekte begünstigt (z.B. Müller-Benedict, 2007). Während der erste Übergang nach der Primarstufe und dessen Zusammenhang mit der sozialen Herkunft bereits umfassend dokumentiert sind, wurde späteren Übergängen am Ende der Sekundarstufe I bislang weniger Beachtung geschenkt (z.B. Trautwein, Nagy & Maaz, 2011). Vereinzelte Studien zu diesen Übergängen legen jedoch nahe, dass auch dort soziale Herkunftseffekte zum Tragen kommen (z.B. Schuchart & Maaz, 2007) In der wissenschaftlichen Diskussion werden verschiedene Möglichkeiten benannt, den sozialen Disparitäten im deutschen Bildungssystem entgegenzuwirken. Um die für Bildungsentscheidungen zentralen sekundären Herkunftseffekten zu reduzieren, wird häufig die Öffnung des Schulsystems bzw. der Abbau von Selektionsstufen diskutiert (z.B. Müller-Benedict, 2007). Bezugnehmend auf die im internationalen Vergleich erfolgreichen Schulsysteme skandinavischer Staaten, werden dabei auch sogenannte Einheitsschulen diskutiert, die zur Chancengerechtigkeit beitragen könnten (Bacher, 2007; Schulministerium NRW, 2013). Mit der in den 1970er Jahren eingeführten Gesamtschule besteht in Deutschland eine Schulform in der die zugrundeliegende Idee einer möglichst langen gemeinsamen Beschulung bereits umgesetzt wird. Aufgrund der Integration verschiedener Bildungsgänge und der damit entfallenden Festlegung auf ein Schulniveau beim Übergang von der Grundschule, bietet die Gesamtschule die Möglichkeit exemplarisch zu betrachten, was die vieldiskutierte Öffnung des Schulsystems bedeuten kann. So kann anhand dieser Schulform geprüft werden, ob eine längere gemeinsame Beschulung bzw. eine flexiblere Schulstruktur mehr soziale Chancengerechtigkeit bedeuten. Wäre dies der Fall, sollten sich am Ende der neunten Jahrgangsstufe, wenn die Entscheidung, weiter zur Schule zu gehen oder die Schule mit dem Hauptschulabschluss zu verlassen ansteht, an Gesamtschulen im Vergleich zu Hauptschulen des dreigliedrigen Schulsystems weniger Effekte der sozialen Herkunft zeigen. Ziel dieses Beitrages ist es am Beispiel von Gesamtschulen zu zeigen, ob der Einfluss der sozialen Herkunft auf die Bildungsentscheidung nach der neunten Jahrgangsstufe durch die Öffnung des Schulsystems und den Abbau von Selektionshürden reduziert werden kann. Hierzu wird die Wirkung von Herkunftseffekten auf die Entscheidung an Gesamtschulen und Hauptschulen verglichen. Für die empirischen Analysen werden Daten von Schülerinnen und Schülern sowie von deren Eltern der Startkohorte 4 des nationalen Bildungspanels (NEPS; Blossfeld, Roßbach & von Maurice, 2011) genutzt. Die Daten werden mithilfe des Pakets mice (van Burren & Groothuis-Oudshoorn, 2011) in R (R Development Core Team, 2015) multipel imputiert. Zur Überprüfung der Forschungsfragen werden logistische Regressionsanalysen unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur der Daten durchgeführt. Als abhängige Variable wird die Entscheidung nach der neunten Jahrgangsstufe weiter zur Schule zu gehen oder die Schule zu verlassen betrachtet. Die soziale Herkunft wird nach Bourdieu (1983) als ökonomisches (Einkommen, höchster Berufsabschluss der Eltern), kulturelles (Anzahl der Bücher im Haushalt, höchster Bildungsabschluss der Eltern) und soziales Kapital (Unterstützungsverhalten der Eltern, soziales Netzwerk der Eltern) einbezogen. Erste Analysen zeigen, dass die Entscheidung nach der neunten Jahrgangsstufe weiter zur Schule zu gehen an Hauptschulen Zusammenhänge mit der sozialen Herkunft aufweist. An Gesamtschulen hingegen finden sich keine Herkunftseffekte, dafür ist dort, anders als an Hauptschulen, die nach der Primarstufe erhaltene Schulempfehlung statistisch von Bedeutung. Schülerinnen und Schüler, die eine Hauptschulempfehlung erhalten hatten, haben demnach an Gesamtschulen geringere Chancen weiter zur Schule zu gehen als solche mit anderen Empfehlungen. ID: 105 / H 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Sonstiges Stichworte: Forschungskompetenzen, Forschungsorientierte Lehre, Kompetenzmodellierung, Faktorenanalysen Die faktorielle Validierung des F-Komps - Ein Fragebogen zur Erfassung studentischer Forschungskompetenzen auf Grundlage des RMRK-W-Modells an der Freien Universität Berlin Franziska Böttcher, Felicitas Thiel Freie Universität Berlin, Deutschland Studentische Forschungskompetenzen können gezielt im Rahmen forschungsorientierter Lehre (FoL) gefördert werden. Mit FoL ist das Anliegen verbunden, den Research-Teaching-Nexus (Brew, 2006; Griffiths, 2004; Healey, 2005) durch die Entwicklung forschungsorientierter Lehr-Lern-Arrangements zu stärken. Studierende erhalten darin die Möglichkeit, an aktuellen Forschungsprojekten teilzuhaben. In der vorliegenden Studie wurde ausgehend von der pragmatischen Wissenschaftstheorie (Butts 1991; Dewey 1938; Mittelstraß 1991) ein generisches Kompetenzmodell (RMRK-W-Modell; Thiel & Böttcher, 2014) mit theoretisch trennscharfen Dimensionen entwickelt: Recherche-, Methoden-, Reflexions- und Kommunikationskompetenzen sowie Fachliches Wissen. Zu diesen Dimensionen wurden wiederum Facetten operationalisiert. Auf Grundlage des RMRK-W-Modells, das studentische Forschungskompetenzen fachkulturübergreifend modelliert, wurde ein Fragebogen entwickelt, der diese Forschungskompetenzen entsprechend der Dimensionen abbildet. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die faktorielle Validierung des „Fragebogens zur Erfassung studentischer Forschungskompetenzen“ (F-Komp), einem Instrument das zur Evaluation von FoL genutzt werden soll. Der F-Komp wurde anhand einer Stichprobe, bestehend aus N = 392 Bachelor- (27%), Master- (68%) und Promotionsstudierenden (4%) in Studiengängen der Natur- (7%), Agrar- (12%) und Sozialwissenschaften (81%), erstmalig eingesetzt. Mit konfirmatorischen Faktorenanalysen wurde die Modellstruktur unter Einsatz des robusten MLR-Schätzers überprüft. Es konnten fünf Dimensionen identifiziert werden, die den postulierten Dimensionen des Modells entsprechen. Diese konnten durch Subdimensionen, die sich aus Facetten des Modells ableiten, weiter ausdifferenziert werden. Die Ergebnisse werden diskutiert. ID: 107 / A 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Naturwissenschaftliche Praktika, Lehrevaluation, LeKo, Experimentelle Kompetenz, Fragebogen PraKo: Theoretisch fundierte Lehrevaluation naturwissenschaftlicher Experimentalpraktika: Ergebnisse der Validierungsstudie Daniel Rehfeldt, Volkhard Nordmeier Freie Universität Berlin, Deutschland (1) Ziel: Seit der Bologna-Reform gehört die regelmäßige, wissenschaftlich fundierte Überprüfung und Entwicklung von Lehre an der Hochschule zum allgemeinen Konsens (Friedrich, 2005; Hopbach, 2007). Nichtsdestotrotz mangelt es an einer theoretischen Fundierung der meisten Evaluationsinstrumente und in Folge dessen auch an der Akzeptanz derselben (Csonka et al., 2014). Es sollte also auf fundierte Evaluationsinstrumente abgezielt werden. (2) Akademischer Nutzen: Für Vorlesungen und Seminare wurden an der FU Berlin lerntheoretisch fundierte Instrumente zur Lehrevaluation über alle Fächer konstruiert und validiert (LeKo, Thiel et al., 2012; BEvaKomp, Braun et al., 2008). Speziell LeKo ersetzt nun erfolgreich und universitätsweit die vorherige, allgemeine Lehrevaluation und gibt den Lehrpersonen Rückmeldung über deren Lehrkompetenz auf didaktischer und pädagogischer Basis. Für naturwissenschaftliche Praktika fehlt indes ein solches Instrument. Naturwissenschaftliche Praktika bilden jedoch den Kern der experimentellen Ausbildung in den Naturwissenschaften (Psillos & Niedderer, 2002), weshalb gerade dort eine fundierte Lehrevaluation von besonderem Nutzen wäre. Praktika fördern u. a. die experimentelle Kompetenz (z. B. Schreiber, Theyßen, & Schecker, 2012), eine Schlüsselkompetenz für das weitere Studium und den späteren Berufsalltag der zukünftigen NaturwissenschaftlerInnen. Unser Ziel war es daher, einen theoretischen und kompetenzorientierten Rahmen für die Qualität von Praktika und schließlich ein darauf aufbauendes, ökonomisch nutzbares Instrument zu entwickeln und empirisch zu validieren. (3) Theoretischer Hintergrund: Mit der Modellierung über das theoretische Modell der Praktikumsqualität fand für die Erfassung von praktikumsrelevanten Kompetenzen (PraKo) der erste Schritt statt (Rehfeldt, Mühlenbruch, & Nordmeier, 2014). Das Modell definiert hierbei den relevanten Lern-Output, die Lehrkompetenz der Betreuenden und das Material von Praktika. Zum Output zählt der Kompetenzzuwachs der Studierenden, etwa bei der experimentellen Kompetenz oder der Fachkompetenz. Die Lehrkompetenz der Betreuenden umfasst z. B. die Steuerung von Interaktionen in der Praktikumsgruppe. Die Material-Dimension schließlich beschreibt die Medien und Organisation des Praktikums, etwa die Qualität des anleitenden Praktikumsskripts. (4) Methoden: Die Konstrukte wurden über Selbsteinschätzungs-Likertskalen erhoben, wie bereits bei LeKo und BEvaKomp geschehen. Die Operationalisierung wurde in 140 Items in 40 Skalen teils adaptiv, teils theoriegeleitet und teils induktiv vorgenommen. Auf Grund der hohen Itemanzahl wurde das Instrument in zwei Fragebögen PraKo A und PraKo B eingeteilt. Nach der darauffolgenden Inhaltsvalidierung der Items, u. a. mit fünf ExpertInnen aus den verschiedenen Naturwissenschaften, wurde in bisher 16 Grundpraktika verschiedener Fächer bundesweit empirisch pilotiert. (5) Datenquellen: Für die faktorielle Validierung der beiden Instrumente wurden Daten von Physik-, Biologie und ChemieStudierenden verwendet (N_A = 329, N_B = 242). Die Erhebung fand direkt in den jeweiligen Praktika statt. Diese bildete die Grundlage für die explorative Faktorenanalyse. (6) Ergebnisse: In den beiden EFA der induktiv konstruierten Skalen von PraKo A und B zeigen sich inhaltlich gut interpretierbare Lösungen. Der PraKo A zeigt beim EM-imputierten Datensatz eine 15-Faktor-Lösung bei 68 Items. Die Itemanalyse zeigt fünfzehn reliable Skalen, wie Fachwissen (Praxis) oder Messungen durchführen (αs > .79) mit trennscharfen Items. Der PraKo B zeigt eine 8-Faktor-Lösung mit keinen substanziellen Nebenladungen bei 37 Items, acht Items wurden wegen schlechter Kennwerte (Kommunalitäten, Trennschärfen, Doppelladungen, etc.) entfernt, ohne die Inhaltsvalidität stark zu tangieren. Die Itemanalyse zeigt acht reliable Skalen, wie Verständnis überprüfen oder Skriptqualität (αs > .80) mit trennscharfen Items. Weitere Validierungsschritte umfassen eine konfirmatorische Faktorenanalyse zur Stützung der faktoriellen Validität, eine Kreuzvalidierung über Kompetenztests (konvergente Konstruktvalidierung), sowie Zufriedenheitsskalen (divergente Konstruktvalidierung). Der PraKo ist daher erfolgreich validiert und einsatzbereit für naturwissenschaftliche Praktika. ID: 108 / D 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Gesundheit/ Stress/ Belastung Stichworte: Bildungsbiografie, Religiösität, Stress, oping Religiosität als Ressource? Eine empirische Studie zur Rekonstruktion von Bildungsbiographien junger Akademiker/inn/en mit türkisch-muslimischem Migrationshintergrund Barbara Thies, Züleyha Özcan TU Braunschweig, Deutschland Der Bildungsbericht 2014 zeigt, dass Kinder aus Familien mit türkischem Migrationshintergrund einem überdurchschnittlichem Bildungsrisiko ausgesetzt sind, etwa die Hälfte der 30 bis unter 35-jährigen türkisch-stämmigen Personen haben keinen beruflichen Abschluss erlangt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014). Im Generationsvergleich hingegen zeigt sich ein Anstieg des Bildungsniveaus, aktuell vor allem im tertiären Bildungsbereich (Anstieg an Immatrikulationen um 13 Prozent relativ zu 2012, Anteil an Studierenden mit türkischem Migrationshintergrund 8.4 % in 2014, relativ zu 4.2 % in 2012). Somit stellt sich die Frage, wie die Bildungsbiografien erfolgreicher türkisch-stämmiger Migrant/inn/en verlaufen (s.a. Tepecik, 2011). Barz, Barth, Cerci-Thoms, Dereköy, Först, Le und Mitchnik (2015) fokussieren – ähnlich wie Tepecik im Gegensatz zu älteren Studien die spezifischen Chancen und Ressourcen dieser Teilpopulation (u.a. Mehrsprachigkeit, Aufstiegsambitionen, Leistungsorientierung, Frustrationstoleranz) und zeigen, dass Bildung bei fast allen Befragten mit Migrationshintergrund und in deren Elternhäusern einen zentralen Wert darstellt. Weitere Studien zeigen, dass sich besonders türkisch-stämmige Migrant/inn/en zu ihrer Religionszugehörigkeit und zu religiösen Überzeugungen bekennen (u.a. Boos-Nünning, Karakasoglu, 2005, s.a. Weiss & Wittmann-Roumi Rassouli, 2007). Von daher stellt sich die Frage, ob Religiosität bzw. das Ausüben religiöser Praxen Einfluss auf die Bildungsbiografien türkisch-stämmiger Migrant/inn/en hat. In der vorliegenden Studie wird davon ausgegangen, dass der Migrationshintergrund im Verlauf der Bildungsbiografien und dem Kontakt mit Bildungsinstitutionen einen (kontinuierlichen) Stressor (im Sinne der Transaktionalen Stresstheorie, Lazarus & Folkman, 1984) darstellen kann. Es soll von daher untersucht werden, welche Ressourcen bzw. Coping-Strategien türkischmuslimische Akademiker/inn/en während ihres Bildungsverlaufs (erfolgreich) nutzen konnten und ob Religiosität eine davon ist. Die Datenerhebung erfolgt über die narrative Rekonstruktion der Bildungsbiografien (Planung, Durchführung und Erstauswertung im Sinne der narrativen Interviewtechnik nach Schütze, 1983, s.a. Küsters, 2006) von Akademiker/inn/en mit türkischmuslimischem Migrationshintergrund (N = 8). Innerhalb dieser hochselektiven Stichprobe sollten die Proband/inn/en hinsichtlich ihrer religiösen Überzeugungssysteme maximal variieren von (a) religiös- (teilweise) praktizierend, über (b) eher religiös- nicht bzw. selten praktizierend, bis (c) nicht religiös - kein Bezug zur islamischen Religion. Um den spezifischen Effekt der religiösen Überzeugungen eruierbar zu machen, wurden die Proband/inn/en anhand weiterer Merkmale konstant gehalten, alle sind in Deutschland geboren oder als Jugendliche eingewandert, leben mindestens in der zweiten oder dritten Generation in der BRD, haben mindestens einen Teil ihrer Schullaufbahn in Deutschland absolviert, verfügen über einen akademischen Bildungsgrad und sind berufstätig. Neben klassischen Einzelfallanalysen erfolgt die Auswertung des Materials mit einem auf den Grundannahmen der transaktionalen Stresstheorie (s.o.) basierendem deduktiven Kategoriensystem (mit den Oberkategorien: stressinduzierende Faktoren, primäre und sekundäre Bewertung, potentiell nutzbare Bewältigungsstrategien). Die religiösen Praxen werden im Rahmen der Bewältigungsstrategie „positive Grundeinstellung“ (‘positive beliefs‘, Lazarus & Folkman, 1984) kodiert. Insgesamt zeigt sich, dass alle Befragten mit Belastungssituationen im Bildungsverlauf konfrontiert wurden, die sich auf ihren Migrationshintergrund beziehen (erste Konfrontationen erleben mit einer Ausnahme alle Befragten bei den Empfehlungen der weiteren Schullaufbahn). Die Einzelfallanalysen zeigen weiterhin, dass türkisch-muslimische Akademiker/inn/en sich Mehrfachbelastungen ausgesetzt fühlen (s.a. Uslucan, 2005). Die erlebten Stressoren im Bildungsalltag sind eher homogen (Migrationshintergrund, religiöse Zugehörigkeit, finanzielle Lage, Sprachprobleme, äußeres Erscheinungsbild). Die Religionszugehörigkeit hat demnach durchaus eine stressinduzierende Funktion. Dabei scheint die Wahrnehmung der Religionszugehörigkeit als Stressor bedeutend von der religiösen Einstellung der Befragten abhängig zu sein. Die Befragten mit mäßiger religiöser Überzeugung (b) beispielsweise empfinden die Religionszugehörigkeit nur dann als Belastung, wenn sie damit direkt konfrontiert werden. Allerdings nutzen sie religiöse Praktiken (z. B. Gebete) als Ressource, beispielsweise vor und während Prüfungssituationen. Die stark Religiösen hingegen empfinden massivere Benachteiligungen aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit und sehen sich einer ständigen Konfrontation mit der Gesellschaft ausgesetzt. Allerdings nutzen gerade diese Befragten ihre Religiosität in vielfältiger Weise als Ressource und setzen sie effektiv zur Stressbewältigung ein. Auch nehmen sie ihre Religiosität selbst als wesentliche Ressource wahr, durch die sie ihre Bildungslaufbahn erfolgreich absolvieren konnten. ID: 109 / B 16 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: ICILS 2013, computer- und informationsbezogene Kompetenzen, Lesekompetenz Zum Kompetenzvorsprung der Mädchen im Bereich der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen – unerwarteter Bildungserfolg oder eine Frage der Lesekompetenz? Birgit Eickelmann, Kerstin Drossel Universität Paderborn, Deutschland Ein zentrales Ergebnis der IEA-Studie ICILS 2013 (International Computer and Information Literacy Study; Bos, Eickelmann, Gerick et al., 2014) ist, dass Mädchen in Deutschland signifikant höhere Kompetenzstände im Bereich der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen aufweisen als Jungen und weiterhin in keinem Land Jungen besser als Mädchen abschneiden (Lorenz, Gerick, Schulz-Zander & Eickelmann, 2014). Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des guten Abschneidens von Mädchen in Lesetests und vor dem Hintergrund von Affinitäten des Teilkonzeptes der Information Literacy zum Bereich der Lesekompetenz (vgl. ALA, 1989; Fraillon, Ainley & Schulz, 2013) liegt zur Erklärung dieses möglicherweise zunächst überraschenden Bildungserfolges der Mädchen einerseits die Vermutung nahe, dass sich hier mögliche konstruktspezifische Zusammenhänge abbilden. Andererseits kann eine mögliche Erklärung sein, dass Lesekompetenz oftmals als Basiskompetenz bezeichnet wird (Hohn, Schiepe-Tiska, Sälzer & Artelt, 2013) und sich empirisch besonders für den Sekundarschulbereich hohe Korrelationen zu Kompetenzen in anderen (bereichsspezifischen) Domänen zeigen (OECD, 2014). Nicht erforscht ist bisher hingegen der Zusammenhang der Lesekompetenz mit ICT-Literacy (Information and Communication Technologies; vgl. u.a. ETS, 2002) oder wie mit der Studie ICILS 2013 konzeptioniert und erfasst, den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen (Computer and Information Literacy, CIL; vgl. Fraillon et al., 2014; Eickelmann, Bos, Gerick & Kahnert, 2014). Diese Kompetenzen nehmen im Verständnis der Studie in unserer Informations- zur Wissensgesellschaft einen zentralen Stellenwert ein und sind als bereichsübergreifende Schlüsselkompetenzen einzuordnen, die die Fähigkeiten umfassen, digital vermittelte Informationen auszuwählen, zu verstehen, zu nutzen und zu kommunizieren (Eickelmann et al., 2014). Mit der ICILS 2013 wurde dieser Kompetenzbereich erstmalig im internationalen Vergleich in der Kohorte der Achtklässlerinnen und Achtklässler untersucht und computerbasiert getestet. Die Erforschung von Zusammenhängen zwischen CIL und Lesekompetenz wird durch eine nur in Deutschland realisierte nationale Erweiterung eines Lesetests (LGVT 6-12; Lesegeschwindigkeits- und -verständnistest; Schneider, Schlagmüller & Ennemoser, 2007) ermöglicht, der in der nationalen Kohorte der Achtklässlerinnen und Achtklässler am Testtag zusätzlich eingesetzt wurde. Mit diesem Beitrag wird ausgehend von der eingangs ausgeführten Beobachtung unter Einbezug des national ergänzten Lesetests auf der Grundlage der nationalen und repräsentativen ICILS-2013-Schülerdaten der Frage nachgegangen, inwieweit die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen mit der Leseleistung von Jungen und Mädchen zusammenhängen. Zudem wird entlang des theoretischen Rahmenmodells der Studie (vgl. Eickelmann et al., 2014) untersucht, wie sich der Zusammenhang unter Kontrolle verschiedener Schülervariablen, wie beispielsweise dem sozioökonomischen Status, dem Migrationshintergrund, der Selbstwirksamkeitserwartung, der Dauer der Computererfahrung und der kognitiven Fähigkeiten, verhält. Zur Beantwortung der Forschungsfrage, werden jeweils für Mädchen und Jungen multiple Regressionsmodelle berechnet (Pedhazur, 1997). Dabei steht für die für Deutschland repräsentative Stichprobe für die Achtklässlerinnen und Achtklässler neben den computer- und informationsbezogenen Kompetenzwerten (N=2.225) auch die mittels LGVT 6-12 erhobene Leseleistung zur Verfügung (N=2.167). Die Ergebnisse zeigen zunächst erwartungskonform, dass Mädchen signifikant höhere Leistungswerte als Jungen in dem eingesetzten Lesetest erzielen. Hinsichtlich der Kernfragestellung dieses Beitrags wird weiterhin ersichtlich, dass die Leseleistung sowohl für die Mädchen als auch für die Jungen in einem signifikanten Zusammenhang mit den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler steht, wobei die Lesekompetenz bei den Mädchen mit 19 Prozent mehr zur Varianzaufklärung der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen beiträgt als bei den Jungen (15%). Auch unter Kontrolle der vorgenannten Schülervariablen, die, abgesehen von den kognitiven Fähigkeiten, kaum zur Varianzaufklärung in den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen beitragen, bleibt die Leseleistung sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen ein signifikanter Prädiktor der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen. Anders als bei den Jungen, spielen zumindest für die Mädchen auch unter Berücksichtigung der Lesekompetenz und der kognitiven Fähigkeiten die Dauer der Computererfahrung sowie der Bildungsabschluss der Eltern eine Rolle. Für die Jungen erweist sich hingegen der sozioökonomische Hintergrund (HISEI) als relevant. ID: 111 / A 02 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Studienerfolg, Online-Self-Assessment, OSA, Studienabbruch Nicht-kognitive Prädiktoren für den Studienerfolg im Lehramt Physik Nikola Schild, Daniel Rehfeldt, Volkhard Nordmeier Freie Universität Berlin, Deutschland Ziel: Bundesweit lassen sich in den Studiengängen Physik und Physik Lehramt hohe Abbruchquoten verzeichnen. Dies bedeutet einerseits für die Studierenden einen persönlichen Rückschlag – nicht nur in Form von Zeit- und Einkommensverlust – als auch einen wirtschaftlichen Verlust und eine Fehl-investition von Seiten der Universität (Schiefele et al., 2007). Daher besteht das Ziel des Forschungsprojekts HeLP! darin, ein validiertes Instrument auf Vorhersagekraft zum Studienerfolg zu überprüfen und diese Ergebnisse in Form eines Online-Self-Assessments auf Studieninteressierte anzuwenden. Theoretischer Hintergrund: Die theoretische Grundlage für das Vorhaben bildet das Studienerfolgsmodell von Thiel et al. (2008), adaptiert von Albrecht et al. (2011). Dieses Modell unterscheidet kategorisch in verschiedene Einflussdimensionen, die zum Studienerfolg oder Studienmisserfolg führen können. Eine Ursache für die niedrige Studienerfolgsquote ist die mangelnde Passung zwischen Erwartungen der Studieninteressierten und Studienrealität. Dies lässt sich vor allem auf eine mangelnde Informiertheit zu Studienbeginn zurückführen (Albrecht et al., 2011). Eine weitere Ursache für einen Studienabbruch sind die inhaltlichen Studienanforderungen (Albrecht et al., 2011), was sich auf mangelnde kognitive Fähigkeiten zurückführen lassen könnte. Fragestellung: Hieraus ergibt sich die Fragestellung: Inwieweit lässt sich Hochschulerfolg im Lehramt Physik und im Fach Physik im Rahmen des modifizierten Modells vorhersagen? Methoden: Für die Weiterentwicklung des Studienerfolgsmodells in ein Vorhersagemodell soll im Rahmen einer Längsschnittstudie die Vorhersagekraft verschiedener Prädiktoren zum tatsächlichen Studienerfolg überprüft werden. Hier wird in kognitive- und nicht-kognitive Prädiktoren unterteilt. Als kognitive Prädiktoren für einen Studienabbruch werden mathematisches und physikalisches Vorwissen angenommen. Hierzu wurde bereits ein Leistungstest konzipiert, pilotiert und RASCH-validiert. Als nicht-kognitive Prädiktoren wurden studienerfolgskritische Verhaltensweisen (Studienwahlkriterien, Lernverhalten, Kontakte zu KommilitonInnen, Mediennutzung, Informiertheit vor dem Studium, etc.) näher betrachtet. Die relevanten Verhaltensweisen wurden durch Expertenratings gestützt und durch kognitive Interviews mit Mitgliedern der Zielgruppe (Studierende der Physik im Lehramt) überarbeitet. Zur Validierung des Fragebogens wurden bundesweit Studierende des Lehramts Physik und des Fachs Physik im zweiten Fachsemester befragt. Die daraus gewonnenen Daten wurden mit einer explorativen Faktorenanalyse (EFA) auf ihre faktorielle Struktur überprüft und diese anschließend mit einer konfirmatorischen Faktorenanalyse (CFA) bestätigt. Da seit einigen Jahren an der Freien Universität Berlin bereits eine Längsschnittstudie zur Studienzufriedenheit durchgeführt wird, die in Form eines Fragebogens vorliegt, wurde, aus ökonomischen Gründen hier ebenfalls das Fragebogenformat gewählt. Ergebnisse: Die RASCH-Analyse der Ergebnisse des kognitiven Leistungstest hat zufriedenstellende Ergebnisse geliefert. Im Rahmen der EFA (N = 292) konnten 10 Faktoren identifiziert werden. In der Analyse zeigte sich, dass es sich bei 19 der Items um Einzelindikatoren zum Studienerfolg handelt, da keine nennenswerten Korrelationen mit anderen Items auftraten. Aufgrund von starken Boden- und Deckeneffekten wurden vier weitere Items aus der Analyse ausgeschlossen. Die Verbliebenen 36 Items konnten auf 10 latente Variablen zurückgeführt werden und ergaben eine saubere Faktorstruktur. Ausblick: Um die Gültigkeit der Faktorstruktur zu überprüfen, muss der Datensatz der zweiten Hälfte der Stichprobe einer CFA unterzogen werden. Sollten sich die gefundenen Konstrukte bestätigen lassen, läge dann ein faktoriell validiertes Instrument zur Messung von Studienabbruch im Rahmen des nicht-kognitiven Anteils vor. Der validierte kognitive und nicht-kognitive Teil sind Bestandteil der Erhebungen des Wintersemesters 15/16 bei StudienanfängerInnen. Eine erneute Befragung drei Semester später ermöglicht dann, den Studienerfolg im Rahmen eines Regressionsmodells vorhersagen zu können. ID: 113 / E 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Motivation und Emotion Stichworte: Neue Steuerung und Bildungsgerechtigkeit, Vertrauen, Soziale Netzwerkanalysen, Validität, Mixed Methods Bedeutung von Vertrauen bei der Etablierung von Bildungskooperationen im formalen und non-formalen Bildungsbereich: Analyse der Wechselwirkungen zwischen institutionellen und individuellen Faktoren anhand Sozialer Netzwerkanalysen Nina Kolleck, Luise von Keyserlingk, Marc-Christian Schäfer Freie Universität Berlin, Deutschland Der Beitrag diskutiert die Bedeutung von Vertrauen bei der Etablierung von Bildungsinitiativen sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Validität in der methodenkombinierenden Sozialen Netzwerkanalyse (SNA). Präsentiert werden erste Ergebnisse des Drittmittelprojekts „Reallabor RuhrFutur“. Dieses greift auf unterschiedliche methodische Verfahren der SNA zurück, um die Etablierung der Bildungsinitiative „RuhrFutur“ vom frühkindlichen über den schulischen zum hochschulischen Bereich zu analysieren. Die Bildungsinitiative RuhrFutur wurde gemeinsam von der Stiftung Mercator, der RuhrFutur GmbH sowie dem Land NRW initiiert. Die Leitziele der Initiative sind 1) bestmögliche individuelle Förderung der Bildungsrezipienten, 2) Etablierung durchgängiger Sprach- und Ausdrucksbildung, 3) Entwicklung eines Modells erfolgreicher inter- und intrakommunale Kooperation, 4) Gestaltung gelingender Kooperationen von Schulen und Hochschulen sowie 5) die Angleichung der Studienerfolgsquote von Studierenden mit bildungsfernem und -nahem Hintergrund. Im Rahmen des Vortrags sollen erste Antworten auf die Frage geliefert werden, welche Bedeutung Vertrauen und soziale Netzwerke bei der Etablierung des bildungspolitischen Vorhabens „RuhrFutur“ besitzen. Auf der theoretischen Ebene wird dabei auf Annahmen der Netzwerkforschung zurückgegriffen, nach denen die Beziehungsstrukturen sowie die Eigenschaften des Umfeldes eines Individuums in empirischen Analysen zentral zu berücksichtigen sind. Netzwerktheoretischen Ansätzen gelingt es, den Begriff des Sozialkapitals (Bourdieu 1983; Coleman 1988) zu operationalisieren, somit die Wechselwirkungen zwischen Akteuren und Strukturen zu erfassen und die reziproken Interpretations- und Konstruktionsprozesse sowie die sich aus strukturellen Positionen ergebenden individuellen Handlungsoptionen zu integrieren. Methodische Operationalisierungen dieser theoretischen Annahmen stoßen zugleich auf Validitätsprobleme (vgl. Bien 1983). Diese beziehen sich in der eher quantitativ ausgerichteten SNA insbesondere auf die Rücklaufquote, die für gesamtnetzwerkanalytische Untersuchungen besonders bedeutsam ist. Die qualitative Netzwerkforschung stößt hingegen vice versa auf die Schwierigkeit, Wechselwirkungen zwischen Akteuren und Strukturen rekonstruieren zu wollen, ohne jedoch Strukturen valide und nachvollziehbar erfassen zu können. Auf der methodischen Ebene greift der Beitrag sowohl auf quantitative als auch auf qualitative Verfahren zurück: Implementiert wird ein „sequential mixed design“ (Creswell 2005; Onwuegbuzie & Johnson 2006; Tashakkori & Teddlie 1998). Qualitative und quantitative Erhebungen und Analysen werden parallel durchgeführt, wobei Daten, die in einer Phase des Projektes gesammelt wurden, als Grundlage für weitere, konsekutive Phasen verwendet werden, um gleichermaßen eine Validierung des Vorgehens wie der empirischen Ergebnisse und theoretischen Implikationen zu unterstützen. Für die Datenerhebung greifen wir auf Techniken der egozentrieren Netzwerkanalyse sowie auf qualitative Interviews und Netzwerkkarten zurück. Im Sinne der egozentrierten Netzwerkanalyse geht es dabei um die Abbildung der Netzwerkgrenzen, die mithilfe von Namensgeneratoren ermittelt werden. Namensinterpretatoren werden eingesetzt, um Informationen über die Eigenschaften der genannten Kontaktpersonen bzw. den Kontext der Beziehungen zu gewinnen. Darüber hinaus werden Fragen nach den Beziehungen zwischen den Kontaktpersonen gestellt. Die Erhebung von Vertrauen erfolgt u.a. auf der Basis validierter Skalen zur Messung generalisierten und relationalen Vertrauens (u.a. Kramer 1999; Yamagishi 1986; Yamagishi & Sato 1986). Für die quantitative Datenanalyse greifen wir sowohl auf Verfahren der Gesamtnetzwerkanalyse als auch auf traditionellere statistische Verfahren, wie die konfirmatorische Faktorenanalyse und die Mehrebenenanalyse zurück. Qualitative Daten werden anhand der qualitativen Inhaltsanalyse interpretiert. Vorläufige Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass Vertrauen eine wichtige Funktion bei der Etablierung von Bildungsinitiativen besitzt. Während die positive Auswirkung von Vertrauen auf Kooperationen in schulischen Kontexten bereits aufgezeigt werden konnte (Katz & Earl 2010, Tschannen‐Moran 2001), berücksichtigt der Beitrag auch die Kooperationen von Schulen mit Akteuren der frühkindlichen Bildung, der Hochschule sowie der kommunalen Bildungsträger. Dabei zeigt sich, dass das Verhältnis von generalisiertem und relationalem Vertrauen ein bislang vernachlässigtes Phänomen darstellt, dessen Analyse einen vielversprechenden Beitrag zum Forschungsstand verspricht. Zugleich tragen Mixed-Methods-Designs, über den Einsatz validierter Skalen zur Messung von Vertrauen hinaus, zur Validität der Vertrauensforschung im Bereich der SNA bei. ID: 114 / B 17 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Sonstiges Stichworte: Impulsivität, Barratt Impusiveness Scale, Kurzskala, Pilotierung, Faktorenstruktur Psychometrische Evaluation einer Kurzskala zur Messung von Impulsivität (BIS-15) Dorothea Krampen1, Karl Schweizer2, Siegbert Reiß3, Andreas Gold1 1 Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Abteilung Pädagogische Psychologie; 2Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Arbeitsstelle für Evaluationsmethodik; 3Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Abteilung Psychologische Methodenlehre, Evaluation und Forschungsmethodik Wenn Verhalten weniger durch Impulsivität, sondern durch ein höheres Maß an Selbstkontrolle geprägt ist, sind damit Vorteile in einer ganzen Reihe lern- und leistungsbezogener Ergebnisvariablen verbunden. Impulsivität stellt ein relativ stabiles individuelles Merkmal dar, dessen Einfluss auf zahlreiche wichtige Lebensbereiche dokumentiert ist, darunter Bildung, Arbeit, soziale Anpassung und Gesundheit (Olmstead, 2014). Verstanden wird Impulsivität als Prädisposition zu schnellen, unüberlegten Reaktionen auf internale oder externale Reize, ohne Beachtung negativer Konsequenzen dieser Reaktionen für sich selbst oder für andere. Es handelt sich um ein multidimensionales Konstrukt, das verschiedene Aspekte des Denkens, Fühlens und Handelns umfasst. Dementsprechend sind die Möglichkeiten zur Erfassung von Impulsivität vielfältig. Neben Aufgaben zur Antworthemmung und Entscheidungsfindung werden vor allem Selbstauskunftsfragebögen eingesetzt. Die Barratt Impulsiveness Scale, die aktuell in elfter Revision vorliegt (BIS-11; Patton, Stanford & Barratt, 1995), ist dabei eines der am häufigsten angewandten Verfahren für Erwachsene. Die 30 Items des Fragebogens lassen sich drei Faktoren zweiter Ordnung (aufmerksamkeitsbasierte Impulsivität, motorische Impulsivität und nichtplanende Impulsivität) und sechs Faktoren erster Ordnung (Aufmerksamkeit, motorische Impulsivität, Selbstkontrolle, kognitive Komplexität, Perseveranz, kognitive Instabilität) zuweisen. Bislang konnte diese Faktorenstruktur allerdings nur unzureichend repliziert werden (z. B. Preuss et al., 2008; Stanford et al., 2009; Vasconcelos, Malloy-Diniz & Correa, 2012). Spinella (2007) legte eine aus 15 Items der BIS-11 bestehende englischsprachige Kurzversion vor (BIS-15), mit der sich die Faktoren zweiter Ordnung zuverlässig identifizieren ließen. Kurzund Langversion korrelierten zudem hoch miteinander, weshalb die BIS-15 als ökonomische Alternative zur BIS-11 betrachtet werden kann, die vergleichbare psychometrische Kennwerte liefert (Meule, Vögele & Kübler, 2011; Spinella, 2007). Da im deutschsprachigen Raum kaum hinreichend evaluierte Kurzskalen zur Erfassung von Impulsivität existieren und darüber hinaus die Befundlage zur Faktorenstruktur gemeinhin uneinheitlich ist, wurde zunächst eine deutsche Übersetzung der BIS-15 gemäß den Empfehlungen der International Test Commission (2005) angefertigt und anschließend pilotiert. Es wurde erwartet, dass sich eine ähnliche, dreifaktorielle Struktur wie bei Spinella (2007) zeigt. Die Pilotierungsstichprobe setzte sich aus N = 162 Studierenden verschiedener Fachbereiche an mehreren Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen. Die Studierenden wurden per E-Mail für die Onlinebefragung rekrutiert. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden betrug 25.1 Jahre (SD = 6.3); 78 Prozent waren weiblich. Zur explorativen Analyse der Faktorenstruktur wurde in Übereinstimmung mit dem bisherigen Vorgehen (Patton et al., 1995; Spinella, 2007) eine Hauptkomponentenanalyse mit obliquer Rotation durchgeführt. Cronbachs Alpha wurde zur Beurteilung der internen Konsistenz berechnet. Die Faktorenanalyse führte zu einer dreifaktoriellen Lösung mit insgesamt 50.1 Prozent erklärter Varianz, wobei die Anzahl der extrahierten Faktoren durch eine Parallelanalyse (Horn, 1965) zusätzlich gestützt werden konnte. Im Vergleich zeigten die durchweg unauffälligen Faktorladungen eine weitgehende Entsprechung zur englischsprachigen Version. Die interne Konsistenz der Gesamtskala war mit .80 zufriedenstellend; die Werte für die aus vier bis sechs Items bestehenden Subskalen lagen bei .59 (nichtplanende Impulsivität), .66 (motorische Impulsivität) und .71 (aufmerksamkeitsbasierte Impulsivität). Damit erscheint die BIS-15 zur Erfassung von Impulsivität im deutschsprachigen Raum zunächst prinzipiell geeignet, insbesondere bei Verwendung der Gesamtskala. Die von Spinella (2007) gefundene Faktorenstruktur konnte bestätigt werden, obgleich wenige Items anderen Faktoren zugeordnet wurden, was inhaltlich jedoch durchaus plausibel anmutet. Die deutsche Kurzskala soll mittelfristig Bestandteil einer Testbatterie werden, die unter anderem die – üblicherweise nur moderaten (Enticott, Ogloff & Bradshaw, 2006; Reynolds, Ortengren, Richards & de Wit, 2006) – Zusammenhänge zwischen verschiedenen Maßen der Impulsivität beleuchten und mithin zur Schärfung des Konstrukts beitragen soll. Erst einmal sind jedoch weitere Schritte der Validierung erforderlich. Vor dem Hintergrund der prädiktiven Validität von Impulsivität speziell auch auf klinisch relevante Variablen (Dilling, 2005), wird die Kurzskala zurzeit in einer psychiatrischen Stichprobe eingesetzt. Mit Vorliegen einer ausreichend großen (Gesamt-)Stichprobe gilt es die Faktorenstruktur außerdem konfirmatorisch zu prüfen. ID: 116 / C 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Genderforschung Stichworte: Leistungsentwicklung, Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen, Unterschiede nach Migratiosnhintergrund, Längsschnittdatenanalyse Welchen Einfluss hat die Grundschulzeit auf die Entwicklung der Rechenkompetenz nach Geschlecht und Migrationshintergrund? Eine Paneldatenanalyse von der Vorschule bis in die 3. Klasse. Franziska Schmidt1,2,3 1 Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland; 2Center for Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk (IDeA); 3Mannheimer Zentrum für europäische Sozialforschung (MZES - Uni Mannheim) Einleitung und Forschungsstand Die Bildungsungleichheit ist ein viel diskutiertes Thema. Unterschiedliche Leistungsentwicklungen zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen stehen immer wieder im Mittelpunkt der Diskussion. Vor allem wann erste Unterschiede zu erkennen sind und wie sie sich über die Zeit entwickeln. Denn frühe Leistungsunterschiede können meistens im späteren Bildungsverlauf nur noch schwer ausgeglichen werden. Im deutschen Schulsystem sind es besonders Kinder mit Migrationshintergrund, die im Vergleich zu einheimischen Kindern schlechtere Leistungen aufweisen (z.B. Ditton et al. 2005; Nauck 1994). Bisherige Studien konnten belegen, dass sowohl im Vorschulalter, als auch während der Grundschulzeit Leistungsunterschiede im Bereich des Rechnens bestehen (z.B. Becker und Biedinger 2006; Schwippert et al. 2003). Zudem zeigt sich, dass anfängliche Leistungsunterschiede zwischen den ethnischen Gruppen während der Primarstufe nicht ausgeglichen werden, sondern die Leistungsdifferenzen auch am Ende der Grundschulzeit bestehen bleiben (Mehringer und Herwarzt-Emden 2013). Daneben lassen sich Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Jungen bestätigen. Die bisherige Forschung zeigt, dass im Allgemeinen Mädchen in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern schlechter abschneiden als Jungen (Baumert et al. 1997). In Bezug auf existierende Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern im Vorschulbereich fallen die bisherigen Forschungsergebnisse unterschiedlich aus. Ebenso uneinheitlich sind die Ergebnisse, die sich auf die Zeit während der Grundschule beziehen. Einige sprechen für Geschlechterunterschiede bereits zu Beginn der Grundschulzeit, andere wiederum erst für Unterschiede im späteren Schulverlauf (Hyde et al. 1990; Mücke und Schründer-Lenzen 2008). Fragestellung Meist werden diese beiden Ungleichheitsdimensionen in der Bildungssoziologie allerdings separat betrachtet. Dieser Beitrag stellt Geschlecht und Migrationshintergrund gleichermaßen in den Mittelpunkt der Betrachtung und betont damit eine höhere Komplexität von Bildungsungleichheit. Die bisherige Forschung soll mit dieser Untersuchung erweitert werden und folgende Fragen sollen hierbei geklärt werden: Inwieweit haben die beiden Faktoren Migrationshintergrund und Geschlecht einen Einfluss auf die Schlüsselkompetenz Rechnen vor und während der Grundschulzeit? Welche konkrete Rolle spielt der Besuch der Grundschule, kommt es zu einer Anpassung potenzieller Unterschiede oder verstärken sie sich über die Zeit? Im Fokus dieser Fragen steht dabei nicht nur, wie der Migrationshintergrund und das Geschlecht einzeln wirken, sondern auch ob beide einen gemeinsamen Einfluss haben und interagieren. Daten und Methoden Für die Analyse werden die Daten des DFG-geförderten Forschungsprojektes „Erwerb von kulturellen und sprachlichen Kompetenzen von Migrantenkindern und der Übergang nach der vierten Klasse“ (ESKOM-Ü4) verwendet. Die Stichprobe umfasst jeweils zur Hälfte Familien mit und ohne türkischen Migrationshintergrund. Aufgrund der Längsschnittstruktur der Daten können die Leistungen der Kinder im Zeitverlauf betrachtet werden. Zur Analyse der Entwicklung der Rechenkompetenz werden FixedEffects Modelle gerechnet. Diese werden mit heterogenen Wachstumskurven ergänzt, wodurch die individuellen Leistungskurven der Kinder berücksichtigt werden können. Ergebnisse Erste Ergebnisse zeigen, dass die Zeit in der Schule einen signifikanten positiven Einfluss auf die individuelle Leistungsentwicklung hat. Für Kinder mit türkischem Migrationshintergrund ist dieser positive Schuleinfluss im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund erhöht und sie erfahren einen stärkeren Leistungszuwachs mit jedem weiteren Jahr, das sie in der Schule verbringen. Bezogen auf das Geschlecht ist der generelle Leistungszuwachs im Rechnen bei Mädchen im Vergleich zu den Jungen abgeschwächt. Geschlecht und Migrationshintergrund interagieren nicht. Beide Ungleichheitsdimensionen wirken unabhängig voneinander auf die Entwicklung der Rechenleistung während der Grundschulzeit. Bei der nach Migrationshintergrund getrennten Betrachtung der Rechenkompetenzentwicklung finden sich Nachteile auf Seiten der Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund. Einheimische Kinder weisen dagegen keinen signifikanten Unterschied in der Leistungsentwicklung zwischen Jungen und Mädchen auf. Fazit Vorerst kann festgehalten werden, dass sich die Entwicklung der mathematischen Kompetenz nach Migrationshintergrund unterscheidet und sich Geschlechterunterschiede bereits im frühen Bildungsverlauf zeigen. Die Unterschiede bleiben bis in die 3. Klasse bestehen. Die Grundschulphase hat vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Rechenleistung. Jungen scheinen vom Besuch der Grundschule mehr zu profitieren als Mädchen. ID: 118 / A 14 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: Bildungslaufbahnen, Bildungsungleichheiten, soziale Herkunft, Geschlecht, Migrationshintergrund Wer profitiert von Durchlässigkeit zwischen Schultypen? Bildungsungleichheiten in Luxemburg Susanne Backes, Andreas Hadjar Universität Luxemburg, Luxemburg Das luxemburgische Bildungssystem ist ähnlich wie die Bildungssysteme der deutschen Bundesländer oder der deutschsprachigen Kantone der Schweiz durch einen hohen Grad an Stratifizierung im Sinne externer Differenzierung gekennzeichnet. Auch in stratifizierten Systemen gibt es bis zu einem bestimmten Ausmaß Mobilität, d.h. einen gewissen Grad an Durchlässigkeit zwischen den einzelnen parallelen Schulformen bzw. -wegen. Forschungsproblem und Fragestellung: Im Rahmen des Vortrags wird der Frage nachgegangen, ob sich im Hinblick auf diese Form der Durchlässigkeit auch Bildungsungleichheiten, d.h. systematische Variationen im Bildungserwerb entlang der Ungleichheitsachsen der sozialen Herkunft, der Geschlechtszugehörigkeit und des Migrationshintergrunds zeigen. Adressiert wird damit, ob durch Schulformwechsel Platzierungsdisparitäten tendenziell vergrößert werden, da bereits Begünstigte vermehrt von dieser ‚Option‘ Gebrauch machen oder ob aufgrund von z.B. Sättigungseffekten und einem nachlassenden elterlichen Einfluss Platzierungsdisparitäten tendenziell verkleinert werden und somit Schulformwechsel Raum geben für erwartungswidrige Bildungsverläufe. Theoretischer Hintergrund: Den generellen theoretischen Rahmen der Untersuchung von Ungleichheiten in Bildungsverläufen und Schulformwechsel bilden ungleichheitssoziologische Überlegungen in Anschluss an das Konzept der primären und sekundären Herkunftseffekte von Boudon (1974), das zum einen die Schulleistungen und deren Bestimmungsfaktoren und zum anderen Bildungsentscheidungen – hier bestimmte Möglichkeiten des Schulformwechsels zu nutzen – ins Zentrum der theoretischen Betrachtung rückt. Dieses theoretische Konzept wird auch auf Effekte der ethnischen Herkunft (Migrationshintergrund) und von Geschlechtereffekten angewendet. Methode: Der Frage nach den Profiteuren der Durchlässigkeit wird auf Basis eines amtlichen luxemburgischen Paneldatensatzes, der Informationen zum Bildungsverlauf von Sekundarschüler/innen im luxemburgischen Schulsystem (Vollerhebung aller staatlichen Schulen) enthält, nachgegangen. Zur Analyse der Forschungsfrage werden Wechselhäufigkeiten nach Geschlecht, Migrationshintergrund und sozialer Herkunft in den Blick genommen. Zum anderen werden binär-logistische Regressionsmodelle hinsichtlich der Wahrscheinlichkeiten bestimmter Schulformwechsel und Übergänge geschätzt. Ergebnisse: Hinsichtlich der verschiedenen Wechsel zeigt sich, dass offenbar wiederum die beim ersten Übergang begünstigten Gruppen stärker von Möglichkeiten zum Schul-/Schulformwechsel profitieren können. Während Risikogruppen im Bildungssystem – insbesondere sozioökonomisch-benachteiligte Schichten und Jungen – neben Stabilität auf niedrigeren Schullaufbahnen Abwärtsmobilität erleben, weisen die entsprechend begünstigten Schichten häufiger stabile Schullaufbahnen auf höheren Schulwegen auf oder erleben Aufwärtsmobilität. Bezüglich des Migrationshintergrundes zeigen sich differentielle Mobilitätsmuster, die je nach Sprachgruppen und betrachteter Systemschwelle disparitätsmindernd oder disparitätssteigernd ausfallen. Insgesamt legen die Befunde den Schluss nahe, dass Durchlässigkeit in diesem Zuschnitt tendenziell ungleichheitsreproduzierend wirkt. ID: 120 / F 01 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: Ability Tracking, Educational Systems; Educational Inequality Is Ability Tracking Really Responsible for Educational Inequalities? A Comparison between Country States in Germany Hartmut Esser1, Ilona Relikowski2 1 Universität Mannheim/Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung, Deutschland; 2Universität Bamberg It is widely taken for granted that (early) ability tracking increases the impact of social origin on achievement in (lower) secondary education, but without gains in the overall level (Hanushek und Wößmann 2006; Wößmann 2009; van de Werfhorst und Mijs 2010; Betts 2011; Müller and Kogan 2011). We call these and similar findings the standard result. This contribution addresses the question of whether this common conviction is really correct. The various deviations and inconsistencies of the standard result obtained from analyses that use other approaches and data bases form the starting point (cf. Marks 2005; Waldinger 2006; Dronkers, van der Velden aund Dunne 2012; Merry 2013; Bol, Witschke, van de Werfhorst und Dronkers 2014: 20ff.; Marks 2014; Ruhose and Schwerdt 2015). On the basis of a general theoretical model, the Model of Ability Tracking, we specify the preconditions for identifying the effects of ability tracking (cf. Esser 2015, section 3). These include considering the school level as well as cognitive abilities prior to ability tracking at the end of elementary school. Both conditions aren’t included in common analyses using PISA data, which form the mostly used basis also of the standard result. As a consequence, effects of social origin have probably been systematically overestimated and those of cognitive abilities (individual and school related) haven’t been detected in the respective studies at all. Because PISA data are lacking information on cognitive abilities in the institutional sorting at the end of primary school and no other appropriate data set to compare educational systems between countries is available, these assumptions hve to be tested with another data base. We use the BIKS-study and the NEPS, both constituting panel studies covering the process of ability tracking after elementary school and the development of achievements later on up to grade 6. Both studies allow using the different levels of strictness of the institutional rules concerning ability tracking in different country states in Germany (Bavaria and Hesse for BiKS, all 16 country states for NEPS) varying in rules of tracking faccording to the typology developed by von Below (2006). The results, using different techniques of panel analysis (like fixed effect- or hybridmodels for three-level-multi-level-models with cross-level-interactions, applying multiple imputation of missing data and robustness checks among others by a simulated data set) support the central presumptions of the Model of Ability Tracking: If school effects of ability composition on the one hand and prior individual abilities on the other hand were taken into account, all effects of a reinforcement of social origin by (strict) ability tracking disappear and increases in effects of ability composition and between-school-variance of schools on achievement are observed just in those country states with an especially strict rule for ability tracking (like Bavaria compared to Hesse in the BiKS-study and/or country states with more traditional vs more liberal rules of tracking in the NEPS). Applying, however, the misspecifications of the standard approach (and other approaches using PISA as data base) to these data, one again obtains their misleading findings, which disappear by approaching the analyses to the specifications of the Model of Ability Tracking. Some limitations of the used studies, like the restriction to the German context, and perspectives for tests of the model also in an international conduct are discussed. ID: 122 / D 01 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Mixed Methods, Gütekriterien qualitativer und quantitativer Sozialforschung, Bildungsverläufe Perspektiven auf Validität in der methodenkombinierenden Bildungsforschung Nina Kolleck1, Doren Prinz2 1 Freie Universität Berlin, Deutschland; 2Universität Hamburg, Deutschland Obgleich seit einigen Jahren zunehmend über Standards zur Qualitätssicherung in der empirischen Bildungsforschung diskutiert wird, sind deutliche Unterschiede zwischen qualitativen und quantitativen Perspektiven auf diesem Gebiet zu verzeichnen. Die Frage danach, was Validität ist und welche Konzepte aktuell von Bedeutung sind, wird qua methodologischer und methodischer Verankerung sehr heterogen beurteilt. Für die quantitative Forschung lässt sich feststellen, dass es starke Veränderungen des Validitätskonzeptes gegeben hat, dieses jedoch im deutschsprachigen Raum – anders als in der internationalen Diskussion – seit vielen Jahren als relativ stabil gilt (vgl. Frey 2014). Im Rahmen qualitativer empirischer Arbeiten hingegen wird die Debatte um Gütekriterien - und insbesondere um Validität kontrovers geführt und stellt sich dreigliedrig dar. Vertreter radikal-konstruktivistischer und postmoderner Perspektiven lehnen meist jede Form der Bewertung qualitativer Forschung anhand allgemeiner Kriterien ab. Dem gegenüber stehen Versuche, Gütekriterien aus der quantitativen Forschung auf qualitative Verfahren zu übertragen (vgl. u.a. Mayring 2012). Darüber hinaus werden Verfahren zur Validierung qualitativer und triangulativer Methoden entwickelt, die sich weniger an den Differenzen zwischen dem qualitativen und quantitativen Forschungsparadigma orientieren, als differenzierte und je nach Forschungsgegenstand bzw. Methodik variable Gütekriterien zu skizzieren (Johnson et al. 2007). Ausgehend von einer letzten Perspektive wird eine doppelte Gegenstandsangemessenheit im Hinblick auf Gütekriterien hervorgehoben. Gerade für Mixed Methods-Ansätze, die auf qualitative und quantitative Verfahren zurückgreifen, stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage nach Forschungsstandards und möglichen Rahmungen. Im Rahmen des Beitrags wenden wir uns der Qualitätssicherung in der Bildungsforschung zu und beziehen diese auf methodenkombinierende Forschungsdesigns. Präsentiert werden Ergebnisse aus zwei Projekten, die sich anhand quantitativer und qualitativer Verfahren u.a. den folgenden Fragen zuwenden, 1. Wie interagieren institutionelle und individuelle Faktoren, wenn Bildungsprozesse über die Lebensspanne anhand von Bildungslandschaften unterstützt werden sollen? 2. Welche Kompetenzen sind für beruflich erfolgreiches Handeln erforderlich und lassen sich dabei (disziplinübergreifende) generische Kompetenzen identifizieren? Zur Beantwortung der ersten Frage wird auf vorläufige Ergebnisse quantitativer und qualitativer sozialer Netzwerkanalysen zurückgegriffen, in deren Rahmen die Etablierung innovativer Bildungsvorhaben im Kontext von Bildungslandschaften analysiert werden. Dabei werden insbesondere die Motivation für die Beteiligung von Bildungsakteuren an solchen innovativen Bildungsvorhaben, das generalisierte und spezifische Vertrauen der in Bildungskooperationen involvierten Akteure sowie der Einfluss von Akteuren im Zuge der Implementierung von Bildungsinnovationen eruiert. Bei der Beantwortung der zweiten Frage greifen wir auf Ergebnisse eines weiteren Drittmittelprojektes zurück, in dem relevante Arbeitsplatzanbieter für Absolvent(inn)en erziehungswissenschaftlicher Studiengänge nach den von ihren Beschäftigten zu erfüllenden Aufgaben befragt wurden. Zielsetzung der qualitativen Interview-Studie war die Ableitung heterogener Anforderungstypen. Diese wurden mit den Ergebnissen einer Befragung von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen verknüpft, in denen die Arbeitsaktivitäten hochqualifizierter (erziehungswissenschaftlicher) Fachkräfte durch Analysen der DZHW -Absolventenpanelbefragungenin verschiedenen Phasen der Berufsbiographie analysiert wurden. Die Ergebnisse und Forschungsdesigns der beiden Studien werden in dem Vortrag kritisch hinsichtlich der Berücksichtigung von Gütekriterien in der methodenkombinierenden Bildungsforschung und aus der Perspektive der quantitativen und der qualitativen Forschung beleuchtet. Dabei werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Perspektiven eruiert, Möglichkeiten der Übertragbarkeit sowie der Modifikation der unterschiedlichen Perspektiven und Verfahren der Überprüfung sozialwissenschaftlicher Gütekriterien ausgelotet und es werden Anwendungsbeispiele anhand aktueller empirischer Forschungsprojekte aufgezeigt bzw. kritisch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Validitätskonzepte diskutiert. Insgesamt weisen Ergebnisse der beiden Studien darauf hin, dass der kombinierte Einsatz quantitativer und qualitativer Verfahren in der Bildungsforschung den Umgang mit Validitätsproblemen unter klar zu definierenden Voraussetzungen unterstützen kann. ID: 123 / A 14 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Schulentwicklung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Ganztagsschule, Effektivität, Kompetenzentwicklung, Bildungsungleichheit, Schulentwicklung Effekte nachmittäglicher Betreuung und Förderung auf sprachliche Leistungsmaße Isa Steinmann, Rolf Strietholt, Wilfried Bos Institut für Schulentwicklungsforschung, TU Dortmund, Deutschland Theoretischer Hintergrund Ein Mehr an Zeit, die in der Schule verbracht wird, muss nicht automatisch zu einem höheren Leistungsniveau und geringeren herkunftsbedingten Disparitäten führen. Während die Kultusministerkonferenz diese beiden Ziele mit der zeitlichen Ausdehnung von Beschulung in den Nachmittag verbindet (KMK, 2002), so häufen sich zunehmend Forschungsbefunde, die das Erreichen dieser Ziele in Frage stellen (z.B. Radisch, Klieme & Bos, 2006; Holtappels, Radisch, Rollett & Kowoll, 2010; Strietholt, Manitius, Berkemeyer & Bos, 2015; Holtappels & Heerdegen, 2005; Bellin & Tamke, 2010; Bellin & Wegner, 2010; Reinders et al., 2011). Vor diesem Hintergrund rücken zunehmend spezifische Ausgestaltungsmerkmale nachmittäglicher Betreuung und Förderung und deren Zusammenspiel in den Fokus (vgl. Radisch, 2009; Holtappels & Rollett, 2009; Willems et al., 2014; Holtappels, 2014). Dabei wird betont, dass nicht formale Kriterien, wie beispielsweise das Etikett „Ganztagsschule“, sondern tatsächliche Ausgestaltungsmerkmale nachmittäglicher Betreuung und Förderung bedeutsam sind, also beispielsweise die Ausrichtung auf nachmittägliche Freizeit- und Sportangebote oder auf rhythmisierten, fachlichen Unterricht. Fragestellung Das Ziel der Studie ist es, zu untersuchen, welchen Effekt konkrete Ausgestaltungsmerkmale nachmittäglicher Betreuung und Förderung auf 1.) den sprachlichen Leistungszuwachs, 2.) den Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund und sprachlichen Leistungen und 3.) den Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und sprachlichen Leistungen haben. Hierzu werden Paneldaten der neunten Jahrgangsstufe genutzt. Methode Die Studie basiert auf Daten der "Deutsch Englisch Schülerleistungen International" (DESI) Studie (Klieme, 2012; Klieme & Beck, 2007), einer längsschnittlichen und für Deutschland repräsentativen Untersuchung, die den Kompetenzstand von Neuntklässlerinnen und -klässlern in Deutsch und Englisch zu Beginn und Ende des Schuljahrs 2003/04 untersuchte. Die effektive Stichprobe besteht, nach Ausschluss der Schulen die nicht an der Schulleitungsbefragung teilgenommen haben, aus 184 Schulen und 8.938 Schülerinnen und Schülern. Als abhängige Variablen werden die zu beiden Zeitpunkten durchgeführten Kompetenztests herangezogen: im Bereich Deutsch die Sprachbewusstheit, das Leseverstehen, sowie die Textproduktion (Pragmatik und Systematik) und im Englischen die Textrekonstruktion (C-Test). Auf Ebene der unabhängigen Variablen wird die wöchentliche Häufigkeit der Angebote von reinen Betreuungs- und Freizeitangeboten, Hausaufgabenhilfe, tatsächlichem rhythmisierten Ganztagsunterricht oder spezifischen fachlichen Arbeitsgemeinschaften betrachtet. Der sozioökonomische Status wird über den HISEI (Highest International SocioEconomic Index of Occupational Status; Ganzeboom, De Graaf & Treiman, 1992) operationalisiert. In Bezug auf den Migrationshintergrund kontrastieren wir Jugendliche, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden und Jugendliche, von denen ein oder beide Elternteile in Deutschland geboren wurden. Im Rahmen von Mehrebenenanalysen regressieren wir den Leistungszuwachs in den unterschiedlichen sprachlichen Domänen auf die unterschiedlichen Merkmale der nachmittäglichen Angebote in Betreuung und Förderung, um zu überprüfen, ob diese einen positiven Einfluss auf das Leistungsniveau haben. Wir analysieren den Effekt nachmittäglicher Angebote auf herkunftsbedingte Ungleichheit, indem wir den Zusammenhang von Hintergrundmerkmalen und individuelle Kompetenzen als Random Slopes modellieren; diese regressieren wir ebenfalls auf die Merkmale der nachmittäglichen Betreuung und Förderung. Ergebnisse Die Analysen zeigen, dass in den Leistungsentwicklungen in den Kompetenzdomänen kein signifikant von null verschiedener Effekt der Angebotsstrukturen auf Schulebene zu verzeichnen ist. Es liegen zwar Unterschiede zwischen den Schulen vor, diese Varianz wird jedoch nicht durch die von uns betrachteten Ganztagsmerkmale aufgeklärt. Weder lernen Schülerinnen und Schüler an Schulen mit den verschiedenen nachmittäglichen Angeboten innerhalb des Schuljahres mehr hinzu, noch wird hier die Bildungsungleichheit in Bezug auf den Migrationshintergrund oder den sozialen Status reduziert, sobald die Vorleistung berücksichtigt wird. Zwar schneiden sowohl Schülerinnen und Schüler mit einem niedrigeren HISEI, als auch solche, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, zu Beginn der neunten Jahrgangsstufe schlechter ab; diese Unterschiede werden innerhalb des Schuljahres jedoch auch an Schulen mit häufigen Ganztagsangeboten nicht geringer. ID: 125 / A 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Hochschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Testmotivation, Hochschule, Validität, Domäne Wirtschaft, Testheftdesign Der Zusammenhang der Testmotivation von Studierenden mit der Lösung von standardisierten Fachtestaufgaben zum internen Rechnungswesen im Hochschulstudium Sebastian Brückner, Olga Zlatkin-Troitschanskaia, Manuel Förster, Susanne Schmidt, Roland Happ Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland Die Erfassung des Fachwissens von Studierenden in der zentralen wirtschaftswissenschaftlichen Studiensubdomäne des internen Rechnungswesens (ReWe) wurde in den letzten Jahren durch eine Reihe von Testentwicklungen forciert (ZlatkinTroitschanskaia et al., 2014; Fritsch et al., 2015). Im Rahmen umfangreicher Validierungsstudien wurde gezeigt, dass es den Testinstrumenten überwiegend gelingt, die im Konstrukt spezifizierten kognitiven Facetten reliabel zu erfassen. Zugleich wurde jedoch deutlich, dass bei der freiwilligen Beantwortung solcher Low-Stakes-Tests, affektive und insb. testmotivationale Dispositionen der Testteilnahme und –beantwortung einen wesentlichen Einfluss auf die Testwerte haben (z.B. Cole et al., 2008; Leighton, 2015). Neben dem Fachwissen wird auch die Bereitschaft, die einzelnen Testaufgaben mit einem bestimmten Engagement zu beantworten in den Testwerten erfasst (z.B. Eklöf, 2006; Wise & DeMars, 2005). Mit Blick auf die Validität der Messung gilt es zu kontrollieren, inwieweit solche Dispositionen die Testwerte verzerren könnten. So kann – auch vor dem Hintergrund der Befunde aus dem sekundären Bereich (z.B. Pomplun & Richie, 2004) - angenommen werden, dass je länger ein Test dauert und je herausfordernder die Aufgabenstellungen sind, umso sensitiver zeigen sich die Ausprägungen der Testwerte gegenüber einer Veränderung (test)motivationaler Dispositionen der Probanden. Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist es zu analysieren, inwieweit Testwerte von Aufgaben mit varrierenden kognitiven Anforderungen, die durch das im Projekt WiWiKom spezifizierte Modell spezifiziert wurden (s. Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2014), durch testmotivationale Dispositionen determiniert werden. Aufgrund seiner vielfältigen und v.a. mathematischen Anforderungen stellt das interne ReWe gegenüber anderen wirtschaftswissenschaftlichen Inhaltsbereichen eine vergleichsweise komplexe Subdomäne dar (Preiss, 2005). Spiegelt sich diese Komplexität auch in den Testaufgaben wieder, so ist anzunehmen, dass Aufgaben mit variierenden Anforderungen Unterschiede in den Testwerten in den einzelnen Bearbeitungsphasen elizitieren. Um diese Annahme zu überprüfen wurden 20 Testaufgaben zum internen ReWe, die im Projekt WiwiKom übersetzt und nach den Test Adaption Guidelines (ITC, 2005) und den Standards for Educational and Psychological Testing (AERA et al., 2014) u.a. mittels Curriculaanalysen, Experteninterviews, Onlineratings, kognitiven Interviews mit Studierenden und in vier Feldstudien (N=10.217) an über 40 Standorten bundesweit adaptiert, weiterentwickelt und hinsichtlich der Kriterien „Inhalt“, „Antwortprozesse“, „interne Struktur“ und „Beziehung zu anderen Variablen“ umfassend validiert wurden (Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2014) in einem Testheftdesign (Youden-Square-Design) mit drei Positionen eingesetzt (Frey et al., 2009). Durch die Randomisierung der Testhefte war es möglich, identische Aufgaben zu verschiedenen Bearbeitungspositionen hinsichtlich Abweichungen in den Lösungshäufigkeiten zu analysieren und Rückschlüsse über die Sensitivität der Testwerte einzelner Aufgabengruppen gegenüber Veränderungen testmotivationaler Dispositionen der Probanden zu ziehen. Aufgaben, die stärker von diesen Dispositionen (mit)beeinflusst werden, weisen dies in einem stärkeren Rückgang erfolgreicher Aufgabenlösungen aus, während Aufgaben, die robust gegenüber diesen Veränderungen sind, eine geringere Änderung in den Aufgabenlösungen zeigen. Die hier präsentierten Befunde basieren auf einem Teildatensatz aus WiWiKom, der bei 3.783 Studierenden an 23 Hochschulen (15 Universitäten und 8 Fachhochschulen) bundesweit erhoben wurde. Die 20 Aufgaben wurden hierbei anhand von zwei Kriterien hinsichtlich ihrer kognitiven Anforderungen beschrieben: (1) algorithmische Anforderungen mit zwei Ausprägungen: mathematische vs. sprachliche Anforderungen sowie (2) graduelle Memorierungsleistung mit zwei Ausprägungen: Erinnern und Verstehen vs. Anwenden und Analysieren. Die Befunde zeigen, dass die Lösungshäufigkeiten von Aufgaben, wenn sie an der dritten Position in einem Testheft angeordnet sind, gegenüber der ersten und zweiten Position absinken. Im Rahmen von Low-Stakes-Testungen als erwartungskonform geltend, bedeutet dies, dass Aufgaben am Testanfang häufiger erfolgreich gelöst werden als am Testende. Dies kann generell als Indiz dafür gewertet werden, dass die Testmotivation auch in diesem Fachtest eine wesentliche Rolle spielt. Inwieweit dieser Effekt mit den unterschiedlichen kognitiven Anforderungen der Aufgaben variiert, wird aktuell u.a. in mehrebenenanalytischen IRT-Modellen untersucht und in dem Vortrag vorgestellt sowie die daraus folgenden Implikationen für die Validität der Messung auch unter dem Aspekt einer proximalen Erfassung der Testmotivation diskutiert. ID: 126 / A 04 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Berufliche Bildung Stichworte: Arbeitsethos, lebenslanges Lernen, biografische Berufsorientierungen, problematische Bildungskarrieren, autobiografisch-narrative Interviews Arbeitsethos als Katalysator für lebenslanges Lernen bei deutschen und englischen Kfz-Mechatronikern mit problematischen Bildungskarrieren Erika Gericke Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland Im Rahmen der qualitativen Vergleichsstudie Biografische Berufsorientierungen von Kfz-Mechatronikern in Deutschland und England ist für die aktuelle GEBF-Haupttagung insbesondere das Ergebnis interessant, dass ein stark ausgeprägtes Arbeitsethos als Katalysator für lebenslanges Lernen bei Kfz-Mechatronikern mit problematischen Bildungskarrieren wirkt. Theoretischer Hintergrund und Forschungsfragen Ausgangspunkt für die Studie waren zwei makrogesellschaftliche Entwicklungen: die gesteigerte Individualisierung und die rasante Technologieentwicklung in der Automobilbranche. Die gesteigerte Individualisierung entspringt (nach Beck 1986c, 2003) der Auflösung traditioneller Bindung sowie dem Verlust traditioneller Sicherheit, aber auch der Freisetzung des Individuums. Diese Veränderungen wirken sowohl auf die private Lebenswelt als auch die Berufswelt, d.h. erwerbssystemische Effekte wie flexibilisierte Erwerbsverläufe, die sich durch verschiedene, zum Teil auch parallel verlaufende Ausbildungs-, Arbeits- und Erwerbslosigkeitsphasen auszeichnen, sind sichtbar. Das Individuum bzw. der Erwerbstätige ist stärker gefordert (Stichwort Arbeitskraftunternehmer nach Voss/Pongratz 1998). Zudem stellt die rasant fortschreitende Technologieentwicklung permanent neue Anforderung an Erwerbstätige – insbesondere in Technikberufen. Mit Blick auf diesen makrogesellschaftlichen Kontext stellte sich die Frage: Welche biografischen Berufsorientierungen entwickeln Kfz-Mechatroniker in Deutschland und England? Orientierungen werden auch durch institutionelle Strukturen geprägt, gefördert bzw. verhindert. Im Rahmen der Studie wurde der Fokus auf die Rolle des nationalen Berufsausbildungssystems gelegt und gefragt: Welche Rolle spielt eine berufsorientierte (Deutschland) und eine fragmentierte (England) Berufsausbildung hinsichtlich der Entwicklung der biografischen Berufsorientierungen? Methode Beide Forschungsfragen zielten auf die Rekonstruktion des Zusammenspiels von Biografie und Beruf ab, da sich biografische Berufsorientierungen im beruflichen Handeln zeigen. Es wurden biografische Ressourcen, berufsbiografische Orientierungsprozesse und Handlungsstrategien rekonstruiert. Biografie wird verstanden als theoretisches „Konzept, [welches] strukturell auf der Schnittstelle von Subjektivität (Mikroebene) und gesellschaftlicher Objektivität (Makroebene) angesiedelt [ist]“ (Krüger/ Marotzki 2006:8). Es kamen biografieanalytische Forschungsmethoden zum Einsatz, da sie die Rekonstruktion dessen, wie ein Subjekt äußere Ereignisse erlebt und interpretiert und wie sich dies in dessen lebensgeschichtlichen Darstellung abgelagert hat, ermöglichen (vgl. Jakob 2010, Schulze 2006). Es wurden elf autobiografisch-narrative Interviews (vgl. Schütze 1981) mit deutschen und englischen Kfz-Mechatronikern durchgeführt, die durchschnittlich zwei Stunden dauerten und in zwei sozio-ökonomisch vergleichbaren Städten stattfanden. Diese Interviews wurden zweifach ausgewertet. Zum einen wurde die Narrationsanalyse (vgl. Schütze 1981, 1983) genutzt, um den Entwicklungsprozess der biografischen Berufsorientierungen rekonstruieren zu können. Zum anderen wurde nach der Grounded Theory (vgl. Strauss/Corbin 1996) kodiert, um die biografischen Berufsorientierungen klar herauszuarbeiten. Erst nachdem beide Analyseergebnisse miteinander in Beziehung gesetzt worden waren, konnten Muster biografische Berufsorientierungen sowie die Wahrnehmung nationalen institutioneller Strukturen rekonstruiert werden. Zunächst wurden die deutschen und englischen Fälle separat analysiert und untereinander verglichen. Erst im Anschluss erfolgte der deutsch-englische Vergleich. Dadurch wurde das Entgegenwirken des methodologischen Nationalismus‘ sichergestellt. Ergebnisse Auf der empirischen Ergebnisebene wurden drei Ergebnisse erzielt. Erstens konnten drei Muster biografischer Berufsorientierungen rekonstruiert werden, die sowohl für die deutschen, als auch die englischen Kfz-Mechatronikern gültig sind – obschon nationale Eigenheiten sichtbar wurden. Zweitens konnte nationenspezifisch die Wahrnehmung der zur Verfügung stehenden institutionellen Strukturen rekonstruiert werden. Drittens war es möglich Zusammenhänge zwischen den nationalen Eigenheiten in den Mustern der biografischen Berufsorientierungen und den nationalen Wahrnehmungen der institutionellen Strukturen zu erkennen. (vgl. Gericke 2014) Bezogen auf das Tagungsthema – Bildungserfolg unter schwierigen Bildungsbedingungen und Lebensspannenperspektive – zeigte sich in der Studie, dass ein ausgeprägtes Arbeitsethos bei den deutschen und englischen Kfz-Mechatroniker mit problematischen Bildungskarrieren als Katalysator für das lebenslange Lernen diente. Im Rahmen des Vortrags werden zwei Eckfälle – ein deutscher und ein englischer Kfz-Mechatroniker – vorgestellt, die exemplarisch für Kfz-Mechatroniker mit schwierigen Bildungsverläufen stehen. Herkunftsfamilie, Schulkarriere und Berufsausbildung sowie die zur Verfügung stehenden biografischen Ressourcen und die Entwicklungsrisiken werden als Markierungen für problematische Bildungskarrieren herangezogen. Des Weiteren wird aufgezeigt, wie ein ausgeprägtes Arbeitsethos als Antrieb für lebenslanges Lernen entwickelt und wie mit Behinderungen bzgl. des Auslebens des Arbeitsethos‘ umgegangen wird. ID: 127 / H 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Lernen mit Computer und neuen Medien, Motivation und Emotion Stichworte: ICT-Umgebung, Zielorientierungen, Strategiewahl Können induzierte Zielorientierungen smarte Bearbeitungswege in ICT Umgebung begünstigen? Lena Engelhardt1, Frank Goldhammer1,2, Johannes Naumann3,1, Katja Hartig3 1 Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Frankfurt am Main; 2Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien; 3Goethe-Universität Frankfurt am Main In ICT (Informations- und Kommunikationstechnologie)-Umgebungen können Ziele auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Muss vor der Fertigstellung einer Präsentation beispielsweise die Fußzeile angepasst werden, kann dies entweder manuell in iterativen Schritten auf jeder Folie erfolgen oder über das Menü in einem einzigen Schritt, was nicht nur weniger zeitaufwändig sondern auch weniger fehleranfällig ist. Eine solche Strategie, die sich die Technik für eine effizientere Bearbeitung zunutze macht (vgl. Bhavnani, Peck, & Reif, 2008; Carroll & Rosson, 1987), wird im Folgenden als „smart“ bezeichnet. Doch selbst erfahrene Computernutzer wenden nicht immer smarte Strategien an (Bhavnani & John, 2000). Eine mögliche Erklärung ist, dass hierarchiehöhere Ziele (bspw. die Präsentation schnell zu versenden) die Nutzung einer effizienten Strategie verhindern können (vgl. Charman & Howes, 2003). In dieser Studie wird untersucht unter welchen Bedingungen 15-jährige die Fußzeilen in einer simulierten Umgebung auf dem smarten Bearbeitungsweg ändern. Angelehnt an das 2x2 Schema von Elliot und McGregor (2001) erhielten die Schüler Instruktionen, die entweder ein Lernziel (das Lernen neuer Inhalte) oder ein Leistungsziel (die Aufgabe schnell lösen) induzierten. Orthogonal hierzu wurde entweder ein Annäherungsziel (Freude am Lernen bzw. dem Lösen der Aufgabe) oder ein Vermeidungsziel (Angst davor, die Aufgabe nicht zu lösen oder nichts zu lernen) induziert. Basierend auf Vorhersagen aus Theorie (Dweck, 2000) und auf empirischen Befunden (Ames & Archer, 1988; Elliott & Dweck, 1988; Lau & Nie, 2008) wird vermutet, dass eine induzierte Lernzielorientierung auf das Lernen neuer Inhalte fokussiert und die Wahrscheinlichkeit einer smarten Aufgabenbearbeitung erhöht, verglichen mit einer induzierten Leistungszielorientierung (H1). Es wird zudem vermutet, dass auch Ziele im Sinne einer Persönlichkeitseigenschaft die Wahrscheinlichkeit einer smarten Bearbeitung erhöhen. Analog wird hier ein positiver Einfluss der Lernzielorientierung, aber kein Einfluss der Leistungszielorientierung erwartet (Sujan, Weitz, & Kumar, 1994; VandeWalle, Brown, Cron, & Slocum, 1999; H2). Obwohl Erfahrung keine hinreichende Voraussetzung für effiziente Bearbeitung darstellt (Bhavnani & John, 2000), wird vermutet, dass individuelles aufgabenspezifisches Wissen (Sweller, 2008) sowie ICT-Fertigkeiten dennoch eine notwendige Voraussetzung darstellen und die Wahrscheinlichkeit einer smarten Bearbeitung dann erhöhen, wenn auch die induzierte Zielorientierung die Wahrscheinlichkeit einer smarte Bearbeitung erhöht (H3). Die Stichprobe bestand aus 277 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, die randomisiert den vier Instruktionsbedingungen zugeteilt wurden. ICT-Fertigkeiten wurden mit einem verhaltensbasierten Test gemessen, individuelle Zielorientierungen sowie aufgabenspezifisches Wissen wurden über Fragebogen erfasst. Logistische Regressionen ergeben, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer smarten Bearbeitung erhöhte, wenn die Instruktion Vermeidungsziele und nicht Annährungsziele induzierte (β = 0.71, p = .023) und nicht wie erwartet Lern- im Vergleich zu Leistungsziele (H1). Ein positiver Einfluss von individuellen Lernzielen auf einen smarten Bearbeitungsweg zeigte sich nur für Annährungs-Lernziele (β = 0.47, p = .034), jedoch nicht für Vermeidungs-Lernziele (H2) und wie erwartet nicht für die beiden Leistungszielorientierungen. ICT-Fertigkeiten erhöhten wie erwartet smartes Bearbeitungsverhalten (H3) bei einer induzierten Vermeidungszielorientierung (β = 1.20, p < .001) aber nicht Annährungszielorientierung (β = 0.52, p < .086). Ist aufgabenspezifisches Wissen vorhanden, führten eher induzierte Vermeidungs- als Annährungsziele zu einer smarten Aufgabenbearbeitung (χ² (1) = 4.25, p = .039). Die Ergebnisse untermauern die Vermutung, dass geeignete Instruktionen das Verhalten von Schülern bei der Bearbeitung von ICT-Aufgaben beeinflussen können. Anstelle eines Vorteils für instruktionsinduzierte Lern- vs. Leistungszielorientierung, zeigten sich Vorteile für instruktionsinduzierte Vermeidungs- vs. Annährungsziele. Bei persönlichen Lernzielen erhöhten AnnährungsLernziele die Wahrscheinlichkeit einer smarten Bearbeitung. Konsistent zu den Ergebnissen von H1 stellten induzierte Vermeidungsziele einen begünstigenden Faktor für eine smarte Aufgabenbearbeitung in Kombination mit höheren ICTFertigkeiten und aufgabenspezifischen Wissen dar. Umgebungsinduzierte Zielorientierungen können aber auch mit persönlichen Zielorientierungen interagieren (Murayama & Elliot, 2009), weshalb in weiteren Analysen untersucht werden soll, ob sich auch bestimmte Kombinationen von erhaltener Instruktion und persönlicher Zielorientierung auf das Bearbeitungsverhalten auswirken. ID: 128 / B 13 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Sonstiges Stichworte: evidenzbasierte Praxis; Kooperationen; Interviews; Transfer Hindernisse in der Kommunikation zwischen Bildungsforschung und Schulpraxis und deren Überwindung im Rahmen von Wissenschaft-Praxis-Kooperationen – Ergebnisse einer Interviewstudie Ulrike Hartmann, Jasmin Decristan Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Deutschland Hintergrund Seit etwa fünfzehn Jahren erfährt das Thema einer evidenzbasierten Bildungspraxis erhöhte Aufmerksamkeit in Bildungsforschung und Bildungspolitik. Unter diesem Begriff wird im weitesten Sinne verstanden, dass bewährte Theorien und einschlägige wissenschaftliche Befunde beim professionellen Handeln (z.B. von Lehrkräften) situationsangemessen berücksichtigt werden (Bauer, Prenzel & Renkl, 2015). In der Bildungsforschung ist eine rege Debatte über Evidenzbasierung im Bildungsbereich entbrannt. Häufig wird bemängelt, dass wissenschaftliche Befunde von der Praxis nur mit großer Verzögerung aufgegriffen werden (Gräsel, 2010). Von Kritikern wird angezweifelt, dass Befunde der empirischen Bildungsforschung einen unmittelbaren Nutzen für die pädagogisch tätigen Fachkräfte entfalten können (z.B. Hammersley, 2013). Die Debatte wird vornehmlich auf konzeptioneller und metatheoretischer Ebene geführt. Erst in den letzten Jahren wurden vermehrt empirische Zugänge entwickelt, die sich den Gründen für den oftmals unzureichenden Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis widmen. So haben bspw. Hetmanek und Kollegen (2015) die bei Lehrkräften verfügbaren Kompetenzen zur Auswahl und Bewertung empirischer Studien untersucht. Neben den Hindernissen für den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Schulpraxis wird diskutiert, in welcher Weise er stattfindet. Häufig impliziert das Leitmotiv evidenzbasierter Bildungspraxis, dass Wissenschaft primär als Sender von Evidenz agiert, und die Bildungspraxis als Empfänger/Nutzer wissenschaftlicher Befunde fungiert. Penuel et al. (2015) schlagen ein alternatives Modell vor, das Wissenschaft und Praxis als potentielle Partner ansieht, die miteinander in Kontakt treten können und somit wechselseitig voneinander lernen können. Sie greifen in ihrem Modell auf das Konzept des boundary crossings (Akkerman & Bakker, 2011) zurück, einem Konzept aus der kulturhistorischen Lerntheorie. Für den Kontext von WissenschaftPraxis-Kooperationen bedeutet dies, dass Lernen dann stattfindet, wenn bestehende Grenzen zwischen Wissenschaft und Schulpraxis im direkten Kontakt überwunden werden können. Für die Akteure geht diese Überwindung zunächst mit Gefühlen von Unsicherheit einher, beinhaltet jedoch das Potential, durch neu entwickelte Routinen Wissenschaft und Praxis näher aneinander heranzuführen. Die vorliegende empirische Studie schließt an diese Debatte an. Es soll gezeigt werden, welche Herausforderungen die Forderung nach Evidenzbasierung an beide Akteursgruppen stellt. Weiterhin werden anhand der Interviewauszüge boundary crossings im Sinne von Akkerman & Bakker (2011) nachgezeichnet. Methode Im Frühjahr 2015 wurden halbstandardisierte Interviews mit zehn BildungsforscherInnen und zehn Lehrkräften geführt. Die Personen wurden nach Herausforderungen befragt, mit denen sie sich bei der Vermittlung bzw. Aufnahme wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Schulpraxis konfrontiert sehen. Zudem wurden Situationen exploriert, in denen es direkten Austausch zwischen den beiden Akteursgruppen gibt. Die Auswertung der Transkripte erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring, basierend auf den in der Literatur genannten Hindernissen für den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Schulpraxis, ergänzt um eine induktive Kategorienbildung. Ergebnisse Es werden zunächst Hindernisse aufgezeigt, die bei der Vermittlung und der Aufnahme wissenschaftlicher Erkenntnisse in beiden Akteursgruppen bestehen. Die Hindernisse, die von Personen beider Gruppen genannt werden, lassen sich in fünf Kategorien unterteilen. 1. die vorhandenen bzw. mangelnden Ressourcen, z.B. zeitliche, strukturelle oder individuelle. 2. Probleme der Passung von Wissenschaft und Schulpraxis, z.B. eine mangelnde inhaltliche Passung von wissenschaftlichen Befunden und praktischem Nutzen, unterschiedliche Anreizsysteme und Zeithorizonte. 3. das Fehlen geeigneter Formate für Kommunikation und Austausch. 4. emotionale und motivationale Aspekte. Als fünfte Kategorie von Hindernissen wird die Annahme eines linearen Transfers mit der Wissenschaft als Sender und der Schulpraxis als Empfänger wissenschaftlicher Erkenntnisse genannt. Diese ersten empirischen Befunde schließen an die konzeptuell geführten Debatten zur Evidenzbasierung im Bildungsbereich an. Weiterhin werden Interviewauszüge analysiert, die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Schulpraxis beinhalten. An den Textstellen lässt sich zeigen, dass im direkten Austausch beider Gruppen nicht ausschließlich eine einseitige Weitergabe wissenschaftlicher Evidenz an die Schulpraktiker stattfindet, sondern dass ein wechselseitiger Austausch auf Augenhöhe stattfindet, von dem beide Seiten profitieren. Beispiele für boundary crossings werden vorgestellt, die Herausforderungen und Potentiale illustrieren, wenn Wissenschaft und Praxis miteinander in Kontakt treten. ID: 131 / A 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Metamodeling Knowledge, Modelle, Beispielaufgaben, Intervention Einfluss von fachwissenschaftlichen Informationen auf das Lernen von Metamodeling Knowledge mit Beispielaufgaben Anja Czeskleba, Philipp Schmiemann Universität Duisburg-Essen, Deutschland Modelle sind zentrale Bestandteile des Biologieunterrichts. Dennoch verfügen Schülerinnen und Schüler größtenteils lediglich über ein basales Verständnis von Modellen und Modellbildung (u. a. Grünkorn, Upmeier zu Belzen, & Krüger, 2014). Empirisch ist zudem bislang nur wenig untersucht, wie Modellkompetenz im Unterricht effektiv gefördert werden kann. Aktuellen Ansätzen zur Förderung ist gemein, dass sie der Vermittlung von Metawissen über Modelle und Modellbildung (Metamodeling Knowledge; MMK) eine entscheidende Rolle im elaborierten Umgang mit Modellen zusprechen (z. B. Schwarz et al., 2009; Upmeier zu Belzen & Krüger, 2010). MMK umfasst dabei Wissen über Natur, Zweck und Testkriterien von Modellen. Verschiedene Untersuchungen deuten darauf hin, dass das domänenspezifische Vorwissen über das modellierte Phänomen einen wichtigen Faktor beim Erlernen von MMK-Inhalten darstellt (vgl. Schwarz et al., 2009). Relevant für einen effektiven Unterricht ist zudem die Kenntnis, inwiefern sich Fachinformationen und der Zeitpunkt ihrer Vermittlung – der ja insbesondere für der Planung von Unterricht wichtig ist – den Lernerfolg im Bereich MMK beeinflussen. In dieser Studie wurde daher untersucht, inwieweit sich der Vermittlungszeitpunkt von Informationen zum fachwissenschaftlichen Inhalt des Modells auf den Lernerfolg im Bereich MMK sowie auf die Lernstrategien der Probanden auswirkt. Folgende Fragen werden in dieser Studie untersucht: FF1: Inwiefern beeinflussen Informationen zum fachwissenschaftlichen Inhalt eines Modells sowie der Zeitpunkt, zu dem diese den Lernenden zugänglich gemacht werden, den Lernerfolg im Bereich MMK? FF2: Inwiefern unterscheiden sich die Lernenden in ihren Lernstrategien beim Lernen von MMK in Abhängigkeit vom Zeitpunkt, zu dem ihnen Informationen über den fachwissenschaftlichen Inhalts des Modells zugänglich gemacht werden? Die Studie erfolgte im Pre-Post-Design (N = 320; Jhg. 5/6). Als Lernmaterial für die Intervention wurden Beispielaufgaben (Atkinson, Derry, Renkl, & Wortham, 2000) genutzt. Der Lernzuwachs wurde durch MC-Aufgaben erhoben (Modell-Skala: 25 Items; α = .84 / BKL-Skala: 18 Items; α=.72). Die Probanden wurden gleichmäßig auf drei Lerngruppen verteilt und erhielten identische Beispielaufgaben zum Thema Metamodeling Knowledge. Variiert wurde der Zeitpunkt, zu dem fachwissenschaftliche Informationen (Blutkreislauf; BKL) zu Verfügung gestellt wurden: E1 erhielt die Informationen zum Blutkreislauf vorab und lernte anschließend zu MMK. Bei E2 waren die BKL-Informationen in die Beispielaufgaben integriert. Die Kontrollgruppe (KG) erhielt keine Informationen zum Blutkreislauf, sondern zu einem nicht themenrelevanten Inhalt vorab. Der Lernzuwachs wurde durch Varianzanalysen berechnet. Die Lernstrategien (Selbsterklärungen) wurden mit Protokollen Lauten Denkens erhoben und in einer Substichprobe mit Hilfe eines Kategoriensystems inhaltsanalytisch ausgewertet (n = 24). Die Versuchsgruppen unterscheiden sich nicht bezüglich ihres Vorwissens (weder BKL noch MMK). Aber der Vermittlungszeitpunkt des Fachwissens beeinflusst den Lernerfolg im Bereich Metamodeling Knowledge: Integriert Lernende (E2) zeigen einen höheren Lernerfolg im Bereich MMK als sequentiell Lernende (E1; p < .001; d = 0,52). In den Analysen der Lernstrategien zeigen sich unterschiedliche Muster der verwendeten Lernstrategien in den verschiedenen Versuchsgruppen. Beispielsweise arbeiten Probanden aus Treatments E2 deutlich intensiver mit den Lernmaterialien als Probanden der E1. Diese beziehen sich bei der Bearbeitung eher auf ihr Vorwissen. Eine integrierte Vermittlung erleichtert den Probanden das Erlernen von MMK. Sehr wahrscheinlich weil das erforderliche Fachwissen an den notwendigen Stellen bereitgestellt bekommen. Dadurch werden die beiden Bereiche sinnvoll und lernförderlich miteinander verknüpft, ohne zusätzliche kognitive Ressourcen (Sweller, Merrienboer, & Paas, 1998) zu beanspruchen. Für den Schulunterricht ist daher eine zeitgleiche Vermittlung von Fachwissen und Metamodeling Knowledge zu empfehlen. ID: 133 / C 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Mathematik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Kognitive Aktivierung, videobasierte Onlinefortbildung, Mathematiklehrkräfte, eigene und fremde Unterrichtsvideos Erwerb von Professionswissen zur kognitiven Aktivierung anhand eigener und fremder Unterrichtsvideos – eine videobasierte Onlinefortbildung Petra Richey1, Marc Kleinknecht2, Thorsten Bohl1, Timo Leuders3 1 Universität Tübingen, Deutschland; 2Technische Universität München, Deutschland; 3Pädagogische Hochschule Freiburg, Deutschland Kognitive Aktivierung gilt als zentrales Unterrichtsmerkmal für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand und für die Leistungsentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Ein positiver Zusammenhang von kognitiver Aktivierung und dem Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler wurde in vielen Studien belegt; ebenfalls belegt ist die seltene Realisierung kognitiver Aktivierung im Unterricht leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler (u.a. Bohl et al. 2012). In der COACTIV-Studie konnte zudem festgestellt werden, dass das Ausmaß an kognitiver Aktivierung im Unterricht allein auf das fachdidaktische Professionswissen der Lehrkräfte zurückzuführen ist (Baumert & Kunter, 2011), das bei Lehrkräften leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler bedingt durch den Lehramtszugang deutlich schwächer ausgeprägt ist (u.a. Baumert & Kunter, 2011). Für die Erfassung und Erweiterung des situations- und kontextgebundenen Professionswissens stellen Unterrichtsvideos ein geeignetes Medium dar (u.a. Krammer & Reusser 2005), wobei die Arbeit mit eigenen oder fremden Videos unterschiedliche motivationale, emotionale und kognitive Prozesse initiiert (u.a. Kleinknecht & Schneider 2013), die bisher nicht hinreichend untersucht worden sind. Daher wurde im DFG-Projekt „Erwerb von Professionswissen zur kognitiven Aktivierung anhand eigener und fremder Unterrichtsvideos“ eine Onlinefortbildung für Mathematiklehrkräfte leistungsschwächerer Schüler/innen erprobt. In einem quasiexperimentellen Design (N=88) wurde untersucht, ob das Wissen zur kognitiven Aktivierung durch eine videobasierte Intervention erweitert werden kann und wie sich der Medientyp auf den Wissenszuwachs, auf motivationale, emotionale und kognitive Prozesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie auf die Zufriedenheit mit der Fortbildung und die selbsteingeschätzte Wirksamkeit der Fortbildung auswirkt. Um den Wissenszuwachs auf die videobasierte Intervention zurückführen zu können, wurde eine Kontrollgruppe eingesetzt. Um die Effekte eigener und fremder Unterrichtsvideos zu identifizieren, wurden die Merkmale des Mediums variiert: Das Professionswissen zur kognitiven Aktivierung wurde durch acht Videovignetten mit Sequenzen eines fremden Unterrichtsvideos vor und nach der Intervention erfasst und durch Informationstexte zur kognitiven Aktivierung sowie durch acht Sequenzen des eigenen oder eines fremden Unterrichtsvideos erweitert. Hinsichtlich des Medientyps bestehen geringe, überwiegend nicht signifikante Unterschiede zugunsten der Arbeit mit dem eigenen Video auf motivationale, emotionale und kognitive Prozesse sowie auf die Zufriedenheit mit der Fortbildung und die selbsteingeschätzte Wirksamkeit. Der Wissenszuwachs (Pre-Post-Test) wird zurzeit analysiert. Entsprechend des Designs wurden abhängige Daten in den verschiedenen Gruppen erhoben. Nach einer inhaltsanalytische Auswertung der offenen Fragen des Pre-Post-Tests sind daher Varianzanalysen mit Messwiederholung zur Identifikation von Haupt- und Interaktionseffekten (ANOVA) geplant sowie hierarchisch lineare Modelle, da im Pre-Post-Test mehrere Videovignetten pro Person verwendet wurden und sich das Vorhaben insofern als sog. cluster non-randomized trial auffassen lässt. Durch die Ergebnisse des Projekts werden weitere Befunde zur Wirkung eigener und fremder Videos sowie zur Wirkung, Annahme und Durchführung von Onlinefortbildungen erzeugt, um neben dem geeigneteren Medientyp ebenfalls zu ermitteln, ob Onlinefortbildungen eine geeignete Alternative zu herkömmlichen Fortbildungen darstellen. ID: 134 / H 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Schulentwicklung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Unterrichtsqualität, Schuleffektivität, Mathematik, Naturwissenschaften, Längsschnitt Unterrichtsqualität und bildungsbezogene Ungleichheiten hinsichtlich des Kompetenzzuwachses in Mathematik und Naturwissenschaften – Vertiefende Analysen zu Cross-Level-Effekten an Grundschulen in Deutschland Mario Vennemann1, Birgit Eickelmann1, Heike Wendt2, Drossel Kerstin1 1 Universität Paderborn, Deutschland; 2Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS), TU Dortmund, Deutschland Ein vielbeachteter Befund der empirischen Bildungsforschung der letzten Jahre ist, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler im selben Maße von Schule und Unterricht profitieren. Für die Sekundarstufe I ist aus vertiefenden PISA-Analysen (PISA-I-Plus; vgl. Prenzel et al., 2006) bekannt, dass beispielsweise etwa ein Drittel der 15-jährigen Jugendlichen im Laufe eines Schuljahres mathematische bzw. naturwissenschaftliche Kompetenzen nicht weiterentwickelt und dass neben individuellen Hintergrundmerkmalen Faktoren der Unterrichtsqualität mit der Kompetenzentwicklung in den betrachteten Domänen in Zusammenhang stehen (Ehmke, Blum, Neubrand, Jordan & Ulfig, 2006; Senkbeil, 2006). Für den Primarbereich lagen in Bezug auf die Kompetenzentwicklung über einen längeren Zeitraum lediglich vereinzelte Studien mit regionalem Bezug vor, die eine Überprüfung dieses Sachverhalts auch für Grundschülerinnen und Grundschüler ermöglichten (u.a. SCHOLASTIK, vgl. Helmke & Weinert, 1997; ELEMENT, vgl. Lehmann & Lenkeit, 2008 etc.). Mit der ADDITION-Studie (A Dynamic Effective Knowledge Base for Quality in Education), die von der European Science Foundation (ESF) gefördert wird, wird jedoch eine Untersuchung vorgelegt, mit der die Fragestellung nach der Relevanz der Unterrichtsqualität für die mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzentwicklung von Grundschülerinnen und Grundschülern auf Grundlage einer repräsentativen Datenbasis, in längsschnittlicher Perspektive und mit Instrumenten aus der Trends in International Mathematics and Science Study (TIMSS) bearbeitet wird (vgl. Creemers et al., 2013). Im Rahmen der ADDITION-Studie wurden in Deutschland die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen von Grundschulkindern in einer repräsentativen Schulstichprobe (N = 54) zu zwei Messzeitpunkten (Anfang und Ende der vierten Klassenstufe) gemessen. Ergänzt wurde die Datenbasis weiterhin durch einen Schülerfragebogen, durch den u.a. Dimensionen der Unterrichtsqualität (z.B. effektive Nutzung von Unterrichtszeit, Strukturiertheit etc.; vgl. Creemers & Kyriakides, 2008) sowie individuelle und familiäre Merkmale der Grundschülerinnen und Grundschüler erfasst wurden. Auf der Grundlage der ADDITION-Datenbasis wird mit dem vorliegenden Beitrag die oben beschriebene Forschungslücke zur Untersuchung von Faktoren zur Kompetenzentwicklung von Grundschulkindern im Laufe des vierten Schuljahres fokussiert. Der vorliegende Beitrag bearbeitet dazu die folgenden forschungsleitenden Fragestellungen: 1. Ob und inwieweit wirken sich verschiedene, durch Grundschülerinnen und Grundschüler wahrgenommene Merkmale von Unterrichtsqualität auf die Kompetenzentwicklung in Mathematik und Naturwissenschaften im Verlauf eines Schuljahres auch unter Kontrolle zentraler Hintergrundmerkmale aus? 2. Inwieweit wird der Zusammenhang zwischen individuellen Hintergrundmerkmalen und der Kompetenzentwicklung durch die Dimensionen der Unterrichtsqualität moderiert? Mittels hierarchisch-linearer Modelle (HLM, vgl. Raudenbush & Bryk, 2002) wird zur Beantwortung der Fragestellungen zunächst untersucht, inwieweit verschiedene, im Rahmen von ADDITION erfasste Merkmale von Unterricht dazu beitragen, die mathematischen bzw. natur-wissenschaftlichen Kompetenzen von Grundschulkindern auch unter Kontrolle zentraler Hintergrundmerkmale und des mathematischen bzw. naturwissenschaftlichen Vorwissens vorherzusagen (Random Coefficient Modelle) und ob zudem differentielle Effekte festgestellt werden können (Random Slope Modelle). Die für den vorliegenden Beitrag durchgeführten Analysen werden mit Mplus7 (vgl. Muthén & Muthén, 2012) unter Berücksichtigung der komplexen Stichprobe und der hierarchischen Datenstruktur durchgeführt. Die Mehrebenenanalysen zeigen, dass unter Kontrolle individueller Hintergrundmerkmale und des Vorwissens kein eigenständiger Effekt der Unterrichtsqualität für die mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzentwicklung im Laufe eines Schuljahres nachgewiesen werden kann (Forschungsfrage I). Vielmehr können zur Aufklärung von Unterschieden in der mathemati-schen und naturwissenschaftlichen Kompetenzentwicklung individuelle Merkmale wie das Vor-wissen, der Migrationshintergrund oder das kulturelle Kapital der Schülerinnen und Schüler her-angezogen werden (R2L1 = .46 bzw. .45). Hinsichtlich differentieller Effekte zeigen die spezifi-zierten Cross-Level-Effekte zudem, dass beispielsweise an Schulen, an denen der Zusammenhang zwischen den Hintergrundmerkmalen der Schülerinnen und Schüler zwischen Schülern signifikant variiert und weiterhin an Schulen, an denen die Schülerinnen und Schüler das Zeitma-nagement ihrer Lehrkräfte im Mittel hoch einschätzen, der Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlicher Kompetenzentwicklung und dem Migrationshintergrund höher ausfällt als an Schulen, an denen das Zeitmanagement im Mittel weniger hoch eingeschätzt wird (Forschungsfrage II). Im Beitrag werden weitere Cross-Level-Effekte vertiefend untersucht und vor dem Hintergrund des Beitrages der empirischen Bildungsforschung zur Qualitätsentwicklung im deutschen Schulsystem diskutiert. ID: 135 / B 17 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Motivation und Emotion Stichworte: Need for Cognition, Investment Traits, Studienerfolg, Studienzufriedenheit, Studienleistung Freude am Studium ohne Freude am Denken? Die Bedeutung von Need for Cognition für Studienerfolg und Studienerleben Julia Grass, Anja Strobel Technische Universität Chemnitz, Deutschland Einleitung. Mit dem Investment-Trait Need for Cognition (NFC, Cacioppo & Petty, 1982) werden systematische interindividuelle Unterschiede von Personen in der Neigung beschrieben, Freude an kognitiv komplexen Aufgaben zu erleben und Aufwand in deren Bearbeitung zu investieren. NFC weist enge Verbindungen zu individuellen Unterschieden in der Informationsverarbeitung auf: Höheres NFC geht mit zentralerer Verarbeitung, der Berücksichtigung vielseitiger Informationen bei der Meinungsbildung sowie einer stärkeren Elaboration von Denkinhalten einher (vgl. Cacioppo, Petty, Feinstein & Jarvis, 1996). Als motivationales Merkmal ist es von kognitivem Potential abgrenzbar: Die Zusammenhänge zu Intelligenz liegen maximal im mittleren Bereich. Verschiedene Studien stellten in der Vergangenheit Bezüge von NFC zu akademischen Leistungen her. So fanden sich negative Zusammenhänge mit schulischem Underachievement (Preckel, Holling & Vock, 2006) oder schulischer Klassenwiederholung (Bertrams & Dickhäuser, 2009), positive Zusammenhänge wiederum mit Schulnoten (z.B. Preckel, 2014). Richardson, Abraham und Bond (2012) fanden in einer Metaanalyse kleine positive Zusammenhänge von NFC zur Studien-Durchschnittsnote. NFC zählte gemeinsam mit Gewissenhaftigkeit und Prokrastination zu den drei stärksten Prädiktoren im Bereich der Persönlichkeit. Fragestellung. Während in bisherigen Studien zur Vorhersage akademischen Erfolgs maßgeblich die Leistung im Studium als Indikator für Erfolg genutzt wurde, wurde das Studienerleben nur wenig in die Betrachtung einbezogen (vgl. Trapmann, Hell, Hirn & Schuler, 2007). Neben der Vorhersage von Leistung liegt jedoch nahe, dass NFC auch beeinflusst, auf welcher Grundlage Studienbewerber sich für ein Studium entscheiden, welche Emotionen sie bei der Beschäftigung von häufig komplexen Studieninhalten empfinden und welche Motivation sie auch bei Leistungsrückschlägen für ihr Studium aufbringen. Die vorgestellte Studie verfolgte deshalb das Anliegen, NFC umfassend als Prädiktor von Studienleistung und Studienerleben zu betrachten. Vorgehen. In einer breiten Studierendenstichprobe (N = 396, M = 24.08 ± 4.72 Jahre) verschiedener Fachrichtungen wurden Studienleistungen, Studienzufriedenheit, Abbruchgedanken und die voraussichtliche Einhaltung der Regelstudienzeit erhoben. Weiterhin wurde retrospektiv erfasst, ob jemals ein Studium/eine Ausbildung abgebrochen oder das derzeitige Studium unterbrochen wurde. Diese Kriterien wurden gemeinsam mit NFC und weiteren etablierten Persönlichkeitsmerkmalen zur Vorhersage von Studienerfolg per Onlineerhebung erfasst. Ergebnisse. Es fanden sich erwartungsgemäß Zusammenhänge mit NFC um r = .20 für verschiedene Aspekte von Studienleistungen. Zusammenhänge von NFC mit darüber hinaus einbezogenen Erfolgskriterien waren r = .38 für Studienzufriedenheit, r = .18 für Abbruchgedanken und r ≈ .10 mit einem früheren Ausbildungs-/Studienabbruch oder einer Studienunterbrechung. Zur Beurteilung der Bedeutsamkeit von NFC für die Vorhersage von Studienerfolg wurden Regressionen (Einschlussmethode) für die Kriterien Studienleistungen, Studienzufriedenheit und Abbruchgedanken berechnet. Für eine möglichst aussagekräftige Vorhersage wurden neben den Prädiktoren auch relevante Kriterien einbezogen, wenn eine wechselseitige Beeinflussung nahelag (z.B. Studienleistungen zur Vorhersage der Studienzufriedenheit). Dabei zeigte sich NFC als bedeutsamer Prädiktor für Studienzufriedenheit. Für die Vorhersage von Studienleistungen und Abbruchgedanken war NFC zunächst kein signifikanter Prädiktor. Für eine differenzierte Betrachtung wurden deshalb vermittelnde Zusammenhänge untersucht. Der Effekt von NFC auf Studienleistungen wurde durch den Zusammenhang mit Studienzufriedenheit und Schulleistungen vermittelt, während maßgeblich Studienzufriedenheit die Assoziation von NFC mit Abbruchgedanken vermittelte. Schlussfolgerung. Die Ergebnisse zeigen, dass NFC nicht nur akademische Leistungen vorhersagt, sondern vor allem auch ein bedeutsamer Prädiktor für die Studienzufriedenheit ist. Da die Zufriedenheit wiederum maßgeblich bestimmt, ob Personen ein Studium abschließen und ob Sie später auch längerfristig in ihrem Berufsfeld arbeiten, wird einmal mehr die Bedeutung von NFC im Zusammenhang mit Studienerfolg offenbar. Diese legt zum Beispiel nahe, NFC neben Schulleistungen zur Auswahl von Studienbewerbern einzubeziehen bzw. sich um die Förderung von NFC zu bemühen. ID: 137 / A 14 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochschulbildung Stichworte: ErstakademikerInnen; Studieneingangsphase; Bildungsungleichheit Wie unterscheiden sich die Bildungsvoraussetzungen von ErstakademikerInnen beim Studienstart und wie wirken sich diese in der Studieneingangsphase aus? Matthias Böttcher, Alexander Balko, Meike Scharfenort, Marc Wietzke Westfälische Hochschule Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen Mit der Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen war die Erwartung verbunden, verstärkt Studienberechtigte aus nichtakademischen Elternhäusern zur Aufnahme eines Studiums zu bewegen. Forschungsbefunde zeigen, dass dies bisher kaum gelungen ist (Maaz 2006; Schindler & Reimer 2010). So nehmen 77 von 100 Kindern aus Akademikerfamilien ein Studium auf, jedoch „landen“ nur 23 von 100 Kindern aus Nicht-Akademikerfamilien an einer Hochschule (Middendorff et al. 2013). Nur wenig Aufmerksamkeit wurde der Frage gewidmet, ob sich soziale Unterschiede auch im Hinblick auf den Studienerfolg beobachten lassen. Es ist zu vermuten, dass sich Kindern aus Nicht-Akademikerfamilien, die tatsächlich ein Studium aufnehmen, im Vergleich zu StudienanfängerInnen aus einem akademischen Elternhaus größere Barrieren für einen erfolgreichen Studienabschluss stellen. Neben geringen fachlichen Kenntnissen, die auf die Erlangung der Studienberechtigung über alternative Wege zurückzuführen sind (Schindler 2014; Schindler 2012), dürften hierbei fehlende Vorbilder sowie Informationslücken über den für Erstakademiker neuen „Kosmos Hochschule“ eine Rolle spielen. Der vorliegende Beitrag widmet sich der Frage, welche Zusammenhänge zwischen der Bildungsherkunft von Bachelorstudierenden und dem Studienerfolg bestehen. Als Studienerfolg wird dabei der Verbleib im Studium nach dem ersten Fachsemester definiert. Die Fokussierung auf diesen Zeitraum ergibt sich dadurch, dass der Studienstart entscheidend ist für den späteren Verlauf des Studiums. Bei der Erklärung von Bildungsungleichheiten werden primäre und sekundäre Effekte der sozialen Herkunft unterschieden (Boudon 1974). Primäre Effekte bezeichnen alle Faktoren, die dazu führen, dass Personen unterschiedlicher sozialer Schichten unterschiedliche Kompetenzen erlangen. Solche interindividuellen Leistungsunterschiede werden auf eine unterschiedliche Ressourcenausstattung zurückgeführt (Boudon 1974; Erikson & Jonsson 1996). Sekundäre Effekte entstehen, wenn trotz gleichen Leistungsniveaus unterschiedliche, von der sozialen Herkunft abhängige Bildungsentscheidungen getroffen werden. Eine solche Entscheidung hinsichtlich eines möglichen Studienabbruchs insbesondere in der Studieneingangsphase könnte in Anlehnung an Boudon auch von der sozialen Herkunft beeinflusst werden, da die Kosten-Nutzenerwartung eines erfolgreich abgeschlossenen Studiums unterschiedlich ist. Vor dem Hintergrund dieser theoretischen Überlegungen sollen folgende Fragestellungen beantwortet werden: (1) Wie unterscheiden sich die Eingangsvoraussetzungen von Erstakademiker- und Akademikerkindern? (2) Unterscheidet sich der Studienverlauf von Studierenden aus nicht-akademischen Elternhäusern und inwieweit ist dieses auf unterschiedliche Eingangsvoraussetzungen zurückzuführen? Für diesen Beitrag wurde der Studienverlauf der Studieneingangskohorte 2014/15 der Westfälischen Hochschule untersucht. BildungsaufsteigerInnen spielen für die Hochschule eine besondere Rolle, da die drei Hochschulstandorte in Regionen liegen, in denen der Bevölkerungsanteil mit akademischem Abschluss deutlich geringer ist als in anderen Städten und Kreisen NordrheinWestfalens (IT NRW 2014a) und der Studierendenanteil aus dem räumlichen Umfeld der Hochschule sehr hoch ist (IT NRW 2014b). Eine im Rahmen der Immatrikulation durchgeführte Umfrage ergab, dass von den gut 2.100 StudienanfängerInnen im WS 2014/15 knapp 70% aus Nichtakademiker-Familien stammen. Eine Analyse des Bildungshintergrunds der StudienanfängerInnen bestätigt, dass ErstakademikerInnen mit tendenziell ungünstigeren Voraussetzungen an die Hochschule gelangen. Von den ErstakademikerInnen hatten vor dem Studium ca. 41% das Abitur erworben (N= 1393), während es bei der Vergleichsgruppe 55% waren (N=729). Trotz dieser ungünstigen Bildungsvoraussetzungen scheinen ErstakademikerInnen ähnlich erfolgreich im Studium zu sein, wie StudienanfängerInnen aus akademischen Elternhäusern. Die Analyse wird anhand von Prozessdaten vorgenommen, wobei die betrachtete Studienanfängerkohorte die Grundgesamtheit darstellt. Um unterschiedliche Studienabbruchquoten hinsichtlich des Erstakademikerstatus zu kontrollieren, gibt ein logistisches Modell nicht hinreichend valide Schätzer wider, da die Studienabbruchquote stark nach besuchtem Studiengang variiert. Um diesen Differenzen zu begegnen wurde ein logistisches Mehrebenenmodell gerechnet, das der Varianz der Abbruchquoten in den einzelnen Studiengängen Rechnung trägt (vgl. Gelman & Hill 2009). Zusätzlich zum Erstakademikerstatus wurden als Kovariablen Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund und Art der HZB in das Modell aufgenommen. Hierbei ergab sich bei den fixen Effekten, dass Erstakademiker nur eine geringfügig höhere Wahrscheinlichkeit (7%) hinsichtlich eines Studienabbruchs aufweisen, wohingegen andere Kovariablen einen deutlich stärken Einfluss auf das Studienabbruchrisiko ausüben. ID: 138 / H 01 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrerexpertise Stichworte: teachers' decision making, stereotypical beliefs, formal decision rules, theoretical knowledge, accuracy Theoretical knowledge and formal decision rules: Can we reduce bias in orientation decisions? Ineke Pit-ten Cate1, Sabine Krolak-Schwerdt1, Thomas Hörstermann1, Sabine Glock2 1 University of Luxembourg; 2Bergische Universität Wuppertal In Luxembourg and Germany, entry into secondary school is based on an orientation process, whereby teachers play a key role in deciding which track would be most suitable for the student. Although the orientation should be based on academic achievement, research has shown non-achievement-related variables to influence decisions. Particularly in Luxembourg, ethnic minority students are underrepresented in the highest track, even after controlling for academic achievement. This disadvantage might be partially due to teachers’ stereotypical beliefs, which might bias teachers’ orientation decisions. Decisions result from a cognitive process which involves both the search for information and the application of (implicit) rules regarding the use of such information. This information integration may infer a balanced weighing of cues, however stereotypical beliefs might affect these processes. One strategy to reduce bias is to provide theoretical knowledge on judgment formation and training under feedback conditions. Another strategy is to apply formal decisions rules on the weighted integration of information. Such rules contain a defined weighting of the key information that teachers use in the decision making process. This study aimed to evaluate the effect of training modules concerning the above mentioned strategies to reduce disadvantages for ethnic minority students in orientation decisions. Using an experimental pre-post design, we investigated the effect of training on the reduction of bias in orientation decisions, especially bias against ethnic minority students. We delivered separate workshops on theoretical knowledge and the application of decision rules to experienced teachers (N=9 and N=21, respectively). Teachers were asked to make orientation decisions for students based on vignettes before and after the workshops. In the first workshop, we introduced theoretical models of judgment formation and gave teachers feedback concerning their orientation decisions and student related inferences. We presented an overview of theories regarding decision making and accuracy, and discussed factors and conditions affecting the application of different information processing strategies. Then, teachers interactively developed strategies for making orientation decisions, which they applied under feedback conditions. The second workshop focused on the application of formal rules on the weighted integration of student information. We devised a computerized training module comprising of four different stages, in which teachers first rated the relevance of different student attributes for the orientation decision. Subsequently, individual decision rules were computed, reflecting an optimized prediction in accordance with the teacher’s intended decision making strategy. Then teachers made orientation decisions after which they received immediate feedback about the concordance between the predicted and actual decision. We analyzed the orientation decision accuracy using a 2×2×2 mixed ANOVA, with type of workshop (theory vs. formal rules) varying between participants and student ethnicity (minority vs. majority) and intervention (before and after workshop) varying within participants. Although results showed no significant main effects for ethnicity or intervention, a significant ethnicity × intervention interaction effect was found, F(1,28)=8.14, p<.01, Eta-squared=0.23. Before the workshops, teachers’ orientation decisions were less accurate for ethnic minority students, whereas after training this bias disappeared. Teachers became only more accurate in their decisions for ethnic minority students. Results were independent of the type of workshop. Disadvantages for ethnic minority students in teachers’ orientation decisions can be reduced by training. In line with the intention of the workshops, the disproportionally high rate of decision errors for ethnic minority students before the workshops was eliminated and in line with error rates for ethnic majority students after the workshop. Thus, increasing awareness of effects of stereotypical beliefs on judgments, either via theoretical knowledge or the systematic application of formal decisions rules, can successfully reduce differences in decisions for ethnic minority and majority students, promoting equal decision accuracy for all students. ID: 142 / E 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Deutsch Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lese- und Sprachförderung Stichworte: phonological awareness, verbal working memory, long term memory, mixed-ability classroom, language training Language Acquisition Training in a Classroom Setting Ora Melles, Marianne Schuepbach Uni Bamberg, Schweiz Theoretical Background Based on recent surveys, half of all Swiss school children undergo therapy in an effort to solve learning problems (Baumann & Alber, 2011). These forms of treatment take place either during or after school time. The purpose of this study was to trace the effects of a language therapy program created by the University of Zurich Language Pathology department for individual children with more severe language acquisition disabilities, on normally developed 3rd grade students attending Swiss schools. Cognitive Language Acquisition Training in the Classroom (CLAT) aims at strengthening the verbal working memory and long-term memory of the participants. Insights can assist in developing language learning material, individualized training programs and as a tool for improving language acquisition capacity within a classroom setting. Most language training programs are devoted to improving the literacy skills of children who exhibit poor language skills. For instance, in a study by the UK National Reading Panel, only four of the 14 language programs compared were devoted to improving the literacy skills within a class setting (Torgerson, Brooks, & Hall, 2006). CLAT is unique as it is administered in a mixed-ability classroom setting to children of school age. Due to its multi-dimensional nature, CLAT tailors itself to the unique language learning skills of a wide range of students. Research Questions 1. What impact will CLAT in a classroom setting have on Phonological Awareness and Phonological Memory in respect to the development of • vocabulary acquisition? • rhyme identification? • grammar proficiency? • spelling ability ? 2. What impact will CLAT in a classroom setting have on students´ attention and concentration? Method Participants in this research included 277 students (136 females, 141 males) in 3rd grade. Sixteen classrooms from eight Swiss public schools participated in this quasi-experimental study; eight classes took part in the intervention program and eight parallel classes participated as control subjects. Teachers were asked about their school program to insure that similar material was covered in each parallel class. Intervention group teachers were given an initial introduction and training of CLAT prior to the start of the intervention. The CLAT program consisted of 60 sentences and explanatory illustrations. Each sentence was to be practiced in five steps, daily for a 12 week period. Administration of CLAT took approximately 20 minutes per school day. The assessment tool for the evaluation of the intervention study was adapted from two sources: First, the Allgemeiner Deutscher Sprachtest (Steinert, 2004) which consisted of four parts related to language acquisition in a classroom setting: vocabulary, rhyme, grammar and spelling. Second, a fifth part, evaluated through The Star Counting Test (de Jong, 1990; de Jong, personal communication, October 30, 2013), placed additional demands on the attention capacity and the ability to activate and inhibit processes in working memory. The evaluation was conducted at three time points: Initially, before the program began, one week after the program was completed and finally, four months later. The five aspects of language acquisition and attention capacity were then compared within and between classrooms. Analysis of variances with repeated measurement were performed on the spelling and vocabulary sections to determine the specific mechanisms affected by the program. Results Preliminary findings show that the intervention group showed significant improvements during and directly after administration of CLAT in the classroom with respect to vocabulary acquisition, rhyme identification, grammar proficiency and spelling ability. Additionally, there were significant long-term improvements after administration of CLAT in the classroom with respect to vocabulary acquisition, grammar proficiency and spelling ability. However, there were no significant improvements after the administration of CLAT in the classroom with respect to concentration and attention. ID: 143 / B 03 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: IRT, Validität, Reliabilität, Dimensionalität Eindimensionale Auswertung mehrdimensionaler Tests Steffen Brandt Art of Reduction, Kiel Eine grundsätzliche Annahme der Item Response Theorie (IRT) ist die zur Dimensionalität eines Tests. Es gilt, dass ein Test eindimensional sein muss, um eindimensional ausgewertet werden zu können. Praktische Zwänge führen jedoch häufig dazu, dass diesem Grundsatz widersprochen wird. Im Programme for International Student Assessment (PISA), zum Beispiel, wird für Mathematik einerseits ein eindimensionaler Leistungswert berechnet, andererseits wird der Test jedoch auch mehrdimensional für vier Subskalen, oder Subdimensionen, ausgewertet (OECD, 2012). Dieser Widerspruch findet sich in gleicher Weise bei anderen Tests und auch bei anderen Studien, wie der Trends in International Mathematics and Science Study (TIMSS) und der Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS) (Martin & Mullis, 2012). Auffallend ist, dass in keinem der genannten Fälle, das Problem diskutiert wird. Einen anderen Ansatz zur Auswertung verfolgt die in den USA bekannteste Schulleistungsstudie, das National Assessment of Educational Progress (NAEP). Hier werden mehrdimensionale Subskalen durch die Berechnung eines gewichteten Mittelwerts zusammengefasst (Allen, Carlson, & Donoghue, 2001). Dass diese großen, sehr bekannten Studien unterschiedliche Ansätze in diesem sehr wichtigen Punkt verfolgen kann bereits als erstes Indiz dafür angesehen werden, dass beide Ansätze Vor- aber auch Nachteile mit sich bringen. Im ersten Teil des Vortrags werden daher zunächst anhand verschiedener Gesichtspunkte die Unterschiede verdeutlicht. Wichtige Aspekte sind hierbei die unterschiedliche Gewichtung der Leistungswerte, die Berücksichtigung der Annahme der lokalen Unabhängigkeit der Aufgaben, die adäquate Schätzung der Reliabilität sowie auch die Validität der berechneten Leistungswerte. Im Anschluss daran wird ein IRT-Modell vorgeschlagen, das als eine Art Kombination der beiden Ansätze betrachtet werden kann: das Generalisierte Subdimensionsmodell (GSM; S. Brandt, 2012). Im GSM wird die Schätzung des mehrdimensionalen IRT-Modells so restringiert, dass zusätzlich zur Schätzung der mehrdimensionalen Leistungswerte auch ein eindimensionaler Leistungswert geschätzt wird, der dem eines gewichteten Mittelwerts über die Subdimensionen entspricht. Nach einer kurzen Darstellung von zwei Anwendungsbeispielen (Steffen Brandt & Duckor, 2013; Steffen Brandt, Duckor, & Wilson, 2014) wird eine Einordnung des Modells in Bezug zu anderen bereits bestehenden Modellen gegeben und ein Ausblick auf die zukünftige Anwendung gegeben. ID: 145 / A 02 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Lösungsbeispiel, Segmenting, Selbsterklärungsprompts, Cognitive Load Einfluss von Segmenting und Selbsterklärungsprompts auf den Lernerfolg beim Lernen mit Lösungsbeispielen im Chemieunterricht der Sekundarstufe I Katrin Schüßler1, Jenna Koenen2, Elke Sumfleth1 1 Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Humboldt-Universität zu Berlin Theoretischer Hintergrund Lernen mit Lösungsbeispielen zeigt besonders während des anfänglichen Wissenserwerbs in einer Domäne positive Ergebnisse (worked example principle, Renkl, 2005). Selbsterklärungsprompts sind hierbei von zentraler Bedeutung (Renkl, 2014), da Lernende mehrheitlich spontan keine Selbsterklärungen generieren (Renkl, 1997; Stark, 1999). Neben dem self-explanation principle (Wylie & Chi, 2014) gibt es seine Vielzahl weiterer Designprinzipien, für die Entwicklung von Lernmaterialien (Cognitive Theory of Multimedia Learning, Mayer, 2009; 2014) und Lösungsbeispielen (Renkl, 2013; 2014), die darauf zielen die kognitive Belastung durch essential processing, generative processing und extraneous processing sinnvoll zu balancieren. Eine Möglichkeit mit der kognitiven Belastung durch die Verarbeitung des Lernmaterials umzugehen, besteht darin, die zu lernenden Informationen in Abschnitte zu unterteilen, die der Lernende nacheinander bearbeiten kann (segmenting principle, Mayer, 2009; meaningful building blocks principle, Gerjets, Scheiter, & Catrambone, 2006; Renkl, 2013). Obwohl einzelne Designprinzipien allein bereits große positive Effekte auf den Lernerfolg aufweisen (segmenting principle: dMedian = .98, Mayer, 2009), nimmt Renkl (2014) an, dass Selbsterklärungsprompts für erfolgreiches Lernen mit Lösungsbeispielen erforderlich sind, weil diese eine tiefere Verarbeitung anregen, während er anderen Designprinzipen einen eher organisierenden Charakter zuschreibt. Vorstudie In einer ersten Studie (N = 138, M = 14.28 Jahre (SD = .66), 55.10 % weiblich) wurde der Lernerfolg von Lernenden der Jahrgangsstufe neun an Gymnasien in NRW beim Lernen mit segmentierten Lösungsbeispielen und drei unterschiedlichen Promptingmaßnahmen verglichen (nG1 = 45, nG2 = 46, nG3 = 47). Nach der Intervention zeigten sich zwar ein deutlicher Lernzuwachs vom Prä- zum Post-Zeitpunkt für alle Lernenden (t(137) = 15.44, p ˂ .001, d = 1.23) aber kein Gruppenunterschied (ANOVA mit Post-hoc (LSD), F(2, 135) = 0.15, p = .858, ηp2 = .002). Fragestellung Ziel einer aktuellen Studie ist es, zum einen zu prüfen, ob der deutliche Lernzuwachs in Studie 1 auf die Prompts zurückzuführen ist oder ob das Lernmaterial ohne Prompts einen vergleichbaren Lernzuwachs hervorruft. Zum anderen soll, auch aus ökonomischen Gründen, untersucht werden, ob sich der Lernerfolg von Lernenden, die mit segmentierten Lösungsbeispielen lernen vom Lernerfolg Lernender, die mit nicht segmentierten Lösungsbeispielen lernen, unterscheidet. FF1: Inwieweit führt das Lernen mit Lösungsbeispielen mit Selbsterklärungsprompts zu besseren Lernergebnissen als Lernen mit Lösungsbeispielen ohne Selbsterklärungsprompts? FF2: Führen segmentierte Lösungsbeispiele zu besseren Lernergebnissen als nicht segmentierte Lösungsbeispiele? FF3: Führen segmentierte Lösungsbeispiele mit Selbsterklärungsprompts zu besseren Lernergebnissen als segmentierte Lösungsbeispiele ohne Selbsterklärungsprompts oder nicht segmentierte Lösungsbeispiele mit Selbsterklärungsprompts? Methode Im Rahmen einer Interventionsstudie (2x2-Design: Segmenting/Selbsterklärungsprompts) im Prä-, Post-, Follow Up-Design in neunten und zehnten Klassen an Realschulen und Gymnasien in NRW (N = 470) wurden die Lernenden innerhalb einer Klasse zufällig einer der vier Interventionsbedingung zugeteilt. Die Intervention erfolgte über drei Wochen im Chemieunterricht. Pro Termin stand den Lernenden jeweils ein Lösungsbeispiel und 60 Minuten Bearbeitungszeit zur Verfügung. Während der Bearbeitung wurden mehrmals (Schmeck, Opfermann, van Gog, Paas, & Leutner, 2015) Mental Effort (Paas, 1992) und Item Difficulty (Kalyuga, Chandler, Tuovinen, & Sweller, 2001) erhoben. Eine Woche vor und nach der Intervention wurde das Fachwissen (Multiple-Choice Single-Select) erfasst. Zum Follow Up Zeitpunkt, zwölf Wochen nach der Intervention, wird das Fachwissen erneut erhoben. Lernmaterial Bei der Entwicklung der Lösungsbeispiele wurden verschiedene Designprinzipien für Lernmaterialien (Mayer, 2009) und Lösungsbeispiele (Renkl, 2013; 2014) berücksichtigt. Im Fokus der Lösungsbeispiele liegt das Lösen einer Säure in Wasser und die dabei ablaufende Protonenübertragung. Bei den Selbsterklärungsprompts handelt es sich um kleine Anwendungsaufgaben, die die Lernenden lösen sollen, bevor ihnen auf der nächsten Seite die Musterlösung präsentiert wird (vgl. Stark, 1999). Ergebnisse Aufbauend auf der Vorstudie können die Ergebnisse, die zur Tagung vorliegen werden, Hinweise darauf liefern, ob Lösungsbeispiele mit Selbsterklärungsprompts zu besseren Lernergebnissen führen als segmentierte Lösungsbeispiele. Darüber hinaus kann die Entwicklung der kognitiven Belastung bei der Bearbeitung der Lösungsbeispiele vorgestellt werden. ID: 146 / H 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Ökonomie, Psychologie, Didaktiken der Geschichte, Philosophie, Religion, Gesellschaftswissenschaften Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Ökonomie und Bildung Stichworte: Befragung, Einstellung, EU, Studierende, Wirtschaftskrise Markt vs. Moral? Eine vergleichende Befragung von Studierenden der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften zur Eurokrise Eva Schweitzer1, Tim Engartner1, Till van Treeck2, Silvia Blum2, Philipp Kortendiek2 1 Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland; 2Universität Duisburg-Essen, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die Entwicklung eines selbstständigen Urteils- und Handlungsvermögens gilt als minimal konsentiertes Ziel politischer Bildung. Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass Mündigkeit und Partizipation im Wesentlichen an die Fähigkeit gekoppelt sind, gesellschaftliche Diskurse zu verstehen, situativ einzuordnen und mit Blick auf die (potenzielle) persönliche Interessenartikulation kritisch zu bewerten. Idealtypisch sollen dabei verschiedene Perspektiven und Positionen Berücksichtigung finden, um in der Zusammenschau und Abwägung von Argumenten zu einer reflektierten und sachlich fundierten Meinungs- bzw. Willensbildung zu gelangen. Dieser Prozess, der seit dem Beutelsbacher Konsens mit dem Gebot der Kontroversität überschrieben ist, wurde bisher vor allem angebotsseitig untersucht, etwa mit Blick auf die Planung und Durchführung von Unterrichtseinheiten, die Darstellung gesellschaftlicher Debatten in der Lehr-Lern-Umgebung oder die Ausgewogenheit von Schulmaterialien. Fragestellung Weit weniger Beachtung hat hingegen die Fragestellung gefunden, wie die Kontroversität von gesellschaftspolitischen Themen auf der individuellen Wahrnehmungs- und Einstellungsebene rekonstruiert wird. Führt der in der Fachdidaktik vermittelte Anspruch der Multiperspektivität zu einer pluralistischen Auseinandersetzung mit tagesaktuellen Sachfragen oder überlagern sozial, medial und disziplinspezifisch verengte Deutungsmuster die politische Meinungsbildung? Falls letzteres zutrifft: Welche Schemata dominieren das individuelle Urteil? Und welche Randfaktoren erklären mit welchen Konsequenzen eine solche argumentationshomogene Reflexion? Methode Diese Erkenntnisinteressen wurden in einer schriftlichen Befragung von StudienanfängerInnen der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften am Beispiel der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise verfolgt. Die Eurokrise eignet sich in besonderer Weise als Fallstudie zur Rekonstruktion von einstellungsimmanenter Kontroversität, da sie folgenden zentralen empirischen Erfordernissen genügt: (1) Als aktuelles und supranationales Thema zeigt sie im Fluss befindliche, d.h. für die alltägliche politische Teilhabe exemplarische Einstellungsbildungsprozesse auf, die weder von historisch gewachsenen Überzeugungen noch von nationalen Partei- oder PolitikerInnen-Bindungen überformt werden. (2) Die Eurokrise ist hinreichend komplex und inhaltlich mehrdimensional, um verschiedene Perspektiven und Positionen als Voraussetzung für messbare Kontroversität umfassen zu können. (3) Sie besitzt eine hohe persönliche Relevanz für Studierende und sollte daher faktisch zur Einstellungsbildung Anlass geben, da letztere von den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Konsequenzen der Krise unmittelbar in ihrem späteren Berufsleben betroffen sein werden. (4) Die Eurokrise ging mit massiver Publizität einher, sodass Studierende prinzipiell die Möglichkeit hatten, sich eigenverantwortlich aus diversen Quellen über jene Thematik zu unterrichten. Für die empirische Erhebung kann daher eine Präjudizierung der Einstellungsbildung durch eine einseitige Informationsabhängigkeit ausgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wurden zu Beginn des Wintersemesters 2015/16 mehr als 1.500 StudienanfängerInnen der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften an den Hochschulstandorten Duisburg-Essen und Frankfurt am Main befragt. Diese haben ihren schulischen Werdegang größtenteils gerade erst abgeschlossen, sind mit der Europäischen Union und dem Euro als Zahlungsmittel aufgewachsen und nehmen ihr Studium nach Beendigung des Bologna-Prozesses auf. Ihr spezifischer Sozialisations- und Bildungshintergrund erlaubt es einerseits im Fächervergleich zu prüfen, wie multiperspektivisch die Eurokrise wahrgenommen und bewertet wird und welche soziodemografischen, motivationalen, politischen und bildungsbezogenen Variablen das Spektrum der Einstellungsformierung andererseits erklären. Dazu kombiniert die zwanzigminütige Befragung umfangreiche Aussagenbatterien zu den Ursachen, Konsequenzen und Bewältigungsstrategien der Krise mit latenten Konzeptmessungen zu den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Grundüberzeugungen der Studierenden. Auf diese Weise wird nicht nur die Kontroversität in der kognitiven Repräsentation der Eurokrise erfasst, sondern auch das Ausmaß der persönlichen Urteilssicherheit. Die Studie bewegt sich am Schnittpunkt zwischen Ökonomie, Sozialwissenschaften und Bildungsforschung und leistet einen Beitrag zur empirischen Analyse des einstellungsbezogenen Bildungserfolges. Ergebnisse Zum Zeitpunkt der Einreichung wurde die Erhebung an beiden Hochschulstandorten gerade abgeschlossen. Die Datenauswertung steht noch aus. ID: 148 / A 01 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: Fortbildung, Fortbildungsteilnahmemotivation, Fortbildungsteilnahme Motivation von Lehrkräften zur Teilnahme an Fortbildungen und deren Bedeutung für das Fortbildungsverhalten Dirk Richter1, Marc Kleinknecht2, Alexander Gröschner3 1 Bergische Universität Wuppertal, Deutschland; 2Technische Universität München; 3Universität Paderborn Theoretischer Hintergrund Die Forschung zur Nutzung von Lehrerfortbildungen verweist darauf, dass sich Lehrkräfte stark darin unterscheiden, wie viele Fortbildungsveranstaltungen sie besuchen und mit welchen Inhalten sie sich beschäftigen (Richter et al., 2013). Diese Unterschiede lassen sich möglicherweise damit erklären, dass Lehrkräfte aus verschiedenen Gründen und Motivlagen an Fortbildungen teilnehmen. Aus Sicht der Motivationsforschung kann zur groben Unterscheidung dieser Gründe zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation differenziert werden (Ryan & Deci, 2000). Von einer intrinsischen Motivation wird dann gesprochen, wenn Personen aus Freude oder Interesse am Lerngegenstand eine Fortbildung besuchen. Bei einer extrinsischen Motivation hingegen dient die Fortbildung als ein Mittel, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. In der Forschung zur Erwachsenenbildung wurde gezeigt, dass sich neben der intrinsischen Motivation verschiedene extrinsische Gründe empirisch differenzieren lassen (Boshier, 1991). Aktuelle Arbeiten der Lehrerforschung weisen darauf hin, dass diese Gründe auch bei Lehrkräften identifiziert werden können (Rzejak et al. 2014; Kao et al., 2011). Bislang liegen jedoch keine empirischen Arbeiten vor, in denen die Motivation zur Teilnahme an Fortbildungen mit dem Fortbildungsverhalten der Lehrkräfte in Beziehung gesetzt wurde. Fragestellungen 1. Lässt sich die intrinsische und extrinsische Motivation zur Teilnahme an Lehrerfortbildungen reliabel erfassen? 2. Inwieweit erklärt die intrinsische und extrinsische Motivation zur Teilnahme an Lehrerfortbildungen die Nutzung von Fortbildungsveranstaltungen? Methode Diese Untersuchung basiert auf Daten des IQB-Ländervergleichs 2012, in dem die mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen von Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe bundesweit ermittelt wurden (Pant et al., 2013). Neben der Testung der Schülerinnen und Schüler erhielten auch deren Lehrkräfte in den Fächern Biologie, Chemie, Physik und Mathematik einen Fragebogen, in dem sie Angaben über die Teilnahme an Fortbildungen und über ihre Motivation zur Teilnahme an Fortbildungen machten. Für die vorliegende Studie wurden insgesamt Angaben von 4053 Lehrkräften einbezogen. Davon unterrichteten 36.9 Prozent an Gymnasien und 63.1 Prozent an nicht-gymnasialen Regelschulen. Die durchschnittliche Berufserfahrung lag bei 19.5 Jahren (SD=12.6). Die Erfassung der intrinsischen und extrinsischen Motivation zur Teilnahme an Fortbildungen erfolgte mit insgesamt 5 Subskalen. Die intrinsische Motivation („persönliches Interesse“) umfasst insgesamt 3 Items (α = .68). Die extrinsische Motivation wurde in Anlehnung an bestehende Instrumente (Kao et al., 2011) angepasst und mit 4 Subskalen erfasst: „beruflicher Aufstieg“ (3 Items, α=.83), „Erweiterung professioneller Kompetenzen“ (4 Items, α=.75), „soziale Kontakte“ (3 Items, α=.80) und „Abwechslung vom Alltag“ (3 Items, α=.70). Zur Beantwortung der ersten Fragestellung wurden konfirmatorische Faktorenanalysen durchgeführt, die zur Prüfung der theoretisch erwarteten Struktur der Motivationsskalen dienten. Für die Untersuchung der zweiten Forschungsfrage wurden logistische Regressionsanalysen verwendet, in denen die Teilnahme an Fortbildungen (innerhalb von 2 Jahren) durch die Motivation vorhergesagt wurde. Als abhängige Variable wurde einerseits betrachtet, ob Lehrkräfte überhaupt an Fortbildungen teilnahmen und andererseits ob sie eine Veranstaltung mit einem fachlichen, fachdidaktischen oder schulorganisatorischen Schwerpunkt besuchten. Ergebnisse Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich die intrinsische und extrinsische Motivation zur Fortbildungsteilnahme empirisch in 5 Subskalen abbilden lassen. Ein Vergleich der Subskalen verdeutlicht, dass Lehrkräfte vor allem aus persönlichem Interesse und zur Verbesserung der professionellen Kompetenzen an Fortbildungen teilnehmen. Andere extrinsische Gründe wie der berufliche Aufstieg und die Abwechslung vom Alltag bildeten für die Mehrzahl der Lehrkräfte keinen Anlass, eine Fortbildung zu besuchen. Regressionsanalysen zwischen der Fortbildungsmotivation und dem Fortbildungsverhalten machen deutlich, dass verschiedene Facetten der Motivation für unterschiedliche Fortbildungsinhalte von Bedeutung sind. Während die globale Fortbildungsaktivität (mind. 1 Veranstaltung in 2 Jahren besucht) nur durch den Wunsch nach Erweiterung der professionellen Fähigkeiten erklärt werden konnte, zeigen sich für die Analysen zu Fortbildungen mit spezifischem inhaltlichen Schwerpunkt differentielle Befundmuster, auf die im Vortrag genauer eingegangen wird. Zusammenfassend verweisen die Ergebnisse darauf, dass die Motivation zur Teilnahme an Fortbildungen das Fortbildungsverhalten beeinflusst. ID: 149 / B 17 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Motivation und Emotion Stichworte: Schulisches Selbstkonzept, Lernfreude, Konzentration, Schulleistungen, Grundschulalter Zum Zusammenspiel zwischen schulischem Selbstkonzept, Lernfreude, Konzentration und Schulleistungen im Grundschulalter Annette Lohbeck1, Gerda Hagenauer2, Barbara Moschner1 1 Universität Oldenburg, Deutschland; 2Universität Bern , Schweiz Theoretischer Hintergrund: Zwischen Selbstkonzept, lernbegleitenden Emotionen, Lernverhaltensmerkmalen und Schulleistungen besteht ein enges Zusammenspiel. Dies verdeutlichen vor allem die empirisch gut gesicherten Zusammenhänge zwischen dem schulischen Selbstkonzept, das sämtliche Bewertungen der schulischen Fähigkeiten umfasst, und fachbezogenen Interessen (Köller, Trautwein, Lüdtke & Baumert, 2006; Marsh, Trautwein, Lüdtke, Köller & Baumert, 2005), Lernfreude (Faber, Tiedemann & Billmann-Mahecha, 2011; Götz, Preckel, Zeidner & Schleyer, 2008), Anstrengungsbereitschaft (Trautwein, Lüdtke, Schnyder & Niggli, 2006) sowie Schulleistungen (Marsh et al., 2015a,b). Nach der Kontroll-Wert-Theorie von Pekrun (2006) wird angenommen, dass die eigenen wahrgenommenen Fähigkeiten eng mit den Emotionen zusammenhängen, die durch die Interpretation einer Situation erlebt werden, wobei (1) die subjektive Kontrolle über das Leistungsergebnis (Kontrollkomponente) und (2) der Wert des Lernergebnisses (Wert-Komponente) eine zentrale Rolle spielen: Eine hohe wahrgenommene Kontrolle über eine Situation bzw. ein hohes Selbstkonzept geht mit einer besseren Bewältigung dieser Situation und einem besser kontrollierten Verhalten in dieser Situation einher, woraus angenehme Emotionen wie Lernfreude resultieren können. Studien zu den Zusammenhängen zwischen dem Selbstkonzept, der Lernfreude, spezifischen Lernverhaltensmerkmalen und Schulleistungen liegen jedoch bisher vorrangig für das Sekundarstufenalter vor (z. B. Hagenauer & Hascher, 2011; Götz, Cronjäger, Frenzel, Lüdtke & Hall, 2010). Doch nicht zuletzt im Grundschulalter sind Studien in diesem Kontext von hoher Relevanz, da sich in dieser Zeit die konstitutiven Entwicklungsprozesse vollziehen (s. Hellmich & Günther, 2011). Die Ergebnisse der SCHOLASTIK-Studie („Schulorganisierte Lernangebote und Sozialisation von Talenten, Interessen und Kompetenzen“; Helmke & Weinert, 1997) zeigen z. B., dass das Selbstkonzept und die Lernfreude bei Grundschulkindern eng miteinander korrespondieren und beide Variablen das Selbstkonzept und die Lernfreude in der nächsten Jahrgangsstufe vorhersagen (Helmke, 1998). Ähnliche Befunde finden sich unter anderem auch in den internationalen Vergleichsstudien TIMSS (Third International Mathematics and Science Study; Bos,Tarelli, Bremerich-Vos & Schwippert, 2012) und IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung; Bos, Wendt, Köller & Selter, 2012). Fragestellung: Ausgehend von der Kontroll-Wert Theorie (Pekrun, 2006) ist es das Ziel der vorliegenden Studie, sowohl die direkten als auch indirekten Zusammenhänge zwischen dem Selbstkonzept, der Lernfreude, der wahrgenommenen Konzentration und den Schulleistungen von Grundschulkindern in der vierten Jahrgangsstufe genauer zu untersuchen. Methode: Befragt wurden 178 Grundschulkinder in der vierten Jahrgangsstufe (M = 9.63, SD = .71), wovon 83 Jungen (46.6 %) waren. Den Kindern wurde ein Fragebogen vorgegeben, in dem sie verschiedene individuelle Merkmale auf einer vierstufigen Likert-Skala von 0 = „stimmt nicht“ bis 4 = „stimmt genau“ bewerten sollten. Alle Items wurden durch geschulte Testleitende im Klassenverband laut vorgelesen. Das Selbstkonzept wurde mit fünf Items und die Lernfreude mit vier Items aus dem Fragebogen zur Erfassung der sozialen und emotionalen Erfahrungen (FEESS) von Rauer und Schuck (2003) erhoben (Selbstkonzept: α = .73; Lernfreude: α = .84). Die wahrgenommene Konzentration der Kinder wurde anhand der Skala „Konzentration“ aus der Schülereinschätzliste für Sozial- und Lernverhalten (SSL; Petermann & Petermann, 2014) mit vier Items erfasst (α = .81). Die Schulleistungen gingen über die Mathematik- und Deutschnoten vom letzten Schulzeugnis der Kinder als gemittelte Summenscores in die Analysen ein. Zur Überprüfung der Zusammenhänge wurden bivariate Pearson-Korrelationen und latente Strukturgleichungsmodelle mit Mplus berechnet. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigten enge positive Korrelationen zwischen dem Selbstkonzept, der Lernfreude, der wahrgenommenen Konzentration und den Mathematik- und Deutschnoten der Kinder (.10 ≤ r ≤ .58). In den Strukturgleichungsmodellen fanden sich jedoch keine direkten Pfade zwischen der Lernfreude und den Schulleistungen sowie zwischen der wahrgenommenen Konzentration und den Schulleistungen. Dagegen zeigte sich ein direkter Pfad zwischen dem Selbstkonzept und der wahrgenommenen Konzentration (β =.46). Der höchste direkte Pfad lag zwischen dem Selbstkonzept und den Schulleistungen (β =.85) vor. Zudem ergab sich ein indirekter Effekt der Lernfreude zwischen dem Selbstkonzept und der Konzentration, der auf eine Mediatorfunktion der Lernfreude zwischen dem Selbstkonzept und der Konzentration hindeutet. ID: 152 / B 17 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Motivation und Emotion, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Prüfungsangst, Kontroll- und Wertüberzeugungen, inquiry-based stress reduction Reduktion von Prüfungsangst durch die Überprüfung angstbedingender Kontroll- und Wertkognitionen Ann Krispenz, Sebastian Nitsche, Oliver Dickhäuser Universität Mannheim, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Der Begriff der Prüfungsangst beschreibt einen emotionalen Zustand, der während subjektiv bedeutungsvoller Prüfungen und anderen Bewertungssituationen erlebt wird. Gerade im Bildungskontext ist Prüfungsangst aufgrund ihres negativen Einflusses auf die akademischen Leistung und ihrer hohen Prävalenz sehr bedeutsam. Im Fokus der bisherigen Forschung standen die Entstehungsfaktoren von Prüfungsangst. Nach den Annahmen der Kontroll-Wert-Theorie (Pekrun & Götz, 2006) lösen nicht die objektiven Prüfungsgegebenheiten selbst, sondern vielmehr die subjektiven Kontroll- und Werteinschätzungen (appraisals) der Betroffenen deren Prüfungsangst aus. Interventionen zielen daher u.a. auf kognitive Restrukturierung negativer „irrationaler“ Kontroll- und Wertüberzeugungen ab. Diese Interventionen sind indes oft mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden. Eine zeiteffizientere Möglichkeit, negative subjektive Überzeugungen zu überprüfen, ist die Methode der inquiry-based stress reduction (IBSR), die bereits in anderen Kontexten eingesetzt wurde. IBSR ermöglicht mithilfe von vier Fragen und den sog. Umkehrungen die Identifikation und Überprüfung von Gedanken, die negativen Affekt und daher Stress verursachen. Die Wirksamkeit von IBSR wurde bereits mehrmals nachgewiesen (z.B. Smernoff, Mitnik, Kolodner, & Lev-ari, 2015), bislang ist die Technik aber für Interventionen bei Prüfungsangst unerforscht. Fragestellung: Die vorliegende Studie untersucht erstmals, ob IBSR bezogen auf eine – jeweils individuell vom Betroffenen ermittelte – subjektive Kontroll- oder Wertüberzeugung längerfristig Prüfungsangst reduziert. Methode: Bei Studierenden (N = 158) wurde im Labor die am stärksten angsterzeugende Kontroll- bzw. Wertüberzeugung mit Blick auf eine anstehenden Prüfung ermittelt. Zudem wurde die Angst erfasst, die diese Überzeugung auslöst (t1). Nach einer zufälligen Zuweisung zu einer der drei Bedingungen untersuchten die Probanden der Interventionsbedingung mithilfe von IBSR ihre individuelle angstauslösende Überzeugung. Die Probanden der ersten Kontrollgruppe verfassten ein Gedankenprotokoll über ihre Reaktionen auf die angstauslösende Überzeugung, während die Probanden der zweiten Kontrollgruppe mittels einer Abschreibeaufgabe von ihrer angstauslösenden Überzeugung abgelenkt wurden. Anschließend wurde unmittelbar (t2) und zwei Tage später (t3) erneut erfasst, in welchem Maße die ursprüngliche Überzeugung Angst auslöst. Ergebnisse: Eine Messwiederholungs-ANCOVA mit der experimentellen Bedingung als between-Faktor, State-Prüfungsangst als abhängiger Variable und Trait-Prüfungsangst als Kontrollvariable sowie anschließende Kontrastanalysen (t2 & t3) zeigen, dass sich die Prüfungsangst, welche durch die individuelle Überzeugung ausgelöst wird, in der Interventionsbedingung unmittelbar nach der Durchführung von ISBR (d.h. zu t2) reduziert und dass dieser Effekt im Vergleich zu den Kontrollgruppen auch längerfristig (d.h. zu t3) anhält. Diskussion: Diskutiert werden die praktischen Implikationen und die Limitationen der vorliegenden Studie. Zudem wird ein Ausblick auf eine zweite Studie gegeben, welche die Anwendung von IBSR in unmittelbarer Nähe zur Prüfung erfasst und die Limitationen der ersten Studie adressiert. ID: 154 / A 14 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Grundschulbildung Stichworte: Kinder mit Migrationshintergrund, sprachliche Fähigkeiten, ethnische Bildungsungleichheit Erklären Unterschiede in (frühen) sprachlichen Fähigkeiten die Schulleitungsunterschiede nach Migrationshintergrund in der dritten Klasse? Birgit Becker Goethe Universität Frankfurt, Deutschland Einleitung Kinder mit Migrationshintergrund schneiden im deutschen Bildungssystem durchschnittlich schlechter ab als Kinder ohne Migrationshintergrund – dies trifft insbesondere auf türkischstämmige Kinder zu. Als eine Hauptursache dafür werden oft fehlende Deutschkenntnisse genannt. Theoretischer Hintergrund Als theoretischer Hintergrund wird ein Ressourcen-Investitions-Ansatz verwendet, basierend auf humankapitaltheoretischen Überlegungen. Es wird davon ausgegangen, dass Eltern ein prinzipielles Interesse daran haben, in die Fähigkeiten ihrer Kinder zu „investieren“, sich jedoch je nach Ressourcenausstattung in ihren Möglichkeiten dazu unterscheiden. Durch den in Deutschland durchschnittlich vorhandenem negativen Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status der Eltern und einem Migrationshintergrund, lässt sich daher auch bereits ein Großteil der Schulleistungsunterschiede nach Migrationshintergrund durch die unterschiedliche soziale Herkunft der Eltern erklären. Jedoch kann vermutet werden, dass Kinder mit Migrationshintergrund selbst bei vergleichbarer sozialer Herkunft der Eltern bezüglich der schulischen Leistungen im Nachteil sind. Eine Ursache dafür kann darin gesehen werden, dass manche der o.g. elterlichen Ressourcen gesellschaftsspezifisch sind und daher in Migrantenfamilien meist weniger vorhanden sind (z.B. deutsche Sprachkenntnisse). Aus den genannten theoretischen Argumenten lässt sich erwarten, dass es bereits in der frühen Kindheit Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund in verschiedenen Kompetenzbereichen vorhanden sind, insbesondere im Bereich der deutschen Sprache. Es wird vermutet, dass diese Kompetenzunterschiede einen langfristigen Effekt auf die schulischen Leistungen der Kinder haben, wobei dieser im Bereich Lesen stärker ausfallen sollte als im Bereich Mathematik. Fragestellung Die Hauptfragestellung dieses Beitrags ist, inwiefern die unterschiedlichen Leistungen in Mathematik und Lesen in der dritten Klasse zwischen Kindern mit türkischem Migrationshintergrund und Kindern ohne Migrationshintergrund zurückgeführt werden können auf Kompetenzunterschiede in der frühen Kindheit und welche frühkindlichen Fähigkeiten hierbei zentral sind (Kognition, Sprache). Dabei wird die Hypothese aufgestellt, dass insbesondere die frühen Deutschkenntnisse diese Schulleistungsunterschiede nach Migrationshintergrund erklären können und dies insbesondere im Bereich Lesen. Daten und Methode Für die empirischen Analysen werden die Daten des Projektes „Erwerb von sprachlichen und kulturellen Kompetenzen von Migrantenkindern und der Übergang nach der vierten Klasse“ verwendet. In diesem Projekt wurden ca. 1.000 Kinder aus 30 Städten und Gemeinden im Südwesten Deutschlands ab dem dritten Lebensjahr bis zur vierten Klasse im Längsschnitt verfolgt, wobei regelmäßig Tests mit den Kindern und persönliche Interviews mit den Eltern stattgefunden haben. Die Hälfte der Stichprobe besteht dabei aus türkischstämmigen Familien. In dieser Arbeit werden die Leistungen der Kinder in der dritten Klasse im Lesen (erhoben durch die WLLP) und in Mathematik (Kurzform des DEMAT 3+) als abhängige Variable verwendet. Die wichtigsten unabhängigen Variablen stellen die Kompetenzen der Kinder im Alter von 3 Jahren in den Bereichen Kognition und deutscher Wortschatz dar (erhoben mit verschiedenen Untertests der K-ABC). In späteren Analysen werden zusätzlich auch die Testergebnisse in diesen Bereichen in der dritten Klasse verwendet. Als Analysemethode werden OLS-Regressionen verwendet. Um zu bestimmen, wie stark die verschiedenen frühkindlichen und späteren Fähigkeiten dazu beitragen, den Schulleistungsunterschied zwischen Kinder mit und ohne Migrationshintergrund zu erklären, wird die khb-Methode verwendet. Ergebnisse Erste Ergebnisse zeigen, dass sowohl die kognitiven als auch die sprachlichen frühen Fähigkeiten jeweils einen signifikanten Zusammenhang mit den schulischen Leistungen in der 3. Klasse aufweisen. Unter Kontrolle dieser frühkindlichen Fähigkeiten verschwindet der (bivariat vorhandene) Nachteil der türkischstämmigen Kinder in Lesen und Mathematik. Unter zusätzlicher Kontrolle der kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten in der dritten Klasse verbleibt ein signifikanter Zusammenhang zwischen den frühen Deutschkenntnissen und der Testleistung im Lesen. Eine Dekomposition des Effekts des türkischen Migrationshintergrunds zeigt, dass sowohl im Lesen als auch in Mathematik der Großteil des Nachteils der türkischstämmigen Kinder auf Unterschiede im Bereich der deutschen Sprache zurückgeführt werden kann. Für die Leistung im Lesen sind dabei die frühkindlichen Deutschkenntnisse ebenso bedeutend wie die Deutschkenntnisse in der dritten Klasse. ID: 155 / G 17 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Person-Environment-Fit, selbsteingeschätzte Fähigkeiten, Studienerfolg Der Zusammenhang zwischen subjektiver Passung und Studienerfolg unter Berücksichtigung subjektiver Fähigkeiten. Eine Anwendung der Person-Environment-Fit Theorie Carla Bohndick1, Tom Rosman2, Susanne Kohlmeyer1, Heike Buhl1 1 Universität Paderborn, Deutschland; 2Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) Theoretischer Hintergrund Laut Person-Environment-Fit (PE-Fit)-Theorie führt eine Passung zwischen personalen (z. B. individuellen Fähigkeiten) und situationalen Bedingungen (z. B. Arbeitsanforderungen) im Arbeitskontext zu Outcomes wie Zufriedenheit, Leistung, Commitment oder Wohlbefinden (Edwards et al., 2006). Beim subjektivem PE-Fit wird, im Gegensatz zum objektiven PE-Fit, die Passung zwischen subjektiv wahrgenommenen Anforderungen und subjektiv wahrgenommenen Fähigkeiten betrachtet (Edwards, Caplan & Van Harrison, 1998). Bei der Messung subjektiven PE-Fits wird zwischen zwei Ansätzen unterschieden: Beim atomistischen Ansatz werden subjektive Fähigkeiten und Anforderungen getrennt erfasst und anschließend kombiniert (z. B. durch Bildung von Differenzvariablen), während für den molaren Ansatz die direkten Einschätzungen einer Person über den Fit maßgeblich sind (Edwards et al., 2006). Fragestellung Die Auswirkungen der Passung zwischen personalen und situationalen Bedingungen sind im beruflichen Kontext gut untersucht (z. B. Kristof‐Brown, Zimmerman & Johnson, 2005), während in Bezug auf den tertiären Bildungsbereich bisher häufiger die Passung zwischen Interessen und Studienfach (z. B. bei Feldman, Smart & Ethington, 2004) oder die Passung zwischen Student/-in und Universität (z.B. bei Gilbreath, Kim & Nichols, 2011) betrachtet wurde. Aktuelle Forschung zeigt unter Anwendung des molaren Ansatzes, dass gerade die Passung zwischen Fähigkeiten und Anforderungen ein guter Prädiktor für die Performanz im Studium ist (Etzel & Nagy, 2015). Der molare Ansatz hat jedoch den Nachteil einer Konfundierung zwischen Fähigkeitsselbsteinschätzungen und Fit, da beides in die PE-Fit-Messung einfließt (Edwards et al., 2006). Offen bleibt deswegen, inwieweit die Erkenntnisse von Etzel und Nagy (2015) über individuelle Fähigkeitsselbsteinschätzungen hinausgehen, für die bereits Zusammenhänge mit akademischer Leistung bekannt sind (z. B. Chemers, Hu & Garcia, 2001). Es stellt sich also die Frage, ob die subjektive Passung über die Einschätzungen der eigenen Fähigkeiten hinaus zur Erklärung von Studienerfolg beiträgt. Methode Im Rahmen einer Online-Befragung wurden 693 Studierende (77 % weiblich, M = 6.06 Semester [SD = 3.78], alle Lehramt) untersucht. Die Studierenden wurden gebeten, allgemeine Anforderungen des Studiums hinsichtlich (1) der eigenen Fähigkeiten und (2) der Bedeutsamkeit für das Studium jeweils auf einer 5-stufigen Skala einzuschätzen. Inhaltlich handelte es sich um jeweils drei Bereiche, die von allgemein plausibler Relevanz für das Studium sind: Selbstdisziplin (4 Items, z. B. „genau und sorgfältig arbeiten“) tiefenorientierte Lernstrategien (4 Items, z. B. „Lernstoff mit Vorwissen, Vorerfahrungen und Praxisbeispielen verknüpfen“) und wissenschaftliches Arbeiten (4 Items, z. B. „Zeit für Literaturstudium nehmen“). Reliabilitätsanalysen ergaben gute bis sehr gute Werte (Cronbachs alpha: .81 ≤ α ≤ .88). Zur Ermittlung des PE-Fits bzw. der Passung wurde die Differenz zwischen Einschätzung der Bedeutsamkeit und Einschätzung der Fähigkeiten (atomistischer Ansatz) gebildet. Die Reliabilität der resultierenden Variablen war (erwartungsgemäß) niedriger, dennoch aber akzeptabel (alpha: .58 ≤ α ≤ .77). Unter Studienerfolg werden unterschiedliche Facetten verstanden, z. B. Noten, Studiendauer, Zufriedenheit im Studium und Ähnliches (Hell, Linsner & Kurz, 2008). Um ein breites Verständnis von Studienerfolg zu berücksichtigen, wurden 3 Studienerfolgskriterien, Note in der Zwischenprüfung, Studienzufriedenheit (3 Items, α = .85) und selbsteingeschätzte Studienleistung (4 Items, α = .66), erfasst. Ergebnisse Zur Überprüfung der Fragestellung wurde auf Strukturgleichungsanalysen zurückgegriffen. Als exogene Variablen enthielt das Modell sowohl die selbsteingeschätzten Fähigkeiten als auch die Passung (beides als Second-Order-Faktoren); endogene Variablen waren die drei Studienerfolgskriterien. Modellgütetests ergaben einen guten Modellfit (chi² (449) = 1006.39, CFI = .92, RMSEA = .04 [95 % CI: .04 – .05]). Es zeigte sich, dass alle drei Studienerfolgskriterien besser von der (um die selbsteingeschätzten Fähigkeiten kontrollierten) Passung als von den selbsteingeschätzten Fähigkeiten an sich erklärt werden: Sowohl bei der selbsteingeschätzten Studienleistung als auch bei der Note besteht nur zur Passung ein signifikanter Zusammenhang. Die Varianzaufklärung fällt relativ hoch aus (10-27 %). Die Ergebnisse sprechen für eine stärkere Berücksichtigung des subjektiven PE-Fits auch für die theoretische Weiterentwicklung und werden unter Beachtung praktischer Implikationen diskutiert. ID: 158 / G 16 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Vorschulische Bildung Stichworte: Selbstreguliertes Lernen, Vorschulalter, Erfassung des selbstregulierten Lernens Validierung eines Instruments zur Erfassung selbstregulatorischer Kompetenzen im Vorschulalter Lisa Dörr, Franziska Prof. Dr. Perels Universität des Saarlandes, Deutschland Ziel der berichteten Studie ist es, selbstreguliertes Lernen von Kindern zu fördern und dabei auch die unmittelbaren Bezugspersonen einzubeziehen, wobei ein besonderer Fokus der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie auf der Erfassung selbstregulierten Lernens bei Kindern im Vorschulalter liegt. Der aktuelle Beitrag befasst sich mit der Überprüfung der CHILD-Checklist (Whitebread et al., 2009) als geeignetem Instrument zur Erfassung der selbstregulatorischen Kompetenzen fünf- bis siebenjähriger Vorschulkinder. Selbstregulation allgemein meint, dass Handlungsprozesse eigenständig initiiert, reguliert und reflektiert werden können (vgl. Zimmerman, 1989, 2000). Wird diese Fähigkeit auf den akademischen Kontext übertragen, spricht man von selbstreguliertem Lernen. Das selbstregulierte Lernen wird definiert “[…] as the process by which a person generates thoughts, feelings and actions which are systematically oriented toward achieving one´s goals” (Bembenutty & Karabenick, 2004). Die Fähigkeit, das eigene Lernen selbständig, aktiv und strukturiert zu organisieren, wird heutzutage hoch eingeschätzt, da sie dem Lernenden erlaubt, sich lebenslang eigenständig Wissen anzueignen (vgl. Brunstein & Spörer, 2001; Friedrich & Mandl, 1997; Zimmerman, Bonner & Kovach, 1996). Ein möglichst frühes Heranführen an Selbstregulationsstrategien fördert dabei die Etablierung günstigen Lernverhaltens von Anfang an und soll dazu beitragen, Kindern bereits im Vorschulalter wichtige Basisressourcen für künftige Lernerfahrungen zu vermitteln (Otto, Perels & Schmitz, 2011). Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden eine direkte (Vorschulkindertraining) und zwei indirekte (Eltern- und Erzieherworkshops) Trainingsmaßnahmen zur Förderung des selbstregulierten Lernens bei Vorschulkindern kombiniert. Um die Wirksamkeit der Trainingsmaßnahmen evaluieren zu können, sind zielgruppenadaptive Verfahren notwendig, da aufgrund der fehlenden Schriftsprache der Vorschulkinder keine textbasierten Instrumente angewandt werden können. Deshalb wurde in der vorliegenden Studie u.a. die CHILD-Checklist als Ratingskala (vgl. Anderson et al., 2003; Whitebread et al., 2009) in adaptierter Form eingesetzt, mit Hilfe derer sowohl ErzieherInnen als auch Eltern das kindliche selbstregulierte Verhalten einschätzen konnten (Büttner, Perels & Whitebread, 2011). Diese erfasst die selbstregulatorischen Fertigkeiten der Vorschulkinder über die Subskalen kognitive, prosoziale, emotionale und motivationale Selbstregulation, entsprechend des Selbstregulationsansatzes nach Bronson (2000). Die CHILD-Checklist (Whitebread et al., 2009) wurde zunächst auf ihre testtheoretischen Gütekriterien überprüft und im Sinne der faktoriellen Validität (vgl. Lienert & Raatz, 1998) die Faktorenstruktur konfirmatorisch untersucht. Als Datengrundlage des Vorhabens konnten 270 Datensätze von 135 Vorschulkinder (46,3% weiblich) genutzt werden, deren selbstreguliertes Lernens mit Hilfe der CHILD-Checklist (Whitebread et al., 2009) durch Erzieherinnen und Eltern erfasst wurde. Die Überprüfung der Reliabilitäten der in der CHILD-Checklist eingesetzten Subskalen ergaben sowohl für die Erzieherinnen als auch für die Eltern zufriedenstellende bis sehr gute Werte (α = .58 bis .92). Zur Überprüfung der faktoriellen Struktur wurde eine exploratorische Faktorenanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse deuten daraufhin, dass der CHILD-Checklist (ebd.) ein gemeinsamer Faktor zugrunde liegt. Die Durchführung der Itemanalyse für nur einen Faktor ergab eine hohe interne Konsistenz für die Gesamtskala (α = .95). In einem nächsten Schritt wurde diese gefundene einfaktorielle Struktur mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse für die Daten der ErzieherInnen, sowie für die Eltern überprüft. Beide Modelle lieferten einen zufriedenstellend Fit (ErzieherInnen: χ2 = 63.26, df = 52, p = .14, RMSEA = .041, CFI = .99, Eltern: χ2 = 43.16, df = 51 p = .77, RMSEA = .00, CFI = 1.0), sowie hohe interne Konsistenzen (ErzieherInnen: α = .95; Eltern α = .90). Erste Ergebnisse der Studie zeigen, dass für die Zielgruppen der ErzieherInnen sowie der Eltern eine einfaktorielle Lösung bestätigt werden konnte, was der postulierten Einteilung der CHILDChecklist (ebd.) in die vier Subkomponenten kognitive, prosoziale, emotionale und motivationale Selbstregulation widerspricht. In einem nächsten Schritt soll das bestätigte einfaktorielle Modell mittels eines multiplen Gruppenvergleichs überprüft werden. Die gewonnenen Erkenntnisse möchten wir im Rahmen des Vortrages mit dem Fachpublikum diskutieren. ID: 162 / G 17 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: Recherchekompetenz, Informationskompetenz, Arbeitsgedächtnis, Cognitive Load Theory, Längsschnittstudie Personale und situationale Ressourcen als Moderatoren der Entwicklung von Recherchekompetenz bei Bachelor-Psychologiestudierenden: Eine Längsschnittstudie Tom Rosman, Anne-Kathrin Mayer, Günter Krampen Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID), Deutschland Theoretische Grundlagen und Fragestellungen Ein kompetenter Umgang mit den zur Verfügung stehenden Quellen und Werkzeugen zur Literaturrecherche (Recherchekompetenz, als Bestandteil sog. „Informationskompetenz“) wird nicht zuletzt aufgrund seiner Bedeutung für selbstreguliertes Lernen als entscheidender Faktor für ein erfolgreiches Hochschulstudium angesehen (Brand-Gruwel, Wopereis, & Vermetten, 2005). Nichtsdestotrotz ist wenig darüber bekannt, welche Rolle situationale und individuelle Ressourcenfaktoren bei der Entwicklung von Recherchekompetenz spielen. Hinsichtlich situationaler Faktoren wird insbesondere die Notwendigkeit von Schulungsmaßnahmen hervorgehoben (z. B. Hochschulrektorenkonferenz, 2012). Obwohl die kurzfristige Wirksamkeit solcher Maßnahmen gut belegt ist (z. B. Leichner, Peter, Mayer & Krampen, 2014), wurde bisher nicht geprüft, inwiefern solche Maßnahmen auch längerfristig positive Effekte auf die Entwicklung von Recherchekompetenz haben. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage, ob curricular-integrierte Recherchekompetenz-Lehre (z. B. in einem Seminar zum wissenschaftlichen Arbeiten) aufgrund des höheren Praxisbezugs stärkere und nachhaltigere Effekte erzeugen als die üblicherweise relativ allgemeinen und domänenunspezifischen 90-minütigen Bibliotheksschulungen (Fragestellung 1). Auf der Ebene individueller Faktoren schreibt die cognitive load theory (CLT; Paas, Renkl, & Sweller, 2003) der individuellen Arbeitsgedächtniskapazität eine Schlüsselrolle zu. Laut CLT wird der Transfer neuer Informationen zum Langzeitgedächtnis bei einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses gestört. Eine schnelle Überlastung des Arbeitsgedächtnisses ist insbesondere beim Erwerb von Recherchefertigkeiten anzunehmen, da Studierende nicht nur den Lernprozess (z. B. Erwerb neuer Recherchestrategien), sondern auch die Informationsrecherche an sich (z. B. Navigieren durch komplexe Datenbankstrukturen) organisieren und gestalten müssen. Nach Bartholomé und Bromme (2009) kann eine hohe Arbeitsgedächtniskapazität einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses vorbeugen. Folglich sind positive Effekte der Arbeitsgedächtniskapazität auf die Entwicklung von Recherchekompetenz Studierender anzunehmen (Fragestellung 2). Methode Beide Fragestellungen wurden anhand von Daten einer Längsschnittstudie zur Entwicklung von Wissensnetzwerken bei Bachelor-Psychologiestudierenden untersucht. Eine Baseline-Messung fand zu Beginn des ersten Semesters statt, drei weitere Erhebungen wurden jeweils zu Beginn der darauffolgenden Semester durchgeführt. Zum ersten Messzeitpunkt waren die N = 137 Teilnehmer/-innen (82 % weiblich) durchschnittlich M = 20.43 (SD = 2.53) Jahre alt. Mit 16 % vom ersten bis zum letzten Messzeitpunkt war der Dropout relativ gering und, laut Dropout-Analysen, unsystematisch. Fachliche Recherchekompetenz wurde mit dem PIKE-P-Test (Prozeduraler Informationsrecherchetest für Psychologiestudierende; Rosman, Mayer & Krampen, 2015), einem Multiple-Choice-Test im Situational-Judgment-Test-Format (Antwortformat: fünfstufige Likert-Skala), erfasst. Zur Messung von Arbeitsgedächtniskapazität wurde ein heterogenes Set an verbalen Arbeitsgedächtnisaufgaben herangezogen (Wilhelm, Hildebrandt & Oberauer, 2013). Weiterhin wurden die Teilnehmer/innen befragt, ob sie während der ersten drei Semestern an einer Bibliotheksschulung zum Umgang mit Fachdatenbanken (Antwortformat: ja/nein) teilgenommen hatten. Zur Erfassung des Ausmaßes an curricular-integrierter RecherchekompetenzLehre wurden die Proband/-innen dazu befragt, inwiefern in einem bestimmten Kleingruppen-Kurs zum wissenschaftlichen Arbeiten Literaturrecherchen und bibliographische Fertigkeiten behandelt wurden (Antwortformat: fünfstufige Likert-Skala). Recherchekompetenz wurde zu allen vier Messzeitpunkten geprüft. Arbeitsgedächtniskapazität hingegen wurde am zweiten und die Daten zur Teilnahme an Schulungsmaßnahmen am dritten (curricular-integrierte Recherchekompetenz-Lehre) bzw. vierten Messzeitpunkt (Bibliotheksschulungen) erfasst. Ergebnisse Zur Datenauswertung wurde auf Mehrebenenanalysen im Rahmen der SPSS(TM) MIXED-Prozedur zurückgegriffen (MLSchätzung; Intercept und Zeitvariable als Zufallsfaktoren; Intercept, Zeitvariable und Kovariaten [Schulungen, Arbeitsgedächtniskapazität] als feste Faktoren). Wurden sowohl die Bibliotheksschulungen-Teilnahme als auch die Teilnahme an curricular-integrierter Lehre in ein Modell aufgenommen, ergaben sich lediglich signifikante Effekte curricular-integrierter Lehre: Je intensiver Recherchekompetenz im Rahmen eines Kurses zum wissenschaftlichen Arbeiten gelehrt wird, umso steiler ist die entsprechende Wachstumskurve. Wurde zusätzlich Arbeitsgedächtniskapazität in das Modell aufgenommen, ergab sich auch hier ein signifikanter Effekt: Eine hohe Arbeitsgedächtniskapazität geht mit höheren Wachstumsraten einher. Damit stellen sowohl curricular-integrierte Recherchekompetenz-Lehre als auch Arbeitsgedächtniskapazität Ressourcenfaktoren dar, die ein erfolgreiches und nachhaltiges Lernen von Recherchefertigkeiten im Hochschulkontext ermöglichen. Weiterhin geben unsere Befunde Hinweise darauf, dass situationale Einschränkungen (z. B. wenig Schulungsangebote) durch individuelle Ressourcenfaktoren (z. B. Arbeitsgedächtniskapazität) zumindest teilweise ausgeglichen werden können. ID: 163 / A 03 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Fremdsprachen Thematisches Cluster: Fremdsprachenunterricht, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: Englisch, Schreiben, E-Rater, Automated Essay Evaluation Messung englischer Schreibkompetenzen mit E-Rater: Empirische Werte zu einer zentralen Determinante des Bildungserfolgs Maleika Krüger1, Stefan Keller1, Olaf Köller2 1 PH FHNW und Institut für Bildungswissenschaften, Schweiz; 2Leibniz Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik IPN In diesem Beitrag wird dargestellt, welche Funktionen „Automated Essay Evaluation“ (AEE) bei der Bewertung englischer Schüleressays übernehmen kann. Die empirische Untersuchung des L2-Schreibens ist deshalb ein Desiderat, weil das argumentative Schreiben in Englisch heute als zentrale Determinante des Bildungserfolgs auf höheren Schulstufen gesehen wird (Keller, 2013; Koeller, Knigge & Tesch, 2010). Zunächst wird die Software „E-rater©“ vorgestellt, welche vom Educational Testing Service“ (ETS, USA) entwickelt wurde, und welche nun im Rahmen einer Schweizerisch-Deutschen Large-Scale Studie zum ersten Mal auch im deutschsprachigen Raum eingesetzt werden soll (SNF-DFG Forschungsprojekt MEWS – Measuring English Writing at Secondary Level). E-Rater erfasst über 40 empirische Textmerkmale mit Hilfe des „Natural Language Processing“ (NLP) und fasst diese zu Kategorien von Textqualitäten zusammen (Ramineni, Trapani, Williamson, Davey & Bridgeman, 2012a, 2012b). Dazu gehören Grammatik, Sprachgebrauch, Sprachmechanik, Stil, Organisation und Aufbau, Wortkomplexität und (bei einigen Beurteilungsmodellen) auch themenspezifischer Wortgebrauch. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz sollen Fehlerquellen menschlicher Beurteilungen, etwa Halo-Effekte, Müdigkeit, das Übersehen von Details oder die Veränderung der Rater-Strenge über die Zeit, abgemildert werden (Ramineni et al., 2012a, 2012b). Im zweiten Teil des Beitrags werden zwei empirische Untersuchungen vorgestellt, in welchen die Beurteilungen menschlicher Rater zu englischen Schülertexten aus dem 11. Schuljahr (Gymnasium, Schweiz) mit E-Rater Urteilen verglichen werden. In Untersuchung 1 wurden dabei zunächst die Raterurteile aus einer früheren Studie (Keller, 2013) als Vergleichsmaß herangezogen. In Untersuchung 2 wurden die Texte aus derselben Studie mit einem für E-Rater kalibrierten, holistischen Beurteilungsraster rekodiert, sowie der Datensatz um 36 neue Texte erweitert (TOEFL Schreibaufgabe). Folgende Forschungsfragen wurden untersucht: 1) In welchem Umfang korrelieren die menschlichen Urteile aus einer früheren Studie (Keller, 2013) mit den Werten von E-Rater? 2) Lässt sich diese Korrelation von menschlichen und computerbasierten Urteilen verbessern, indem konsequent für beide dasselbe Beurteilungsraster verwendet wird? Zu Forschungsfrage 1 wurden die Beurteilungen von E-Rater (TOEFL Modell) mit den menschlichen Beurteilungen aus der Studie von Keller (2013) verglichen (double-blind analytic scoring). Einbezogen wurden außerdem die Vornoten der Lernenden sowie die Resultate eines standardisierten Sprachtests, welcher Grammatik und Hörverstehen erfasst (Allen, 2004). Dabei zeigten sich moderate signifikante Zusammenhänge zwischen menschlicher und AEE Bewertung (zwischen r=.229 und r=.351). Diese moderaten Korrelationen sind darauf zurückzuführen, dass menschliche Rater und Computer-Modell unterschiedliche Messmodelle verwendeten, d.h. die Beurteilungskriterien unterschiedlich waren. Bei Untersuchung 2 wurden die Texte aus derselben Ursprungsstudie zunächst durch menschliche Rater re-analysiert, wobei das holistische Beurteilungsraster verwendet wurde, welches auch für E-Rater zur Anwendung kommt („Criterion Scoring Guide“; Ramineni et al. 2012a, 2012b; „Textgruppe A“). Zusätzlich wurden 36 neue Texte aus einem Schreibprojekt am Gymnasium Kirschgarten in Basel (11. Schuljahr) hinzugefügt, wobei eine TOEFL Schreibaufgabe verwendet wurde („Textgruppe B“). Bei diesem erneuten Vergleich zwischen menschlichen und computerbasierten Beurteilungen zeigten sich erwartungskonform eine höhere Übereinstimmungen als in Untersuchung 1 (Textgruppe A: r=.429, Textgruppe B: r=.779). Die Untersuchungen zeigen, dass hinreichende gute Übereinstimmungen zwischen AEE und menschlichen Beurteilern dadurch erzielt werden können, dass in beiden Fällen dieselben Beurteilungsrater zum Einsatz kommen, sowie geeignete Schreibaufgaben gestellt werden. Anschließend werden diese Resultate diskutiert sowie weitere Einsatzmöglichkeiten von E-rater dargestellt. Durch die Einfachheit der Anwendung und der wegfallenden Notwendigkeit eines zeit- und kostenintensiven Rater-Trainings bietet die AEE vielfältige Einsatzmöglichkeiten auch über den Klassenraum hinaus (Längsschnittstudien usw.). So werden im Rahmen von MEWS die ERater Daten mit Hilfe der Mehrebenenanalysen zu Variablen wie Unterrichtsformen, Schultypen oder Abiturquoten in verschiedenen Ländern in Beziehung gesetzt werden. AEE ermöglicht es darüber hinaus, Lernenden zeit- und raumunabhängige Rückmeldungen zu ihren Schreibleistungen zu geben, selbständiges Lernen zu fördern, Onlinelösungen anzubieten sowie Kurse kostengünstiger und personalsparender aufzubauen. ID: 164 / G 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Motivation und Emotion, Trainings- und Evaluationsforschung, Sonstiges Stichworte: Lebensziele, Personenmerkmale, Testentwicklung, Ziel-Dimensionen, Studierende Lebensziele & Persönlichkeitsmerkmale von Studierenden verschiedener Fächergruppen - Entwicklung und Validierung eines Fragebogens Antje Reichert Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland Ziele motivieren und verleihen dem Handeln Struktur und Bedeutung (Pervin, 1989). Dies gilt insbesondere für Lebensziele, die als Orientierungspunkte für die individuelle Lebensgestaltung dienen (Pöhlmann & Brunstein, 1997). Die verschiedenen vorliegenden Verfahren zur standardisierten Erfassung von Lebenszielen weisen sehr unterschiedliche Binnenstrukturen auf, sind teilweise schwer zugänglich und unvollständig dokumentiert. Ziel der Arbeit war daher die Entwicklung eines breit angelegten, frei zugänglichen und vollständig dokumentierten Lebensziel-Fragebogens sowie die Gewinnung von Validitätshinweisen für die Zielgruppe der Studierenden. Dazu wurde der Itempool bisheriger Verfahren von Grouzet et al. (2005); Klusmann et al. (2005); Pöhlmann & Brunstein (1997); Seifert & Bergmann (1983) zusammengefasst und um den bis dato unterrepräsentierten Aspekt der religiösen bzw. spirituellen Ziele (De Jager Meezenbroek et al., 2012) ebenso erweitert wie um sukzessive in qualitativen Vorstudien selbst generierten Items. Es resultierte eine Fragebogen-Vorform mit insgesamt 117 Lebensziel-Items. Dieser Itempool sollte pilotiert und darüber hinaus sollten folgende Forschungsfragen beantwortet werden: (1) Welche Zusammenhänge zwischen den Personenmerkmalen der Studierenden und den Lebenszielen können ermittelt werden? (2) Welche Unterschiede in den Lebenszielen von Studierenden bestehen zwischen den Fächergruppen? Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden zwei empirische Studien durchgeführt. Die Daten wurden jeweils mittels einer Online-Befragung erhoben, dabei wurden alle 117 Lebensziel-Items auf fünfstufigen Ratingskalen erfragt: jeder Proband wurde aufgefordert zu bewerten, wie relevant das angegebene Ziel für ihn persönlich ist (Skala von 5 = „sehr wichtig“ bis 1 = „nicht wichtig“). Die Akquise von Probanden erfolgte vorwiegend durch die Ansprache studentischer Selbstverwaltungen wie AStA, StuPa, Fachschaften von 85 (Studie 1) bzw. 250 (Studie 2) deutschen Hochschulen in öffentlicher oder freier Trägerschaft aus dem gesamten deutschen Bundesgebiet. Dementsprechend war die Teilnahme freiwillig; die Befragung erfolgte anonym. Als Ergebnisse von Studie 1 konnte an einer Stichprobe von N = 1.011 Studierenden (Alter: M = 24.3; SD = 5.2; 30.9 % männlich, 69.1 % weiblich) eine Fragebogen-Endform zur standardisierten Erfassung der Lebensziele von Studierenden entwickelt werden, mit der durch die Abfrage von 76 Items insgesamt zehn Lebensziel-Dimensionen erfasst werden können: (1) Abwechslung/Hedonismus, (2) Altruismus/Gemeinschaftsgefühl, (3) Attraktivität/Beliebtheit, (4) Bindung zu Partner und Peers, (5) Körperliche Gesundheit/Fitness, (6) Leistung/Geistige Fitness, (7) Macht/Ansehen, (8) Sicherheit, (9) Spiritualität/Selbstannahme und (10) Wirtschaftlicher Erfolg/Wohlstand (CFI = .92, TLI = .92; RMSEA = .045, 90 % CI: .043 .046). Erste Hinweise auf die Konstruktvalidität des Fragebogens ergaben sich aus Vergleichen der Lebensziele von Studierenden der drei größten in der Studie vertretenen Fächergruppen (Ingenieurwissenschaften, Medizin/Gesundheitswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften). Innerhalb der Endform wurden die 40 geeignetsten Items für eine Kurzform des Fragebogens identifiziert. In Studie 2 wurde die Fragebogen-Kurzform anhand von N = 3.731 Studierenden (Alter: M = 23.7; SD = 4.3; 33.3 % männlich, 66.7 % weiblich) erprobt und validiert. Das theoretische Modell aus Studie 1 ließ sich replizieren (CFI = .95, TLI = .94; RMSEA = .08, 90 % C.I. = .079 - .081). Es zeigten sich lediglich niedrige Zusammenhänge (r < .4) der Lebensziele mit den Personenmerkmalen BIG FIVE (Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit), erhoben durch International Personality Item Pool (IPIP40) nach Hartig et al. (2003). Die t-Tests für unabhängige Stichproben ergaben insgesamt 202 signifikante Effekte bezüglich der neun Fächergruppen für die zehn Lebensziel-Dimensionen (z.B. für Altruismus/Gemeinschaftsgefühl für Medizin/Gesundheitswissenschaften im Vergleich zu Ingenieurwissenschaften, t(1157) = 12.19, p = .00). Zu diskutieren ist der Zusammenhang mit Maßen für den (subjektiv erlebten) Studienerfolg, operationalisiert durch die Studienzufriedenheit (Westermann et al., 1996), die wahrgenommene Passung zum Studiengang (Schmitt et al., 2008), die Abbruchneigung (Ditton, 1998; Nagy, 2006) und die Einschätzung der Studienleistung im Vergleich zu anderen (Nagy, 2006) sowie die inkrementelle Validität für die Lebensziele im Hinblick auf den Studienerfolg. ID: 165 / A 15 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Item Response Theorie, Kompetenztest, fehlende Werte, Antwortzeiten Berücksichtigung von Antwortzeiten beim Umgang mit fehlenden Werten in Kompetenztests Steffi Pohl1, Matthias von Davier2 1 Freie Universität Berlin, Deutschland; 2Educational Testing Service, NJ Princeton, USA In großangelegten Bildungsstudien, wie zum Beispiel PISA oder NEPS, ist ein Ziel Kompetenzen von Teilnehmern zu erfassen. In Daten zur Messung von Kompetenzen mit Hilfe von Tests treten jedoch häufig fehlende Werte, zum Beispiel aufgrund von Zeitlimitationen, auf. Werden diese nicht angemessen behandelt, kann deren Auftreten zu einer verzerrten Schätzung der Parameter für die Items (z.B. Schwierigkeiten) und Personen (Fähigkeiten) in Modellen der Item Response Theorie (IRT) führen. Um die Angemessenheit der Verfahren beurteilen zu können, ist es wichtig den Mechanismus der fehlenden Werte zu kennen. Um diesen zu untersuchen und zu modellieren wurden bisher hauptsächlich die Antworten auf Aufgaben und die Information über nicht bearbeitete Aufgaben sowie Item- oder Personencharakteristika genutzt. Verschiedene Forscher haben argumentiert und gezeigt, dass fehlende Werte aufgrund des Überspringens von Aufgaben oder des Nichterreichens des Testendes Missing Not at Random (MNAR) und somit nicht ignorierbar sind. Neuere modellbasierte Ansätze modellieren nicht-ignorierbar fehlende Werte, indem explizit die Tendenz zu fehlenden Werten als weitere manifeste oder latente Variable in das Modell aufgenommen wird (Glas & Pimentel, 2008; Holmann & Glas, 2005; Rose, von Davier, & Xu, 2010). In Simulationsstudien wurde gezeigt, dass bei größerem Ausmaß an Nicht-Ignorierbarkeit die modellbasierten Ansätze zu weniger unverzerrten Parameterschätzungen führen als das Ignorieren der fehlenden Werte bei der Schätzung. Diese Modelle basieren auf den Antworten auf Aufgaben sowie der Information welche Aufgaben nicht bearbeitet wurden. Durch die Möglichkeit und die Umstellung von Papier-und-Bleistift (P&P) Tests auf computerisiertes Testen (CBA) stehen uns weitaus mehr und detaillierte Informationen über die Testbearbeitung zur Verfügung, die uns weitere Hinweise auf den MissingMechanismus geben können. Dabei geben vor allem Antwortzeiten, die für jede Aufgabe vorliegen, Informationen über die Zeitallokation der Personen. In der kognitiven Psychologie gibt es eine Vielzahl von Modellen zu Antwortzeiten. Diese wurden auch bereits auf den Assessmentbereich übertragen und mit IRT-Modellen kombiniert. Sie wurden jedoch nur zur Untersuchung der Geschwindigkeit genutzt. In diesem Forschungsprojekt nutzen wir die Antwortzeiten, um den Missing-Prozess zu untersuchen und angemessen zu berücksichtigen. Dabei bringen wir die Forschung zu fehlenden Werten mit den Modellen zu Antwortzeiten zusammen. In dem Vortrag werden die Ähnlichkeiten und Unterschiede der Modelle für nicht-ignorierbar fehlende Werte für nicht erreichte Aufgaben (Missing-Modell) mit dem hierarchischen Response-Time (RT) Modell von van der Linden (2007) dargelegt. Es wird gezeigt, dass das Response-Time Modell detaillierte Informationen enthält als das Modell für nicht-ignorierbar fehlende Werte und somit das Nicht-Erreichen von Aufgaben sogar genauer abbilden kann. In einer Simulationsstudie wurden die Ansätze gegenüber gestellt. Dazu wurden Reaktionszeiten, Antworten und fehlende Werte nach dem RT-Modell generiert und mit verschiedenen Modellen analysiert. Es zeigt sich, dass das Missing-Modell und das RT-Modell in sehr ähnlichen Fähigkeitsschätzungen resultieren. An den Verteilungsrändern sowie in anderen Parametern des Modells zeigen sich aber auch Unterschiede. Da das RT-Modell nicht für zeitbegrenzte Tests entwickelt und angewendet wurde, bildet dieses nicht ganz die Daten aus zeitbegrenzten Tests ab. In weiteren Untersuchungen sollte dieses Modell diesbezüglich angepasst werden. Weitere Forschungsfragen werden diskutiert. ID: 166 / H 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Intelligenz, Selbstkonzept, standardisierte Schulleistungstests, Noten Intelligenz und Selbstkonzept als Prädiktoren von Schulerfolg – differentielle Bedeutsamkeit für Tests und Noten Christin Lotz, Jörn Sparfeldt Universität des Saarlandes, Deutschland Bei der Vorhersage von Schulerfolg spielen neben der allgemeinen Intelligenz auch motivationale Konstrukte, wie das schulische Selbstkonzept, eine wichtige Rolle. Bisherige Studien wiesen auf eine differentielle Bedeutsamkeit der beiden Prädiktoren Intelligenz und Selbstkonzept in Abhängigkeit von der Methode zur Leistungserfassung (standardisierte Schulleistungstests vs. Zeugniszensuren) hin. Die unterschiedliche Bedeutsamkeit beider Leistungsindikatoren wurde bisher jedoch kaum vergleichend an einer Stichprobe untersucht. Standardisierte Schulleistungstests scheinen in stärkerem Maße durch die Intelligenz als durch das Selbstkonzept beeinflusst zu sein; bei der Prädiktion von Schulnoten kommt jedoch dem Selbstkonzept eine erhöhte Bedeutung zu. Bislang konnte diese differentielle Bedeutsamkeit der Intelligenz und des Selbstkonzepts für unterschiedliche Leistungsindikatoren (Test vs. Note) im Fach Mathematik gezeigt werden (z.B. Steinmayr & Meißner, 2013). Ungeklärt ist allerdings, ob sich diese Unterschiede in der relativen Bedeutsamkeit der beiden Prädiktoren auch für das Schulfach Deutsch zeigen. In dieser Arbeit soll daher untersucht werden, ob sich die differentielle Bedeutsamkeit der Intelligenz und des fachspezifischen Selbstkonzepts bei der statistischen Vorhersage von unterschiedlichen Schulleistungsindikatoren (standardisierte Schulleistungstests vs. Noten) für das Fach Mathematik replizieren lässt und ob sich dieses Muster für ein weiteres wichtiges Schulfach, nämlich Deutsch bzw. Lesen ebenfalls zeigt. Dafür bearbeiteten N = 496 Schülerinnen und Schüler der 10. Klassenstufe (Gymnasium) bzw. 11. Klassenstufe (Gesamtschule) sechs Subtests des Berliner Intelligenzstruktur-Tests (Jäger, Süß, & Beauducel, 1997), einen Fragebogen zum fachspezifischen Selbstkonzept in den Fächern Mathematik und Deutsch und einen standardisierten Schulleistungstest in entweder Mathematik (n = 245) oder Deutsch (Leseverständnistest; n = 251). Zusätzlich wurden die Zeugniszensuren in Mathematik und Deutsch von den Schülerinnen und Schülern erfragt. Es wurden für Mathematik und Deutsch getrennte Strukturgleichungsmodelle zur simultanen statistischen Vorhersage des Schulleistungstestergebnis und der Zeugnisnote aus der Intelligenz und dem fachspezifischen Selbstkonzept unter Berücksichtigung der hierarchischen Datenstruktur berechnet. Die Ergebnisse für beide Modelle (Mathematik bzw. Deutsch) zeigten, dass sich die Bedeutsamkeit der Prädiktoren Intelligenz und fachspezifisches Selbstkonzept in Abhängigkeit von der Methode zur Leistungserfassung unterscheidet. Im Modell für Mathematik wird die Mathematiktestleistung bei einer Varianzaufklärung von ca. 80 % insbesondere durch die allgemeine Intelligenz und in bedeutsam geringerem Maße durch das fachspezifische Selbstkonzept prädiziert. Die Mathematiknote wird bei einer Varianzaufklärung von ca. 40 % jedoch in substantiell stärkerem Maße durch das fachspezifische Selbstkonzept als durch die Intelligenz vorhergesagt. Im Modell für Deutsch zeigte sich dieses Muster ebenfalls: die Lesetestleistung wurde bei einer Varianzaufklärung von ca. 30 % durch die Intelligenz bedeutsamer vorhergesagt als durch das fachspezifische Selbstkonzept, die Deutschnote wurde bei einer Varianzaufklärung von ebenfalls ca. 30 % jedoch durch das fachspezifische Selbstkonzept substantiell stärker prädiziert als durch die Intelligenz. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die erforderliche Differenzierung zwischen verschiedenen Leistungsindikatoren diskutiert. Von besonderem Interesse scheint auch eine vergleichende Betrachtung der unterschiedlichen Anteile insgesamt aufgeklärter Varianz zwischen Test und Note und über die Fächer hinweg zu sein. Abschließend wird auf pädagogische und psychologische Implikationen dieses differentiellen Befundmusters – auch aus praktischer Perspektive – eingegangen. ID: 167 / A 04 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Gesundheit/ Stress/ Belastung, Motivation und Emotion Stichworte: Selbstwirksamkeitserwartungen; Stresserleben; Herzrate; Unterricht Einfluss von schülerseitigen Selbstwirksamkeitserwartungen auf deren Herzrate und Belastungserleben während berufsschulischen Unterrichts Tobias Kärner, Julia Warwas, Detlef Sembill Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland Das Konstrukt der Selbstwirksamkeit geht auf Bandura (1994) zurück, welcher darunter die individuelle Überzeugung bzgl. der persönlichen Fähigkeiten versteht, bestimmte Leistungen zu erbringen, um damit bedeutsame Situationen oder Ereignisse erfolgreich zu bewältigen. Es sind derartige Kompetenzeinschätzungen, die nach dem transaktionalen Stressmodell das konkrete Bewältigungsverhalten und hierdurch auch das individuelle Stressniveau beeinflussen (Lazarus & Launier 1981). Dass Selbstwirksamkeitserwartungen von Lernenden eine zentrale Ressource gegen Stress darstellen, dokumentieren bestehende Studien, die auf Basis von Selbstauskünften überwiegend negative Korrelationen mit dem Belastungserleben in schulischen Lern- und Leistungskontexten berichten (Vogl, 2014). Ähnliche Befunde – wenngleich eher aus dem experimentalpsychologischen Bereich – existieren für die Herzrate als physischem Stressindikator des kardiovaskulären Systems, die wiederum mehrheitlich auf negative Korrelationen hinweisen (z.B. Gerin et al., 1995). Mit Blick auf Belastungsreaktionen von Lernenden, welche bislang vorrangig retrospektiv-fragebogenbasiert erfasst wurden (z.B. Lohaus, Eschenbeck, Kohlmann & Klein-Heßling, 2006), stellt sich daher zunächst die Frage, ob psychische und physische Belastungsreaktionen im laufenden, realen Unterrichtsgeschehen ebenfalls negativ mit individuellen Selbstwirksamkeitserwartungen zusammenhängen. Weiterhin ist im Sinne einer postulierten Person-Situation-Interaktion (z.B. Nezlek, 2007) zu eruieren, in welcher Beziehung Selbstwirksamkeitserwartungen (als relativ zeitstabiles Personenmerkmal) und situationale Unterrichtsanforderungen mit dem Belastungserleben sowie der Herzrate stehen. Der Analyse liegen Daten von 50 angehenden Industriekaufleuten aus zwei Schulklassen der 10. Jahrgangsstufe einer deutschen Berufsschule zugrunde (17 m/33 w, Altersdurchschnitt = 19.69 (SD = 4.99) Jahre), welche über einen Zeitraum von drei Wochen (9 x 45 Min.) im Fach “Betriebswirtschaftliche Geschäftsprozesse” untersucht wurden. Die Untersuchung wurde als prozessbegleitendes Untersuchungsdesign konzipiert (Kärner, 2015). So wurden zunächst Schülerdispositionen in Form von papierbasierten Fragebögen und Tests erhoben, bevor die Unterrichtsprozesse zur späteren kategorienbasierten Auswertung videografiert wurden. Weiterhin gaben die Lernenden im Unterricht kontinuierlich Aussagen über ihr situationsspezifisches Erleben ab (sog. Continuous-State-Sampling-Methode, vgl. Sembill, Seifried & Dreyer, 2008). In die vorliegende Analyse gingen pro Schüler im Mittel 36 State-Messungen ein, wobei den Auswertungen insgesamt 1.819 Erlebensmessungen zugrunde liegen. Neben den Erlebensdaten der Schüler wurde weiterhin deren kardiovaskuläre Aktivität mithilfe von Brustgurten kontinuierlich während des Unterrichts gemessen. Es zeigen sich erwartungskonforme negative Korrelationen zwischen Selbstwirksamkeit und Belastungserleben sowie Herzrate. Zudem ergeben sich erwartungskonforme positive Korrelation zwischen beiden Stressindikatoren sowie erwartungskonforme positive Korrelationen zwischen dem beobachteten Aktivierungsgrad – gemessen an schülerzentrierten Arbeitsphasen – und beiden Stressindikatoren. Ein mittels Mehrebenenanalyse (2-Ebenen-Modell mit autoregressiver Kovarianzstruktur) gefundener Interaktionseffekt deutet sich (wenn auch nur stichprobenspezifisch) in bedingten Regressionen an: Mit zunehmender Schüleraktivierung steigt das Belastungserleben in Abhängigkeit der Selbstwirksamkeit unterschiedlich stark an. Unsere Studie unterstreicht damit die generelle Schutzfunktion von Selbstwirksamkeitserwartungen gegenüber unterrichtlichen Belastungen. Sie legt ferner nahe, dass das Stresspotential unterrichtlicher Gestaltungsmerkmale personenabhängig variiert. ID: 168 / B 04 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Genderforschung Stichworte: Geschlechterstereotype, gendersensible Sprache, Wissenschaft als Beruf Gendersensible Sprache – ein Ansatzpunkt zur Reduktion bildungsrelevanter Geschlechterstereotype? Marlene Kollmayer, Franziska Kurka, Barbara Schober Universität Wien, Österreich Obwohl Frauen und Männer in unserer Gesellschaft formal die gleichen Bildungschancen haben, zeigen sich noch immer geschlechtsspezifische Unterschiede in Bildungs- und Berufskarrieren: Frauen arbeiten in Berufen mit niedrigerem Status (= vertikale Segregation) und in thematisch anderen Berufsfeldern (= horizontale Segregation) als Männer. Für die Erklärung dieses Phänomens werden Geschlechterstereotype als sehr relevant angesehen, da sie die Bildungskarrieren von Frauen und Männern massiv beeinflussen (Jöstl, Kollmayer, Finsterwald, Schober & Spiel, 2015). Geschlechterstereotype führen offenbar dazu, dass Frauen in bestimmten Domänen weniger mitgedacht werden als Männer. Ein Beispiel sind Geschlechterstereotype im Feld der Wissenschaft, das traditionell männlich konnotiert ist (Nosek et al., 2009): Es wird angenommen, dass Männer besser für den Beruf des Wissenschaftlers geeignet sind bzw. dass erfolgreiche WissenschaftlerInnen Männer sein müssen (Van den Brink & Benschop, 2012), was die beruflichen Aspirationen von Frauen und Männern in diesem Feld beeinflusst (Lane, Goh & DriverLinn, 2011). Zahlreiche psychologische Studien haben gezeigt, dass auch die Verwendung verschiedener Sprachformen das „Mitdenken“ von Frauen beeinflusst; die Verwendung des generischen Maskulinums führt zu einem maskulinen Bias im Denken, der durch gendersensible Ersetzungsvarianten reduziert werden kann (Irmen & Linner, 2005). Bisher gibt es allerdings keine Erkenntnisse darüber, inwiefern beide Einflussfaktoren auf das „Mitdenken von Frauen“ miteinander in Verbindung stehen. Konkret stellt sich der vorliegende Beitrag daher die Frage: Kann die Salienz von Geschlechterstereotypen in männlich konnotierten Kontexten durch die Verwendung gendersensibler Ersetzungsvarianten in Texten reduziert werden? Es wurden zwei experimentelle Studien durchgeführt, in denen versucht wurde, die Salienz wissenschaftsbezogener Geschlechterstereotype durch die Verwendung unterschiedlicher Sprachformen zu manipulieren. Anliegen der zwei aufeinanderfolgenden Studien war die Replikation des angenommenen Effekts mit unterschiedlichen Indikatoren für Geschlechterstereotype. Dies schien insofern nötig, als die valide Erfassung von Genderstereotypen derzeit intensiv diskutiert wird (Eckes, 2008). Den TeilnehmerInnen (N1=391, N2=114) wurde zunächst randomisiert ein Stimulus-Text entweder im generischen Maskulinum oder in gendersensibler Sprache (Versalien-I) vorgegeben. Danach kam in Studie 1 das Koryphäen-Problem (Stöger, Ziegler & David, 2004) und in Studie 2 der Draw-a-scientist-Test (Chambers, 1983) zur Erfassung der Salienz wissenschaftsbezogener Geschlechterstereotypen zum Einsatz. Das Koryphäen-Problem ist ein Rätsel, für dessen Lösung es notwendig ist das männliche Stereotyp einer Koryphäe zu revidieren. Daher wurde untersucht, ob Personen, die vor der Bearbeitung des Rätsels einen Text in gendersensibler Sprache gelesen hatten, das Koryphäen-Problem häufiger lösen können als Personen, die vor dem Rätsel den inhaltlich gleichen Text im generischen Maskulinum gelesen hatten. Beim Draw-a-scientist-Test werden die TeilnehmerInnen aufgefordert, eine Person zu zeichnen, die in der Wissenschaft tätig ist. Hierbei wird untersucht, ob das Lesen eines Textes in gendersensibler Sprache vor der Bearbeitung dazu führt, dass weniger stereotyp männliche WissenschaftlerInnen gezeichnet werden. Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass das Lesen eines Textes in gendersensibler Sprache vor der Bearbeitung des Koryphäen-Problems zu signifikant höheren Lösungshäufigkeiten führt (χ2(1)=4.747; p=.029), wobei dieser Effekt bei geschlechterdifferenzierter Betrachtung nur bei Frauen (χ2(1)=4.002; p=.045), nicht aber bei Männern (χ2(1)=.893; p=.345) zu beobachten ist (Studie 1; die qualitativen Auswertungen der Ergebnisse aus Studie 2 werden zum Zeitpunkt der Tagung vorliegen). Die vorläufigen Ergebnisse sprechen dafür, dass die Verwendung gendersensibler Sprachformen zumindest bei Frauen zur Reduktion der Salienz von Geschlechterstereotypen in männlich konnotierten Domänen beitragen könnte. Daher sollte in der Berufsberatung von Schülerinnen wie auch in Ausschreibungen darauf geachtet werden, gendersensible Sprachformen zu verwenden, um männlich konnotierte Domänen auch für Frauen attraktiv zu machen. ID: 169 / A 13 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Kompetenzmessung, lesedidaktisches Wissen, Vignettentest Entwicklung eines Testinstruments zur Erfassung des lesedidaktischen Wissens angehender Lehrkräfte Juliane Rutsch, Markus Schmitt, Tobias Dörfler Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutschland Vergleichsweise viele Kinder und Jugendliche in Deutschland weisen eine eingeschränkte Lesekompetenz auf (Bos, Tarelli, Bremerich-Vos, & Schwippert, 2012). Daher gewinnt die systematische Vermittlung von lesedidaktisch gesicherten Vorgehensweisen zur Verbesserung des sinnentnehmenden Lesens eine zunehmend stärkere Bedeutung im schulischen Unterricht (Artelt & Dörfler, 2010). Neben der gezielten Leseförderung von Schülerinnen und Schülern (Rosebrock & Nix, 2014) erscheint es überdies sinnvoll, angehende Lehrpersonen hinsichtlich ihres lesedidaktischen Wissens zu untersuchen und zu fördern. Zu Struktur und Entwicklung des lesedidaktischen Wissens und Könnens von angehenden Lehrpersonen liegen bisher keine empirisch gesicherten Befunde vor. Das Ziel dieser Studie ist daher, ein Testinstrument zur Erfassung des lesedidaktischen Wissens von Lehramtsstudierenden zu entwickeln und zu validieren. Zentrale Forschungsfragen sind dabei die Überprüfung der Datenstruktur sowie psychometrischer Testgütekriterien. Ein weiteres Projektanliegen ist die Einbettung des lesedidaktischen Wissens in den breiteren Kontext der professionellen Kompetenz von (Deutsch-)Lehrkräften (Baumert & Kunter, 2006; Voss, Kunina-Habenicht, Hoehne, & Kunter, 2015). Das Konzept der professionellen Kompetenz geht von einem Bündel – zum Teil in der Lehramtsausbildung erwerbbarer – kognitiver und nicht-kognitiver Eigenschaften der Lehrperson aus, das erfolgreiches Lehrerhandeln begründet. Deshalb werden neben dem hier entwickelten Testinstrument Skalen zu Motivation und Überzeugungen von Lehrkräften eingesetzt. Zu Beginn der Testentwicklung wurde aus der lesedidaktischen und kognitionspsychologischen Forschung ein zweidimensionales theoretisches Modell des lesedidaktischen Wissens abgeleitet. Auf dessen Grundlage wurden komplexe Testaufgaben (sog. Vignetten) entwickelt. Jede Vignette besteht aus der Beschreibung einer Unterrichtssituation, zu der mehrere Handlungsalternativen (Items) einer Lehrkraft präsentiert werden. Diese Items sollen von Studierenden auf einer sechsstufigen Likert-Skala hinsichtlich der fachdidaktischen Angemessenheit bewertet werden. Verschiedene Autoren haben gezeigt, dass sich dieses Testformat zur Erfassung professioneller Wissensinhalte von Lehramtsstudierenden eignet (Baer et al., 2007, Depaepe, Verschaffel, & Kelchtermans, 2013; Voss, Kunter, & Baumert, 2011). Im Rahmen der Hauptstudie wurden Deutsch-Studierende (N = 581) sowie Kontrollgruppen (fachfremdes Lehramt, Germanistik, Psychologie; N = 147) aller Semester befragt. Dabei wurden 12 Vignetten sowie Skalen zur Berufswahlmotivation (Pohlmann & Möller, 2010), zum berufsbezogenem Selbstkonzept (Retelsdorf, Bauer, Gebauer, Kauper, & Möller, 2014) und zu lesedidaktischen Überzeugungen (Behrmann & Souvignier, 2013) mit dem Ziel der Testvalidierung eingesetzt. Bei der Datenanalyse wurde berücksichtigt, dass es sich bei dem vorliegenden Testformat um ein sog. Testlet-Design handelt (Bühner, 2011; Wainer & Kiely, 1987). Da sich immer mehrere Items auf eine Vignette beziehen, sind diese statistisch und inhaltlich voneinander abhängig (sog. Itemcluster). Daher wurde für jede Vignette ein Summenscore aus den Items gebildet, die dann in die weiteren Analysen eingingen (sog. score-basierter Ansatz; u.a. Cook, Dodd, & Fitzpatrick, 1999). Die Analysen zur Datenstruktur mit Mplus (Muthén & Muthén, 2012) bestätigen die postulierte zweidimensionale Struktur des lesedidaktischen Wissens (χ² (19, N = 581) = 21.15; p = 0.33; CFI = 0.97; RMSEA = 0.02; SRMR = 0.03). Des Weiteren sind Hinweise auf die Validität des Testinstruments gegeben: Die Deutschstudierenden weisen einen signifikant höheren Testscore als die Germanistikstudierenden und die Studierenden anderer Lehrämter auf (alle ps ≤ 0.05). Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass das Testinstrument spezielle lesedidaktische Wissensinhalte erfasst. Weiterhin zeigt sich für die Sekundarstufenstudierenden ein Zusammenhang des Testscores mit der Semesteranzahl (r = 0.19, p ≤ 0.05). Dieser Effekt war anzunehmen, da das lesedidaktische Wissen über das Studium hinweg ansteigen sollte. Weiterhin können die lesedidaktische Überzeugung sowie die Berufswahlmotivation den Testscore signifikant vorhersagen (alle ps ≤ 0.05). Es zeigt sich also ein erwarteter Zusammenhang zwischen dem lesedidaktischen Wissen und den untersuchten Konstrukten. Im weiteren Verlauf der Studie sollen diese Ergebnisse durch einen Längsschnitt ergänzt und präzisiert werden. ID: 173 / A 15 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Vorschulische Bildung Stichworte: Frühpädagogische Fachkräfte, Selbstbildung, Instruktion, pädagogische Orientierungen Wie werden Kinder im Kindergarten am besten gefördert? Förderorientierungen von frühpädagogischen Fachkräften im Spannungsfeld zwischen Selbstbildung und Instruktion Thilo Schmidt1, Wilfried Smidt2 1 Universität Koblenz-Landau, Deutschland; 2Universität Innsbruck, Österreich Theoretischer Hintergrund Über das Spannungsverhältnis zwischen der „Selbstbildung“ von Kindern in Kindertageseinrichtungen und ihrer Instruktion in Form gezielter Anleitung wird in der Frühpädagogik kontrovers diskutiert. Befürworter des Selbstbildungsansatzes betonen die Eigenaktivität und die (Re-)Konstruktionsprozesse von Kindern in den ersten Lebensjahren. Nach ihrem Standpunkt bilden sich Kinder durch die selbsttätige Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt. Fachkräfte und Eltern strukturieren ihnen hierfür in erster Linie den Rahmen vor (Merkel, 2013; Schäfer, 2011). Demgegenüber stellen die Befürworter gezielter frühpädagogischer Instruktionen insbesondere das (kompensatorische) Förderpotenzial junger Kinder heraus. Dabei berufen sie sich auf empirische Studien, welche die Effektivität bestimmter Förderprogramme aufzeigen (z.B. Jäger et al., 2012; Schneider, 2012). Weitgehend unerforscht ist bisher, wie sich frühpädagogische Fachkräfte (Erzieherinnen und Kindheitspädagoginnen) bezogen auf dieses Spannungsfeld positionieren und ob ihre Orientierungen – wie theoretische Rahmenmodelle nahelegen (Kunter, Kleickmann, Klusmann & Richter, 2013) – von bestimmten individuellen und kontextuellen Merkmalen beeinflusst werden. Dies erstaunt vor dem Hintergrund, dass die Förderorientierungen der Fachkräfte sowohl ihre Wahrnehmung und Deutung von pädagogisch-praktischen Erfahrungen als auch ihr pädagogisches Handeln beeinflussen können. Dies ist durch empirische Studien belegt, auch wenn die Forschungslage nicht durchgängig konsistent ist (z. B. Smidt, 2012). Verschiedene Untersuchungen zeigen insbesondere, dass pädagogische Orientierungen von Fachkräften die pädagogische Interaktionsqualität in Kindertageseinrichtungen beeinflussen (z. B. Kluczniok, Anders & Ebert, 2011; Pianta et al., 2005). In Modellen zur Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen werden pädagogische Orientierungen darüber hinaus häufig als Variable betrachtet, die über das Interaktionsverhalten der Fachkräfte im Umgang mit Kindern indirekt auch Auswirkungen auf die Kompetenzentwicklung von Kindern hat (Anders, 2013; Mischo & Fröhlich-Gildhoff, 2011). Fragestellung Untersucht wird, welche pädagogischen Orientierungen zur Förderung von Kindern im Kindergarten frühpädagogische Fachkräfte im Spannungsfeld zwischen Selbstbildung und Instruktion haben und inwieweit diese Orientierungen von individuellen und kontextuellen Merkmalen beeinflusst werden. Konkret werden folgende Forschungsfragen gestellt: • Lassen sich Typen von Fachkräften mit selbstbildungsbezogenen und/oder instruktionsbezogenen Förderorientierungen empirisch identifizieren? • Welchen Einfluss haben individuelle und kontextuelle Merkmale auf die pädagogischen Orientierungen der frühpädagogischen Fachkräfte? Methode Stichprobe Die Daten des Beitrags wurden im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts ÜFA (Übergang von fachschul- und hochschulausgebildeten pädagogischen Fachkräften in den Arbeits-markt), einer bundesweit durchgeführten Studie zur beruflichen Einmündung und Platzierung (früh-)pädagogischer Fachkräfte, erhoben. Die Auswertung berücksichtigt sämtliche Befragungsteilnehmerinnen, die sich im Herbst 2013 an der Studie beteiligten. Der Stichprobenumfang um-fasst n = 1.075 (Nettostichprobe), was einer Rücklaufquote von 35 Prozent aller Befragten entspricht. Statistische Auswertung Zur Untersuchung der ersten Forschungsfrage, ob Typen von pädagogischen Fachkräften hinsichtlich selbstbildungsbezogenen und/oder instruktionsbezogenen Förderorientierungen empirisch identifiziert werden können, wurden mit Mplus Latente ProfilAnalysen (LPA, Hagenaars & McCutcheon, 2002) gerechnet. Mit LPAs ist möglich, latente Profile von pädagogischen Fachkräften in Bezug auf die Ausprägung von Förderorientierungen zu identifizieren. Die Förderorientierungen gingen auf Ebene der Einzelitems in die Analysen ein. Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage wurden im Anschluss an die LPAs binärlogistische Regressionen gerechnet um den Einfluss der Prädiktorvariablen auf die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit zu den Profilen zu untersuchen. Als statistische Gütekriterien für die Anzahl der latenten Profile wurden Akaike’s Information Criterion (AIC; Akaike, 1974), das Bayesian Information Criterion (BIC; Schwartz, 1978) und Entropy (Jedidi, Ramaswamy, & Descarbo, 1993) gewählt. Neben statistischen Kriterien wurden zudem Überlegungen zur theoretischen Interpretierbarkeit der Ergebnisse herangezogen (Flaherty & Kiff, 2012). Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass sich mit den Latenten Profilanalysen zwei Gruppen von Fachkräften identifizieren lassen, die den Profilen „ausgeprägte Selbstbildung“ (n = 333 bis 334, itemabhängig) und „moderate Selbstbildung und Instruktion“ (n = 292 bis 293, itemabhängig) zugeordnet werden können. Mit dem Migrationshintergrund, dem Ausbildungsabschluss, dem Arbeitsfeld und bestimmten Persönlichkeitseigenschaften (Big Five) der frühpädagogischen Fachkräfte können signifikante individuelle und kontextuelle Prädiktoren für die Profilzugehörigkeit identifiziert werden (für detaillierte Ergebnisse vgl. Schmidt & Smidt, in Druck). ID: 174 / B 04 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Schulentwicklung Stichworte: Lange Wellen, Bildungsbeteiligung, Generation, Qualifikationskrisen, Ausdifferenzierung Lange Wellen in der Entwicklung des Bildungssystems Corinna Maria Dartenne Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland Die Geschichte des Bildungssystems ist eine Geschichte der Modernisierung. Ca. 1800 begann eine Verschiebung von einer Auslese, die durch den Geburtsstand geprägt waren, zu einer modernen Bildungsselektion, wie wir sie heute alle kennen. Es ist die Entwicklung von einer Elitekultur zu einer Massenkultur. Diesen Prozess durchleuchten die empirisch-historisch arbeitenden Bildungsforscher_innen mit langfristigen Indikatoren bzw. anhand amtlicher Statistiken der letzten 200 Jahren. Die langen Zeitreihen zeigen Ergebnisse von Bildungsentscheidungen von Millionen Menschen. Bei der Analyse der Daten, die für alle Länder des Deutschen Reiches in den Archiven der Universitäten und Statistischen Landesämter recherchiert wurden, werden nicht intendierte Folgen intentionalen Handelns sichtbar, von denen drei hier erwähnt werden sollen, weil sie erwartungswidrige Bildungs(miss-)erfolge aufzeigen: 1. Die gemeinsame Bildungsgeschichte der Menschen folgt einem verblüffend regelmäßigen Muster, das man nur bei einem Zeithorizont von mehreren Generationen erkennen kann. Seit dem Übergang von der ständischen Selektion zur Bildungsselektion, seit der funktionalen Verkoppelung von höherer Schule und Universität über das Abitur um 1800 werden bis zur Gegenwart vier verhältnismäßig lang anhaltende Wachstumsschübe der relativen Beteiligung an den berechtigenden höheren Schulen bzw. den wissenschaftlichen Hochschulen festgestellt, denen jeweils ausgedehnte Stagnationsphasen folgen (vgl. Nath 2001, Dartenne 2006). Es sind die so genannten Langen Wellen in der Entwicklung des Bildungswachstums. Die heranwachsenden Personen, die in einer bestimmten Zeit gemeinsame Erfahrungen in dem sich in Wellen immer weiter differenzierenden Bildungssystem machen, verstehen wir als Schüler- oder Studierendengeneration und lehnen uns dabei an die Definition von Generation von Karl Mannheim (1928) an. Die Schülergeneration X macht in einer Wellenphase der Stagnation des Bildungssystems ganz andere Erfahrungen als die Generation Y nach ihr in einer Wellenphase des Ausbaus des Bildungssystems (vgl. Nath 2004). D.h. losgelöst von der individuellen Anstrengung hat die Generation X nicht die gleiche Chance wie die Generation Y. Es kommt für die Generation X zu erwartungswidrigem Bildungsmisserfolg und für die Generation Y zu erwartungswidrigem Bildungserfolg. 2. Noch ein anderer langfristig nachgezeichneter Indikator erlaubt einen Rückschluss auf erwartungswidrigen Bildungsmisserfolg: In allen Ländern des Deutschen Reiches (Daten bis 1945) liegt die relative Schülerbeteiligung der Jungen an den Hilfsschulen stets höher als die der Mädchen, egal auf welchem Niveau. Die Entwicklung des Volksschulwesens und damit die Ausdifferenzierung des Hilfsschulwesens verliefen – jenseits aller Beteuerungen der Beteiligten, die sich als Förderer der Schüler sahen – zulasten der männlichen Klientel (vgl. Titze/Dartenne 2010). Mit einer wachsenden Quote an Hilfsschülern entledigte sich das Volksschulwesen der Aufgabe, mit schwierigen Schülern umgehen zu müssen. Die empirischen Daten zur Entwicklung des Hilfsschulwesens zeigen damit – überspitzt formuliert –, dass die Schule „weiblich“ ist. 3. Erwartungswidriger Bildungserfolg zeigt sich nicht zuletzt auch in der graphisch darstellbaren "Überholspur" der Schülerinnen und Studentinnen seit den 1970er Jahren. Die relative Schülerinnenbeteiligung an höheren Schulen übersteigt seit Mitte der 1970 Jahre bis heute die relative Schülerbeteiligung (vgl. u.a. Nath 2001). Das wäre für Akteure im Bildungssystem zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein undenkbarer Bildungserfolg gewesen. Das Forschungsinteresse der empirisch-historisch arbeitenden Bildungsforscher_innen gilt der langen systemtheoretisch orientierten Perspektive als Hintergrund einer adäquaten Beurteilung gegenwärtiger Prozesse im Bildungssystem. Dabei wird nicht nach der Entwicklung von Deutungsmustern gefragt. Stattdessen wird die Entwicklung des Bildungssystems anhand von empirischen Zeitreihen nachvollzogen. Die Schüler- und Studierendenzahlen werden mit Hilfe der Bevölkerungsstatistiken auf die jeweilige Alterskohorte relativiert. Sowohl der Trend als auch die Zyklen werden graphisch dargestellt und teils durch jährliche Wachstumsraten mit gleitenden Durchschnitten verdeutlicht. Die einzelnen Graphiken zeigen, dass der Erfolg, den die/der Einzelne iherer/seiner Leistungsfähigkeit in der Lebensspanne zuschreibt, zu einem Teil auch einer bestimmten Phase der Entwicklung im Bildungssystem geschuldet ist. ID: 175 / A 03 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Fremdsprachenunterricht Stichworte: French Immersion, Schulleistung, kognitive Fähigkeiten, Meta-Analyse Immersionsunterricht und schulische Leistungen: Eine Drei-Ebenen-Meta-Analyse Jennifer Deventer1, Nils Machts2, Jens Möller2 1 Leibniz Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland; 2Christian Albrechts Universität zu Kiel - Pädagogische Psychologie Immersionsunterricht ist eine spezielle Form des Fremdsprachenerwerbs mit dem Ziel ein funktionales Kompetenzlevel in der Zweitsprache (L2), sowie eine normale Leistungsentwicklung in anderen akademischen Fächern zu erreichen. Kernmerkmal ist, dass der Unterricht in einer Zweitsprache (L2) erfolgt, während das reguläre Curriculum beibehalten wird (Genesee, 2005). Diese Meta-Analyse konzentriert sich auf French Immersion (Johnson & Swain, 1997). Die aktuelle Literatur berichtet für Immersionsschüler im Vergleich zu konventionell unterrichteten Kindern überwiegend positive Ergebnisse bezüglich des L2Erwerbs, mindestens gleichwertige Leistung in der L1 und stärkere Leistungen in Mathematik. Dennoch gibt es Bedenken hinsichtlich des Programmerfolgs, da vereinzelt defizitäre Entwicklungen beobachtet werden (z. B. Marsh, Hau & Kong, 2002). Deshalb ist es Ziel dieser Meta-Analyse (a) einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu geben, (b) zu untersuchen, ob French Immersion tatsächlich zu einer verbesserten L2 Leistung bei mindestens gleich bleibender Leistung in der L1, Mathe und den Naturwissenschaften im Vergleich zu konventionellem Unterricht führt und (c) spezifische, diese Effekte moderierende Programm-, Stichproben-, Studien- und Testcharakteristika zu identifizieren. Beispielsweise gehen wir der Frage nach, ob (d) Kinder in French Immersion-Programmen tatsächlich höhere kognitive Fähigkeiten aufweisen und somit Selektionseffekte die Effekte in akademischen Domänen auflösen. Die Literaturrecherche erfolgte systematisch in gängigen Onlinedatenbanken mit anschließenden Cross-Reference-Checks. Eingeschlossene Studien erfüllten folgende Kriterien: Leistungsvergleich zwischen konventionell und immersiv unterrichteten Schulkindern (Kindergarten bis Klasse 13), die L1 der Probanden ist die Majoritätssprache des Landes, Existenz einer echten Kontrollgruppe, ausreichend quantitative Informationen zur Berechnung von Cohen’s d. Relevante Studien wurden von fünf geschulten Ratern unabhängig kodiert und vom Erstautor überprüft. Neben der Leistungserfassung wurden eine Reihe von Studien-, Stichproben-, Test- und Programmcharakteristika erhoben z. B. Land, Klassenstufe, Grad der Teststandardisierung, Programmbeginn, Immersionsanteil etc. Um der Abhängigkeit mehrerer Effektstärken Rechnung zu tragen, erfolgte die Auswertung mit dem meta-analytischen Drei-Ebenen-Ansatz von Cheung (2014). Die Analyse von 669 Effektstärken aus 40 Studien zeigte einen mittleren Effekt von d = .42. Der Leistungsunterschied zwischen den Gruppen war in der L2 (d = 1.36) signifikant höher und in der Mathematik (d = .27) signifikant geringer als in der Intelligenztestleistung (d = .45). Der Effekt für die L1 lag bei d = .32 und für die naturwissenschaftlichen Fertigkeiten bei d = .40. Moderatoranalysen zeigten bspw., dass Programmbeginn im Kindergarten förderlich für die L1- und L2- Kompetenzen ist, dass Alphabetisierung in der Fremdsprache die L2-Leistung fördert und keinen Einfluss auf die L1- und die Mathematikleistung hat und dass Vollimmersion zu höheren L2-Leistungen führt als Teilimmersion. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Immersionsunterricht zu verbesserten L2 Fertigkeiten, bei normaler Leistungsentwicklung in anderen akademischen Fächern, führt und der Effekt von verschiedenen Programmcharakteristika moderiert wird. Die Intelligenzleistung ist bei Immersionsschülern höher, jedoch ist eine Betrachtung des Leistungszuwachses über die Zeit notwendig, um die Frage nach der Ursache (Eingangsvoraussetzung vs. Programmeffekt) final zu beantworten. ID: 177 / G 17 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Automatisches Kodieren, Automatisches Benoten, Cluster, Kodierrichtlinien, Ankerbeispiele Können mithilfe automatischer Kodierung die Kodierrichtlinien für Kurztextantworten verbessert werden? Fabian Zehner1,3, Frank Goldhammer2,3, Christine Sälzer1,3 1 Technische Universität München; 2Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF); 3Zentrum für Internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) e.V. Um Kurztextantworten in Erhebungen objektiv und konsistent auszuwerten, werden zumeist Kodierrichtlinien eingesetzt. An diesen orientieren sich menschliche Beurteiler, um eine Antwort einer Kategorie zuzuordnen (etwa richtig oder falsch). Kodierrichtlinien enthalten prototypische Antworten der jeweiligen Kodierung, die sogenannten Ankerbeispiele. Diese werden häufig in kleineren, empirischen Vorstudien gesammelt oder von den Itementwicklern auf Basis eigener Expertise zusammengestellt. Dennoch kommt es vor, dass sich Kodierer gelegentlich mit Antworten konfrontiert sehen, die von den Kodierrichtlinien nicht optimal abgedeckt werden und somit die Objektivität der Auswertung reduziert ist. Technologische Fortschritte ermöglichen es inzwischen, diesen Auswertungsschritt dem Computer zu übertragen und somit die menschliche Kodierung zu unterstützen oder offenes Antwortformat in neuen Szenarien einzusetzen, etwa in interaktiven tutoriellen Lernsystemen (Graesser, Li & Forsyth, 2014). Die vorliegende Studie beschreibt und evaluiert ein neues Konzept, wie Kodierrichtlinien für Kurztextantworten automatisch erstellt oder bestehende automatisch verbessert und empirisch validiert werden können. Dabei wird die Softwareumsetzung eines jüngst vorgestellten automatischen Kodieransatzes verwendet (Zehner, Sälzer & Goldhammer, 2015), der in empirischen Kurztextantworten gruppierbare Antworttypen identifiziert. Für die automatische Kodierung müssen den Antworttypen anschließend nur noch von den Itementwicklern Kodierungen zugeordnet werden, womit neue Antworten gleichen Typs automatisch kodierbar werden. Gleichzeitig ermöglicht das vorgestellte Konzept, das Training der Software mit bestehenden Kodierrichtlinien zu beginnen und den dafür benötigten manuellen Kodieraufwand erheblich zu reduzieren (analog zu aktuellen Forschungsbestreben: vgl. Dronen, Foltz & Habermehl, 2014; Ramachandran & Foltz, 2015; Zesch, Heilman & Cahill, 2015). Fragestellungen. Davon ausgehend widmet sich diese Studie drei Fragestellungen: (1) Wie gut decken Ankerbeispiele in bewährten Kodierrichtlinien empirische Antworten ab? (2) Welche empirischen Antworten können als neue Ankerbeispiele dienen? (3) Wie gut funktioniert das automatische System mit dem reduzierten Kodieraufwand? Die Präsentation fokussiert die erste Fragestellung. Methode. Die eingesetzte Software zur automatischen Kodierung folgt mehreren Schritten. Zunächst übersetzt sie die Semantik der Schülerantworten in numerische Vektoren mithilfe von Technologien der natürlichen Sprachverarbeitung, primär der Latenten Semantischen Analyse (Deerwester, Dumais, Furnas & Landauer, 1990). Diese werden dann mittels hierarchischer Clusteranalyse zu Typen gruppiert. Die nun vorgeschlagene Erweiterung sieht vor, analog die Ankerbeispiele zu semantischen Vektoren zu verarbeiten und den Antworttypen zuzuordnen. Antworttypen, denen kein Ankerbeispiel zugeordnet wurde, werden nicht durch die Kodierrichtlinien abgedeckt und eine der Schülerantworten muss der Kodierrichtlinie als neues Ankerbeispiel hinzugefügt werden (im Folgenden Konflikt I). Ankerbeispiele, deren Vektor untypischer als 95 Prozent der Antworten innerhalb des ähnlichsten Typen ist, werden ausgeschlossen, da sie Antworten repräsentieren, die nicht in der Empirie vorkommen (Konflikt II). Antworttypen, denen widersprüchliche (etwa richtige und falsche) Ankerbeispiele zugeordnet sind (Konflikt III), weisen auf ungenügende automatische Kodierung hin und können eine höhere Clusteranzahl erfordern. Daten. Die Studie untersucht die Fragestellungen an Daten und etablierten Kodierrichtlinien aus dem Programme for International Student Assessment (PISA) 2012 (OECD, 2014; Prenzel, Sälzer, Klieme & Köller, 2013). Insgesamt wurden n = 41.990 Antworten deutscher Schülerinnen und Schüler auf zehn dichotomen Items in den Analysen verwendet (8 Leseitems, 1 Mathematik- und 1 Naturwissenschaftsitem). Ergebnisse. Analysen zur ersten Fragestellung zeigten, dass der Anteil von Antworttypen, die durch kein Ankerbeispiel in den Kodierrichtlinien abgedeckt waren, im Durchschnitt mit 72 Prozent sehr hoch lag (Konflikt I). Im Mittel konnten 21 Prozent der bestehenden Ankerbeispiele keinem empirischen Typen zugeordnet werden (Konflikt II). Die automatische Kodierung war gemäß Konflikt III selten unzureichend (6 %). Aus den Ergebnissen folgt, dass einige Ankerbeispiele in den etablierten Kodierrichtlinien entfernt werden könnten, während viele neue hinzugefügt werden müssten, um alle empirisch auftretenden Antworttypen abzudecken. Die Analysen zu den weiteren Fragestellungen zeigten außerdem empirische Evidenz, dass zentroidnahe Antworten als prototypisch den Kodierrichtlinien hinzugefügt werden können, und dass mit dem neuen Ansatz ab etwa 100 Clustern eine stabile Performanz erreicht wird. Dieser Ansatz zur Optimierung von Kodierrichtlinien wird abschließend diskutiert. ID: 178 / A 04 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Hochschulbildung Stichworte: Hochschulforschung, Nachwuchsförderung, Postdoc-Phase, Wissenschaft als Lebensform Von nichts, kommt nichts? – Typen von Postdocs in der „Förderlandschaft“ deutscher Wissenschaftsorganisationen Svea Korff Universität Hildesheim, Deutschland Der vorliegende Beitrag rückt die „Postdoc-Phase“ sowie die damit einhergehenden Arbeits- und Qualifizierungsbedingungen in Wissenschaftsorganisationen in den Fokus, wobei insbesondere die dort potentiell vorhandenen „Förderlandschaften“ analysiert werden sollen. Anders als vom Wissenschaftsrat oder der DFG dargestellt, wird die Postdoc-Phase nicht unbedingt immer als „in sich differenziert“ wahrgenommen, sondern häufig auf Grund ihrer relativen Offenheit bzw. Unstrukturiertheit gemeinhin auch als allgemeine, ganzheitliche Übergangsphase (vgl. Burkhardt 2008, S. 223), Zwischenphase (vgl. Wissenschaftsrat 2001, S. 82) oder Orientierungs- und Entscheidungsphase (vgl. BuWin 2013, S. 253) betitelt. Warum die Postdoc-Phase keine ganzheitliche Übergangsphase ist, sondern sich vielmehr in Anlehnung an die Definition des Wissenschaftsrats bzw. der DFG aus mehreren verschiedenen Phasen zusammensetzt, die durch spezifische Übergänge gekennzeichnet sein können, soll in dem vorliegenden Beitrag genauer dargestellt und empirisch untersucht werden. Des Weiteren soll die in den Wissenschaftsorganisationen potentiell vorhandene „Förderlandschaft“ bzw. deren Nutzung durch die Postdocs genauer analysiert werden (Böhringer/Gundlach/Korff 2014; Korff/Gundlach 2015). Da bisher kaum empirische Erkenntnisse über die Postdoc-Phase vorliegen, wird in diesem Beitrag das Augenmerk auf jene Promovierten gerichtet, die sich in dieser Phase befinden und in diesem Zusammenhang der Frage nachgegangen, welche Typen von Postdocs sich unter Anwendung quantitativ-empirischer Analysemethoden ausmachen lassen, um ggf. darüber eine bessere Einordnung bzw. Definition dieses Karriereabschnitts zu ermöglichen. Insbesondere steht hierbei der noch unklare Zeitaspekt bzw. die potentielle Untergliederung der Postdoc-Phase in verschiedene Teilabschnitte (gegenüber der Annahme einer recht einheitlichen Orientierungsphase) im Fokus des Interesses. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen der weiterführenden Auswertungen Clusteranalysen durchgeführt, um unterschiedliche Merkmale zur Typenbildung von Postdocs gleichzeitig betrachten zu können. Forschungsleitend sind dabei die Fragen: Welche Typen von Postdocs gibt es? Wie korrespondieren diese Typen mit einzelnen Abschnitten der Postdoc-Phase? Welche Förderung wird von den Postdoc-Typen genutzt und wer bleibt von den Angeboten ausgeschlossen? Die Datengrundlage für diesen Beitrag bildet eine bundesweite und fächerübergreifende standardisierte OnlineBefragung von 539 Postdocs, die im Rahmen eines BMBF geförderten Forschungsvorhabens zur „Chancengleichheit in der Postdoc-Phase in Deutschland“ durchgeführt wurde. Anhand der Clusteranalysen kristallisierten sich vier Postdoc-Typen heraus: Einsteiger, potenzielle Aussteiger, Fortgeschrittene und Etablierte. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Verweildauer, ihrer Tätigkeit, ihrer Motivation und ihrer Akzeptanz bzgl. des Konzepts „Wissenschaft als Lebensform“ sowie ihres Nutzungsverhaltens von Förderprogrammen. Unter Rekurs auf die „Förderlandschaft“ deutscher Wissenschaftsorganisationen zeigen die Ergebnisse, dass „Einsteiger“ andere Förderprogramme nutzen als „etablierte“ Promovierte. Während Postdocs in der „Einstiegsphase“ eher Trainings- und Qualifizierungsprogrammen nutzen, liegt der Fokus bei Postdocs in der „Endphase“ eher auf Networking-Angeboten. Es lässt sich auch erkennen, dass gerade die „potentiellen Aussteiger“ im Vergleich zu den anderen drei Postdoc-Typen über nahezu alle Förderprogramme hinweg die niedrigsten Werte bezüglich deren Nutzung aufweisen. In Rückschluss auf diese Ergebnisse stellt sich allerdings die Frage, ob es sich bei dieser Gruppe von Postdocs tatsächlich um „potenzielle Aussteiger“ handelt oder ob sich der Mangel an Motivation vielleicht anhand anderer Merkmale erklären lässt. So hat sich auch gezeigt, dass diese Gruppe am häufigsten angegeben hat, dass nach ihrem Wissen kaum Förderung für sie in ihren Wissenschaftsorganisationen angeboten wurde. Und wo keine Förderung angeboten wird, kann auch keine Förderung genutzt werden. ID: 179 / B 04 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Genderforschung Stichworte: Differenzielle Prognose, Geschlecht, Abiturnote, Studienerfolg, Fairness Bessere Studienleistung bei gleicher Abiturnote – erwartungswidriger Studienerfolg von Frauen und Männern? Johannes Schult, Jörn Sparfeldt Universität des Saarlandes, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die Note der Hochschulzugangsberechtigung (HZB; häufig die Abiturnote) ist in vielen zulassungsbeschränkten Studienfächern ein zentrales Auswahlkriterium; sie zeigt substanzielle prädiktive Validität bzgl. des Studienerfolgs und kann ohne großen Aufwand ermittelt werden (vgl. Schuler, 2010). In Hinblick auf die Fairness von Zulassungsverfahren soll die Prognose des Studienerfolgs durch ein Auswahlkriterium nicht mit der Gruppenzugehörigkeit (z.B. Geschlecht) der Personen zusammenhängen (z.B. AERA, APA & NCME, 2014). Gleichermaßen befähigte Kandidatinnen und Kandidaten sollen unabhängig von ihrem Geschlecht gleiche Bildungschancen haben. Mögliche Verzerrungen im Prädiktionsmodell manifestieren sich in gruppenspezifischen Regressionssteigungen und Regressionsachsenabschnitten. In der Praxis bedeutet dies, dass potentiell erfolgreiche Bewerberinnen bzw. Bewerber aufgrund ihres Geschlechts keinen Studienplatz bekommen würden. Bisherige Befunde zeigen ein heterogenes Bild: In deutschen Stichproben fanden sich teilweise keine geschlechtsspezifischen Verzerrungen, teilweise aber auch eine Unterschätzung der Studienleistung der Männer u.a. in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen (Fischer et al., 2015; Nauels & Meyer, 1997; Schult et al., 2013). In den USA tendierte die High SchoolDurchschnittsnote dagegen dazu, den Studienerfolg von Männern zu überschätzen, wobei sich bei Frauen zusätzlich minimal steilere (also validere) Regressionssteigungen zeigten (Meta-Analyse von Mattern & Patterson, 2013). Fragestellung Angesichts ständiger bildungspolitischer Veränderungen ist eine aktuelle Untersuchung zu erwartungswidrigen Studienleistungen von Frauen und Männern bei HZB-basierten Prognosen von hoher Relevanz. Deshalb wurde in der vorliegenden Studie anhand bundesweiter Daten die Forschungsfrage untersucht, ob HZB-Noten eine geschlechtsfaire Vorhersage der Studienleistung erlauben. Anknüpfend daran wurden Fachrichtungsunterschiede bei der Prognose exploriert. Methode Als Stichprobe wurde die Studierenden-Kohorte des Nationalen Bildungspanels (NEPS; Blossfeld et al., 2011; doi:10.5157/NEPS:SC5:4.0.0) verwendet. Im Jahr 2010 wurden Studienanfängerinnen und -anfänger an deutschlandweit zufällig ausgewählten Universitäten erstmals befragt, u.a. zu ihrer HZB-Note. Zwei Jahre später wurde die bisherige Durchschnittsnote im Studium erfasst. Die Analyse basiert auf den Studierenden der sechs größten Fachrichtungen (Geistes-, Wirtschafts-, Sozial, Mathematik/Natur-, Medizin/Gesundheits- und Ingenieurswissenschaften). Hier hatten 5289 Personen (43.4% der Ausgangsstichprobe) sowohl die HZB-Note als auch ihre Studienleistung berichtet, während 6026 Personen (49.4%) bei der erneuten Befragung 2012 nicht teilnahmen, weshalb von ihnen lediglich die HZB-Note vorlag. (Bei 7.2% gab es keine HZB- und teilweise auch keine Studiennotenangaben.) Zur Prüfung differenzieller Prognosen wurde eine moderierte multiple Regression gerechnet (sog. Cleary-Modell; Bartlett et al., 1978; Cleary, 1968): Die HZB-Note diente als Prädiktor, das Geschlecht als Moderator und die Studiendurchschnittsnote nach zwei Jahren als Kriterium. Zusätzlich wurde die Studienfachrichtung als Kontrollfaktor hinzugenommen, um u.a. fachspezifische Unterschiede in der Notengebung angemessen zu berücksichtigen. Ergebnisse Die HZB-Note war erwartungsgemäß ein valider Prädiktor der Studienleistung nach zwei Jahren (mittleres r = .41). Über die Fachrichtungen hinweg zeigte sich eine differenzielle Steigung der geschlechtsspezifischen Regressionsgeraden. Die Studienleistung guter Abiturientinnen wurde überschätzt, während die Studiennoten schlechter Abiturientinnen leicht unterschätzt wurden. Entsprechend dieses Effekts waren die Validitäten in den meisten Fachrichtungen für die Männer höher. Diskussion Die Kreuzung der Regressionsgeraden nahe dem Leistungsmittelpunkt spricht dafür, dass die geschlechtsspezifische Fairness der HZB-Note von der angestrebten Zulassungsstrenge abhängt. Im Abiturnotenbereich um 1.8 ist dabei eine weitgehend unverzerrte Vorhersage zu erwarten. Die Diskrepanz zu US-amerikanischen Befunden (Mattern & Patterson, 2013) deutet auf landesspezifische Unterschiede in der Schule und/oder im Studium hin. Vor dem Hintergrund der selektiven Panelmortalität werden die Ergebnisse auch aus methodischer Sicht kritisch diskutiert. ID: 180 / G 17 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: Motivation, Lehre, Forschung, Hochschule, Dozierende Struktur und Zusammenhänge selbstbezogener Ziele von Universitätsdozentinnen und –dozenten in Lehre und Forschung Martin Daumiller, Markus Dresel Universität Augsburg, Deutschland Lehre und Forschung gehören zu den Kernaufgaben von Dozierenden an Hochschulen (Hattie & Marsh, 1996). Dabei stellt ihre Motivation eine kaum erforschte – jedoch, wie anzunehmen ist, wichtige – Bedingung ihres beruflichen Erlebens und Handelns dar. Theoretische Überlegungen und empirische Befunde zur Lehrerprofession (Baumert & Kunter, 2006; Richardson, Karabenick & Watt, 2014) lassen erwarten, dass motivationale Orientierungen die Qualität der Hochschullehre maßgeblich beeinflussen. Aufbauend darauf und analog zur Bedeutung selbstbezogener Ziele von Schullehrkräften (Butler, 2007), haben erste Forschungsarbeiten indiziert, dass selbstbezogene Ziele von Hochschuldozierenden Lehrhandeln, Lehrqualität sowie studentischen Lernerfolg bedeutsam beeinflussen (Daumiller, Figas & Dresel, in Druck; Daumiller, Grassinger, Dickhäuser & Dresel, eingereicht). Bezüglich der Struktur der Ziele zeigte sich, dass Lern- (eigene Kompetenz erweitern), Annäherungsperformanz- (eigene Kompetenz demonstrieren), Vermeidungsperformanz- (nicht als inkompetent auffallen), Beziehungs- (positive zwischenmenschliche Beziehungen entwickeln) und Arbeitsvermeidungsziele (Arbeitsaufwand gering halten) voneinander abgrenzbar sind und aufgrund unterschiedlicher Zusammenhangsmuster zur Beschreibung der Motivation relevant sind. Gleichzeitig existieren Indizien für das mögliche Vorliegen von Vermeidungslernzielen (Daumiller et al., in Druck) sowie für die Berücksichtigung einer normativen (besser abschneiden als andere) und einer auf die Erscheinung bezogenen (besser erscheinen als andere) Komponente von Performanzzielen (Daumiller et al., eingereicht). Zusätzlich dazu schlug Elliot (2011), neben Lernzielen, Aufgabenziele als eigenständige Zielklasse vor. Angesichts dieser Vielfalt möglicher Zielklassen, ist es eine offene Frage, welche selbstbezogenen Ziele von Dozierenden an Hochschulen sich voneinander abgrenzen lassen und Bedeutung für ihr Erleben und Handeln entfalten. Aufbauend auf den bisherigen Arbeiten erweiterten wir das Konzept der selbstbezogenen Ziele von Hochschuldozierenden auf beide Tätigkeitsbereiche, Lehre und Forschung. Dabei soll Zusammenspiel und Abgrenzbarkeit zwischen Lehre und Forschung sowie Struktur und Zusammenhänge mit weiteren für das berufliche Erleben relevanten Variablen untersucht werden. Dazu wurde eine Studie mit 1018 Hochschuldozierenden (451 weiblich; Alter: M=37.4, SD=10.5; höchste akademische Grade: 398 unpromoviert, 377 promoviert, 240 habilitiert), die aktuell sowohl in der Forschung als auch in der Lehre tätig sind, durchgeführt. Diese wurden bundesweit repräsentativ aus den Fächern Psychologie (n=396), Physik (n=325) und Geschichte (n=297) rekrutiert (Einsatz von Incentives). In einer Online-Befragung wurden jeweils getrennt für Lehre und Forschung Ziele, Enthusiasmus, Einstellungen zu Hilfe und Prokrastination erhoben sowie Lehrqualität, Forschungsleistung und Persönlichkeitsfacetten erfasst. Die Ergebnisse konfirmatorischer Faktorenanalysen zeigten zunächst, dass die (durchgehend intern-konsistent gemessenen; α>.82) Zielklassen für beide Tätigkeitsbereiche trennbar sind und in jeweils positivem Zusammenhang zueinander stehen (latente Korrelationen ρ=.58–.94). Darauf aufbauend indizierten sie, dass Performanzziele getrennt nach Annäherungs- und Vermeidungskomponente oder getrennt nach Erscheinungs- und normativer Komponente die Zielstruktur besser repräsentieren als ein einzelner Faktor, jedoch nur die Kombination beider Differenzierungen (also mit 4 Faktoren) Performanzziele von Dozierenden zufriedenstellend abbilden. Für Lernziele zeigt sich, dass eine Trennung in Annäherungs- und Vermeidungskomponente sowie eine zusätzliche Berücksichtigung von Aufgabenzielen (ebenfalls getrennt in Annäherungs- und Vermeidungskomponente) selbstbezogene Ziele am besten charakterisieren. Zusammenfassend indizieren die Ergebnisse, dass die Zielstruktur in Lehre und Forschung durch 10 Zielklassen, nämlich Aufgaben-, Lern-, Erscheinungsperformanz- und Normperformanz- (jeweils mit Annäherungs- und Vermeidungsdimension) sowie Arbeitsvermeidungs- und Beziehungsziele abgebildet wird (CFI=.92, TLI=.91, SRMR=.05, RMSEA=.04). Die Relevanz dieser faktoriell abtrennbaren Zielklassen wird durch sinnvolle Zusammenhänge mit weiteren Variablen belegt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Stärke der unterschiedlichen Zielklassen von individuellen Merkmalen (z.B. beruflicher Status, Persönlichkeitseigenschaften) abhängen. Ferner indizieren sie, dass die Ziele Hochschuldozierender in beiden Tätigkeitsbereichen mit unterschiedlichem emotionalem Erleben sowie unterschiedlichem adaptivem (z.B. Einstellungen zu Hilfe) und maladaptivem (z.B. Prokrastination) Handeln einhergehen und bedeutsam mit Lehrqualität und Forschungsleistung im Zusammenhang stehen. Bis auf Vermeidungslernziele, zeigten sich dabei für jede dieser Zielklassen differenzielle Zusammenhangsmuster. In Zusammenschau verweisen die Ergebnisse auf die Relevanz der voneinander abgrenzbaren Zielklassen sowie darauf, dass durch die symmetrische Betrachtung der selbstbezogenen Ziele in beiden Tätigkeitsbereichen ein fruchtbarer Zugang zur Beschreibung der Motivation Hochschuldozierender in Lehre und Forschung ermöglicht wird. ID: 181 / B 04 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Motivation und Emotion, Sonstiges Stichworte: Berufswünsche, Possible Selves, soziale Mobilität, soziökonomischer Status Look into the future and choose against the odds? – Possible Selves und atypische sozial aufwärtsgerichtete Berufswünsche von Jugendlichen Julia Schorlemmer1,2, Bettina Hannover2 1 Charité Universitätsmedizin Berlin, Deutschland; 2Freie Universität Berlin, Deutschland Bei der Wahl eines Berufes gleichen Menschen nicht nur ihr Geschlecht, sondern auch ihren sozioökonomischen Status (SES) mit Merkmalen des Berufs ab (Gottfredson, 2002). Jugendliche aus sozial schwachen Herkunftsfamilien streben typischerweise eher nach Berufen, die mit einem niedrigerem SES verbunden sind, Jugendlichen aus sozial besser gestellten Hintergründen äußern hingegen Berufswünsche mit höherem SES (Howard et al., 2011). Jedoch streben manche Jugendlicheauch atypische Berufe an, d.h. Berufe, deren SES nicht mit dem SES ihrer Herkunftsfamilie übereinstimmt. Die vorliegende Studie untersucht solche atypischen Berufswünsche näher, die – gemessen am SES der Person – eine soziale Aufwärtsorientierung bedeuten. Dazu wird das Konzept der Possible Selves herangezogen. Possible Selves sind Selbstprojektionen in die Zukunft (Markus & Nuris, 1986; Oyserman & Markus, 1990), die evaluativ für das derzeitige Selbst sind und gleichzeitig Motivator für zukünftiges Verhalten. Gleichwohl es naheliegt anzunehmen, dass Menschen auch in Bezug auf ihren zukünftigen Beruf Possible Selves entwickeln (Oyserman & Fryberg, 2006), sind in der bisherigen Forschung Berufswünsche und Possible Selves nie empirisch im Zusammenhang untersucht worden. In unserer Studie sind wir deshalb der Frage nachgegangen, ob Possible Selves atypische sozial aufwärtsgerichtete Berufswünsche vorhersagen können. Zum einen haben wir vermutet, dass eine intensivere Auseinandersetzung mit der Zukunft – erhoben über die Anzahl an Possible Selves – in einem Zusammenhang damit steht, dass Menschen betreffend ihren zukünftigen Beruf von dem abweichen, was erwartungskonform wäre, also was sich ohne intensive Auseinandersetzung wahrscheinlich ereignen würde. Zum anderen haben wir angenommen, dass die Auseinandersetzung mit der eigenen (beruflichen) Zukunft mit einem stärkeren Bewusstsein über den individuellen SES einhergehen kann, so dass diese nicht mehr "quasi automatisch" die eigenen Berufswünsche prägt. In einer Stichprobe von N = 350 Jugendlichen der 9. Klasse konnten wir zwei Gruppen mit vergleichbarem familiären SES differenzierten: Jugendliche mit typischem Berufswunsch und Jugendliche mit atypischem Berufswunsch. Anhand von Mittelwertvergleichen und multipler logistischer Regressionsmodelle zeigte sich: 1. Jugendliche mit atypischem Berufswunsch gaben signifikant mehr Possible Selves an, 2. Je mehr Possible Selves Jugendliche äußerten, umso wahrscheinlicher war es, dass sie atypische sozial aufwärtsgerichtete Berufe anstrebten. 3. Ob Jugendliche viele oder wenige Befürchtungen (Feared Possible Selves) für ihre Zukunft antizipierten, hingnicht damit zusammen, ob ihre Berufswünsche typisch oder atypisch waren. Implikationen für die Förderung von atypischen – sozial aufwärtsorientierten - Berufswünschen bei Jugendlichen aus sozial benachteiligten Hintergründen werden diskutiert. ID: 183 / C 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lernen mit Computer und neuen Medien, Sonstiges Stichworte: kognitive und physische Unterrichtsmeidung, Computerspielnutzung, Medienjugend, Pfadanalyse, Skalenbeschreibung Computerspielnutzung von Jugendlichen und deren kognitive und/oder physische Unterrichtsmeidung – Ergebnisse einer pfadanalytischen Betrachtung Arvid Nagel, Horst Biedermann Paris Lodron Universität Salzburg, Österreich Seit der Jahrtausendwende haben interaktive Medien bei Jugendlichen stark an Bedeutung gewonnen, was sich durch einen stetigen Anstieg der Ausstattungsquoten an Computern, Spielkonsolen, Smartphones und Internetzugängen beobachten lässt (vgl. u.a. Feierabend et al., 2014; Ferchhoff, 2007; OECD, 2015). Empirische Mediennutzungsstudien belegen, dass Computerspiele seit Jahren zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Jugendlichen zählen und zu einem wesentlichen Bestandteil jugendlicher Unterhaltungskultur herangewachsen sind (vgl. Mößle et al., 2006, 2007; Rehbein, 2011). Höhere Ausstattungsquoten zeigen sich dabei in einem bedeutsamen Zusammenhang mit zeitlich intensiveren und inhaltlich problematischeren Mediennutzungsraten. Da sich diesbezüglich auch Computerspielnutzungsformen pathologischen Charakters erkennen lassen, rückte in den vergangenen Jahren der Themenkomplex des exzessiven und problematischen Computerspielens und der Computerspielabhängigkeit zunehmend in den Fokus der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit (vgl. Möller & Hornemann, 2012; Mößle, 2013; Mößle & Rehbein, 2013; Mößle et al., 2010, 2014; Mücken, 2012; Rehbein & Baier, 2013; Rehbein & Borchers, 2009; Rehbein & Mößle, 2013; Rehbein et al., 2009, 2010b, 2013). Basierend auf der nationalen sowie internationalen Studienlage ist davon auszugehen, dass unter Jugendlichen 2 bis 9 Prozent computerspielabhängig sind (vgl. u.a. Gentile, 2009; Rehbein et al., 2009). Bezüglich der problematischen Computerspielnutzung und einem schlechteren schulischen Leistungsniveau liegen bis dato schon einige Evidenzen vor (vgl. u.a. Mößle, 2013; Mößle et al. 2006, 2007; Pfeiffer et al., 2008). Die empirische Klärung auf die Frage nach einer Wirkung der Computerspielnutzung auf unterrichtmeidendes Verhalten von Schüler/innen wie schwänzen, aber auch träumen, abschalten oder sich während des Unterrichts gedanklich ausklinken steht dagegen noch aus. Als ein zentrales Desiderat lässt sich festhalten, dass der Einfluss von interaktiver Mediennutzung im Zusammenhang mit (kognitiver und physischer) Unterrichtsmeidung von Schüler/innen bis anhin gänzlich vernachlässigt wird, was jedoch dem gegenwärtigen Diskurs einer „Jugend der Medien“ (Friedrichs & Sander, 2010, S. 26) entgegensteht und in der Unterrichtmeidungsdebatte von Ricking, Schulze und Wittrock (2009, S. 34f.) explizit eingefordert wird. In Anlehnung an das aufgezeigte Forschungsdesiderat fokussiert dieser Beitrag die folgende Fragestellung: Lassen sich Effekte einer Computerspielnutzung auf die kognitive und/oder physische Unterrichtsmeidung von Schüler/innen identifizieren? Zur Beantwortung der Forschungsfrage konnten 173 Schüler/innen aus den Jahrgangsstufen 7 bis 9 einer Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein (M = 14.3 Jahre, SD = .94) schriftlich befragt werden. Die (problematische) Mediennutzung wurde anhand der Computerspielabhängigkeitsskala KFN-CSAS-II von Rehbein et al. (2010a) erfasst. Die kognitive Unterrichtsmeidung wurde basierend einer Eigenentwicklung festgehalten, wobei sich für die Skala kognUm gute Kennwerte zeigen (Generalfaktor; ModellFit: χ² = 1.76; df = 2; p = .42; CFI = 1.000; RMSEA = .000; SRMR = .013). Die physische Unterrichtsmeidung wurde anhand eines Einzelitems („Wie viele ganze Schultage bist du im letzten Schulhalbjahr dem Unterricht unerlaubt ferngeblieben?“) erfragt. Die Datenauswertung erfolgte mittels einer manifesten Pfadanalyse in Mplus. Die Ergebnisse zeigen, dass die physische Unterrichtsmeidung der Schüler/innen nicht von der Computerspielnutzung direkt beeinflusst wird (b3 = -.07, z = -.082, p > .05; β3 standardisiert = -.01). Jedoch erweist sie sich als bedeutsamer Prädiktor für die kognitive Unterrichtsmeidung von Schüler/innen (direkter Effekt: b1 = .395, z = 5.199, p < .001; β1 standardisiert = .33), d.h. je problematischer die Computerspielnutzung der befragten Jugendlichen berichtet wird, desto ausgeprägter wird die eigene Unterrichtsunaufmerksamkeit in Form der kognitiven Unterrichtsmeidung eingeschätzt. Zudem wirkt sich die kognitive Unterrichtsmeidung von Schüler/innen signifikant auf die physische Unterrichtsmeidung aus (direkter Effekt: b2 = 1.95, z = 2.665, p < .01; β2 standardisiert = .31). Außerdem lässt sich ein indirekter Effekt von problematischer Computerspielnutzung auf das unerlaubte, physische Fernbleiben einzelner Unterrichtstage von Schüler/innen (vermittelt über die kognitive Unterrichtsmeidung; Mediatoreffekt) isolieren (total indirekt = .771; total indirekt standardisiert = .10, z = 2.450, p < .05). Zusammenfassend werden die theoretischen Grundlagen, empirischen Erkenntnisse sowie Konklusionen präsentiert. ID: 187 / A 15 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Selbstkonzept, Ratingskalen, Antwortstufen, Grundschüler Selbstkonzeptdiagnostik bei Grundschulkindern – Wie viele Antwortstufen sollten es sein? Rebecca Schneider, Jörn Sparfeldt Universität des Saarlandes, Deutschland Theorie: Schulische Selbstkonzepte gelten als bedeutsame affektiv-motivationale Korrelate und Prädiktoren schulischen Lernund Leistungsverhaltens. Bei älteren Kindern und Jugendlichen werden häufig ökonomische Verfahren mit verbal verankerten mehrstufigen Ratingskalen zur Selbstkonzepterfassung genutzt, bei Grundschulkindern hingegen variiert die Differenziertheit der Antwortmöglichkeiten (Stufigkeit) erheblich. Befunde zu Antworttendenzen bei Grundschulkindern zeigen unabhängig von der Antwortstufigkeit, dass Erst- und Zweitklässler sehr häufig Extremwerte ankreuzen, ab der dritten Klasse nimmt die Nutzung der mittleren Antwortkategorien zu (Baldering, 1993; Chambers & Johnston, 2002). Insgesamt legen Studien aber nahe, dass auch Grundschulkinder mehrstufige Ratingskalen adäquat bearbeiten können (z.B. Arens, Trautwein & Hasselhorn, 2011; Baldering, 1993; Marsh, 1990; Marsh, Craven & Debus, 1991), eine systematische Untersuchung nach der Angemessenheit von Ratingskalen in Abhängigkeit von deren Stufigkeit für die Grundschule steht jedoch noch aus. Fragestellung: Es stellt sich die Frage nach der (möglicherweise differentiellen) Eignung eines 3-, 4- oder 5-stufigen Antwortformats zur Selbstkonzeptdiagnostik bei Kindern der verschiedenen Grundschulklassenstufen. Dafür sollen systematisch für alle vier Klassenstufen und die drei Antwortformate folgende Kennwerte betrachtet werden: (1) Häufigkeitsverteilungen der einzelnen Antwortkategorien, (2) Reliabilitätsschätzungen der Selbstkonzeptskalen, (3) Fit-Statistiken und mittlere Interkorrelationen der Selbstkonzeptfaktoren im Rahmen konfirmatorischer Faktorenanalysen sowie (4) konvergente und divergente Korrelationen der Selbstkonzeptfaktoren mit den Zeugniszensuren und lehrereingeschätzten Schülerselbstkonzepten im Sinne kriteriumsbezogener Validitäten. Methode: Die Stichprobe umfasst N = 1306 Schülerinnen und Schüler der ersten bis vierten Klassenstufe aus 89 Klassen von 16 Grundschulen. Die Schülerinnen und Schüler jeder Klasse wurden randomisiert den drei Untersuchungsbedingungen (Antwortstufen) zugewiesen: Die Items des SDQ–I (Marsh, 1990; deutsche Version von Arens et al., 2011) wurden jeweils mit einem verbal verankerten 3-, 4- oder 5-stufigen Ratingskalenformat beantwortet. Alle Items wurden laut vorgelesen. Zusätzlich schätzten die Klassenlehrkräfte die schulischen Selbstkonzepte (Mathematik, Lesen, Schule) der Schülerinnen und Schüler ein und notierten die Zeugniszensuren in Mathematik und Deutsch. Ergebnisse: (1) In den ersten beiden Klassenstufen wurde in allen Antwortformatbedingungen hauptsächlich die Antwortkategorie mit starker Zustimmung, die mittleren Antwortkategorien hingegen wurden selten gewählt. In Klassenstufe 3 und 4 ist die Verteilung flacher, die mittleren Antwortkategorien wurden zunehmend angekreuzt. (2) In den vier Klassenstufen zeigten sich keine bedeutsamen Reliabilitätsunterschiede der Selbstkonzeptskalen für die verschiedenen Antwortformatbedingungen sowie eine etwas reliablere Selbstkonzeptmessung in höheren Grundschulklassenstufen. Die Reliabilitätswerte waren jeweils mindestens akzeptabel, .71 ≤ α ≤ .95. (3) In allen Klassenstufen und Antwortformatbedingungen zeigte sich unter Berücksichtigung der hierarchischen Datenstruktur eine unzureichende Modellpassung bei der Modellierung der acht Selbstkonzeptfaktoren des Originalfragebogens (Marsh, 1990). Modelle mit zusätzlicher Unterteilung der schulischen Selbstkonzepte in jeweils einen kognitiven und einen affektiven Faktor zeigten in allen Klassenstufen und Antwortformatbedingungen eine mindestens akzeptable Modellpassung. Die mittleren Interkorrelationen der Selbstkonzeptfaktoren fielen in der ersten Klassenstufe höher aus als in den höheren Klassenstufen, innerhalb der Klassenstufen differierten die mittleren Interkorrelationen um maximal Δr = .21. (4) In allen Klassenstufen und Antwortformatbedingungen zeigten sich höhere konvergente als divergente mittlere Korrelationen der Selbstkonzeptfaktoren mit den korrespondierenden Zeugniszensuren und lehrereingeschätzten Schülerselbstkonzepten; für die Klassenstufen und Antwortformatbedingungen zeigte sich ein differentielles Befundmuster. Diskussion: Die Befunde werden vor dem Hintergrund der Eignung der verschiedenen Antwortstufen bei der Selbstkonzeptdiagnostik in den Grundschulklassenstufen diskutiert und Empfehlungen für Forschung und Praxis abgeleitet. ID: 188 / C 05 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Elektroniker für Automatisierungstechnik, Struktur von Fachwissen, Niveaumodell Struktur- und Niveaumodell des Fachwissens bei Elektronikern der Automatisierungstechnik Leo van Waveren Universität Stuttgart, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die ASCOT-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (http://www.ascot-vet.net/) hatte zum Ziel für ausgewählte, anspruchsvolle Berufsbilder Aufschlüsse zur berufsfachlichen Handlungskompetenz zu gewinnen. An der Universität Stuttgart wurde dazu eine Studie für den Beruf des Elektronikers für Automatisierungstechnik am Ende der Ausbildung durchgeführt. Das Fachwissen erweist sich sowohl im allgemeinbildenden (SCHERER 2012, S. 40ff. und S. 16) als auch im gewerblichtechnischen Bereich (NICKOLAUS u.a. 2012, S. 265ff.) als wichtiger Prädiktor für die Problemlösekompetenz. Im gewerblichtechnischen Bereich wurden durchgängig mehrdimensionale Strukturen des Fachwissens bestätigt, unter anderem für Mechatroniker (GÖNNENWEIN/NITZSCHKE/SCHNITZLER 2011) die Grundstufe Bau (PETSCH/NORWIG/NICKOLAUS 2015) und Schreiner (PITTICH 2013). Für den Kfz-Mechatroniker (GSCHWENDTNER 2008) und den Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik (GEIßEL 2008) zeigten sich am Ende der Grundbildung noch eindimensionale Strukturen des Fachwissens, die sich zum Ende der Ausbildung zu mehrdimensionalen Konstrukten entlang von Inhaltsbereichen ausdifferenzieren (NICKOLAUS U.A. 2011, S.85f; SCHMIDT/WEBER/NICKOLAUS 2014, S.560). Zu den erreichten Niveaus wird durchgängig berichtet, dass in der Regel erhebliche Anteile der Auszubildenden den curricularen Anforderungen nicht gerecht werden (NICKOLAUS/SEEBER 2013). Für den Elektroniker für Automatisierungstechnik wurden für die Problemlösefähigkeit eine mehrdimensionale Struktur bestehend aus einer analytischen und einer konstruktiven Teildimension bestätigt (WALKER/LINK/NICKOLAUS 2015). Offen ist, ob sich für das Fachwissen bei Elektronikern für Automatisierung am Ende der Ausbildung eine mehrdimensionale Struktur ergibt. Dies hat einerseits vor dem Hintergrund einer fairen Abschlussprüfung durch die IHK und andererseits vor dem Hintergrund einer möglichen Neuausrichtung industrieller Elektroberufen (ZINKE U.A. 2013) erhebliche Relevanz. Fragestellung Es wird geprüft, ob sich die in anderen Berufsfeldern nachgewiesene Mehrdimensionalität des Fachwissens auch bei Elektronikern für Automatisierungstechnik entlang inhaltlicher Strukturierungen bestätigen lässt oder ob alternative Modellierungen eine bessere Passung zu den Daten aufweisen. Daran anschließend stellt sich die Frage, welche Niveaus in den einzelnen Teildimensionen erreicht werden. Methode Ausgehend von den curricularen Analysen wurde von den Probanden ein Paper-Pencil-Test im Balanced Incomplete Block Design (FREY/HARTIG/RUPP 2009, S.45) bearbeitet, dessen Konzeptionierung von einer Expertengruppe aus beruflichen Schulen, Betrieben und Prüfungsausschuss begleitet wurde. Auf der Grundlage von den Ergebnissen von 878 Probanden aus 9 Bundesländern wurden IRT-Skalierungen unterschiedlicher Strukturierungsansätze für das Fachwissen anhand von Informationskriterien hinsichtlich der Passung zu den erhobenen Daten miteinander verglichen (BUCKLAND/BURNHAM/AUGUSTIN 1997, S.606). Neben Strukturierungen ausgehend von curricularen Schwerpunktsetzungen werden ein Ansatz auf der Basis kognitionspsychologischer Anforderungen, wie sie für Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik (GEIßEL 2008) in Betracht gezogen wurden und eine Differenzierung nach mathematischen Anforderungen, die sich im ingenieurwissenschaftlichen Grundstudium als strukturbildend erwiesen (BEHRENDT U.A. in Vorbereitung) berücksichtigt. Bei rund der Hälfte der Stichprobe wurden mittels des CFT-20R die kognitiven Grundfähigkeiten zur Kontrolle mit erhoben. Niveaumodellierungen wurden nach Beaton und Allen (1992) für die Subdimensionen vorgenommen. Ergebnisse Die überwiegend (90%) männlichen Probanden waren im Schnitt 20,4 Jahre alt (SD = 2) und besaßen überwiegend einen Realschulabschluss (70,5 %; rund 25 % hatten eine Hochschulzugangsberechtigung). Der alterskorrigierte IQ von 108 (SD = 14) unterstreicht, dass die Stichprobe im Vergleich mit anderen Elektroberufen aus kognitiv starken Auszubildenden besteht. Die angenommene Mehrdimensionalität des Fachwissens wird gestützt. Es zeigt sich, dass das Konstrukt aus den drei eng assoziierten, empirisch trennbaren Teildimensionen „Automatisierungstechnik/Speicherprogrammierbare Steuerungen“, „elektrotechnische Grundlagen“ und „elektrische Energietechnik“ aufgespannt wird mit latenten Korrelationen zwischen .83 und .89. Die EAP/PV-Reliabilitäten liegen alle > .7 und erreichen damit für die drei Dimensionen akzeptable Werte. Die Modellierung nach Beaton und Allen offenbart deutliche Diskrepanzen zwischen curricular intendierten und den in der Praxis erreichten Kompetenzständen. In jedem der Teilbereiche verbleiben zwischen 50 und 60 % der Probanden (zum Teil deutlich) hinter den in den Rahmenlehrplänen formulierten Zielsetzungen zurück. ID: 189 / A 02 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Problemlösen, technische Alltagsgeräte, schwierigkeitsbestimmende Merkmale, Regressionsanalyse, Konstruktvalidität Schwierigkeitsbestimmende Merkmale bei der Interaktion mit technischen Alltagsgeräten Jennifer Stemmann, Martin Lang Universität Duisburg-Essen, Deutschland Technische Fortschritte vor allem in der Digitaltechnik haben dazu geführt, dass technische Geräte in immer kürzeren Abständen entwickelt werden (Zühlke 2005) und sich diese Entwicklung im Alltag bemerkbar macht. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, in Form sozialer Kontakte oder der autarken Bewegung im gesellschaftlichen Umfeld setzt vermehrt die Fähigkeit zur Interaktion mit technischen Geräten voraus, deren Nutzung einerseits immer alltäglicher, andererseits immer voraussetzungsvoller wird. Bedingt durch die größer werdende Menge an Funktionen dieser Geräte, wird Ausprobieren ein wesentlicher Bestandteil der Techniksozialisation (Tully 2003), von der derjenige ausgeschlossen wird, der diese arbeitserleichternden, freizeitwerterhöhenden oder mobilitätssteigenden Technikprodukte nicht bedienen kann (Sackmann, Weymann 1994). Da dem Technikunterricht in allgemeinbildenden Schulen die Aufgabe zugesprochen wird, solche allgemeinen technischen Problemlösefähigkeiten zu fördern (Schulministerium NRW 2013, Stemmann, Lang 2014), stellt sich aus fachdidaktischer Perspektive die Frage: Wodurch die Interaktion mit technischen Alltagsgeräten überhaupt zu einem Problem wird? Weil es sich bei technischen Geräten um interaktive Systeme handelt (Preim 1999), lassen sie sich nicht isoliert sondern nur als Teil eines soziotechnischen Systems betrachten, zu dem auch die das Gerät bedienende Person gehört (Grote 2005). Die Interaktion erfolgt einerseits durch das Ausführen von Handlungen, in dem der Nutzer Bedienelemente betätigt und andererseits durch das Wahrnehmen der Reaktionen des Gerätes, in dem Anzeigeelemente interpretiert werden müssen (Johannsen 1993). Merkmale, die eine solche Problemsituation beeinflussen können, lassen sich in drei Bereiche einteilen: Personenmerkmale, Systemmerkmale und Situationsmerkmale (Frensch, Funke 1995), wobei nur die System- und Situationsmerkmale für diagnostische Zwecke gezielt variierbar sind. Die Forschung zum Problemlösen im Umgang mit dynamischen Systemen nennt als Systemmerkmale Komplexität, Vernetztheit, Dynamik und als Situationsmerkmale Intransparenz und Polytelie (bspw. Dörner 1976). Nickolaus et al. (2009) nehmen für die Schwierigkeit fachspezifischer Probleme unter anderem die Anzahl notwendiger Lösungsschritte an. Forschungsergebnisse aus diesem Bereich können aufgrund unterschiedlicher Variationen von Schwierigkeitsmerkmalen schwer miteinander verglichen werden. Untersuchungen, die das Eruieren solcher Merkmale im Umgang mit technischen Alltagsgeräten zum Ziel haben, fehlen außerdem. In diesem Beitrag überprüfen wir die Annahme, nach der technische Geräte, deren Anzahl an Variablen und Zuständen (Komplexität) hoch ist, deren Bedienelemente mehrfach belegt (Vernetztheit) und zeitabhängig sind (Dynamik) sowie deren Bedienelemente nicht beschriftet und bei deren Betätigung keine Rückkopplung erfolgt (Intransparenz) schwieriger zu bedienen sind, als Geräte, bei denen diese Merkmale weniger stark ausgeprägt sind. In diesem Zusammenhang interessiert zum einen, ob sich die genannten Annahmen im Sinne einer Konstruktvalidierung (Hartig, Frey 2012) bestätigen lassen und zum anderen ob diese Merkmale für verschiedene Personengruppen gleich schwierigkeitsbestimmend sind. Für die Erfassung der Fähigkeit im Umgang mit technischen Alltagsgeräten wurde ein computerbasierter Test mit 15 Simulationen technischer Geräte entwickelt, deren Merkmale Komplexität, Dynamik, Intransparenz und Vernetztheit gezielt variiert wurden. Die Interaktion der Probanden mit den Simulationen erfolgt in zwei Phasen: Zunächst sollten sie die Geräte erkunden und ausprobieren (Exploration) und im Anschluss eine konkrete Bedienhandlung ausführen (Steuerung). Die Bewertung der Systemexplorationsphase erfolgt anhand der Explorationsvollständigkeit; die Bewertung der Steuerungsphase berücksichtigt die Steuerungsleistung und die hierfür benötigte Anzahl an Bearbeitungsschritten. Zur Beantwortung der Fragestellung werden die Ergebnisse und Logfiledaten von 147 Probanden analysiert. Anhand der empirisch ermittelten Schwierigkeitsindizes wurde mit Hilfe multipler Regressionsanalysen untersucht, welche der angenommenen Merkmale die Schwierigkeit in welchem Maße erklären können. Als stärkste Prädiktoren für die Explorationsschwierigkeit eines technischen Gerätes zeigten sich die Bedienelementeanzahl (β=.42, p=.04), die Menütiefe (β=-.45, p=.08) als Variablen der Komplexität sowie die Menüverständlichkeit (β=.44, p=.06) als Variable der Transparenz. Insgesamt können mit den Variablen der Komplexität und Transparenz knapp 80% der Varianz in der Explorationsschwierigkeit erklärt werden (R²=.79, Rkorr²=.67, F=6.29, p=.01). Auf die Schwierigkeit in der Steuerungsphase hat die vorherige Exploration (β=.61, p=.02), sowie die Situationsmerkmale Bearbeitungsschrittanzahl (β=-.27, p=.25) sowie Berücksichtigung mehrfachbelegter Bedienelemente (β=-.34, p=.16) den stärksten Einfluss (R²=.50, Rkorr²=.37, F=3.73, p=.05). ID: 192 / A 15 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Sonstiges Stichworte: rezeptiver Wortschatztest, Gruppenverfahren, Gütekriterien, L1 /L2 GraWo – Grazer Wortschatztest: Ein rezeptiver Wortschatztest für den ökonomischen Einsatz in heterogenen Grundschulklassen Lisa Paleczek1, Susanne Seifert1, Susanne Schwab2, Barbara Gasteiger-Klicpera1 1 Universität Graz, Österreich; 2Universität Bielefeld, Deutschland 1 Theoretischer Hintergrund Rezeptive Wortschatzfähigkeiten beziehen sich auf die Verarbeitung eines mündlich oder schriftlich dargebotenen Wortes sowie den Abruf seiner Bedeutung (Nation, 2013) und sind für die Entwicklung des Leseverständnisses von großer Bedeutung (Bialystok, 2007; Ennemoser et al., 2012). Die Wortschatzüberlegenheit monolingualer Kinder gegenüber bilingualen im Vor- und Grundschulalter konnte bereits in verschiedenen Studien nachgewiesen werden (z.B. L2 Englisch und verschiedenen L1: Goldberg, Paradis, & Crago, 2008; L2 Deutsch und L1 Russisch: Klassert, 2011). Frühes Erkennen von Defiziten im Wortschatz ist notwendig, um Kindern durch gezielte Fördermaßnahmen eine gute Basis für den Leseerwerb und ihre weitere Schullaufbahn zu gewährleisten (Verhoeven, 2011; Foley, Sangster, & Anderson, 2013). Wortschatztests für GrundschülerInnen sind bisher Verfahren, die im Einzelsetting durchgeführt werden (bspw. WWT 6-10: Glück, 2007; MSVK: Elben & Lohaus, 2000; SET 5-10: Petermann, 2012). Dieses aufwändige diagnostische Setting ist jedoch im Schulalltag von Lehrenden schwer umsetzbar. 2 Ziel/ Fragestellung Das Ziel der vorliegenden Testentwicklung bestand darin, ein Klassenverfahren zu entwickeln, das einen schnellen und ökonomischen Überblick über die rezeptiven Wortschatzfähigkeiten der Kinder einer Klasse ermöglicht. Zusätzlich sollte anhand einer großen Normierungsstichprobe geprüft werden, ob es notwendig ist, getrennte Normen für Kinder mit L2 Deutsch zu erarbeiten. Dies sollte Lehrenden ermöglichen, Kinder mit anderen Erstsprachen mit anderen Kindern derselben Gruppe zu vergleichen, selbst wenn diese Gruppe in sich sehr heterogen ist (abhängig von der L2-Kontaktzeit u.v.m.). Daraus ergaben sich zwei Forschungsfragen: Können die rezeptiven Wortschatzfähigkeiten von Kindern der ersten bis dritten Grundschulstufe durch den Gruppentest GraWo (Grazer Wortschatztest) reliabel und valide erfasst werden? Ist die Höhe der Hauptgütekriterien der klassischen Testtheorie (Validität, Reliabilität) ausreichend, wenn die Testwerte für Kinder mit L1 und L2 Deutsch getrennt betrachtet werden? 3 Untersuchungsmethode Der vorliegende Wortschatztest besteht aus Mehrfachwahlaufgaben, deren Lösung das Ankreuzen des korrekten Referenten (eine von vier schwarz-weiß-Zeichnungen) nach akustischer Darbietung eines Wortes erfordert. Nach zwei Konstruktionserhebungen (K1, K2) wurden mittels zweier Normierungserhebungen (N1, N2) am Schuljahresende (nN1=1415) und –beginn (nN2=ca. 1400) Norm- und Testkennwerte (u.a. interne Konsistenz, Odd-Even-Split-Half-Reliabilität) für Kinder der ersten, zweiten und dritten Schulstufen ermittelt. An einer kleineren Stichprobe (nN1Retest=244) wurde die RetestReliabilität untersucht. Zusätzlich wurden Konstrukt- und Kriteriumsvalidität (konvergent und diskriminant) berechnet. 4 Ergebnisse In einer ersten Konstruktionsphase (nK1=183, nK2=183) wurden 30 finale Items des GraWo mit zufriedenstellenden Itemkennwerten (Itemschwierigkeit, Trennschärfe) ermittelt. Die Durchführung ist im Klassenverband möglich und dauert 15 bis 30 Minuten (je nach Klassenstufe). Objektivität: Durch die standardisierte Handhabung des Tests in seiner Durchführung, Auswertung sowie Interpretation kann davon ausgegangen werden, dass Objektivität in allen Bereichen gegeben ist. Reliabilität: Für alle drei Schulstufen wurden Reliabilitätsmaße für das Ende des Schuljahres berechnet. Die internen Konsistenzen nach Cronbachs α liegen zwischen .80 und .87, die Split-Half-Reliabilitäten zwischen .82 und .87. Die RetestReliabilitäten (drei Wochen) liegen zwischen .88 und .93. Validität: Mittels Faktorenanalyse konnte eine einfaktorielle Struktur des GraWo nachgewiesen werden, da sowohl die Eigenwerte (EW>2) als auch die Varianzaufklärungen (5,5%-5,8%) ab dem zweiten Faktor jeweils deutlich abnehmen. Mittels eines Außenkriteriums (Deutsch als L1 oder L2) konnte festgestellt werden, dass Kinder mit L2 Deutsch in allen Schulstufen schlechter abschneiden (1.Schulstufe: t(183,64)=13,20**; 2.Schulstufe: t(141,35)=10,60*; 3.Schulstufe: t(174,82)=9,52*) und somit die Kriteriumsvalidität als zufriedenstellend angesehen werden kann. Die diskriminante Validität wurde mittels Korrelationen mit den Leistungen der Kinder im Leseverständnistest Elfe 1-6 (Lenhard & Schneider, 2006) ermittelt. Erwartungskonform ergaben sich teilweise signifikante Korrelationen zwischen r=.29 und .49, jedoch sollten diese niedriger ausfallen als die Korrelationen mit einem Test, der auch den rezeptiven Wortschatz misst (konvergente Validität). Diese Ergebnisse (Korrelationen mit WWT 6-10: Glück, 2007) sind aktuell noch ausständig. Die getrennten Normen für Kinder mit L2 Deutsch sind aktuell im Entstehen und sollen gemeinsam mit den Testgütekriterien für diese Substichprobe dargestellt und diskutiert werden. ID: 193 / B 15 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: Testing Effekt, formatspezifische Effekte, Aktivierungsausbreitung, Metakognition, Selbstwirksamkeit Formatspezifische Effekte des Testing Effekts Tino Endres, Lena Kranzdorf, Vivien Schneider, Alexander Renkl Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Testing Effekt ist einer der wenigen kognitionspsychologischen Effekte, der immer wieder Anspruch erhebt, mehr in den pädagogischen Alltag integriert zu werden (van Gog & Sweller, 2015). Dabei zeigten sich in empirischen Untersuchungen bei bedeutungshaltigem Lernen selten Effekte des verwendeten Frageformats (z.B. Endres & Renkl, 2015). Theoretisch wären jedoch sowohl direkte wie indirekte Effekte in bestimmten didaktischen Situationen anzunehmen. Durch die Fokussierung der Studien auf Mechanismen des Testings könnten diese Effekte bisher übersehen worden sein. Diese Studie möchte diese didaktisch wichtige Frage näher beleuchten. Direkte Effekte. Vorarbeiten legen nahe, dass die elaborative-retrieval-theory (Carpenter, 2009) den grundlegenden Mechanismus des Testing Effekts bei bedeutungshaltigem Lernen darstellt (Endres & Renkl, 2015). Diese besagt, dass der Lerneffekt durch Tests über die Aktivierung von Gedächtnisinhalten und die Ausbreitung dieser Aktivierung in semantischen Netzwerken entsteht. Abgerufene Konstrukte werden dabei gestärkt und mit benachbarten Konstrukten verbunden. Auch diese nicht abgerufenen Konstrukte sind nach Tests leichter abrufbar (Chan, McDermott & Roediger, 2006). Dieser Effekt sollte dazu führen, dass spezifische Frageformate einen spezifischen Bereich tief aktivieren, offene Frageformate dagegen einen breiten Bereich weniger tief. Indirekte Effekte. Auch Selbstwirksamkeit, Interesse und Metakognition sollten sich nach unterschiedlichen Frageformaten unterscheiden. Offene Frageformate haben ein freies Abrufziel. Diese Eigenschaft ermöglicht es Getesteten auch dann eine Antwort zu geben, wenn nicht alle Aspekte des Ziels erinnert werden. Diese positive Vorerfahrung sollte die Selbstwirksamkeit und das Interesse der Getesteten erhöhen (Bandura, 1997). Spezifische Frageformate ermöglichen es Feedback (Monitoring) darüber zu erhalten, ob ein Konstrukt abrufbar ist. Dadurch ist eine exaktere metakognitive Einschätzung zu erwarten (Koriat, 2012). (1) Spezifische Frageformate erhöhen die Abrufwahrscheinlichkeit eines spezifischen Konstrukts stärker als ein offenes Frageformat. (2) Offene Frageformate erhöhen die Abrufwahrscheinlichkeit mehrerer Konstrukte stärker als eine passive Aktivierung. (3) Offene Frageformate führen zu einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung als spezifische Frageformate. (4) Offene Frageformate führen zu einem höheren situationsbezogenen Interesse als spezifische Frageformate. (5) Spezifische Frageformate führen zu einer akkurateren Vorhersage der eigenen Leistung im Posttest als offene Frageformate. Methode 54 Studierende nahmen am Experiment teil (41 weiblich; M=22.5 Jahre, SD=5.4). Das Design entsprach einem within-subjectDesign mit dem Faktor Interventionstestformat (offenes Frageformat vs. spezifisches Frageformat) und den abhängigen Variablen Posttestscore, Selbstwirksamkeit, situatives Interesse und Korrektheit der metakognitiven Einschätzung. Es wurden zwei Sachtexte verwendet (Text1: 2427 Wörter; Text2: 2607 Wörter). Der Posttest bestand aus allen spezifischen und offenen Fragen. Selbstwirksamkeit, situatives Interesse und metakognitive Einschätzung wurden mit etablierten Verfahren erhoben. Ergebnisse Keines der Frageformate konnte eine generelle Überlegenheit in einem der beiden Posttestformate erzielen (spezifisch: F[1,54]=0.458, p=.502; offen: F[1,54]=0.892, p=.349). Es konnten keine signifikanten Unterschiede in der mentalen Anstrengung festgestellt werden (F[1,54]=.286, p=.596). (1) Spezifische Frageformate erhöhen die Abrufwahrscheinlichkeit eines spezifischen Konstrukts in beiden Posttestformaten (spezifisch: F[1,54]=11.24, p=.002, ƞp²=.181 offen: F[1,54])=4.031, p=.050, ƞp²=.071). (2) Offene Frageformate erhöhen die Abrufwahrscheinlichkeit mehrerer Konstrukte stärker als eine passive Aktivierung im offenen Posttest (F[1, 54]=4.841, p=.032, ƞp²=.084), jedoch nicht im spezifischen Posttest (F[1,54]=.737, p=.395, ƞp²=.014). (3) Offene Frageformate erhöhen die Selbstwirksamkeit (F[1, 53]= 4.602, p=.037, ƞp²=.080) und das (4) situative Interesse (F[1, 53]=13.928, p≤.001, ƞp²=.208). (5) Spezifische Frageformate ermöglichen eine exaktere metakognitive Einschätzung (offen: F[1, 53]= 11.470, p=.001, ƞp²=.178 spezifisch: F[1, 53]= 11.470, p=.001, ƞp²=.178). Diskussion Unter bestimmten Bedingungen existieren Effekte der Frageformate. Wird ein spezifischer Posttesttest verwendet, erhöhen spezifische Frageformate substanziell den Abruf spezifischer Konstrukte. Dabei entsteht kein Nachteil in den passiv aktivierten Konstrukten gegenüber der Aktivierung durch offene Frageformate. Wird ein offener Posttest verwendet, muss unterschieden werden, ob ein breites oder ein spezifisches Lernziel erfüllt werden soll und das passende Testformat gewählt werden. Auch die angenommenen indirekten Effekte wurden bestätigt. Besonders die Unterschiede in der Metakognition sind groß. Lehrende sollten diese Effekte besonders in Verbindung von Testing-Phasen mit selbstgesteuerten Lernphasen berücksichtigen. ID: 197 / G 03 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Sonderpädagogik, Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Inklusion, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Mathematiche Förderung, Inklusiver Unterricht, Grundschule, Interventionsstudie Erwartungswidrige Wirkungen einer Interventionsstudie im inklusiven Mathematikunterricht Meret Stöckli, Elisabeth Moser Opitz, Mirjam Pfister Universität Zürich, Schweiz Theoretischer Hintergrund Empirische Studien zeigen, dass rechenschwache Schülerinnen und Schüler zentrale arithmetische Konzepte (Dezimalsystem, Operationsverständnis) bzw. basale Kompetenzen (z.B. Zählen) nur unzureichend erworben haben (z.B. Andersson, 2010; Geary et al., 2007). Gemäß dem aktuellen Forschungsstand müssen wirksame Interventionen deshalb auf den Erwerb dieser Kompetenzen ausgerichtet sein (z.B. Wißmann et al., 2013). Im Kontext von inklusiven Bestrebungen wird kontrovers diskutiert, ob solche Interventionen auch effektiv sind, wenn sie unterrichtsintegriert umgesetzt werden (z.B. Freesemann, 2014; Fuchs et al., 2015; Ise et al., 2012). Zudem interessiert, ob es möglich ist, Lehrkräfte durch Fortbildungen für solche Fördermaßnahmen zu qualifizieren. Fragestellung In einer Interventionsstudie im dritten Schuljahr wurde überprüft, ob und unter welchen Bedingungen eine durch die Lehrkräfte durchgeführte unterrichtsintegrierte Förderung, die auf die Erarbeitung von zentralen arithmetischen Konzepten basiert, wirksam ist: Wirkt sich eine unterrichtsintegrierte Förderung im dritten Schuljahr, die auf die Erarbeitung zentraler arithmetischer Inhalte fokussiert, positiv auf die Mathematikleistungen der Schülerinnen und Schüler aus? Hat die Form, mit der die Lehrkräfte angeleitet werden (Fortbildung vs. schriftliche Unterlagen) einen Einfluss auf die Leistungsfortschritte der Schülerinnen und Schüler? Welche Variablen auf Individual- und auf Klassenebene beeinflussen die Mathematikleistung bei den unterschiedlichen Messzeitpunkten? Methode Design / Intervention Zur Beantwortung der Fragestellungen wurde eine quasi-experimentelle Untersuchung mit vier Messzeitpunkten (Pre-Test, PostTest, Follow-Up 1, Follow-Up 2) und drei Gruppen (zwei Interventionsgruppen, eine Kontrollgruppe) durchgeführt. Die Stichprobe bestand aus 811 Schülerinnen und Schülern aus 58 inklusiven Schulklassen, in denen auch Kinder mit Lernschwierigkeiten und Förderbedarf Lernen beschult wurden. Das Förderprogramm umfasste stark strukturierte Fördereinheiten zu den Themen Dezimalsystem, Zahlenstrahl und halbschriftliche Addition/Subtraktion sowie Übungskarteien und Arbeitsblätter zum Aufbau des Operationsverständnisses und zum Zählen. Es wurde von den Regellehrkräften während eines halben Jahres im Mathematikunterricht implementiert. In beiden Interventionsgruppen haben die Lehrkräfte dieselben schriftlichen Unterlagen und Materialien erhalten. In einer der beiden Interventionsgruppen haben die Lehrkräfte jedoch zusätzlich an einer Fortbildung teilgenommen. In dieser wurde der Einsatz des Förderprogramms anhand von Videobeispielen reflektiert und es wurden weitere Hinweise zum Programm gegeben. Messinstrumente Die Mathematikleistungen wurden mit drei Tests erfasst, die im Rahmen des Projektes entwickelt wurden (Pre-Test: Cronbach’s Alpha = .89; Post-Test/Follow-Up 1: Cronbach’s Alpha = .92; Follow-Up 2: Cronbach’s Alpha = .92). Die Tests fokussieren auf zentrale arithmetische Inhalte und überprüfen das Verständnis wichtiger mathematischer Konzepte (Zählen in Schritten, Operationsverständnis, dezimales Stellenwertsystem). Der IQ wurde mit dem CFT 1 (Weiß & Osterland, 1997) und der SES mit der Bücheraufgabe (Paulus, 2009) erhoben. Zusätzlich wurden bei den Lehrkräften u.a. Angaben zur Erstsprache, Nationalität, Sprachstand und besonderem Förderbedarf eingeholt. Analysen Für die Auswertung wurden Mehrebenenanalysen durchgeführt, da sich diese für hierarchische Datenstrukturen besonders eignen (Snijders & Bosker, 2002). Ergebnisse Die Ergebnisse (Random-Intercept-Modelle) zeigen für alle Messzeitpunkte, dass die Klassen der Interventionsgruppe, deren Lehrkräfte nur die schriftlichen Unterlagen erhalten haben, signifikant mehr Fortschritte gemacht haben als die Kontrollgruppe. Für die Gruppe mit der zusätzlichen Fortbildung konnte dies entgegen den Erwartungen nicht festgestellt werden. Zudem zeigten sich auch signifikante Unterschiede zwischen den Interventionsgruppen zugunsten der Gruppe ohne Fortbildung. Als signifikante Prädiktoren für die Mathematikleistung haben sich auf der Individualebene für alle Messzeitpunkte das Vorwissen Mathematik (Mathematikleistung Pre-Test), der IQ, das Geschlecht und der Förderbedarf Mathematik erwiesen. Auf Klassenebene war nur das Vorwissen der Klasse beim Post-Test ein signifikanter Prädiktor. Weiterführende Modelle (Random-Slope, Cross-Level) zeigen zudem, dass die Zusammenhänge zwischen Individual- und Klassenvariablen und der Mathematikleistung nicht in allen Klassen und/oder Stichprobengruppen gleich ausgeprägt waren. Diese Ergebnisse tragen zur Erklärung der teilweise erwartungswidrigen Ergebnisse bei. Insgesamt zeigt sich, dass die Effektivität von unterrichtsintegrierten Fördermaßnahmen von einem komplexen Bedingungsgefüge von Variablen beeinflusst wird. ID: 199 / G 03 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: testentwicklung, konzeptuelles verständnis, konzeptuelles wissen, analysis, mathematik Messung des konzeptuellen Verständnisses im Analysisunterricht: Entwicklung eines Testinstruments Marcel Klinger Universität Duisburg-Essen, Deutschland Zur Erhebung des konzeptuellen Verständnisses von Schülerinnen und Schülern im frühen Analysisunterricht wurde ein Testinstrument entwickelt. Der Test fokussiert auf ein vorstellungsorientiertes Verständnis von Differentiation sowie zu Funktionen im Allgemeinen. Solche Inhalte sind in Nordrhein-Westfalen verpflichtend bis zum Ende der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe zu vermitteln. Aus diesem Grund wurde die Erhebung zum Ende der 10. Jahrgangsstufe an Gymnasien bzw. der 11. Jahrgangsstufe an Gesamtschulen durchgeführt. Den Begriff „konzeptuelles Verständnis“ oder synonym „konzeptuelles Wissen“ verstehen wir dabei vor allem im Sinne von Tall & Vinner (1981, S. 152). Diese prägten den Begriff „concept image“ und verstehen ihn als „the total cognitive structure that is associated with the concept, which includes all the mental pictures and associated properties and processes“. Konkret bedeutet dies im Kontext des Ableitungsbegriffs, dass Schülerinnen und Schüler im Idealfall verschiedene Vorstellungen desselben entwickeln sollten: Eine Ableitungsfunktion kann als Tangente an einen Graphen und somit als die lineare Bestapproximation einer Funktion verstanden werden; sie kann aber auch als lokale Änderungsrate verstanden werden (z.B. Hußmann & Prediger 2010). Ziel unserer Forschung ist es, ein fundiertes Messinstrument zur Verfügung zu stellen, welches im Stande ist konzeptuelles Verständnis im Bereich der frühen Analysis zu messen. Andererseits steht aber auch die Evaluation im Vordergrund, welche Kenntnisse sich bei Schülerinnen und Schülern zum Ende der Einführungsphase zeigen. Zu Beginn der Entwicklungsphase wurde ein Pool an Items generiert. Hierbei handelt es sich teils um Neuentwicklungen, teils um vorhandene Items anderer Studien, etwa aus den TIMSS-Erhebungen (vgl. Baumert et al. 2000). Items, welche nicht wie intendiert funktionierten, wurden durch eine Pilotierungsphase und Expertenbegutachtungen vorab ausgeschlossen. Um die Leistungsdaten auf einer Intervallskala abzubilden, wurde das dichotome Rasch-Modell herangezogen. Für jeden Probanden wurden analog etwa zu den PISA-Erhebungen (Adams & Wu 2002) fünf Plausible Values generiert. Diese Methode wurde gewählt, da sie für Populationsaussagen unverzerrte Ergebnisse liefert (vgl. ebd.). Das finale Testinstrument umfasst 21 Items. Eine Erhebung mit 2665 Schülerinnen und Schülern (1340 männlich, 1304 weiblich, 21 ohne Angabe) fand zwischen April und Mai 2015 statt. Da es sich um eine nicht-verpflichtende Erhebung handelte, kann keine Repräsentativität gewährleistet werden. Ein Großteil der Items zeigte eine sehr gute Modellgüte in Form von Mean-Square-Fitwerten zwischen 0.8 und 1.2. Alle Werte bewegen sich wenigstens im Bereich zwischen 0.5 und 1.5, was Linacre (2002) als „productive for measurement“ bezeichnet und angesichts unterschiedlicher Testleiter in Form der jeweiligen Lehrkraft tolerabel erscheint. Bezüglich der Verteilung der Items auf der konstruierten Skala sowie einer durchschnittlichen Lösungsquote von 50.6 Prozent erscheint die Testschwierigkeit dem Niveau der Schülerinnen und Schüler angemessen. Die Feststellung einer „consequent student preference for procedural methods rather than conceptual understanding“ von Tall (1993, S. 17) können wir zu einem gewissen Grad anhand unserer Daten unterstützen: Items, welche eher prozedurales Wissen erfordern, fallen teils deutlich leichter aus. Die Erhebung gestattet außerdem Schwierigkeiten bestimmter mathematischer Aufgaben zu bestimmen bzw. zu vergleichen: So zeigt sich etwa, dass die Verschiebung einer Funktion in y-Richtung von Schülerinnen und Schülern als erheblich schwieriger empfunden wird als in x-Richtung. Ähnlich wie in anderen mathematischen Leistungsstudien (z.B. Hyde et al. 1990) ergeben geschlechtsspezifische Abweichungen mittlerer Stärke zu Gunsten der Jungen (p < 0.001, d = 0.30). Insgesamt steht somit ein fundiertes Testinstrument für weitere Studien bereit. sich signifikante ID: 200 / C 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Unterrichtsqualität, Eingangsvoraussetzungen, Professionelles Wissen, Längsschnittstudie Mitgebracht oder erworben? Eine 10-Jahres-Längsschnittstudie zu den Effekten von Eingangsvoraussetzungen und Wissen auf die Unterrichtsqualität von Lehrkräften Janina Roloff Henoch1, Uta Klusmann1, Oliver Lüdtke1,2, Ulrich Trautwein3 1 Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Kiel; 2Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien; 3Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, Eberhard Karls Universität Tübingen Es konnte gezeigt werden, dass der Lernerfolg von Schüler/innen durch die Fähigkeit der Lehrkraft beeinflusst wird, qualitätsvollen Unterricht zu gestalten (Kunter et al., 2013). Zur Frage, wie eine Verbesserung der Unterrichtsqualität von Lehrkräften erreicht werden kann, lassen sich derzeit zwei Positionen identifizieren: 1) Eine Auswahl geeigneter Kandidaten anhand von kognitiven und psychosozialen Eingangsvoraussetzungen bereits zu Beginn der Lehrerausbildung durchführen. Dies entspricht der Bright Person Hypothese (Kennedy, Ahn & Choi, 2008; Begriff nach Kunter et al., 2013), nach der die kognitiven Fähigkeiten, mit denen eine Person die Lehrerausbildung antritt, ausschlaggebend für die Qualität ihres Unterrichts sind. Auch die Vorstellung, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale relevant für das Unterrichtshandeln sind (Duckworth, Quinn & Seligman, 2009), entspricht diesem Ansatz. 2) Die Vermittlung professionellen Wissens und Könnens im Zuge der Lehrerausbildung verbessern. Diese Position wird durch Befunde gestützt, die zeigen, dass professionelles Wissen, welches insbesondere in der Lehrerausbildung erworben wird, einen Einfluss auf die Qualität der Unterrichtsgestaltung hat (Kunter et al., 2013; Voss, Kunter, Seiz, Hoehne & Baumert, 2014). Der vorliegenden Arbeit gelingt eine gemeinsame Betrachtung der kontroversen Ansätze, indem die Frage untersucht wird, welche Vorhersagekraft kognitive und psychosoziale Eingangsvoraussetzungen und das in der Lehrerausbildung erworbene professionelle Wissen von Lehrkräften auf die Qualität ihres Unterrichts haben. Dabei werden kognitive und psychosoziale Eingangsvoraussetzungen bereits vor Antritt der Lehrerausbildung erhoben, was die Trennung von Selektions- und Sozialisationseffekten ermöglicht. Zudem zeichnet sich die vorliegende Arbeit dadurch aus, dass die Unterrichtsqualität mittels Schülerratings erfasst wird. Fragestellungen 1.Welche Vorhersagekraft haben kognitive und psychosoziale Eingangsvoraussetzungen (erfasst zum Zeitpunkt des Abiturs) auf die spätere Unterrichtsqualität von Lehrkräften? 2.Welche Vorhersagekraft hat das in der Lehrerausbildung erworbene professionelle Wissen von Lehrkräften auf ihre Unterrichtsqualität? Methode Stichprobe Die vorliegende Untersuchung kombiniert Daten der Längsschnittstudie TOSCA (Köller, Watermann, Trautwein & Lüdtke, 2004) mit Daten der Studie SEKO. In TOSCA werden zwei repräsentative Stichproben von Abiturient/innen aus Baden-Württemberg mittels postalischer Befragungen seit 2002 (Kohorte 1; zu Messzeitpunkt 1: 4730 Schüler/innen) bzw. 2006 (Kohorte 2; 6177 Schüler/innen) in ihrer beruflichen und psychosozialen Entwicklung begleitet. In die vorliegende Untersuchung gehen Daten des ersten Messzeitpunktes zu kognitiven und psychosozialen Eingangsvoraussetzungen der Abiturient/innen ein. In SEKO wurden 464 potentielle Lehrkräfte identifiziert und im Jahr 2013 postalisch gebeten, ihre Unterrichtsqualität durch zwei Schulklassen einschätzen zu lassen. Daten von 113 Lehrkräften (79.5% weiblich; Lehrtätigkeit seit: M=2011, SD=2.02) aus Sekundarschulen mit 3768 Schüler/innen aus 213 Klassen (Klassenstufe: M=8.16, SD=2.09) wurden für die vorliegende Studie verwendet. Instrumente Eingangsvoraussetzungen. Die kognitive Grundfähigkeit wurde mittels des Kognitiven Fähigkeitstests (Heller & Perleth, 2000) erfasst. Persönlichkeitsmerkmale wurden mittels des NEO-FFI (Borkenau & Ostendorf, 1991) erfasst: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit. Zudem wurde die Abiturabschlussnote (1=sehr gut bis 6=ungenügend) erhoben. Professionelles Wissen. Als Indikatoren für das professionelle Wissen werden die gemittelte Studiennote bildungswissenschaftlicher Fächer, die Gesamtstudienabschlussnote sowie die Abschlussnote des Vorbereitungsdienstes berücksichtigt. Alle Noten reichen von 1=sehr gut bis 6=ungenügend. Unterrichtsqualität. Es wurden auf Schülerebene Skalen eingesetzt, die in Anlehnung an COACTIV (Kunter et al., 2011) konstruiert wurden: 1)Kognitive Aktivierung, 2)Klassenführung, 3)Soziale Unterstützung, 4)Unterrichtstempo. Alle Skalen reichen von 1=Trifft nicht zu bis 4=Trifft zu. Ergebnisse Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden Mehrebenenanalysen in Mplus angewendet (Ebene 1: Schüler/innen, Ebene 2: Klassen, Ebene 3: Lehrkräfte), dabei wurde der Einfluss des Geschlechts der Lehrkraft kontrolliert. Die Ergebnisse zeigten positive Effekte der Verträglichkeit auf die soziale Unterstützung und das Unterrichtstempo sowie der Abiturnote einer Lehrkraft auf die Klassenführung. Zudem zeigten sich positive Effekte der Studienabschlussnote bildungswissenschaftlicher Fächer und der Abschlussnote des Vorbereitungsdienstes auf dieselben drei Aspekte der Unterrichtsqualität. Damit stützen die vorliegenden Befunde sowohl die Relevanz von Eingangsvoraussetzungen als auch die Bedeutung der Lehrerausbildung bei der Frage, wie eine Verbesserung der Unterrichtsqualität erreicht werden kann. ID: 202 / E 15 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Vorschulische Bildung Stichworte: Belohnungsaufschub - soziale Disparitäten - Kompetenzen - kompensatorischer Effekt- vorschulische Bildung Soziale Disparitäten im Vorschulalter und der Einfluss der Selbstregulation Christian Lorenz, Monja Schmitt, Nicole Luplow, Carina Schönmoser LIfBi – Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V., Deutschland Der in Deutschland stark ausgeprägte Zusammenhang von sozialer Herkunft und Kompetenzen konnte vor allem durch die großen Large-Scale-Studien PISA und IGLU aufgedeckt werden (Baumert et al., 2001; Bos, Schwippert & Stubbe, 2007). Dass sich diese im Grundschul- und Sekundarschulbereich gefundenen sozialen Disparitäten hierzulande aber schon viel früher, nämlich bereits im Kindergartenalter, zeigen, konnte u. a. durch die BiKS-Studie nachgewiesen werden (Weinert & Ebert, 2013; Weinert, Ebert & Dubowy, 2010). Dabei scheint die soziale Herkunft je nach Kompetenzbereich unterschiedlich stark zu wirken und sich besonders deutlich in Leistungsbereichen zu manifestieren, die vom Ausmaß familiärer Anregung beeinflusst sind. Neben der sozialen Herkunft hängen auch selbstregulatorische Fähigkeiten von Kindern, wie die Orientierung an längerfristigen Zielen mit den Leistungen bzw. der Leistungsentwicklung zusammen (Shoda, Mischel & Peake, 1990). Vor allem in der Entwicklungs- und Sozialpsychologie wird diese Fähigkeit häufig über Aufgaben zum sogenannten Belohnungsaufschub gemessen (Carlson, Mandell & Williams, 2004; Kochanska, Murray & Harlan, 2000). Beim Belohnungsaufschub handelt es sich um die Fähigkeit von (jüngeren) Kindern, die sofortige Befriedigung eines Wunsches zugunsten einer als wertvoller angesehenen Befriedigung nach einer gewissen Wartezeit zurückzustellen (Carlson et al., 2004; Kochanska et al., 2000). Die mit dem Belohnungsaufschub erfassten Konzepte werden in der Literatur vor allem in der Selbstregulation (Kopp, 1982) und der Selbstdisziplin (Duckworth & Seligman, 2005) gesehen (vgl. auch Hasselhorn, Goldammer & Weber, 2008). Die Vermutung liegt nahe, dass sich ein unterschiedlicher familiärer Anregungsgehalt und unterschiedliche Ressourcenausstattung der Familie auch auf die selbstregulatorischen Fähigkeiten von Kindern auswirken. Untersuchungen dazu sind jedoch rar (Neubauer 2012). In unserem Beitrag gehen wir daher der Frage nach, inwiefern sowohl verschiedene vorschulische Kompetenzen als auch die selbstregulatorische Fähigkeit der Kinder mit ihrer sozialen Herkunft zusammenhängen. Außerdem prüfen wir zum einen, inwieweit die Selbstregulation über die berücksichtigen Merkmale hinaus mit vorschulischen Kompetenzen zusammenhängt, und zum anderen, ob die Fähigkeit zur Selbstregulation den Effekt der sozialen Herkunft auf die Kompetenzen abschwächt oder verstärkt. Als Datengrundlage verwenden wir die im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS, Blossfeld et al., 2011) erhobenen Kindergartendaten (Startkohorte 2). 2011 wurden deutschlandweit gut 2.700 Kinder im Vorschuljahr in ihren Kindertagesstätten besucht und individuell - über zwei Testtage verteilt - in verschiedenen Kompetenzbereichen getestet. Diese umfassen mathematische und kognitive Grundfähigkeiten genauso wie Maße der phonologischen Bewusstheit und des Arbeitsgedächtnisses. Zudem wurde ein Szenario zum Wahlparadigma des Belohnungsaufschubs (vgl. Mischel, 2015) vorgegeben, so dass ein Maß zu den selbstregulatorischen Fähigkeiten der Kinder vorhanden ist. Gleichzeitig liegen aus Elterninterviews auch umfangreiche Daten zur sozialen Herkunft der Kinder vor. Unsere regressionsanalytisch gewonnenen Ergebnisse weisen zum einen auf soziale Disparitäten in der Fähigkeit zur Selbstregulation hin. Weitere Ergebnisse bestätigen zum anderen die auch in anderen Studien gefundenen Befunde sozialer Disparitäten in den mathematischen und sprachlichen Kompetenzen, aber auch hinsichtlich kognitiver Grundfähigkeiten und des Arbeitsgedächtnisses. Darüber hinaus interessiert uns, ob die Selbstregulation der Kinder, zusätzlich zu den oben genannten sozialen und individuellen Merkmalen, einen Zusammenhang mit den verschiedenen vorschulischen Kompetenzmaßen zeigt. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Kinder, die sich für den Belohnungsaufschub entscheiden, durchweg höhere Leistungen erzielen. Wenngleich also bestimmte soziale Merkmale offensichtlich den Erwerb selbstregulatorischer Fähigkeiten begünstigen, sind diese Fähigkeiten zusätzlich zu sozialen und individuellen Merkmalen dem Kompetenzerwerb zuträglich. Daran anschließend stellt sich die Frage, ob die Selbstregulation nicht nur einen über alle Gruppen hinweg positiven Effekt hat, sondern ob sie auch einen kompensatorischen Effekt erzielen und damit soziale Disparitäten ausgleichen kann. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kompetenzunterschiede, welche durch die sozio-ökonomische Herkunft entstehen, durch selbstregulatorische Fähigkeiten verringert werden können. ID: 204 / E 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lernen mit Computer und neuen Medien, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Fragebogen, Selbstberichte, Skalen, Evaluation, Bildungstechnologie BiCo: Eine bipolare kontinuierliche Ratingskala zur Minderung von Deckeneffekten bei der Evaluation von Bildungstechnologien durch Kinder Lara Schmitt1, Jochen Rick2, Armin Weinberger1 1 Universität des Saarlandes, Deutschland; 2badDesigner, USA Theoretischer Hintergrund Kinder mittels Fragebögen zu untersuchen kann u.a. aufgrund noch nicht voll entwickelter kognitiver Fähigkeiten besondere Herausforderungen darstellen. Besonders problematisch ist die Evaluation von Bildungstechnologien. Dabei kommt es oft zu starken Deckeneffekten (ausschließlich positive Bewertungen), weil jüngere Kinder dazu tendieren, extreme und sehr positive Antworten zu geben (Borgers, De Leeuw, & Hox, 2000; Chambers & Johnston, 2002). So kommt es z. B. auch bei dem weit verbreiteten Fragebogeninstrument Smileyometer, einer visuellen, fünffach gestuften Likertskala, die Spaß misst (Read, 2008), oft zu Deckeneffekten (z. B. Looije, Neerincx, & de Lange, 2008), was valide Ergebnisse und statistische Analysen erschwert. Im Rahmen eines Forschungsprojekts zum kooperativen Lernen mit einer von uns entwickelten iPad-App "Proportion" (Rick, 2012; Rick, Kopp, Schmitt, & Weinberger, 2015) traten ebenfalls extreme Deckeneffekte beim Einsatz des Smileyometers auf. Eine für Kinder geeignetere Fragebogenmethode ist, Vergleiche zwischen verschiedenen Technologien zu ziehen, wie das z. B. der Fall ist bei Fun Sorter und Again-Again (Sim & Horton, 2012). Auch Kinder scheinen in der Lage zu sein, unmittelbare Vergleiche zwischen unterschiedlichen Technologien zu ziehen. Auf dieser Fähigkeit Vergleiche anzustellen aufbauend, entwickelten wir ein Instrument, das geeignet für die Evaluation einer Technologie ist, Deckeneffekte abschwächt und andere Aspekte außer "Spaß" abdecken kann: „BiCo“ = Bipolar Continuous Rating Scale (Schmitt, Rick, & Weinberger, 2014). BiCo stellt zwei konträre Aussagen an zwei Enden einer kontinuierlichen Achse gegenüber, z. B. „Nächstes Mal möchte ich alleine mit dem iPad lernen“ versus „Nächstes Mal möchte ich wieder mit einem Partner zusammen am iPad lernen“. Die Antwort kann frei an jeder Stelle der Achse gegeben werden, je nachdem zu welcher Aussage man tendiert. Fragestellung Kann BiCo im Vergleich zu Smileyometer Deckeneffekte reduzieren? Methode BiCo wurde im Rahmen des Proportion-Forschungsprojekts eingesetzt: Wir untersuchen kooperatives Lernen von proportionalem Denken mit der iPad App „Proportion“. An der Studie nahmen 125 Kinder der 4. Klasse (durchschnittlich etwa 10 Jahre alt) teil, die individuell oder in Dyaden 40 Minuten mit der Proportion-App lernten. Vor und nach der Intervention wurden Mathetests und Fragebögen eingesetzt. Nachdem wir bei der ersten Datenerhebung starke Deckeneffekte mit Smileyometer entdeckten, setzten wir bei den weiteren Erhebungen BiCo zusätzlich ein. Smileyometer-Fragen wurden ins BiCo-Format übersetzt. Ergebnisse Zur Bestimmung der Validität wurden die Antworten von Smileyometer und BiCo korreliert: Alle sechs Items erreichten signifikante Korrelationen (p<.05) von r=.33 bis r=.68. Deskriptiv zeigte sich, dass die Mittelwerte mit BiCo bei allen Items niedriger als mit Smileyometer waren. Diese Abnahme in den Mittelwerten wurde statistisch mit einer Bonferroni-korrigierten messwiederholten ANOVA überprüft: In drei von sechs Fällen war die Abnahme auch statistisch signifikant (F(1,79)=31.72, p=.000; F(1,81)=10.25, p=.002 bzw. F(1,64)=8.34, p=.005). Es zeigte sich also, dass BiCo Potential hat, Deckeneffekte bei der Technologieevaluation durch Kinder abzumildern. Weitere Forschung an BiCo könnte beinhalten, die Erstellung bipolarer Aussagen sowie deren kontinuierliche Darstellung auf einer BiCo-Skala zu systematisieren. Des Weiteren steht aus, BiCo mit anderen Altersklassen und Domänen zu validieren und eventuell zu adaptieren. ID: 205 / F 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Auswahlgespräche, Hochschulzulassung, Eignungsabklärung, Lehrereignung Auf der Suche nach geeigneten Lehrkräften – welche Möglichkeiten und Grenzen beinhalten Auswahlgespräche? Franziska Frost Technische Universität München, School of Education, Deutschland Um geeignete Personen für den Lehrerberuf zu gewinnen und zu qualifizieren (vgl. OECD, 2005), nehmen sich Hochschulen seit einigen Jahren zunehmend der Herausforderung an, Zulassungs- und Eignungsabklärungsverfahren für Lehramtsstudiengänge einzurichten (Nieskens, 2013). Auswahlgespräche ermöglichen eine persönliche Begegnung zwischen Bewerberinnen und Bewerbern sowie Vertreterinnen und Vertretern der Hochschule. Diese kann vor allem dazu genutzt werden, um nicht-kognitive Merkmalsbereiche (z.B. Studienwahlmotivation, kommunikative und soziale Fähigkeiten; vgl. Amelang, 1997; Gold & Souvignier, 2005) zu erfassen und individuelle Talente und Neigungen zu berücksichtigen (Hell, 2006). Gleichzeitig werden Auswahlgespräche im Hinblick auf ihre Durchführungs- und Auswertungsobjektivität kritisiert (DGPS, 1997). Bisher gibt es kaum empirisch gesichertes Wissen über die Güte und Wirksamkeit verschiedener Eignungsabklärungsverfahren (Klusmann, Köller & Kunter, 2011). An der TUM School of Education erfolgt die Zulassung zum gymnasialen Lehramtsstudium in den MINT-Fächern seit einigen Jahren durch ein zweistufiges Zulassungsverfahren. Im Fall sehr guter Abiturleistungen erhalten Bewerberinnen und Bewerber eine direkte Zulassung. Alle übrigen Bewerberinnen und Bewerber werden zu einem Auswahlgespräch eingeladen. Dieses ist teil-strukturiert und thematisiert den fachlichen, pädagogisch-didaktischen, motivationalen und persönlichen Kompetenzbereich. Das Gespräch wird von einer multiperspektivisch zusammengesetzten Kommission geführt und inkludiert ein Feedback. In diesem Beitrag werden Potenziale und Grenzen der Auswahlgespräche empirisch erforscht. Im Fokus stehen zwei Fragestellungen: (1) Wie objektiv sind die Auswahlgespräche und die dabei vorgenommenen Beurteilungen? (2) Welchen Einfluss üben die beiden Zulassungsbedingungen auf das Immatrikulationsverhalten aus? Zur Beantwortung der ersten Fragestellung wurden N = 22 Auswahlgespräche von vier verschiedenen Kommissionen inhaltsanalytisch anhand eines theoriegeleiteten Kategoriensystems ausgewertet (vgl. Mayring, 2010). Zwei unabhängige Rater erzielten zufriedenstellende Übereinstimmungen (.65 < ICC < 1.00). Für den Vergleich wurden prozentuale Häufigkeiten, Varianzkoeffizienten und qualitative Aussagen herangezogen. Im Hinblick auf die zweite Fragestellung wurden die Häufigkeiten der Studienentscheidungen (Lehramtsstudium an der TUM School of Education / Lehramtsstudium an einer anderen Universität / kein Lehramtsstudium) einer gesamten Bewerberkohorte (N = 237) unter den beiden Zulassungsbedingung (Direktzulassung / Auswahlgespräch) verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kommissionen in den Auswahlgesprächen verschiedene inhaltliche Schwerpunkte setzen. Ebenso große Varianzen konnten zwischen den einzelnen Gesprächen der vier Kommissionen festgestellt werden. Die qualitativen Aussagen deuten darauf hin, dass sich die Unterschiede durch eine am Individuum orientierte Eignungsberatung erklären lassen. Die Analysen zu den Studienentscheidungen haben zunächst gezeigt, dass Auswahlgespräche selbstselektive Effekte bewirken: Mehr als 28 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber folgen der Einladung zum Auswahlgespräch nicht. Wird das Gespräch erfolgreich passiert, kann eine bindende Wirkung festgestellt werden, indem sich mehr als 87 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber für das Lehramtsstudium an der TUM School of Education einschreiben. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit einer Einschreibung unter den zugelassenen Bewerberinnen und Bewerbern somit in beiden Bedingungen etwa gleich groß (Direktzulassung: 49.6 %; Auswahlgespräch: 50.4 %). Deutliche Unterschiede bestehen jedoch im Hinblick auf die Wahl eines Lehramtsstudiums an einer anderen Universität an, was unter der direkten Zulassungsbedingung sehr viel wahrscheinlicher ist (62.2 % versus 37.8 %). Die Diskussion zu den Möglichkeiten und Grenzen von Auswahlgesprächen erfolgt vor dem Hintergrund eignungsdiagnostischer, juristischer und praktischer Anforderungen. Ferner werden Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Zulassungsverfahrens aufgezeigt. Es wird diskutiert, ob der Wirkungsgrad mit obligatorischen, nicht selektiven Gesprächen gesteigert werden kann. Um kommissionsgruppenspezifische Effekte zu minimieren, bedarf es einer stärkeren Standardisierung der Gespräche, bei der gleichzeitig die Berücksichtigung individueller Beratungsbedarfe gewährleistet bleiben sollte. ID: 207 / B 15 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: multimedia learning, emotional design, mixed-methods Emotional Design von Texten beim multimedialen Lernen Lisa Knörzer, Roland Brünken, Babette Park Universität des Saarlandes, Deutschland Vor dem theoretischen Hintergrund der Cognitive-Affective Theory of Learning with Media (CATLM; Moreno, 2006) postuliert die emotional-design-Hypothese (Mayer & Estrella, 2014), dass eine emotionale Gestaltung von Bildelementen einer multimedialen Instruktion den emotionalen Zustand von Lernenden verändern sowie zu einem höheren Lernerfolg führen kann. Die Gültigkeit dieser Hypothese wurde in mehreren Studien bestätigt (z.B. Plass et al., 2014). Da jedoch eine multimediale Instruktion neben Bild- auch aus Textelementen besteht, ist es Ziel dieser Studie die Gültigkeit der Hypothese bezüglich einer emotionalen Gestaltung von Textelementen zu untersuchen. Hierzu wird das "Emotionspotential" (Schwarz-Friesel, 2013) der Textelemente einer multimedialen Instruktion durch das Hinzufügen von emotionalen metaphorischen Einschüben variiert. Es wird untersucht, inwiefern eine emotionalisierte Textgestaltung zu einer Veränderung des emotionalen Zustandes von Lernenden sowie zu einem höheren Lernerfolg führt. Es wird erwartet, dass sich die durch Metaphern negativ und positiv emotionalisierten Textelemente als lernförderlich erweisen, die veränderte Emotionalität der Lerntexte soll sich zudem auf den emotionalen Zustand der Lernenden auswirken. Die Studie wurde als einfaktorielles experimentelles Design mit dem dreifach gestuften Faktor Lerntext (positive Metaphern vs. negative Metaphern vs. ohne Metaphern) realisiert. Als multimediale Instruktion wurde ein computerbasiertes multimediales Lernprogramm in rein visuellem Format (Text+Bild) zum Thema ATP-Synthase verwendet. Der Lerntext des Lernprogramms wurde variiert. Die Version ohne Metaphern enthielt den "neutralen" Lerntext. Für die Experimentalbedingungen wurde dieser mit metaphorischen Einschüben angereichert. Die verwendeten Wortgruppen zur Bildung der Metaphern wurden aus der Wortliste BAWL-R (Võ et al., 2009) nach Kriterien der Anschaulichkeit sowie Emotionalität der Worte ausgewählt. Die Worte “Blume“ und “Blütenblätter“ wurden in der Version mit positiven Metaphern, die Worte “Geschwür“ und “Warze“ in der Version mit negativen Metaphern verwendet, um einzelne Teile des ATP-Synthase-Moleküls zu exemplifizieren. Es nahmen N=45 Studierende an der Studie teil (69% weiblich, Alter: M=24.01, SD=3.44), welche zufällig einer der drei Gruppen zugewiesen wurden. Die Studienteilnehmer wurden individuell in ca. 60-minütigen Sitzungen getestet. Neben demographischen Daten und dem Vorwissen (z.B. "Nennen Sie das Organell der Zellatmung.") wurde der emotionale Zustand (PANAVAKurzskalen; Schallberger, 2005) der Probanden erfasst (jeweils keine signifikanten Gruppenunterschiede). In der Lernphase bearbeiteten die Probanden entweder die positive, die negative oder die neutrale Version des Lernprogrammes. Es folgten als Manipulationscheck erneut der Emotionsfragebogen und der Lernerfolgstest (5 Items; α=.68). Abschließend wurde ein Leitfadeninterview durchgeführt, in welchem die Teilnehmer zu ihrem emotionalen Erleben während des Lernens befragt wurden. Zusätzlich wurden Probanden der beiden Experimentalgruppen (mit positiven oder negativen Metaphern) zur Wirkung der Metaphern auf ihren Lernprozess interviewt. Die beiden Gruppen, welche mit den mit Metaphern angereicherten Lernprogrammversionen arbeiteten, schnitten im Lernerfolgstest besser ab als die Kontrollgruppe, F(2,42)=4.68,p=.015,η2=.18. Die Auswertung der Leitfadeninterviews deutet darauf hin, dass unterschiedliche Wirkmechanismen die Lernförderlichkeit der positiven und negativen Metaphern bezüglich des Lernprozesses erklären. Positive Metaphern führten aufgrund ihrer visuellen Ähnlichkeit mit dem Lerngegenstand zum höheren Lernerfolg; diese Metaphern wurden von den meisten Lernenden im Interview als hilfreich eingestuft. Bezüglich der negativen Metaphern stufte die Mehrheit der Lernenden diese zunächst eher als verwirrend oder lernhinderlich ein, gab jedoch im weiteren Verlauf des Interviews an, dass die Metaphern ein genaueres Nachvollziehen der Lerninhalte ausgelöst hätten, da sie ihrer Meinung nach nicht zu dem im Lernprogramm gezeigten Bildern passten, sodass die Darstellung der Lerninhalte kritisch hinterfragt wurde. Inferenzstatistische Auswertungen der Emotionsfragebogen deuten darauf hin, dass die die emotionalisierten Lerntexte nicht zu signifikanten Veränderungen des emotionalen Zustandes der Lernenden führten, F s<1. Dies konnte durch die qualitativen Daten des Leitfadeninterviews gestützt werden. Insgesamt weisen die Befunde der Studie auf die Lernförderlichkeit von Metaphern hin, welche aber nicht als Elemente eines emotionalen Designs identifiziert werden konnten. Inwieweit sich eine umfassendere Variation des Emotionspotentials von Texten in multimedialen Lernumgebungen auf den emotionalen Zustand von Lernenden auswirken kann, bleibt zu untersuchen. ID: 208 / B 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Deutsch als Zweitsprache, sprachliches Scaffolding, frühes naturwissenschaftliches Lernen Wissenserwerb von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache durch sprachliches Scaffolding – Vergleich zweier Trainingsstudien Susanne Mannel1, Sarah Sauer1, Ilonca Hardy1, Henrik Saalbach2 1 Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland; 2Universität Leipzig, Deutschland Für Lerner mit einem niedrigen Sprachstand im Deutschen spielt Bildungs-sprache eine wichtige Rolle beim Erwerb inhaltlicher Kompetenzen. Sie dient als mentales Werkzeug zur Konstruktion von Bedeutung und unter-stützt den Konzepterwerb (z.B. Tomasello, 2008; Stanat et al., 2010). Beim Experimentieren ist der Bildungssprachgebrauch z.B. beim Formulieren von Hypothesen und Kommunizieren von Ergebnissen - beides Prozesswissenskomponenten - ein wichtiger Bestandteil. Evidenz für die Bedeutsamkeit sprachlicher Unterstützung (z.B. im Sinne von sprachlichem Scaffolding) beim naturwissenschaftlichen Lernen liegt bereits für das Vorschulalter vor (z.B. Vollmer, 2010). In Anlehnung an Pea (2004) und Gibbons (2002) lässt sich konzeptuelles und prozessuales Verständnis einerseits durch ein anspruchsvolles Einbringen von Bildungssprache im Sinne eines Sprachmodells (Modellierungen) unterstützen, andererseits durch eine verbal unterstützte Lenkung der Aufmerksamkeit auf inhaltlich relevante Aspekte (Fokussierungen). Durch eine eigenaktive Anwendung von Bildungssprache im Dialog mit Lernpartnern, im Sinne einer Ko-Konstruktion, sollte sich Partnerarbeit zwischen den Kindern zusätzlich lernförderlich auswirken (Elbers & de Haan, 2005). Vor diesem Hintergrund werden in zwei *T*rainingsstudien mit a) *V*orschulkindern (TV, N=132; davon N=86 mit *D*eutsch *a*ls *Z*weitsprache; 10 Einrichtungen) und b) *G*rundschulkindern der Jahrgangsstufe 1 (TG, N=63, davon N=34 mit DaZ; 5 Klassen aus 2 Schulen) zwei mit sprachlichen Scaffolding-Techniken angereicherte Lernsequenzen durchgeführt mit dem Ziel, den Konzepterwerb insbesondere bei Kindern mit DaZ zu unterstützen. Wir erwarten, dass sprachliches Scaffolding der Trainerin den Konzepterwerb fördert und dass sprachlicher Austausch in kooperativen Settings den Lerngewinn zusätzlich erhöht Der Lerngewinn kooperativer Lernsettings wurde insbesondere für die Stichprobe der Erstklässler erwartet, da die älteren Kinder über größere Vorerfahrung ko-konstruktiver Sprachhandlungen im Unterricht verfügen. In einem Prä-Post-Design wird daher der Einfluss des sprachlichen Scaffoldings in Trainingsgruppen mit Partnerarbeitsphasen sowie in Gruppen mit Einzelarbeitsphasen untersucht. Die Zuteilung der Kinder zu den Bedingungen erfolgt zufällig. Neben Einzel- bzw. Partnerarbeitsphasen werden auch Plenumsphasen realisiert. Sowohl die Plenums- als auch die Partnerarbeitsphasen dienen der Ko-Konstruktion der zu erarbeitenden naturwissenschaftlichen Konzepte sowie der Einführung und der fortwährenden Anwendung zentraler Prozessbegriffe (z.B. vermuten). Die Lernsequenzen thematisieren das Materialkonzept als Eigenschaft von Objekten und Magneten und ihre Wirkweise (Autor, 2013). Für die Testung des Lernzuwachses im Konzeptverständnis und im Verständnis von Prozessbegriffen werden in beiden Trainingsstudien Testinstrumente eingesetzt, wobei die Testitems aus der Vorschulstudie in gruppentestfähige Items für die Grundschulstudie überführt wurden (Skalenreliabilitäten (Cronbach’s α): .717-.998). Als Kontrollvariablen wurden Sprachverständnis und Intelligenz erhoben. Da ein Fokus der Trainingsstudien auf der Förderung von Kindern mit DaZ liegt, wird im Beitrag der Lernzuwachs speziell für diese Lerngruppe berichtet. Erwartungskonform zeigt sich in beiden Trainingsstudien ein signifikanter Lerneffekt im konzeptuellen Verständnis und zwar sowohl für die Trainingsgruppen mit Partnerarbeitsphasen als auch für jene mit Einzelarbeitsphasen (Studie 1 (TV): F(1,72)=5,365, p=.023, Studie 2 (TG): F(1,31)=5,611, p=.024). Der erwartete zusätzliche Lerneffekt im konzeptuellen Verständnis durch die intendierte erhöhte mündliche Sprachproduktion in den Trainingsgruppen mit Partnerarbeitsphasen zeigt sich jedoch in beiden Trainingsstudien nicht. Stattdessen ist der Lernzuwachs in diesem Bereich in den Gruppen mit Einzelarbeitsphasen größer (Studie 1 (TV): F(1,72)=8,952, p=.004, Studie 2 (TG): F(1,31)=239,094, p<.001). Hinsichtlich des Verständnisses von Prozessbegriffen zeigt sich, dass die Lerner aus beiden Trainingsstudien nur in der Bedingung mit Einzelarbeitsphasen signifikant dazulernen, in der Bedingung Partnerarbeit jedoch nicht (Studie 1 (TV): (Studie 1 (TV): F(1,72)=2,659, p=.05, Studie 2 (TG): F(1,31)=96,669, p<.001). Als Kovariaten fließen in alle Analysen Sprachverständnis und Intelligenz mit ein. Die Ergebnisse weisen auf die Bedeutsamkeit ko-konstruktiver Lernsettings mit zwischengeschalteten Einzel- bzw. Partnerarbeitsphasen für den Erwerb von konzeptuellem Verständnis bei Kindern mit DaZ in beiden Altersgruppen hin. Im Kontext früher konstruktivistischer naturwissenschaftlicher Lernumgebungen scheint Einzelarbeit für beide Altersgruppen effektiver für die Festigung von Wissen zu sein, sowohl hinsichtlich der Entwicklung eines Konzeptverständnisses als auch eines Verständnisses von Prozessbegriffen. Diese Annahme gilt es in experimentellen Studien zu überprüfen. ID: 209 / G 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Trainingsentwicklung, Evaluation, Lehrerbildung, Lehrerkompetenz Entwicklungsphasen eines Trainingskonzepts zur Förderung der Professionellen Fehlerkompetenz im Rechnungswesen Claudia Krille, Benjamin Salge, Eveline Wuttke Goethe Universität Frankfurt, Deutschland Damit Lehrer ihre Schüler beim Lernen aus eigenen Fehlern unterstützen können, benötigen sie (1) domänenspezifisches Wissen über Schülerfehler (v.a. basierend auf Fachwissen, FW), (2) Wissen über Handlungsstrategien in Fehlersituationen (v.a. basierend auf Fachdidaktischem Wissen, FDW) und (3) förderliche Sichtweisen bezüglich der Lernwirksamkeit von Fehlern. Nach Seifried und Wuttke (2010) lassen sich diese Facetten als Professionelle Fehlerkompetenz (PFK) (hier im Rechnungswesen) zusammenfassen. Vorangegangene Studien konnten zeigen, dass diese Kompetenz bei angehenden Lehrern nur defizitär ausgeprägt ist (Bouley et al., 2015; Türling et al., 2012), was eine gezielte Intervention nahelegt. Vor diesem Hintergrund war es Ziel ein Trainingskonzept zu erarbeiten und zu evaluieren, das die PFK im Rechnungswesen fördert. Es werden 3 Studien vorgestellt, die dessen Entwicklungsschritte repräsentieren. Studie 1 Es wurden 2 Interventionen umgesetzt: Trainingsgruppe 1 fokussierte auf fehleranfälliges Fachwissen im Rechnungswesen, Trainingsgruppe 2 auf relevantes fachdidaktisches Wissen. Mit der Trennung sollten differentielle Effekte der Förderung einer Kompetenzfacette einschätzbar sein. Beide Trainingsgruppen waren im Hinblick auf Organisation und Wissensvermittlungsmethoden vergleichbar: Sie erhielten ein 8-stündiges Training (zweimal 4 Stunden) mit empirisch belegten erfolgsfördernden Merkmalen (aktives Lernen, Übungsphasen, Peer-Kollaboration, Reflexionsphasen; vgl. Gräsel et al., 2006; Ingvarson et al., 2005). Es nahmen 172 Referendare teil. Die Messinstrumente wurden vor und nach der Intervention eingesetzt und repräsentieren die ersten beiden Evaluationsebenen nach Kirkpatrick (1998). Die Reaktionsebene wurde mithilfe von Items von Grohmann und Kauffeld (2013) erhoben. Auf der Lernebene wurde sowohl ein Wissenstest (je 12 Items für FW und FDW; Berger et al., 2013) eingesetzt, als auch Videovignetten, anhand derer die TeilnehmerInnen Schülerfehler erkennen und korrigieren sollten. Auf der Reaktionsebene schätzten alle TrainingsteilnehmerInnen das Training auf einem mittleren Niveau ein (kein signifikanter Gruppenunterschied). Im Wissenstest erzielten die TeilnehmerInnen vor und nach den Trainings mittlere Ergebnisse (kein signifikanter Unterschied). Lediglich bei der Korrektur von Schülerfehlern in den Videovignetten verbesserten sie sich signifikant (allerdings Interventionsgruppen und Wartekontrollgruppe). Studie 2 Häufige Rückmeldung der Referendare war, das Training belaste zeitlich zusätzlich und sei für ihre aktuelle Situation wenig relevant (nur wenige unterrichten bereits Rechnungswesen). Deshalb wurde das Training in Studie 2 in ähnlicher Weise (2 Interventionen) in einer universitären Master-Lehrveranstaltung mit 26 Wirtschaftspädagogik-Studierenden umgesetzt. Die Inhalte der beiden Interventionsgruppen wurden jeweils auf 6 Termine mit je 90 Minuten aufgeteilt. Zur Evaluation wurden die Instrumente wie in Studie 1 eingesetzt. Während die Studierenden das Training auf der Reaktionsebene signifikant besser einschätzten als die Referendare, ergaben sich für die Lernebene sowohl bei den Videovignetten als auch im Wissenstest vergleichbare Ergebnisse wie in Studie 1. Ein Hauptkritikpunkt der TeilnehmerInnen in Studie 1 und 2 war, dass beiden Gruppen die jeweils andere Facette der PFK fehlte: Während Interventionsgruppe 1 (FW) fachdidaktische Inhalte vermisste, fehlte Interventionsgruppe 2 (FDW) die fachlichen Inhalte, um neu Gelerntes anwenden zu können. Außerdem zeigten genauere Analysen eine eingeschränkte Inhaltsvalidität der Wissenstestitems. Studie 3 Basierend auf dieser Erkenntnis wird die ursprünglich methodisch motivierte Trennung beider Facetten zugunsten eines integrierten Trainings (FW und FDW) aufgelöst und zunächst erneut in einer Universitätslehrveranstaltung umgesetzt. Das Training umfasst 9 Termine á 90 Minuten. Auf der Reaktionsebene werden die gleichen Items genutzt. Der Wissenstest wurde noch stärker auf die Trainingsinhalte angepasst und reduziert (FW: 9 Items, FDW: 8 Items). In einer Pilotstudie nahmen 5 Studierende teil. Deskriptive Auswertungen lassen erkennen, dass die TeilnehmerInnen die Intervention subjektiv ähnlich wie die Studierenden in Studie 2 einschätzen. Die Videovignetten-Ergebnisse sind vergleichbar. Allerdings nahm die Leistung im Wissenstest von Vor- zu Nachtest zu. Diese Ergebnisse geben einen optimistischen Blick auf das überarbeitete Training. Ergebnisse der Hauptstudie mit einer größeren Studierendenstichprobe werden auf der Konferenz präsentiert. Ziel ist es, den Prozess der Trainingsentwicklung zu präsentieren und zu diskutieren und Empfehlungen für Forscher und Praktiker abzuleiten und zu diskutieren. ID: 211 / D 03 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Lernen mit Computer und neuen Medien, Mathematischnaturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Computerselbstkonzept, computergestützter Unterricht, Lernort Labor, kognitives Lernen Computergestützter Unterricht: Ein Garant für langfristigen Lernerfolg? Jessica Langheinrich, Franz X. Bogner Universität Bayreuth, Deutschland Theoretischer Hintergrund und Fragestellung Integration von computerbasierten Medien in den Unterricht erfreut sich zunehmender Beliebtheit, denn der Einsatz von beispielsweise online-Simulationen, Animationen oder „Augmented Reality-Tools“ bietet zahlreiche Visualisierungsmöglichkeiten von Fachinhalten und scheint demzufolge ein besseres Verständnis wie auch einen langfristigen Wissenszuwachs zu garantieren. Doch trifft dies auf jeden Lerner zu? Gerade im Umgang mit Computern gibt es immer noch starke geschlechtsspezifische Unterschiede. So zeigt eine aktuelle Studie, dass Mädchen ihre Computerkenntnisse oft schlechter einstufen, seltener den digitalen sozialen Austausch suchen und weniger Wissen im ICT-Bereich besitzen (Christoph, Goldhammer, Zylka, & Hartig, 2015). Auch im sogenannten Computerselbstkonzept gibt es gerade in schulrelevanten Altersstufen klassische stereotypische Unterschiede (Langheinrich, Schönfelder, & Bogner, 2015). Das Computerselbstkonzept ist ein dynamisches Konstrukt, welches in ständiger Auseinandersetzung zwischen dem Selbst und der Umwelt, bezüglich eigener Fähigkeiten, Interessen, Erfahrungen, Haltungen und Erwartungen gegenüber dem Umgang mit dem Computer, entwickelt wird (Janneck, Vincent-Höper, & Ehrhardt, 2013). Dem Computerselbstkonzept wird sogar zugesprochen den Wissenserwerb während des Arbeitens mit dem Computer direkt zu beeinflussen (Christoph et al., 2015). Hieraus ergeben sich folgende Forschungsfragen: (1) Eignet sich computergestützter Unterricht zur Erlangung eines langfristigen Wissenszuwachses? (2) Wird dieser Wissenszuwachs von dem individuellen Selbstkonzept beeinflusst? Methode Diese Studie wurde im Rahmen des Demonstrationslabors Bio-/Gentechnik der Universität Bayreuth durchgeführt und bestand aus einem computergestütztem Unterrichtsmodul am außerschulischen Lernort Labor mit dem Titel „DNA-Unser Erbgut“ (Dauer: 270 Minuten). Die laborpraktische Tätigkeit setzte sich aus zwei Versuchen zusammen, der Isolierung von DNA aus Mundschleimhautzellen und der Agarosegelelektrophorese. Die Computerlerneinheit diente als Brücke zwischen beiden Versuchen. Hierbei arbeiteten die Teilnehmer mit einem interaktiven DNA-Modell. Insgesamt beteiligten sich 162 Schüler der Jahrgangsstufe 11 des bayerischen Gymnasiums (Altersdurchschnitt M = 17,05; SD = 0,68; Geschlechterverhältnis ausgeglichen). Die Studie setzte sich aus einem Vor-, Nach- und Behaltenstest zusammen. Der Vortest fand eine Woche vor dem Unterrichtsmodul in der Schule statt, der Nachtest direkt und der Behaltenstest neun Wochen nach dem Unterrichtsmodul. Zu allen drei Testzeitpunkten wurde ein Wissenstest zum Unterrichtsmodul abgefragt, um Veränderungen im Wissen der Teilnehmer beobachten zu können. Dieser Wissenstest beinhaltete 20 Items, 8 Fragen zum experimentellen Teil und 12 Fragen zur eLearning-Einheit (Cronbach’s α zu jedem Testzeitpunkt > 0,628). Im Vortest wurde zusätzlich die Skala zur Messung des Computerselbstkonzeptes von Langheinrich et al. (2015) verwendet. Durch eine Test-Retest-Stichprobe (N = 38; Altersdurchschnitt M = 16,08; SD = 1,15; 21 weiblich; 17 männlich) konnte sichergestellt werden, dass das bloße mehrmalige Ausfüllen des Fragebogens den Wissensstand nicht beeinflusst. Ergebnisse Zunächst konnte gezeigt werden, dass computergestützter Unterricht am außerschulischen Lernort Labor themenbezogenes Wissen langfristig steigert. Dies gilt für die Lerninhalte des gesamten Moduls (p < 0,001) wie auch der eLearning-Einheit (p < 0,001). Des Weiteren wurde ein geschlechtsspezifischer Unterschied zwischen dem Computerselbstkonzept der Mädchen (M(CSC) = 2,28) und dem der Jungen (M(CSC) = 2,73) bestätigt (p < 0,001). Für das Selbstkonzept konnten bereits Auswirkungen auf das Lernen gezeigt werden (Guay, Marsh, & Boivin, 2003). Dennoch blieb in dieser Studie der zu erwartende Einfluss des individuellen Computerselbstkonzeptes auf den Wissenszuwachs in der Computerlerneinheit aus. Hieraus lässt sich deuten, dass das Computerselbstkonzept generell einen Wert überstiegen hat, der es den Schülern ermöglicht, den Computer als Werkzeug zum Zweck des Wissenserwerbs mit eLearning-Tools problemlos zu nutzen. Die auftretenden Unterschiede im Wissenszuwachs müssen folglich andere Ursachen, wie beispielsweise die Selbstwirksamkeit oder individuelle Einstellungen, haben (Fremerey & Bogner, 2015; Zimmermann, 2000). ID: 214 / C 05 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Qualifikations-Mismatching, Kompetenzen, lebenslanges Lernen "Effekte von Über- und Unterqualifizierung (_Qualifikations-Mismatching_) auf grundlegende Kompetenzen Erwachsener und Weiterbildungsteilnahme" Sai-Lila Rees, Bernhard Schmidt-Hertha Universität Tübingen, Deutschland Betrachtet man das Qualifikationsniveau Erwerbstätiger in Deutschland zeigt sich, dass ungefähr 15 % der sozialversicherungspflichtigen Teil- und Vollzeitbeschäftigten formal überqualifiziert sind (Reichelt & Vicari, 2015). In Europa ist der Anteil nahezu doppelt so hoch (Leuven & Oosterbeek, 2012). Die formalen Qualifikationen der Erwerbstätigen, die sie im Bildungssystem erworben haben, korrespondieren demnach nicht mit den formalen Qualifikationen, welche sie zur Ausübung einer vorhandenen Stelle oder auszuübenden Tätigkeit benötigen (Hotz-Hart & Rohner, 2014). Liegt eine solche Diskrepanz zwischen den formalen Qualifikationen und den formalen Anforderungen vor (Qualifikations-Mismatching), kann es zu einer Überoder Unterforderung der Erwerbspersonen kommen. Dieser Umstand kann weitreichende individuelle und gesamtwirtschaftliche negative Konsequenzen mit sich führen, die sich nicht zuletzt an Einbußen hinsichtlich des Einkommens und der Produktivität der Erwerbspersonen bemerkbar machen (Rohrbach-Schmidt & Tiemann, 2010). Darüber hinaus belegen Studien, dass mit einem Qualifikations-Mismatching nicht nur eine geringere Arbeitszufriedenheit (Quintini, 2011) einhergeht, sondern auch ein früheres Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und erhebliche Kosten bei den Unternehmen mit sich bringen kann (Güpner & Seebacher, 2014). Gerade angesichts des demografischen Wandels und den rasant fortschreitenden technologischen Entwicklungen, wodurch der Druck für Unternehmen wettbewerbsfähig und innovativ zu bleiben steigt, gewinnt eine adäquate Passung von formalem Qualifikationsniveau der Erwerbsperson und formalen Qualifikationsanforderungen der auszuübenden Tätigkeit somit an Bedeutung. Im Rahmen der PIAAC-Studie wurde bislang versucht über die Messung von Grundkompetenzen und entsprechenden Anforderungsstrukturen am Arbeitsplatz Skill-Mismatch zu operationalisieren und zu messen (z.B. Pellizari & Fichen, 2013; kritisch dazu Mayerl, 2014), wobei die Daten ebenso auch die Untersuchung der Effekte von Qualifikations-Mismatch zulassen. Da es bislang kaum Analysen zu Effekten formalen Qualifikations-Mismatchings auf die Weiterbildungsteilnahme und grundlegenden Kompetenzen Erwachsener (Lesen, Rechnen, Problemlösen) in Deutschland gibt, adressiert ein BMBFgefördertes Forschungsprojekt auf Basis einer Reanalyse der nationalen PIAAC-Daten unter anderem mit folgenden Fragestellungen: Inwiefern unterscheiden sich über-, unter- und adäquat qualifizierte Erwerbspersonen hinsichtlich ihrer Kompetenzmittelwerte im Lesen, Rechnen und Problemlösen? Inwiefern hat Über- oder Unterqualifizierung einen Effekt auf die Teilnahme an non-formaler Weiterbildung? Die Reanalyse der PIAAC-Daten wird ausschließlich mit den Daten der erwerbstätigen Personen durchgeführt. Für die bisherige Analyse wurden die Variable der höchst erworbenen formalen Qualifikation nach den ISCED-97 Kategorien sowie die Variable, welche Art der Qualifikation für die Ausübung der derzeitigen Tätigkeit in der Regel erforderlich ist (ebenfalls nach ISCED-97), herangezogen. Aus beiden Variablen wurde eine metrische Variable zur Über-, Unter- und adäquaten Qualifizierung erstellt mit der es möglich ist, auch inferenzstatische Verfahren zur Auswertung hinzu zu ziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass von allen befragten Erwerbspersonen (n=3502) fast jede neunte Person unterqualifiziert (11%) und nahezu jede Fünfte (18%) überqualifiziert ist. Wesentlich mehr Männer (n=230) als Frauen (n=152) sind unterqualifiziert, wogegen mehr Frauen (n=346) als Männer (n=288) überqualifiziert sind. Das Alter korreliert mit einem Qualifikations-Mismatching signifikant positiv. Je höher also das Alter umso eher liegt eine Überqualifizierung vor. Die Teilnahme an non-formaler Weiterbildung korreliert signifikant negativ mit einem Qualifikations-Mismatching. Demnach nehmen eher unterqualifizierte Erwerbspersonen an non-formaler Weiterbildung teil. Betrachtet man die Kompetenzmittelwerte der über-, unter- und adäquat qualifizierten Erwerbspersonen zeigt sich, dass in allen drei Kompetenzbereichen über- und unterqualifizierte Personen signifikant niedrigere Kompetenzmittelwerte als adäquat qualifizierte Personen erzielen: "Adäquat qualifiziert (Basis)" Lesen (n= 2486): 277 Rechnen (n=2486): 282 Problemlösen (n=2214): 287 "Unterqualifiziert" Lesen (n=382): 269* Rechnen (n=382): 272** Problemlösen (n=349): 278** "Überqualifiziert" Lesen (n=634): 267*** Rechnen (n=634): 269*** Problemlösen (n=509): 276*** (*p<.05;**p<.01;***p<.001) Die bisher gewonnen Ergebnisse weisen darauf hin, dass einerseits Qualifikations-Mismatching Auswirkungen auf die Weiterbildungsteilnahme und grundlegenden Kompetenzen Erwachsener hat und es andererseits hinsichtlich des Geschlechts und Alters signifikante Unterschiede gibt. Um diesen ersten Eindruck weiter zu vertiefen, werden umfassendere Analysen zu Effekten von Qualifikations-Mismatching auf das lebenslange Lernen durchgeführt, wobei Effekt-Unterschiede hinsichtlich des Geschlechts und des Alters berücksichtigt werden. ID: 216 / B 14 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Grundschulbildung, Inklusion Stichworte: Rechenschwierigkeiten, Leseschwierigkeiten, Komorbidität Die Komorbidität von Lese- und Rechenschwierigkeiten – Eine Meta-Analyse Julia Raddatz1, Jörg-Tobias Kuhn1, Heinz Holling1, Kristina Moll2, Christian Dobel3 1 Universität Münster, Deutschland; 2Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians Universität München, Deutschland; 3Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Jena, Deutschland Theoretischer Hintergrund Lese- und Mathematikfähigkeiten sind zentrale Prädiktoren für beruflichen Erfolg und geistige Gesundheit (Ritchie & Bates, 2013). Leseschwierigkeiten zeichnen sich durch Defizite bei der Worterkennung und im flüssigen Lesen aus (Lyon, Shaywitz & Shaywitz, 2003), Rechenschwierigkeiten hingegen durch Defizite in basaler Zahlenverarbeitung und Arithmetik (Geary, 1993). Obwohl beide Lernstörungen mit bis zu 47% überzufällig häufig gemeinsam auftreten (Moll, Bruder, Kunze, Neuhoff & Schulte-Körne, 2014), ist die Ursache ihrer Komorbidität noch nicht vollständig geklärt. Die additive Perspektive (Landerl, Fussenegger, Moll & Willburger, 2009) nimmt an, dass sich kognitive Defizite, die sich auch bei isolierten Lernstörungen auf neuronaler und kognitiver Ebene zeigen sollten, aus der Summe der Einzeldefizite ergeben (Rechenschwierigkeiten plus Leseschwierigkeiten; ausbleibende Interaktion des Lese- und Mathematiklevels). Die domänen-generelle Perspektive schlägt geteilte beeinträchtigte neuronale Ressourcen vor. Die verbal-mediierte Perspektive vermutet, dass neuronale Beeinträchtigungen, die verbalen Prozessen zugrunde liegen, eine normale Entwicklung von Leseund Rechenfertigkeiten ausschließen (Ashkenazi, Black, Abrams, Hoeft & Menon, 2013). Beide Perspektiven erwarten ein gemeinsam zugrunde liegendes Defizit (Moll, Göbel & Snowling, 2014): komorbide Kinder sollten im Vergleich zur Summe der Einzeldefizite weniger beeinträchtigt sein (Unter-Additivität; negativer Interaktionseffekt). Bei Über-Additivität wären sie hingegen stärker beeinträchtigt als durch die Summe der Einzeldefizite erwartbar (positiver Interaktionseffekt): diese komorbide Störungsgruppe mit zusätzlichen Risikofaktoren müsste separat von den einzelnen Lernstörungsgruppen betrachtet werden. Die Ergebnisse aktueller Primärstudien deuten auf einen additiven Effekt (d.h. ausbleibende Interaktion) der beiden Lernstörungen hin (Cirino, Fuchs, Elias, Powell & Schumacher, 2013; Moll et al., 2014), weisen jedoch für belastbare Aussagen eine zu geringe statistische Power auf. Fragestellung Führen die kognitiven Beeinträchtigungen von Kindern mit Rechen- und Leseschwierigkeiten in Domänen wie Mathematik, Lesen und exekutiven Funktionen zu additiven Effekten oder interagieren sie (Unter- oder Überadditivität)? Wir vermuten, dass die Profile komorbider Kinder additiv sind (keine Interaktion). Weiterhin vermuten wird, dass den kognitiven Defiziten von komorbiden Kindern keine gemeinsame Ursache zugrunde liegt: Kinder mit Rechenschwierigkeiten sollten im Vergleich zur Kontrollgruppe Schwierigkeiten in Mathematik- jedoch nicht in Leseaufgaben aufweisen. Bei Kindern mit Leseschwierigkeiten sollten die Ergebnisse gegensätzlich ausfallen. Komorbide Kinder sollten in beiden Domänen Schwierigkeiten aufweisen. In den exekutiven Funktionsaufgaben sollten alle Lernstörungsgruppen Schwierigkeiten aufweisen. Methode Es konnten k = 48 Studien (N = 7202) eingeschlossen werden, die sechs- bis zwölfjährige Kinder mit Rechenschwierigkeiten, Leseschwierigkeiten, eine komorbide Gruppe und gesunde Kontrollkinder in Mathematik-, Lese- oder exekutiven Funktionsaufgaben vergleichen. Kinder mit Lernschwierigkeiten mussten mindestens einen PR<35 in einem standardisierten Mathematik- bzw. Lesetest aufweisen. Insgesamt ließen sich 1326 Effektgrößen extrahieren (Mittelwertsunterschiede) und mithilfe robuster Varianzschätzungen wurden Meta-Analysen im Rahmen separater Random-Effects-Modelle berechnet. Da einige Studien mehrere Effektmaße berichten, wurden statistische Abhängigkeiten mittels Robust Variance Estimation (RVE) kontrolliert (Tanner-Smith & Tipton, 2013). Ergebnisse Lineare Hypothesentests ergaben ausschließlich nicht signifikante Interaktionen (Mathematikaufgaben: p = .99; Leseaufgaben: p = .90; Exekutive Funktionsaufgaben: p = .44). Kinder mit Rechenschwierigkeiten wiesen im Vergleich zu der Kontrollgruppe deutliche Schwierigkeiten in allen Mathematikaufgaben auf (g=0.65; p<.001), jedoch kaum in den Leseaufgaben (g=0.17; p<.01). Sie wiesen ebenfalls Schwierigkeiten in exekutiven Funktionsaufgaben auf (g=0.42; p<.001). Kinder mit Leseschwierigkeiten wiesen in allen Leseaufgaben deutliche Schwierigkeiten auf (g=0.59; p<.001), jedoch weniger in den Mathematikaufgaben (g=0.25; p<.001). Sie wiesen ebenfalls Schwierigkeiten in exekutiven Funktionsaufgaben auf (g=0.33; p<.001). Komorbide Kinder wiesen deutliche Schwierigkeiten in allen Domänen auf (g=0.91; p<.001; g=0.75; p<.001; g=0.73; p<.001). Die Ergebnisse stehen im Einklang mit aktuellen Befunden (Moll et al., 2014) und deuten auf additive Beeinträchtigungsprofile bei komorbid auftretenden Rechen- und Leseschwierigkeiten hin. Sie sprechen sowohl gegen die Annahme, dass den kognitiven Profilen komorbid beeinträchtigter Kinder ein gemeinsames Defizit zugrunde liegt (Unter-Additivität), als auch, dass sie über die Summe der beiden Einzeldefizite hinaus beeinträchtigt sind (Über-Additivität). Die Ergebnisse bieten eine nützliche Grundlage, um Diagnose- und Förderinstrumente für unterschiedliche Lernstörungen zu entwickeln. ID: 218 / E 15 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Vorschulische Bildung Stichworte: Soziale Kompetenz - Prosoziales Verhalten - Vorschulische Bildung - Einschätzungen prosozialen Verhaltens Multi-Informanten-Perspektive Prosoziales Verhalten von Kindergartenkindern – Ein Vergleich der Eltern- und Erzieherperspektive Carina Schönmoser1, Monja Schmitt1, Ilona Relikowski2, Christian Lorenz1 1 LIfBi – Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V., Deutschland; 2Otto-Friedrich-Universität Bamberg Unter sozialer Kompetenz versteht Kanning (2009) „die Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person, welche die Qualität des eigenen Sozialverhaltens - im Sinne sozial kompetenten Verhaltens - fördert“. Sozial kompetentes Verhalten meint das „Verhalten einer Person, das in einer spezifischen Situation dazu beiträgt, die eigenen Ziele zu verwirklichen, wobei gleichzeitig die soziale Akzeptanz des Verhaltens gewahrt wird“ (ebd.). Die Fähigkeit zu prosozialem Verhalten als Teil sozialer Kompetenz stellt einen wichtigen Aspekt menschlicher Entwicklung dar und gilt als (Langzeit-)Prädiktor für akademische Leistungsfähigkeit oder beruflichen Erfolg (Reinders 2008). Die Entwicklung prosozialen Verhaltens beginnt bereits im frühen Kindesalter und sollte deswegen auch frühestmöglich erfasst und untersucht werden. Eine objektive Messung prosozialen Verhaltens von Kinder ist dabei nicht möglich, so dass man auf Einschätzungen von mit dem Kind interagierenden Personen angewiesen ist. Mit Daten der ersten Welle der Startkohorte 2 des Nationalen Bildungspanels (NEPS, Blossfeld et al. 2011) nimmt vorliegender Beitrag einen Vergleich der Eltern- und Erzieher_inneneinschätzungen des prosozialen Verhaltens von Kindergartenkindern vor. Das prosoziale Verhalten wird über eine Unterskala des SDQs (Strenghts and Difficulties Questionnaire, Goodman (1997)) operationalisiert und sowohl im telefonischen Elterninterview als auch in Fragebögen für die Erzieher_innen eingesetzt. Mittels mehrebenenanalytischer Verfahren sollen folgende Forschungsfragen beantworten werden: (1) Inwiefern stimmen die Einschätzungen der Erzieher_innen und der Eltern überein? (2) In welchem Ausmaß hängen Kind- und Familienmerkmale (Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, Anzahl der Geschwister sowie Sprachkompetenz des Kindes) mit den Einschätzungen des prosozialen Verhaltens durch Eltern und Erzieher_innen zusammen? Bei der Beantwortung unserer Forschungsfragen sind verschiedene Wirkmechanismen denkbar: • Die berücksichtigten Variablen weisen einen - kontextunabhängigen - Zusammenhang mit der Ausprägung prosozialen Verhaltens auf. Folglich variieren Eltern- als auch Erzieher_inneneinschätzungen in gleicher Weise mit diesen Merkmalen. • Das Sozialverhalten der Kinder variiert je nach Kontext - Kindergarten und Familie - in Abhängigkeit von den verschiedenen berücksichtigten Merkmalen. Folglich variieren Eltern- als auch Erzieher_inneneinschätzungen in verschiedener Weise mit diesen Merkmalen. • Da im Kindergarten deutlich häufiger soziale Situationen mit einer Vielzahl anderer Kinder und Betreuer beobachtbar sind als in den Familien, besitzen Erzieher_innen eine breitere Basis, auf deren Grundlage sie ihre Einschätzungen vornehmen. Die berücksichtigten Merkmale stehen deswegen nicht nur im Zusammenhang mit der Ausprägung sozialen Verhaltens und der darauf basierenden Entscheidung, sondern sie begünstigen oder erschweren die jeweilige subjektive Beurteilung auch direkt. Folglich variieren Eltern- als auch Erzieher_inneneinschätzungen in verschiedener Weise mit diesen Merkmalen. Unsere Ergebnisse zeigen zum einen, dass die Übereinstimmung der Einschätzungen zwischen Eltern und Erzieher_innen nur gering ist und Erzieher_innen zum anderen das prosoziale Verhalten der Kinder als deutlich niedriger ausgeprägt einschätzen als Eltern. Darüber hinaus sind die Einschätzungen der Eltern über die verschiedenen berücksichtigten Merkmale hinweg relativ stabil, während die Einschätzungen der Erzieher_innen stark in Abhängigkeit von den berücksichtigten Kind- und Familienmerkmalen variieren. Die Rolle der einzelnen Wirkmechanismen soll im Beitrag diskutiert werden. ID: 228 / E 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Lese- und Sprachförderung, Sonstiges Stichworte: Außerschulisches Leseverhalten, Lesefreude, Intergenerationale Kontinuität Zur Frage der intergenerationalen Kontinuität lesebezogener Einstellungen und Verhaltensweisen Maximilian Pfost, Irene M. Schiefer, Cordula Artelt Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland Theoretischer Hintergrund Gute schriftsprachliche Kompetenzen sind Voraussetzung für die Partizipation an den ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten der Gesellschaft. Bisherige Forschung konnte darüber hinaus eindringlich zeigen, dass die Entwicklung der Fähigkeit zum verstehenden Lesen stark durch die Ausführung der Tätigkeit des Lesens selbst beeinflusst wird (Mol & Bus, 2011; Pfost, Dörfler & Artelt, 2013), weshalb auch der Kenntnis von Variablen zur Erklärung interindividueller Unterschiede im Leseverhalten besondere Bedeutung zukommt. Mögliche, bislang wenig erforschte Einflussfaktoren zur Erklärung interindividueller Unterschiede im Leseverhalten von Schülerinnen und Schüler, sind dabei die lesebezogenen Einstellungen und Verhaltensweisen der Eltern. Erste Befunde deuten an, dass, ähnlich wie im Hinblick auf die Entwicklung schulfachbezogener Einstellungen und Werthaltungen (Gniewosz & Noack, 2012; Noack, 2004), intergenerationale Transmissionsprozesse für die Entwicklung des Leseverhaltens und der Lesefreude eine gewisse Rolle spielen (Hertel, Jude & Naumann, 2010; Mullan, 2010). Die Ergebnisse wurden bis dato allerdings nur unzureichend repliziert. Ferner fehlen längsschnittliche Befunde. Fragestellung Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern interindividuelle Unterschiede in den lesebezogenen Einstellungen und Verhaltensweisen von Schülerinnen und Schülern durch entsprechende Einstellungen und Verhaltensweisen der Eltern vorhergesagt werden können. Da die vorliegende Datenlage eine Differenzierung von zwei Facetten lesebezogener Einstellungen (Nützlichkeit vs. Freude) erlaubt, soll darüber hinaus geprüft werden, inwiefern Prozesse der Eltern-KindTransmission für die entsprechenden Facetten lesebezogener Einstellungen spezifisch zu beobachten sind. Methode Analysiert werden die Daten von 380 Schülerinnen und Schülern der 7. bzw. 9. Jahrgangsstufe und deren Müttern aus der Bamberger Längsschnittstudie BiKS („Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Selektionsentscheidungen im Vorschulund Schulalter“). Eine Überprüfung der intendierten Zusammenhangsstruktur erfolgt mittels Pfadanalysen. Ergebnisse Eine Betrachtung von Korrelationen lesebezogener Einstellungen zeigt einen positiven Zusammenhang für die Lesefreude der Mütter mit der Lesefreude der Kinder (r = .20, p < .01) sowie einen positiven Zusammenhang für die Nützlichkeitsbewertung von Lesen der Mütter mit der Nützlichkeitsbewertung von Lesen der Kinder (r = .14, p < .05). Im Hinblick auf das Buchleseverhalten konnte ein kleiner Zusammenhang zwischen Müttern und ihren Kindern gefunden werden (r = .12, p < .05). Für das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften zeigte sich ebenso ein positiver Zusammenhang zwischen Müttern und ihren Kindern (r = .18, p < .01). Im analysierten Pfadmodel zur Vorhersage interindividueller Unterschiede in den lesebezogenen Einstellungen und dem Leseverhalten gemessen in Jahrgangsstufe 9 und unter Kontrolle der lesebezogenen Einstellungen und Verhaltensweisen gemessen in Jahrgangsstufe 7 bestätigen sich diese Ergebnisse teilweise. Ein signifikanter Effekt zeigt sich weiterhin für die mütterliche Nützlichkeitsbewertung von Lesen auf die kindliche Nützlichkeitsbewertung von Lesen. Ebenso kann weiterhin ein Effekt des mütterlichen Lesens von Zeitungen auf das kindliche Zeitungs- und Zeitschriftenleseverhalten gezeigt werden. Diskussion Die Ergebnisse deuten an, dass auf Ebene der Leseeinstellungen von einer gewissen intergenerationalen Kontinuität auszugehen ist. Mütter und Kinder sind sich in ihren lesebezogenen Einstellungen ähnlicher als wir dies zufällig erwarten würden. Die Signifikanz der gefundenen Effekte soll dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese nur von geringer Größe sind. Auch im Hinblick auf das Leseverhalten konnte für das Lesen von Büchern sowie noch deutlicher für das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften ein Hinweis auf intergenerationale Kontinuität gefunden werden. Die längsschnittlichen Befunde deuten ferner an, dass auch im mittleren Jugendalter Eltern das außerschulische Leseverhalten und die lesebezogenen Einstellungen ihrer Kinder noch beeinflussen. Der in der längsschnittlichen Betrachtung ausbleibende Effekt mütterlicher Buchleseaktivitäten wirft allerdings, beispielsweise auch im Hinblick auf die Rolle elterlicher Verhaltensweise im Sinne des Modelllernens, auch Fragen auf, die in weiterer Forschung noch zu klären sind. ID: 229 / C 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Lehrerausbildung, Praxissemester, Reflexion von Unterricht, Schülerrückmeldungen zum Unterricht Schülerrückmeldungen zum Unterricht und ihr Beitrag zur Unterrichtsreflexion im Praxissemester Kerstin Göbel, Katharina Neuber Universität Duisburg-Essen, Deutschland Die Bereitschaft und Fähigkeit zur Reflexion des eigenen Handelns gilt als zentrales Merkmal professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften und soll entsprechend der bundesweiten Vorgaben für die Lehrerbildung bereits im Rahmen der Lehrerausbildung gefördert werden (KMK, 2004). Neben den Rückmeldungen von Mentor/innen können Lehramtsstudierende auch die Rückmeldungen von Schüler/innen sowie von Kommiliton/innen zur Reflexion ihres Handelns nutzen (Hascher, Baillod & Wehr, 2004). Die Schülerschaft hat sich in der Unterrichtsforschung über verschiedene Fächer hinweg als valide Informationsquelle für die Qualität von Unterricht erwiesen (Clausen, 2002; Göbel & Hesse, 2008). Der Einbezug von Schülerrückmeldungen zum Unterricht ist deshalb so bedeutsam, da die Schüler/innen die subjektive Wirkung von Unterricht und Lehrerhandeln auf ihr Lernen gut beurteilen können (Clausen, 2002). Schülerrückmeldungen repräsentieren ihre spezifische Perspektive auf den Unterricht und können somit als Ausgangspunkt für die eigene Unterrichtsreflexion gelten (Kämpfe, 2009). Aktuelle Studien berichten, dass sowohl für die wirksame Nutzung von Schülerrückmeldungen als auch für die Entwicklung von Reflexionsstrategien die motivationalen Voraussetzungen von Lehrpersonen bedeutsam sind (Ditton & Arnoldt, 2004; Wyss, 2013). Darüber hinaus haben sich der Rückgriff auf schriftliche Dokumente, wie z.B. Lerntagebücher, sowie kollegiale Reflexionsstrukturen, wie z.B. Gruppendiskussionen, als besonders ertragreich erwiesen (Schäfer et al., 2012; Säde-Pirkko, 2005). Das Einholen von Rückmeldungen zum eigenen Handeln ist für die professionelle Kompetenzentwicklung angehender Lehrpersonen von hoher Bedeutung. Welchen Beitrag Schülerrückmeldungen zum Unterricht in Praxisphasen angehender Lehrpersonen leisten können, wurde bislang jedoch wenig untersucht (Lawson, 2015). Der vorliegende Beitrag ist im Rahmen der vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW geförderten Studie „Schülerrückmeldungen zum Unterricht und ihr Beitrag zur Unterrichtsreflexion im Praxissemester (ScRiPS)“ entstanden, die den potenziellen Beitrag von Schülereinschätzungen zum Unterricht für die Unterstützung der Unterrichtsreflexion bei Lehramtsstudierenden im Praxissemester und erfahrenen Lehrpersonen in den Blick nimmt. Der vorliegende Beitrag stellt erste empirische Befunde auf der Grundlage von Studierendenbefragungen im Praxissemester der Universität Duisburg-Essen dar. Im Sinne eines quasi-experimentellen Vorgehens wurden zwei Untersuchungsgruppen gebildet: Eine Experimentalgruppe (n = 19), die im Rahmen des Praxissemesters Schülerrückmeldungen zu ihrem Unterricht nutzt, und eine Kontrollgruppe (n = 25), die keine Reflexionsunterstützung in Form von Schülerrückmeldungen erhält. Beide Untersuchungsgruppen wurden jeweils zu zwei Messzeitpunkten mit standardisierten Fragebögen zur Selbsteinschätzung ihrer Reflexionsbereitschaft sowie zu ihren motivationalen Einstellungen und persönlichen Merkmalen (Geschlecht, Alter, Studienfach und Schulform) befragt. Die Reflexionsbereitschaft wurde mit den Dimensionen Wertschätzung von Schülerfeedback, Ablehnung individueller Reflexionsstrukturen, Wertschätzung kollegialer Reflexionsstrukturen, Wertschätzung systematischer Reflexionsstrukturen und Bedeutung der Unterrichtsreflexion im Lehrberuf operationalisiert. Die motivationalen Voraussetzungen wurden mit Hilfe von Motivationsskalen (Studienmotivation, Selbstwirksamkeit, Kognitionsbedürfnis), der Wertschätzung individueller und kollegialer Lernformen sowie Einstellungen zum späteren Lehrberuf (Verlusterleben, Bedrohungserleben, Herausforderungserleben) erfasst. Die Items der genannten Skalen sollten von den Studierenden jeweils anhand einer vierstufigen Likertskala eingeschätzt werden. Alle Skalen weisen zufriedenstellende Reliabilitäten auf, sodass sie in die weiteren explorativen Analysen einbezogen werden konnten. Um mögliche Zusammenhänge zwischen den persönlichen Merkmalen und Einstellungen der Probanden und ihrer Reflexionsbereitschaft zu prüfen, wurden die erhobenen Daten regressionsanalytisch ausgewertet. Hierbei wurden die Dimensionen der Reflexionsbereitschaft als abhängige Variablen bestimmt. Als unabhängige Variablen wurden die persönlichen Merkmale und die motivationalen Voraussetzungen der Studierenden sowie die Variation der Gruppenzuordnung (Experimentalgruppe oder Kontrollgruppe) in die Analyse eingeführt. Zudem wurden die Ergebnisse beider Untersuchungsgruppen mithilfe von t-Tests verglichen. Erste Analyseergebnisse weisen auf Unterschiede zwischen der Experimental- und der Kontrollgruppe hinsichtlich der Veränderung ihrer Reflexionsbereitschaft hin. Im Rahmen der Regressionsanalyse erwiesen sich darüber hinaus die Studienmotivation, die Wertschätzung kollegialer Lernformen sowie das Herausforderungserleben im Beruf als bedeutsame Prädiktoren für die Reflexionsbereitschaft. Diese Ergebnisse - unter Vorbehalt des geringen Stichprobenumfangs - stehen im Einklang mit der bisherigen Befundlage und verweisen auf die Relevanz motivationaler Voraussetzungen für die Entwicklung von Reflexionsstrategien sowie auf das Potenzial von Schülerrückmeldungen für die Unterrichtsreflexion angehender Lehrpersonen. ID: 239 / C 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Multiple Repräsentationen, Multimediaeffekt Der Multimediaeffekt für multiple symbolische Repräsentationen in der Mathematik Natalie Ott1, Sarah Malone1, Markus Vogel2, Roland Brünken1 1 Universität des Saarlandes, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutschland Auf der Grundlage instruktionspsychologischer Theorien zum Multimedia-Lernen wurden eine Reihe von lernförderlichen Prinzipien zur Informationspräsentation formuliert (Mayer, 2009). Ein Beispiel dafür ist das Multimediaprinzip, das besagt, dass Lernende davon profitieren, wenn man ihnen Informationen in mehr als einer Repräsentation darbietet. Die Wirksamkeit dieses Prinzips ist sehr gut für den kombinierten Einsatz symbolischer (z.B. Text) und analoger Repräsentationen (z.B. Bild) empirisch belegt und wird in der Regel mit der Theorie der Dualen Kodierung erklärt. In der Mathematik werden Repräsentationen jedoch häufig in multipler symbolischer Kodierungsform eingesetzt (z.B. Text und Formel, Schnotz, 2014). Hierzu fehlen empirische Studien noch weitestgehend. Ebenso wird in den aktuellen Modellen zur Informationsverarbeitung (z.B. Schnotz & Bannert, 1999; Schnotz 2014) nicht zwischen verschiedenen Arten symbolischer Repräsentation unterschieden. Daher geben sie keinen Hinweis darauf, wie sich die kombinierte Präsentation multipler symbolischer Repräsentationen auf den Lernerfolg auswirkt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, inwieweit der Multimedia-Effekt für multiple symbolische Repräsentationen repliziert werden kann. Zwei mögliche Annahmen zur Wirkungsweise multipler Repräsentationen wurden einander gegenübergestellt: 1. Quantitätshypothese: Die Kombination zweier unterschiedlicher Repräsentationen führt immer zu höheren Leistungen als eine Repräsentation alleine, unabhängig von der Repräsentationsform (symbolisch vs. analog). 2. Diversitätshypothese: Die Kombination einer symbolischen mit einer analogen Repräsentation führt zu höheren Leistungen als die Kombination zweier symbolischer Repräsentationen oder als eine Repräsentation alleine. Als Untersuchungsdesign wurde ein Fünf-Gruppen-Versuchsplan gewählt. Alle Teilnehmer bearbeiteten einen Testbogen mit 19 Aufgaben aus der Mengenlehre. Der ersten Gruppe (G1) wurden die Problemstellungen nur als Formeln präsentiert. Gruppe 2 (G2) arbeitet ausschließlich mit den inhaltlich entsprechenden Texten. Gruppe 3 (G3) standen beide symbolischen Repräsentationen (Text und Formel) zur Verfügung. In Gruppe 4 (G4) wurde jede Aufgabe als Formel zusammen mit einer korrespondierenden graphischen Darstellung präsentiert. Die Teilnehmer in Gruppe 5 (G5) arbeiteten mit Text und Graphik. Demnach lag in G1 und G2 jeweils nur eine einzelne Repräsentationsform vor, G4 und G5 arbeiteten mit zwei Repräsentationsformen unterschiedlicher Kodalität, während in G3 zwei Repräsentationsformen gleicher Kodalität dargeboten wurden. Während sich die fünf Testversionen bei der Darstellung der mathematischen Probleme unterschieden, waren die Antwortteile (im Multiple-Choice-Format) für alle Gruppen identisch. Die 87 studentischen Teilnehmer (Alter: M = 23.30 Jahre, SD = 4.774; 80.5 % weiblich) wurden per Zufall den fünf Gruppen zugeordnet. Die Datenanalyse erfolgte mithilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse mit dem fünffach gestuften Faktor Repräsentationsform. Als abhängige Variable Testleistung wurde die Summe der richtig gelösten Aufgaben gebildet. Ein signifikanter Haupteffekt des Faktors Repräsentationsform konnte festgestellt werden (F(4,82) = 8.43, p < .001). Der Duncan Posthoc-Test zeigte, dass sich die fünf Experimentalgruppen zu zwei homogenen Subgruppen zusammenfassen lassen. Die beiden Gruppen mit nur einer Repräsentation (G1 und G2) bilden zusammen mit G4 (Formel + Graphik) eine Subgruppe A, während G3 (Formel + Text) und G5 (Text + Graphik) eine zweite Subgruppe B darstellen. Deutlich höhere Testleistungen wurden in der Subgruppe B erbracht. Die Effektstärken der Einzelvergleiche für alle Kombinationen zwischen den beiden Subgruppen sind hoch (dCohen>.86), während Einzelvergleiche innerhalb der Subgruppen nicht signifikant sind. Die Ergebnisse stützen die Quantitätshypothese: der Multimediaeffekt konnte sowohl für den Einsatz zweier Repräsentationen unterschiedlicher als auch gleicher Kodalität bestätigt werden. Allerdings zeigte sich kein förderlicher Effekt des gemeinsamen Einsatzes von Formel und Graphik gegenüber der Verwendung einer einzigen Repräsentation. Die Studie bestätigt die Annahme, dass multiple Repräsentationen nicht unbedingt von unterschiedlicher Kodalität sein müssen um wirksam zu sein. Viel eher scheint die Qualität der einzelnen Repräsentationen, die kombiniert werden, eine Rolle zu spielen. In der vorliegenden Studie war die Text-Repräsentation den anderen überlegen: ohne diese Repräsentation zeigte sich kein Vorteil multipler Repräsentation. ID: 241 / E 15 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Studienverlauf, Studienabbruch, Bildungsdisparitäten, Migrationshintergrund, Ereignisdatenanalyse Migrationsspezifische Ungleichheiten beim Studienabbruch und der Effekt einer strukturierten Studieneingangsphase Alexander Balko, Matthias Böttcher, Meike Scharfenort, Marc Wietzke Institut für Innovationsforschung und -management, Deutschland Ethnische Disparitäten hinsichtlich des Bildungserfolgs werden im tertiären Bildungsbereich mit Hilfe von primären und sekundären Effekten erklärt (Schindler und Reimer 2010). Während bei primären Effekten Ungleichheit durch institutionelle Faktoren erzeugt wird, wirken sekundäre Effekte bei persönlichen Bildungsentscheidungen auf individueller Ebene (Boudon 1973). Bisher ist zu migrationsspezifischen Unterschieden beim Studienabbruch bzw. -verbleib in Deutschland wenig bekannt. Die Ergebnisse der amtlichen Statistik deuten darauf hin, dass ausländische Studierende häufiger das Studium abbrechen als deutsche Studierende (Heublein et al. 2012). Konkrete Studien hierzu sind für das deutsche Hochschulsystem bisher nicht zu finden (Kristen 2014). Für die Niederlande hingegen zeigt sich, dass niederländische Studierende gegenüber ihren KommilitonInnen mit Migrationshintergrund schneller und häufiger ihr Studium abschließen (Zorlu 2011). Hieraus ergibt sich die Frage, ob ähnliche migrationsbedingte Effekte auch für deutsche Hochschulen zu beobachten sind oder andere Faktoren, wie Art der Hochschulzugangsberechtigung, einen größeren Einfluss auf den Studienverbleib ausüben. In diesem Beitrag wird anhand des Beispiels einer Hochschule in Nordrhein-Westfalen untersucht, wie sich die Studienverläufe von Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden und welche Möglichkeiten bestehen, den Studienerfolg zu verbessern. Um Studienabbrüche aufgrund unterschiedlicher Bildungsausstattung zu reduzieren, hat die Westfälische Hochschule (WH) mit dem Projekt „ProStudi“ eine strukturierte Studieneingangsphase implementiert, die der Heterogenität der Studierenden im nördlichen Ruhrgebiet Rechnung trägt. So hatten im Wintersemester 2013/14 ca. 38% der StudienanfängerInnen der WH einen Migrationshintergrund, während der Bundesdurchschnitt 2012 bei 23% lag (Middendorff et al. 2012). Eingeleitet wird die strukturierte Studieneingangsphase von der Einstiegsakademie. Diese ist eine zweiwöchige Blockveranstaltung zu Semesterbeginn, die den StudienanfängerInnen, über das Maß eines Propädeutikums hinaus, wissenschaftliche Arbeitstechniken und Mathematikkenntnisse vermittelt. Ziel der Einstiegsakademie ist es, verstärkt Studierende mit Migrationshintergrund anzusprechen, um den durch institutionelle Faktoren ausgelösten Studienabbruch zu reduzieren. Seit dem WS 2013/14 wird im Zuge der Einschreibung an der WH abgefragt, ob ein Elternteil der Studierenden im Ausland geboren ist. Da fast alle StudienanfängerInnen an der Befragung teilgenommen haben und die Ergebnisse im Hochschulsystem hinterlegt wurden, liegt der Migrationsstatus für die gesamte Eingangskohorte der Bachelorstudierenden für das WS 2013/14 als Vollerhebung vor. Als Datengrundlage für die Analyse wurden den Studierendenstammdaten die Daten zur Teilnahme an der Einstiegsakademie (N=309) sowie semesterweise der Immatrikulationsstatus zugespielt. Somit liegen für die Eingangskohorte 2013/14 bis einschließlich zum dritten Fachsemester Informationen über den Studienverbleib von Studierenden mit (N=786) und ohne Migrationshintergrund (N=1260) sowie über deren Teilnahme an der Einstiegsakademie als Vollerhebung vor. Mit diesem Datensatz wurde überprüft, ob eine strukturierte Studieneingangsphase in Form der Einstiegsakademie institutionellen Dropout reduzieren kann und welche Rolle der Migrationshintergrund beim Studienverbleib bzw. -abbruch spielt. Um den Studienverbleib für drei Fachsemester darzustellen, wurde ein „proportionales Hazardmodell“ mit dem Ereignis Studienabbruch modelliert (Broström 2012). Als Kovariablen wurden hierbei der Migrationshintergrund und die Teilnahme an der Einstiegsakademie sowie weitere Kovariablen in das Modell integriert, um sowohl den Effekt einer strukturierten Eingangsphase als auch den Einfluss des Migrationshintergrunds auf den Studienabbruch zu messen. Um den tatsächlichen Effekt des Migrationshintergrunds auf den Studienabbruch zu erhalten, wurden Studierende, die den Studiengang oder die Hochschule gewechselt haben und BildungsausländerInnen aus der Betrachtung ausgeschlossen. Darüber hinaus wurde das Modell nach dem Studiengang der Studierenden stratifiziert, da die Abbruchquoten in den jeweiligen Studiengängen sehr unterschiedlich sind. Gerade während der ersten drei Fachsemester haben Studierende mit Migrationshintergrund ein 12% geringeres Risiko hinsichtlich eines Studienabbruchs als Ihre KommilitonInnen ohne Migrationshintergrund. Ähnliche Forschungsergebnisse finden sich bei Vignoles und Powdthavee (2009). Des Weiteren zeigt sich, dass eine strukturierte Studieneingangsphase die Wahrscheinlichkeit das Studium abzubrechen, signifikant verringert. Die Einstiegsakademie scheint somit die Chancen auf einen Verbleib im Studium von Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund zu erhöhen. Eine kombinierte Betrachtung der Einstiegsakademie und des Migrationshintergrunds zeigt jedoch keine nennenswerten Unterschiede im Vergleich zur Referenzgruppe. ID: 243 / F 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Forschung zu Evaluation, Quasiexperimentell, Evaluation, Methoden Effektive Evaluation - eine Quasi-Experimentelle Studie zum Nutzen und zur Nutzung von Evaluationen durch Fortbildner_innen Jochen Weißenrieder Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Die Evaluation von Fortbildungen geht häufig mit einem hohen Aufwand für Lehrende und Teilnehmende einher, jedoch selten mit hohem Nutzen in Form von Weiterentwicklung der Fortbildung. Bisher weitestgehend getrennte Forschungslinien befassen sich mit dem Nutzen aus Programm-, Hochschul- oder Schulevaluationen, diese werden im Beitrag zusammengeführt und ein Wirkungsmodell für Fortbildungen abgeleitet. Vielen der bestehenden Ansätze und Theorien heben die Bedeutung der Einbindung aller Beteiligten hervor (z.B. Henry und Mark, 2003). Empirische Befunde belegen diese Annahme und verweisen zudem auf eine notwendige Unterstützung der Evaluierten, damit Rezeption und Reflexion gelingen kann und Veränderungen resultieren (z.B. Marsh & Roche, 1997; Groß Ophoff, Koch, Helmke & Hosenfeld, 2006). Auf die Evaluation von Fortbildungen wurden diese Erkenntnisse bislang nur selten angewandt oder empirisch untersucht. Dieses Desiderat greift die quasiexperimentelle Studie mit folgender Forschungsfrage auf: Führt Einbindung der Fortbildnerinnen in die Evaluationsgestaltung und eine eng geführte schriftliche Reflexion zu besseren Ergebnissen, positiveren Einstellungen und Bewertungen sowie weitreichenderen Veränderungsabsichten? 20 Lehrende von Berliner Lehrerfortbildungen werden in einem 2*2 Design in Kontroll- und Interventionsgruppen eingeteilt. Dabei werden zwei Interventionen untersucht: Erstens die Einbindung in die Gestaltung der Evaluation und zweitens die schriftliche Anleitung im Reflexionsprozess. Die Einbindung der Lehrenden erfolgt über eine Mitsprache beim Fragebogendesign. Die Lehrenden wählen Befragungsschwerpunkte aus und formulieren fortbildungsspezifische Ziele und Fragen. Die schriftliche Anleitung im Reflexionsprozess erfolgt in Anlehnung an die FiWe Methode von Beywl et al. und den Evaluation to Change Ansatz von Adams et al. (2014). Im Beitrag werden zu drei zentralen Hypothesen der Studie erste Ergebnisse vorgestellt. Erstens: Die Einbindung führt zu besseren Evaluationsergebnissen der Fortbildung, da sich die Lehrenden im Rahmen der Einbindung ihre Lehr-Lern-Ziele bewusst machen (Sensibilisierungshypothese, Rindermann 2001; bzw. Prozess-Nutzen, Patton, 1998). Zweitens: Beide Interventionsgruppen bewerten aufgrund der Einflussmöglichkeiten (Einbindung und Deutungshoheit) die spezifische Evaluation besser als die jeweiligen Kontrollgruppen (konzeptioneller Nutzen, Weiss und Buccavalas, 1980). Drittens: Die Interventionen führen zu mehr und intensiveren Veränderungsabsichten (Beratungsansatz, z.B. Marsh und Roche, 1997; bzw. Instrumenteller Nutzen, Weiss und Buccavalas, 1980; Kontrollmöglichkeitshypothese, Balk 2000). Es wurden standardisierte, schriftliche Befragungen der Fortbildnerinnen und Fortbildner (N=20) vor und nach den Fortbildungen sowie standardisierte Veranstaltungsevaluationen (N=354 Fortbildungsteilnehmende) direkt nach den Fortbildungen durchgeführt. Die Skalen und Items sind aus der Literatur übernommen und wurden z.T. auf die Spezifika der Studie angepasst. Die Pilotierung der Fragebögen fand im Mai 2014 statt und alle Skalen wurden auf Reliabilität geprüft. Als erste analytische Annäherung an die Daten erfolgt aufgrund der geringen Stichprobengröße (N=20 Fortbildungen) durch Rangkorrelationen. Die beiden Interventionen wurden dabei bisher getrennt untersucht, da für eine Unterscheidung nach vier Gruppen (Beide Interventionen, jeweils eine Intervention, keine Intervention) die realisierte Stichprobe zu klein ist. H1: Erste Auswertungen zeigen wenig und wenn dann moderate Zusammenhänge zwischen den Interventionen einerseits und Evaluationsergebnissen andererseits (z.B. Kompetenzentwicklung, d=0,28, n.s.). H2: Sowohl Einbindung als auch die erweiterte Reflexion werden positiv als Einflussmöglichkeiten wahrgenommen (Einbindung d=1,03; Reflexion d=0,74; beide p<0,1). Gleichzeitig wird der (damit einhergehende, größere) Aufwand kritisiert (Einbindung d=0,59, n.s.; Reflexion d=-0,72, p<0,1). H3: Für die Intervention Einbindung besteht ein starker Zusammenhang mit den Veränderungsabsichten, z.B. mehr Kompetenzorientierung (d=0,42; p=0,08) oder mehr Reflexionsförderung d=0,5; p=0,05). Die erweiterte Reflexion führt hingegen nicht zu mehr oder intensiveren Veränderungsabsichten. Anhand vertiefter Analysen wird der Beitrag Erklärungen für die z.T. schwachen Effekte anbieten, die resultierenden Hinweise für die Gestaltung von effektiver Evaluation aufgreifen und hinsichtlich ihrer Praktikabilität diskutieren. ID: 246 / B 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Schülerlabor, Forschendes Lernen, Rollenzuteilung, Schüleraktivitätstypen, Kleingruppen Rollenzuteilungen in Kleingruppen beim forschenden Lernen im Schülerlabor: Wirkung auf Schüleraktivitätstypen, kooperative Lernprozesse und intrinsische Motivation Andrea Möller, Daria Chernyak, Katrin Kaufmann Universität Trier, Biologie und ihre Didaktik, Behringstr. 21, 54296 Trier, Deutschland Theoretischer Hintergrund und Fragestellung Schülerlabore stellen Zentren der Vermittlung von Kompetenzen der naturwissenschaftlichen Bildung dar (Haupt et al., 2013). Diese Vermittlung findet oft in Form von forschendem Lernen in Kleingruppen statt und kann kooperativ erfolgen. Mögliche Probleme des kooperativen Lernprozesses liegen in der Herausbildung gruppendynamischer Effekte, z.B. dem Freerider-Effekt (Kerr & Bruun, 1983). Beim Forschenden Lernen in Kleingruppen im Kontext Schülerlabor identifizierten Scharfenberg et al. (2008) die Ausbildung von vier Schüleraktivitätstypen, darunter auch unerwünschte Aktivitätstypen wie den Passive Student. Johnson et al. (1991) zeigen fünf Basiselemente auf, die kooperatives Lernen in Kleingruppen definieren und sehen in der externen Zuteilung von Rollen eine Möglichkeit, zwei dieser Basiselemente zu fördern und negative Gruppeneffekte zu vermeiden. Chang & Lederman (1994) verzeichneten im Kontext Science-Unterricht keinen Einfluss einer externen Rollenzuteilung auf den Lernzuwachs in Physik. Ob eine Rollenzuteilung in diesem Kontext einen Einfluss auf Ausbildung, Ausprägung und Verteilung bestimmter Schüleraktivitätstypen hat und ob diese die Einschätzung des kooperativen Lernprozesses oder die Motivation verändert, wurde bislang nicht untersucht. Daher lauten unsere Forschungsfragen: 1a) Welche Schüleraktivitätstypen in einer forschend-lernenden Kleingruppenarbeit lassen sich identifizieren und hat b) eine externe Rollenzuteilung einen Einfluss auf die Ausprägung oder Verteilung derselben? Welchen Einfluss hat die Rollenzuteilung 2) auf die Einschätzung des kooperativen Lernprozesses sowie 3) auf die intrinsische Motivation der SchülerInnen? Methode In einer Pilotierung nahmen 48 GymnasialschülerInnen der Jahrgangsstufe 7/8 an einem forschend-lernenden Modul mit Stabschrecken (Carausius morosus) im Schülerlabor „BioGeoLab“ teil. In der Hauptstudie besuchten 200 SchülerInnen der Jahrgangsstufe 5/6 (Gymnasium und Realschule plus) dieses Lernmodul. Die SchülerInnen der Kontrollgruppe arbeiteten ohne externe Rollenzuweisung, während in der Experimentalgruppe jedem/r SchülerIn einer Kleingruppe eine Rolle zugewiesen wurde (Tierpfleger, Materialbeauftragter, Zeitmanager und Pressesprecher). Die SchülerInnen der Experimentalgruppe nahmen durch Rotation jede Rolle einmal ein. Mit Hilfe eines Beobachterbogens (nach Chang & Lederman, 1994) wurde das Schülerverhalten im forschenden Lernprozess über Beobachter protokolliert (Interrater Kendall W=.76) und mit SPSS clusteranalytisch ausgewertet. Die Einschätzung der SchülerInnen hinsichtlich des kooperativen Lernprozesses (5 Subskalen, je 3 Items, nach Sennebogen, 2013) sowie die intrinsische Motivation der SchülerInnen (4 Subskalen, je 5 Items, Wilde et al. 2009) erfolgte mit Hilfe von Fragebögen und wurde Rasch-skaliert (Cronbach´s alpha = .89 und .76). Ergebnisse und Diskussion Während die Jahrgangsstufe 7/8 (Pilotstudie) alle vier beschriebenen Schüleraktivitätstypen (High-Experimenter, Allrounder, Observer und Passive Student) beim forschenden Lernen in der Experimentalgruppe mit Rollenzuteilung aufzeigt, finden sich in der Kontrollgruppe nur zwei Schüleraktivitätstypen (High-Experimenter und Allrounder). In der Jahrgangsstufe 5/6 identifizierten wir sowohl mit als auch ohne Rollenzuteilung nur zwei Schüleraktivitätstypen (High-Experimenter und Allrounder) in gleicher Ausprägung und Verteilung. Den kooperativen Lernprozesses schätzten die SchülerInnen der Jahrgangsstufe 7/8 in der Kontrollgruppe als signifikant höher ein als in der Experimentalgruppe (p<.05, t-Test). In der Jahrgangsstufe 5/6 zeigte sich kein Unterschied in der Einschätzung des kooperativen Lernprozesses mit bzw. ohne Rollenzuteilung. Die Motivation der SchülerInnen der Jahrgangsstufe 7/8 war in der Experimentalgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe ohne zugewiesene Rollen (p<.05, Mann-Whitney U), demgegenüber wies auch hier der Vergleich zwischen Kontroll- und Experimentalgruppe in der Jahrgangsstufe 5/6 keinen Unterschied auf. Die Studie zeigt widersprüchliche Ergebnisse zur Auswirkung der Rollenzuteilung in der Jahrgangsstufe 7/8 und 5/6: In der Jahrgangsstufe 7/8 lässt sie eher negativ konnotierte Schüleraktivitätstypen zu und führt zu einer geringeren Einschätzung des kooperativen Lernprozesses. Jedoch sind die SchülerInnen motivierter. In der Jahrgangsstufe 5/6 scheint eine Rollenzuteilung nicht nötig; sie hat keinen Einfluss auf Schüleraktivitätstypen, die Selbsteinschätzung des kooperativen Lernprozesses oder die intrinsische Motivation der SchülerInnen. Mögliche Implikationen dieser Studie, deren Stichprobe derzeit erweitert wird, für die Arbeit im Schülerlabor oder in der Schulpraxis werden auf der Tagung vorgestellt und diskutiert. ID: 248 / H 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Grundschulbildung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Training, Lebenskunst, Wohlbefinden Steigerung der Lebenskunst im Schulkontext Jessica Lang, Bernhard Schmitz TU Darmstadt, Deutschland Das Konzept der Lebenskunst beschreibt einen achtsamen und selbstbestimmten Umgang mit dem Selbst und dem Leben (Schmid, 2007). Bereits in der Schule zeigt sich einerseits ein erhöhter Druck, gute Lernergebnisse zu erzielen, und zugleich auch ein Zusammenhang zwischen positiven Emotionen und dem Lernen (Seligman et al., 2009). Die Lebenskunst basiert auf Einstellungen und Strategien, weshalb sie gelernt werden kann. Durch gezielte Übungen werden positive Emotionen und Erlebnisse fokussiert, was wiederum zu höherer Zufriedenheit und mehr Wohlbefinden führt (Seligman, 2002). Positive Emotionen, welche durch ein Lebenskunst-Training hervorgerufen werden können, korrelieren wiederum positiv mit Denk- und Aufmerksamkeitsleistungen (z.B. Abe, 2011). Pekrun et al. (2002) konnten zeigen, dass positive Emotionen mit Elaborationsstrategien, Selbstregulation und motivationalen Variablen, wie Interesse und Anstrengung, zusammenhängen. Ziel dieses Beitrags ist die Entwicklung eines Trainings zur Förderung der Lebenskunst im Schulkontext. In einer ersten Studie wurde zunächst ein Training für Oberstufenschüler entwickelt, durchgeführt sowie evaluiert, und in einer zweiten Studie für Schüler der Grundschule adaptiert. In Studie 1, einer längsschnittlich angelegten quasi-experimentellen Interventionsstudie mit Kontrollgruppe, nahmen N=58 Schüler der Oberstufe teil. Die Schüler waren zwischen 16 und 19 Jahren alt (M=17.69, SD=.951), 64 % waren weiblich. Sie wurden randomisiert zwei Experimental- und der Kontrollgruppe zugewiesen: Kombinations-Training (n=21), Kognitives Training (n=15) und Kontrollgruppe (n=22). Die Trainings umfassten zwei Zeitpunkte zu je 90 Minuten im Abstand von genau einer Woche. Alle Schüler nahmen am Prä- und Posttest zur Erfassung der Lebenskunst sowie des Wohlbefindens teil. Hierbei wurde der Lebenskunstfragebogen von Schmitz und Schmidt (2014) genutzt. Dieser umfasst 137 Items, die 17 Skalen der Lebenskunst zugeordnet werden. Für jede Trainingsgruppe wurde eine Auswahl an Skalen der Lebenskunst getroffen, die mittels ausgewählter Übungen trainiert wurden. Das Kombinationstraining umfasst sowohl körperfokussierte als auch kognitive Komponenten der Lebenskunst (Coping, Selbstkenntnis, Genuss und Körperliche Fürsorge). Das Kognitive Training beinhaltet die Komponenten Coping, Selbstkenntnis und Positive Lebenseinstellung. Zur Beantwortung der Forschungsfrage, ob das Training eine Förderung der Lebenskunst bewirken kann, wurden zweifaktorielle ANOVAs mit Messwiederholung berechnet. Bei Betrachtung der interessierenden Interaktionen, zeigten sich statisch signifikante Interaktionen Gruppe x Messzeitpunkte für den Gesamtscore der Lebenskunst (F(2, 55) = 3.89 p =.026, η2=.124), für Coping (F(2, 55) = 4.976 p =.010, η2=.153), Positive Lebenseinstellung F(2, 55) = 10.136 p <.001, η2=.269) und Genuss (F(2, 55) = 5.121, p =.009, η2=.157). Kontrastanalysen zeigten, dass die Unterschiede sich jeweils im Vergleich zwischen der Kontrollgruppe und den Experimentalgruppen bemerkbar machen. Für Studie 2 wurde das zuvor entwickelte Training für Schüler der Grundschule adaptiert (N=88). Die Schüler waren zwischen 8 und 11 Jahren alt (M=9, SD=.66), 45 % waren weiblich. Sie wurden einer Experimental- und der Kontrollgruppe zugewiesen. Für das Training wurden die Skalen Positive Lebenseinstellung, Genuss und Gelassenheit ausgewählt. Eine MANOVA mit Messwiederholung ergab einen signifikanten Interaktionseffekt Gruppe x Messzeitpunkt: F(4, 169)=, p=.001, 11.673, η2=.064. Auch die Analysen für die einzelnen Skalen wiesen statistische Signifikanz auf: Gesamtscore (F(1,86) = 26.026, p <.001, η2=.712), Positive Lebenseinstellung (F(1, 86) =25.046, p < .001, η2=0.226), Genuss (F(1, 86) =17.303, p < .001, η2=0.167) und Gelassenheit (F(1, 86) =40.073, p <.001, η2=0.318). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Training in beiden Studien die Lebenskunst der Schüler steigern konnte. Diese ersten Ergebnisse sind sehr vielversprechend, wenn die zuvor beschriebenen Zusammenhänge zwischen der Lebenskunst und dem Wohlbefinden sowie zwischen positiven Emotionen und Lern- und Leistungsmotivation bedacht werden. Dieser Beitrag gibt einen Ausblick auf die Möglichkeiten, die der Einsatz bereits kurzer Interventionen im schulischen Rahmen bietet. ID: 252 / G 03 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: Matheangst, Matheleistung, Selbstkonzept, Interesse Zusammenhänge zwischen affektiven und kognitiven Komponenten der Matheangst mit Selbstkonzept, Interesse und Leistung in Mathematik Sofie Henschel1, Thorsten Roick2 1 Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland; 2Landesamt für Schule und Lehrerbildung, Regionalstelle Frankfurt (Oder) Theoretischer Hintergrund Unter den schulbezogenen Ängsten stellt Matheangst ein verhältnismäßig gut untersuchtes Konstrukt dar. Bisherige Studien haben gezeigt, dass eine Unterscheidung zwischen affektiver und kognitiver Komponente für die Betrachtung von Matheangst nützlich ist (Wigfield & Meece, 1988). Entsprechend der Kontroll-Wert Theorie (Pekrun, 2006) sollten Gefühle der Nervosität (affektive Komponente der Matheangst) und Sorge (kognitive Komponente der Matheangst) im Umgang mit Zahlen oder mathematischen Problemen dann erlebt werden, wenn der Bewältigung einer Aufgabe in einer Lern- oder Leistungssituation eine hohe Bedeutung zukommt (hohe Wertausprägung, z.B. hohes Interesse), sie aber als nicht bewältigbar eingeschätzt und somit ein Misserfolg antizipiert wird (geringe Kontrollausprägung, z.B. geringes Selbstkonzept). Angenommen wird, dass negative Leistungserfahrungen derartige Kontroll- und Wertkognitionen begünstigen und sich darüber auch auf die zukünftige Mathematikleistung negativ auswirken (Ma & Xu, 2004; Meece, Wigfield, & Eccles, 1990). Längsschnittliche Studien deuten zudem darauf hin, dass dem Selbstkonzept für die Erklärung der (affektiven) Matheangst eine stärkere Prädiktionskraft zukommt als dem Interesse (Kyttälä & Björn, 2010). In der vorliegenden Studie soll untersucht werden, inwieweit Kontrollkognitionen (Mathematik-Selbstkonzept) und Wertkognitionen (Interesse an Mathematik) den Zusammenhang zwischen Matheleistung und affektiver bzw. kognitiver Matheangst gleichermaßen vermitteln. Methode An der Studie nahmen 368 Viertklässler (52% Mädchen) aus 24 Schulklassen teil. Zunächst beantworteten die Kinder Fragen zum Mathematik-Selbstkonzept (8 Items, α = .78), zu ihrem Interesse an Mathematik (6 Items, α =.86) und zu ihrer Matheangst. Zur Erfassung der Matheangst wurden schulische und außerschulische Situationen beschrieben, in denen die Kinder mit mathematischen Problemen konfrontiert werden. Die Schülerinnen und Schüler beurteilten auf einer vierstufigen Skala wie nervös (affektive Matheangst, 18 Items, α = .89) und besorgt (kognitive Matheangst, 18 Items, α =.92) sie sich in den beschriebenen Situationen fühlen. Anschließend wurde die Mathematikleistung (31 Items, α = .86) der Kinder erhoben (DEMAT 3+; Roick, Gölitz, & Hasselhorn, 2004). Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden die Variablen konkurrent modelliert und strukturanalytisch ausgewertet. Ergebnisse Das Strukturgleichungsmodell weist auf einen zufriedenstellenden Modellfit hin (Chi² = 392.97, df = 286, p < .01, RMSEA =. 03, CFI = .94). Während unter Kontrolle von Geschlecht, Mathematikleistung und Selbstkonzept keine Zusammenhänge zwischen Interesse an Mathematik und beiden Komponenten der Matheangst bestehen (β = -.02 vs. β = .08, p >.05), ist das Selbstkonzept stärker mit der affektiven Matheangst assoziiert ist als mit der kognitiven Matheangst (β = -.59 vs. β = -.29, p < .01). Darüber hinaus hängt die Matheleistung sowohl direkt als auch indirekt mit beiden Komponenten der Matheangst zusammen. Einerseits fallen die direkten Zusammenhäng mit der kognitiven Matheangst deutlich enger aus als mit der affektiven Matheangst (β = -.57 vs. β = -.30, p < .01). Andererseits vermittelt das Selbstkonzept einen Teil des Erklärungsbeitrags der Matheleistung auf beide Matheangstkomponenten. Hierbei fällt der indirekte Erklärungsbeitrag für die affektive Matheangst größer aus als für die kognitive Matheangst (β = -.26 vs. β = -.13, p < .01). Diskussion Die Ergebnisse stützen Befunde von Kyttälä and Björn (2010), die für Jugendliche ebenfalls zeigten, dass affektive Matheangst stärker mit Kontroll- als mit Wertkognitionen assoziiert ist. Dies gilt zwar prinzipiell auch für die kognitive Matheangst, allerdings fällt die Erklärungsleistung von Selbstkonzept und Interesse geringer aus. Da keine Zusammenhänge zwischen Interesse und beiden Komponenten der Matheangst erkennbar wurden, sollte die Relevanz des Interesses bei der Erklärung der Matheangst in Folgestudien genauer untersucht werden. Zudem ist zu klären, über welche weiteren Variablen sich die direkten Zusammenhänge zwischen Matheleistung und Matheangst vermitteln könnten und welche Rolle der affektiven und kognitiven Komponente der Matheangst für die weitere Entwicklung von Mathematikleistungen und leistungsbegleitenden Variablen zukommt. ID: 253 / B 14 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Bildungsstandards, Grundschule, Längsschnitt, (prognostische) Validität, Mathematik Eignen sich bildungsstandardbasierte Tests zur Prognose des Schulerfolgs? Ein klassifikatorischer Ansatz bei Grundschulkindern Gesine Fuchs1, Martin Brunner1,2 1 Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg e.V., Deutschland; 2Freie Universität Berlin Mathematische Kompetenz wird als Schlüsselkompetenz für ein erfolgreiches Leben betrachtet (Europäische Parlament und Rat der Europäischen Union, 2006; Salganik & Rychen, 2003). Beeinträchtigungen können mit Einschränkungen an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einhergehen (Tröster, 2009). Lehrkräften gelingt es jedoch nur bedingt, die Leistungen ihrer Schüler/innen über einen klasseninternen Referenzrahmen hinaus verlässlich einzuschätzen (Brunner, Anders, Hachfeld & Krauss, 2011). Mithilfe von standardisierte Leistungstests können sie eine objektive Kompetenzbestimmung ihrer Schüler/-innen vornehmen und dadurch zusätzliche diagnostische Informationen erhalten. Speziell mit so genannten „Screening-Tests“ sollen Lehrkräfte mit ökonomischen Aufwand zwischen Schüler/-innen mit und ohne potentiellen zukünftigen Beeinträchtigungen der Kompetenzentwicklung bzw. des schulischen Erfolgs zuverlässig trennen können (Marx & Lenhard, 2011). Diese diagnostischen Informationen könnten bildungsstandardbasierte Tests, wie diese beispielsweise im Rahmen von VERA 3 bundesweit eingesetzt werden, potentiell in Form eines Grobscreening liefern (Köller, Eβel-Ullmann & Paasch, 2012; Leutner, Fleischer, Spoden & Wirth, 2008). Empirische Befunde liegen bisher jedoch nicht vor. Wie hoch die Klassifikationsgenauigkeit eines bildungsstandardbasierten Mathematiktests in der 4. Klasse (Granzer et al., 2008) für die Prognose von Schüler/-innen mit und ohne zukünftiger Kompetenzbeeinträchtigung in der 6. Klasse ausfällt, untersucht die vorliegende Längsschnittstudie für Brandenburger Grundschulkinder (N=366-373). Die Grundlage zur Klassifizierung der Schülerleistungen im Mathematiktests bildete das Kompetenzstufenmodell für Mathematik in der Primarstufe (Kultusministerkonferenz, 2013). Dieses ermöglicht eine kriteriale Einordnung der Schülerleistungen. Zur Untersuchung unserer Fragestellung, klassifizierten wir die Schüler/-innen nach ihren Mathematiktestleistungen in der 4. Klasse (Prädiktor) in: (1) Schüler/-innen, die den Regelstandard (Kompetenzstufe 3) verfehlt haben und (2) jene, die den Regelstandard erreicht haben. Das Verfehlen bzw. Erreichen des Regelstandards ist von besonderer inhaltlicher Bedeutung, da dieser nach den KMKBildungsstandards im Durchschnitt von den Schüler/-innen in der 4. Klasse erreicht werden sollte. Die Klassifizierung des zukünftigen Schulerfolgs der Schüler/-innen in der 6. Klasse wurde vorgenommen für (a) die Mathematiktestleistung (4. KlasseRegelstandard verfehlt bzw. erreicht) (b) die Mathematiknote (Note von 1 bis 3 bzw. 4 bis 6) und (c) die Gymnasialempfehlung (erhalten bzw. nicht erhalten). Die einschlägigen Indizes zur Beurteilung der Klassifikationsgenauigkeit, Sensitivität und Spezifität, betrugen für (a) die Mathematiktestleistung 0.60 und 0.79, (b) die Mathematiknote 0.57 und 0.77 sowie (c) die Gymnasialempfehlung 0.89 und 0.50. Beispielhaft bedeutet für die Prognose der Testleistung eine Sensitivität von 0.60, dass 60 % der zum Zeitpunkt der 4. Klasse auf Grund der Testleistungen als leistungsbeeinträchtigt identifizierten Kinder (4. KlasseRegelstandard verfehlt) auch in der 6. Klasse schwache Testleistungen zeigen (4. Klasse-Regelstandard wiederum verfehlt). Eine Spezifität von 0.79 bedeutet, dass 79 % der zum Zeitpunkt der 4. Klasse auf Grund der Testleistungen als nicht leistungsbeeinträchtigt identifizierten Kinder (4. Klasse-Regelstandard erreicht) auch in der 6. Klasse zumindest den Regelstandard (der 4. Klasse) erreichten. Die klassifikatorischen Kennwerte liegen im Bereich von etablierten deutschsprachigen Schulleistungstests zur Einzelfalldiagnose in Mathematik: Zum Beispiel schwanken die Werte für die Sensitivität zwischen 0.31 und 0.88 sowie für Spezifität zwischen 0.84 und 0.95 zur Prognose von ein bis zwei Jahre später erzielten Testleistungen (KR 34: Gölitz, Roick & Hasselhorn, 2013; ERT 0+: Gomm, 2014; DEMAT 1+ bis 4: Hasselhorn, Roick & Gölitz, 2005). Weitere einschlägige Klassifikationskennwerte (RATZ-Index, positiver/negativer Prädiktionswert) sowie das angemessene Verhältnis von Selektion- zu Grundrate untermauern die als gut zu bewertende Klassifikationsgenauigkeit des bildungsstandardbasierten Mathematiktests zur Prognose der untersuchten schulischen Erfolgskriterien. Insgesamt deuten die vorliegenden Ergebnisse für den bildungsstandardbasierten Mathematiktest daraufhin, dass auch der VERA 3 Mathematiktest, der jährlich in ganz Deutschland von allen Kindern in der 3. Klasse bearbeitet wird, als Instrument für Grobscreenings eingesetzt werden könnte. Eine Verwendung von VERA-3-Tests für solche förderdiagnostischen Zwecke könnte deren Akzeptanz und die Nutzung bedeutsam steigern. ID: 254 / E 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Studierende, Hochschulausbildung, Faktorenstruktur Pilotierung und Validierung von Skalen zur Erhebung der Gründe für eine Überschreitung der Regelstudienzeit Eva Fritzsche1, Marcus Penthin2, Stephan Kröner2 1 TU München, Deutschland; 2FAU Erlangen-Nürnberg, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Anteil der Studierenden, die ihr Studium in der Regelstudienzeit (RSZ) abschließen, wird als Qualitätsindikator für die Hochschullehre angesehen (Jaeger, Leszczensky, Orr, & Schwarzenberger, 2005). Laut den aktuellsten verfügbaren Daten des statistischen Bundesamts überschritten im Jahr 2011 jedoch 61% der Hochschulabsolventen an deutschen Hochschulen die Regelstudienzeit (RSZ), dabei überzogen 24% aller Studierenden die RSZ um mehr als zwei Semester (Brugger, Threin, & Wolters, 2013). Die Kenntnis der dahinterliegenden Gründe ist wichtig, um die Studienbedingungen verbessern zu können. In Vorarbeiten der Arbeitsgruppe wurde ein umfassendes Kategoriensystem entwickelt und auf der Basis offener Aussagen von Studierenden ausdifferenziert. Der Großteil der offenen Antworten ließ sich den drei Hauptkategorien „hochschulinterne Faktoren (Studienbedingungen)“, „individuelle Merkmale und Eingangsvoraussetzungen“ und „persönliche Lebensbedingungen und Kontextfaktoren“ einordnen (Fritzsche, Penthin, & Kröner, 2015). Auf dieser Basis wurden 21 Items für Skalen eines Fragebogens zur Überschreitung der RSZ formuliert, welcher die Bandbreite der genannten möglichen Gründe einer verlängerten Studiendauer abdecken sollte. Ziel der vorgestellten Studie ist die Pilotierung der entwickelten Skalen und die Überprüfung ihrer faktoriellen Struktur. Fragestellung Lässt sich die mit qualitativ-inhaltsanalytischen Methoden erhobene Struktur der Gründe für die Überschreitung der RSZ faktorenanalytisch replizieren? Methode Der Fragebogen wurde in einer Onlineumfrage pilotiert. Die Onlineumfrage wurde über soziale Netzwerke, über E-Mailverteiler sowie über die Lehrenden verschiedener Lehrveranstaltungen beworben. Es nahmen N = 232 Studierende an der Umfrage teil, die angaben, die RSZ wahrscheinlich zu überschreiten oder sie bereits überschritten zu haben (Alter: M = 25; SD = 6). Die Instruktion lautete: „Bitte geben Sie an, wie ausschlaggebend die folgenden Aussagen bezüglich a) der Studienbedingungen, b) des Studienalltags und c) Ihrer Lebensbedingungen für eine Verlängerung Ihrer Regelstudienzeit waren oder sind.“. Das Antwortformat wurde fünfstufig gewählt von (1) „trifft überhaupt nicht zu“ bis (5) „trifft voll und ganz zu“. Ergebnisse Die Daten wurden im Rahmen einer E/CFA ausgewertet (Jöreskog, 1969; Marsh et al., 2009). Dabei wurde die Statistiksoftware R sowie die Pakete lavaan und psych verwendet (R Development Core Team, 2012; Revelle, 2015; Rosseel, 2012). Es wurde zunächst ein konfirmatorisches Modell berechnet, das jedoch eine schlechte Modellpassung aufwies (Modell 1, CFA, χ2 = 654, df = 186, CFI = .472, TLI = .404, RMSEA = .104, SRMR = .107). Daraufhin wurde eine exploratorische Faktorenanalyse zur Identifikation von Ankeritems berechnet (Modell 2, EFA, χ2 = 323, df = 150, CFI = .803, TLI = .721, RMSEA = .074, SRMR = .060). Anschließend wurde das Ausgangsmodell der E/CFA (Modell 3, E/CFA, χ2 = 310, df = 150, CFI = .806, TLI = .728, RMSEA = .071, SRMR = .058) schrittweise anhand der Modellparameter und der Modifikationsindices bis zum endgültigen Modell angepasst (Modell 4, E/CFA, χ2 = 154, df = 95, CFI = .924, TLI = .904, RMSEA = .053, SRMR = .064). Es zeigte sich, dass es sinnvoll ist, qualitativ-empirisch ermittelte Strukturierungen einer quantitativen Prüfung zu unterziehen. Dabei ergaben sich Abweichungen von der angenommenen Struktur, die eine Anpassung der Faktorenbezeichnungen nach sich zog. Auf der inhaltlichen Ebene wurde deutlich, dass eine überlange Studiendauer nicht ausschließlich problematisch zu sehen ist, sondern auch durch das Interesse der Studierenden an weitergehendem Kompetenzerwerb bedingt sein kann. Es wird ein Ausblick gegeben, inwiefern die Ergebnisse der Pilotierung als Ansatzpunkte für die Verbesserung der Studienbedingungen genutzt werden können. ID: 256 / B 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: epistemologische Überzeugungen, Lehrerbildung, pädagogisches Wissen, Theorie-Praxis-Bezug Mind the Gap: Epistemologische Überzeugungen als Prädiktoren der wahrgenommenen Praxisrelevanz pädagogischen Wissens Samuel Merk2, Liene Pucite2, Jürgen Schneider2, Marcus Syring1 1 Ludwig-Maximilians-Univeristät München, Deutschland; 2Eberhard Karls Universität Tübingen, Deutschland Epistemologische Überzeugungen sind als Überzeugungen zur Natur und Genese (wissenschaftlichen) Wissens konzeptualisiert und umfassen typischer Weise Fragen nach der Sicherheit, Quelle, Struktur und der Rechtfertigung von Wissen (Hofer & Bendixen, 2012). Sie gelten als ein beliebter Forschungsgegenstand der pädagogischen Psychologie, wobei Forschung zu deren Assoziation mit Lernprozessen einen dominanten Subforschungsstrang darstellt: So zeigen zahlreiche Befunde Assoziationen mit der Quellenwahl, der Onlinesuche, akademischer Leistung, conceptual change etc. (Alexander, Winters, Loughlin & Grossnickle, 2012). Neuere Forschungsrichtungen zu epistemologischen Überzeugungen gehen insbesondere der Frage nach, inwiefern epistemologische Überzeugungen mit Prozessen des selbstregulierten Lernens interagieren (Muis, 2007). Aus theoretischer Sicht müssten epistemologische Überzeugungen auch als notwendige Bedingungen für die Wahrnehmung einer Bedeutsamkeit theoretischen Wissens für die Praxis fungieren: Beispielsweise sollten Personen, die wissenschaftliche Erkenntnisse als stark relativistisch beurteilen, diesen eine geringere Bedeutsamkeit zuschreiben, da sich die Anwendungskontexte meist von den Kontexten unterscheiden, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse generiert werden. Die vorgestellte Studie überprüft diese Hypothese im Kontext der Lehrerbildung und untersucht, inwiefern domänenspezifische epistemologische Überzeugungen bzgl. pädagogischen Wissens (Voss, Kunina-Habenicht, Hoehne & Kunter, 2015) die wahrgenommene Praxisrelevanz dieses Wissens nach Kontrolle motivationaler Variablen und verschiedener Quellen und Kontexte prädiziert. Dazu wurden Lehramtsstudierende mit 6 Texten zu curricular validen Forschungsgegenständen des bildungswissenschaftlichen Begleitstudiums konfrontiert (sechstufiger within-person Faktor). Diese wurden, bei gleichen inhaltlichen Aussagen, in der Quelle des dargestellten Wissens (between-person Faktor mit den drei Stufen: Erfahrungsbericht, Expertenrat, wissenschaftliche Studie) und des Kontextes (between-Person Faktor mit den zwei Stufen: schulischer Kontext vorhanden, schulischer Kontext nicht vorhanden) variiert. Die Lehramtsstudierenden wurden randomisiert einer dieser sechs Bedingungen zugewiesen. Zu jedem dieser Texte wurden die eingeschätzte Praxisrelevanz des Textes (BilWiss, 2014), Immersion, Interesse, Cognitive Load und der theorienspezifische Relativismus erfasst. Jede Person bearbeitete zudem einmalig domänenspezifisch adaptierte Skalen epistemologischer Überzeugungen (FREE, Krettenauer, 2005; CAEB, Stahl & Bromme, 2007) sowie Skalen zu Studieninteresse und Fähigkeitsselbstkonzept. Mit den so erhaltenen NLevel-1 = 1938 Texteinschätzungen von NLevel-2 = 323 Studierenden wurden zunächst konfirmatorische Mehrebenen-Faktorenanalysen durchgeführt. Deren Ergebnisse zeigen zum einen, dass das Konstrukt der Praxisrelevanz sowohl auf Ebene der Forschungsgegenstände als auch auf Ebene der Personen als eindimensional angenommen werden kann (Chi2 = 51.976, df = 18, RMSEA = 0.033, CFI = 0.987, TLI = 0.979, SRMR.Within = 0.019, SRMR.Between = 0.04). Zum anderen kann so (dank ebeneninvarianter Messmodelle) eine latente Intraklassenkorrelation berechnet werden, deren Ausprägung von ICC = .26 darauf hinweist, dass die eingeschätzte Praxisrelevanz mehr gegenstands- denn personenspezifisch ist. Eine Erweiterung dieser Modelle zu Mehrgruppen-Mehrebenen-Strukturgleichungsmodellen mit motivationalen Prädiktoren klärt einen substantiellen Anteil in der abhängigen Variable eingeschätzte Praxisrelevanz (R2-within = .27, R2-between = .25) bei gutem Modellfit (Chi2 = 934.934, df = 432, RMSEA = 0.026, CFI = 0.945, TLI = 0.939, SRMR.Within = 0.068, SRMR.Between = 0.073) auf. Dieser steigt signifikant auf beiden Ebenen nach Hinzunahme epistemologischer Überzeugungen als Prädiktoren. Dabei variieren die prädiktiven Effekte nur marginal zwischen den Experimentalgruppen. ID: 257 / D 11 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Fehlerorientierung, Lernen aus Fehlern, Unterrichtsexpertise, Domänenspezifität, Messinvarianz Unterrichtsbezogene Fehlerorientierung. Adaption und Validierung eines Fragebogens. Anja Böhnke, Felicitas Thiel Freie Universität Berlin, Deutschland Unterrichtsbezogene Fehlerorientierung von Lehrkräften. Adaption und Validierung eines Fragebogens. Fehlerorientierung, die als multidimensionales Konstrukt die Bewertung von und den Umgang mit Fehlern beschreibt, gilt als zentrale individuelle Bedingung des Lernens aus Fehlern (Rybowiak, Garst, Frese & Batinic, 1999). Beim Lernen aus Fehlern werden Lernprozesse durch die Reflexion dysfunktionaler Handlungsroutinen (Harteis, Bauer & Gruber, 2008; Bauer & Mulder, 2008, 2013; Zhao, 2011) und die Verankerung von erlebten Fehlersituationen im episodischen Gedächtnis (Oser, 2007) provoziert. Im Rahmen von professionellem Lernen, kann ein Lernen aus Fehlern helfen, relevante Wissens- und Kompetenzlücken zu identifizieren, was insbesondere in dynamischen Kontexten, wo Wissen rasch obsolet oder unpraktikabel wird und ein Handeln unter Druck die Fehleranfälligkeit von Entscheidungen erhöht, von besonderer Relevanz ist. Diese Studie eröffnet den Blick auf die Nutzbarmachung der Konzepte Fehlerorientierung und Lernen aus Fehlern für die Analyse des Handelns von Lehrkräften im Unterricht. Es sollte ein valides Instrument zur Erfassung der unterrichtsbezogenen Fehlerorientierung von Lehrkräften entwickelt werden. Mit dem Error Orientation Questionnaire (EOQ) von Rybowiak et al. (1999) liegt ein Instrument zur allgemeinen Erfassung von Fehlerorientierung im beruflichen Kontext vor. Eine solche domänenunspezifische Erfassung von Fehlerorientierung oder dem Lernen aus Fehlern wird allerdings grundlegend kritisiert (Bauer, 2008; Gartmeier, 2009), da sich Fehler in unterschiedlichen Domänen und bei der Bewältigung unterschiedlicher Anforderungen deutlich unterscheiden (Bauer & Mulder, 2008; Glendon, Clarke & Mckenna, 2006). Wir haben auf der Grundlage des EOQ ein für die Unterrichtsarbeit von Lehrkräften angepasstes Instrument zur Erhebung der Fehlerorientierung entwickelt, das die Kritik an einer unspezifischen Erfassung von Fehlerorientierung aufnimmt. Dazu haben wir (1) vor dem Hintergrund der Prompting Task Technique (PPT) (Brewer, 1986) einen Eingangstext entwickelt, der ein Prompting auf drei typische Fehler im Unterricht vornimmt, um für alle Befragten einen vergleichbaren Bezugsrahmen herzustellen, (2) eine domänenspezifische Auswahl von Skalen sowie Anpassung von Items vorgenommen und (3) sowohl den Eingangstext als auch die Auswahl von Skalen und die Anpassung der Items durch Experten in mehreren Überarbeitungsrunden inhaltlich validieren lassen. Das adaptierte Instrument wurde anschließen von insgesamt N = 959 Lehrpersonen aus drei Substichproben unterschiedlicher Expertisestufen (n = 198 Lehramtsstudierende, n = 319 Referendarinnen und Referendare, n = 442 Lehrkräfte) bearbeitet. Konfirmatorische Mehrgruppen-Faktorenanalysen (Brown, 2006) ergaben eine konsistente sechsdimensionale Struktur für alle drei Substichproben und erste Hinweise auf Konstruktvalidität durch überzeugende Modellkennwerte hinsichtlich vorliegender metrischer Messinvarianz (Byrne & Stewart, 2006). Zur konvergenten Validierung mit externen Kriterien wurde der Messinvarianzansatz erweitert: Es konnten theoriegerechte Zusammenhänge mit beruflicher Zielorientierung und Lehrerselbstwirksamkeit aufgezeigt werden, die sich ebenfalls als invariant über die drei Substichproben erwiesen. Die Ergebnisse und praktische Implikationen für die Ausbildung von Unterrichtsexpertise werden diskutiert. ID: 258 / F 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Lernen mit Computer und neuen Medien, Motivation und Emotion Stichworte: Emotionales Erleben, Selbstgesteuertes Lernen, volitionale Regulation, motivationale Defizite, eLearning Lernmotivation, Lernregulation und emotionales Erleben beim eLearning. Eine Untersuchung bei Lehramtsstudierenden. Theresa Meindl, Xenia Justus, Klaus-Peter Wild Universität Regensburg, Institut für Pädagogik Theoretischer Hintergrund Betrachtet man die Forschungsschwerpunkte im Bereich des selbstgesteuerten Lernens im Studium, wird deutlich, dass emotionale Aspekte bislang seltener als motivationale oder gar kognitive Aspekte untersucht worden sind. Dabei gewann die Forschung zu Emotionen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Zahlreiche Untersuchungen beschäftigen sich mit Beziehungen zwischen emotionalen und motivationalen Prozessen (u.a. Hortop, Wrosch & Gagné, 2013; Pekrun, Elliot & Maier, 2009). Studien zu diesem Themenbereich sind meist in „natürlichen“ Lernsituationen, oft in der schulischen Bildung, angesiedelt. Deutlich seltener wurde das Lernverhalten im Hochschulbereich, speziell in computer- und webbasierten Lernumgebungen (eLearning) untersucht. Hier besteht sowohl theoretisch wie empirisch ein besonderer Forschungsbedarf bezüglich der motivationalen Selbstregulation des Lernens, da bei virtuellen Lernangeboten üblicherweise weder Zeitpunkt noch Umfang der Lernzeiten festgelegt oder eingefordert werden (Artino & Jones, 2012). Es ist anzunehmen, dass mit den entsprechend großen Handlungsspielräumen der Studierenden besondere Anforderungen an die motivationale Regulation des Lernens einhergehen und die motivationalen Stärken oder Defizite der Studierenden in besonderem Maße die Lernregulation und den Lernerfolg beeinflussen. Insbesondere bei niedriger intrinsischer Motivation und mangelnden inhaltlichen Interessen ist anzunehmen, dass sich die Initiierung und Aufrechterhaltung der Lernaktivitäten erheblich auf eine extrinsische Lernmotivation und eine darauf aufbauende volitionale Handlungssteuerung stützen muss (Corno, 2004). Vor dem Hintergrund eines bedürfnistheoretischen Ansatzes (z.B. Deci & Ryan, 1993) muss befürchtet werden, dass solchermaßen extrinsisch motivierte Lernaktivitäten von einem negativeren emotionalen Erleben als intrinsich motivierte Lernaktivitäten begleitet werden, da eine Person in diesen Phasen Handlungen ausführt, die weder mit den persönlichen Bedürfnissen übereinstimmen noch tätigkeits- oder gegenstandsspezifische Interessen ansprechen. In einem solchen Kontext besteht die Gefahr negativer Rückkopplungen von motivationalen Zuständen, Lernregulation und emotionalem Erleben. Gleichzeitig ist nicht auszuschließen, dass mit (subjektiv) erfolgreichen extrinsisch motivierten Lernaktivitäten auch positive Erlebensmuster verbunden sein können. Fragestellung Die vorliegende Studie versucht die Richtung und die Stärke der Beziehungen zwischen motivationalen Orientierungen, Lernregulation und emotionalem Erleben in einer virtuellen Lernumgebung aufzuklären. Hierzu werden motivationale, volitionale und emotionale Aspekte des Lernens über den Verlauf eines Semesters längsschnittlich untersucht. Mit der Studie wurden folgende Ziele verfolgt: (a) eine Modellierung der Struktur und des zeitlichen Verlaufs des emotionalen Erlebens im Untersuchungszeitraum; (b) die Vorhersage des emotionalen Erlebens durch Indikatoren der motivationalen Orientierung und der volitionalen Handlungssteuerung. Methode Die längsschnittliche Stichprobe umfasst N=220 Studierende verschiedener Studiengänge (Lehrämter) und verschiedener Hochschulen, welche an einem virtuellen Seminar, das sich über den gesamten Semesterzeitraum erstreckte, teilnahmen. Die regelmäßige Bearbeitung der Themenmodule war für die Teilnahme an der Abschlussklausur verpflichtend. Da weder der Zeitpunkt noch der Umfang der Lernzeiten kontrolliert wurden, ergaben sich erhebliche Anforderungen an eine eigenständige volitionale Steuerung des Lernverhaltens. Zu Anfang des Semesters wurden motivationale Orientierungen (adaptive Skalensammlung von Wild, Krapp, Schiefele, Lewalter & Schreyer, 1995) erfasst. Handlungsregulationsprobleme (Skalen in Anlehnung an das Academic Procrastination Scale Inventory; Schouwenbourg, 1995) und emotionale Erlebensmuster (Selbstbeschreibungsinventar) wurden in der Mitte und am Ende des Semesters erfragt. Das selbstentwickelte Inventar zur Erfassung des emotionalen Erlebens ist eng an die „Positive und Negative Affect Schedule“ (PANAS) von Watson, Clark und Tellegen (1988) angelehnt und besteht aus 9 Adjektiven (fröhlich, interessiert, engagiert, zufrieden, stolz, überlastet, frustriert, besorgt und beschämt). Ergebnisse Es konnte zunächst festgestellt werden, dass hoch intrinsisch motivierte Studierende signifikant mehr positive Emotionen erleben als niedrig intrinsisch motivierte Studierende. In Bezug auf negative Emotionen gibt es hier keine signifikanten Unterschiede. Festzustellen ist, dass hoch intrinsisch motivierte Studierende seltener eine Handlung abbrechen oder aufschieben. Wenn aber eine Handlung aufgeschoben oder abgebrochen wird, zeigen die Ergebnisse einer Analyse mit Strukturgleichungsmodellen, dass das Aufschieben und das Abbrechen einer Handlung einen signifikanten negativen Einfluss auf positive Emotionen und einen signifikanten positiven Einfluss auf negative Emotionen aufweisen. Diese Effekte zeigen sich unabhängig von der motivationalen Orientierung. ID: 261 / H 16 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: volitionale Regulation, Handlungskontrolle, selbstreguliertes Lernen, E-Learning, Lehramtsstudium Der Einfluss volitionaler Kompetenzen auf die Handlungsregulationsprobleme, den Lernzeitumfang, die Lernzeitverteilung und die Verarbeitungstiefe im Studium: Eine Untersuchung im Rahmen eines virtuellen Seminars. Xenia Justus, Theresa Meindl, Klaus-Peter Wild Universität Regensburg, Deutschland Problemstellung Von Studierenden an den Hochschulen wird in nahezu selbstverständlicher Weise erwartet, dass sie wesentliche Anteile ihres Studiums eigenverantwortlich gestalten und bewältigen. Auch wenn die formale Organisation des Studiums durch Prüfungs- und Studienordnungen und die inhaltliche Anleitung durch Vorlesungen, Seminare, Übungen sowie Praktika einen wichtigen Raum einnehmen: Das eigenständige Vor- und Nachbereiten der Lehrveranstaltungen, die Erarbeitung von Referaten sowie Hausarbeiten und die oft raumgreifenden Vorbereitungen auf Prüfungen liegen ganz erheblich in den Händen der Studierenden selber (vgl. Wild, 2000, 2005). Mit der Verlagerung der traditionellen Präsenzlehre in virtuelle Lernumgebungen ergeben sich zusätzliche Anforderungen an die Lernkompetenzen Studierender, dabei liegen diese aufgrund der geringeren sozialen und organisatorischen Einbindung Studierender vor allem im volitionalen bzw. motivationalen Bereich. Alle Vorteile einer E-Learning-Umgebung bezüglich der Gestaltungsmöglichkeiten des eigenen Lernens bringen daher gleichzeitig mögliche Gefährdungen des Studienerfolges bei einer unzureichenden Selbstregulation mit sich. Zahlreiche Studien zeigten, dass die Ursachen für die Lerndefizite eineswegs nur in einer unzureichenden Lernmotivation liegen. Sobald eine Lernhandlung nicht unmittelbar mit einer intrinsischen Lernmotivation verbunden ist, kommen zusätzlich volitionale Defizite zum Tragen und führen zu einer verzögerten Handlungsinitiierung oder einer verkürzten Handlungsdurchführung (Corno, 2001; Garcia et al., 1998; Kuhl, 1996; Wolters, 2003; Wolters & Benzon, 2013). Zentrale Zielsetzung der vorliegenden Studie besteht in der Untersuchung des Einflusses von volitionalen Kompetenzen Studierender auf ihr Lernverhalten im Rahmen einer E-Learning-Umgebung. Es wird angenommen, dass Studierende mit stärkeren volitionalen Kompetenzen (1) weniger Probleme bei der Handlungsinitiierung und -durchführung, (2) einen größeren Lernzeitumfang sowie (3) eine günstigere Lernzeitverteilung aufweisen. Außerdem setzen sie (4) häufiger Elaborationsstrategien ein und erreichen dadurch (5) ein höheres Wissensorganisationsniveau. Volitionale Kompetenzen werden hierbei durch Lernintention, Initiierungskontrolle und positive Selbstmotivierung operationalisiert. Methode Stichprobe: Insgesamt N = 668 Lehramtsstudierende verschiedener Fächer sowie Studiengänge (Lehrämter) und verschiedener Hochschulen nahmen an der Untersuchung teil. Das Durchschnittsalter der Befragten betrug 22.50 Jahre (SD = 2.60, N = 564) bei einer durchschnittlichen Fachsemesterzahl im ersten Studienfach 4.80 (SD = 1.85, N = 450). Die endgültige längsschnittliche Stichprobe setzte sich aus 223 Lehramtsstudierenden (33.4% der Querschnittstichprobe) zusammen. Lernkontext: Die Annahmen wurden im Verbund mit einem 14-wöchigen virtuellen Seminar überprüft. Die regelmäßige Bearbeitung der Themenmodule war für die Teilnahme an der Abschlussklausur verpflichtend. Da weder der Zeitpunkt noch der Umfang der Lernzeiten kontrolliert wurde, ergaben sich erhebliche Anforderungen an eine eigenständige volitionale Steuerung des Lernverhaltens. Datenerhebung: Zur Prüfung der oben formulierten Zielsetzung wurde eine nicht-experimentelle Feldstudie konzipiert. Um eine repräsentative und für die Strukturgleichungsmodellierung ausreichende Stichprobengröße zu erreichen, erfolgte die Datenerhebung gestaffelt in drei aufeinander folgenden Semestern (cluster sample). In einer Eingangsbefragung zu Anfang des Semesters wurden neben volitionalen Variablen auch andere individuelle Lernvoraussetzungen erfasst, beispielsweise intrinsische motivationale Orientierung und Zeitmanagement. Die quantitativen (Handlungsregulationsprobleme, Lernzeitumfang sowie Lernzeitverteilung) und qualitativen (Verarbeitungstiefe operationalisiert durch die Nutzung von kognitiven Lernstrategien und das Wissensorganisationsniveau) Indikatoren der erfolgreichen Regulation des Lernverhaltens wurden zur Hälfte (online) und am Ende des Semesters (Paper-Pencil) retrospektiv erhoben. Die Handlungsregulationsprobleme beim Lernen wurden mit einer adaptierten Skala des APSI-Fragebogens (Schouwenburg, 1995; Helmke und Schrader, 2000) gemessen. Weiterhin wurde die Nutzung von kognitiven Lernstrategien mit Skalen des LIST (Wild & Schiefele, 1994; Wild, 2013) erfasst. Darüber hinaus wurden die Antworten der Studierenden auf die offenen Klausurfragen entsprechend den fünf Niveaus der Wissensorganisation der SOLO-Taxonomie (Biggs, 1999; Biggs & Collis, 1982) einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen. Ergebnisse Auf der quantitativen Ebene des Lernverhaltens zeigen die Ergebnisse der durchgeführten Strukturgleichungsmodellierung, dass volitionale Kompetenzen insgesamt einen signifikanten Einfluss auf die Handlungsregulationsprobleme, den Lernzeitumfang und die Lernzeitverteilung haben, allerdings variiert die Stärke dieses Einflusses in Abhängigkeit von der Nähe zur Abschlussprüfung. Auf der qualitativen Ebene konnte für die Nutzung der kognitiven Lernstrategien ein signifikanter Effekt der positiven Selbstmotivierung festgestellt werden. ID: 262 / B 17 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Sonderpädagogik Thematisches Cluster: Inklusion Stichworte: Soziale Distanz, Inklusion, Messung, Kinder, Schule Soziale Distanz im (inklusiven) Klassenraum diagnostizieren Anita Gerullis, Christian Huber Universität Wuppertal, Deutschland Inklusive Settings stellen die aktuelle pädagogische Forschung vor große Herausforderungen, vor allem in Hinblick auf diagnostische Fragen – wie die der Messung, in welchem Verhältnis GrundschülerInnen zu einander stehen. Hypothetische Aussagen über eine gewünschte soziale Nähe (Bogaruds, 1947; Catapusan, 1954; Wocken, 1992) sind für den pädagogischen Bereich nicht hinreichend valide. An Moreno (1974) angelegte soziometrische Verfahren hingegen fokussieren die Bewertung von Kontakten zu realen Mitschülern – unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit; und beachten nicht, aus welchem Grunde ein Mitschüler abgelehnt wird. Es fehlt ein standardisiertes Verfahren, das Diversionslinien – wie Behinderungen oder einen Migrationshintergrund – als Ursache für Distanz beschreiben kann und das – im Gegenteil zu komplexen Verfahren der Einstellungserhebung – für die Ausdrucksfähigkeit junger Grundschüler geeignet ist. Das Konstrukt der ‚Sozialen Distanz‘ beschreibt ein dynamisches Konzept von Einstellungen gegenüber einer Person und ihrer vermuteten Gruppenzugehörigkeit. Es beinhaltet affektive Komponenten und die Bereitschaft zur Interaktion mit einer zu einer Gruppe zugehörigen Person (Gerullis & Huber, in Begutachtung). Diese Studie dient erster Annäherung an die Messung der Sozialen Distanz bei Grundschülern. Ein für diese Studie entwickeltes Verfahren betrachtet Distanz in inklusiven Settings auf Gruppenebene. Das Besondere an dem hier entwickelten Verfahren ist, dass in Anlehnung an Ergebnisse der Rassismusforschung das Konzept der soziometrischen Methode auf das Konzept der sozialen Distanz angewandt wurde. Im Gegensatz zu den bisher veröffentlichten aufwändigen Fragebogenverfahren wurden hier kindgerechte einfache Items konstruiert, die das Konzept der sozialen Distanz im Sinne eines einfaktoriellen Konstrukts messen und gleichzeitig keine umfassenden Lesekenntnisse erfordern. Das Verfahren benutzt hierzu Bild- und Textvignetten von Kindern mit verschiedenen Behinderungen (geistige, körperliche Behinderung), sonderpädagogischen Förderbedarfen (Verhalten, Lernen) und Migrationshintergrund. Angelehnt an Ergebnisse aus der Rassismusforschung (Verna, 1981; Aboud & Mitchell, 1977) werden Probanden gebeten, jedem dieser Kinder einen Platz zuzuordnen – im Klassenraum, Kino, auf dem Pausenhof – jeweils in Abhängigkeit des eigens zugeteilten Sitzplatzes. Diese Zuordnung geschieht auf einer vorher gefertigten Zeichnung des jeweiligen Ortes in Paper-Pencil-Form. Im ersten Schritt wird die Güte des Verfahrens geprüft. Die auf dem Papierbogen gemessene Distanz wurde mit den Außenkriterien der “Childrens Social Distance Scale” (Connolly et al., 2006) und der Kurzversion der CATCH-Skala (Schwab, 2015) korreliert. Geprüft wurde in der Studie die Annahme, dass sich die hypothetische Distanz in den Zuordnungen der Kinder wiederfindet. Die Testung wird nun nach einem Zeitraum von vier Wochen wiederholt, um die Test-Retest-Reliabilität des Tests zu bestimmen. Es wird angenommen, dass die Messungen eine gute Stabilität aufweisen. Erste Analysen zeigen, dass das Verfahren eine mittlere bis hohe Korrelation (r = 0.66 – 0.72) zu den Außenkriterien und somit eine gute Validität aufweist. Die Items haben eine mittlere interne Konsistenz (α = .68). Es konnte aber auch gezeigt werden, dass die Ratings der sozialen Distanz situationsabhängig sind. So fanden sich signifikante Unterschiede im Klassenraum im Vergleich zur Situation im Schulhof (p = .00). Ergänzende Analysen zeigen einen signifikanten Unterschied zwischen Jungen und Mädchen in den sozialen Distanzratings über alle Behinderungsformen hinweg (t(254) = -4.47, p = .00). Es zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang des Alters und der sozialen Distanz (r = -.13, p =.04). Diese Ergebnisse decken sich mit bisherigen Forschungsergebnissen und verweisen somit auf die Validität des neuen Verfahrens. In weiteren Schritten sollen nun die einzelnen Behinderungsformen getrennt betrachtet werden und weitere Auswertungen zur Test-Retest-Reliabilität erfolgen. Insgesamt soll das entwickelte Verfahren zur Sozialen Distanz auf inklusive Settings anwendbar sein, in dem es den Gruppenzugehörigkeitsfaktor der zu beurteilenden Person mit einbezieht und Störfaktoren auf Klassenebene ausblendet. In weiteren Schritten kann die Soziale Distanz dann zu Einzelpersonen ohne Etikettierung und ohne Gruppenzuteilung gemessen werden. Die Ergebnisse der Güteanalyse und die ergänzenden Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der empirischen Inklusionsforschung diskutiert. ID: 263 / C 05 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Hochschulbildung Stichworte: Studienqualität, berufsbegleitende Studiengänge Entwicklung und Validierung eines Vorhersagemodells für Studienqualität in berufsbegleitenden Studiengängen Lena Hillebrecht Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland Theoriebezug. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Forderung nach dem Ausbau von Möglichkeiten des lebenslangen Lernens hat in den letzten Jahren auch die Bedeutung berufsbegleitender Bildungsangebote auf akademischem Niveau zugenommen (Wolter & Geffers, 2013). Jedoch nicht in dem Ausmaß, das mittels bildungspolitischer Initiativen wie der Hochschulöffnung für beruflich Qualifizierte (KMK, 2009) beabsichtigt wurde. Es ist zu vermuten, dass die geringe Inanspruchnahme bestehender Studienangebote so zu begründen ist, dass die derzeit vorhandenen Studienmodelle nicht über ausreichende Passgenauigkeit und Qualität verfügen (Wolter et al., 2014). Gegenwärtig ist kein Instrument vorzufinden, welches sich zur Beurteilung der Qualität dieser Studienmodelle einsetzen ließe, weshalb dessen Entwicklung und empirische Überprüfung erforderlich ist (Minks, Netz & Völk, 2011; Wolter et al. 2014). Fragestellung. Ziel ist es daher, Merkmale zu identifizieren, die aus der Sicht der Studierenden für die Beurteilung von Studienqualität in berufsbegleitenden Studiengängen relevant sind. Dabei finden insbesondere Aspekte Beachtung, die als bedeutsam für den Studienerfolg und die Gewährleistung von Studierbarkeit anzusehen sind. Zudem werden Kriterien berücksichtigt, die in Anbetracht der Charakteristika der Zielgruppe der nicht-traditionell Studierenden (Wolter & Geffers 2013; Zinn 2012) die Vereinbarkeit von Studium und Beruf ermöglichen. Ansatzpunkte dafür können bei Studien gewonnen werden, die Vollzeit-Studiengänge in den Blick nehmen, wie bspw. das SMILEProjekt (Schiefele et al., 2003), das u. a. die Lehrqualität, die Studienmotivation und das akademische Selbstkonzept untersucht. Die organisationalen Rahmenbedingungen von Studiengängen und deren Beurteilung durch Studierende werden bspw. im Rahmen des Studienqualitätsmonitors (DZHW, 2015) untersucht, so dass auch hier Anknüpfungsmöglichkeiten gegeben sind. Methodische Vorgehensweise. Zunächst wurden im Rahmen einer qualitativen Vorstudie Experteninterviews mit berufsbegleitend Studierenden (n=7) und Hochschulmitarbeitenden (n=4) geführt. Ausgewertet wurde das Datenmaterial mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2014). Basierend auf den Ergebnissen der qualitativen Studie und auf Grundlage der aktuellen Literatur wurde ein Modell ausgearbeitet, dass die Beurteilung von Qualität in berufsbegleitenden Studiengängen ermöglicht. Betrachtet wird in diesem Modell, inwiefern die berufsbegleitend Studierenden die Qualität in ihrem Studiengang beurteilen und auf welche Charakteristika der Studiengänge für diese Beurteilung eine wichtige Rolle spielen. Dabei werden auch die individuellen Studienbedingungen (familiäre, finanziellen und berufliche Situation) sowie die Lernvoraussetzungen (kognitive, volitionale und motivationale Voraussetzungen) der Studierenden berücksichtigt. Das Modell wird in einer quantitativen Studie (n=300) empirisch überprüft, indem die Modellparameter in verschiedenen Studiengängen mit teilstandardisierten Fragebögen untersucht werden. Soweit möglich, wurden bereits empirisch erprobte Items verwendet. Es sollen auch die Wirkungszusammenhänge zwischen den Merkmalen aufgedeckt werden, sodass deren gemeinsamer Einfluss auf die untersuchten Konstrukte (wie „Studierbarkeit“) analysiert werden kann. Darüber hinaus werden Unterschiede zwischen verschiedenen Subgruppen von Studiengängen untersucht, so dass Besonderheiten dieser in Bezug auf die Qualitätsbeurteilung aufgedeckt werden können. Subgruppen können bspw. nach Art des zu erreichenden Abschlusses gebildet werden, so dass in Bachelor- und Masterstudiengänge unterschieden werden kann. Die Daten der quantitativen Studie werden mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellierung analysiert. Zudem sollen Mehrebenanalysen durchgeführt werden, um die Besonderheiten innerhalb der einzelnen Studiengänge und dazwischen identifizieren zu können. Erwartete Ergebnisse. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich die Qualitätsbeurteilung in berufsbegleitenden Studiengängen von der in Vollzeit-Studiengängen unterscheidet, da sich die Studiengänge einerseits hinsichtlich ihrer Konzeption und andererseits hinsichtlich der Zusammensetzung der Studierendenschaft unterscheiden. Zudem ist zu erwarten, dass v. a. Aspekte relevant sind, welche Passgenauigkeit und Flexibilität der Studiengänge ermöglichen. Es hat sich gezeigt, dass die Beratungsintensität vor Aufnahme des Studiums vergleichsweise hoch ist und dass bei der Beurteilung von Lehrveranstaltungen Möglichkeiten der flexiblen Zeiteinteilung durch Selbststudienphasen eine große Rolle spielen. Der Schwerpunkt des Vortrags liegt auf der Vorstellung der Ergebnisse der quantitativen Erhebung, wobei insbesondere die empirische Validierung des theoretischen Modells diskutiert werden soll. ID: 265 / G 03 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktik Mathematik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lernen mit Computer und neuen Medien, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Teacher Education, Beliefs, Technology, Classroom practice, Latent Profile Analysis Teacher beliefs and classroom practice when teaching mathematics with technology: A latent profile analysis Daniel Thurm Universität Duisburg-Essen, Deutschland Theoretical Background A large amount of research shows that digital technology can facilitate students’ conceptual knowledge when teaching complies specific conditions (e.g. Zbiek et al. 2007). However, the use of technology only plays a marginal role in mathematics classrooms (Hoyles & Lagrange 2010). The introduction of technology for teaching mathematics is thus not a straight-forward task and it is important for teacher educators to understand the factors associated with successful technology integration. Research shows that, among other factors, mathematics teachers’ beliefs influence the successful implementation (e.g. Hennessy et al., 2005). However, the relation between teacher beliefs and technology use has not yet been studied in much detail on a quantitative basis and the lack of research in this area hinders profound development of professional teacher education programs. Research Question This study aims at exploring the relation between technology related beliefs and frequency of technology use and addresses the following question: What subgroups of teachers can be identified with respect to the relation of beliefs and frequency of technology use and what aspects determine group membership? Methodology & Results To answer the question, we first developed an instrument to measure teachers self-reported frequency of technology use. The development started by identifying five relevant areas that are influenced by the integration of technology into the classroom. In a next step, a set of items was developed for each area. In cycles of cognitive interviews with teachers and experts the items were refined until validity of the item set was agreed on by teachers and experts. Response categories on the items were ranging from “almost never” to “almost every lesson”. To measure teacher beliefs we used an established questionnaire (Rögler 2013) which consisted of five subscales. Responses on this scale were given on a five point scale ranging from 1=”strongly disagree” to 5=”strongly agree”. Data for the statistical analysis was collected within the study „GTR-NRW“ (Thurm, Klinger, Barzel 2015) where both questionnaires were administered to 159 teachers teaching math in grade 10 of upper secondary school in North RhineWestphalia. We used confirmatory factor analysis to analyse whether a five-factor measurement model for the frequency of technology use could represent the data well. With RMSEA=0.069, SRMR=0.070, CFI=0.936, and χ2/df=1.704 the model fit was good. Reliability of the scales was high with Cronbach’s alpha ranging from 0.78 to 0.88. To identify subgroups of teachers with similar response patterns a latent profile analysis (LPA) was used on the estimated mean values of all subscales and indicated a four group structure. Group 1 named “positive beliefs – frequent users” (37.9%), holds positive beliefs and consistently uses technology frequently. Similarly, group 2 named “positive beliefs – infrequent users” (27.6%), group 3 named “negative beliefs – infrequent users” (16.8%) and group 4 named “negative beliefs – frequent users” (17.8%) could be identified. Across all groups it could be seen that discovery learning and time-constraints show the greatest variation across the four profiles, therefore these two factors are the strongest indicators of group membership. From the results several recommendations can be derived for professional development programs and teacher education. Teacher educators promoting technology in the mathematics classroom should especially focus on how technology can support discovery learning and address the fear of teachers that technology integration is too time consuming. When addressing these issues, it is necessary to be aware of the four different types of teachers identified in this study. Especially the inconsistencies between beliefs and practice observed in the groups “positive beliefs – infrequent users” and “negative beliefs – frequent users”, that make up a large portion of the sample (45.4%), deserve special attention and further investigation. ID: 267 / H 02 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Sonstiges Stichworte: Unterrichtsforschung, JeKi-Begleitforschung, Transfer Wirkungen und langfristige Effekte musikalischer Angebote (WilmA) Vorstellung ausgewählter Ergebnisse Nele Groß, Knut Schwippert Universität Hamburg, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Das vom BMBF geförderte Projekt WilmA (Wirkungen und langfristige Effekte musikalischer Angebote) evaluiert retrospektiv das in Nordrhein-Westfalen und Hamburg angesiedelte JeKi-Programm (Jedem Kind ein Instrument), bei dem Grundschulkinder musikalische Förderungen erhalten haben. Die Studie zum Instrumentalunterricht in Grundschulen (SIGrun) begleitete bereits von 2009 bis 2012 Kinder von der 1. bis zur 4. Klassen über vier Messzeitpunkte hinweg. Nach einem Jahr Pause schloss WilmA im Herbst 2013 bei derselben Kohorte an und nahm ein Teil der Kinder, die mittlerweile die 6. Klasse besuchten, mit einem fünften und sechsten Messzeitpunkt in den Blick. Das Teilprojekt Transfer wendet sich den Fragestellungen zu, die sich aus den Forschungsdesideraten aktueller Schul- und Unterrichtsforschung und der Forschung zum Einfluss von Musik im schulischen Unterricht ergeben. Bei der Fokussierung auf die Entwicklung von Interessen, Motiven, Sozialverhalten und Selbstkonzepten der Jugendlichen wird auf den Ansatz der sozialethischen Transfererklärungen von Bastian und Kormann (2003) zurückgegriffen wird. Dabei wird insbesondere auch der Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe und die weitere Entwicklung der Kinder bis zum Beginn der 7. Klasse betrachtet. In dem Teilprojekt Transfer wird nicht nur der Transfer zwischen verschieden Kompetenzen in den Blick genommen. Darüber hinaus wird auch die Rückwirkung auf die Motivations- und Interessenlage der Kinder und deren Eltern in Bezug auf die unterschiedenen Gruppen von Jugendlichen mit erfasst. Knüpft man bei dem Gedanken an, entsteht die Frage, ob für gemeinsames Musizieren positive Transfereffekte auf andere Bereiche nachgewiesen werden können. Fragestellung: Der ursprünglich für die Analysen geplante echte Längsschnitt konnte aufgrund der Datenschutzbestimmungen nicht realisiert werden. Die in WilmA in den zwei Messzeitpunkten erhobenen Daten werden den bestehenden Erhebungen vergleichend gegenüber gestellt und daraufhin untersucht, ob Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen des JeKi-Programms gefördert wurden in ihren Kompetenzen und in ihrem Sozialverhalten später andere Merkmale aufweisen als Kinder ohne entsprechende Förderung in der Grundschule. In der WilmA-Studie wird der Transfergedanke aufgegriffen und die Untersuchung aktueller Forschungsdesiderate (vgl. „aktives Musizieren und soziale Kompetenzen“ Schumacher, 2009) der Schul- und Unterrichtsforschung fokussiert. Methode: Zur Ermittlung des Transfers in andere Lernbereiche wurde, neben weiteren Items und Skalen, die erweiterte Fassung des Fragebogens zur Erfassung emotionaler und sozialer Schulerfahrungen (FEESS) eingesetzt. Dieser lag bisher lediglich bis zur Klassenstufe 4 vor und wurde gemeinsam mit den Entwicklern (Schuck & Rauer) für die Klassenstufen 6 und 7 adaptiert. Der FEESS umfasst sieben Skalen, die aus 11 – 15 Items bestehen. Mit Hilfe einer vierstufigen Skalierung konnten die Schüler und Schülerinnen ihre Zustimmung ausdrücken. Insgesamt konnten unter Verwendung von Fragebögen quantitative Daten von 668 Schülerinnen und Schüler und 348 Eltern im ersten und 745 Schülerinnen und Schüler und 312 Eltern im zweiten Messzeitpunkt erhoben werden. Die Daten der SIGrun Studie werden mit Hilfe von Varianzanalysen (mit Messwiederholungen) im Längsschnitt untersucht und den deskriptiv ausgewerteten Daten aus WilmA gegenübergestellt. Die Auswertung der Daten und Überprüfung der Forschungsfragen erfolgt mit SPSS. Ergebnisse: Neben einer Vorstellung des aktuellen Standes des Projektes sollen Auswertungen ausgewählter Items und Skalen präsentiert werden. Dabei wird ein besonderer Fokus auf den Gruppenvergleich der JeKi-Kinder gegen die nicht JeKi-Kinder gelegt. ID: 269 / G 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Peer Tutoring, Konzeptwechsel, Umsetzungsgenauigkeit Umsetzung und Wirkung tutoriellen Lernens im naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht Katja Adl-Amini1,3, Jasmin Decristan2,3, Annika Lena Hondrich2,3, Ilonca Hardy1,3 1 Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland; 2Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF); 3 IDeA-Forschungszentrum Hintergrund Tutorielles Lernen (TL) ist eine Unterrichtsmethode, bei der sich alle Schülerinnen und Schüler in Zweierteams gegenseitig unterrichten (Topping, 2005). TL hat sich zur Förderung des Lernens von Grundschulkindern als wirksam erwiesen, insbesondere für den naturwissenschaftlichen Unterricht werden deutliche Effekte aufgezeigt (Rohrbeck, Ginsburg-Block, Fantuzzo & Miller, 2003). Dennoch wird häufig eine Diskrepanz zwischen Forschung (empirisch belegte Wirksamkeit) und Praxis (mangelnder Umsetzung im Unterricht) beklagt (McMaster, Han, Coolong-Chaffin & Fuchs, 2013). Lehrkräfte setzen die wirksamkeitsrelevanten Methodenelemente des TL häufig nur partiell um (Philipp, 2010). Eine genaue Umsetzung ist jedoch bedeutsam für die Lernwirksamkeit der Methode (Gresham, 1989). Bisherige Studien weisen darauf hin, dass sowohl zur Verfügung stehende Materialien als auch Klassenmerkmale die Umsetzungsgenauigkeit von TL beeinflussen (Vadasy et al., 1997). Es mangelt jedoch an Untersuchungen der Umsetzung von TL im naturwissenschaftlichen Sachunterricht, ihrer Einflussfaktoren und Wirkung, obwohl entsprechende Studien bedeutsame Erkenntnisse zur Verbreitung der Methode in der Praxis leisten könnten. Ziel der Studie Die vorliegende Studie untersucht die Umsetzung von TL im naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht. Folgende Forschungsfragen werden untersucht: 1) Wie hoch ist die Umsetzungsgenauigkeit von TL im naturwissenschaftlichen Sachunterricht der Grundschule nach einer Fortbildung der Lehrkräfte a) Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne methodische Fortbildung? b) Bei materialgestützter Anwendung versus Transfer auf einen anderen Fachinhalt? 2) Mit welchen Klassenmerkmalen hängt die Umsetzungsgenauigkeit zusammen? 3) Wirkt sich TL bei entsprechender Umsetzungsgenauigkeit positiv auf den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler aus? Methode Die vorliegende Untersuchung wurde im Rahmen einer Interventionsstudie durchgeführt, bei der verschiedene Fördermethoden im naturwissenschaftlichen Sachunterricht der dritten Klasse evaluiert wurden. 25 Lehrkräfte nahmen an einer Fortbildung zu Fachinhalten des Themas „Schwimmen und Sinken“ teil, 14 davon wurden zusätzlich in TL geschult, 11 erhielten als Kontrollgruppe eine Fortbildung zu Elternberatung. Anschließend unterrichteten die Lehrkräfte die Fachinhalte im Rahmen von zwei Unterrichtseinheiten in ihren Klassen, wobei die Untersuchungsgruppe für die erste Unterrichtseinheit ein Manual mit Materialien für die Umsetzung von TL erhielt und diese auf die zweite Unterrichtseinheit selbstständig transferierte. Bei beiden Unterrichtseinheiten wurde die Umsetzungsgenauigkeit der zentralen Methodenelemente anhand von Unterrichtsbeobachtungen und –videos à 90 Minuten mithilfe einer Beobachtungscheckliste geprüft (neun Items, Interrater-Übereinstimmung > 85%). Bei den 512 Schülerinnen und Schülern wurde nach beiden Unterrichtseinheiten der Lernerfolg anhand eines Leistungstests (adaptiert nach Hardy et.al., 2006) erhoben. Zudem wurden kognitive (Intelligenz: CFT 20-R und Leseverständnis: ELFE 1-6), soziale (wahrgenommenes Klassenklima: sechs Items adaptiert nach Diel & Nieder, 2008) und strukturell-organisatorische (Klassengröße) Klassenmerkmale bei den 280 Kindern der Untersuchungsgruppe klassenweise festgestellt. Ergebnisse Im Mittel wurden TL bei der materialgestützten Anwendung zu 85.22% (SD = 17.62) umgesetzt, beim selbstständigen Transfer auf die zweite Unterrichtseinheit zu 48.94% (SD = 36.78). Bei der Kontrollgruppe wurde kaum TL beobachtet. Ausschließlich beim Transfer der Methode hing die Umsetzung mit dem mittleren Leistungsniveau der Klasse in Intelligenz (ρ = .50, p < .05) und Leseverständnis (ρ = .72, p < .05) sowie mit dem wahrgenommenen Klassenklima (ρ = .50, p < .05) zusammen, nicht aber mit der Klassengröße. In Klassen, welche TL zu 70% oder mehr umsetzten, zeigte sich in einer Mehrebenen-Regression ein positiver Zusammenhang mit dem Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler im Vergleich zur Kontrollgruppe, jedoch nur bei der zweiten Unterrichtseinheit (β = .38, SE = 0.20, p < .05), nicht bei der ersten (β = -.13, SE = 0.12, p = .29). Diskussion Insgesamt weisen die Ergebnisse auf die hohe Bedeutung von Fortbildungen hin, welche die Umsetzung von TL durch Unterrichtsmaterialien unterstützen – insbesondere in Klassen mit weniger günstigen Lernvoraussetzungen. Eine genaue und mehrmalige Umsetzung scheint für die Wirksamkeit der Methode im naturwissenschaftlichen Sachunterricht von Bedeutung zu sein. Die Ergebnisse liefern somit wichtige Hinweise auf Einflussfaktoren und Wirkung der Umsetzung einer evidenzbasierten Methode in die Praxis. ID: 270 / C 04 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Grundschulbildung Stichworte: Großeltern, kulturelles Kapital, Bildungserfolg Der Einfluss der Großeltern auf den Bildungserfolg ihrer Enkel Susanne Gerleigner Deutsches Jugendinstitut e.V., Deutschland Nach Bourdieu wird dem familialen kulturellen Kapital eine nicht unwesentliche Rolle für ein erfolgreiches Durchlaufen des Bildungssystems zugeschrieben (Bourdieu, 1987; Bourdieu & Passeron, 1971). Kinder aus Familien mit hohem kulturellen Kapital werden bereits früh an die sogenannte „Hochkultur“ herangeführt, lernen bisweilen spielerisch bildungsrelevante Inhalte und sind bereits von Kleinauf in den „Sprachcode“ eingeweiht, den die mittelschichtssozialisierten Akteure der Institution Schule oft als selbstverständlich voraussetzen. Kinder aus Familien mit hohem kulturellen Kapital haben in diesem Verständnis meist bessere Ausgangslagen im Sinne einer besseren Ressourcenausstattung für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Dies wird insbesondere dem institutionellem kulturellen Kapital (und hier vor allem dem Bildungshintergrund) der Eltern zugeschrieben. Diese Effekte der elterlichen Bildung auf den Schulerfolg ihrer Kinder gelten in der Bildungsforschung mittlerweile als hinreichend belegt. Inwieweit das kulturelle Kapital anderer Familienmitglieder eine zusätzliche Rolle für den Schulerfolg spielt wird in empirischen Analysen bisher jedoch – meist aufgrund fehlender Daten – kaum berücksichtigt. Bedenkt man aber, dass nach Bourdieu die Akkumulation insbesondere von kulturellem Kapital Zeit und Gelegenheiten braucht, scheint eine Ausweitung der Analysen auf die Großelterngeneration naheliegend. Wenngleich Kinder in der Regel den häufigsten Kontakt mit ihren Eltern haben, spielen nicht selten auch andere Familienmitglieder wie Onkeln und Tanten oder Großeltern eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Einstellungen, Werten, Kenntnissen oder Fertigkeiten. Empirisch sprechen hierfür beispielsweise Ergebnisse von Fuchs und Sixt (2007), die zeigen konnten, dass (kurzfristige) Bildungsaufstiege der Eltern im Zuge der Bildungsexpansion nicht mit denselben Chancen auf höhere Bildung bei deren Kindern einhergehen, wie bei Kindern deren Familie bereits seit mehreren Generationen ein höheres Bildungsniveau aufwies. Die Autoren werteten dies unter anderem als Indiz für eine gewisse Trägheit des Bildungshabitus im Sinne Bourdieus. Um den Einfluss früherer Generationen auf Bildungserfolge ausführlicher zu untersuchen, wird auch in vorliegendem Beitrag der Blick auf die Bildung in der Großelterngeneration gelegt und geprüft, inwieweit Bildungsaufstiege bzw. -abstiege zu unterschiedlichen Chancen im Bildungssystem führen. Datengrundlage bildet die zweite Welle des DJI-Surveys Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten (AID:A II), eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2013/2014. Mittels telefonischer Befragung wurden für über 22.000 Zielpersonen im Alter von Null bis 32 Informationen unter anderem über deren Bildung gewonnen, mit dem Ziel, die Lebens- und Aufwachsensbedingungen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen genauer zu untersuchen sowie ihre Lebenslagen, sozioökonomischen Bedingungen und mögliche Belastungen zu identifizieren. Eine Besonderheit des Surveys ist es, dass neben Angaben zum aktuellen Schulbesuch der Kinder ebenso Informationen zur Bildung sowohl für beide Elternteile, als auch für alle 4 Großelternteile vorliegen. Anhand dieser Daten wird mittels logistischer Regressionen zum einen die Wahrscheinlichkeit eines Gymnasialbesuchs in der Sekundarstufe I in Abhängigkeit etwaiger Bildungsaufstiege und -abstiege der Eltern untersucht (N = 3678). Zum anderen werden frühere Stationen in der Bildungskarriere in den Blick genommen, indem der Einfluss der Bildung der Großeltern auf die Noten (Deutsch, Mathematik und Sport) in der Primarstufe mittels regressionsanalytischer Verfahren analysiert wird (N = 1813). Erste Ergebnisse weisen analog zu den Ergebnissen von Fuchs und Sixt (2007) in die Richtung, dass auch nach der Bildungsexpansion Kinder von „Aufsteigern“ nicht dieselben Chancen auf einen Gymnasialbesuch haben, wie Kinder, deren Eltern schon länger auf einem höheren Bildungsniveau „etabliert“ sind (odds ratios eines Gymnasialbesuchs von 4.4 vs. 7.9 bezüglich der Bildung der Mütter, bzw. 4.7 vs. 6.7 auf Seiten der Väter). In weiteren Schritten sollen mögliche Moderatoren wie beispielsweise die Kontakthäufigkeit der Großeltern mit ihren Enkeln, Bildungsaktivitäten in der Familie oder Bildungsaspirationen identifiziert werden. Bezüglich der Relevanz der Kontakthäufigkeit lassen sich somit beispielsweise erste Hinweise darauf finden, ob die Bildung der Großelterngeneration eher hinsichtlich eines Statuserhaltsmotivs (u.a. Boudon, 1974) oder aber, im Sinne Bourdieus über zusätzliche bildungsrelevante Ressourcen auf die die Kinder zurückgreifen können, wirkt. ID: 272 / C 04 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochschulbildung Stichworte: Soziale Ungleichheit, Bildungsaufstieg, Intragruppenvergleich, Studienberechtigtenbefragung Bildungsaufstieg wider die Erwartung? Warum sich Studienberechtigte aus bildungsfernen Herkunftsfamilien für ein Studium entscheiden Andreas Ortenburger, Bettina Kohlrausch Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Deutschland In der der soziologischen Ungleichheitsforschung herrscht ein weitgehender Konsens darüber, dass soziale Mobilität in modernen Gesellschaften entscheidend durch den Zugang zu Bildung und den Erwerb von Bildungszertifikaten moderiert wird (Breen und Johnson 2005): Ausgehend von dieser Überlegung untersucht der Beitrag den Zugang von Studienberechtigten aus „bildungsfernen“ Familien zu Hochschulbildung. Um bisher ggf. unentdeckte oder unterbewertete Mechanismen der Ausgrenzung dieser Gruppe von höherer Bildung zu identifizieren, wird die Fragestellung mit Hilfe eines Intragruppenvergleiches analysiert, der studienberechtigte Kinder aus nicht-akademischen Familien, die sich gegen ein Studium entscheiden, mit solchen vergleicht, die sich für ein Studium entscheiden. Es ist durch die Bildungsforschung hinlänglich belegt, dass sich Kinder aus „hochschulfernen“ Schichten seltener für ein Studium entscheiden (Becker und Lauterbach 2010; Watermann et al 2014). Als Erklärung für diese sozialen Selektionsprozesse dominieren aktuell vor allem Ansätze, die im Rückgriff auf die von Boudon (1974) eingeführte Unterscheidung zwischen primären und sekundären Herkunftseffekten, individuelle Bildungsentscheidungen ins Zentrum stellen (Solga und Becker 2012). Die Grundannahme ist hier, dass die Entscheidung für oder gegen ein Studium auf Basis individueller Kosten-Nutzen-Abwägungen erfolgt. Es erscheint einerseits plausibel, dass die Kosten eines Studiums für Kinder aus nicht-akademischen Elternhäusern höher erscheinen und Kinder aus Akademikerfamilien im Gegenzug dem Nutzen eines Studiums größere Bedeutung beimessen. Hier spielen die unterschiedlichen Möglichkeiten der Herkunftsfamilie die finanziellen Kosten eines Studiums zu tragen ebenso wie die soziale Distanz zum Hochschulsystem eine wichtige Rolle. Gleichwohl können diese Ansätze nicht erklären, warum sich Kinder aus hochschulfernen Elternhäusern für ein Studium entscheiden. Warum entscheiden sie sich – trotz der oben skizzierten Hindernisse – für ein Studium und kommen hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Abwägungen zu anderen Ergebnissen als andere Studienberechtigte mit einem ähnlichen sozialen Hintergrund? Um diese Frage beantworten zu können, erscheint der methodische Ansatz des Intragruppenvergleiches vielversprechend (Solga et al. 2013). Damit werden auch abweichende Fälle, bei denen wider die theoretische Erwartung keine Ungleichheit (in diesem Fall die Entscheidung für ein Studium trotz Bildungsferne des Elternhauses) eintritt, stärker in den Blick genommen (Solga et al. 2013, S.12): „(…) [D]ie Bedeutung von abweichenden Fällen und der Intragruppenvarianz für die Spezifizierung des jeweiligen Mechanismus sowie der Möglichkeit von Policy-Implikationen (Problemlösungskompetenzen der Ungleichheitsforschung) [werden] zumeist unterschätzt (….).“ Der Vergleich innerhalb der Gruppe der Studienberechtigten aus „hochschulfernen Schichten“ könnte somit den Blick auf bisher unentdeckte Potenziale, Ressourcen oder institutionelle Gelegenheitsstrukturen freilegen, die Kindern aus nicht-akademischen Elternhäusern den Weg in die Hochschule erleichtern. Damit berührt die Forschungsperspektive dieses Papiers einen zentralen Aspekt sozialer Mobilität, weil untersucht wird, unter welchen Voraussetzungen das Bildungssystem nicht zur (theoretisch erwarteten) sozialen Reproduktion beiträgt und soziale Mobilität möglich wird. In Erweiterung der handlungstheoretischen Erklärungsansätze untersucht dieser Beitrag unter Rückgriff auf Bourdieu & Passeron (1977) und DiMaggio (1982) einerseits kulturelle Einflussfaktoren der Herkunftsfamilien sowie andererseits institutionelle Bedingungen des Sekundarschulwesens auf die Entscheidungen des nachschulischen Werdegangs. Die dargestellten Forschungsfragen werden auf der Grundlage von Sekundäranalysen der zweiten Welle des Studienberechtigtenpanels 2010 (Lörz et al. 2012) beantwortet. Im Rückgriff auf das Konzept des Intragruppenvergleiches werden nur Kinder aus nicht-akademischen Familien in das Sample mit einbezogen (n=4.123). Da sich herausgestellt hat, dass soziale Differenzierung auch bei der Wahl des Hochschultyps stattfinden (Kramer et al. 2011; Trautwein et al. 2006), wird der Übergang auf eine Universität (oder pädagogische Hochschule), auf eine Fachhochschule oder in eine berufliche Ausbildung untersucht. Daher werden in diesem Beitrag multinominiale logistische Regressionen geschätzt. Die Analysen zeigen, dass das kulturelle Kapital der Herkunftsfamilien einen eigenständigen Effekt auf Bildungsentscheidungen hat und dass die schulische Unterstützung bei der Planung des nachschulischen Werdegangs zu einer Entscheidung für ein Universitätsstudium führen kann. ID: 273 / F 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Sonstiges Stichworte: Stereotype Threat, Copingstrategien, vertikaler Kollektivismus Vertikaler Kollektivismus von türkischstämmigen SchülerInnen moderiert die Leistung und individuelle Mobilitätsmotivation nach negativer Stereotypaktivierung Sog Yee Mok1, Sarah E. Martiny2, Ilka H. Gleibs3, Kay Deaux4, Laura Froehlich5 1 Technische Universität München; 2UiT The Arctic University of Norway, Norway; 3London School of Economics and Political Science, UK; 4New York University, US; 5FernUniversität in Hagen Theoretischer Hintergrund Negative leistungsbezogene Stereotype über türkischstämmige Migranten sind in Deutschland weit verbreitet (Asbrock, 2010; Froehlich, Martiny, Deaux, & Mok, 2015; Kahraman & Knoblich, 2000). Forschung zeigt, dass die Aktivierung negativer Stereotype über eine Gruppe in einer bestimmten Domäne zu einer Leistungsreduktion führen kann (Stereotype Threat-Effekt; Steele & Aronson, 1995). Stereotype Threat konnte erstmalig für türkischstämmige SchülerInnen nachgewiesen in Deutschland werden (Martiny, Mok, Deaux, & Froehlich, 2015). Die Soziale Identitätstheorie (Tajfel & Turner, 1979) postuliert, dass Individuen unterschiedlichen Gruppen angehören und verschiedene soziale Identitäten innehaben. Eine positive soziale Identität kann durch soziale Vergleiche der Eigengruppe mit relevanten Fremdgruppen zugunsten der Eigengruppe erzielt werden. Wenn ein sozialer Vergleich zu einem negativen Ergebnis für die Eigengruppe führt, so versuchen die Eigengruppenmitglieder Copingstrategien anzuwenden, um eine positive soziale Identität wiederherzustellen. Eine Strategie ist sich einer status-höheren Fremdgruppe anzuschließen, um mit der Identitätsbedrohung umzugehen (individuelle Mobilitätsstrategie; Tajfel & Turner, 1986). Stereotype Threat wird als eine besondere Form der sozialen Identitätsbedrohung verstanden (Steele, Spencer, & Aronson, 2002). Kulturelle Werte können einen Einfluss auf die Identitätsbedrohung haben. Eine kulturelle Wertorientierung in der türkischen Kultur ist der vertikale Kollektivismus, der eine starke Verbundenheit zur Eigengruppe widerspiegelt (Singelis, Triandis, Bhawuk, & Gelfand, 1995). Forschung zeigte, dass die türkische Kultur die Verbundenheit zu Eigengruppenmitgliedern wertschätzt. Diese Verbundenheit impliziert, dass Erwartungen der Eigengruppe als eigene Erwartungen wahrgenommen werden (Güngör, Karasawa, Boiger, Dinçer, & Mesquita, 2014). Die Aktivierung eines negativen Stereotyps kann die Besorgnis hervorrufen, dass man nicht stereotyp-konform handeln möchte, was wiederum kognitive Ressourcen beanspruchen und die Leistung beeinträchtigen kann (Schmader, Johns, & Forbes, 2008). Für türkischstämmige Migranten wurde gezeigt, dass die Erwartungen der Eigengruppe (Familie) im Leistungskontext mit Loyalität gegenüber der Eigengruppe verbunden sind (Phalet & Claeys, 1993). Die Leistung türkischstämmiger SchülerInnen, die eine stärkere vertikale Kollektivismus-Orientierung haben, sollte daher durch die Besorgnis die Erwartungen der Eigengruppe zu erfüllen beeinflusst werden. Fragestellung Bisher wurde der moderierende Einfluss der vertikalen Kollektivismus-Orientierung bei türkischstämmigen SchülerInnen auf den Zusammenhang zwischen negativer Stereotypaktivierung und Leistung sowie zwischen negativer Stereotypaktivierung und Copingstrategien nicht erforscht. Daher wird untersucht, ob türkischstämmige SchülerInnen mit einer stärkeren vertikalen Kollektivismus-Orientierung nach negativer Stereotypaktivierung, im Vergleich zu keiner Aktivierung, schlechtere Leistungen zeigen (stärkeren Stereotype Threat-Effekt). Auch wird untersucht, ob türkischstämmige SchülerInnen mit einer stärkeren vertikalen Kollektivismus Orientierung nach negativer Stereotypaktivierung, im Vergleich zu keiner Aktivierung, eine höhere individuelle Mobilitätsmotivation zeigen. Wir nehmen an, dass je höher die Orientierung zu vertikalem Kollektivismus bei türkischstämmigen SchülerInnen nach negativer Stereotypaktivierung ist, im Vergleich zu keiner Stereotypaktivierung, desto größer der Stereotype Threat-Effekt und desto höher die individuelle Mobilitätsmotivation. Methode Es wurden zwei Experimente mit türkischstämmigen SchülerInnen (N = 36, N = 65) in Schulklassen durchgeführt. In einem between-subjects Design wurden die Stereotypaktivierungsbedingung (Stereotypaktivierung versus keine Aktivierung) und vertikaler Kollektivismus (kontinuierliche Variable) als unabhängige Variablen untersucht. Als abhängigen Variablen wurden die verbale Leistung und individuelle Mobilitätsmotivation in einem Leistungsszenario untersucht. In dem Leistungsszenario wurden die türkischstämmigen SchülerInnen gebeten sich vorzustellen, dass sie einen weiteren Leistungstest bearbeiten müssen, der bewertet wird. Sie sollten angeben, wie sehr sie eine Fremdgruppe (deutsche SchülerInnen) in diesem Leistungstest vertreten wollen würden. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass türkischstämmige SchülerInnen mit einer stärkeren vertikalen Kollektivismus-Orientierung nach negativer Stereotypaktivierung, im Vergleich zu keiner Aktivierung, einen stärkeren Stereotype Threat-Effekt zeigen. Die Ergebnisse zeigen weiter, dass türkischstämmige SchülerInnen mit einer stärkeren vertikalen Kollektivismus-Orientierung nach negativer Stereotypaktivierung, im Vergleich zu keiner Aktivierung, eine höhere Motivation in dem Leistungsszenario zeigen einer status-höheren Fremdgruppe (deutschen SchülerInnen) anzugehören. Die Studienergebnisse bestätigen, dass sich eine Aktivierung eines negativen Stereotyps für türkischstämmige SchülerInnen negativ auf die Leistung und Gruppenidentifikation auswirkt. Hinweise auf negative Stereotype in Leistungssituationen sollten vermieden werden. ID: 279 / C 05 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Trainings- und Evaluationsforschung, Vorschulische Bildung Stichworte: pädagogisch-didaktisches Wissen, frühe naturwissenschaftliche Bildung, Fortbildung, mixed-methods, Interaktionsqualität Merkmale guter Angebote zur frühen naturwissenschaftlichen Bildung aus der Perspektive von Fachkräften Miriam Janke1, Hendrik Lohse-Bossenz2 1 Forscherstation, Klaus-Tschira-Kompetenzzentrum für frühe naturwissenschaftlich Bildung gGmbH, An-Institut der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Deutschland; 2PädQUIS gGmbH, An-Institut der Alice-Salomon-Hochschule Im Zuge einer Stärkung des MINT-Bereichs auch in der frühen Bildung sind pädagogische Fachkräfte verstärkt dazu angehalten, Lernangebote für Kinder in diesem Bildungsbereich anzubieten. Gleichzeitig scheint den Fachkräften grundlegendes fachliches und fachdidaktisches Wissen zu fehlen, da Naturwissenschaften in der Fachkraftausbildung eine untergeordnete Rolle spielen (s.a. Lankes et al., 2011). Ziel der Studie ist daher, das Wissen pädagogischer Fachkräfte über die Gestaltung pädagogischer Angebote zu erfassen und weiterhin zu untersuchen, ob dieses Wissen durch eine Fortbildung verändert werden kann. Theoretischer Hintergrund Die aktive Auseinandersetzung von Kindern mit Phänomenen der belebten und unbelebten Natur bildet den Kern früher naturwissenschaftlicher Bildung. Entsprechende Lerngelegenheiten hängen stark von kontextuellen Bedingungen ab und können in der Kindertageseinrichtung daher nur in begrenztem Umfang spontan erfolgen. Die Gestaltung vorbereiteter Lernumgebungen ist somit eine verbreitete Möglichkeit, Kindern entsprechende Lerngelegenheiten zu bieten. Lankes et al. (2011) stellten in einer umfangreichen Analyse von Experimentierbüchern fest, dass diese zwar Hinweise zu Materialien und Versuchsdurchführungen enthalten, didaktische Hinweise jedoch größtenteils vermissen lassen. Im Sinne der Ermöglichung von Bildungsprozessen ist aber gerade die didaktische Gestaltung – insbesondere unter dem Aspekt ko-konstruktiver Interaktionsprozesse zwischen Kind und Fachkraft – von zentraler Bedeutung (vgl. Rabe-Kleberg, 2011). Vor dem Hintergrund, dass der Aufbau bereichsspezifischen didaktischen Wissens in der Ausbildung gegenwärtig wenig Beachtung findet und auch in Büchern kaum didaktisches Wissen angeboten wird, stellt sich die Frage, auf welcher Wissensbasis frühpädagogische Fachkräfte Angebote in diesem Bereich gestalten und wie sich dieses Wissen im Anschluss an eine gezielte Fortbildung verändert. Methode Im Rahmen eines von der Klaus Tschira Stiftung geförderten Projekts beantworteten 127 frühpädagogische Fachkräfte folgende Frage zu drei Messzeitpunkten: „Bitte notieren Sie aus Ihrer Sicht die 3 wichtigsten Kennzeichen eines guten pädagogischen Angebots im Bereich früher naturwissenschaftlicher Bildung“. Weiterhin wurden sie aufgefordert, Möglichkeiten zu benennen, wie ein gutes pädagogisches Angebot mit Kindern angebahnt werden kann. Mit dem Ziel, insbesondere Schwerpunktsetzungen der pädagogischen Fachkraft in der pädagogisch-didaktischen Gestaltung der spezifischen Interaktionssituationen zu bestimmen, wurden die rund 600 Antworten auf diese offenen Frageformate unter Zugrundelegung der Merkmalsbeschreibungen des Classroom Assessment Scoring Systems (CLASS) (La Paro et al., 2012) inhaltsanalytisch ausgewertet (vgl. Mayring, 2012). Differenziert wurden Merkmale der emotionalen Unterstützung, der Lernunterstützung sowie der Organisation der Angebotssituationen. In einem ersten Schritt wurden die Antworten auf Gruppenebene in ihrem relativen Anteil zueinander betrachtet. Vergleiche von Schwerpunktsetzungen über Messzeitpunkte hinweg, ermöglichen Rückschlüsse über potentielle Wirkungen der Fortbildung (Interventions-Kontrollgruppen-Design). Ergebnisse Analysen des ersten Messzeitpunkts zeigen, dass die Fachkräfte Schwerpunkte setzen, die mit internationalen Befunden konsistent sind, in denen die CLASS zur Beobachtung pädagogischer Interaktionsprozesse eingesetzt wurde. Merkmale der emotionalen Unterstützung dominieren (48,37)%, während dem Bereich der Lernunterstützung (7,88%) nur ein untergeordneter Stellenwert zugemessen wird. Die Organisation von Angebotssituationen (26,09%) nimmt eine mittlere Position ein. Dass im Rahmen der Fortbildungsreihe emotional unterstützende Aspekte, wie bspw. das bewusste Eingehen auf Bedürfnisse des Kindes oder die Gewährung von ausreichend Zeit in den Lernumgebungen inhaltlich einen großen Stellenwert einnehmen, zeigen erste deskriptive längsschnittliche Befunde: Zum zweiten Messzeitpunkt erfolgt eine stärkere Gewichtung sowohl des positiven Klimas in der Lernumgebung (5,83% vs 12,50%) als auch der Feinfühligkeit in der Interaktionsgestaltung als Kennzeichen guter Angebote (20,39% vs. 22,73%). Diskussion Die Analyse von Wissensbeständen auf Basis eines Beobachtungssystems für Interaktionsprozesse stellt einen ersten Versuch dar, eine Brücke zwischen Wissen und Verhalten zu entwickeln. Die Konsistenz zu bestehenden Befunden lässt diesen Ansatz als zielführend erscheinen. Ob diese Kennzeichnung guter pädagogischer Angebote jedoch die tatsächliche Angebotsumsetzung vorhersagt, ist in weiterführenden Untersuchungen zu überprüfen. Die Analysen auf Gruppenebene können allgemeine Tendenzen in Wissensbeständen pädagogischer Fachkräfte aufzeigen. Für die Überprüfung von Fortbildungswirkungen ist jedoch insbesondere von Interesse, inwiefern sich individuelle pädagogisch-didaktische Schwerpunktsetzungen von Fortbildungsteilnehmern verändern. Hierfür werden differenzierte Analysen in einem experimentellen Warte-KontrollgruppenDesign über drei Messzeitpunkte angestellt. ID: 285 / B 16 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Hochbegabung, Motivation und Emotion Stichworte: ability grouping, giftedness, academic achievement, academic self-concept, longitudinal study Academic Achievement and Self-Concept: Their Development and Interaction in Gifted Classes and Regular Mixed-Ability Classes Isabelle Schmidt1, Franzis Preckel1, Eva Stumpf2, Monika Motschenbacher3, Katharina Vogl1, Wolfgang Schneider3 1 University of Trier, Germany; 2University of Rostock, Germany; 3University of Würzburg, Germany Theoretical Framework Fostering gifted students by full-time ability grouping in special classes for the gifted has positive effects for their achievement development (e.g., Hattie, 2002; Kulik & Kulik, 1997; Rogers, 2007). However, ability grouping can lower students’ academic selfconcepts (ASC) through reference group effects (Marsh, 1987). A plethora of studies document beneficial effects of ASC on achievement (Valentine, DuBois, & Cooper, 2004). This also applies to gifted students (e.g., McCoach & Siegle, 2003). Given the critical role of ASC for academic outcomes losses in ASC are of high practical concern. Studies investigating effects of ability grouping for the gifted have shown inconsistent findings concerning the development of academic self-concept (ASC) and its relationship with achievement over time. A more positive development of achievement in gifted classes (e.g., Kulik & Kulik, 1997) should also foster ASC development as many studies and longitudinal research document reciprocal and mutually reinforcing effects between ASC and academic achievement (i.e., Reciprocal-Effects-Model, REM; Marsh & Martin, 2011). However, it remains unclear if this also applies to students streamed in gifted classes compared to regular classes. Hypotheses 1. We expected a decrease in ASC over time. Students in our sample were in their first three years in selective secondary schools (gifted or reular classes at the German “Gymnasium”). 2. We exploratorily investigated if the decrease in ASC was stronger in gifted than in regular classes. 3. We expected a better development of achievement in gifted than in regular classes. 4. We expected positive relations between the development of ASC and achievement over time. Method Participants The data stem from the longitudinal study “PULSS” (Project for studying of learning in secondary school level) assessing academic development in secondary school from Grade 5-7. We investigated 921 students from 7 regular high-track schools of the German three-track secondary school system. 282 students attended 14 gifted classes and 639 students attended 26 regular classes. Material We used standardized achievement tests in math (Götz, Lingel, & Schneider, 2013a, 2013b). Internal consistencies were satisfying (α=.73–.87). ASC in math was assessed with four items of the German translation of the Self-Description-Questionnaire by Marsh (1990). Students responded on a 5-point rating scale. Internal consistencies were high (α=.87-.92). Data Analysis We investigated the development of achievement and ASC, the association between the growth trajectories of both constructs, and their dependence on class-type by a conditional dual-process linear latent-growth-curve-model (LGM; McArdle & Nesselroade, 2003). We used Mplus 7.2 (Muthén & Muthén, 1998-2012) and a robust maximum likelihood estimation (MLR) in combination with “type is complex”-option to account for the clustered sample structure and full-information maximum likelihood to deal with missing data (McArdle & Grimm, 2010). To ensure the validity of our ASC measure, we tested measurement invariance of the ASC measure across class-types per wave of measurement and across time (Vandenberg & Lance, 2000). Results Strong measurement invariance of ASC measures over time and class-type could be established. The conditional dual-process LGM showed good model fit (CFI=.975). The average development of achievement was significantly positive. Class-type was significantly and positively related to the rate of change in achievement. The average development of ASC was negative. Classtype had no influence on the rate of change. Concerning the common development of achievement and ASC, all correlations between intercepts and slopes were significant. Hence, positive correlations between the slopes of achievement and ASC indicated positive reciprocal effects. Conclusions We found that (a) decreases of ASC did not depend on class type, (b) achievement developed better in gifted classes, and that (c) developments of ASC and achievement were positively related confirming the reciprocal effects model. Implications for gifted education are discussed. ID: 286 / B 02 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Sonstiges Stichworte: student's conception, fragmented knowledge, tree assimilation & wood synthesis, ordered logistic regression, general linear model “Trees live on soil and sunshine!”- Coexistence of Scientific and Alternative Conception of Tree Assimilation Kerstin Bissinger1, Christine J. Arnold1, Simon Thorn2,3, Franz X. Bogner1 1 Department of Biological Education, Centre of Math and Science Education (Z-MNU), University of Bayreuth, Germany; 2 Bavarian Forest National Park, National Park, Grafenau, Germany; 3Chair for Terrestrial Ecology, Department of Ecology and Ecosystem Management, Technische Universität München, Germany Theoretical Background Successful learning is understood as integration of new knowledge into existing schemes which leads to an integrated and correct scientific conception. By contrast, co-existence of scientific and alternative conceptions may indicate a fragmented knowledge profile. Students still hold incorrect conceptions in biology, but these provide the foundation for future knowledge which is reflected by the usage of the appropriate term alternative conception[1]. Conceptual studies on photosynthesis and related issues such as tree assimilation and wood synthesis date back to the 1980s revealing one prominent concept: plants are considered to be absorbing nutrients from their environment [2,3]. Thereby, students reflect problems to understand plants as autotrophic organisms [4]. Although the existence of alternative conceptions of tree assimilation and wood synthesis is proven, determinants of the coexistence of scientific and alternative conceptions remain unclear and determinants of fragmented knowledge profiles are not well understood yet, which may hamper a development of adapted teaching schemes. Objectives The aim of our study is to identify concepts students hold on photosynthesis and wood synthesis. We investigate potential explanatory factors such as age, sex and educational background on (I) the expression of scientific and alternative concepts and (II) the co-existence of scientific and alternative conceptions. Methods We used a questionnaire-based approach implementing two open questions which we developed beforehand: A.) “One of the oldest and thickest trees in Bavaria is a 600-year old oak with a circumference of 7.1 m. In your opinion, what does this tree assimilate from its environment during the day in order to form such a thick trunk?” and B.) “Explain in detail how, in your opinion, this tree produces its timber with inclusion of the above mentioned terms.” Totally, 885 students (46.2% male; 53.8% female; mean age = 18.71 SD±3.87) participated in our study representing four educational levels: 6th graders, 10th graders, natural science freshmen and other academic studies freshmen. Prior to statistical analysis we determined categories by applying a qualitative content analysis [5] to structure and condense our data by an inductive bottom-up approach. Reliability of category assignment was estimated by an intra- inter-rater design (Cohen´s Kappa) [6,7]. To explore general coexistence of distinct concepts we fit Ward´s hierarchical cluster analysis [8] (function hclust (R-package stats)) and we implemented k-means cluster analysis [9] (function k-mean (R-package stats)). The approach was validated by means of a contingency table [10]. We fit ordered logistic regressions [11] for simultaneously testing the influence of educational background, age and sex on conception levels and the expression of scientific or alternative conceptions (function polr, R-package MASS). To simultaneously compare educational backgrounds we implemented Tukey's all-pair comparisons (function glht (R-package multcomp)). We used binomial linear models (function glm, R package stats) [12] for testing the influence of educational background, age and sex on the coexistence of scientific or alternative conceptions. Both simultaneous tests were applied with automatically adjusted p-values for multiple testing [13]. Results Within all subsamples well-known alternative concepts regarding tree assimilation and wood synthesis coexisted with correct scientific ones. For example, students describe trees to be living on “soil and sunshine,” representing scientific knowledge of photosynthesis mingled with an alternative conception of trees eating like animals. Fragmented knowledge profiles occurred in all subsamples, but our models showed that improved education and age foster knowledge integration. Despite significant research effort to improve teaching strategies has been undertaken since the 1980s scientific and alternative conceptions still coexist in students´ mind. Throughout our analysis, educational background was the most important determinant for increasing scientific conceptions and fosters accumulation of scientific concepts. Nevertheless, even science students kept some alternative conceptions although they knew the correct scientific ones. ID: 288 / B 15 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Lehrerexpertise Stichworte: Schüler mit Migrationshintergrund; Lehrerstereotype; Lehrerbeurteilung Benachteiligen Lehrkräfte Schüler mit Migrationshintergrund? Eine experimentelle Studie Sabine Glock Bergische Universität Wuppertal, Deutschland Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund werden oft als die Bildungsverlierer des deutschen Schulsystems bezeichnet. Die Forschung dazu zeigt auch, dass sie nicht nur durch geringere Schulleistungen (Gebhardt, Rauch, Mang, Sälzer, & Stanat, 2013; Stanat, 2006), sondern auch in der Beurteilung durch die Lehrkräfte benachteiligt werden (Chudaske, 2012). Dabei werden stereotype Erwartungen von Lehrkräften als ein Mechanismus identifiziert, der zur Benachteiligung beitragen kann (Parks & Kennedy, 2007). Duale Prozessmodelle der Urteilsbildung spezifizieren wie stereotype Erwartungen in der Beurteilung zum Tragen kommen (Fiske & Neuberg, 1990). Dabei ist eine Determinante die Information über die wahrzunehmende Person, die darüber entscheiden kann, ob stereotype Erwartungen in die Beurteilung einfließen oder nicht. Während Personeninformation, die stereotype Erwartungen bestätigt, in stereotypen Urteilen resultieren sollen, wird angenommen, dass erwartungsinkonsistente Information eher dazu führen sollte, dass die Beurteilung stärker auf die individuellen und nicht auf der stereotypbasierten Information basiert. Diese Annahmen wurden die stereotypen Erwartungen von Lehrkräften über Schüler mit Migrationshintergrund übertragen und in einem Experiment in einer Stichprobe von 83 erfahrenen Lehrkräften überprüft. Eine Gruppe von Lehrkräften beurteilte die Beschreibung von einem stereotyp-konsistenten, leistungsschwachen türkischen Schüler, und die andere Gruppe einen leistungsschwachen deutschen Schüler. Einer anderen Gruppe von Lehrkräften wurde die Beschreibung eines stereotypinkonsistenten, leistungsstarken türkischen Schülers präsentiert, während eine weitere Gruppe von Lehrkräften einen leistungsstarken deutschen Schüler beurteilte. Die Lehrkräfte beurteilten das Engagement der Schüler, die Leistung in Deutsch und in Mathematik sowie die soziale Isolierung. In separaten 2 x 2 Zwischengruppen-ANOVAs konnte keine Benachteiligung für Schüler mit Migrationshintergrund in der Mathematikleistung gefunden werden. Der leistungsstarke türkischer Schüler wurde als engagierter eingeschätzt als der deutsche Schüler, auch wurden die Schüler mit Migrationshintergrund als weniger sozial isoliert beurteilt. In der Beurteilung der Deutschleistung zeigte sich jedoch eine Benachteiligung des leistungsschwachen türkischen Schülers verglichen mit dem deutschen Schüler. Dieser wurde in seiner Deutschleistung als weniger kompetent beurteilt. Für den leistungsstarken Schüler ergab sich kein solcher Unterschied. Die Studie bestätigt die Annahmen der dualen Prozessmodelle teilweise. Lehrkräfte urteilen nach der individuellen Information, wenn die Informationen über die Schüler erwartungsinkonsistent sind. Werden jedoch Erwartungen bestätigt, dann schlägt sich das auch im Urteil der erfahrenen Lehrkräfte nieder. Dies betrifft jedoch nur die Deutschleistung, wobei hervorgehoben werden muss, dass die leistungsschwache Schülerbeschreibung bis auf den Vornamen der Schüler exakt den gleichen Wortlaut hatte. Schüler mit Migrationshintergrund weisen oftmals geringere sprachliche Kompetenzen im Vergleich zu ihren deutschen Peers auf (Hesse, Göbel, & Hartig, 2008), was vor allem die akademische Bildungssprache betrifft (Haag, Heppt, Stanat, Kuhl, & Pant, 2013). In Mathematik spielt die Bildungssprache eine untergeordnete Rolle, da das benötigte Fachvokabular von der Lehrkraft vermittelt wird. Dies spiegelt sich auch in der Forschung wider, die aufzeigt, dass die Bildungslücke zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund in Mathematik geringer ist (Pöhlmann, Haag, & Stanat, 2013). Somit kann die schlechtere Bewertung des leistungsschwachen Schülers mit Migrationshintergrund in Deutsch durchaus über stereotype Erwartungen erklärt werden, die sich über die Erfahrung mit diesen Schülern bilden. Eine generelle Benachteiligung der Schüler mit Migrationshintergrund jedoch konnte nicht bestätigt werden: Im Gegenteil leistungsstarke Schüler mit Migrationshintergrund werden als engagierter wahrgenommen. Wird jedoch bedacht, dass gerade im Schullaufbahnkontext die Deutschnote der stärkste Prädiktor für die Empfehlungen der Lehrkräfte darstellt, geben die Ergebnisse im Bereich der Deutschleistung Anlass über Möglichkeiten zur Reduzierung des Einflusses stereotyper Lehrererwartungen nachzudenken. ID: 290 / C 03 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Peer-Feedback, wissenschaftliches Schreiben, Textkompetenz, Methodenkompetenz Eine Interventionsstudie zur Förderung akademischer Textkompetenz bei Studierenden der Ingenieurund Naturwissenschaften Ines Lammertz, Heidrun Heinke RWTH Aachen, Deutschland In allen Fachdisziplinen ist beruflicher Erfolg zumindest teilweise abhängig von der Fähigkeit aussagekräftige und gut formulierte Texte zu schreiben (Cho & Schunn, 2007). Als eine wichtige Komponente dieser Fähigkeit wird dabei häufig die Fähigkeit zur Revision von Texten identifiziert (z.B. Bonk, 1990; Flower, 1979). Da diese Revision sowohl fremde als auch eigene Texte betreffen kann, werden hier nach Schindler und Siebert-Ott (2012) zur Differenzierung die Begriffe der Textkompetenz im engeren und Textkompetenz im weiteren Sinne verwendet. Textkompetenz im engeren Sinne bezieht sich auf die Fähigkeit, selber Texte zu schreiben, wozu im Sinne von Flower (1979) auch die Revision eigener Texte im Rahmen des Schreibprozesses zugeordnet wird. Textkompetenz im weiteren Sinne beschreibt die Fähigkeit zur Revision fremder Texte. Studien zeigen, dass Übungen in beiden Revisionsformen zur Verbesserung der Qualität selbst verfasster Texte beitragen können (z.B. Cho & MacArthur 2011; Lumbelli, Paoletti & Frausin, 1999; Fitzgerald, 1987). Im Rahmen einer im Physikpraktikum für Chemiestudierende angesiedelten Feldstudie an der RWTH Aachen wurde im WS 2014/15 untersucht, inwiefern die Textkompetenz im weiteren Sinne durch das Schreiben sogenannter Kurzveröffentlichungen in Verbindung mit geeignetem Feedback verbessert werden kann. Dabei wurden 102 Chemiestudierende in eine Kontroll- und zwei Interventionsgruppen aufgeteilt. Alle Gruppen absolvierten im Semesterverlauf zehn Versuche. Während die Kontrollgruppe zu acht Versuchen Versuchsberichte (Protokolle) schrieb, wurde in den Interventionsgruppen ein Versuchsbericht durch eine Kurzveröffentlichung im Stil eines wissenschaftlichen Papers ersetzt. Die Interventionsgruppen unterschieden sich nur hinsichtlich des Feedbacks: Eine Gruppe erhielt Feedback vom Tutor, in der anderen Gruppe kommentierten die Studierenden ihre Kurzveröffentlichungen gegenseitig und tauschten ihre Eindrücke in einer Peer-Feedbackrunde aus (Lammertz & Heinke, 2015). Für die Erhebung der Textkompetenz im weiteren Sinne wurde eigens ein Testinstrument entwickelt. Dieses besteht aus zwei Test-Texten zur Thematik „freier Fall“. In der Form angelehnt an eine wissenschaftliche Veröffentlichung beinhalten diese Texte jeweils 30 Fehler, die zuvor als typische Fehler in Kurzveröffentlichungen von Studierenden identifiziert wurden. Aufgabe der Studierenden bei der Bearbeitung der Test-Texte ist es, die eingebauten Fehler zu finden und nachvollziehbar zu kommentieren. Es zeigte sich, dass beide Interventionsgruppen im Posttest signifikant mehr Punkte erzielten als die Kontrollgruppe. Anders als z.B. bei Cho & Schunn (2007) konnte aber kein signifikanter Unterschied beim Einsatz der beiden Feedbackformen festgestellt werden (Lammertz & Heinke, in Vorbereitung). Bei der Pilotierung des Testinstruments konnten mittels einer Korrelationsanalyse 24 der 30 Fehler als äquivalent und für die Studie nutzbar identifiziert werden. Daher wurden die Texte überarbeitet und werden im Rahmen einer Wiederholungsstudie im WS 2015/16 in modifizierter Form eingesetzt. An dieser Studie nehmen voraussichtlich 100 Chemiestudierende teil. Die Studierenden werden randomisiert einer Interventions- bzw. einer Kontrollbedingung zugeordnet, wobei alle Probanden der Interventionsgruppe am Peer-Feedback teilnehmen werden. Diese Entscheidung ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Feedbackformen zeigte. Zum anderen lässt der Einsatz von PeerFeedback nicht nur Vorteile bei der Verbesserung der Textkompetenz im engeren Sinne (Jahin, 2012), sondern auch im Hinblick auf die Qualitätssicherung erwarten (Cho & Schunn, 2007). Im Rahmen der Studie bearbeiten alle Studierenden im Pre- und Posttest jeweils einen der Test-Texte im Kreuzdesign. Zusätzlich füllen sie zu beiden Erhebungszeitpunkten einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung aus und bearbeiten im Semesterverlauf einen speziell für Chemiestudierende entwickelten Leseverständnistest. Mit den erhobenen Daten sollen die folgenden Forschungsfragen adressiert werden: FF1: Kann der beobachtete Lernerfolg im Hinblick auf Textkompetenz im weiteren Sinne in einer Wiederholungsstudie bestätigt werden? FF2: Ermöglicht das überarbeitete Testinstrument eine bessere Differenzierung des Treatmenteffektes? Die Datenerhebung wird im Januar 2016 mit dem Posttest abgeschlossen, so dass sowohl das überarbeitete Testinstrument als auch die Testergebnisse vorgestellt werden können. ID: 299 / B 02 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Lesegeschichten, Chemieunterricht, Interventionsstudie Mit Lesegeschichten im Chemieunterricht lernen Tim Reschke1, Jenna Koenen2, Elke Sumfleth1 1 Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund Wie mehrere Studien zeigen, haben Schülerinnen und Schüler im Fach Chemie Defizite im Fachwissen und gleichzeitig ein geringes Interesse am Fach (z. B. Pant et al. 2013; Sjøberg & Schreiner, 2010). Die vermehrte Anregung des situationalen Interesses könnte einen ersten Schritt in Richtung einer positiven Entwicklung des Fachinteresses darstellen (vgl. Hidi & Berndorff, 1998). Eine Möglichkeit, sowohl dem mangelnden Fachwissen als auch dem geringen Interesse der Schülerinnen und Schüler entgegen zu wirken, könnten Lernmaterialien sein, die den Wissenserwerb und das situationale Interesse gleichzeitig anregen. Chemiebezogene Lesegeschichten könnten diesen Anforderungen gerecht werden (vgl. Avraamidou & Osborne, 2009). Solche Geschichten werden oft im Rahmen der Methode des Storytellings im Unterricht eingesetzt (z. B. Egan, 1988; SchekatzSchopmeier & Lück, 2011). Hierbei werden am Anfang der Unterrichtsstunde den Schülerinnen und Schülern durch die Lehrperson Geschichten erzählt, um sie für die darauffolgenden Fachinhalte zu begeistern. Heutzutage werden auch Lesegeschichten auf diese Weise eingesetzt (z. B. Martensen, Tietjens & Parchmann, 2007). Zudem können Lesegeschichten auch konkrete Fachinhalte enthalten (u. a. Kaspar & Mikelskis, 2008). Im Vergleich zu Sachtexten werden dabei andere narrative Elemente genutzt (vgl. Avraamidou & Osborne, 2009). So können zum Beispiel Analogien und Personifikationen entsprechende Mittel sein, um unbekannte Fachinhalte durch Rückgriff auf bereits bekannte Sachverhalte aus dem Alltag zu erklären (Duit & Glynn, 1992; Püttschneider & Lück, 2004). Forschungsvorhaben und -ziel der Studie Es wird untersucht, wie sich das Lernen mit Lesegeschichten im Vergleich zum Lernen mit Sachtexten, die die meist verwendete Textart im Chemieunterricht darstellen, auf den Lernerfolg im Bereich des Fachwissens und auf das situationale Interesse der Schülerinnen und Schüler auswirkt. Daraus ergeben sich zwei zentrale Forschungsfragen: Inwieweit können Schülerinnen und Schüler mit chemiebezogenen Lesegeschichten besser unbekannte Fachinhalte erlernen als mit Sachtexten? Inwieweit unterscheidet sich das situationale Interesse beim Lernen mit chemiebezogenen Lesegeschichten im Vergleich zum Lernen mit Sachtexten? Methode Es wurden jeweils eine Lesegeschichte und ein Sachtext zum Thema Alkalimetalle mit identischen Fachinhalten entwickelt. Alle Texte wurden zudem acht Schülerinnen und Schülern vorgelegt und mithilfe der Methode des Lauten Denkens mit anschließenden leitfadengestützten Interviews analysiert und daraufhin optimiert. Nun werden die Texte in einer Interventionsstudie (N = 400) im Prä-post-follow-up-Design zur Beantwortung der Forschungsfragen in der Jahrgangsstufe 8 an Gymnasien und in der Jahrgangsstufe 8/9 an Realschulen eingesetzt. Der Lernerfolg wird mithilfe eines Fachwissenstests im Multiple-Choice-Single-Select-Format evaluiert. Das situationale Interesse wird mithilfe eines adaptierten Fragebogens von Fechner (2009) evaluiert. Als Kontrollvariablen werden die aktuelle Motivation (FAM: Rheinberg, Vollmeyer & Burns, 2001), die kognitiven Fähigkeiten (KFT N2: Heller & Perleth, 2000), die Lesekompetenz (LGVT: Schneider, Schlagmüller & Ennemoser, 2007), das Fachinteresse (Fechner, 2009), die Lernzeit, die Deutsch- und Chemienote, das Geschlecht sowie die in der Freizeit gesprochene Sprache erhoben. Zudem wird die kognitive Belastung (Kalyuga, Chandler & Sweller, 1999; Paas, 1992) erhoben, um zu überprüfen, inwieweit die unterschiedliche Gestaltung der Textarten einen Einfluss auf die empfundene Schwierigkeit und die investierte Denkanstrengung der Schülerinnen und Schüler hat. Unterschiedliche kognitive Belastungen könnten sich darüber hinaus positiv oder negativ auf den Lernerfolg oder auch das situationale Interesse auswirken. Ausblick Basierend auf den Ergebnissen kann dann eine Aussage gemacht werden, ob die Lesegeschichte gegenüber einem vergleichbaren Sachtext hinsichtlich des Lernens und des situationalen Interesses Vorteile zeigt. Die Ergebnisse der Studie sollen im Rahmen eines Vortrages vorgestellt werden. ID: 302 / D 11 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Vorschulische Bildung Stichworte: Kindertagesstätten, Familie, Sekundärdatenanalyse, sozia-emotionale Fähigkeiten, Kompensation Die Bedeutung von Merkmalen frühkindlicher institutioneller Betreuung für die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern im Vorschulalter Franziska Wilke Freie Universität Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund In den letzten Jahren wurde der quantitative Ausbau von Kindertagesstätten vor allem für Kinder unter drei Jahren erheblich vorangetrieben, mit dem Resultat, dass immer mehr Kinder zwischen der Geburt und dem Übertritt in die Schule zeitweise institutionell betreut werden (Statistisches Bundesamt 2014). Gleichzeitig zeigt sich eine Verunsicherung, ob insbesondere eine frühe und umfangreiche frühkindliche institutionelle Betreuung förderlich für die kindliche Entwicklung ist. Auf der anderen Seite sind Kindertagesstätten gefordert, Bildungschancen für alle Kinder zu ermöglichen und somit zum Abbau von Bildungsungleichheiten beizutragen. Positive Effekte frühkindlicher Betreuung auf die kognitive Entwicklung konnten in Studien bereits nachweisen werden (z.B. NICHD ECCRN 2002, 2005, Sylva et al. 2011, Anders 2013). Bezogen auf die sozialemotionalen Fähigkeiten zeigen internationale Studien in-konsistente Ergebnisse (z.B. NICHD 2002, 2005, Vortruba Drzal, 2004, Jaffee et al. 2011). In Deutschland gibt es nur vereinzelt Studien, die sich mit der Bedeutung institutioneller Betreuung für die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern auseinandersetzen und eher positive Zusammenhänge zwischen der Dauer institutioneller Betreuung, dem Umfang, des Eintrittsalters und der Qualität feststellen (Tietze u.a. 2013, Schlotter, Martin 2010). Hier bedarf es jedoch weiterer empirischer Evidenz. Fragestellung In der Studie wird folgenden Fragestellungen nachgegangen: 1) Welche Bedeutung hat die institutionelle Betreuung für die sozialemotionalen Fähigkeiten von Kindern im Vorschulalter? 2) Welche Bedeutung haben das Eintrittsalter, die Intensität, die Dauer der Betreuung und Betreuungswechsel für die sozial-emotionalen Fähigkeiten von Kindern? 3) Ist die Bedeutung von Betreuungsmerkmalen für Kinder aus sozial benachteiligten Familien unterschiedlich im Vergleich zu Kindern aus privilegierten Familien? Methode Datengrundlage für die Sekundäranalyse bilden die Mutter-Kind-Fragebögen des Sozioökonomischen Panels (SOEP) mit den Befragungswellen 2003 bis 2009. In den Analysen werden die Kohorten der 2-3-jährigen und 5-6-jährigen Kinder einbezogen (N3=1148, N6=447). Neben umfangreichen Informationen zu familialen Hintergrundmerkmalen (Bildung, Einkommen, Familiensprache) werden die Eltern nach der Häufigkeit gemeinsamer kognitiv anregender Aktivitäten mit ihren Kindern gefragt, welche in dieser Studie als Maß familialer Anregungsqualität definiert werden. Die sozial-emotionalen Fähigkeiten wurden durch die Mütter für die 3-jährigen Kinder mithilfe der Vineland-Adaptive-Behaviour Gesamtskala sowie der Subskala "Soziale Beziehungen" (Sparrow, Cicchetti und Balla 1984; Schmiade, Spies & Tietze 2008) eingeschätzt und für die 6-jährigen Kinder mithilfe des Strength-Difficulties-Questionnaire (Goodman, 1997). Ebenso wurden Informationen zu den Betreuungsmerkmalen erhoben: Besuch einer Kindertagesstätte, familienähnliche Betreuungssettings (Nachbarn, Babysitter), das Eintrittsalter, die Dauer der institutionellen Betreuung, die Betreuungsintensität und die Anzahl verschiedener Betreuungssettings pro Woche. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass der Besuch einer Kindertagesstätte, unter Kontrolle der familialen Hintergrundmerkmale, einen positiven Effekt auf das sozial-emotionale Verhalten von Kindern im Alter von drei Jahren hat. Darüber hinaus werden Kinder, die eine Kita mit früherem Eintrittsalter, mit längerer Verweildauer sowie die Kita mit einem höherem Stundenumfang besuchen, von ihren Eltern höher in ihren adaptiven Fähigkeiten und sozialen Beziehungen eingeschätzt. Ebenso zeigt sich, dass sich auch die Betreuung in mehreren verschiedenen Settings günstig auf die sozial-emotionalen Fähigkeiten von Kindern im Alter von drei Jahren auswirkt. Im Alter von sechs Jahren ließen sich keine Effekte der Betreuungsmerkmale nachweisen. Die Analysen differenzieller Effekte von Merkmalen der Betreuungsbiographie für Kinder aus Elternhäusern mit unterschiedlichem kognitiven Anregungspotential zeigen kein einheitliches Muster. Kinder aus Familien, die seltener kognitiv anregende Aktivitäten mit ihren Familien unternehmen, werden von den Eltern als problematischer eingeschätzt, wenn sie eine Kita besuchen. Kinder aus weniger kognitiv anregungsreichen Familien profitieren im Hinblick auf das prosoziale Verhalten von einer längerfristigen Betreuung in einer Kindertagesstätte. Von einem früheren Eintrittsalter profitieren ebenfalls, hinsichtlich des prosozialen Verhaltens, Kinder aus weniger kognitiv anregungsreichen Familien. Schließlich werden Kinder, die eine weniger kognitiv anregungsreiche Lern- und Entwicklungsumgebung in der Familie erfahren, in ihren adaptiven Fähigkeiten höher eingeschätzt, wenn sie mit höherem Stundenumfang institutionell betreut werden. ID: 307 / D 02 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lernen mit Computer und neuen Medien, Motivation und Emotion Stichworte: proportionales Denken, kooperatives Lernen, Tablets, Emotionen, Aufgabenfokus Produktive Divergenz beim kooperativen Lernen mit iPads – eine multimodale Analyse des Falls "Tarzan und Jane" Armin Weinberger, Lara Schmitt Universität des Saarlandes, Deutschland Theoretischer Hintergrund Tablet-Computer werden im Unterricht hauptsächlich in individuellen Lernarrangements etwa mit interaktiven, dynamischen Visualisierungen eingesetzt (z. B. Schneps et al., 2014). Ähnlich wie Tabletops können Tablets aber auch von mehreren Nutzern gleichzeitig und direkt gesteuert (Multi-Touch) und damit für kooperative Lernarrangements genutzt werden. Convergent conceptual change beschreibt das Phänomen zweier Novizen, die sich mit Hilfe eines reflektiven Tools gegenseitig darin unterstützen, auf einer höheren Wissensstufe zu konvergieren (Roschelle, 1992). Ein wesentliches Merkmal kooperativer Lernprozesse scheint dabei zu sein, wie Lerner gemeinsam eine Aufgabe fokussieren und dabei kognitive Divergenzen auflösen (Doise & Mugny, 1984). Aber nicht nur kognitive, sondern auch emotionale Ko-Regulierung der Lernenden spielt eine entscheidende Rolle für effektives kooperatives Lernen (Järvelä, Hurme, & Järvenoja, 2011). Zur Erforschung kooperativen Lernens sollten deshalb sowohl kognitive als auch emotionale Prozesse multimodal erhoben werden, was neben Diskursdaten etwa auch die räumliche Nutzung der Lernumgebung (Territorialität) einschließen kann (Suthers et al., 2013). „Proportion“ ist eine von uns entwickelte iPad App (Rick, 2012; Rick, Kopp, Schmitt, & Weinberger, 2015), mit der Grundschüler der 4. Klasse beim kooperativen Lernen von proportionalem Denken gefördert werden sollen. Die Schüler bearbeiten kontinuierlich schwieriger werdende Aufgaben, bei denen sie zwei vertikal nebeneinander angeordnete Balken so konfigurieren müssen, dass sie ihre numerische Beschriftung korrekt repräsentieren (z. B. 2 zu 3). Jede Aufgabe beinhaltet zwei neue Zahlen, die durch Anpassung der Größe der Balken ins richtige Verhältnis zueinander gebracht werden sollen. Fragestellung Welche Rolle spielen gemeinsamer Aufgabenfokus und emotionale Gruppenprozesse beim kooperativen Wissenserwerb mit Tablets? Methode Es wurde ein einfaktorielles (3 Faktorstufen) Pre-, Posttest-Design angewendet. Das Lernformat wurde variiert: Die Schüler arbeiteten entweder individuell oder kooperativ (dyadisch) mit "Proportion". Innerhalb der kooperativen Bedingung variierte der Touch-Modus: Single-Touch (nur ein Input wird registriert) oder Multi-Touch (mehrere Inputs werden registriert). Die individuell arbeitenden Schüler arbeiteten grundsätzlich im Multi-Touch-Modus. Die Stichprobe umfasste n=125 Schüler; der Altersdurchschnitt betrug 10 Jahre. Vor und nach der App-Intervention wurden Fragebögen und Mathetests eingesetzt. Die Datenquellen umfassen auch Videoaufzeichnungen, die mittels eines Kodierschemas auf zwei Ebenen analysiert wurden: Emotionen und Aufgabenfokus. Zusätzlich zur quantitativen Analyse wird eine Dyade („Tarzan und Jane“) in Form einer Fallanalyse vorgestellt. Ergebnisse Innerhalb der Teilstichprobe gab es einen signifikanten Lernzuwachs vom Pre- (M=11.80, SD=4.84) zum Posttest (M=14.14, SD=5.10): t(43)=3.253, p=.002. Tarzan und Jane zeigten im Pretest zwar (homogen) unterdurchschnittliche Leistungen (jeweils 7 Punkte), verbesserten sich aber stark im Posttest (+9 bzw. +13 Punkte). Tarzan und Jane als Team sind überdurchschnittlich aufgabenfokussiert, allerdings sehr heterogen: Tarzan wechselt schlagartig von Phasen hoher Aktivität zu Pausen, wohingegen Jane die Aufgaben ruhig und kontinuierlich bearbeitet. Ein ähnlich divergentes Muster spiegelt sich in den Emotionen wider: Tarzan zeigt viele positive Emotionen (M = .73), Jane nur wenige (M = .28). Der gemittelte Emotionswert der Dyade (.50) entspricht in etwa dem Wert der Teilstichprobe (.58). Auch hinsichtlich territorialer Aspekte der Lernprozesse zeigt sich Tarzans hohes Erregungsniveau: Wiederholt schiebt Tarzan Janes Hand zur Seite oder nimmt das iPad in seine Hände oder auf den Schoß. Am Fall von Tarzan und Jane wird illustriert, wie Aufgabenfokus und emotionale Divergenzen sich produktiv auf kognitive Konvergenz auf einer höheren Ebene auswirken können: Gemeinsam Lernende können sich gegenseitig regulieren und auch aktivieren. Über diesen Fall hinaus ist es unser Ziel, die komplexen Wechselwirkungen von Konvergenzen und Divergenzen auf verschiedenen Ebenen des Lernprozesses systematisch zu erforschen und weitere Einflussvariablen miteinzubeziehen, z. B. die Qualität des Dialoges oder das Ausmaß strategischen Vorgehens. Dazu wurden Folgestudien mit Proportion durchgeführt, in denen u. a. Verbalisierungs- und Strukturierungsprompts eingesetzt wurden. Diese aktuellen Daten werden zurzeit analysiert und auf der Konferenz präsentiert. ID: 308 / E 01 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Trainings- und Evaluationsforschung, Vorschulische Bildung Stichworte: Familienbildungsprogramm, Familie, Evaluation, Elterntraining Auswirkungen der Teilnahme an erziehungskompetenzorientierten und beziehungsorientierten Kursen für die kindliche Entwicklung Axinja Hachfeld, Franziska Wilke, Yvonne Anders Freie Universität Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund Kinder unterscheiden sich abhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft (OECD, 2004a, 2004b) bereits zu Beginn der Grundschulzeit stark in ihren kognitiven Kompetenzen (z.B. Magnuson et al., 2004). Zudem können viele Familien ihren Kindern kein optimales lernanregendes Umfeld für eine positive kindliche Entwicklung bieten (Melhuish et al., 2008). Vor diesem Hintergrund werden national als auch international vorschulische Bildungsprogramme konzipiert und insbesondere deren Potenzial zur Kompensation von Benachteiligung von Kindern aus sozial schwachen Familien oder Kindern mit Migrationshintergrund diskutiert (Perry Preschool Project: Schweinhart et al., 1993; Schweinhart et al., 2005; HIPPY Project: Bierschock et al., 2009). Auch in Deutschland wurden verschiedene Ansätze zur Unterstützung von Familien entwickelt und erprobt. Dennoch fehlt es an Studien, die belastbare Aussagen zu den Auswirkungen solches Modellprojekte zulassen (Brand & Jungmann, 2012; Taubner et al., 2013). Ein Bespiel für ein solchen Programm, das in Deutschland entwickelt wurde, ist das Modellprojekt „Chancenreich“. Es bietet allen Familien in der Stadt Herford Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihrer Neugeborenen und Kleinkinder an. Im Rahmen des Modellprojekts werden verschiedene Module umgesetzt (z.B. Familienbesuche, die Bereitstellung eines Elternhandbuchs), von denen fünf verpflichtend sind, darunter auch das Modul „Elterntraining“. Dieses umfasst sowohl Kurse, die auf die ‚Eltern-Kind-Beziehung‘ fokussieren, als auch Kurse, die auf die Verbesserung von‚ Erzie-hungskompetenzen‘ ausgerichtet sind. Fragestellung Das Projekt AQuaFam („Ansätze zur Erhöhung der familialen Anregungsqualität“) untersucht die Auswirkungen der Teilnahme am Projekt „Chancenreich“ auf das Erleben und Erziehungsverhalten der Eltern sowie auf die soziale und sprachliche Entwicklung der Kinder. Im Rahmen dieser Studie werden folgende Fragestellungen diskutiert: (1) Welche Effekte hat die Teilnahme am Projekt „Chancenreich“ auf die wahrgenommene Unterstützung der Eltern und ihre Erziehungsselbstwirksamkeit? (2) Welchen Einfluss hat die Teilnahme am Projekt auf den sprachlichen und sozial-emotionalen Entwicklungsstand der Kinder? (3) Lassen sich unterschiedliche Effekte der verschiedenen Kursarten sowohl auf Elternebene als auch bei der kindlichen Entwicklung feststellen? Methode Die Studie ist als Querschnittstudie mit zwei Untersuchungsgruppen – einer Interventionsgruppe und einer Vergleichsgruppe – angelegt. Die Stichprobe der Interventionsgruppe umfasst 184 zwei- bis vierjährige Kinder und Familien, die am Modellprojekt seit der Geburt teilnehmen. Zusätzlich wird eine Vergleichsgruppe von 58 gleichaltrigen Kindern und ihren Familien, die nicht am Programm teilnehmen, untersucht. Die Testung des Kindes und die Befragungen der Familien fanden im Haushalt der Familie statt. Die Eltern wurden zu Merkmalen des sozialen Hintergrundes, der familialen Anregungsqualität, der wahrgenommenen sozialen Unterstützung, ihrer Selbstwirksamkeit und zu den verschiedenen Kursmodulen befragt. Die sozial-emotionalen Fähigkeiten des Kindes wurden mithilfe des Strength-Difficulties-Questionnaire (SDQ: Goodman, 1997) und der Vineland-Skala (Sparrow et al., 2005) durch die Eltern eingeschätzt. Zusätzlich wurden die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertagesstätten gebeten, die Fähigkeiten der Kinder auf diesen Skalen einzuschätzen. Die sprachlichen Fähigkeiten des Kindes wurden mit dem Wortschatztest „Peabody Picture Vocabulary Test“ (PPVT: Dunn & Dunn, 1997) durch geschulte Erheber/-innen im häuslichen Umfeld der Familie erfasst. Die Fragestellungen werden mit Hilfe von Regressionsverfahren analysiert. Fehlende Werte wer-den durch Full-InformationMaximum-Likelihood berücksichtigt. Da sich die Interventions- und Vergleichsgruppe bezüglich familialer Hintergrundmerkmale unterscheiden, werden in allen Mo-dellen die entsprechenden Merkmale der Familie und des Kindes (Bildungsabschluss, Einkommen, Alter, Geschlecht des Kindes, Erstgeborenes) kontrolliert. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass die Teilnahme am Chancenreich-Programm mit einer höher wahrgenommenen sozialen Unterstützung einhergeht. Ebenso verhalten sich Eltern, die an Chancenreich teilnehmen, eher nachgiebiger gegenüber ihren Kindern. Es können keine Unterschiede im überreagierenden Verhalten gegenüber den Kindern nachgewiesen werden. Auf der Kindsebene zeigt sich, dass Chancenreich-Kinder von den pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen als weniger problematisch und von den Eltern höher in ihren Alltagsfertigkeiten eingeschätzt werden. Ebenso kann ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen dem Wortschatz des Kindes und der Teilnahme an Kursen, die sich auf die Eltern-KindBeziehung fokussieren, festgestellt werden. ID: 309 / C 03 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Lehrerexpertise Stichworte: Professionswissen, Physik, Testkonstruktion, Sekundarstufe Fachspezifische Lehrerkompetenzen (FALKO) – Teilprojekt Physik Anja Schödl, Anja Göhring Universität Regensburg, Deutschland Seit einigen Jahren ist innerhalb der (inter)nationalen fachdidaktischen Forschung die Frage nach den Bedingungsfaktoren für „erfolgreichen“ Unterricht weithin präsent. Bisherige Studien ergaben, dass ein zentraler Bedingungsfaktor dafür eine „gute“ Lehrkraft ist. Weiterhin unzureichend geklärt bleibt aber, auf welche Kernkompetenzen Lehrkräfte bei der Ausübung ihres Berufes zurückgreifen. Daher wurde und wird in zahlreichen Forschungsvorhaben versucht, Lehrerkompetenzen theoriebasiert zu modellieren und empirisch mit Hilfe unterschiedlicher Testverfahren abzubilden. Die Projektgruppe FALKO (Didaktiker der Universitäten Regensburg und Augsburg) entwickelt Papier-und-Bleistift-Tests zur Erfassung des Professionswissens von Lehrkräften der Sekundarstufe I für verschiedene Fächer. Dem Forschungsprojekt liegt ein gemeinsames Rahmenkonzept zugrunde, das sich an die COACTIV-Studie (Krauss et al., 2011) anlehnt und den Wissenstaxonomien Shulmans (1986, 1987) folgt. Beim Teilprojekt FALKO Physik wird im Unterschied zu bisherigen Tests (vgl. z.B. Riese & Reinhold, 2009) auf mehrere physikalische Themengebiete sowie auf Physiklehrkräfte an Real- und Haupt-/Mittelschulen als Personenzielgruppe fokussiert. Hinsichtlich der Erfassung des CK („Content Knowledge“) erfolgt in den offen und geschlossen formulierten Items eine Orientierung an den Niveaus des „vertieften Hintergrundwissens zu Themengebieten aus der Sekundarstufe I“ und des „Schulwissens“. Beim PCK („Pedagogical Content Knowledge“) werden die Subfacetten „Wissen über Instruktion“, „Wissen über Schülerkognition“ (Krauss et al., 2011) sowie „Wissen über Messen und Experimentieren“ innerhalb offener Fragestellungen operationalisiert. Bei der Konzeption der PCK-Items fanden zudem die Ergebnisse des PCK-Summits 2012 Berücksichtigung (PCK-Summit, 2012). Mit dem Testinstrument FALKO-Physik sollen die folgenden Forschungsfragen beantwortet werden: Lässt sich fachspezifisches Professionswissen von Physiklehrkräften reliabel und valide messen? Wie hängt das PCK von Physik-Lehrkräften mit deren CK zusammen? Wie unterscheiden sich Physiklehrkräfte an Real- und Haupt-/Mittelschulen hinsichtlich des PCK und des CK? Wie unterscheiden sich Physiklehrkräfte an Haupt-/Mittelschulen, die Physik als Haupt- bzw. Nebenfach studierten, von denen, die nicht Physik studierten, hinsichtlich des PCK und des CK? Eine Erstfassung des Tests (Elektrizitätslehre) wurde mit Fachdidaktikern und erfahrenen Lehrkräften (RS, HS/MS) prä-pilotiert. Der gekürzte und modifizierte Test wurde zur Untersuchung einer gemischten Stichprobe (N = 75) eingesetzt. Die Testpersonen schätzten die Items als eindeutig gestellt und berufsrelevantes Wissen enthaltend ein. Die Skalenreliabilitäten (Cronbachs α) zeigen Werte von .66 (PCK) und .84 (CK). Für die mittlere Testleistung (alle Probanden, alle Items) liegt bei 39 % (SD = 16,74) (PCK: 37 %, SD = 14,32; CK: 42 %, SD = 20,86). Die Korrelation (Pearsons r) zwischen den PCK- und den CK-Items über die gesamte Stichprobe beträgt .55 (zweiseitig, p < .001, N = 56). Eine zweite Pilotstudie (Mechanik, Optik, Wärmelehre) erfolgte analog zur ersten (N = 53). Die Ergebnisse der Augenscheinvalidität sind mit denen der ersten Pilotierung vergleichbar. Die Skalenreliabilitäten zeigen Werte von .75 (PCK) und .78 (CK). Die mittlere Testleistung (alle Probanden, alle Items) beträgt 48 % (SD = 17,57) (PCK: 39 %, SD = 18,07; CK: 57 %, SD = 20,87). Die Korrelation zwischen den PCK- und CK-Items über die gesamte Stichprobe liegt bei .61 (zweiseitig, p < .001, N = 35). Ausgewählte Items aus beiden Pilotierungen fanden Eingang in die Testendversion, welche derzeit in einer Hauptstudie validiert wird. Für die bisher 68 ausgewerteten Testhefte (gemischte Stichprobe) liegen die Skalenreliabilitäten (Cronbachs α) bei .71 (PCK) und .85 (CK). Die mittlere Testleistung (alle Probanden, alle Items) beträgt 37 % (SD = 17,11) (PCK: 36 %, SD = 14,94; CK: 39 %, SD = 21,86). Die Korrelation (Pearsons r) zwischen den PCK- und den CK-Items über die gesamte Stichprobe zeigt einen Wert von .76 (zweiseitig, p < .001, N = 56). Sowohl bei der Pilotierung als auch bei der Hauptstudie wurden alle Testhefte doppelt codiert. Die Interraterreliabilität (Spearmans ρ) lag dabei zwischen .80 und 1.0. Im Vortrag sollen weitere Ergebnisse aus der Hauptstudie präsentiert und diskutiert werden. ID: 311 / H 04 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktiken der Geschichte, Philosophie, Religion, Gesellschaftswissenschaften Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Unterricht der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Unterrichtsgänge, Religionsunterricht, Kirchenraum, Non-Equivalent Groups Design, Rasch-Modell Der Einfluss des Lernortes auf den Lernerfolg. Eine quantitative Studie am Beispiel des Kirchenraums Katharina Kindermann, Ulrich Riegel Universität Siegen, Seminar für Katholische Theologie Hintergrund Werden mit einer Schulklasse außerschulische Lernorte besucht, sind daran vielfältige Erwartungen geknüpft (Keck & Thomas 2014). So soll der Lernzuwachs der SchülerInnen durch originale Begegnung größer sein als bei einem Unterricht im Klassenzimmer. Davon sollen insbesondere die SchülerInnen profitieren, die nur wenige Vorerfahrungen mit dem Lerngegenstand haben. Der geplante Beitrag prüft die Gültigkeit dieser Erwartungen im Kontext religiösen Lernens am Beispiel des Kirchenraums. Er erweist sich insofern als spezifisch, als beim Kirchenraum – anders als im Museum oder Science Center – Lernort und Lerngegenstand zusammenfallen. Fragestellung In unserem Beitrag untersuchen wir die folgenden Forschungsfragen: 1) Ist der kognitive Lernzuwachs für diejenigen SchülerInnen, die den Kirchenraum als außerschulischen Lernort besuchen, größer als für die SchülerInnen, die analoge Inhalte im Klassenzimmer erarbeiten? 2) Wenn ja, erweist sich ein solcher Unterrichtsgang gerade für diejenigen SchülerInnen als besonders gewinnbringend, die in ihrem Elternhaus mit religiösen Themen und Fragestellungen wenig oder keinen Kontakt haben? Methode Die Untersuchung folgt einem Non-Equivalent Groups Design mit Pre- und Post-Test (Reichardt 2005). Grundlage ist eine Unterrichtssequenz zum Thema Kirchenraum, die 67 Klassen einer 3. Jahrgangsstufe (N = 1143) im Katholischen Religionsunterricht durchlaufen haben. Die teilnehmenden Klassen wurden in vier verschiedene Gruppen eingeteilt. Alle Gruppen behandeln denselben Inhalt, lediglich der Lernort variiert. Während die Klassen der Experimentalgruppe 1 den Kirchenraum zweimal besuchen, unternehmen die Experimentalgruppen 2 und 3 nur jeweils einen Unterrichtsgang in die Kirche. Die Klassen der Kontrollgruppe erarbeiten alle Inhalte ausschließlich im Klassenzimmer. Alle SchülerInnen haben vor (Pre) und nach (Post) der Unterrichtssequenz einen Fragebogen ausgefüllt. Darin haben wir sie zu verschiedenen Hintergrundvariablen (z.B. Religionszugehörigkeit, religiöse Sozialisation im Elternhaus, Vorerfahrungen mit dem Kirchenraum) sowie zu ihrem Wissen über den Kirchenraum befragt. In Anlehnung an PISA haben wir die Items zum Wissen entlang drei verschiedener Niveaus entwickelt (Bybee & McCrae 2009). Auf nominellem Niveau galt es, in der Unterrichtssequenz erworbenes Faktenwissen zu reproduzieren. Auf funktionalem Niveau musste dieses Wissen auf analoge Aufgabenstellungen angewendet werden. Auf prozeduralem Niveau wurde gefordert, das Wissen auf neue Anwendungsfelder zu übertragen. Für jedes Wissensniveau wurden 8 Items formuliert. Die 24 Wissens-Items wurden mittels Rasch-Modell analysiert (Bond & Fox 2007). Der Weighted Maximum-Likelihood-Estimator (WLE) repräsentiert das Wissen der SchülerInnen über den Kirchenraum, der WLEpost – WLEpre den Wissenszuwachs. Eine Untersuchung der üblichen Kennwerte (Devianz, Parameter) zeigt, dass ein dreidimensionales Modell entlang der drei Wissensniveaus unsere Daten am besten abbildet. Dieses Modell weist für den Wissenszuwachs eine gute Reliabilität auf (EAPnom = .78; EAPfunkt = .78; EAPproz = .74). Mittels einer Difference-in-Difference-Regressionsanalyse (Angrist & Pischke 2009) wird der Einfluss des Lernortes sowie der Hintergrundvariablen gemessen. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass das Durchlaufen der Unterrichtssequenz in sämtlichen Klassen – ungeachtet des Lernorts – zu einem signifikanten Wissenszuwachs auf allen drei Niveaus führt (nominell: F/df/p = 327.61/6/p < .001, R2 = .64; funktional: F/df/p = 243.36/5/p < .001, R2 = .52; prozedural: F/df/p = 97.30/5/p < .001, R2 = .30). Dabei erweist sich das Aufsuchen eines außerschulischen Lernortes (Experimentalgruppe 1, 2 und 3) nicht per se als vorteilhaft gegenüber dem Lernen im Klassenzimmer (Kontrollgruppe). Vielmehr sind Anzahl und Stellung der Unterrichtsgänge innerhalb der Sequenz ausschlaggebend für einen zusätzlichen Lernerfolg (Forschungsfrage 1). Zudem profitieren gerade diejenigen SchülerInnen, die in ihrem Elternhaus mit religiösen Themen und Fragestellungen sonst wenig in Kontakt kommen, von außerschulischem Lernen im Kirchenraum (Forschungsfrage 2). Relevanz Obwohl die Daten im Kontext des Religionsunterrichts erhoben wurden, lassen sich aus den Ergebnissen grundlegende methodisch-didaktische Leitlinien für einen gewinnbringenden Einsatz von Unterrichtsgängen ableiten. ID: 312 / D 10 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Sonstiges Stichworte: Einstellungen, taktisches Verhalten, Eindrucksmanagement, schulischer Erfolg Einstellungen gegenüber taktischem Verhalten von Schülerinnen und Schülern – ein Prädiktor für taktisches Handeln und schulischen Erfolg? Horst Biedermann1, Arvid Nagel1, Sarah Forster-Heinzer2, Roland Reichenbach2 1 Paris Lodron Universität Salzburg, Österreich; 2Universität Zürich, Schweiz Basierend auf schulischen Funktionen wie Selektion und Allokation stellt eine positive Bewertung der Leistungen bzw. der eigenen Person ein zentrales Ziel von Schüler/innen dar. Um dieses Ziel zu erreichen, ist Lernanstrengung eine mögliche Strategie. Eine weitere Strategie kann darin gesehen werden, dass man sich gegenüber Lehrpersonen (besonders) positiv darzustellen versucht. Dieser Beitrag setzt hier an, indem darauf bezogene Einstellungen gegenüber taktischem Verhalten betrachtet und in Bezug zum taktischen Verhalten sowie schulischem Erfolg gesetzt werden. Seit mindestens den 1980er Jahren wird die Thematik des taktischen Verhaltens von Schüler/innen in der Schul- und Unterrichtsforschung diskutiert, jedoch handelt es sich um ein empirisch stark vernachlässigtes Thema (vgl. u.a. Eder, 1987; Heinze, 1980; Maschke & Stecker, 2006; Ziehe & Stubenrauch, 1982). Unterricht verstanden als eine besonders stark vorstrukturierte soziale Situation hat öffentlichen (Tauschwert-)Charakter (vgl. Heinze, 1980). Diese Tatsache und damit verbunden, die Kontrolle der Einhaltung von Anstandsformen durch Lehrpersonen und Mitschüler/innen machen, so Heinze (1980), den Einsatz heimlicher Taktiken nötig. Wer je nach Rahmung (vgl. Goffman, 1980) kein spontanes Engagement aufbringen kann (oder will), aber eben müsste, wird „wenigstens den Anschein erwecken wollen, richtiggehend engagiert zu sein. Dies muss er oder sie tun, um die Gefühle der anderen zu wahren und ihre gute Meinung über ihn/sie selbst zu erhalten, unabhängig von seinen Motiven dabei“ (Goffman, 1999, S. 138f.). Wie Eder (1987) betont, gehört dazu daher auch, die Erwartungen der Lehrpersonen zu erfassen und das eigene Verhalten danach auszurichten. Als eine Voraussetzung für taktisches Verhalten wird dabei die Einstellung gegenüber derartigem Verhalten betrachtet. Eine Einstellung stellt nach Allport (1935, S. 810) „ein mentaler und neuraler Bereitschaftszustand, der durch die Erfahrung strukturiert ist und einen steuernden oder dynamischen Einfluß auf die Reaktionen eines Individuums …hat“ – kurz: die Einstellung kann als Voraussetzung für ein konkretes Handeln oder Verhalten betrachtet werden, wodurch sie auch einem taktischen Verhalten im Klassenzimmer vorgelagert ist. Basierend auf diesen theoretischen Erörterungen stehen die folgenden Fragestellungen im Zentrum dieses Beitrags: (1) Lassen sich Einstellungen gegenüber taktischem Verhalten statistisch valide erfassen? (2) Welche Einstellungen gegenüber taktischem Verhalten zeigen sich bei Schüler/innen? (3) Erweisen sich die Einstellungen gegenüber taktischem Verhalten als Prädiktoren für das diesbezügliche Verhalten und die Schulnote? Im Rahmen einer Pilotstudie wurden insgesamt 705 Schüler/innen aus Österreich und der Schweiz mittels Fragebogen erreicht (M=14.8 Jahre, SD=1.8). Die Erfassung der Einstellungen gegenüber taktischem Verhalten wurde in vierdimensionaler Form vorgenommen: (a) Kosten-Nutzen-Verhältnis (3 Items; α = .75), (b) Minimalaufwand (3 Items; α = .70), (c) aktives Täuschungsverhalten (4 Items; α = .82) und (d) passives Täuschungsverhalten (4 Items; α = .62). Die Ergebnisse zeigen, dass Schüler/innen sowohl in Österreich als auch in der Schweiz eine positivere Einstellung gegenüber den Tauschdimensionen in der Klasse (M=2.79-3.47, SD=.61-.73) haben, aber nur eine moderate Einstellung gegenüber den Täuschungsdimensionen (M=2.09-2.44, SD=.65-.78) aufzeigen. Geschlechterdifferenzen bezüglich der Einstellungen gegenüber dem taktischen Verhalten lassen sich sowohl in den Täuschungsdimensionen der passiven Täuschung (t(600)= 1.85, p < .10; MJungen= 2.49, SD = .68; MMädchen= 2.39, SD = .63; d = .15) und der aktiven Täuschung (t(659)= 4.12, p < .001; MJungen= 2.22, SD = .81; MMädchen= 1.98, SD = .73; d = .31) als auch bei der Tauschdimension des Minimalaufwands (t(663)= 3.20, p < .01; MJungen= 2.89, SD = .71; MMädchen= 2.71, SD = .73; d = .25) erkennen. Mittels linearer und binär logistischer Regressionsanalysen werden sowohl die Prädiktoren der differenten Einstellungsdimensionen zum taktischen Verhalten vorgestellt als auch Erklärungsmodelle des taktischen Verhaltens durch die Einstellungsdimensionen präsentiert. Vorhersagemodelle der schulischen Leistung zeigen, dass sechs Prozent der Gesamtvarianz anhand der Einstellungsdimensionen (adj. R2 = .06) und sieben Prozent durch die Verhaltensdimensionen des Taktischen (adj. R2 = .07) aufgeklärt werden. ID: 314 / A 16 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Ökonomie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Ökonomie und Bildung Stichworte: all-day schooling; maternal labour suppy; entropy balancing; primary education All-Day Schools and Maternal Labour Supply: The Case of Primary Education in Germany Ludovica Gambaro1, Jan Marcus2,3, Frauke Peter3 1 UCL Institute of Education, Vereinigtes Königreich; 2DIW Berlin; 3University of Hamburg Background In (West) Germany compulsory schooling has historically been organised on a half-day basis. In recent years, however, schools have moved away from their half-day schedule and this change has been especially boosted by the launch, in 2003, of the “Zunkunft Bildung und Betreuung” (IZBB) programme, a federal government initiative supporting the expansion of all-day schooling. Proponents of all-day schools argue that all-day schools are beneficial for the children’s skills and also facilitate the work-life-balance of families with young children. In this paper we examine the impact of all-day schooling in relation to the latter objective – maternal labour supply. We do so with the view that mothers’ response to the programme is important not only for a more equal participation in the labour market between the sexes, but also, crucially, for understanding how all-day schooling may change the family context in which German children grow up. Previous literature Mothers’ decision to participate in the labour market is usually explained in a labour supply framework, and the availability and costs of childcare is clearly among the incentives and constraints mothers face there. A great deal of empirical research shows that public provision of childcare has a positive effect on maternal employment rates, but results vary depending on the national context as well as women’s socio-economic characteristics and education in particular (e.g. Baker et al. 2008; Bauernschuster & Schlotter 2015; Berger et al. 2005; Brilli et al. 2013; Lefevbre & Merrigan 2008; Schober & Spiess 2015; Simonsen 2010). It is noticeable that this research has focused almost exclusively on maternal labour supply and childcare for children below compulsory schooling age. Yet caring responsibilities for children do not end with compulsory school entry. Indeed, there is evidence that mothers’ labour supply patterns continue to be influenced by the presence of children for many years subsequently (Knittel et al. 2014, Paull 2008). The specific case of school-aged children has so far been analysed by two studies only (Rainer et al. 2013, Felfe et al. 2013), who both find positive effects of all-day schooling on maternal employment. It is to this specific strand of the literature to that we contribute. Research question, methods and data In this paper we focus on primary school children and ask whether a child’s participation in all-day schooling affects her mother’s employment. We specifically investigate three outcomes: (i) being in employment, (ii) working full-time and (iii) increasing actual hours worked. We rely on rich longitudinal household survey data, the Socio-Economic Panel (SOEP), and exploit pre-treatment (prior school entry) employment information as one factor of explaining differences in maternal labour supply. In order to identify the causal effect of all day schooling we utilize entropy balancing – a matching estimator – to match mothers whose children do not participate in all-day schooling with mothers whose children do (based on characteristics of the mothers in the year before the school entry). Results We find that the child’s participation in all-day schooling increases the mother’s probability to start working, to work full-time, and to increase the number of hours they work as their child enters school. By taking into account the different employment patterns prior school entry, we further show that mothers who did not work before are more likely to take up paid work and to do so on a full-time basis, while among mothers who already worked during the year prior school all-day schooling leads to an increase in working hours. Our findings highlight how all-day schooling in shaping mothers’ employment patterns has the potential to influence children’s family life. ID: 315 / D 10 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Inklusion, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: expansives Problemverhalten, Coaching, Fortbildung Expansives Problemverhalten in der Schule verändern - Das schulbasierte Lehrpersonencoaching bei Grundschulkindern (SCEP) Charlotte Hanisch1, Stefanie Richard1, Ilka Eichelberger2, Johanna Farwick zum Hagen2, Manfred Döpfner2 1 Fachbereich Sozial und Kulturwissenschaften, Hochschule Düsseldorf, Deutschland; 2Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Köln, Universität Köln, Deutschland Theorie: Aufgrund ihrer impulsiven Verhaltenstendenzen, Regelverstößen und Aufmerksamkeits-problemen sind Kinder mit expansivem Problemverhalten in ihrer schulischen Entwicklung beein-trächtigt (Loe & Feldman, 2007; Greene et al., 2002), und für Lehrpersonen stellen diese Verhal-tensweisen eine große Herausforderung dar (Friedmann-Kraus, Raver, Morris & Jones, 2014; Klemm & Preuss-Lausitz, 2011). Tagesbeurteilungsbögen, Beratung der Lehrpersonen und Kontin-genzmanagement gelten als effektive Strategien zum schulischen Umgang mit diesen Verhaltens-weisen (z.B. DuPaul, Helwig & Slay, 2011; Maggin, Chafouleas, Goddard & Johnson, 2011). Frage-stellung: Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsvorhabens wird eine Fortbildungsmaßnahme für Grundschullehrpersonen evaluiert. Es wird untersucht inwieweit sich die genannten Strategien über das vorliegende Fortbildungspro-gramm so vermitteln lassen, dass darüber expansive Verhaltensprobleme der Kinder und das Ver-halten, die Selbstwirksamkeit und das Stresserleben von Lehrpersonen verändert werden. Metho-dik: Das Fortbildungsprogramm besteht aus einer ganztägigen Fortbildung für das gesamte Kollegi-um zu Klassifikation, Ursachen und generellen Interventionen und aus einem 12-wöchigen Coaching mit insgesamt sechs Terminen, in dem die erlernte Strategien individualisiert an einem ausgewählten Kind erprobt werden. Die Wirksamkeit des Coachings wird in einem Eigenwartekon-trollgruppendesign überprüft. Hier vorgestellt werden Ergebnisse der Fragebogendaten und einer kontinuierlichen Verlaufsdiagnostik, die in jeder Sitzung Häufigkeit und Intensität von zwei individuellen Problemen der Kinder erfasst. Ergebnisse: Ergebnisse über Fragebogendaten und Ver-laufsdiagnostik von 55 Lehrpersonen weisen darauf hin, dass im Verlauf des Coachings Aufmerk-samkeitsprobleme (p< .001; d= 0.65), Regelverstöße (p< .016; d= 0.68) und individuelle Probleme (p < .001; d= 0.9 - 1.77) reduziert wurden. Auf Seiten der Lehrperson konnte die Selbstwirksamkeit gesteigert werden (p< .04; d= 0.5); das Stresserleben hingegen veränderte sich nicht signifikant (p= .08; d= 0.43). ID: 317 / A 13 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lese- und Sprachförderung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Bildungssprache, bildungsprachlicher Wortschatz, Grundschule, Schulleistung Academic vocabulary predicts school success Elisabeth Schuth1, Judith Köhne2, Sabine Weinert1 1 Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland; 2Ruhr-Universität Bochum It has been shown that learning processes and knowledge acquisition in school rely on language to a substantial extent (Holler, 2007). Specifically, it is often assumed that more elaborated language skills, referred to as academic language, influence school success (Schleppegrell, 2001). A study by Townsend et al. (2012) reveals that academic vocabulary in English predicts results in various achievement tests in 7th and 8th graders above general-vocabulary knowledge. However, there is still a lack of both a clear conceptualization of academic language and empirical work on its relationship with school achievements, especially in Germany. We investigated whether academic-vocabulary knowledge predicts children’s grades and transition recommendations to a secondary school type beyond the impact of general vocabulary knowledge at the end of primary school in Germany. 173 fourth graders took part in the study. Academic vocabulary was assessed by a newly developed sentence-completion task (validated within the project ‘Academic language competences – demands, language processing, and diagnostics’; Alpha = .77). When constructing the items we referred to a list of ‘academic’ words extracted from an authentic school corpus. All words are relevant across subjects and fulfill at least one of six further criteria characterizing them as ‘academic’ language (e.g., instructional words such as ‘explain’; particle verbs such as ‘to hand in’). To assess general vocabulary, 40 items from two different German versions of the Peabody Picture Vocabulary Test (Dunn & Dunn, 1981, 1997; PPVT III: Bulheller & Häcker, 2003; PPVT-R, Roßbach, Tietze & Weinert, 2005, research version) were used (Alpha = .84). For each school subject, a 3-step hierarchical linear regression analysis was conducted: control variables (age, gender, basic nonverbal cognitive skills, language background) were entered in the 1st step, general vocabulary knowledge in the 2nd step, and academic-vocabulary knowledge in the 3rd step. Results support the hypothesis that academic-vocabulary knowledge significantly predicts all reported grades even when controlling for general vocabulary: writing (β = .46, p < .001; Total R² = .32; Δ R² = .08, p < .001), reading (β = .5 p < .01; Total R² = 34; Δ R² = .09, p < .001), social studies (β = .59, p < .001; Total R² = .48; Δ R² = .13, p < .001), and mathematics (β = .40, p < .01; Total R² = .34; Δ R² = .06, p < .01). Importantly, general vocabulary knowledge lost its predictive power when academic vocabulary was included into analyses. Further, a multi-nominal logistic regression with school-type recommendation as the outcome (ordinal variable with levels Mittelschule, Realschule, Gymnasium) was conducted (controlling for age, gender, basic nonverbal cognitive skills, language background). Results indicate that the higher children´s academic vocabulary knowledge, the more likely they receive a recommdation for Gymnasium rather than for Realschule (b = .34, Wald χ²(1) = 8.4, p < .01; odds ratio = .71). General vocabulary knowledge was not a signficant factor. These results indicate that academic vocabulary is a stronger predictor of children´s school achievement than general-vocabulary knowledge at least at the end of elementary school. This is important since the investigated measures considerably impact children’s further academic path in Germany. ID: 319 / B 15 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: abrufbasiertes Lernen, Leitfragen, instruktionale Erklärungen, Lernaktivitäten Sollen Lernaufgaben zu Gedächtnisabruf anregen? Die Komplexität der Lernaufgaben spielt eine Rolle Julian Roelle, Kirsten Berthold Universität Bielefeld, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis stärkt das Behalten der abgerufenen Informationen. Dieser zentrale Befund aus dem Bereich des abrufbasierten Lernens (Roediger & Butler, 2011) gibt Anlass zu der Annahme, dass es für die Lernförderlichkeit von Lernaufgaben zuträglich sei, wenn Lernende die jeweiligen Lernaufgaben abrufbasiert bearbeiten (Blunt & Karpicke, 2014). Das heißt, Lernaufgaben (z. B. Fragen, die nach dem Lesen eines Lehrtexts beantwortet werden sollen) sollten lernförderlicher sein, wenn sie so implementiert werden, dass Lernende während ihrer Bearbeitung nicht mehr auf das Lernmaterial (z. B. den Lehrtext) zugreifen können (im Folgenden als Closed-Book-Implementation bezeichnet) und somit die benötigten Informationen aus dem Gedächtnis abrufen müssen als wenn Lernende während ihrer Bearbeitung noch auf das Lernmaterial zugreifen können (im Folgenden als Open-Book-Implementation bezeichnet). Es ist allerdings plausibel anzunehmen, dass eine Closed-Book-Implementation nicht nur zu lernförderlichem Gedächtnisabruf führt. Da Lernende Informationen selten vollständig korrekt abrufen (Rowland, 2014) könnte eine Closed-Book-Implementation gleichzeitig auch die Qualität der Bearbeitung der Lernaufgaben reduzieren. Die Größe dieses potentiellen abträglichen Effekts wiederum sollte von der Komplexität der Lernaufgaben abhängen. Bei hoch komplexen Lernaufgaben, in denen mehrere Informationen simultan verarbeitet werden müssen (z. B. wenn Lernende mehrere Informationen kombinieren müssen, um eine Schlussfolgerung zu generieren) kann bereits der fehlerhafte Abruf einer einzelnen Information die Qualität der Bearbeitung der Lernaufgabe bedeutsam verringern (z. B. da Lernenden es aufgrund dessen nicht gelingt, die korrekte Schlussfolgerung zu generieren). Bei weniger komplexen Lernaufgaben hingegen sollte dieser abträgliche Effekt geringer ausfallen. Beispielsweise sollte ein fehlerhafter Abruf einer einzelnen Information bei einer Zusammenfassungsaufgabe Lernende nicht daran hindern, andere Informationen korrekt zusammenzufassen. Hypothesen Gemeinsam ergeben diese theoretischen Annahmen die Vorhersage, dass der Nutzen der Integration von Gedächtnisabruf in Lernaufgaben von der Komplexität der Lernaufgaben abhängt. In der vorliegenden Studie wurden schriftliche instruktionale Erklärungen als Lernmaterial und Leitfragen als Lernaufgaben verwendet. Unsere Hypothesen waren: (1) In Bezug auf die Qualität der Beantwortung der Leitfragen (der Lernaufgaben) ist ein potentieller abträglicher Effekt einer Closed-Book-Implementation stärker für komplexe Leitfragen als für weniger komplexe Leitfragen ausgeprägt. (2) In Bezug auf die Leistung bei einem anschließenden Wissenstest ist ein potentieller förderlicher Effekt einer Closed-BookImplementation geringer für komplexe als für weniger komplexe Leitfragen ausgeprägt. Methode Die Hypothesen wurden untersucht im Rahmen eines Experiments mit N = 192 Studierenden. Alle TeilnehmerInnen bearbeiteten sechs instruktionale Erklärungen zum Themengebiet Bohrsches Atommodell, welche entweder mit Schlussfolgerungsleitfragen (hohe Komplexität) oder Zusammenfassungsleitfragen (geringe Komplexität) kombiniert wurden. Während der Bearbeitung der Leitfragen konnten die Lernenden entweder nicht mehr auf die Erklärungen zugreifen (Closed-Book-Implementation) oder konnten die Erklärungen bei der Bearbeitung der Leitfragen reinspizieren (Open-Book-Implementation). Die Lernenden wurden vorab über den Implementationsstil informiert. Anschließend bearbeiteten alle Lernenden einen Wissenstest, welcher sechs Zusammenfassungsfragen, sechs Schlussfolgerungsfragen und drei Transferfragen beinhaltete. Ergebnisse und Diskussion Als zentrale Ergebnisse fanden wir, dass eine Closed-Book-Implementation nur bei den Schlussfolgerungsleitfragen, F(1, 93) = 11.29, p = .001, η2 = .11, nicht aber bei den Zusammenfassungsleitfragen, F(1, 93) = 0.16, p = .692, einen signifikanten abträglichen Effekt auf die Qualität der Bearbeitung der Leitfragen hatte. Zudem fanden wir in Bezug auf alle drei Maße des Wissenstests, dass der Nutzen einer Closed-Book-Implementation von der Komplexität der Leitfragen abhing, F(1, 183) = 3.90, p = .049, η2 = .02 (Zusammenfassungsfragen), F(1, 183) = 11.59, p = .001, η2 = .06 (Schlussfolgerungsfragen), und F(1, 183) = 3.95, p = .048, η2 = .02 (Transferfragen). Die Zusammenfassungsleitfragen waren in Bezug auf alle drei Maße lernförderlicher bei einer Closed-Book-Implementation, während die Schlussfolgerungsleitfragen lernförderlicher bei einer Open-BookImplementation waren. Diese Befunde deuten darauf hin, dass Lernaufgaben nicht generell lernförderlicher sind, wenn sie abrufbasiert bearbeiten werden. Tatsächlich nimmt der Nutzen der Integration von Gedächtnisabruf in Lernaufgaben mit zunehmender Komplexität der Lernaufgaben ab. ID: 320 / D 11 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Lernen mit Computer und neuen Medien, Sonstiges Stichworte: Skript, Group Awareness Tool, Argumentative Wissenskonstruktion, kooperatives Lernen, Langzeitstudie Skripts und Group Awareness Tools zur Regulation kooperativen Lernens in Sozialen Netzwerken Thomas Puhl, Dimitra Tsovaltzi, Armin Weinberger Universität des Saarlandes, Deutschland Die Förderung von argumentativen Kompetenzen stellt eine zentrale Bildungsaufgabe dar (Osborne, 2010). In sozialen Netzwerken wie z. B. Facebook, haben Lerner zwar Gelegenheit und ausreichend Zeit, um stichhaltige, gut fundierte Argumente zu formulieren und auszutauschen, zumeist haben aber auch erwachsene Lerner Schwierigkeiten gute Argumente zu formulieren (Kuhn, 1991). Um die argumentative Wissenskonstruktion in sozialen Netzwerken zu unterstützen, werden unterschiedliche bildungstechnologische Ansätze, wie computer-unterstützte Skripts oder Visualisierungen (z. B. group awareness tools: GATs) eingesetzt und vornehmlich in experimentellen Laborstudien untersucht. Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass mit diesen Ansätzen zwar argumentativer, nicht aber domänenspezifischer Wissenserwerb gefördert wird (Wecker & Fischer, 2014). Dies widerspricht Annahmen und Befunden zum Zusammenhang zwischen argumentativen Prozessen und Erwerb domänenspezifischen Wissens (Asterhan & Schwarz, 2008). Möglicherweise wurde bislang zu wenig berücksichtigt, dass die Internalisierung argumentativer Diskurspraktiken ein langfristiger Vorgang ist (Nussbaum, 2008). Daher sind Langzeitstudien erforderlich, um die Auswirkungen bildungstechnologischer Ansätze auf argumentative Wissenskonstruktion in authentischen Lernszenarien zu untersuchen. Skripts spezifizieren, sequenzieren und distribuieren Rollen und Aktivitäten in Kleingruppen, wie z. B. die Konstruktion von Pround Kontra-Argumenten (Weinberger, Stegmann & Fischer, 2010). Skripts stellen eine Form externaler Regulation dar und können existierende internale Skripts aktivieren, re-konfigurieren oder ggf. ersetzen (Fischer, Kollar, Stegmann, & Wecker, 2013). Im Gegensatz dazu werden durch GATs selbstregulative Prozesse der Lerngruppe unterstützt, indem Information über die Lerngruppe zum individuellen Wissensstand oder zu sozialen Prozessen visualisiert werden. GATs können sozio-kognitive Prozesse und Wissenserwerb fördern, z. B. durch das Herausstellen kontroverser Meinungen (Janssen & Bodemer, 2013). In dieser Studie wurden die Effekte von GAT und Argumentationsskript auf die Qualität der Argumentation (Lernprozess) und domänenspezifisches Wissen (Lernerfolg) untersucht. In einer 2×2 quasi-experimentellen Feldstudie (N=105) wurden Lehramtsstudierende aus vier Seminaren mit zusätzlicher wöchentlicher Diskussion in Facebookgruppen über einen Zeitraum von acht Wochen unterstützt. Lernende mit GAT wurden wöchentlich zu ihren Kommunikationseinstellungen befragt. Die Ergebnisse der Befragung wurden anschließend mittels einer Facebook-App visualisiert. Auf der Visualisierung aufbauend wurden heterogene Dyaden gebildet, die über ihre unterschiedlichen Einstellungen diskutieren sollten. Das Argumentationsskript strukturierte die wöchentliche Diskussion von gemeinsam ausgewählten Argumenten hinsichtlich epistemischer (Verwendung theoretischer Konzepte und Verknüpfung der Konzepte) und formaler (Qualität von Begründung und Beleg) Aspekte. Die Diskussion aller Gruppen aus acht Wochen wurde nach einem etablierten Schema zur Bewertung von Argumentationsprozessen auf epistemischer, formaler und sozialer Ebene ausgewertet (Weinberger & Fischer, 2006). Domänenspezifisches Wissen wurde in der Klausur am Ende des Semesters erfasst. Hier wurde sowohl Faktenwissen als auch die Qualität theoriebezogener Argumente erhoben. Im Lernprozess zeigt eine ANOVA mit Messwiederholung über sieben Wochen signifikante Effekte für beide Faktoren in Bezug auf die Qualität der Argumentation sowohl auf epistemischer (F(6;606)=3.81; p<.001; ηp2=.10) als auch auf formaler Ebene (F(6;606)=1.88; p=.015; ηp2=.053), wobei das Argumentationsskript der GAT-Bedingung deskriptiv überlegen war. Auf der sozialen Ebene konnten keine signifikanten Unterschiede gemessen werden. Die Ergebnisse zum Lernerfolg zeigen einen signifikanten Haupteffekt beider Faktoren auf domänenspezifisches Wissen, wobei das Argumentationsskript mit F(1;98)=23.144; p<.001; ηp2=.19 eine größere Effektstärke aufweist als der Faktor GAT: F(1;98)=11.24; p=.001; ηp2=.10. Die Interaktion beider Faktoren ist ebenso signifikant, F(3;102)=4.89; p=.029; ηp2=.05. Wie erwartet beeinflussen beide Faktoren Lernprozess und Lernerfolg. Sowohl Haupteffekte für beide Faktoren als auch ein Interaktionseffekt zeigen erwartungskonform, wie sich argumentative Praktiken über die Zeit signifikant verändern. Eine Veränderung der epistemischen und formalen Argumentationsqualität ist erst nach ca. fünf Wochen zu beobachten, wobei insbesondere das Argumentationsskript einen höheren Anstieg bis zum Ende der Intervention aufzeigt. Im Vergleich zum GAT ist das Argumentationsskript besonders bei formalen Aspekten der Argumentationsqualität überlegen. Diese Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass im Gegensatz zu kurzfristigen Laborstudien, die die Metaanalyse von Wecker und Fischer (2014) zusammenfasste, Effekte domänenspezifischen Wissens eher durch längerfristige Maßnahmen erwartet werden können. ID: 324 / C 03 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematischnaturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Scaffolding, Problemlösen, Kompetenzen der Erkenntnisgewinnung Hilfe! – Eine Interventionsstudie zur Prüfung der Wirksamkeit von Lernunterstützungen beim Forschenden Lernen Julia Arnold1, Kerstin Kremer1, Jürgen Mayer2 1 IPN Kiel, Deutschland; 2Universität Kassel, Deutschland Theoretischer Hintergrund und Forschungsfrage Die Fähigkeit wissenschaftliche Untersuchungen nachvollziehen, verstehen, selbst durchführen und kritisch hinterfragen zu können, ist ein anerkanntes Ziel naturwissenschaftlicher Grundbildung. Diese als wissenschaftliches Denken (scientific reasoning) bezeichnete Fähigkeit kann als Problemlöseprozess beschrieben werden und wird kognitiv durch deklaratives Wissen (konzeptuell und methodisch) sowie durch allgemeine kognitive Fähigkeiten beeinflusst (Mayer, 2007). Das Forschende Lernen ist ein Instruktionsmodell, bei dem die Unterrichtstruktur am Prozess naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung ausgerichtet wird und es wird zur Förderung des wissenschaftlichen Denkens empfohlen, da hier sowohl konzeptuelles als auch methodisches Wissen erworben werden können. Die Wirksamkeit dieses Ansatzes vor allem bzgl. des Öffnungsgrades wird jedoch kontrovers diskutiert, da er zu hoher kognitiver Belastung führen kann (cognitive load; Kirschner, Sweller & Clark, 2006). Bisherige Untersuchungen analysieren allerdings meist nur die instrumentelle Funktion des Forschenden Lernens für den Erwerb von konzeptuellem Wissen, nicht aber den Einfluss auf den Erwerb wissenschaftlichen Denkens. Neuere Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass Lernunterstützungen eine große Bedeutung für die Effektivität des Forschenden Lernens zukommt (Hof, 2011; Walpuski & Sumfleth, 2007; Arnold et al., 2014; Wichmann & Leutner, 2009; Künsting et al., 2010), da sie die kognitive Beanspruchung reduzieren können. Als Lernunterstützung zur Förderung des wissenschaftlichen Denkens eignet sich die Verdeutlichung der Teilprozesse mit Anwendungsbeispielen (Glaesser, et al., 2009). Beim Experimentieren lässt sich dies in prozessbegleitenden Lernhilfen umsetzen, die die Teilschritte des Experiments näher erläutern und Lösungsbeispiele geben (Schmidt-Weigand et al., 2008). Das Methodenwissen kann explizit durch Erörterung und Diskussionen gefördert werden (Khishfe & Abd-El-Khalick, 2002; Sandoval & Reiser, 2004). Im Rahmen des Forschenden Lernens ist dies bspw. durch Szenarien zu realisieren, die dazu anregen, über wissenschaftsmethodische Konzepte zu diskutieren (Keogh, 1999). Die für die Untersuchung leitende Forschungsfrage ist, welchen Einfluss Lernunterstützungen in Form von prozessorientierten, gestuften Hilfen (Forschertipps) und Diskussionsanregungen (Concept Cartoons) in Hinblick auf den Erwerb von Fachwissen, wissenschaftlichem Denken sowie die kognitive Belastung beim Forschenden Lernen haben. Untersuchungsdesign Der Einfluss der Lernunterstützung wurde in Form einer Interventionsstudie im 2x2-quasi-experimentellen Design mit Pre- und Post-Test im Biologieunterricht (Jgst. 11, Thema Enzymatik, N=220) durchgeführt. Während der Intervention arbeiteten alle Schüler in Kleingruppen selbständig an zwei verschiedenen Experimenten. Durch Forscherhefte wurden sie angeleitet, Hypothesen zu generieren, ein Untersuchungsdesign zu erstellen, dieses umzusetzen und die gewonnenen Daten auszuwerten. Die unabhängigen Variablen bildeten die beiden Unterstützungsformate Forschertipps und Concept Cartoons. Dabei arbeitete die Vergleichsgruppe nur mit den Forscherheften und die Treatmentgruppen hatten zusätzlich jeweils ein bzw. beide Unterstützungsformate zur Verfügung. Die abhängigen Variablen sind u. a. die kognitive Belastung, das konzeptuelle Wissen und das wissenschaftliche Denken. Die Bearbeitungsdauer wurde in den Gruppen gleich gehalten. Die Gruppen wurden mittels geschachtelter ANOVA verglichen, wobei die Residualgewinne von Pre- nach Post-Test als Grundlage herangezogen wurden. Ergebnisse Insgesamt zeigten die Lernenden im Pre-Post-Vergleich signifikante Lernzuwächse in den Bereichen konzeptuelles Wissen und wissenschaftliches Denken. Die Gruppenvergleiche zeigen, dass die Treatmentgruppen gegenüber der Vergleichsgruppe einen größeren Lernzuwachs im wissenschaftlichen Denken (d = .47 bzw. .43) erzielten, wobei sich zwischen der Gruppe, die beide Unterstützungen zur Verfügung hatte, keine signifikanten Unterschiede zur Vergleichsgruppe zeigen. Im Bereich konzeptuellen Wissens schnitten die Schüler der Treatmentgruppen nur teils besser ab, wobei die Unterschiede zur Vergleichsgruppe hier nicht statistisch signifikant sind. Darüberhinaus konnte gezeigt werden, dass beide Arten der Lernunterstützung sowie deren Kombination zur Reduktion der subjektiv empfundenen kognitiven Belastung beitragen (.72 < d < 1.40). Im Beitrag wird die Intervention dargestellt sowie vertieft auf die Ergebnisse der Gruppenvergleiche eingegangen, um diese diskutieren zu können. ID: 326 / C 03 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Lernen mit Computer und neuen Medien, Mathematischnaturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: beispielbasiertes Lernen, Prompts, Lernaktivitäten Wie kann die Effektivität beispielbasierten Lernens gesteigert werden? Sara Hiller, Julian Roelle, Kirsten Berthold Universität Bielefeld, Deutschland Theoretischer Hintergrund Beispielbasiertes Lernen ist ein effektiver und weit verbreiteter Ansatz zur Einführung Lernender in neue Inhalte (z. B. neue Konzepte und Prinzipien). Die typische Sequenz dieser Lernart besteht aus zwei Schritten (z. B. Wittwer & Renkl, 2010): (a) Im ersten Schritt werden anhand eines kurzen und prägnanten Texts neue Konzepte und Prinzipien in abstrakter Form dargelegt. Dieser Schritt dient der Vermittlung grundlegenden konzeptuellen Wissens in Bezug auf die neuen Inhalte. (b) Im zweiten Schritt werden mehrere Beispiele dargeboten, in denen die zuvor dargelegten abstrakten Konzepte und Prinzipien umgesetzt sind. Dieser Schritt soll den Lernenden helfen, ein initiales Verständnis der Anwendung der neuen Konzepte und Prinzipien aufzubauen. Kritisch für die Lernförderlichkeit beispielbasierten Lernens ist, dass Lernende die Elemente der Beispiele auf die zuvor dargelegten abstrakten Konzepte und Prinzipien rückbeziehen (sog. prinzipienbasierte Selbsterklärungen, vgl. Renkl, 2014). Da Lernende dies oftmals nicht von sich aus tun, wird empfohlen, die im zweiten Schritt gegebenen Beispiele stets mit Prompts zu kombinieren, die die Lernenden zu prinzipienbasierten Selbsterklärungen anregen (Renkl, 2014). Kritisch für die Qualität und somit die Lernförderlichkeit erstellter prinzipienbasierter Selbsterklärungen wiederum könnte es sein, wie tief die Lernenden die im ersten Schritt dargelegten abstrakten Konzepte und Prinzipien verarbeitet haben. Es zeigt sich, dass Lernende zu einer oberflächlichen Verarbeitung neigen, wenn sie keine spezifischen Prompts erhalten (z. B. Roelle, Lehmkuhl, Beyer & Berthold, 2015). Trotzdem wird die Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Inhalte beim beispielbasierten Lernen jedoch typischerweise nicht spezifisch unterstützt. Fragestellungen Vor diesem Hintergrund war es das Ziel der vorliegenden Studie zu untersuchen, ob die Lernförderlichkeit beispielbasierten Lernens durch die Anregung Lernender zur tiefen Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Konzepte und Prinzipien gesteigert werden kann. Die zentralen Forschungsfragen waren: 1 Fördert eine Anregung zur tiefen Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Inhalte die Qualität der Verarbeitung ebendieser abstrakten Inhalte? 2 Fördert eine Anregung zur tiefen Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Inhalte den Lernerfolg? Methode Die Forschungsfragen wurden untersucht im Rahmen eines Experiments, in dem N = 94 AchtklässlerInnen mittels beispielbasiertem Lernen in neue Konzepte und Prinzipien im Bereich der Chemie eingeführt wurden. Während der Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Inhalte erhielten die Lernenden entweder Prompts, die sie dazu anregten, die Inhalte in eigenen Worten auszudrücken (Experimentalgruppe) oder, gemäß der üblichen Vorgehensweise beispielbasierten Lernens, keine spezifischen Prompts (Kontrollgruppe). Während der Verarbeitung der im zweiten Schritt dargelegten Beispiele wurden alle Lernenden anhand von Prompts zum Erstellen von prinzipienbasierten Selbsterklärungen angeregt. Am Ende erfolgte ein Verständnistest, in dem erfasst wurde, wie gut die Lernenden (a) die abstrakten Konzepte und Prinzipien und (b) deren Anwendung verstanden hatten. Ergebnisse und Diskussion Als zentrales Ergebnis zeigte sich, dass die Lernenden, die zu einer tiefen Verarbeitung der abstrakten Inhalte angeregt wurden, eine höhere Qualität der Verarbeitung der abstrakten Inhalte zeigten als die Lernenden der Kontrollgruppe, F(1, 90) = 40.70, p < .001, η² = .31. Zudem erreichten die Lernenden, die zu einer tiefen Verarbeitung der abstrakten Inhalte angeregt wurden, sowohl ein tieferes Verständnis der abstrakten Inhalte, F(1, 89) = 4.37, p = .039, η² = .05, als auch ein tieferes Verständnis von deren Anwendung, F(1, 89) = 4.08, p = .046, η² = .04. Gemeinsam deuten diese Befunde darauf hin, dass die Lernförderlichkeit beispielbasierten Lernens (auch) von der Tiefe der Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Inhalte abhängt. Da Lernende diese abstrakten Inhalte von sich aus oftmals nicht hinreichend tief verarbeiten, kann zudem gefolgert werden, dass Lernende beim beispielbasierten Lernen nicht nur zu prinzipienbasierten Selbsterklärungen während der Verarbeitung der im zweiten Schritt gegebenen Beispiele, sondern auch zu einer tiefen Verarbeitung der im ersten Schritt dargelegten abstrakten Inhalte angeregt werden sollten. ID: 327 / D 03 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Elementarbereich, Design Research, Lehr-Lernarrangement Variablenkontrollstrategie, Vergleichsprozesse Design Research in der Kita: Förderung der Variablenkontrollstrategie Marina Ape, Miriam Leuchter Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland Theoretischer Hintergrund Ziel naturwissenschaftlicher Bildung ist neben der Vermittlung von inhaltsbezogenem Wissen die Förderung von Prozesswissen (Dunbar & Klahr, 2012), was unter anderem das Planen von Experimenten beinhaltet (Zimmerman, 2007). Eine wichtige Voraussetzung für das Planen (Chen & Klahr, 1999) sowie Auswerten (Boudreaux et al., 2008) unkonfundierter Experimente ist die Variablenkontrollstrategie. Bei Vorschulkindern bestehen inter- und intraindividuelle Unterschiede in der Berücksichtigung der Variablenkontrollstrategie (Ape, Flottmann & Leuchter, 2015). Bisher unerforscht ist, ob Vorschulkinder bezüglich der Auswahl unkonfundierter Experimente mittels eines LehrLernarrangements gefördert werden können. Durch Design Research werden Lehr-Lernarrangements in einem sich wiederholenden Entwicklungs- und Forschungszyklus getestet (Cobb et al., 2003). Im Winter 2014 wurde auf diese Weise ein Lehr-Lernarrangement zur Variablenkontrollstrategie im Inhaltsbereich ‚Mechanik‘ entwickelt und in einer 1-zu-1-Situation erprobt (Ape & Leuchter, 2015). Diese Studie hat gezeigt, dass Vorschulkinder lernen können, unkonfundierte Experimente zu identifizieren und dass Vergleichsprozesse sie hierbei unterstützen (Gentner & Namy, 1999). Vorschulkindern fällt es leichter, die Variablenkontrollstrategie zu berücksichtigen, wenn sie mittels zweier Vergleiche anstelle eines Vergleichs gefördert werden (Ape & Leuchter, 2015). Aufgrund dieser Ergebnisse wird in der vorliegenden Studie ein ökologisch valides LehrLernarrangement (weiter)entwickelt und erprobt sowie durch pädagogische Fachkräfte evaluiert (vgl. Barab & Squire, 2004). Fragestellung Können Vorschulkinder im Rahmen eines ökologisch validen Lehr-Lernarrangements lernen, unkonfundierte Experimente bei der Versuchsplanung und -auswertung zu identifizieren? Wie evaluieren pädagogische Fachkräfte das Lehr-Lernarrangement zur Förderung der Variablenkontrollstrategie? Methodik 80 ca. 6-jährige Kinder aus Kindertagesstätten im Münsterland nehmen von Juni bis Dezember 2015 an der Studie mit einem Prä-Post-Follow-up-Kontrollgruppen-Design teil. In der Experimentalgruppe wird das ca. 30-minütige Lehr-Lernarrangement unter Leitung eines geschulten Versuchsleiters mit jeweils 4-5 Kindern handlungsorientiert mit kindgerechten Materialien durchgeführt. Die Förderung der Variablenkontrollstrategie erfolgt im Inhaltsbereich ‚Reibung‘, indem die Kinder nach einer Einführungsphase unkonfundierte Experimente selbst produzieren. Bildgestützte Kärtchen mit zwei Vergleichsbeispielen dienen ihnen hierbei als kognitive Anregung. Die pädagogischen Fachkräfte beobachten das Lehr-Lernarrangement. In der Kontrollgruppe wird mit den Kindern in gleich großen Gruppen in einem anderen Inhaltsbereich der Mechanik ohne Fokus auf Variablenkontrolle gespielt. Als Prä-Post-Follow-up-Test führen geschulte Versuchsleiter in einer 1-zu-1-Situation eine ca. 20-minütige Befragung zur Variablenkontrollstrategie im Inhaltsbereich ‚Mechanik‘ durch. Nach einem einführenden Demonstrationsteil zur Verständnisklärung der Items wird den Kindern je eine Hypothese pro Item vorgegeben. Jedes der 20 Items (Gutman’s Lambda 2 = .86) beinhaltet zwei Antwortoptionen: (a) unkonfundiertes Experiment: Veränderung der fokussierten und Konstanthaltung der irrelevanten Variable (b) Konstanthaltung der fokussierten und Veränderung der irrelevanten Variable. Auf Basis der Binomialverteilung (Ratewahrscheinlichkeit < 10%) werden die Kinder dahingehend kategorisiert, ob sie die Variablenkontrollstrategie anwenden, die fokussierte Variable konstant halten oder raten. Als Kontrollvariablen werden die Inhibitions- sowie Sprachfähigkeit der Kinder erfasst. Ergebnisse Die Ergebnisse dieser Studie werden präsentiert und diskutiert. Antizipiert wird, dass die Experimentalgruppe aufgrund des LehrLernarrangements zur Förderung der Variablenkontrollstrategie signifikant bessere Lernergebnisse als die Kontrollgruppe erzielen wird. Die Ergebnisse werden aufgrund der theoretischen und methodischen Vorüberlegungen diskutiert. Für die Diskussion der Praktikabilität werden die Evaluationen des Lehr-Lernarrangements durch die pädagogischen Fachkräfte einbezogen. ID: 329 / C 05 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Ökonomie und Bildung Stichworte: Bildung im Alter, Lebenslanges Lernen, Lernen im Beruf, Lernen über die Lebensspanne, Weiterbildung Lernen im Arbeitsalltag – Fit im Beruf: Lässt sich die Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern ab 50 Jahren durch ein ganzheitliches Training steigern? Udo Käser, Tanja Hüber, Lara Görtner, Una M. Röhr-Sendlmeier Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Deutschland Der demografische Wandel bedingt eine Zunahme des Anteils älterer Arbeitnehmer (Statistisches Bundesamt, 2013). Vor diesem Hintergrund und angesichts von Abbauprozessen im Alter (Berk, 2011) sind Unternehmen zunehmend mit der Aufgabe konfrontiert, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit ihrer Arbeitnehmer langfristig zu erhalten. Dies macht im Sinne lebenslangen Lernens Fort- und Weiterbildungsangebote erforderlich, in denen ältere Arbeitnehmer nicht bloß über neue technologische Entwicklungen informiert und in deren Handhabe eingeführt werden. Vielmehr sind ganzheitliche Konzepte notwendig, welche umfassend die Förderung verschiedener Kompetenzen zum Ziel haben (Görtner, Hüber, Käser & RöhrSendlmeier, 2014). So sollten sie darauf abzielen die berufliche Selbstwirksamkeit der Teilnehmer zu stärken und ihren Umgang mit beruflichen Belastungen zu verbessern. Auch sollten sie eine motorische, kognitive und metakognitive Förderung umfassen (Jaeggi, Buschkuehl, Jonides & Perrig, 2008; Staudinger & Heidemeier, 2009; Zimmermann, 2009). Im Entwicklungsverlauf vergrößern sich aber interindividuelle Unterschiede (Berk, 2011), so dass die Zielgruppe durch eine besonders hohe Heterogenität gekennzeichnet ist. Dies macht die Konzeption solcher Weiterbildungsmaßnahmen besonders schwierig, da ein derartiges Training nur wirksam sein kann, wenn individuelle Besonderheiten der Teilnehmer Berücksichtigung finden: Die Teilnehmer müssen dort abgeholt werden, wo sie stehen. Vor diesem Hintergrund wurde das Training „Lernen im Arbeitsalltag“ (LiA) für Arbeitnehmer ab 50 Jahren konzipiert. Es ist modular aufgebaut und beinhaltet ein berufsbiografisches Kompetenzmodul sowie vier bereichsspezifische Module: ein psychomotorisches Training, ein Training zum Stressmanagement, ein kognitives und ein metakognitives Training. Die Module sind eng verzahnt und greifen in 15 wöchentlichen Trainingseinheiten systematisch ineinander. Sie beinhalten in allen Bereichen neben psychoedukativer Aufklärung umfangreiche Praxiselemente und haben eine ganzheitliche Förderung älterer Arbeitnehmer zum Ziel. Das Training wurde in mehreren Unternehmen in NRW umgesetzt und seine Wirksamkeit wird fortlaufend in einem Kontrollgruppendesign im Prä-Post-Vergleich evaluiert. Zur Evaluation wurden Fragebögen eingesetzt, welche die subjektive Sicht der Arbeitnehmer von Arbeit und Beruf, die Einstellung zu Weiterbildung, Selbstwirksamkeit und berufliches Belastungserleben erfassen. Die Messung kognitiver Fähigkeiten erfolgte durch psychologische Testverfahren. Darüber hinaus wurden Teilnehmer und Arbeitgeber nach Abschluss der Weiterbildungsmaßnahme zu ihrer Einschätzung über die Qualität des Trainings befragt. Evaluationsergebnisse liegen zur Zeit für eine Stichprobe von 114 Teilnehmern in der Experimental- und 52 Teilnehmern in der Kontrollgruppe vor. Die Ergebnisse sind ermutigend und sprechen für die Wirksamkeit von LiA: Der Nutzen des Trainings wird von Arbeitgebern und Arbeitnehmern positiv eingeschätzt, es wird von den Teilnehmern sehr gut angenommen und erfährt hohe Akzeptanz. Für die Teilnehmer an der Weiterbildungsmaßnahme zeigt sich im Unterschied zu Probanden der Kontrollgruppe eine signifikante Verbesserung des wahrgenommenen Gesundheitszustandes (d = .33). Ihre Widerstandskraft gegenüber beruflichen Belastungen nimmt spürbar zu: Sie können sich besser von beruflichen Anforderungen distanzieren (d = .33) und zeigen eine geringere Resignationstendenz (d = .21). Darüber hinaus verbessert sich die Selbstwahrnehmung der eigenen beruflichen Expertise und die Aufgeschlossenheit gegenüber Weiterbildungsmaßnahmen nimmt zu (jeweils d = .26). Sehr deutlich kann bei den Teilnehmern an LiA eine Steigerung ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit festgestellt werden: Im Vergleich zu den Probanden der KG verbessern sich Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (d = 1.82), Konzentrationsfähigkeit (d = .39) sowie Lern- (d = .73) und Merkfähigkeit (d = .82). Vor diesem Hintergrund werden Perspektiven diskutiert, wie Maßnahmen wie LiA in der Arbeitswelt etabliert und implementiert werden können. ID: 330 / D 10 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrerexpertise, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Unterrichtsqualität, Lehrerüberzeugungen, fachdidaktisches Wissen, professionelle Kompetenz Professionelle Kompetenz und Unterrichtsqualität in Unterrichtsminiaturen Lars Oettinghaus, Marvin Krüger, Friederike Korneck, Mareike Kunter Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die Kompetenz von Lehrkräften kann deren Handeln in Unterrichtssituationen beeinflussen (Kunter et al., 2013a). Dieser Zusammenhang wird im vorliegenden Beitrag in Bezug auf die Lehrerüberzeugungen und das fachdidaktische Wissen im Fach Physik untersucht. Lehrerüberzeugungen werden dabei als Annahmen und Vorstellungen über unterrichtsbezogene Phänomene verstanden (Kunter & Pohlmann, 2015). Die bisherige empirische Forschung in diesem Bereich konzentriert sich auf das übergeordnete Überzeugungskonstrukt der kognitiv konstruktivistischen Überzeugung und beinhaltet dabei sowohl die Überzeugung zum selbstständigen Lernen (z.B. das selbständige Experimentieren) aber auch die inverse Subdimension der Überzeugung zum transmissiven Lernen (z.B. die Beschränkung auf einen Erklärungsweg) (Lipowsky et al., 2003; 2009; Staub & Stern, 2002; Voss et al., 2013). Demgegenüber umfasst fachdidaktisches Wissen nicht subjektive Einschätzungen, sondern Kenntnisse über unterrichtsbezogene Phänomene und Prozesse im Fachunterricht (Fives & Buehl, 2012). Das unterrichtliche Handeln wird vermehrt durch die Unterrichtsqualität mit den Dimensionen kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung und Klassenführung beschrieben (Kunter & Trautwein, 2013). Für das Fach Mathematik konnte darauf aufbauend gezeigt werden, dass sowohl fachdidaktisches Wissen als auch die kognitiv konstruktivistischen Überzeugungen die Qualität des Unterrichtshandelns beeinflussen (Baumert et al., 2009; Dubberke et al., 2008; Staub & Stern, 2002). Allerdings ist das genaue Zusammenwirken von fachdidaktischem Wissen und kognitiv konstruktivistischen Überzeugungen noch ungeklärt (Kunter et al., 2013b). Offen bleibt ebenfalls, ob sich ähnliche Zusammenhänge auch für die Unterrichtsqualität in anderen Fächern, zum Beispiel der Physik, zeigen. Fragestellung Um den Zusammenhang zwischen Lehrerüberzeugungen, fachdidaktischem Wissen und Unterrichtsqualität bei Physiklehramtsstudierenden zu beschreiben, nehmen wir folgende Zusammenhänge an: (1) Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Überzeugung zum selbstständigen Lernen und konstruktiver Unterstützung. (2) Es besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der Überzeugung zum transmissiven Lernen und dem Grad der kognitiven Aktivierung. (3) Für das fachdidaktische Wissen werden positive Zusammenhänge mit beiden Unterrichtsqualitätsmerkmalen vermutet. Methode Das diesem Beitrag zugrunde liegende Projekt befasst sich mit dem Unterrichtshandeln in miniaturisierten Unterrichtseinheiten von Physiklehramtsstudierenden. Die verwendete Stichprobe (N=75) basiert auf der Befragung und Beobachtung von Studierenden des Haupt- und Realschul- sowie des gymnasialen Lehramtes, die zwischen dem Wintersemester 2011/12 und dem Sommersemester 2014 an einer obligatorischen Lehrveranstaltung teilgenommen haben. Es handelt sich um eine standortspezifische Vollerhebung. Jede(r) Versuchsteilnehmer(in) unterrichtet in der besagten Lehrveranstaltung zwei Unterrichtsminiaturen, vor je einer Klassenhälfte (Mittelstufe) bezüglich eines Freihandexperimentes aus der Mechanik in nur 12 Minuten. Trotz dieser Einschränkungen sind die resultierenden Unterrichtsminiaturen inhaltlich abgeschlossen und keine Unterrichtsausschnitte (Korneck et al., 2015). Das weitere Erhebungssetting ist in die Lehrveranstaltung integriert. In einer Vorerhebung wird die kognitiv konstruktivistische Überzeugung durch einen Selbstbericht mit den beiden o. g. Subdimensionen (Fennema et al., 1990; Staub & Stern, 2002) sowie das physikdidaktische Wissen durch einen Leistungstest erfasst (Riese, 2009). Die Qualität der Unterrichtsminiaturen wird von durchschnittlich 10 hospitierenden Peers und 12 unterrichteten Schüler(innen) mit einem an das Setting adaptiertem Messinstrument (Baumert et al., 2009) beurteilt. Alle Skalen der professionellen Kompetenz wurden manifest konstruiert und haben ausreichende bis gute Reliabilitäten (α=.73.82). Die je drei Subdimensionen der beiden betrachteten Unterrichtsqualitätsmerkmale (kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung) wurden in einem zweischrittigen Verfahren im Rahmen der IRT beschrieben und darauffolgend in einem Mehrebenen-Strukturgleichungsmodell latent modelliert (ICC(2)=.82-.83). Darauf aufbauend werden in erweiterten Korrelations- und multivariaten Regressionsmodellen (Modellpassungen liegen im guten Bereich) Zusammenhänge der Unterrichtsqualität und der professionellen Kompetenz untersucht. Ergebnisse Während die Analysen den positiven Zusammenhang zwischen der Überzeugung zum selbstständigen Lernen und der konstruktiven Unterstützung sowie den negativen Zusammenhang zwischen der Überzeugung zum transmissiven Lernen und der kognitiven Aktivierung bestätigen, scheint das physikdidaktische Wissen entgegen der Annahme nur einen Einfluss auf die konstruktive Unterstützung zu haben. Diese gefundenen Effekte bleiben auch bei wechselseitiger Kontrolle der Kompetenzaspekte bestehen. Erstmalig ist es damit gelungen, einen Teil der Befunde aus der COACTIV-Studie (Mathematik) auf die Physik zu übertragen. ID: 332 / A 17 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: Komplexes Problemlösen, Selbsteinschätzung, Metakognition, Reasoning, Selbstkonzept Welche Rolle spielt die metakognitive Selbsteinschätzung der eigenen Leistung beim Lösen Komplexer Probleme? Julia Rudolph1, Christoph Niepel1, Samuel Greiff1, Frank Goldhammer3, Stephan Kröner2 1 Universität Luxembourg, Luxemburg; 2Universität Erlangen-Nürnberg; 3Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) Theoretischer Hintergrund Komplexes Problemlösen (KPL) bezeichnet die Kompetenz, sich durch Exploration Wissen über unbekannte, dynamische Systeme anzueignen (Wissensaneignung) und dieses Wissen gezielt anwenden zu können (Wissensanwendung; Funke, 2003). KPL ist beispielsweise notwendig, um sich ein neues Computerprogramm selbstständig anzueignen oder naturwissenschaftliche Experimente durchzuführen. Obwohl KPL in solch unterschiedlichen Domänen eine Rolle spielt, ist noch nicht vollständig geklärt, welche Fertigkeiten und Fähigkeiten für ein erfolgreiches KPL notwendig sind. Solch ein Wissen ist jedoch wichtig, um Interventionen zur Förderung von KPL zu entwickeln. Bisherige Forschung zur Beschaffenheit von KPL zeigte, dass KPL nicht ausschließlich auf kognitive Fähigkeiten zurückzuführen ist. So bleiben die KPL-spezifischen Facetten Wissensaneignung und Wissensanwendung auch unter Kontrolle von Reasoning korreliert (Wüstenberg, Greiff & Funke, 2012). Daher stellt sich die Frage, welche nicht-kognitiven Prädiktoren diese KPLspezifischen Facetten bedingen. Bisherige Überlegungen (Funke, 2003; Mayer, 1998) lassen vermuten, dass KPL metakognitive Prozesse, zu denen die Selbsteinschätzung der eigenen Leistung zählt (Efklides, 2001), benötigt. In der vorliegenden Studie gehen wir daher der Frage nach, inwieweit die KPL-spezifische Varianz, die nicht auf Reasoning zurückzuführen ist, durch die Einschätzung der eigenen KPL-Kompetenz erklärt werden kann. Da diese Selbsteinschätzung u.a. durch das Problemlöse-Selbstkonzept beeinflusst wird (Kröner & Biermann, 2007), stellen wir zudem sicher, dass ein Einfluss der Selbsteinschätzung auf die KPL-Leistung nicht ausschließlich auf das Problemlöse-Selbstkonzept zurückzuführen ist. Hypothese und Fragestellungen Hypothese: Die KPL-Facetten Wissensaneignung und Wissensanwendung korrelieren auch unter Kontrolle von Reasoning. Fragestellung 1: Korrelieren die KPL-Facetten Wissensaneignung und Wissensanwendung auch unter Kontrolle von Reasoning und dem Problemlöse-Selbstkonzept miteinander? Fragestellung 2: Korrelieren die KPL-Facetten Wissensaneignung und Wissensanwendung auch unter Kontrolle von Reasoning, dem Problemlöse-Selbstkonzept und der Selbsteinschätzung der KPL-Leistung miteinander? Methode Hypothese und Fragestellungen wurden mittels Strukturgleichungsmodellierung in Mplus (Muthén & Muthén, 1998–2010) mit einer Stichprobe von N=506 Siebtklässler_innen aller Schulformen geprüft (Alter: M=13.9 Jahre; SD=0.69). Hierbei wurde die Mehrebenenstruktur (Schüler in Schulklassen) berücksichtigt. Als Maß für KPL wurde der computerbasierte MicroDYN-Ansatz verwendet, in welchem Wissensaneignung und Wissensanwendung separat erfasst werden (Greiff, 2012). Bei der Aufgabenbearbeitung beider KPL-Facetten wurden die Schüler_innen gebeten, die Richtigkeit ihrer Leistung einzuschätzen. Reasoning wurde durch den CFT 20-R (Weiß, 2008) und das Problemlöse-Selbstkonzept durch die entsprechende Subskala aus der deutschen Adaption des SDQ-III (Schwanzer, Trautwein, Lüdtke & Sydow, 2005) erhoben. Ergebnisse Hypothese: Eine Regression, in der Reasoning die miteinander korrelierten abhängigen Variablen vorhersagten (RMSEA=.017 [.000-.035]; CFI=.996) ergab, dass Reasoning die abhängigen Variablen substanziell vorhersagte (Wissensaneignung: β=.74; p<.001 Wissensanwendung: β=.77; p<.001). Die Residuen der abhängigen Variablen korrelierten substanziell (r= .39; p<.001). Fragestellung 1: Fügte man zusätzlich zu Reasoning das Problemlöse-Selbstkonzept als Prädiktor für die KPL-Facetten Wissensaneignung und Wissensanwendung hinzu, zeigte sich, dass Selbstkonzept zusätzlich zu Reasoning ein signifikanter Prädiktor für die Wissensaneignung (β=.23; p<.001) war, nicht jedoch für die Wissensanwendung. Die Korrelation der Residuen betrug r= .39; p<.001 (RMSEA=.017 [.000-.031]; CFI=.993). Fragestellung 2: Wurde das SEM zu Fragestellung 1 um den Prädiktor Einschätzung des eigenen KPL ergänzt, hatte die Selbsteinschätzung zusätzlich zu Reasoning und dem Problemlöse-Selbstkonzept einen signifikanten Einfluss auf die KPLFacetten Wissensaneignung (β=.52; p<.001) und Wissensanwendung (β=.37; p<.001). Zudem teilten die Residuen der KPLFacetten keine gemeinsame Varianz mehr, wie eine nicht-signifikante Residualkorrelation der Facetten zeigte (r= .09; p=.582; RMSEA=.018 [.002-.027]; CFI=.987). Diskussion Die Ergebnisse zeigten, dass die metakognitive Selbsteinschätzung der eigenen Leistung einen wichtigen Bestandteil beim KPL darstellt und gemeinsam mit Reasoning die KPL-spezifische Varianz, welche sich die KPL-Facetten Wissensaneignung und Wissensanwendung teilten, vollständig erklärt. Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte einschränkend berücksichtig werden, dass Einschätzung der eigenen Leistung bei Komplexen Aufgaben recht einfach ist, da man sich sukzessive seinem Ziel nähert. Daher spiegelt die Selbsteinschätzung im KPL die tatsächliche Leistung recht genau wieder. So ist es möglich, dass KPL weitere (metakognitive) Aspekte enthält, weshalb Replikationen mit weiteren metakognitiven Prädiktoren wünschenswert wären. ID: 333 / E 04 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Schulentwicklung Stichworte: Schulsystementwicklung, Schulrecht, Bildungschancen, institutioneller Wandel, Zeitreihe Moderieren Veränderungen der institutionellen Strukturen von Schulsystemen Bildungserfolgschancen? Theoretisches Konzept und Ergebnisse aus empirischen Analysen von Zeitreihen und schulrechtlichen Reformen. Nils Berkemeyer1, Björn Hermstein1,2, Ina Semper1, Sonja Abendroth1, Wilfried Bos2 1 Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland; 2Institut für Schulentwicklungsforschung, TU Dortmund, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Beitrag möchte der Frage nachgehen, inwiefern institutionellen Wandlungsprozessen der Schulsysteme Rückwirkungen auf Bildungserfolgschancen zuzuschreiben sind. Hierfür werden zunächst zwei inhaltliche Schwerpunkte differenziert, die abschließend verknüpft werden. Zunächst wird empirisch tragfähige Konzeption des Wandels von Schulsystemen angeboten. In einem zweiten Schritt wird ein Rahmenmodell zur Beurteilung von Bildungserfolgen auf Schulsystemebene aufgezeigt. Dem Challenge-Response-Ansatz (Best, 2007) entsprechend ist sozialer Wandel als diskontinuierlicher Entwicklungsprozess zu begreifen. Soziale Einheiten verändern ihre Strukturen insofern, als dass Entwicklungen ihrer Umwelten oder systemintern geschaffene Situationen ihre Reproduktionskreisläufe derart stören, dass Reaktionen zugunsten der Aufrechterhaltung oder auch Verbesserung ihrer Funktionsfähigkeit notwendig werden. Diese pragmatische Perspektive schlägt somit vor, Prozesse sozialen Wandels als Abfolge von Herausforderungen (Challenges) und Antworten (Responses) analytisch zu differenzieren und als Challenge-Response-Ketten zu begreifen. Um Bildungserfolge auf der Makro-Ebene darstellen zu können bedienen wir uns dem Konzept des Monitoringsinsstruments Chancenspiegel. Schulsystemische Gerechtigkeit wird hier über vier Dimensionen (Integrationskraft, Durchlässigkeit, Kompetenzförderung, Zertifikatsvergabe) beschrieben und über Kennwerte, die den Dimensionen zugeordnet werden, operationalisiert (Berkemeyer/Bos/Manitius, 2012). Diesem Verständnisangebot folgend definieren wir Bildungserfolgschancen mehrdimensional und beobachten ihre Realisation auf Schulsystemebene entlang der Kennwertausprägungen. Fragestellung Moderieren bzw. fördern Veränderungen institutioneller Strukturen von Schulsystemen die Bildungserfolgschancen der Schülerpopulationen? Dieser Fragestellung liegt die theoretische Annahme zugrunde, dass Reorganisationshandlungen auf institutioneller Ebene immer auch einer kulturell-normativen Zwecksetzung der Verbesserung von Verhältnissen, z.B. der Erhöhung von Bildungschancen, folgen. Hieraus ergibt sich die Hypothese, dass zumindest in der Kollektivbetrachtung (in Absehung von spezifischen Einzelfällen) reformierte Regelungsstrukturen (neben langfristigen Entwicklungen wir erhöhten Bildungsaspirationen) zu einer Verbesserung der Bildungserfolgschancen beitragen (sollen), die auch empirisch beobachtbar sind. _Mit welchen exo- und endogenen Herausforderungen sahen sich die Schulsysteme der deutschen Bundesländer in den Jahren 2001 bis 2014 gegenübergestellt und welche Antworten auf Ebene schulrechtlicher Institutionen sind vorfindbar?_ Die Beantwortung dieser Fragestellung soll aufzeigen, welche gemeinsamen und fallspezifischen Anforderungen an die Schulsysteme der Länder gestellt wurden (z.B. PISA, KMK-Handlungsfelder, UN-Behindertenrechtskonvention, Demografischer Wandel) und wie sich die Reaktionen hierauf in schulrechtlichen Texten (Schulgesetze, Verordnungen) im Zeitverlauf niederschlugen. _Welche Veränderungen der Schulsysteme in den Dimensionen Integrationskraft, Durchlässigkeit, Kompetenzförderung und Zertifikatsvergabe sind durch Zeitreihen (2002-2014) datenbasiert nachzuvollziehen?_ Die Darstellung von Zeitreihen ermöglicht es, die Veränderungen relevanter Aspekte von Bildungserfolg(schancen) auf Schulsystemebene mehrdimensional und mithilfe von Kennwerten zu beschreiben. Methode Um den aufgeworfenen Fragestellungen nachzugehen bedienen wir uns verschiedener Methoden, die triangulativ zusammengeführt werden. Die Selektion von Herausforderungen der Schulsysteme erfolgt infolge der Sichtung wissenschaftlicher Publikationen. Im nächsten Schritt werden Veränderung relevanter Rechtquellen (Schulgesetze; Verordnungen) der Länder der Jahre 2001 bis 2014 so kategorisiert, dass sie sowohl den gefundenen Herausforderung als auch dem Indikatorensystem des Chancenspiegels zuordenbar sind. Dieser Schritt modelliert die erwarteten Relationen zwischen Schulrechtsreformen und den Ausprägungen der Bildungserfolgschancen auf Kennwertebene. Für die Darstellung der Kennwerte in Zeitreihen wird auf Datensätze amtlicher Statistiken zurückgegriffen. Diese werden in Kennwertform aufbereitet. Insgesamt werden 15 Kennwerte in den vier Beschreibungsdimensionen berücksichtigt. Zuletzt wird auf Entsprechungen und Divergenzen zwischen Veränderungen der institutionellen Regelungen und Kennwertausprägungen hin analysiert. Aufgrund zu geringer Fallzahlen auf Seiten der schulrechtlichen Änderungen für den Betrachtungszeitraum müssen wir uns vorerst auf deskriptive Analysen von Trends und Relationen beschränken. Ergebnisse Bislang liegen erst Teilergebnisse der einzelnen Analyseschritte vor. Methodisch zeigt sich, dass sich die als relevant erachteten schulrechtlichen Änderungen gut klassifizieren und mit dem kennwertbasierten Beobachtungsschema verknüpfen lassen. Es zeichnet sich ab, dass schulrechtlichen Innovationen zumindest eine partielle Erklärungskraft für gesteigerte Bildungserfolgschancen zuzusprechen ist, da erwartungsgemäße Veränderungen der Kennwertausprägungen zu beobachten sind. Dies gilt vor allem für Schulrechtsreformen, die sich auf Kennwerte der Dimension Integrationskraft (Ganztagsnutzung, Inklusionsanteil) und Zertifikatsvergabe (Abgänger ohne Hauptschulabschluss, Abiturienten) beziehen. Ob die Aussage, dass wandlungsfähige, also auf Herausforderungen mit (schulrechtlichen) Antworten reagierende Systeme generell verbesserte Bildungserfolgschancen bereithalten, zulässig ist, ist noch zu prüfen. ID: 334 / D 11 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen Stichworte: Metakognition, Genauigkeit metakognitiver Einschätzungen, Textverstehen, Textsorte Ist narrativ gleich weniger (meta-)kognitiv? Die Genauigkeit metakognitiver Einschätzungen bei expositorischen und narrativen Texten Stefanie Golke, Romina Hagen, Jörg Wittwer Universität Freiburg, Deutschland Narrative Texte gelten im Vergleich zu expositorischen Texten als leichter verständliche Textform (Linderholm, Zhao Therriault & Cordell-McNulty, 2008). Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, expositorische Texte um narrative Elemente zu erweitern, um den Lernerfolg zu erhöhen (Norris, Guilbert, Smith, Hakimelahi & Philipps, 2005). Dagegen sprechen jedoch Befunde, die zeigen, dass neue Informationen weniger gut mit dem Vorwissen integriert und damit schlechter behalten werden, wenn sie in narrativer anstatt in expositorischer Textform präsentiert werden (Wolfe & Mienko, 2007; Wolfe & Woodwyk, 2010). Bislang völlig unbeantwortet ist die Frage, ob sich die Textform nicht nur auf das Verständnis, sondern auch auf die metakognitive Einschätzung des Textverständnisses unterschiedlich auswirkt. Generell gilt eine möglichst akkurate metakognitive Einschätzung des Textverständnisses als essentiell für das erfolgreiche Lernen aus Texten. Wir führten deshalb ein Experiment zum Effekt der Textform auf die Genauigkeit der metakognitiven Einschätzung des Textverständnisses durch. Wir testeten folgende Hypothesen: (1) Informationen aus einem narrativen Text werden weniger gut behalten als Informationen aus einem expositorischen Text. (2) Ein narrativer Text führt zu einer weniger akkuraten Einschätzung des Textverständnisses als ein expositorischer Text. (3) Die weniger akkurate Einschätzung des Verständnisses bei einem narrativen Text sollte vor allem bei leseschwächeren Personen, die wenig lesen, besonders ausgeprägt sein. Am Experiment nahmen N = 42 Studierende teil (M = 24.14 Jahre, SD = 3.33 Jahre; 74% weiblich). Die Studierenden wurden randomisiert zwei Gruppen zugewiesen. Die erste Gruppe (n = 20) las einen expositorischen Text zum Thema Blutkreislauf, während die zweite Gruppe (n = 22) einen in narrativer Form aufbereiteten Text zum Thema Blutkreislauf las. Beide Textversionen waren hinsichtlich Informationsgehalt, Schwierigkeitsgrad und Länge weitestgehend parallelisiert. Als abhängige Variablen dienten das Textverständnis und die Genauigkeit der prospektiven und retrospektiven metakognitiven Einschätzung des Textverständnisses. Im Experiment bearbeiteten die Studierenden zuerst einen Vortest zum Thema Blutkreislauf und berichteten ihre Lesegewohnheiten. Anschließend lasen sie den narrativen oder den expositorischen Text. Danach erhielten sie eine Beschreibung der Aufgaben, mit denen das Textverständnis gemessen wurde, und sollten angeben, wie viele der Aufgaben sie wohl richtig beantworten würden. Nach dieser prospektiven Einschätzung bearbeiteten die Studierenden die Fragen zum Text. Der Verständnistest enthielt 14 Faktenfragen und eine Aufgabe, welche eine zusammenhängende Darstellung der Bestandteile und Prozesse des Blutkreislaufs erforderte. Nachdem alle Fragen beantwortet waren, schätzten die Studierenden ihr Verständnis retrospektiv ein. Die Ergebnisse zeigten erstens, dass die Gruppe, die den narrativen Text las, signifikant weniger Informationen behalten hatte als die Gruppe, die den expositorischen Text las. Zweitens führte das Lesen des narrativen Textes zu einer signifikant ungenaueren Einschätzung des Verständnisses als das Lesen des expositorischen Textes. Dabei zeigte sich, dass der narrative Text zu einer deutlichen Überschätzung sowohl in der Prädiktion als auch in der Postdiktion des Verständnisses führte. Drittens ergab sich ein Moderatoreffekt für die Lesegewohnheiten der Studierenden: Der narrative Text führte vor allem zu einer Überschätzung des Verständnisses bei denjenigen Studierenden, die gewohnheitsmäßig wenig lasen. Die Befunde sprechen dafür, dass die Textsorte einen Einfluss auf die Genauigkeit der metakognitiven Einschätzung beim Lesen ausübt. Es kann vermutet werden, dass ein expositorischer Text mittels Aktivierung entsprechender Schemata eher ein Lesen zum Zweck des Wissenserwerbs und eine angemessene metakognitive Überwachung beim Lesen anregt. Ein narrativer Text scheint dagegen eher eine oberflächlichere Verarbeitung der Informationen und eine eingeschränkte metakognitive Überwachung zu bewirken, die zu illusions of knowing führen. Dieser Effekt scheint vor allem bei leseschwächeren Personen besonders ausgeprägt zu sein. ID: 335 / D 10 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Fähigkeitsselbstkonzept, Lehramtsstudierende, Schulpraktikum, Praxissemester Entwicklung des Fähigkeitsselbstkonzeptes als angehende Lehrkraft in Abhängigkeit der Praxisphasengestaltung Immanuel Ulrich, Franziska Wenzel, Holger Horz Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland Theorie: Der Praxisbezug im Lehramtsstudium wird an deutschen Universitäten als zu gering bewertet (Terhart, 2000), was teils über Praktika kompensiert werden soll. In den letzten Jahren fand in einigen Bundesländern ein Wechsel von mehreren Kurzpraktika zu längeren, einheitlichen Praxissemestern statt. So wird aktuell in Hessen das Praxissemester in Teilen der Lehramtsstudiengänge eingeführt und evaluiert. Praxissemestern werden, im Gegensatz zu den bisherigen Kurzpraktika, bessere Wirkungen auf die Studierenden zugeschrieben. Politisch intendierte Ziele liegen in einem umfassenderen „Forschenden Lernen“, stärkerer Förderung theoretischer Reflexionsfähigkeit sowie besserer Einübung unterrichtspraktischer Fähigkeiten (Weyland & Wittmann, 2014). Die empirische Prüfung dieser vermuteten Effekte steht aber in vielen Fällen noch aus. Unterrichtspraktische Fähigkeiten können hierzu u.a. über das Fähigkeitsselbstkonzept (vgl. Hannover, 1997) erfasst werden, konkret über das spezifische „Fähigkeitsselbstkonzept als angehende Lehrkraft“ der Studierenden. Fraglich ist, ob alleine das Format des Praktikums unterrichtspraktische Fähigkeiten fördert (Hascher, 2006). Gröschner, Schmitt und Seidel (2013) konnten zeigen, dass die Qualität der Lernbegleitung in den universitären Begleitveranstaltungen bedeutsam für den subjektiven Kompetenzerwerb der Studierenden ist. Es lässt sich vermuten, dass dies für das Fähigkeitsselbstkonzept ebenso gilt. Der generelle, fachübergreifende Einfluss des Fähigkeitsselbstkonzeptes des Lehrenden auf die studentischen Bewertungen in seiner Lehrevaluation konnte bereits nachgewiesen werden (Ulrich, 2013). Unklar ist bislang noch, inwieweit das Fähigkeitsselbstkonzept des Lehrenden die Fähigkeitsselbstkonzepte der Studierenden beeinflusst. Fragestellung: Diese Studie untersucht die Veränderung des „Fähigkeitsselbstkonzeptes als angehende Lehrkraft“ bei den Studierenden in Abhängigkeit von *der Gestaltung der Praxisphase: Kurzpraktikum vs. Praxissemester *der Quantität der universitären Begleitung: Umfang und Nutzung der Veranstaltungsangebote zur Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der Praxisphase *der Qualität der universitären Begleitung: Evaluation der Lehrveranstaltung *des Fähigkeitsselbstkonzeptes der Lehrenden der universitären Vorbereitungs-, Begleit- und Nachbereitungsveranstaltungen. Die dort Lehrenden sind in der Regel abgeordnete Lehrer/innen aus den hessischen Schulen. Methode: Zur Untersuchung dessen befragen wir an der Goethe-Universität Frankfurt 600 Lehramtsstudierende und deren Lehrenden aus den Vorbereitungs-, Begleit- und Nachbereitungsveranstaltungen zu 3 Messzeitpunkten. Die Erhebung findet per Fragebogen in den jeweiligen Lehrveranstaltungen der Studierenden statt. 200 Studierende absolvieren das 15-wöchige Praxissemester, 400 ein 5-wöchiges Kurzpraktikum. Die Messzeitpunkte (MZP) liegen vor der Praxisphase (MZP 1, Juli 2015), nach 5 Wochen Praxisphase (MZP 2, Okt. 2015) und nach 15 Wochen Praxissemester bzw. 10 Wochen nach dem Kurzpraktikum (MZP 3, Jan. 2016). Alle Messzeitpunkte werden stets bei beiden Gruppen zeitlich parallel erhoben. Bei den eingesetzten Instrumenten haben wir stets auf validierte und publizierte Skalen zurückgegriffen, welche – wenn nötig – auf den Studienkontext adaptiert wurden. Bei den Studierenden wird das Fähigkeitsselbstkonzept sowie zusätzlich zur Kontrolle u.a. ihr subjektiver Kompetenzerwerb zu allen MZP sowie nur zu MZP 1 ihre Studienwahlmotivation, Pädagogische Vorerfahrung, Persönlichkeit (BIG Five) und Soziodemografie erhoben. Daneben erfassen wir zu allen MZP den Umfang der angebotenen und genutzten Lehrangebote. Bei den Lehrenden haben wir deren Fähigkeitsselbstkonzept als Lehrer/in untersucht, zugleich wurden deren Fach und Geschlecht mit erfasst. (Erste und vermutete) Ergebnisse: Erste aktuelle Berechnungen des abgeschlossenen ersten Messzeitpunktes bestätigen die Güte der auf den Lehramtskontext adaptierten Skalen. Der Beitrag auf der GEBF wird die Gesamtergebnisse der Studie mehrebenenanalytisch darstellen. Es soll aufgezeigt werden, ob wirklich eine Änderung der Praxisphase bei den Studierenden das Fähigkeitsselbstkonzept als angehende Lehrkraft verändert oder nicht eher die Qualität der universitären Begleitung sowie das Fähigkeitsselbstkonzept als Lehrer/in des betreuenden Lehrenden (= abgeordnete Lehrer/innen aus den Schulen) relevant ist. ID: 338 / D 04 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Selbsterfüllende Prophezeiung, Lehrererwartungen, Kompetenzentwicklung Selbsterfüllende Prophezeiungen in der Grundschule – Effekte von Lehrererwartungen auf die Leistungsentwicklung von Kindern Sarah Gentrup1, Georg Lorenz2, Susanne Rahmann3, Petra Stanat1, Cornelia Kristen2, Irena Kogan3 1 Humboldt-Universität zu Berlin, IQB, Deutschland; 2Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland; 3Universität Mannheim, MZES, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Leistungserwartungen von Lehrkräften bilden eine wichtige Grundlage pädagogischen Handelns im Unterricht (Schrader & Helmke, 2001). Sie basieren jedoch nicht immer nur auf tatsächlichen Leistungen der Schülerinnen und Schüler, sondern werden unter Umständen auch von Stereotypen und anderen Vorannahmen der Lehrkräfte bestimmt (Lorenz et al., eingereicht; Jussim, Eccles & Madon, 1996). Über den Prozess der selbsterfüllenden Prophezeiung (Merton, 1948) können verzerrte Erwartungen dann die Leistungsentwicklung von Kindern beeinflussen. Vor allem aus den USA stammende Arbeiten weisen darauf hin, dass selbsterfüllende Prophezeiungen im Schulkontext auftreten, wobei die Effekte allgemein klein ausfallen (Alexander & Schofield, 2006; Jussim, Robustelli & Cain, 2009). Im deutschen Bildungskontext wurden Effekte von Lehrererwartungen bisher nur selten untersucht (Lorenz, in Vorb.; Friedrich et al., 2015; Becker, 2013; Stahl, 2007). Die Analyse von Erwartungseffekten ist zudem mit methodischen Herausforderungen verbunden, die in Studien häufig nicht ausreichend berücksichtigt werden. So muss zunächst ein verzerrter Erwartungsanteil identifiziert werden, um eine Selbsterfüllung zu belegen. Außerdem fehlt es an Studien, die früh in der Bildungslaufbahn ansetzen. Bei den bislang durchgeführten Untersuchungen in höheren Jahrgangsstufen ist unklar, inwieweit die beobachteten Schülerleistungen bereits durch vorausgegangene selbsterfüllende Prophezeiungen beeinflusst wurden. Fragestellung: Die vorliegende Studie untersucht selbsterfüllende Prophezeiungen im ersten Grundschuljahr und überwindet hierbei die oben benannten methodischen Einschränkungen bisheriger Studien. Im Fokus steht die Frage, ob sich verzerrte Leistungserwartungen von Lehrkräften kurz nach der Einschulung auf die Entwicklung der Mathematik- und Lesefähigkeiten der Schülerinnen und Schüler im ersten Schuljahr auswirken. Es wird davon ausgegangen, dass positiv verzerrte Leistungserwartungen die Leistungsentwicklung begünstigen und negativ verzerrte Leistungserwartungen die Leistungsentwicklung hemmen. Methodik: Die an der Studie „Kompetenzerwerb und Lernvoraussetzungen“ teilnehmenden Lehrkräfte (N=72) aus 39 Grundschulen im Ruhrgebiet wurden direkt nach der Einschulung gebeten, ihre Leistungserwartungen für alle teilnehmenden Kinder ihrer Klasse (insgesamt N=1065) anhand mehrerer Items für das Fach Mathematik und das Fach Deutsch anzugeben (5stufig). Zum gleichen Zeitpunkt wurden die Mathematik- und Lesefähigkeiten der Kinder (FIPS; Bäuerlein et al., 2012), ihre kognitiven Grundfähigkeiten (CFT1; Weiß & Osterland, 1997), motivationalen Merkmale (FEESS1-2 adaptiert; Rauer & Schuck, 2004) und ihre fachspezifischen Selbstkonzepte (Poloczek et al., 2009) erfasst. Am Schuljahresende wurden ihre Mathematikund Lesefähigkeiten erneut gemessen. Alle Analysen wurden mit MPlus unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur durchgeführt. Den Indikator für verzerrte Anteile der Leistungserwartungen bilden Residuen, die in Regressionen der Leistungserwartungen auf fachspezifische Leistungen, kognitive Grundfähigkeiten, motivationale Merkmale sowie die Selbstkonzepte der Kinder am Schuljahresanfang gewonnen wurden (vgl. Becker, 2013; Madon, Jussim & Eccles, 1997). Dieser wurde zum einen metrisch, zum anderen aufgeteilt in drei Kategorien („Unterschätzung“, „zutreffende Erwartung“, „Überschätzung“) als Prädiktor der Mathematik- bzw. Lesefähigkeit am Schuljahresende in separaten Analysen untersucht. Familiäre Hintergrundmerkmale der Kinder wurden kontrolliert. Ergebnisse: Erste Analysen identifizierten sowohl für die Mathematik- als auch die Lesekompetenz am Ende der ersten Klasse signifikant positive Effekte verzerrter Lehrererwartungen. Kinder zeigten demnach umso höhere Mathematik- und Lesekompetenzen am Ende der ersten Klasse, je mehr die Leistungserwartungen am Schuljahresbeginn positiv verzerrt bzw. je weniger sie negativ verzerrt waren. Weitergehende Analysen anhand der Erwartungskategorien ergaben für die Leseentwicklung sowohl positive Effekte einer Überschätzung, als auch negative Effekte einer Unterschätzung. Im Fach Mathematik fanden sich dagegen zunächst nur Hinweise auf eine Begünstigung der mathematischen Leistungsentwicklung durch positiv verzerrte Erwartungen, nicht aber Nachteile durch negativ verzerrte Erwartungen. Diese Studie liefert empirische Belege dafür, dass die Leistungsentwicklung von Kindern bereits in der ersten Grundschulklasse bedeutsam von Lehrererwartungen beeinflusst werden kann. Besonders deutlich fallen dabei positive Effekte von Überschätzungen der Schülerleistungen aus. Hinweise für Benachteiligungen durch Unterschätzungen finden sich für die Lesekompetenz. Die Bedeutung der Befunde für unterrichtliches Handeln und für differenzielle Bildungschancen wird diskutiert. ID: 340 / E 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Sonderpädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Lese- und Sprachförderung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Lesetraining, Paired Reading, 3. Klassenstufe, ausserschulische Förderung Wirksamkeit eines ausserschulischen Leseförderprojekts: Vergleichende Analysen eines Lautlesetrainings (Eltern vs. Lesecoach) bei schwachen Lesern der dritten Klassenstufe Silke Hauri1, Catherine Näpflin2, Caroline Villiger1, Annette Tettenborn2, Isabelle Hugener2, Kathrin Krammer2, Erich Hartmann3 1 Pädagogische Hochschule Freiburg, Schweiz; 2Pädagogische Hochschule Luzern, Schweiz; 3Universität Freiburg, Schweiz Theoretischer Hintergrund Die Ergebnisse verschiedener internationaler Vergleichsstudien zur Lesekompetenz (vgl. PISA- und IGLU-Studie; z.B. Bos et al., 2012) weisen deutlich darauf hin, dass der Anteil von Schüler/-innen mit unterdurchschnittlichen Leseleistungen nach wie vor beträchtlich ist. Für eine erfolgreiche Schullaufbahn ist jedoch die Leseleistung ein entscheidendes Merkmal (OECD, 2014). Die Entwicklung und Überprüfung von wirksamen Fördermassnahmen, die bereits beim Erwerb der Grundfertigkeiten ansetzen und die Zielgruppe der schwachen Leserinnen und Leser in besonderer Weise ansprechen, erscheint daher dringend geboten. Damit wird letzten Endes beabsichtigt, einer Risikogruppe von Schulkindern verbesserte Aussichten auf Bildungserfolg zu ermöglichen. Die Leseflüssigkeit ist eines der wichtigsten Merkmale kompetenten Lesens (Kuhn & Stahl, 2003) und gilt als Voraussetzung für das Verstehen von Texten. Ist die Dekodierfähigkeit, eine Teilkomponente der Leseflüssigkeit, unzureichend automatisiert, kann das Textverständnis stark beeinträchtigt werden (Perfetti, 1985). Als wirksam für die Förderung der Leseflüssigkeit haben sich insbesondere Lautleseverfahren erwiesen (vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2011), wie etwa die Paired-Reading-Methode (PR; paarweises Lesen). Sie zeichnet sich aus durch gemeinsames Lautlesen im Lesetandem, alternierend mit Sequenzen selbstinitiierten Alleinlesens des Kindes, konsequenter Fehlerkorrektur und einer Feedback-Komponente in Form von Lob (Topping, 2001). In zahlreichen Studien wurde diese Methode bei Grundschulkindern im Tandem mit Erwachsenen (Eltern, professionelle oder halb-professionelle Coachs) umgesetzt. Bisher fehlen direkte Vergleiche der Wirksamkeit unterschiedlicher Akteure. Auch sind die bisherigen Studien in methodologischer Hinsicht oft mangelhaft (z.B. keine Kontrollgruppe, Interventionen ohne vorgängiges Training, fehlende Berücksichtigung der individuellen Merkmale oder der Implementationsgenauigkeit; vgl. dazu McElvany & van Steensel, 2009). Fragestellung Das Projekt LiT – Lesen im Tandem beabsichtigt, diese Forschungslücken zu schliessen. Im Vordergrund stehen folgende Fragestellungen: 1. Wie effektiv ist die Methode im Hinblick auf die Leseflüssigkeit und das Textverstehen? 2. Ist die Methode unterschiedlich wirksam, wenn sie von Eltern oder von Lesecoachs durchgeführt wird? Methode Auf der Grundlage eines quasi-experimentellen Designs (Prä-Post-Follow up Kontrollgruppen Design) wurde die PR-Methode bei 3.Klässlern mit Leseschwierigkeiten implementiert und von umfangreichen Datenerhebungen (Elternfragebogen zu individuellen Merkmalen, diverse Testverfahren zur Erhebung verschiedener Facetten der Lesekompetenz, Videoaufnahmen des Lesetrainings) begleitet. Die Stichprobe umfasste N = 193 Schüler-/innen mit schwachen Leseleistungen, davon trainierten N = 67 mit ihren Eltern, N = 63 mit einem Lesecoach und N = 67 bildeten die Wartekontrollgruppe. Die Gruppenzuteilung verlief überwiegend randomisiert, was bei Feldstudien üblich ist (Randomisierungsgrad 75%). Die Coachs und Eltern erhielten vorgängig ein identisches Training von 2 x 1.5 Stunden. Die Tandems trainierten durchschnittlich während 20 Wochen, trafen sich wöchentlich im Durchschnitt 2.3mal und lasen ca. 16Minuten entsprechend den Vorgaben der PR-Methode. Ergebnisse Erste Ergebnisse bestätigen die Wirksamkeit der PR-Methode im Hinblick auf die Förderung der Leseflüssigkeit. Dies traf jedoch nur für Kinder zu, die mit einem Coach trainierten. Sie verfügten nach Trainingsabschluss über eine signifikant bessere Leseflüssigkeit als die Kontrollgruppenkinder. Die Gruppe der Kinder, die mit ihren Eltern lasen, unterschieden sich hingegen nicht signifikant von der Kontrollgruppe. In keiner der Gruppen ergaben sich beim Posttest signifikante Effekte hinsichtlich des Leseverständnisses. Die Ergebnisse zum Follow up stehen noch aus. Bei weiteren Analysen werden zusätzlich die Implementationsqualität sowie individuelle Merkmale der Kinder berücksichtigt. Die Befunde lassen Schlussfolgerungen zu in Bezug auf die Wirksamkeit bisher weitgehend ungenutzter Formen ausserschulischer Fördermassnahmen und weisen auf Grenzen elterlicher Unterstützung bei Leseschwierigkeiten. ID: 341 / F 02 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Wissenschaftliches Denken, Integrierte Lernumgebung, Lernen aus Fehlern, Multiple Kontexte Förderung wissenschaftlichen Denkens in der Lehrerbildung: Ergebnisse einer Interventionsstudie Maria Bergner1, Kai Wagner2, Robin Stark2, Ulrike-Marie Krause1 1 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland; 2Universität des Saarlandes, Deutschland Im Rahmen von Standards für die Lehrerbildung (Kultusministerkonferenz, 2004) und Modellen professioneller Kompetenz (z.B. Baumert & Kunter, 2006) wird wissenschaftlichem Denken ein hoher Stellenwert für die Professionalität von Lehrkräften beigemessen. Deshalb stellt es ein wichtiges Lernziel im Lehramtsstudium dar (Kunina-Habenicht et al., 2013). Im Rahmen der vorliegenden Studie wird wissenschaftliches Denken als die reflektierte Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf Problemstellungen der pädagogischen Praxis sowie als kritische Auseinandersetzung mit Alltagstheorien definiert. Viele Lehramtsstudierende haben Schwierigkeiten bei der Anwendung wissenschaftlicher Theorien zur Erklärung von Situationen in der Schulpraxis (Seidel & Prenzel, 2007). Häufig werden zur Erklärung schulischer Situationen Alltagstheorien sowie Alltagserfahrungen herangezogen (z.B. Stark, Herzmann & Krause, 2010). Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wurde im Rahmen einer experimentellen Interventionsstudie eine integrierte Lernumgebung (Reinmann & Mandl, 2006) konzipiert, die problemorientierte und instruktionsorientierte Designprinzipien kombiniert: Die Auseinandersetzung mit ausgearbeiteten Lösungsbeispielen wurde anhand authentischer Schulszenarien in ein narratives Format eingebettet (vgl. Krause, 2007; Stark, Kopp & Fischer, 2011). Integrierte Lernumgebungen erwiesen sich in der Lehrerbildung zur Förderung anwendbaren Wissens als lernwirksam (z.B. Krause, Stark & Herzmann, 2011; Wagner, Klein, Klopp & Stark, 2014). Zur Optimierung der Lernumgebung wurden zusätzliche Maßnahmen implementiert und im Rahmen der Interventionsstudie untersucht: Lernen aus Fehlern und die Präsentation multipler Kontexte. Das Lernen aus Fehlern gemäß den Annahmen von Oser und Spychiger (2005) wurde durch die Kontrastierung von fehlerhaften und korrekten Lösungen erprobt, wobei die Art des in der Lernumgebung eingesetzten Fehlers (eigene Fehler vs. präsentierte Fehler) zusätzlich variiert wurde. Zudem wurde ausgehend von der Cognitive-Flexibility-Theory (Spiro, Feltovich, Jacobson & Coulson, 1992) zur Förderung der flexiblen Anwendung von Wissen der Einfluss der Anzahl der Kontexte durch die Variation uniforme vs. multiple Kontexte untersucht (uniforme vs. multiple Kontexte) Entsprechend lag dieser Studie ein 2x2-faktorielles Design zugrunde. 179 Lehramtsstudierende wurden den Untersuchungsbedingungen zufällig zugewiesen. Die Erhebung und die Bearbeitung der Lernumgebung fanden in vier Seminarsitzungen statt (Vortest, Trainingsphase, Nachtest). Die Operationalisierung wissenschaftlichen Denkens erfolgte anhand des konzeptuellen Erklärungswissens sowie anhand des Analyse- und Generierungswissens bzgl. wissenschaftlicher Erklärungen. Insgesamt zeigten alle Gruppen einen Lernfortschritt vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt. Hinsichtlich des Erwerbs des konzeptuellen Erklärungswissens trat bei der Gruppe mit präsentierten Fehlern ein größerer Lerneffekt auf als bei der Gruppe mit eigenen Fehlern. Die Anzahl der Kontexte hatte für diese Wissensart keinen signifikanten Einfluss auf den Lernfortschritt. Beim Analysewissen bezüglich wissenschaftlicher Erklärungen ließ sich eine Überlegenheit der Probanden erkennen, die vorgegebene fehlerhafte Erklärungen (präsentierte Fehler) analysierten. Zudem war die Bearbeitung uniformer Kontexte hierfür lernförderlicher als die Bearbeitung multipler Kontexte. Die Gruppe in der Bedingung präsentierte Fehler und uniforme Kontexte zeigte den größten Lernerfolg. Beim Erwerb des Generierungswissens bezüglich wissenschaftlicher Erklärungen war die Gruppe, die eigene Erklärungen generierte und analysierte (eigene Fehler), der Gruppe überlegen, die vorgegebene Erklärungen analysierte (präsentierte Fehler). Uniforme Kontexte waren auch hier lernförderlicher als multiple Kontexte. Nur für das Analysewissen zeigte sich ein Interaktionseffekt zwischen den beiden Faktoren. Zusammenfassend war die integrierte Lernumgebung dieser Interventionsstudie für die Förderung wissenschaftlichen Denkens bei Lehramtsstudierenden lernwirksam, auch wenn keine Experimentalbedingung hinsichtlich der Förderung aller Wissensarten überlegen war. Deutlich wurde jedoch für alle Wissensarten, dass die Präsentation multipler Kontexte nicht lernwirksamer war als die Präsentation uniformer Kontexte. Möglicherweise war die Bearbeitung multipler Kontexte in der Lernumgebung zu komplex und führte bei den Probanden zu Überlastung. Dies könnte zum Beispiel daran liegen, dass die zusätzliche instruktionale Unterstützung für die Bedingung multiple Kontexte nicht ausreichend war (siehe dazu Stark, Mandl, Gruber & Renkl, 1999). Um die Förderung wissenschaftlichen Denkens bei Lehramtsstudierenden weiter zu optimieren, ist eine Weiterentwicklung der Lernumgebung unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Studie geplant. ID: 342 / F 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Vorschulische Bildung Stichworte: Soziale Herkunft, vorhochschulische Bildungsentscheidungen, Studienerfolg/Studienabbruch, soziale Integration, Lebensbedingungen Soziale Herkunft, Bildungswege und Studienerfolg trotz ungünstiger Voraussetzungen Sören Isleib DZHW, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Beitrag befasst sich mit den Gelingensbedingungen eines erfolgreichen Studiums trotz ungünstiger vorhochschulischer Voraussetzungen. Grundlage der Arbeit ist das am DZHW entwickelte theoretische Modell des Studienabbruchs (Heublein 2014). Dieses ist interdisziplinär angelegt und berücksichtigt sozial-integrative (Tinto 1975), psychologische (Robbins et al. 2004), ökonomische (Barry/Okun 2011) und habituelle (Thomas 2002) Theorieansätze zum Studienerfolg/-abbruch. In einem vorbereitenden Analyseschritt wird der Einfluss sozialer Herkunft und vorhochschulischer Bildungsentscheidungen auf den Studienerfolg in dem Blick genommen. Zusammenhänge zwischen sozialer Herkunft und Bildungsentscheidungen werden über die Ausstattung mit kulturellen (Bourdieu/Passeron 1977) oder Humankapital (Becker 1993) bzw. über eine Kosten/Nutzenabwägung (Boudon 1974) erklärt (vgl. Kristen 1999). In der konkreten Analyse der Gelingensbedingungen des Studiums trotz ungünstiger Voraussetzungen werden Faktoren in der Studienphase selbst herangezogen. Der Analysefokus des zugrundeliegenden DZHW-Modells des Studienabbruchprozesses greift hier zu weit. Es werden daher diejenigen theoretischen Konstrukte herangezogen, die sich in vergangen Untersuchungen sowie in der vorliegenden Untersuchung als empirisch besonders fruchtbar erwiesen haben. Dies sind im Einzelnen die soziale/akademische Integration ins Studium (Tinto 1975, 2006) sowie hochschulexternen Lebensbedingungen (Erwerbstätigkeit, Finanzierung) (Bean/Metzner 1985). Fragestellung Die Fragestellung des Beitrages untergliedert sich somit in zwei Teilfragen. 1. Welchen Einfluss besitzen soziale Herkunft und vorhochschulischer Bildungsweg auf den späteren Studienerfolg? Und darauf aufbauend: 2. Welche Effekte im Studienprozess tragen dazu bei, dass das Studium trotz vermeintlich schlechter vorhochschulischer Voraussetzungen erfolgreich beendet wird? Methode Zur Beantwortung beider Fragen wird jeweils ein separates logistisches Regressionsmodell mit average marginal effects geschätzt. Die Daten dazu stammen aus der aktuellen DZHW-Exmatrikuliertenbefragung (N=9161). Das erste Modell richtet sich (unter Ausschluss bestimmter effektverzerrender Teilgruppen) an Absolventen und Abbrecher (N=4457) und beantwortet die Frage, welche vorhochschulischen Faktoren den späteren Studienerfolg begünstigen oder mindern. Aufbauend auf dem Ergebnis, dass insbesondere vorhochschulische Bildungsentscheidungen, sprich die besuchte Schulart zum Erwerb der Hochschulreife, eine Rolle spielen, setzt das zweite Modell genau an diesem Punkt an. Einbezogen werden nur Personen, deren Eltern keine Akademiker sind und die ihre Hochschulreife nicht gymnasial erworben haben (N=714). Ergebnisse Der Beitrag zeigt, dass vorhochschulische Faktoren eine starke Bedeutung für Studienerfolg haben und dem schulischen Weg eine herausgehobene Bedeutung dabei zukommt. Nicht die soziale Herkunft an sich kann als Einflussfaktor ausgemacht werden, vielmehr sind es die Bildungsentscheidungen, die in Abhängigkeit von sozialer Herkunft vor dem Studieneintritt getroffen werden. Diese stellen ungünstige Voraussetzungen im Sinne der erfolgreichen Beendigung des Studiums dar. Hier setzt der zweite Analyseschritt an und fragt nach möglichen Einflussfaktoren darauf, dass das Studium trotz einer ungünstigen Ausgangslage erfolgreich bewältigt werden kann. In die Berechnungen dazu werden nur Personen einbezogen, deren vorhochschulischer Bildungsweg die Wahrscheinlichkeit des Abschlusses des Studiums vermeintlich senkt. Die Ergebnisse zeigen, dass drei Faktoren auf den Studienerfolg hinwirken: Eine sichere Studienfinanzierung, eine (fachnahe) Erwerbstätigkeit während des Studiums sowie die soziale/akademische Integration in das Studium tragen innerhalb der Personengruppe mit ungünstigen vorhochschulischen Voraussetzungen maßgeblich zum Studienerfolg bei. Schlussfolgerung und Ausblick Abschließend ist ein Ausblick auf die weitere wissenschaftliche Betrachtung des Zusammenwirkens vorhochschulischer Bildungsentscheidungen und Studienerfolg/-abbruch sowie Möglichkeiten der Kompensation über Faktoren im Studienverlauf zu geben. Hieran knüpfen auch mögliche Präventionsmöglichkeiten gegen einen Studienabbruch aus individueller und hochschulischer Perspektive an. ID: 344 / G 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik, Sonstige Didaktiken Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Hochschulbildung Stichworte: Mentoring, nicht kognitive Fähigkeiten, Studieneingangsphase Mentoring als didaktisches Instrument zur Förderung nicht kognitiver Fähigkeiten in der Studieneingangsphase Juliane Fuge Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Deutschland Mentoring gehört seit langem mit zu den vielversprechendsten und gleichzeitig widersprüchlichsten Themen unserer Zeit: einerseits gilt es als die effektivste Fördermethode, deren positiven Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Weiterentwicklung unbestritten zu sein scheinen. Andererseits zeigen einige Meta-Analysen, dass die erhofften Wirkungen formaler Mentoring-Programme bisher eher moderat ausfallen (bspw. ZIEGLER, 2009; EBY, ALLEN, EVANS, NG & DUBOIS, 2008). Trotz dieses Widerspruchs können grundsätzlich formelle Mentoring-Programme die Hochschullehre ergänzen und bereichern. Aus (hochschul-)didaktischer Perspektive stellt sich in diesem Kontext die Frage, wie sich dieses Konzept gewinnbringend adaptieren und umsetzen lässt, um die kognitiven und affektiven Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern. Im Fokus dieses Beitrages steht die vergleichende Analyse von zwei formellen Mentoring-Programmen zur Gestaltung der Studieneingangsphase. In der internationalen Forschung stellt die sogenannte „first-year-experience“ bereits ein eigenes Forschungsgebiet dar und der Übergang in die Hochschule wird als eine erfolgskritische Phase ausgewiesen (BOSSE & TRAUTWEIN, 2014, S. 45 m. w. N.). In Deutschland liegen dazu bislang kaum empirische Untersuchungen vor. Es existieren überwiegend hochschulübergreifende Untersuchungen wie der Studienqualitätsmonitor und die Sozialerhebung, in denen die gesamte Studiensituation untersucht wird. Aus diesem Grund werden im Rahmen des Beitrags zunächst Belastungen und Sorgen in der Studieneingangsphase sowohl theoretisch als auch empirisch genauer in den Blick genommen. Dabei wird deutlich, dass Studierende bereits zu Beginn des Studiums mit Herausforderungen konfrontiert werden, die sich regelmäßig nicht mehr durch einfache Routinen lösen lassen, sondern zu deren Bewältigung neben kognitiven vor allem auch metakognitive Fähigkeiten wie Leistungsmotivation, optimale Arbeitsgewohnheiten und -techniken sowie psychische Widerstandskraft erforderlich sind (u. a. KIRSCH & VO THI ANH, 1996, S. 185). In zahlreichen empirischen Studien werden insbesondere nicht kognitive Persönlichkeitsmerkmale wie Selbstwirksamkeit, Kohärenzgefühl, Optimismus und Kontrollüberzeugungen als vermittelnde, differentiell wirkende Faktoren identifiziert, die sich positiv auf den Umgang mit Studienstress und damit auf den Erfolg auswirken (bspw. RICHARDSON, BOND & ABRAHAM, 2012; DEVONPORT & LANE, 2006; FROST & MIERKE, 2014). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, auch im Studium Lehr /Lernarrangements zu konzipieren, die neben kognitiven ebenso nicht kognitive Fähigkeiten fördern. In Mentoring sehen SLOANE & FUGE (2012) angesichts verschiedener lern-, entwicklungs- und sozialpsychologischer Theorien in ein hohes didaktisches Potential, um einerseits die Beratungs- und Betreuungssituation in der Studieneingangsphase zu verbessern und andererseits ebendiese Fähigkeiten zu fördern. Auf Basis dieses theoretischen Fundaments wird die Umsetzung von zwei formellen Mentoring-Programmen, die in unterschiedlicher Form in wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge integriert sind (Peer vs. Student-Faculty Mentoring), aus Perspektive der Mentees evaluiert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen einer differenzierten, statistischen Analyse unterzogen. In Anlehnung an das klassische Evaluationsdesign wurde ein Feldexperiment unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe mit drei Befragungszeitpunkten durchgeführt (KROMREY, 2006). Es wurde ein standardisierter Fragebogen zur Datenerhebung eingesetzt und auf bereits etablierte Erhebungsinstrumente wie das MRI zur Erfassung der Mentoring-Funktionen (SCHNEIDER, 2009) und das AVEM zur Erfassung studentischer Verhaltens- und Erlebensmuster (SCHAARSCHMIDT & FISCHER, 2008) zurückgegriffen. Die Ergebnisse geben Antwort auf die Fragen, wie die Mentoring-Funktionen in den beiden Programmen ausgefüllt werden und worin sie sich unterscheiden, wie es um deren Akzeptanz und Wirkung bestellt ist sowie welche Faktoren die Qualität von Mentoring beeinflussen. Die Befunde sind konsistent zu den Ergebnissen der Meta-Analysen und bestätigen ebenfalls, dass die Auswirkungen mentoraler Betreuung auf die Entwicklung nicht kognitiver Fähigkeiten der Studierenden eher moderat ausfallen. Die Umsetzung der Mentoring-Funktionen wird maßgeblich von der Persönlichkeit und dem Verhalten des Mentors auf der einen und dem Interesse des Mentees auf der anderen Seite beeinflusst. Die Mentoring-Form wirkt sich hauptsächlich auf diejenigen Mentoring-Funktionen aus, in denen der Alters- und Erfahrungsunterschied des Mentors zum Tragen kommt. Aus den Ergebnissen lassen sich letztlich Empfehlungen zur notwendigen zukünftigen didaktischen Gestaltung von MentoringProgrammen ableiten, um gleichsam die Qualität der Programme und des Studiums weiterzuentwickeln. ID: 345 / D 03 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochbegabung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: High Performer, Naturwissenschaft, Selbstkonzept, Interesse, instruktionale Merkmale High Performer in Naturwissenschaften: Profile motivational-affektiver Schülervoraussetzungen und ihr Zusammenhang mit instruktionalen Merkmalen des Naturwissenschaftsunterrichts Stefanie Schmidtner, Anja Schiepe-Tiska, Tina Seidel, Manfred Prenzel TU München, Deutschland Die Förderung leistungsstarker Jugendlicher in Naturwissenschaften (High Performer) hat eine hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung und gewinnt zunehmend auch politische Aufmerksamkeit (KMK, 2015). Dazu bedarf es nicht nur einer Leistungsförderung, sondern es müssen vielmehr auch motivational-affektive Merkmale wie das naturwissenschaftsbezogene Selbstkonzept oder Interesse im Sinne multidimensionaler Ziele gefördert werden (vgl. Prenzel, 2012). Betrachtet man High Performer im internationalen Vergleich, weist Deutschland jedoch eine beträchtliche Anzahl an leistungsstarken Jugendlichen mit in Relation zu ihrer Leistung geringen Motivation auf (OECD, 2009). Motivational-affektive Merkmale wie Selbstkonzept und Interesse stehen in wechselseitigem Zusammenhang und können sowohl als Ziele als auch als individuelle Einflussfaktoren für erfolgreiche Lernprozesse gesehen werden (Helmke, 2003). Für den Naturwissenschaftsunterricht konnten basierend auf domänenübergreifender und naturwissenschaftsbezogener LehrLernforschung insbesondere schüleraktive und interaktive instruktionale Merkmale wie Schülerexperimente als einflussreich auf die Entwicklung von Kompetenz und Interesse identifiziert werden (Kobarg, 2011; Seidel & Prenzel, 2011; Bransford et al., 2005). In den letzten Jahrzehnten haben sich deshalb viele Forschungsbemühungen auf instruktionale Merkmale wie interaktives Lehren und Lernen, Schülerexperimente und Anwendungsbezüge im Naturwissenschaftsunterricht konzentriert und zum Teil gemischte Ergebnisse gefunden (Kobarg et al., 2011; White & Frederiksen, 1998). Umgekehrt zeigt Forschung zur Rolle von Schülervoraussetzungen, dass individuelle Schülermerkmale wie Leistung, Selbstkonzept und Interesse mit Lernumgebungen interagieren und deren Wahrnehmung bzw. Wirkung beeinflussen können (Seidel, 2006; Jurik, Gröschner & Seidel, 2014). Untersuchungen zur Lehrer-Schüler-Interaktion zeigen beispielsweise, dass Lehrer mit Jugendlichen mit unterschiedlichem Vorwissen und Lernvoraussetzungen unterschiedlich häufig interagieren (Skinner & Belmont, 1993). Schüler mit unterschiedlichen Kompetenzniveaus und unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen könnten deshalb unterschiedlich von Unterrichtselementen wie interaktivem Lehrern und Lernen, Schülerexperimenten und Anwendungsbezügen profitieren (vgl. White & Fredericksen, 1998). Individuelle Schülermerkmale wie Selbstkonzept und Interesse stehen in Wechselwirkung zueinander und zeigen insbesondere als Profile betrachtet einen Zusammenhang zur Wahrnehmung von Unterricht und Lernprozessen (Seidel, 2006; Trautwein et al., 2006). Nur wenige Studien betrachten jedoch kognitive und motivational-affektive Schülervoraussetzungen in Kombination (z. B. Jurik, Gröschner & Seidel, 2014; Linnenbrink-Garcia et al., 2012) und insbesondere im Hinblick auf leistungsstarke Jugendliche gibt es dazu bisher keine detaillierten Betrachtungen. Die vorliegende Studie liefert hierzu einen Beitrag, indem sie untersucht, welche Profile hinsichtlich Selbstkonzept und Interesse in Naturwissenschaften innerhalb der Gruppe der High Performer in Naturwissenschaften existieren und in welchem Zusammenhang sie mit der Wahrnehmung von instruktionalen Merkmalen des Naturwissenschaftsunterrichts stehen. Dazu werden Large-Scale-Assessment Daten von PISA 2006 mit einer Stichprobe von N=9577 Jugendlichen der neunten Klasse verwendet und leistungsstarke Jugendliche über Testwerte in einem standardisierten Kompetenztest in Naturwissenschaften definiert. Mit Hilfe einer latenten Klassenanalyse werden Profile hinsichtlich Selbstkonzept und Interesse von High Performern identifiziert. Die Analysen zeigen, dass sich High Performer (N=1572) vier verschiedenen Profilen zuordnen lassen. Es ergeben sich eine Gruppe von den eigenen Leistungen überzeugten sowie interessierten High Performern (1), eine Gruppe mit hohem Selbstkonzept aber in Relation niedrigem Interesse (2), eine weniger von den eigenen Leistungen überzeugte aber trotzdem vielseitig interessierte Gruppe (3) und eine die eigenen Fähigkeiten gering einschätzende und uninteressierte Gruppe. Kontrastierende Vergleiche der Unterrichtswahrnehmung dieser Gruppen zeigen, dass ein hohes Interesse bei im Vergleich geringem Selbstkonzept mit mehr Anwendungsbezug im Unterricht einhergeht. Umgekehrt berichten High Performer mit hohem Selbstkonzept bei gleichzeitig niedrigem Interesse weniger eigenständige Schülerexperimente und Anwendungen als High Performer mit ähnlich niedrigem Selbstkonzept aber hohem Interesse. Die Gruppen mit hohem Interesse aber unterschiedlichem Selbstkonzept zeigen dagegen keinen Unterschied in den Unterrichtsmerkmalen. Weitere Analysen weisen darauf hin, dass auch tiefenstrukturbezogene Lehr-Lernbedingungen eine wichtige Rolle spielen könnten und inhaltliche Relevanz unabhängig vom Niveau des Selbstkonzeptes mit Interesse assoziiert ist, wohingegen Kompetenzunterstützung und soziale Eingebundenheit bei niedrigem Selbstkonzept mit höherem Interesse assoziierte ist. Die Ergebnisse bestätigen und ergänzen bestehende Forschung zu instruktionalem Merkmalen und geben Hinweise für eine zukünftige Förderung von High Performern im Naturwissenschaftsunterricht. ID: 347 / D 03 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: Selbstbestimmtes Lernen, Feedback, Grundschule, Intervention Förderung selbstbestimmten Lernens im naturwissenschaftlichen Sachunterricht der Grundschule - eine Interventionsstudie Julia Haase, Anja Göhring Universität Regensburg, Deutschland Die Selbstbestimmungstheorie (Deci&Ryan 1993, 2000) umfasst fünf Subtheorien, u. a. die Organismische Integrationstheorie. Entgegen der Betrachtung von intrinsischer und extrinsischer Motivation als Gegenspieler, wird ein fließender Übergang zwischen diesen Motivationstypen gesehen. Die extrinsische Motivation gliedert sich demzufolge in vier Regulationsstile, die als zunehmend selbstbestimmt wahrgenommen werden: externale, introjizierte, identifizierte und integrierte Regulation. Daneben beschreiben Deci&Ryan (1993) drei menschliche Grundbedürfnisse: das Erleben von Autonomie, von Kompetenz und von sozialer Eingebundenheit. Die Befriedigung dieser basic needs soll die selbstbestimmte Motivation fördern und sich positiv auf die Lernleistung von Schülerinnen und Schülern auswirken. Besonders dem Kompetenz- und Autonomieerleben wird dieser Einfluss zugeschrieben. Das Kompetenzerleben wiederum wird beispielsweise durch positives, informatives Feedback gefördert (Deci&Ryan 2000). Die positiven Effekte des verstärkten Erlebens der Grundbedürfnisse wurde in der Sekundarstufe in verschiedenen Fächern (Göhring 2010, Bieg&Mittag 2009, Berger&Hänze 2004, Wolf 2012, Ferdinand 2012, Willems 2011), jedoch nicht umfassend für die Grundschule überprüft. Ziel des Projekts ist es deshalb, zur Schließung dieser Forschungslücke beizutragen, dabei insbesondere das Kompetenzerleben der Lernenden zu fördern und folgenden Fragestellungen nachzugehen: Ist eine gezielte Förderung des subjektiven Erlebens der Grundbedürfnisse, besonders des Kompetenzerlebens, im naturwissenschaftlichen Sachunterricht der Grundschule möglich? Wirken sich Feedbackmethoden förderlich auf das Kompetenzerleben aus? Hat eine gezielte Förderung des subjektiven Erlebens der Grundbedürfnisse positive motivationale Auswirkungen? Hat eine gezielte Förderung des subjektiven Erlebens der Grundbedürfnisse positive Auswirkungen auf Leistung und Behalten? Welche Effekte ergeben sich aus einer selbstbestimmteren Motivation auf Leistung und Behalten? Um die Annahmen der Selbstbestimmungstheorie zu überprüfen, wurde von Mai bis Juli 2015 eine Interventionsstudie im Treatment-Kontrollgruppen-Design in 12 Klassen der Jahrgangsstufe 4 im naturwissenschaftlichen Sachunterricht in Bayern durchgeführt. Alle Lehrkräfte erhielten die gleiche, von der Universität entwickelte und pilotierte 12-stündige Unterrichtseinheit zum Thema „Wasser“. Die Treatmentgruppe (6 Klassen, N = 128) setzte ausgewählte, standardisierte Feedbackmethoden ein. Es wurden die Feedbackebenen Produkt, Prozess und Selbstregulierung nach Hattie (2009), sowie Feedback-Empfehlungen nach Shute (2008) berücksichtigt. Die Feedbackmethoden bestanden einerseits aus einem Selbstfeedback für die Lernenden, die sich nach jeder Unterrichtsstunde in einem Netzdiagramm in den Feedbackebenen einschätzten. Diese Diagramme füllten zudem die Lehrkräfte aus, um individuelles Feedback zu geben. Die Kontrollgruppe (6 Klassen, N = 120) setzte keine dieser Feedbackmethoden ein. Jede Unterrichtsstunde wurde von den Lehrkräften anhand eines vorstrukturierten Bogens dokumentiert, nach fünf ausgewählten Unterrichtsstunden wurde jeweils ein kurzer Schüler-state-Fragebogen zur Erfassung der pädagogisch-psychologischen Konstrukte eingesetzt. Eine umfassende Erhebung dieser Konstrukte, sowohl bei Lehrkräften als auch bei Schülerinnen und Schülern, fand zu drei Messzeitpunkten statt: pre (t1), post (t2) und follow-up (t3). Die Schülerleistung wurde ebenfalls zu diesen drei Messzeitpunkten erhoben. Erste Auswertungen der Daten lassen erkennen, dass sich die Lernleistung in beiden Gruppen gleichermaßen positiv vom Vortest (t1) bis zur Klassenarbeit (t2) entwickelt hat. Die intrinsische Motivation nimmt während der Unterrichtseinheit ebenfalls zu, wobei wiederum keine Gruppenunterschiede feststellbar sind. Das Kompetenzerleben durch Selbstbeobachtung nimmt während der Unterrichtseinheit in beiden Gruppen zu (ALM; Geschätzte Randmittel: Treatmentgruppe [N=118]: t1:3,18; t2:3,45; t3:3,41; Kontrollgruppe [N=107]: t1:3,01; t2:3,40; t3:3,32; 4-stufige Skala, 1=stimmt nicht, 4=stimmt genau; Gruppenunterschiede n.s.). In der Treatmentgruppe ist jedoch eine gegenläufige Tendenz hinsichtlich des Kompetenzerlebens durch Lehrerfeedback zu beobachten (ALM; Geschätzte Randmittel: Treatmentgruppe [N=118]: t1:3,29; t2:3,12; t3:3,18; Kontrollgruppe [N=107]: t1:3,25, t2:3,35; t3:3,25; Gruppenunterschiede n.s.), welche sich durch die Auswertung der der state-Fragebögen zu betätigen scheint. Als nächster Schritt muss zunächst eine Datenkontrolle erfolgen, sowie die Interventionsgüte überprüft werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Feedbacks: wurde dieses wie intendiert umgesetzt, d. h. positiv und informativ statt kontrollierend? Wurde die Unterrichtseinheit wie geplant von den Lehrkräften realisiert? Hierzu werden die Dokumentationsbögen der Lehrkräfte ausgewertet. Bezüglich anfänglicher Unterschiede zwischen den Gruppen sollen bei weiteren Analysen Kovariaten berücksichtigt und komplexe Modelle zur Klärung weiterer Forschungsfragen geprüft werden. ID: 355 / B 16 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lese- und Sprachförderung Stichworte: Lesekompetenz, PISA, Wortidentifikation, semantische Integration, Arbeitsgedächtnis Beeinflusst die Effizienz kognitiver Basisfähigkeiten die in PISA gemessene Lesekompetenz und ihre Veränderung innerhalb eines Jahres? Carolin Hahnel1,2, Frank Goldhammer1,2, Ulf Kröhne1, Anja Schiepe-Tiska2,3, Oliver Lüdtke2,4 1 Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung; 2Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien; 3TU München School of Education; 4Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik Theoretischer Hintergrund. Kognitionspsychologisch wird das Lesen und Verstehen eines Textes als komplexer Konstruktionsprozess betrachtet, der auf hierarchisch geordneten Teilprozessen beruht. Laut der Theorie verbaler Effizienz und der darin eingebetteten Hypothese zur lexikalischen Qualität (Perfetti, 2007) tragen insbesondere die Qualität mentaler Repräsentationen von Wörtern sowie die Effizienz ihres Abrufs und ihrer semantischen Integration in den Satzkontext zum resultierenden Leseverständnis bei. Hochgradig automatisierte Leseteilprozesse sollen dabei weniger Zeit benötigen und geringere Anforderungen an kognitive Ressourcen des Arbeitsgedächtnisses stellen, die hierarchiehöhere Verständnisprozesse unterstützen (Walczyk, 2000). Entsprechend fanden sich empirische Zusammenhänge der Lesekompetenz mit hierarchieniedrigeren Prozessen des Leseverstehens und des Arbeitsgedächtnisses für verschiedene Alters- bzw. Klassenstufen (z.B. Hannon, 2012, Tilstra et al., 2009). Fragestellung. Während sich bisherige Studien vor allem auf den Primar- und beginnenden Sekundarbereich sowie auf das Lesen Erwachsener konzentrierten, fanden die folgenden Forschungsfragen weniger Beachtung: (1) Lässt sich die Lesekompetenz Jugendlicher am Ende ihrer Schulpflichtzeit durch die Effizienz von Teilprozessen des Leseverstehens auf Wort- und Satzebene sowie des Arbeitsgedächtnisses vorhersagen? (2) Unterscheiden sich diese Schülerinnen und Schüler in der Veränderung ihrer Lesekompetenz nach einem Jahr? (3) Bilden besser beherrschte Teilprozesse die Grundlage für einen höheren Leistungszuwachs in der Lesekompetenz? Methode. Die empirische Basis bildete eine Teilstichrobe von Schülerinnen und Schülern, die an der Leseuntersuchung des Programme for International Student Assessment (PISA) in 2012, an einer nationalen Begleitstudie in 2012 sowie am LeseAssessment der Längsschnittergänzung PISA-Plus in 2013 teilnahmen. Zur Überprüfung der Hypothesen konnten die Daten von N=55 Schülerinnen und Schülern verwendet werden (22 weiblich; Alter 2012: M=15.73, SD=0.26). Lesekompetenz wurde anhand von Leseclustern erfasst (d.h. 4-5 Texte mit 3-5 Aufgaben zur Testung des Leseverständnisses), die den Schülerinnen und Schülern randomisiert vorlegt wurden. Die dichotomen Ergebnisdaten aller Teilnehmenden (N 2012=3332, N 2013=615) wurden gemeinsam Rasch-skaliert, wobei die Itemschwierigkeiten identischer Aufgaben zwischen beiden Messzeitpunkten gleichgesetzt wurden. Anschließend wurden WLE-Schätzer für die Überschneidungsstichprobe bestimmt (WLE-Reliabilität 2012=.75, WLEReliabilität 2013=.66). Die kognitiven Basisfähigkeiten wurden im Rahmen der Begleitstudie erfasst. Worterkennungsfähigkeiten wurden dabei durch eine lexikalische Entscheidungsaufgabe erhoben; die Fähigkeit zur semantischen Integration durch einen Satzverifikationstest. Aus den gewonnen Daten wurden je zwei Indikatoren abgeleitet: (1) die mittlere Reaktionszeit von richtig identifizierten Wörtern bzw. semantisch sinnvollen Sätzen (vgl. vanGelderen et al., 2007) sowie (2) Driftraten (vgl. Ratcliff et al., 2004), die die Effizienz der Informationsverarbeitung in lexikalischen Entscheidungen (Wörter vs. Unwörter) bzw. semantischen Urteilen (semantisch richtig vs. falsch) wiedergeben. WLE-Schätzer über die Arbeitsgedächtnisleistung der Schülerinnen und Schülern wurden aus den Rasch-skalierten Ergebnisdaten einer numerischen Gedächtnisaktualisierungsaufgabe (Oberauer & Kliegl, 2006) bestimmt (N=639; WLE-Reliabilität=.84). Ergebnisse. Eine lineare Regression des Leseverständnisses von 2012 auf die kognitiven Basisfähigkeiten ergab, dass lediglich die Reaktionszeit von richtig identifizierten Wörtern (β=-.29, SE=0.64, p=.028) und die Arbeitsgedächtnisleistung (β=.42, SE=0.10, p<.001) prädiktiv waren (R²=.38). Das in 2013 gemessene Leseverständnis wurde ebenfalls durch die Reaktionszeit auf Wörter (β=-.28, SE=0.63, p=.032) und die Arbeitsgedächtnisleistung (β=.51, SE=0.10, p<.001), aber zusätzlich durch die Driftrate semantischer Integration (β=.23, SE=0.32, p=.028) vorhergesagt (R²=.41). Im Vergleich zu 2013 verbesserte sich die Leseleistung der Jugendlichen tendenziell (M 2013-2012=0.19; SD 2013-2012=1.32), wobei schwächere Leserinnen und Leser einen stärkeren Leistungszuwachs zeigten, r 2012, Differenz(53)=-.48, p<.001. Die Veränderung war allerdings statistisch nicht bedeutsam, t(54)=-1.09, p=.14, und wurde durch keine der kognitiven Basisfähigkeiten erklärt, F(5, 47)=0.40, p=.849. Auch wenn keine signifikanten Veränderungen in der Lesekompetenz gefunden werden konnten, stützen die Ergebnisse insgesamt die Anwendbarkeit der Theorie verbaler Effizienz auf deutschlesende Jugendliche. Interessant ist unter anderem der Befund, dass die Reaktionszeit auf Wörter, die die Abrufgeschwindigkeit von bereits existierenden mentalen Wortpräsentationen widerspiegelt, prädiktiv für beide Messzeitpunkte ist. Daraus ergibt sich, dass Schülerinnen und Schüler durch häufiges Lesen ihre mentale Repräsentation von Wörtern stabilisieren (Perfetti, 2007) und somit ihr Leseverständnis stärken könnten. Diese und weitere Implikationen werden kritisch diskutiert. ID: 357 / D 03 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Unterricht der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften Stichworte: Überzeugungen, Argumentieren, Fachwissen, Naturwissenschaften, Deutsch Aspekte schulischer Fachkulturen für die naturwissenschaftlichen Fächer und das Fach Deutsch aus der Perspektive von Lernenden Patricia Heitmann1, Martin Hecht2, Ronny Scherer3, Julia Schwanewedel4 1 Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, Deutschland; 2Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland; 3Centre for Educational Measurement, Norwegen; 4Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland Theoretischer Hintergrund Schulisches Lernen wird von Überzeugungen beeinflusst, die ausdrücken, wie ein Fach konstruiert ist. Im Fachunterricht entwickeln Lernende ein Verständnis davon, welche fachspezifischen Denk-, Handlungsmuster und Normen ein Fach ausmachen, auch unabhängig von den konkreten Methoden einer Lehrkraft (Yackel & Cobb, 1996). Diese können als Fachkulturen zusammengefasst werden, die unter anderem handlungsleitende Vorstellungen über die Charakteristik eines Faches enthalten (Hericks & Körber, 2007; Willems, 2011). Im Rahmen dieser Studie werden die Fachkulturen exemplarisch in den Naturwissenschaften und Deutsch in Bezug auf Fachwissen und Argumentieren untersucht. In den Curricula nahezu aller Unterrichtsfächer ist das Argumentieren zentraler Bestandteil (Ludwig & Spinner, 2000), allerdings ist unklar, inwiefern diese Fähigkeit über unterschiedliche Fächer hinweg auf vergleichbare Weise verstanden und praktiziert wird. Es lässt sich vermuten, dass in den Naturwissenschaften und in Deutsch unterschiedliche Fachkulturen existieren und beispielsweise der Meinungsaustausch für den Deutschunterricht aus Schülersicht eine wichtige Rolle spielt (vgl. Haag & Götz, 2012; Willems, 2011); wohingegen in den naturwissenschaftlichen Fächern eher die Vorstellung herrscht, dass Fachwissen zentral ist (vgl. Haag & Götz, 2012; Steiner, 2014). Letztere Annahme deckt sich auch mit Studien zur Wahrnehmung von Lehrkräften, die abhängig von der Schulart, Naturwissenschaften als „hartes“ und hoch spezialisiertes Fach wahrnehmen, was insbesondere für Lehrerinnen und Lehrer gilt, die in hohen Klassenstufen an Gymnasien unterrichten (de Brabander, 2000). Fragestellung Ziel der Studie ist die Untersuchung der Frage, inwiefern Argumentieren und die Nutzung von Fachwissen im Fach in Abhängigkeit von der jeweils konstruierten Fachkultur erfolgen. Dies gilt sowohl für die naturwissenschaftlichen Fächer als auch das Fach Deutsch, die beide Gegenstand dieser Studie sind. Zur Erklärung der Unterschiede wurden auf Schülerebene das Geschlecht und auf Schulebene die Schulart herangezogen. (1) Inwiefern unterscheidet sich die Wahrnehmung der Lernenden in den Fachkulturen bezüglich der Aspekte Argumentieren und Fachwissen? (2) Inwieweit kann die Wahrnehmung der Fachkulturen durch das Geschlecht und die Schulart erklärt werden? Methode An der Studie nahmen 3258 Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgansstufe unterschiedlicher Schulformen aus acht Bundesländern teil (51,3% weiblich, Alter M=15,45 Jahre, SD=0,65). Etwas weniger als die Hälfte der Lernenden besuchte ein Gymnasium (45,2%). Im Rahmen der Testung wurde den Schülerinnen und Schülern ein Fragebogen mit jeweils acht Items für die naturwissenschaftlichen Fächer und das Fach Deutsch vorgelegt, die auf einer 5-stufigen Likert-Skala angeordnet waren. Ein Beispielitem für die Überzeugung zum Argumentieren lautet: „Im Unterricht ist es wichtig, dass ich meine eigene Sichtweise zu einem Thema darlege.“ Die Überzeugung zur Rolle von Fachwissen wurde beispielweise mit dem folgenden Item erhoben: „Im Unterricht ist es wichtig, über Fakten und Theorien Bescheid zu wissen.“ Die Auswertung der Daten erfolgte in Mplus 7.11 mit Hilfe einer Mehrebenenanalyse mit zwei Gruppen (Deutsch/Naturwissenschaften) und zwei Analyseebenen (Lernende/Schulen). Starke Messinvarianz war gegeben, so dass Mittelwertvergleiche vorgenommen werden konnten. Ergebnisse Die Befunde zeigen auf, dass Schülerinnen und Schüler den naturwissenschaftlichen Fächern signifikant eine geringere Rolle beim Argumentieren zuschrieben als dem Fach Deutsch (d=-1,08, p<.001). Fachwissenschaftliche Aspekte hingegen wurden in den naturwissenschaftlichen Fächern signifikant bedeutsamer wahrgenommen als im Fach Deutsch (d=1,27, p<.001). Weiterführende Analysen mit dem Geschlecht auf Schülerebene zeigten keinen signifikanten Effekt, das heißt Mädchen und Jungen unterscheiden sich nicht in ihrer Wahrnehmung der Aspekte von Fachkulturen. Hingegen deutet die IntraklassenKorrelation (ICC) auf Schulebene auf kleine, aber substanzielle Schulunterschiede hin, die je nach Aspekt der Fachkultur und Fach von 9% bis 15% variieren. Dabei sind die Effekte für die Schulart Gymnasium deutlicher ausgeprägt, beispielweise wird an Gymnasien die Rolle des Argumentierens in den Naturwissenschaften als geringer eingeschätzt als an nicht-gymnasialen Schularten (-0.78, R2=61,4%). Perspektivisch sind Kenntnisse über schulische Fachkulturen hinsichtlich der Gestaltung fachlicher Lernprozesse von Interesse, um einen möglichen förderlichen oder sogar hinderlichen Einfluss auf das Lernen untersuchen zu können. ID: 359 / D 11 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Lehrpersonenweiterbildung, ADHS, Unterricht, Grundschule, Evaluation. Der FOKUS-Ansatz: Eine Weiterbildung für Lehrpersonen der Unterstufe zur Förderung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten und Unaufmerksamkeit in der Regelklasse Sara Benini, Franziska Moser, Markus P. Neuenschwander Pädagogische Hochschule FHNW, Schweiz Die stetige Aktivität von hyperaktiven und unaufmerksamen Kindern sowie deren beeinträchtigte Aufmerksamkeitskapazität während des Unterrichts stellen Lehrpersonen täglich vor grosse Herausforderungen. Darüber hinaus können Verhaltensauffälligkeit und Unaufmerksamkeit im Kindesalter Bildungsverläufe und den schulischen Erfolg beeinträchtigen sowie Risiken für spätere soziale, gesundheitliche Probleme darstellen (Fergusson, Boden & Horwood, 2008). Nicht selten erreichen diese Kinder tiefere Leistungen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, obwohl sie aufgrund ihrer durchschnittlichen Intelligenz zu durchschnittlichen Leistungen im Stande sind (Döpfner, Fröhlich & Lehmkuhl, 2013). Um verhaltensauffälligen und unaufmerksamen Kindern eine erfolgreiche Mitarbeit in der Klasse zu ermöglichen, ist es wichtig, dass Lehrpersonen eine wertschätzende, durch positive Interaktionen charakterisierte Beziehung aufbauen (Dubs, 2010). Aus diesem Grund nehmen Strategien zur Förderung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen, nebst fachlichen und didaktischen Unterrichtsstrategien, einen zentralen Stellenwert ein. Die Haltung der Lehrpersonen gegenüber auffälligen Kindern und die Kenntnis angemessener Förderstrategien für den Unterricht spielen bei der Unterstützung dieser Kinder eine wichtige Rolle (Kos, Richdale & Hay, 2006). Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des FOKUS Projekts eine Weiterbildung für Lehrpersonen der Unterstufe mit drei Elementen konzipiert: a) Klassenführung, d.h. das Bereitstellen einer strukturierten und förderlichen Lernumgebung; b) Kindsspezifische Strategien, d.h. der Einsatz von Massnahmen zur Förderung der Selbstregulation und Konzentration; c) ElternLehrpersonen-Zusammenarbeit, d.h. der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen, Informationsaustauch und Koordination von kindesspezifischen Massnahmen. Folgende Forschungsfragen stehen im Zentrum dieses Beitrags: a) Wirkt sich die Weiterbildung auf den Umgang mit und die Haltung der Lehrpersonen gegenüber den Kindern aus? b) Unterscheidet sich die Wirkung der Weiterbildung zwischen den Gruppen A und AB auf deren Umgang mit den Kindern und deren Verhalten im Unterricht? An der Studie haben 137 Lehrpersonen der Unterstufe aus neun unterschiedlichen Schweizer Kantonen teilgenommen. Sie wurden zufällig in drei Gruppen geteilt: Lehrpersonen der Gruppe A (N=52) haben nur das Element (a) der Klassenführung kennengelernt. Die Lehrpersonen der Gruppe AB (N=39) wurden zu allen drei oben genannten Elementen weitergebildet. Lehrpersonen der Kontrollgruppe (N=38) haben keine Weiterbildung besucht. Die Wirkung der Weiterbildung wurde mit einer Lehrerbefragung vor und nach der Weiterbildung im Abstand von ca. einem Jahr gemessen. Die Lehrpersonen beantworteten Fragen zur Klassenführung und zum Verhalten der Kinder. Darüber hinaus wurden die Reaktionen der Lehrpersonen auf das Verhalten des Kindes während einer Lektion vor und nach der Weiterbildung beobachtet. Erste Ergebnisse der Varianzanalyse mit Messwiederholung für die einzelnen Gruppen zeigten, dass die Intervention in beiden Gruppen A und AB einen signifikanten Einfluss auf die Haltung der Lehrpersonen gegenüber den Kindern hat. Die gewonnenen Befunde zeigen eine gestiegene Wertschätzung der Lehrpersonen gegenüber den individuellen Bedürfnissen verhaltensauffälliger und unaufmerksamer Kinder im Unterricht. Weiter zeigen erste Ergebnisse von Varianzanalysen zur Veränderung des Lehrpersonenverhaltens zwischen dem Pretest und Posttest gemäss Verhaltensbeobachtung, dass Lehrpersonen der Gruppe A im Vergleich zur Gruppe AB und zur Kontrollgruppe beim Auftreten von auffälligem Verhalten häufiger förderliche Reaktionsstrategien (z.B. positive Zurechtweisung, Arbeitsauftrag anpassen, etc.) anwenden. Gegenwärtig analysieren wir, ob die unterschiedlichen Elemente der Weiterbildungen (A und AB) einen Einfluss auf die Umsetzung der Förderungsstrategien im Unterricht und auf den persönlichen Gewinn im Schulalltag der Lehrpersonen haben. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die praktische Umsetzung in der Weiterbildung von Lehrpersonen der Unterstufe diskutiert. ID: 364 / D 04 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: Stereotyp, Schullaufbahnempfehlung, Experiment, Vignetten, Ethnizität, Kontext Zusammenwirken von Kontext und Stereotyp: Verstärken konfirmierende Kontextinformationen den Effekt ethnischer Stereotype auf die Schullaufbahnempfehlung? Henrike Kärchner1, Sabine Glock2, Florian Klapproth3 1 Philipps-Universität Marburg, Deutschland; 2Universität Wuppertal, Deutschland; 3Medical School Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Migrationsstatus von Schülerinnen und Schülern ist im pädagogischen Kontext Schule ein Merkmal, das über Schulerfolg und zukünftige berufliche Chancen mitentscheidet. Ethnische und kulturelle Diversität führen nicht nur zu einer größeren Heterogenität im Klassenzimmer, sondern auch zu einer systematischen Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern aus ethnisch-kulturellen Minoritäten. Als Ursache dieser Benachteiligung werden ethnisch-spezifische stereotype Lehrererwartungen diskutiert (Tenenbaum & Ruck, 2007). Auswirkungen von Stereotypen werden sichtbar z. B. in der Schullaufbahnempfehlung, die am Ende der Grundschulzeit für die Schülerinnen und Schüler die Schulform in der Sekundarstufe nahelegt bzw. zuweist. Untersuchungen im deutschsprachigen Raum konnten zeigen, dass Lehrkräfte dazu neigen, auch bei Kontrolle der Leistung Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund schlechter einzuschätzen (Sprietsma, 2013) und ihnen seltener eine Gymnasialempfehlung zu erteilen als Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund (Gresch, 2012; Lintorf, Guill & Bos, 2008). Zu den Konsequenzen dieser Urteilsverzerrung zählen unter anderem eine Häufung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund auf den unteren Schulzweigen der Sekundarstufe (Baumert & Schümer, 2002) und eine geringere Chance dieser Schülergruppe auf beruflichen Erfolg (Euwals, Dagevos, Gijsberts & Roodenburg, 2007). Stereotype Beurteilungen von Personen können durch Kontextinformationen beeinflusst werden. Bestätigt der Kontext das Stereotyp, fallen die Beurteilungen von Personen stärker in Richtung des Stereotyps aus, als wenn der Kontext dem Stereotyp widerspricht (Casper, Rothermund & Wentura, 2010; Wittenbrink, Judd & Park, 2001). Fragestellung Inwieweit Kontextinformationen die stereotype Beurteilung von Schülerinnen und Schülern beeinflusst, wurde in der vorliegenden Studie geprüft. Mit zwei Experimenten wurde die Hypothese getestet, dass konfirmierende Kontextinformationen den Effekt ethnischer Stereotype auf die Schullaufbahnempfehlung verstärken, während diskonfirmierende Kontextinformationen ihn abschwächen sollten. Methode Grundlage der Studie waren 24 Schülervignetten, in denen die ethnische Herkunft der Schülerinnen und Schüler über deren Vornamen (türkisch oder deutsch) systematisch variiert wurde. Die Vignetten ähnelten inhaltlich den Abschlusszeugnissen der Grundschule. Jeder Versuchsperson wurde jede der 24 Vignetten dargeboten, so dass der komplette Satz an Vignetten einer Schulklasse ähnelte. Den Kontext bildete in Experiment 1 die Religionszugehörigkeit der Schüler (sozialer Kontext; muslimisch oder christlich) und in Experiment 2 die Anzahl von Fehltagen in der Schule (behavioraler Kontext; viele oder wenige Fehltage). Die Versuchspersonen waren Studierende des Grundschullehramts (N1 = 72, N2 = 100), deren Aufgabe es war, auf Grundlage der Informationen in den Vignetten eine Empfehlung für oder gegen den Gymnasialbesuch zu erteilen. Ergebnisse In beiden Experimenten zeigten sich, bezogen auf die relative Häufigkeit von Gymnasialempfehlungen, Haupteffekte der Ethnizität und des Kontextes: Türkische Schülerinnen und Schüler wurden seltener für das Gymnasium empfohlen als deutsche Schülerinnen und Schüler. Ferner gab es signifikant seltener Empfehlungen für muslimische als für christliche sowie seltener für Schüler mit vielen Fehltagen als für Schüler mit wenigen Fehltagen. Unerwartet war hingegen die Interaktion zwischen Ethnizität und Kontext, die in beiden Experimenten auftrat: Der Effekt des Kontextes war eher gering ausgeprägt bei den deutschen Schülern, während er ein deutlich größeres Gewicht bei den türkischen Schülern hatte. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf zwei unterschiedliche Prozesse der Urteilsbildung diskutiert (vgl. Richards & Hewstone, 2001), nämlich subtyping (stereotypdiskonfirmierende Kontextinformation führt zur Bildung einer Untergruppe von Schülerinnen und Schülern, die relativ geringer von dem übergeordneten Stereotyp affiziert wird) und subgrouping (stereotyp-diskonfirmierende Kontextinformation resultiert in einer Erweiterung des Stereotyps). ID: 367 / G 17 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lernen mit Computer und neuen Medien, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Multimedia, Low-Stakes-Assessment, Testkonstruktion, Testmotivation, Bearbeitungszeitanalyse Veranschaulichende Bilder beim Testen: Eine Bearbeitungszeitanalyse zur Trennung kognitiver und motivationaler Effekte Marlit Annalena Lindner, Oliver Lüdtke, Olaf Köller Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Deutschland Hintergrund und Studienziel Erste Studien zeigen, dass veranschaulichende Bilder im Rahmen von Testaufgaben einen positiven Einfluss auf die Lösungswahrscheinlichkeit (Hartmann, 2012; Saß, Wittwer, Senkbeil & Köller, 2012) sowie die Motivation von Schülerinnen und Schülern (SuS) im Low-Stakes-Assessment (Lindner, Ihme, Saß & Köller, 2015; Wise, Pastor & Kong, 2009) haben können. Um Bilder in der Testkonstruktion zukünftig gezielter zu nutzen, müssen bisherige Befunde jedoch repliziert und erweitert werden. Während Hypothesen über kognitive Effekte veranschaulichender Bilder (z.B. bessere mentale Modellbildung) durch Anleihen bei Multimediatheorien der Instruktionspsychologie (z.B. Integrative Theorie des Text- und Bildverstehens, Schnotz & Bannert, 2003) generierbar sind, können Annahmen über motivationale Effekte durch Anleihen bei Theorien des situationellen Interesses (z.B. Hidi & Renninger, 2006; Mitchell, 1993) getroffen werden. Basierend auf diesem theoretischen Unterbau ist es Ziel dieser experimentellen Klassenzimmerstudie, Anteile motivationaler und kognitiver Effekte veranschaulichender Bilder auf die Lösungswahrscheinlichkeit anhand von Bearbeitungszeitanalysen besser zu verstehen. Methode SuS fünfter und sechster Klassen (N = 401) wurden randomisiert einem von sechs computerisierten (am Laptop dargebotenen) Testheften zugeteilt. Diese folgten einem Multimatrix-Design und realisierten eine experimentelle within-subject Manipulation von 36 jeweils parallel vorliegenden Testaufgaben (nur Text vs. Text + Bild) bei individueller Rotation der Aufgabenpositionen. Die basalen naturwissenschaftlichen Aufgaben wurden in Anlehnung an die TIMSS 2011 Studie (IEA, 2013) erstellt (EAP/PV Reliabilität .83). Die Bilder veranschaulichten den im Text beschrieben Sachverhalt, ergänzten darüber hinaus jedoch keinerlei lösungsrelevante Information. Bearbeitungszeiten der SuS wurden aufgezeichnet und von oberen Ausreißern gesäubert. Extrem geringe Bearbeitungszeiten wurden mit der normativen Schwellenmethode von Wise & Ma (2012) als Rapid-Guessing-Behavior (RGB) identifiziert und die Anzahl der RGB-Durchgänge je SuS in weiteren Analysen als linearer Indikator für mangelnde Testmotivation genutzt. In (generalisierten) gemischten Mehrebenen-Modellen (GLMM; vgl. z.B. De Boeck et al., 2011) wurde unter Berücksichtigung der Aufgabenposition der Einfluss der Bildmanipulation auf (1) die Neigung zum schnellen Raten (RGB), (2) die Aufgabenbearbeitungszeit und (3) die Lösungswahrscheinlichkeit untersucht. Bei Analysen zu (2) und (3) wurde die Bearbeitungsmotivation der SuS als Kovariate berücksichtigt, um differenziell interpretierbare Indikatoren für kognitive und motivationale Bildeffekte zu generieren. Ausgewählte Ergebnisse und Diskussion Die initiale Motivation der SuS sich mit einer Aufgabe zu beschäftigen wurde durch die Bilder begünstigt, was sich in einer deutlichen Abnahme von schnellem Rateverhalten (RGB) in Bildaufgaben gegenüber Textaufgaben (p < .01) zeigte. Damit konnten wir Befunde von Wise et al. (2009) im experimentellen Setting replizieren. Eine signifikante Interaktion des Bildeffekts mit der Aufgabenposition lag jedoch nicht vor. Darüber hinaus fanden wir differenzielle Effekte der Bilder auf die aufgewendete Bearbeitungszeit von SuS in Abhängigkeit ihrer Testmotivation. So sorgten Bilder bei SuS mit engagiertem Testverhalten zu Testbeginn für eine Verringerung der Bearbeitungszeit (p < .01), was vermutlich den theoretisch begründeten kognitiven Vorteil veranschaulichender Bildern bei der mentalen Modellbildung wiederspiegelt. Über den Verlauf des Tests hinweg sorgten die Bilder dann für eine Stabilisierung der allgemein abnehmenden Bearbeitungszeit (p < .05), was auf einen motivationalen Bildeffekt selbst bei engagierten Kindern hinweist. Vor allem profitierten jedoch unmotivierte SuS (RGB Neigung), bei denen Bilder eine deutliche Erhöhung der Bearbeitungszeit induzierten (p < .001) und damit vermutlich aufgrund einer gesteigerten Bearbeitungsmotivation eine wünschenswert längere Beschäftigung mit den Testaufgaben sicherstellten. Hinsichtlich des Lösungserfolgs zeigte sich erwartungsgemäß, dass SuS besser in Bildaufgaben gegenüber parallelen Textaufgaben abschnitten (p < .05). Der Effekt trat dabei unabhängig von der zugrundeliegenden Testmotivation der SuS auf, operierte allerdings auf unterschiedlichen Leistungsniveaus. Mit Blick auf das differenzielle Testbearbeitungsverhalten ist anzunehmen, dass der leistungssteigernde Effekt bei engagiert arbeitenden SuS direkt durch den kognitiven Vorteil bei der mentalen Aufgabenrepräsentation begründet ist, bei unmotivierten SuS dagegen zunächst durch eine Erhöhung der Beschäftigungszeit mit den Testaufgaben vermittelt wird. Zusammenfassend lassen unsere Daten auf eher wünschenswerte Effekte veranschaulichender Bilder im Low-Stakes-Assessment schließen. ID: 371 / B 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: dimensionale Vergleiche, Interesse, Lehramtsstudierende, Hochschule Dimensionale Vergleichsprozesse und ihre Wirkung auf bereichsspezifische Interessen im Lehramtsstudium Lena Rösler1, Friederike Zimmermann2, Jan Retelsdorf1, Jens Möller2 1 IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik; 2Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) Bereichsspezifisches Interesse spielt eine Schlüsselrolle in Bildungseinrichtungen (Wigfield & Cambria, 2010). Spezifische Interessen erleichtern das Lernen und den Erwerb von Wissen in der jeweiligen Domäne (Hidi, 1990; Krapp, 2002). Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Studien, welche die Bedeutung von Interessen für akademische Wahlentscheidungen stützen (z.B. Harackiewicz, Barron, Tauer & Elliot, 2002). Bezogen auf Lehrkräfte werden Interessen als wichtiger Aspekt professionsbezogener Kompetenzen beschrieben (Kunter et al., 2013). So gibt es bereits empirische Evidenz, dass das Interesse der Lehrkräfte positive Effekte auf die Motivation und das Lernen der Schülerinnen und Schüler hat (Kunter & Holzberger, 2014). Trotz der hohen Bedeutung von Interessen für das Studium und den Beruf, gibt es bislang wenige Studien, welche sich mit der Genese bereichsspezifischer Interessen und den ihr zugrundeliegenden Mechanismen beschäftigen. Es lässt sich aber sowohl theoretisch als auch empirisch erwarten, dass die eigene Kompetenz ein wichtiger Prädiktor für Interesse ist (z.B. Köller, Baumert & Schnabel, 2001; Trautwein, Lüdtke, Marsh, Köller & Baumert, 2006). Eine vielversprechende Theorie, welche sich mit Effekten von Kompetenz auf bereichsspezifische Variablen beschäftigt, ist die Theorie zu dimensionalen Vergleichsprozessen (Möller & Marsh, 2013). Danach vergleichen Personen ihre Fähigkeiten in einem spezifischen Bereich nicht nur mit den Fähigkeiten einer anderen Person (sozialer Vergleich), sondern gleichermaßen mit den eigenen Fähigkeiten in einem anderen Bereich (dimensionaler Vergleich), was wiederum Effekte auf bereichsspezifische Zielvariablen hat. Während eine Vielzahl an Arbeiten Effekte dimensionaler Vergleichsprozesse auf das Selbstkonzept berichten (für einen Überblick vgl. Möller & Marsh, 2013; Möller, Pohlmann, Köller & Marsh, 2009), finde sich bislang wenige Arbeiten, welche die Annahmen auf andere motivationale Variablen wie Interesse übertragen (Goetz, Frenzel, Hall & Pekrun, 2008; Schurtz, Pfost, Nagengast & Artelt, 2014; Trautwein et al., 2006). Zudem fokussieren die meisten Arbeiten auf Vergleichsprozesse zwischen Schulfächern (für einen Überblick vgl. Möller & Marsh, 2013; Möller et al., 2009). Mit dem vorliegenden Beitrag knüpfen wir an den aktuellen Forschungsstand an, indem wir die Bedeutung dimensionaler Vergleichsprozesse für bereichsspezifische Interessen in zwei Studienbereichen prüfen. Wir verfolgen dabei die Fragestellung, ob sich dimensionale Vergleichsprozesse zur Erklärung intraindividueller Unterschiede im bereichsspezifischen Interesse Studierender eignen. Dazu untersuchen wir im Detail Effekte von Leistung auf Interesse im Fach- und bildungswissenschaftlichen Studium von Lehramtsstudierenden. Wir erwarten dabei als Konsequenz dimensionaler Vergleiche (1) negative Effekte von Leistung auf Interesse zwischen den Studienbereichen sowie als Konsequenzen sozialer Vergleiche (2) positive Effekte von Leistung auf Interesse innerhalb eines Studienbereichs. Den Analysen liegt eine Stichprobe von 146 Studierenden des gymnasialen Lehramts an 10 Hochschulen in Deutschland zugrunde. Die Studierenden wurden per Online-Fragebogen zu Beginn (T1) des zweiten Semesters rückblickend zu ihren Noten im ersten Semester befragt. Zum Ende des zweiten Semesters (T2) schätzten die Studierenden ihr aktuelles Interesse an den Studienbereichen ein. Ergebnisse eines Strukturgleichungsmodells zeigen in Bezug auf Hypothese 1 einen mittleren negativen Effekt der Leistung im Fach auf das Interesse an den Bildungswissenschaften, hingegen keinen signifikanten Effekt von Leistung in den Bildungswissenschaften auf das Interesse im Fach. Innerhalb der Studienbereiche lassen sich positive Effekte von Leistung auf Interesse identifizieren, was Hypothese 2 bestätigt. Die Befunde deuten darauf hin, dass Leistungen in den fachlichen Lehrveranstaltungen das Interesse an den Bildungswissenschaften beeinflussen, umgekehrt allerdings nicht. Möglicherweise spielt hier die spezifische Interessenslage gymnasialer Lehramtsstudierender eine Rolle (Retelsdorf & Möller, 2012). Soziale Vergleichsprozesse lassen sich in beiden Studienbereichen identifizieren. In weitere Analysen soll geklärt werden, ob bereichsspezifische Selbstkonzepte den Effekt von Leistung auf Interesse vermitteln. ID: 372 / A 16 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Ökonomie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Ökonomie und Bildung Stichworte: G8-Reform, Gymnasialschulzeitverkürzung, Politikevaluation, Studierendenstatistik, Differenz-von-DifferenzenRegression High school duration and its effects on university education. Evidence from the G8 reform Vaishali Zambre1, Jan Marcus2,3,1 1 DIW Berlin, Deutschland; 2Universität Hamburg; 3CIDER Context and research question: A major education reform in Germany reduced the years spend in academic high schools by one year. The main goal of this socalled G8 reform was to decrease the age at labour market entry, thereby addressing the challenges of demographic change. Reducing the required time to earn the general university entrance certificate (Abitur) by one year does not automatically result in a one-year reduction in age at labour market entry. Previous research on the G8 reform has shown that already the mean age at high school graduation is not reduced by a full year but only by 10 months, partly due to increased grade repetition (Huebener and Marcus, 2015). This evidence indicates that the reform may stay behind its full potential of reducing the mean age at labour market entry by one year. Due to the recency of this reform, it is too early to analyse the age of affected individuals at labour market entry as the affected cohorts have not yet entered the labour market. Therefore, we investigate the reform’s effect on the mean age at university enrolment, thereby evaluating the effectiveness of the reform. If students are younger at enrolment, they are also more likely to enter the labour market earlier. One possible reason why the reform may not exhaust its full potential stems from the fact that shortening school duration leaves students less time for orientation. This may induce students to take some time off after graduating from high school (for example, to go abroad or to work etc.) to identify their preferences, interests and skills. This behavioral response would counteract the main goal of the G8 reform. For a better understanding of the overall consequences of the controversial G8 reform, we will also examine whether the reform had further unintended consequences (like lower university enrolment rates, different subject choices etc.). Empirical strategy and data: The fact that the federal states introduced the reform at different points in time produces a natural experiment. We exploit this variation in time and across states using a difference-in-differences approach. The major advantage of this approach is that it allows us to identify the causal effect of the reform abstracting from general differences between states as well as from general changes that occur over time but affect all students equally. Additionally, we are also able to isolate the effect of the G8 reform from other policy reforms (e.g. introduction/abolishment of tuition fees) that were implemented during our observation period. We use administrative data (“Studierendenstatistik”) that covers all students enrolled in any German university, who graduated from an academic high school between 2002 and 2011 (over 1.71 million students). Results: Our results show that the G8 reform decreased the age at university enrolment. However, mean age could only be reduced by eight months. This result is robust in a broad range of sensitivity tests and persists over time. Taking the results of Huebener and Marcus (2015) at face value, this implies that students “loose” on average an additional two months between high school graduation and university enrolment. We further find that especially females delay university enrolment. In the next weeks we will similarly analyse the effect of the G8 reform on subject choice, general enrolment rates and other potentially unintended consequences. The results of our study are not only informative for the German context but also for policy makers in many other OECD countries, trying to increase the number of active labour market participants in order to address the challenges of an aging society. ID: 373 / B 15 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Gesundheit/ Stress/ Belastung, Motivation und Emotion Stichworte: Leistungsbezogene Selbstwirksamkeit, Prüfungsangst, Studienerfolg, Wichtigkeit von Prüfungen Selbstwirksamkeit, Prüfungsangst und Studienerfolg: Eine Längsschnittvalidierung der Beziehungsmuster auf Basis der Kontroll-Wert-Theorie und der selbstregulativen Zielerreichungstheorie Julia Roick, Tobias Ringeisen University of Applied Sciences Merseburg, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Die Kontroll-Wert-Theorie (KWT) spezifiziert die Reihenfolge der (kognitiven) Variablen, die leistungsbezogene Emotionen wie Prüfungsangst hervorvorrufen (Pekrun, 2006; Pekrun et al., 2007). Die KWT schlägt vor, dass (1) dispositionale Kontrollüberzeugungen, (2) antizipierter Misserfolg, und (3) eine hohe Wichtigkeit akademischen Erfolgs in der genannten Reihenfolge als Wirkungskette Prüfungsangst vorhersagen, die wiederum mit einer Minderung akademischer Leistung assoziiert sind. Für die vorgeschlagene Struktur der Zusammenhänge liegt ein erster Beleg im Querschnitt vor (Ringeisen et al., 2015), doch fehlt eine längsschnittliche Validierung der angenommenen Wirkungskette. Weiterhin ist kein Versuch unternommen worden, die Annahmen der KWT mit der Theorie der selbstregulatorischen Zielerreichungsprozesse (TSZ; Schwarzer, 1998) zu verknüpfen. Nach letzterer stellt Selbstwirksamkeit als dispositionale Kontrollüberzeugung ein Schlüsselkonzept dar, welches auf alle Pfade der o.g. Kette wirkt. Für Lernsettings liegen erste empirische Hinweise für die Gültigkeit dieser Annahme im Querschnitt vor (Schnell et al., 2015) vor, doch steht eine Untersuchung im Längsschnitt bisher aus. Fragestellung: Auf Basis des bisherigen Forschungsstands wurde in der vorliegenden Studie untersucht, ob sich die auf Basis der KWT angenommene Wirkungskette im Längsschnitt validieren lässt und ob Selbstwirksamkeit, wie in der TSZ vorgeschlagen, auf alle Pfade der Kette Einfluss nimmt. Methode: 92 Studierende füllten im Hinblick auf eine mündliche Modulprüfung Fragebögen aus, wobei leistungsbezogene Selbstwirksamkeit (Satow & Jerusalem, 1999), die erwartete Note und die Wichtigkeit des Abschneidens (Ringeisen et al., 2015) zwei Wochen vor der Prüfung erhoben wurden, die zustandsbezogene Prüfungsangst (Ringeisen & Buchwald, 2010) 30 min vor und direkt nach der Prüfung aber vor Bekanntgabe der Note. Als Indikator für den Studienerfolg wurde eine Stunde nach der Prüfung die erzielte Note ermittelt (Schnell et al., 2015). Die erwarteten Zusammenhangsmuster der Variablen wurden anhand von Strukturgleichungsmodellen untersucht. Ergebnisse: Die Ergebnisse bestätigen die Annahmen der KWT zur Reihenfolge der Prädiktoren: Leistungsbezogene Selbstwirksamkeit ging mit einer besseren erwarteten Note einher, die wiederum mit einer höheren Wichtigkeit eines guten Abschneidens assoziiert war. Eine hohe Wichtigkeit war mit erhöhter Prüfungsangst vor der Prüfung korreliert. Erhöhte Angstwerte vor der Prüfung schließlich determinierten erhöhte Angstwerte nach der Prüfung, die wiederum mit einer schlechteren Note gekoppelt waren. Zusätzlich zeigte sich, dass Selbstwirksamkeit wie der TSZ angenommen - mit Ausnahme der Wichtigkeit des Abschneidens - auf alle Pfade der Kette wirkte. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Annahmen der KWT zur Reihenfolge von Emotions- und Leistungsprädiktoren auch im Längsschnitt gelten, wobei der Selbstwirksamkeit von Studierenden ein förderlicher Effekt auf selbstregulatorische Zielerreichungsprozesse zukommt. Implikationen für die weitere Forschung werden diskutiert. ID: 376 / D 04 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Schulentwicklung Stichworte: Schulformwechsel, Schulstrukturreform, Selektion, Durchlässigkeit, soziale Herkunft Schulformwechsel im zweigliedrigen Schulsystem: Determinanten für das Nichtbestehen des Probejahres am Gymnasium in Berlin Ricarda Albrecht, Marko Neumann, Malte Jansen, Kai Maaz Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Deutschland Theoretischer Hintergrund: In der Bildungsforschung wird der Wechsel der weiterführenden Schulform einerseits als Indikator für die Offenheit des und Wahlfreiheit im gegliederten Schulsystem(s), andererseits als Nachweis einer einschränkten prognostischen Validität der Bildungsgangempfehlung am Ende der Grundschulzeit angesehen (Cortina, 2003). In den ersten Jahren der Sekundarstufe werden sie außerdem als Maßnahme verstanden, eine im Rückblick falsche Übergangsentscheidung zu korrigieren. Bei Schulformwechseln kann zwischen Aufwärts- und Abwärtsmobilität unterschieden werden, wobei die Abwärtsmobilität in der Sekundarstufe überwiegt (Bellenberg, 2012). Wechselt ein Schüler nach dem Übergang an eine als weniger prestigereich erachtete Schulform, so wird dies häufig auch als Indikator für die bestehende pädagogische Tradition der Selektion im gegliederten Bildungssystem angesehen. Entsprechend wird Schulformwechseln zum Teil auch eine Verstärkung sozialer Ungleichheiten zugeschrieben (Jacob & Tieben, 2010; Ditton, 2013). Gleichwohl bestimmt die Schulformwahl im Anschluss an die Grundschule den endgültigen Bildungsabschluss heutzutage nicht mehr so stark wie noch vor einigen Jahrzehnten. In Verbindung mit einer erhöhten Durchlässigkeit des Bildungssystems lässt sich auch eine zunehmende Entkopplung von Schulformzugehörigkeit und Bildungsabschluss beobachten (Schuchart, 2006). Diese Entwicklung wird auch im Berliner Schulsystem sichtbar, das mit der Schulstrukturreform im Jahr 2010/11 auf ein Sekundarschulsystem mit nur noch zwei Schulformen umgestellt hat: dem Gymnasium und der Integrierte Sekundarschule (ISS). Beide Schulformen ermöglichen den Erwerb des Abiturs. Die Entscheidung der Wahl der weiterführenden Schulform am Ende der Grundschule (Klasse 6) liegt nach wie vor bei den Eltern, die seitens der Grundschule ausgesprochene Bildungsgangempfehlung hat somit keinen bindenden Charakter. Im Rahmen der Strukturreform wurde die Probezeit an den Gymnasien von einem halben auf ein ganzes Jahr ausgeweitet. Erbringt ein Schüler nicht die erforderlichen Leistungen, wechselt er nach der 7. Klasse in die 8. Klasse einer ISS. Zur Frage möglicher Determinanten eines abwärtsbezogenen Schulformwechsels im Allgemeinen und des Nichtbestehens des Probejahres im Besonderen liegen bislang nur wenige Forschungsbefunde vor. Die vorhandenen Befunde deuten darauf hin, dass die schulische Leistung, die Übergangsempfehlung und Bildungsaspiration Effekte auf den Schulformwechsel ausüben können und zudem signifikante Beziehungen zwischen dem Wechsel der weiterführenden Schulform und dem sozialen Hintergrund bestehen (Stubbe, 2009; Jacob & Tieben, 2010; Ditton, 2013). Fragestellung: Der Fokus des Beitrags liegt auf dem Wechsel vom Gymnasium auf eine Integrierte Sekundarschule nach der 7. Klasse (Probejahr am Gymnasium) in Berlin. Es wird untersucht, welche leistungsbezogenen, schulbiografischen und familiären Hintergrundmerkmale prädiktiv für das Nichtbestehen des Probejahres sind. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit familiäre Hintergrundmerkmale nach Berücksichtigung von Leistungsmerkmalen von Bedeutung sind (sekundäre Herkunftseffekte). Methoden: Die Untersuchung basiert auf den Daten der BERLIN-Studie (Maaz et al., 2013), einer längsschnittlich angelegten Schulleistungsstudie zur Evaluation der Berliner Schulstrukturreform. Dabei wird die vollständig erfasste Population (N=754) der Schulformwechsler eines Schülerjahrganges betrachtet und zunächst durch Gegenüberstellung der Verteilungen und Mittelwertsvergleiche untersucht, wie sich diese von der Gruppe der ehemaligen Klassenkameraden, die auf den Gymnasien verblieben sind (repräsentative Stichprobe N=1470), unterscheidet. Zur Vorhersage des Schulformwechsels mittels verschiedener Prädiktoren werden multivariate logistische Regressionsanalysen durchgeführt. Neben Leistungsindikatoren gehen Indikatoren der sozialen Herkunft, der Migrationshintergrund und schulbiografische Merkmale der Schüler in die Analysen ein. Ergebnisse: Die Analysen ergaben signifikante und bedeutsame Unterschiede zwischen beiden Gruppen, etwa hinsichtlich der in der Grundschule erbrachten Noten und Testleistungen, der Bildungsgangempfehlung, der Noten am Ende 7. Klasse sowie den Indikatoren des sozialen Hintergrundes. Multivariate logistische Regressionsanalysen zur Vorhersage des Schulformwechsels zeigten, dass erwartungsgemäß insbesondere die leistungsbezogenen Indikatoren prädiktiv für den Wechsel sind. Gleichwohl verbleiben auch nach Kontrolle der am Ende der siebten Klasse erreichten Noten und weiterer Leistungsmerkmale statistisch signifikante Effekte der sozialen Hintergrundindikatoren auf den Schulformwechsel. Hierin deuten sich sekundäre Effekte der sozialen Herkunft beim Schulformwechsel nach der 7. Klasse an. ID: 381 / H 17 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Motivation zur Testbearbeitung, Bearbeitungszeiten, Indikatorenbildung, Einflussfaktoren, PIAAC Wie lässt sich die Motivation zur Testbearbeitung mit Hilfe von Bearbeitungszeiten erfassen und mit welchen Faktoren hängt sie zusammen? Frank Goldhammer1, Thomas Martens2, Oliver Lüdtke3 1 DIPF - Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, ZIB - Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien; 2Medical School Hamburg; 3IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, ZIB - Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien Theoretischer Hintergrund. Internationalen Bildungsvergleichsstudien wie z.B. PISA oder PIAAC haben keine unmittelbaren Konsequenzen für die Testperson (sog. low-stake assessments). Das kann dazu führen, dass Personen nur wenig zur Testbearbeitung motiviert sind, d.h. sich nicht anstrengen und nicht das zeigen, was sie tatsächlich wissen und können Die so erzielten Testwerte unterschätzen das wahre Kompetenzniveau einer Person (vgl. Kong, Wise, & Bhola, 2007). Wenn diese Unterschätzung differentiell ausfällt spiegelt die Testwertevarianz auch konstruktirrelevante Varianz wieder (Haladyna & Downing, 2004). Somit ist die Validität von Schlussfolgerungen auf der Grundlage des Testwertes in Frage gestellt. Vorliegende Studie untersucht anhand von Daten des computerbasiert durchgeführten Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC), wie die Motivation zur Testbearbeitung mit Hilfe von Bearbeitungszeiten erfasst werden kann (vgl. Bridgin, 2015) und mit welchen (potentiell erklärenden) Faktoren sie zusammenhängt. Die Bildung von Indikatoren der Testbearbeitungsmotivation beruhte dabei auf der Annahme, dass wenig motivierte Testpersonen sich nur so kurze Zeit mit einem Item befassen, dass gar keine Möglichkeit besteht, überhaupt eine korrekte Lösung abzugeben. Für die Bildung von entsprechenden Zeitschwellen wurden unterschiedliche Methoden verwendet, die konstante oder itemspezifische Schwellen ergeben (vgl. Lee & Jia, 2014; Kong, Wise, & Bhola, 2007). Fragestellungen. (i) Wie unterscheiden sich die Indikatoren der Motivation zur Testbearbeitung basierend auf konstanten und itemspezifischen Reaktionszeitschwellen hinsichtlich ihrer Validität? Die Validität wurde danach bemessen, ob die mit einer Methode als unmotiviert klassifizierten Antworten mit einer hohen Rate inkorrekter Lösungen einhergingen (und umgekehrt). (ii) Mit welchen Merkmalen auf der Test- und Personeneben hängt die Motivation zur Testbearbeitung zusammen? Auf Testebene wurde untersucht, ob die Motivation zur Testbearbeitung von der Position des Items abhängt, auf Personenebene, ob sie mit Kontextmerkmalen wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad und Sprache assoziiert ist. Methode. Für die Analysen wurden die veröffentlichten Daten aller PIAAC Runde 1-Länder verwendet. Die Stichprobe umfasste N = 152 514 Personen aus 22 Ländern mit einem Durchschnittsalter von 40.05 Jahren (SD = 14.50) und einem Anteil von 47.40 % männlichen Teilnehmern. Das PIAAC Testdesign sah vor, dass Personen die Kompetenztestaufgaben in zwei Modulen bearbeiteten, wobei Literacy mit Numeracy kombiniert war (oder umgekehrt), Problem solving mit Literacy oder Numeracy oder ausschließlich Problem solving. In der vorliegenden Studie wurden konstante Zeitschwellen von 3 und 5 Sekunden verwendet. itemspezifische Schwellen wurden zum einen durch visuelle Inspektion der (bimodalen) Reaktionszeitverteilung gebildet, nämlich die Reaktionszeit, bei der die Verteilung kurzer Reaktionszeiten endete (VI Methode). Zum anderen wurden itemspezifische Schwellen als kürzeste Reaktionszeit angenommen, bei der die Lösungsrate größer als die Rate für eine zufällig korrekte Lösung war (P+>0 Methode). Ergebnisse. Die bisherigen Ergebnisse zur Validität zeigen, dass der Unterschied zwischen der Lösungsrate in den als motiviert und unmotiviert klassifizierten Antworten, für die itemspezifischen Methoden höher ausfiel als für die Methoden mit konstanten Schwellen, mit einem leichten Vorteil der P+>0 gegenüber der VI Methode. Außerdem fiel der Zusammenhang zwischen der Score-Gruppe (Kompetenzniveau) und der Lösungsrate bei den als unmotiviert klassifizierten Antworten im Falle der konstanten Schwellen häufiger positiv aus als bei den Methoden mit itemspezifischen Schwellen. Zusammengenommen schnitten die Methoden mit itemspezifischer Schwelle also besser ab. Außerdem zeigte sich für die balanciert dargebotenen Domänen Literacy und Numeracy ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Position eines Items und dem Anteil unmotivierter Antworten: Wurde ein Item später bearbeitet, fiel die Testmotivation merklich niedriger aus. Die Zusammenhänge von Testteilnahmemotivation mit Faktoren auf der Personenebene erwiesen sich als nicht signifikant oder sehr klein. Weibliche Testpersonen waren tendenziell motivierter. In Problemlösen nahm die Testteilnahmemotivation mit dem Alter ab, ebenso mit niedrigerem Bildungsgrad oder wenn die Sprache des Tests nicht die eigene Muttersprache war. Diskussion. Abschließend wird diskutiert, wie mit Hilfe der abgeleiteten Indikatoren die Validität von Testwerten verbessert werden kann. ID: 384 / D 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Vorschulische Bildung Stichworte: Professionelle Kompetenzen, Frühpädagogik, Mathematik Interventionsstudie zur mathematikbezogenen Kompetenzentwicklung elementarpädagogischer Fachpersonen Lars Eichen1, Julia Bruns2, Sigrid Blömeke3 1 Humboldt-Universität zu Berlin / DZLM, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Freiburg; 3Centre for Educational Measurement at the University of Oslo (CEMO) Theoretischer Hintergrund Aufgrund empirischer Ergebnisse zur Bedeutung früher mathematischer Kompetenzen von Kindern für die späteren Mathematikleistungen rücken die professionellen Kompetenzen elementarpädagogischer Fachpersonen im Bereich Mathematik in den Fokus (Anders & Rossbach, 2015; Dunekacke, Jenßen & Blömeke, 2015a). Jenßen, Dunekacke, Eid und Blömeke (2015) schlagen für die Modellierung dieser Kompetenzen ein Strukturmodell auf der Basis der Arbeiten von Shulman (1987) vor. Dabei werden drei Wissensfacetten (mathematisches Fachwissen (MCK), mathematikdidaktisches Wissen (MPCK), pädagogisches Wissen (GPCK)) sowie eine motivational-affektive Facette der Kompetenz unterschieden. Empirische Ergebnisse aus dieser und anderen Studien zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen den verschiedenen Kompetenzfacetten (Anders & Rossbach, 2015; Dunekacke, Jenßen & Blömeke, 2015; Jenßen et al., 2015; Lee, 2010; McCray & Chen, 2012). Allerdings fehlen empirische Studien zur Entwicklung und Förderung dieser professionellen Kompetenzen, insbesondere für berufserfahrene elementarpädagogische Fachpersonen. Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke, indem die Wirkung einer Intensivfortbildung zur frühen mathematischen Bildung untersucht wird. Fragestellung Auf der Grundlage des oben beschriebenen Kompetenzmodells ist eine Intervention in Form einer Intensivfortbildung zur Förderung der mathematikbezogenen Kompetenzen (MCK, MPCK und Einstellungen zur Mathematik) elementarpädagogischer Fachpersonen entwickelt worden. Die vorliegende Studie untersucht die Wirkung dieser Intervention. Die zentrale Frage lautet: Wie wirkt die Intervention auf die Entwicklung des mathematisches Fachwissens (MCK), des mathematikdidaktischen Wissen (MPCK) und die Einstellungen zur Mathematik der elementarpädagogischen Fachpersonen? Methode Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine quasi-experimentelle Studie im Prä-Post-Testdesign mit Kontrollgruppe durchgeführt. Stichprobe. An der Studie nahmen N = 95 Fachpersonen (n = 52 in der Interventionsgruppe, n = 43 in der Kontrollgruppe) aus den 10 größten Trägerinstitutionen der Stadt Berlin teil. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden beträgt 45 Jahre und 5 Monate; 95% der Stichprobe sind Frauen. Instrumente. Zur Untersuchung der Entwicklung von MCK und MPCK ist der Papier-und-Bleistift basierte KomMa-Test eingesetzt worden. Der Test wurde bereits bei angehenden elementarpädagogischen Fachpersonen in Deutschland eingesetzt und hinsichtlich seiner Validität überprüft (Dunekacke, Jenßen, Eilerts & Blömeke, 2015b; Jenßen et al., 2015). Die Einstellungen zur Mathematik wurden mit dem KomMa-Fragebogen erhoben. Dieser basiert auf einem Fragebogen von Grigutsch, Raatz und Törner (1998) und umfasst insgesamt 17 Items, die auf einer sechsstufigen Likert-Skala (‚Ich stimme überhaupt nicht zu‘ bis ‚Ich stimme voll zu‘) eingeschätzt werden. Auswertung. Da die Kontrollgruppe nicht randomisiert gezogen wurde, sind die Daten mit Hilfe einer multivarianten Kovarianzanalyse (MANCOVA) ausgewertet worden, um die statistische Vergleichbarkeit der Gruppen zu gewährleisten. Im Vorfeld dazu wurden die Daten auf die Verteilung der Residuen, die Homogenität der Varianzen und das Balanced Design geprüft. Ergebnisse Die Analysen der bisher vorliegenden Prä- und Posttestdaten der Interventionsgruppe ergaben Veränderungen bezüglich der Einstellungen zur Mathematik bei den elementarpädagogischen Fachpersonen. Es zeigte sich, dass die elementarpädagogischen Fachpersonen zum Posttestzeitpunkt der Mathematik eine signifikant größere Bedeutung beimaßen (tTest: t(25) = -2.826, p = .009). Nach der Intervention gaben die elementarpädagogischen Fachpersonen zudem eine signifikant geringere statische Sicht auf die Mathematik an (t-Test: t(25) = 3.679, p = .001). Hinsichtlich der Ergebnisse der Kovarianzanalyse wird aufgrund der signifikanten Zuwächse der Interventionsgruppe erwartet, dass sich die Interventions- und Kontrollgruppe zum Posttestzeitpunkt in diesen beiden Aspekten der Einstellung zur Mathematik unterscheiden. Da vertiefende fachliche Elemente keinen Schwerpunkt der Intervention darstellten, wird bezüglich der beiden Wissensfacetten ein Unterschied der beiden Gruppen im mathematikdidaktischen Wissen jedoch nicht im Fachwissen angenommen. ID: 387 / C 04 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Lehrer(aus)bildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Studierende mit Migrationsgeschichte, Migrationsbedingte Heterogenität, Interkulturelle Kompetenzen, Lehrer_innenausbildung Migrationsbedingte Heterogenität – Ausgeschöpfte Ressource? Sichtweisen von Lehramtsstudierenden Bettina Bello Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland Im Integrationsplan 2007 wird Vielfalt im Lehrerzimmer als erstrebenswert beschrieben. Die Rolle der Lehrerausbildung wurde in diesem Sinne hervorgehoben sowie die Frage nach studienbegleitenden Angeboten, die inhaltlich auf die migrationsbedingten Erfahrungen eingehen und auf ihre Verwendung in der Berufstätigkeit vorbereiten. Die empirische Lage zum Thema migrationsbedingter Heterogenität und ihre Bedeutung für die interkulturelle Professionalisierung von angehenden Lehrkräften ist für Deutschland noch relativ überschaubar und auf wenige Studien beschränkt (Karakasoglu 2013/ StudiMig, Neumann 2010). Angehende Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte waren bisher im deutschen Sprachraum kaum Gegenstand sozio-pädagogischer Forschungsansätze, so dass hier eine empirische Forschungslücke besteht. Der adäquate Umgang mit Teilaspekten migrationsbedingter Heterogenität wie sprachliche, kulturelle, ethnische sowie religiöse Vielfalt fordert Bildungsinstitutionen so wie die in ihnen agierenden Lehrpersonen auf besondere Art und Weise heraus. Im Rahmen meiner Forschungsarbeit beschäftige ich mich mit der Frage, inwiefern sich Handlungskompetenzen im Umgang mit migrationsbedingter Heterogenität der Klasse durch das Lehramtsstudium herausbilden. Gleichermaßen wird von mir untersucht, inwiefern ein sensibler Umgang mit migrationsbedingter Heterogenität von der persönlichen Migrationsgeschichte abhängig ist. Die Beantwortung der Forschungsfragen wurde anhand einer dafür konzipierten dreißig minütigen Fragebogenerhebung vorgenommen. Ein Drittel der Gesamtpopulation (N = 493) der Lehramtsstudierenden der Leuphana Universität Lüneburg wurde im Wintersemester 2014 bezüglich ihrer Sichtweisen, Einstellungen und Wissen zum Umgang mit migrationsbedingter Vielfalt im Klassenzimmer befragt und getestet. An der Studie nahmen Lehramtsstudierende mit Migrationsgeschichte (16%) und ohne Migrationsgeschichte (84%) zur Kontrastierung, Validierung und Differenzierung der Daten teil. Der Fragebogen setzte sich aus offenen und geschlossenen Fragen zu interkulturellen Themen und eigenen Handlungskompetenzen sowie Einstellungen gegenüber Mehrsprachigkeit zusammen. Das Verständnis der Lehramtsstudierenden über interkulturelle Schulentwicklung und die Arbeit in einem interkulturellen Kollegium wurde mit prägnanten Fallszenarien getestet. Bei der Befragung handelt es sich um eine quantitative Erhebung mit qualitativen Aspekten im Sinne der Mixed Methods (Johnson, Onwuegbuzie, & Turner 2007). Mit der quantitativen Herangehensweise erfolgt eine objektive Messung und Quantifizierung von Sachverhalten, was sich zum Testen der Hypothesen und zur Überprüfung statistischer Zusammenhänge eignet. Durch die offenen Fragen aus der Erhebung wird der qualitative Aspekt berücksichtigt und die Arbeit durch das Selbstbeschreiben, Interpretieren und Verstehen von Zusammenhängen durch die Probanden ergänzt. Die Unterscheidung zwischen „Migrationsgeschichte“ und „Migrationshintergrund“ spielte für die Adressierung der Studierenden eine wichtige Rolle. Für die Operationalisierung der Kohorte mit Migrationsgeschichte wurde neben dem Migrationshintergrund nach der Definition des deutschen Studentenwerks (HIS, 20. Sozialerhebung 2012), das subjektive Verständnis über das Vorhandensein einer Migrationsgeschichte erhoben. Somit wurden diejenigen Studierenden erfasst, welche die Bezeichnung Migrationshintergrund nicht als zutreffend empfinden, obwohl sie nach objektiven Kriterien auf Grund migrierter Eltern dieser Gruppe zugeordnet werden (StudiMig, Neumann 2010). Zur Operationalisierung des Konstrukts Migrationsgeschichte wurde Außerdem die Sprachenverwendung der Studierenden im Alltag und mit der Familie ermittelt. Im Rahmen eines Einzelbeitrags werden ausgewählte Ergebnisse der Erhebung vorgestellt. Gezeigt wird, in welcher Weise die Studierenden mit und ohne Migrationsgeschichte den Beitrag des Studiums zur (Weiter)Entwicklung eigener Handlungskompetenzen im Umgang mit migrationsbedingten heterogenen Klassen bewerten. Die eingeschätzte Rolle der Mehrsprachigkeit der Schüler_innen im Prozess der Wissensaneignung sowie die Beantwortung der Items, welche die Motivation und Annahmen der Studierenden im Bereich Interkulturelle Kompetenzen behandeln, werden vorgestellt. Die Untersuchung greift die Annahme auf, dass Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte sensibler auf migrationsbedingte Themen reagieren. Basierend darauf wird der Frage nachgegangen, inwiefern Lehramtsstudierende mit Migrationsgeschichte eine höhere interkulturelle Kompetenz als ihre Kommiliton_innen ohne Migrationsgeschichte aufweisen. Die Teilnehmende mit Migrationsgeschichte in unserer Stichprobe stimmten die Items zum Bereich Interkulturelle Kompetenz signifikant mehr zu als Teilnehmende ohne Migrationsgeschichte, wobei die Zustimmung für beide Teilkohorten hoch war. Interkulturelle Kompetenz wird hier als Bestandteil der Handlungskompetenzen (Straub 2007) im Umgang mit migrationsbedingter Heterogenität verstanden. Anschließend wird verdeutlicht, in welcher Form die Studierenden Fremdzuschreibungen, mit denen Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte häufig konfrontiert werden könnten, beurteilen. ID: 389 / D 04 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Genderforschung Stichworte: achievement loss, Sekundarstufe, sozio-demografischer Hintergrund, latente Wachstumskurvenmodelle, Luxemburg Migrationsstatus und Geschlecht als Prädiktoren der Schulnotenverschlechterung nach dem Übergang in die Sekundarstufe Florian Klapproth1, Romain Martin2 1 Medical School Berlin, Deutschland; 2Universität Luxemburg Theoretischer Hintergrund Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe die Leistung der betroffenen Schülerinnen und Schüler beeinflusst. Nach dem Übergang (üblicherweise nach der 4. oder 6. Klasse) zeigt sich häufig ein Rückgang der Leistung (Alspaugh, 1998; Alspaugh & Harting, 1995; Blyth, Simmons & Bush, 1978; Kuhn & Fischer, 2011; Smith, 2006). Dieser in der englischsprachigen Literatur als „achievement loss“ bezeichnete Leistungsrückgang zeigt sich überwiegend in den Schulnoten der Schülerinnen und Schüler (Simmons, Burgeson, Carlton-Ford & Blyth, 1987), was darauf hindeutet, dass eine mögliche Ursache unterschiedliche Leistungsstandards zwischen Grundschul- und Sekundarschullehrkräften sind. Gut gesichert ist der Befund, dass die Benotung von Schülerinnen und Schülern nicht nur von ihrer Leistung, sondern auch von ihrem Geschlecht (Kuhl & Hannover, 2012; Stanat & Kunter, 2001) und ihrer Ethnizität (Farkas, Grobe, Sheehan & Shuan, 1990) abhängt. Wenig untersucht wurde hingegen, inwieweit auch die Verschlechterung nach dem Übergang von Variablen des sozialen Hintergrundes beeinflusst wird. Nach der Stage-Environment-Fit-Theorie (Eccles & Midgley, 1989; Eccles & Roeser, 2009) sollten Leistungsrückgänge nach dem Übergang dann auftreten, wenn zwischen den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler und den Ansprüchen der Schule ein Mangel an Übereinstimmung besteht. In einigen Untersuchungen wurde berichtet, dass Schülerinnen und Schüler aus ethnischen Minderheiten mehr unter der neuen Umgebung in der Sekundarstufe leiden als diejenigen der ethnischen Majorität (vgl. Eccles & Roeser, 2009). Darüber hinaus ließ sich zeigen, dass Mädchen im Unterschied zu Jungen sich eher an das neue schulische Umfeld nach dem Übergang anpassen können (OECD, 2004). Fragestellung Ausgehend von den Befunden der Abhängigkeit der Notengebung von dem sozialen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler sowie gestützt auf die Annahmen der Stage-Environment-Fit-Theorie (Eccles & Midgley, 1989) haben wir die Hypothese getestet, dass der Migrationsstatus der Schülerinnen und Schüler und ihr Geschlecht (bei Kontrolle ihrer Kompetenz) einen Einfluss auf das Ausmaß der (negativen) Veränderung der Schulnoten nach dem Übergang in die Sekundarstufe ausüben. Methode Zur Prüfung der Hypothese wurde eine Längsschnittstudie durchgeführt, in der die Veränderung der Schulnoten von N = 2382 Schülerinnen und Schülern in den ersten drei Jahren der luxemburgischen Sekundarstufe (Klasse 7-9) betrachtet wurde. Es wurden für die beiden Schulzweige der Sekundarstufe (akademischer und berufsvorbereitender Schulzweig) und für die drei Hauptfächer (Deutsch, Französisch, Mathematik) jeweils latente Wachstumskurvenmodelle geschätzt. In diesen Modellen waren das Geschlecht der Schülerinnen und Schüler, ihre fachbezogene Kompetenz, ihre Nationalität sowie ihr sozio-ökonomischer Status Prädiktoren des Intercept- und des Slopefaktors. Ergebnisse Im Durchschnitt verschlechterten sich die Schulnoten in allen Hauptfächern und auf beiden Schulzweigen annähernd linear, wobei die Verschlechterung im Fach Mathematik an stärksten war. Bei Kontrolle der Kompetenz der Schülerinnen und Schüler und ihres sozioökonomischen Hintergrundes konnte entgegen unserer Annahme gezeigt werden, dass sich die Noten luxemburgischer Schülerinnen und Schüler im Fach Französisch stärker verschlechterten als die Noten der Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Im Fach Mathematik zeigte sich, dass die Verschlechterung der Noten bei Jungen stärker ausgeprägt war als bei Mädchen. Darüber hinaus wiesen Schülerinnen und Schüler mit vergleichsweise hoher Kompetenz im akademischen Schulzweig eine geringere Notenverschlechterung auf als Schülerinnen und Schüler mit niedrigerer Kompetenz, während auf dem berufsvorbereitenden Schulzweig das Gegenteil zu beobachten war: Je höher die Kompetenz der Schülerinnen und Schüler war, desto stärker war ihre Verschlechterung. Offenbar war die Übereinstimmung zwischen Bedürfnissen und Anforderungen bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern auf diesem Schulzweig besonders gering. ID: 392 / B 13 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Vorschulische Bildung Stichworte: Einschulung, Bewältigung des Schulalltags, Transition Die Bewältigung des Schulalltags im ersten Schuljahr – Schuleingangskrise oder Fortdauern von Problemlagen? Thomas Bäumer, Jutta von Maurice, Hans-Günther Roßbach LIfBi - Leibniz-Institut für Bildungsverläufe, Deutschland Theoretischer Hintergrund Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule weckt nach wie vor hohes politisches wie wissenschaftliches Interesse (z. B. KMK, 2009; Faust & Roßbach, 2004). Systematisierungsbemühungen erfolgten vor allem im Transitionsansatz (Griebel & Niesel, 2004), der verschiedene Systemebenen, vor allem aber auch die Bedeutung der Familie betont. Vielfach wurden "Schuleingangskrisen" postuliert, die bis zu der Hälfte aller Kinder betreffen sollen. Umfassende empirische Belege für diese Behauptung fehlen bislang jedoch. Mit dem Nationalen Bildungspanel (NEPS), das unter anderem mit einer Kohorte von Kindern in Kindergärten circa zwei Jahre vor der Einschulung im Jahr 2010 startete, liegen nun erstmals deutschlandweit repräsentative Daten vor, die für diese Fragestellung genutzt werden können (vgl. auch Blossfeld, Roßbach & von Maurice, 2011). Fragestellungen Liegen für einen substanziellen Anteil an Kindern Schuleingangskrisen vor? Handelt es sich dabei um tatsächlich durch die Transition ausgelöste Prozesse oder werden womöglich bereits länger bestehende Probleme perpetuiert? Welche Kinder sind in besonderem Maße von Übergangsproblemen betroffen? Methode Analysiert werden Daten der dritten Welle der Startkohorte 2 (Kindergarten) des NEPS (doi:10.5157/NEPS:SC2:3.0.0). In dieser Welle wurde die Stichprobe um die Mitschülerinnen und Mitschüler an den teilnehmenden Schulen ergänzt. Die Zielpersonen befinden sich somit zum größten Teil in der ersten Jahrgangsstufe der Grundschule. Die Stichprobengröße beläuft sich auf N = 6933. Zur Abbildung von Schuleingangskrisen wurde aus Angaben der Eltern wie auch der Lehrkräfte zum Zielkind zur Bewältigung des Schulalltags (13 bzw. 8 Items) je eine abhängige Variable (Mittelwert der Items mit vierstufiger Antwortskala von 1: "trifft nicht zu" bis 4: "trifft zu") gebildet. Diese beiden Bewältigungsvariablen werden regressionsanalytisch zu einer Vielzahl familiärer und individueller Merkmale in Beziehung gesetzt. Ergebnisse Sowohl von den Lehrkräften (AM = 3,28; SD = 0,57) als auch und insbesondere von den Eltern (AM = 3,44; SD = 0,39) wird die Belastung des Zielkindes im ersten Schuljahr im Schnitt als sehr gering eingeschätzt. Die Gruppe der besonders Belasteten (Wert < 2) ist sehr klein (0,3 % laut Elterneinschätzung, 1,0 % bei den Lehrkräften). Die Belastungseinschätzung steht mit familiären Hintergrundmerkmalen wie Bildungsniveau, sozio-ökonomischem Status oder Migrationshintergrund sowie individuellen Merkmalen wie Geschlecht, Kompetenzstand oder Einschulungszeitpunkt in Zusammenhang. Gerade der letzte Punkt (in Kombination mit der insgesamt geringen Belastung) verweist darauf, dass Problemlagen eher mit in die Schule gebracht werden, als dass es zu Schuleingangskrisen kommt. Eine Zusatzanalyse der Daten der Startkohorte 2 zur ersten Welle (2010) verdeutlicht, dass Kinder mit verspätetem Schuleintritt bereits frühzeitig verminderte Kompetenzstände aufweisen. ID: 395 / E 02 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Deutsch Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lese- und Sprachförderung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Gattungserwartung, Kohäsion, Lesestrategien, Textverständnis Die Bedeutung der Gattungserwartung bei der Textlektüre – Wie wird das Textverständnis bei der Erwartung unterschiedlicher Textgattungen beeinflusst? Caroline Schuttkowski1, Anke Schmitz2, Björn Rothstein1, Cornelia Gräsel2 1 Ruhr-Universität Bochum, Deutschland; 2Bergische-Universität Wuppertal, Deutschland Schüler/innen werden im Deutsch- und im Sachfachunterricht regelmäßig mit unterschiedlichen Texten konfrontiert. In der Forschung besteht Evidenz darüber, dass gattungsspezifische Erwartungen das Textverständnis determinieren: Literarische Texte und Sachtexte erfordern aufgrund ihrer spezifischen Strukturmerkmale unterschiedliche Kompetenzen (Artelt & Schlagmüller, 2004; Zwaan, 1994). Darüber hinaus kann die Gattung Einfluss auf die Nutzung von Lesestrategien sowie die Ausprägung der Motivation und des Leseselbstkonzepts nehmen (Schnotz & Dutke, 2004; Henschel et al. 2013). Für die Herstellung von Kohärenz bei der Textlektüre wird aus kognitionspsychologischer und linguistischer Sicht bestimmten sprachlichen Markierungen auf der Textoberfläche, die Textverbindungen und Strukturierungshilfen schaffen, ein hoher Stellenwert zugesprochen. Sie werden unter dem Begriff der Kohäsion zusammengefasst und in lokale und globale Kohäsionsmarker unterteilt (Schnotz, 2006). Empirische Studien konnten nachweisen, dass kohäsive Texte zu einem besseren Textverstehen beitragen können (Ozuru et al., 2009; Rothstein et al., 2014; Schmitz & Gräsel, in press). Unberücksichtigt blieb jedoch, wie die Marker bei unterschiedlichen Gattungserwartungen bzw. Verarbeitungsmodi wirken. Der vorliegende Beitrag stellt zwei empirische Studien vor, die die Bedeutung lokaler und/oder globaler Textkohäsion für das Verstehen von Texten unter Berücksichtigung der aktivierten Gattungserwartung eines Sachtextes oder eines literarischen Textes analysieren. Untersucht wurde, wie lokale und/oder globale Kohäsion auf das Textverständnis wirkt, wenn derselbe Text mit unterschiedlicher Gattungserwartung gelesen wird. In beiden Studien (Studie 1: N = 754, Studie 2: N = 741) lasen Schüler/innen der neunten Jahrgangsstufe an Gesamtschulen einen von vier Texten, die inhaltlich identisch waren, sich in ihrem Kohäsionsgrad jedoch voneinander unterschieden. Jeder der vier Texte wurde als Romanauszug bzw. Geschichte oder als Zeitungsartikel instruiert. In Studie 1 wurde die Kohäsion auf lokaler und globaler Ebene manipuliert, in Studie 2 wurde die Wirksamkeit einer spezifischen Domäne von Kohäsionsmarkern (Temporalität) fokussiert. Das Textverstehen wurde jeweils mit einem Verständnistest nach dem Lesen des Textes erfasst (Multiple-Choice-Fragen, halb-offene und offene Fragen). Weiterhin wurden die allgemeinen Lesevoraussetzungen (basale Lesefähigkeiten, Sprachkompetenz) und das Gattungswissen erhoben. Die Interaktionsanalysen demonstrieren einen erkennbaren Einfluss der Gattungserwartung auf das Textverständnis. Die Ergebnisse von Studie 1 zeigten, dass unter Kontrolle des Gattungswissens ein Interaktionseffekt der globalen Textkohäsion mit der Gattungserwartung auftrat (F(1, 753) = 5.60, p < .05, partial η² = 0.01). Bei der Erwartung eines Zeitungsartikels hatte die globale Kohäsion einen positiven Effekt auf das Textverstehen, bei einem literarischen Verarbeitungsmodus blieb diese Wirkung aus. Die lokale Textkohäsion hingegen hatte einen Haupteffekt auf das Textverstehen und wirkte ungeachtet der Gattungserwartung förderlich (F (1, 753) = 6.00, p < .05, partial η² = 0.01). In Studie 2 ergaben die Befunde keinen Interaktionseffekt zwischen der Manipulation der Kohäsion und der Gattungserwartung. Dennoch ließ sich ein klarer Haupteffekt der evozierten Gattung auf das Textverständnis feststellen (F (1, 740) = 96.95, p < .001, partial η² = .117): Der Text wurde mit einer literarischen Erwartung deutlich besser verstanden. Diese Werte wurden durch einen Interaktionseffekt zwischen der Gattungserwartung und der allgemeinen Sprachkompetenz der Schüler/innen bestätigt (F (1, 740) = 15.26, p < .001, partial η² = .02). Verfügten die Lernenden über eine weniger gut ausgeprägte Sprachkompetenz und erwarteten sie einen Sachtext, erzielten sie deutlich schlechtere Werte im Textverständnis. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Relevanz von Kohäsionsmarkern für das Textverständnis an eine durch die Gattungserwartung gesteuerte Leserhaltung gebunden ist und bekräftigen die von Kintsch (1998) geformte Theorie der TextLeser-Interaktion, wonach textbezogene und kognitive Merkmale während des Textverstehens miteinander interagieren. Eine literarische Rezeptionshaltung scheint den Zugang zum Text und den effektiven Umgang mit seinem Informationsgehalt zu verbessern, wohingegen die strategische Nutzung von Kohäsionsmarkern insbesondere bei der Erwartung eines Sachtextes notwendig sein könnte, um (lese-)schwächere Schüler/innen zu unterstützen. Die Befunde lassen sich hinsichtlich der gattungsspezifischen Instruktion und der strategischen Rezeption von Unterrichtstexten diskutieren. ID: 396 / H 04 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: longitudinale IRT-Modelle, Differential Item Functioning, Large-Scale Assessments Identifikation DIF-freier Items in Large-Scale Assessments Eric Stets, Steffi Pohl Freie Universität Berlin, Deutschland Das nationale Bildungspanel (National Educational Panel Study; NEPS) ist eine groß angelegte längsschnittliche Bildungsstudie, die auch auf die Untersuchung von Kompetenzentwicklung über die Lebensspanne abzielt (Blossfeld, Roßbach & von Maurice, 2011). Um die Vergleichbarkeit der Kompetenzdaten über verschiedene Messzeitpunkte und Kohorten zu garantieren und gemessene Veränderungen auf tatsächliche Unterschiede im latenten Konstrukt zurückführen zu können, müssen die Skalen vergleichbar sein (von Davier, Carstensen & von Davier, 2008). Ist dies der Fall, lassen sich Fragestellungen mit Bezug auf Kompetenzentwicklung und -veränderung untersuchen und Schlussfolgerungen sind kein Artefakt unterschiedlicher Skalierung. Zur Erfassung der Lesekompetenz im NEPS werden den Teilnehmern zu verschiedenen Zeitpunkten oder in verschiedenen Kohorten unterschiedliche Instrumente vorgelegt, wobei keine Items wiederholt werden. Eine zusätzliche Link-Stichprobe bearbeitet jeweils beide Tests und kann daher für ein Linking der beiden interessierenden Tests verwendet werden. Die LinkStichprobe gehört dabei immer der älteren der beiden Populationen an. Pohl et al. (in press) zeigten bei der Untersuchung der Messinvarianz und Eindimensionalität als Voraussetzungen für ein mögliches Linking, dass Messinvarianz zwischen den Studien insbesondere bei größeren Altersspannen zwischen den Stichproben der zu verlinkenden Studien verletzt ist (z.B. Schüler und Erwachsene). Die verwendete Methode kann jedoch keine Aussage über einzelne Items treffen, sondern lediglich über das Ausmaß der verletzten Messinvarianz im gesamten Test. Es schließt sich daher die Frage an, ob spezifische Items identifiziert werden können, die keine Messinvarianz, also Differential Item Functioning (DIF) zeigen. Die Verwendung nicht-messinvarianter Items zum Linking gefährdet die Schlussfolgerungen über Veränderungen im latenten Konstrukt. Mittels Verwendung von Modellen der Item-Response-Theorie (IRT) werden daher Verfahren zur Identifikation von DIF-freien Items auf die Daten der Lesekompetenz im NEPS angewendet. Hierzu wird die Voraussetzung messinvarianter Items für die Stichproben der Neuntklässler und der Erwachsenen genauer untersucht. Den bisher verwendeten Linking-Methoden liegt unter anderem die Annahme zugrunde, dass balanciertes DIF vorliegt, also keine der beiden Gruppen über alle Items betrachtet bevorzugt wird, sondern es zu einem Ausmitteln der DIF-Effekte kommt. Insbesondere bei größeren Altersunterschieden kann man die Plausibilität dieser Annahme jedoch infrage stellen. Mittels IRT-basierter Ankerauswahlmethoden, die kein Vorwissen über mögliche DIF-freie Items voraussetzen und sich teilweise auch unter Bedingungen von unbalanciertem DIF als geeignet erwiesen haben, messinvariante Items zu identifizieren (Kopf, Zeileis & Strobl, 2015), werden potentielle Ankeritems in den Daten gesucht. Verglichen werden Varianten, die alle Items als Anker verwenden, alle bis auf ein Item als Anker verwenden, eine feste Anzahl an Ankeritems festlegen oder iterativ eine Anzahl DIF-freier Items auswählen. In den letzten beiden Fällen geschieht dies mittels zusätzlicher Ankerauswahlstrategien, wobei basierend auf paarweisen statistischen Tests DIF ermittelt und rangbasiert Items in den Anker aufgenommen werden. So identifizierte DIF-freie Ankeritems werden dann für eine gemeinsame Skalierung verwendet. Zusätzlich werden die ermittelten Anker aus den verschiedenen Selektionsverfahren auf ihren Einfluss auf Schlussfolgerungen über latente Veränderungen verglichen, bewertet und diskutiert. ID: 397 / E 03 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Einstellungen von Lehrenden, Heterogenität, Umgang mit Heterogenität Einstellungen zur Heterogenität der Schülerschaft: Struktur, Korrelate und Fachunterschiede in einer Untersuchung mit Lehramtsstudierenden Robert Grassinger, Markus Dresel, Hans-Peter Bredenbecck, Ulrike Ohl, Kim Lange-Schubert, Andreas Hartinger Universität Augsburg, Deutschland Der Umgang mit Heterogenität der Schülerschaft ist eine der großen Herausforderungen des Lehrberufs (Budde, 2013; Tillmann, 2008), auf die Lehrkräfte vielfach nicht adäquat vorbereitet sind (Bender-Szymanski, 2008; Strasser, 2011; Tracy, Ludwig & Ofner, 2010). Heterogenität besteht häufig in Bezug auf die Leistungsfähigkeit, die Sprachkompetenzen, den Migrationshintergrund und den sozioökonomischen Status der Schüler(innen). Damit stellt sie ein vieldimensionales Phänomen dar. Arbeiten zur Lehrerprofessionalität legen nahe, dass – neben pädagogischem Wissen, fachdidaktischem Wissen und Fachwissen (Baumert & Kunter, 2006; Shulman, 1986, 1987) – adäquate Überzeugungen und Einstellungen von Lehrkräften (Dubberke et al., 2008; Richardson, 1996; Thompson, 1992) bedeutsam für einen effektiven Unterricht sind. Entsprechend kann vermutet werden, dass die Einstellungen von Lehrkräften gegenüber der Heterogenität ihrer Schülerschaft bedeutsam für den Umgang damit sind, und in der Konsequenz in der Lehrerbildung zu thematisieren (Gebauer et al., 2013). Unklar ist bisher, (1) wie sich Einstellungen zu Heterogenität von Lehramtsstudierenden strukturieren, (2) welche Bedeutung sie für motivationale Überzeugungen aufweisen, (3) welche Rolle die subjektiv empfundene Relevanz einer Heterogenitätsdimension für Lernprozesse von Schüler(inne)n auf das Selbstwirksamkeitsempfinden Lehramtsstudierender im Umgang damit spielt und (4) inwieweit Fachunterschiede zu konstatieren sind. Einstellungen sind objektspezifisch und ihre Strukturierung folgt der Strukturierung ihres Gegenstandes (Eagly & Chaiken, 1993). Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass sich die Dimensionalität der Heterogenität in diesbezüglichen Einstellungen Lehramtsstudierender widerspiegelt (H1). Bosse und Spörer (2014) sowie Urton et al. (2014) berichten, dass eine positive Einstellung zur integrativen Beschulung mit einer diesbezüglich höheren Selbstwirksamkeit einhergeht. In Analogie hierzu wird erwartet, dass eine positive Einstellung zu einzelnen Heterogenitätsdimensionen mit einer höheren Selbstwirksamkeit im Umgang mit dieser assoziiert ist (H2). Zudem erscheint plausibel, dass Lehramtsstudierende trotz einer negativen Einstellung zu einer Heterogenitätsdimension eine hohe Selbstwirksamkeit im Umgang mit dieser erleben, wenn sie die entsprechende Heterogenitätsdimension als wenig relevant für Lernprozesse betrachten (H3). Studien zeigen, dass die Relevanz einzelner Heterogenitätsdimensionen für schulische Lernprozesse über Schulfächer hinweg variiert (Dummert et al., 2014). Es wird daher angenommen, dass Lehramtsstudierende eine solche Disparität in den Einflussfaktoren auf fachspezifische Lernprozesse wahrnehmen und folglich die wahrgenomme Relevanz einzelner Heterogenitätsdimensionen für schulische Lernprozesse und die Einstellungen zu Heterogenitätsdimensionen zwischen Fächern variieren (H4). Lehramtsstudierende unterschiedlicher Lehramtsstudiengänge (N = 1170; Alter = 22.4, SD = 3.33; 80.1% weiblich) der Fächergruppen MINT (20.8%), Sprachen (9.1%), Sport (9.9%), Künstlerisch (26%), Sozialwissenschaftlich (22.2%) und weitere Fächer wie Geschichte (12%) beantworteten Fragen zu ihren Einstellungen und ihrer Selbstwirksamkeit in Bezug auf die Heterogenität von Schüler(inne)n in den oben genannten Heterogenitätsdimensionen und zur wahrgenommenen Relevanz dieser Heterogenitätsdimensionen für Lernprozesse von Schüler(inne)n. Mit konfirmatorischen Faktorenanalysen (H1), einem Strukturgleichungsmodell (H2), Moderationsanalysen (H3) und einfaktoriellen Varianzanalysen (H4) wurden die einzelnen Hypothesen geprüft. In Bezug auf die Dimensionalität der Einstellung von Lehramtsstudierenden zur Heterogenität der Schülerschaft zeigte ein 4Faktoren-Modell des besten Fit zu den Daten. Dies legt nahe, dass wie erwartet Lehramtsstudierende in ihren Einstellungen zur Heterogenität zwischen verschiedenen Heterogenitätsdimensionen unterscheiden. Zudem zeigen die Daten, dass die Selbstwirksamkeit Lehramtsstudierender im Umgang mit einer Heterogenitätsdimension mit der Einstellung zu dieser korrelierte. Hierbei konnte ein moderierender Einfluss der wahrgenommenen Relevanz der Heterogenitätsdimension nachgewiesen werden: Lehramtsstudierende erleben auch bei ungünstiger Einstellung dann eine hohe Selbstwirksamkeit im Umgang mit Heterogenität, wenn die Heterogenität als wenig relevant für Lernprozesse der Schüler(innen) wahrgenommen wird. Schließlich waren Unterschiede zwischen Fächern unter anderem dahingehend zu beobachten, dass in Bezug auf sprachliche Fächer die Relevanz der Heterogenität in Deutschkenntnissen und im Migrationshintergrund als höher eingeschätzt wurde. Zudem wurde für künstlerische Fächer die Heterogenität in den Dimensionen Leistungsfähigkeit, Deutschkenntnisse, Migrationshintergrund positiver bewertet. Trotz einiger Limitationen der Studie (querschnittliche Anlage, Stichprobe aus einer Universität) bieten die Ergebnisse Hinweise für die Lehrerbildung in Bezug die Förderung eines Umgangs mit Heterogenität der Schülerschaft. Diese werden abschließend diskutiert. ID: 398 / E 01 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Bild-Text-Integration, Unterrichtsqualität, Leistungsentwicklung, Matthäus-Effekt Einfluss der Lehrkräfte auf die Entwicklung der Fähigkeit zur Bild-Text-Integration Britta Oerke1, Nele McElvany1, Annika Ohle1, Holger Horz2, Mark Ullrich2 1 TU Dortmund, Deutschland; 2Goethe Universität, Frankfurt am Main Theoretischer Hintergrund Die Fähigkeit, Informationen aus Texten mit instruktionalen Bildern zu verstehen und in eine kohärente Wissensstruktur zu integrieren (Ainsworth, 1999), ist wesentlich für den Schulerfolg, da diese Texte in Schulbüchern sehr verbreitet sind (Mayer, 2001), vor allem in den Naturwissenschaften. Insbesondere leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler verarbeiten die Bildinformation jedoch oft oberflächlich und verwenden zu wenig Zeit auf die Betrachtung relevanter Bildanteile (Schnotz et al., 2014). Explizite bild-orientierte Instruktion kann das Verständnis von Texten mit Graphiken verbessern (Mautone & Mayer, 2007). Lehrkräfte bemühen sich nach eigenen Angaben darum, ihren Schülerinnen und Schülern Lerngelegenheiten zu bieten und sie bei der Interpretation von Bild-Text-Materialien zu unterstützen (McElvany et al., 2010), durch häufige Verwendung dieser Materialien (Unterrichtsquantität) sowie durch die explizite Diskussion des Bildanteils und ein Engagement für das Lernen aller Schülerinnen und Schüler (Unterrichtsqualität). Bisher wurde jedoch nicht nachgewiesen, wie hilfreich die Praxis im Unterricht für die Lernenden tatsächlich ist, und inwiefern Lernende unterschiedlicher Leistungsniveaus davon profitieren. Der MatthäusEffekt (Rigney, 2010) sagt vorher, dass leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler mehr profitieren sollten als ihre schwächeren Mitschüler, die eigentlich mehr auf die Hilfe der Lehrkräfte angewiesen sind. Fragestellung In dieser Studie wird erstens untersucht, ob sich positive Effekte der Unterrichtsquantität und -qualität auf die Entwicklung der Fähigkeit zur Bild-Text-Integration (BiTe) bei den Lernenden nachweisen lassen, wobei größere Effekte in Biologie und Geographie als in Deutsch erwartet werden (H1). Zweitens wird untersucht, ob Lernende mit besseren Vorkenntnissen in der BiTe bzw. besseren verbalen kognitiven Fähigkeiten mehr als ihre schwächeren Mitschülerinnen und Mitschüler von der Förderung durch die Lehrkräfte profitieren. Es wird vorhergesagt, dass ein solcher Matthäuseffekt nachgewiesen werden kann (H2). Methode An der Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten (MZP) nahmen N = 30 Biologie- und Erdkundelehrkräfte mit ihren Schülerinnen und Schülern (N = 581) sowie N = 26 Deutschlehrkräfte mit ihren Lernenden (N = 505) aus den Klassenstufen 5 und 7 teil. Am MZP1 wurde die Unterrichtsquantität und -qualität (explizite Diskussion des Bildes, Engagement für den Lernerfolg aller Lernenden) in Lehrerfragebögen erfasst und die kognitive Fähigkeit und BiTe-Fähigkeit mittels eines zuvor entwickelten und validierten Tests (Ullrich et al., 2012) erhoben. Am MZP2, d.h. ein Jahr später, wurde die BiTe-Fähigkeit erneut getestet. Der Einfluss der Lehrerinstruktion auf die BiTe-Fähigkeit am MZP2 wurde in Mehrebenenanalysen unter Kontrolle der BiTe-Fähigkeit am MZP1, der kognitiven Fähigkeit und der Schulform berechnet (H1). In weiteren Modellen wurde die Interaktion der Lehrerinstruktion mit den Schülercharakteristika analysiert (H2). Ergebnisse und Diskussion Ein positiver Einfluss der Unterrichtsquantität und einer expliziten Diskussion des Bildanteils auf die Entwicklung der BiTeFähigkeiten konnte für die Biologie- und Erkundelehrpersonen, nicht aber für die Deutschlehrkräfte nachgewiesen werden. Das selbstberichtete Lehrkraftengagement zeigte hingegen keine Wirkung. Lernende mit höheren Vorkenntnissen in der BiTe profitierten zudem wie erwartet stärker von einer expliziten Diskussion des Bildes, nicht aber Lernende mit höheren kognitiven Fähigkeiten. Die Effekte sind jedoch gering (standardisierte Effekte von .08 bis .11). Die Ergebnisse zeigen, dass die Förderung durch die Lehrkräfte hilfreich sein kann, lassen jedoch offen, welche Merkmale des unterstützenden Unterrichts besonders erfolgreich und prädiktiv für die BiTe-Fähigkeitsentwicklung von Schülerinnen und Schülern aller Leistungsniveaus sind. Dies sollte untersucht und zudem überprüft werden, wie der Einfluss der Lehrkräfte auf die Lernentwicklung der Schülerinnen und Schüler gesteigert werden kann. ID: 399 / E 04 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochschulbildung Stichworte: Studienabbruch, Soziale Herkunft, Rational Choice Welchen Einfluss hat die soziale Herkunft auf das Risiko eines Studienabbruchs? Verena Cohrs, Annabell Daniel, Rainer Watermann Freie Universität Berlin, Deutschland Entscheiden sich Studierende für einen Studienabbruch, ist dies in aller Regel das Ergebnis eines längeren Entscheidungs- und Abwägungsprozesses, für den verschiedene Motive relevant sind (vgl. Heublein & Wolter, 2011). Aus der Literatur zu früheren Übergängen im Bildungsverlauf ist hinreichend bekannt, dass Bildungsentscheidungen in hohem Maße durch die soziale Herkunft beeinflusst werden (Becker & Hecken, 2007, Lörz, 2012, Watermann & Maaz, 2010). Eine Erklärung hierfür liefern Theorien rationaler Bildungsentscheidungen (Boudon, 1974, Eriksson & Jonsson, 1996, Breen & Goldthorpe, 1997). Demnach sind Bildungsentscheidungen, insbesondere an Übergangsschwellen im Bildungsverlauf, maßgeblich von primären und sekundären Effekten der sozialen Herkunft geprägt. Soziale Herkunft wird dabei als mehrdimensionales Konstrukt verstanden, das Struktur- und Prozessmerkmale des Elternhauses umfasst. Aus Perspektive der Rational Choice Theorie hängt die Entscheidung für ein Studium maßgeblich von den erwarteten Erträgen, Kostenüberlegungen und der subjektiven Erfolgswahrscheinlichkeit ab. Soziale Ungleichheiten in der Studienentscheidung entstehen dadurch, dass mit höherem Status der Familie höhere Erträge, geringere Kosten und eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit wahrgenommen werden (vgl. Watermann, Daniel & Maaz, 2014). Stimmen die Erwartungen der Studierenden nicht mit der Realität an der Hochschule überein, kann sich die Einschätzung dieser Faktoren im Verlauf des Studiums verändern und zu einer Neubewertung des Hochschulabschlusses führen. Es ist daher anzunehmen, dass rationale Entscheidungsmechanismen auch bei der Entscheidung für einen Studienabbruch wirksam werden. Die Befundlage zum Zusammenhang von Studienabbruch und sozialer Herkunft ist allerdings uneindeutig. Erste Hinweise auf ein höheres Abbruchrisiko für Studierende aus nichtakademischen Familien (vgl. Heublein & Wolters, 2011) liegen vor. Unter den ausschlaggebenden Abbruchmotiven spielen finanzielle Gründe, die besonders häufig von Studierenden aus nichtakademischen Familien angegeben wurden, eine zentrale Rolle, wie in einer Untersuchung mit Studienabbrechern gezeigt werden konnte (Heublein et al., 2009). Bislang wurden Effekte der sozialen Herkunft auf den Studienabbruch jedoch noch nicht systematisch analysiert. Die vorliegende Studie untersucht basierend auf Daten des Nationalen Bildungspanels, in welchem Zusammenhang der soziale Hintergrund der Studierenden mit ihrem Risiko eines Studienabbruchs im weiteren Studienverlauf steht und welche Rolle Struktur- und Prozessmerkmale spielen. Es wird geprüft, inwiefern mögliche Effekte der sozialen Herkunft auf Studienabbruch von rationalen Entscheidungsmechanismen vermittelt werden. Grundlage der multiplen Regressionsberechnungen sind Längsschnittdaten von N = 3487 Studierenden, die im Wintersemester 2010/2011 erstmals in einem Bachelor-Studiengang eingeschrieben waren. Es werden Strukturmerkmale (ISEI und CASMIN) und Prozessmerkmale der sozialen Herkunft berücksichtigt. Prozessmerkmale wurden in Anlehnung an PISA über die Häufigkeit kultureller und sozialer Aktivitäten der Studierenden operationalisiert (Kunter et al., 2002). Weitere zentrale Variablen sind studienbezogene Merkmale der Rational Choice Theorie (Ertrag, Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeit). Unter Kontrolle der zentralen bildungsbiographischen Faktoren (z. B. Art der Hochschulzugangsberechtigung und Studienleistungen) zeigt sich ein signifikant negativer Effekt des höchsten Bildungsabschlusses der Eltern auf die Studienabbruchintention. Dieser Effekt wird teilweise über rationale Entscheidungsmechanismen vermittelt. Den Erwartungen entsprechend zeigen sich signifikant negative Effekte von wahrgenommenem Ertrag und subjektiver Erfolgswahrscheinlichkeit sowie ein positiver Effekt der Kostenüberlegungen auf die Abbruchintention zu einem späteren Zeitpunkt. Ein Einfluss des sozioökonomischen Status des Elternhauses und der Prozessmerkmale der sozialen Herkunft konnte nicht festgestellt werden. Annahmen über Abhängigkeiten des wahrgenommenen Ertrags vom Studienfach und der Kostenüberlegungen von zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ließen sich nicht bestätigen. Der vorliegende Beitrag liefert auf Basis repräsentativer Längsschnittdaten erste Hinweise auf einen geringen Effekt des elterlichen Bildungsgrades auf die Abbruchintention. Des Weiteren wird die Relevanz rationaler Entscheidungsmechanismen an dieser Schnittstelle des Bildungsverlaufs aufgezeigt. Perspektiven für die weitere Forschung werden diskutiert. ID: 401 / F 05 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Problemlösen, Kompetenzmessung, duale Ausbildung Erwartungskonforme und erwartungswidrige Prädiktoren domänenspezifischer Problemlösekompetenz in der kaufmännischen Berufsbildung Kristina Kögler1, Rebecca Eigenmann2, Andreas Rausch3, Christin Siegfried1, Eveline Wuttke1, Jürgen Seifried2 1 Goethe-Universität Frankfurt; 2Universität Mannheim; 3Otto-Friedrich-Universität Bamberg Domänenspezifische Problemlösekompetenzen gewinnen vor dem Hintergrund einer komplexer werdenden Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung und entfalten in Konsequenz dessen auch eine wachsende Relevanz für die empirische Bildungsforschung. Neben kognitiven (wissensbasierten) und metakognitiven (handlungsregulatorischen) Fähigkeiten sind dabei auch motivational-emotionale Facetten wie Selbstkonzept und Interesse in den Fokus zu nehmen (Rausch & Wuttke, in press; Sembill, Rausch & Kögler, 2013; Wuttke et al., 2015), um im Rahmen komplexer Operationalisierungs- und Messansätze zu möglichst ganzheitlichen Kompetenzprofilen zu gelangen. Zur Messung der domänenspezifischen Problemlösekompetenz in der kaufmännischen Berufsbildung bei angehenden Industriekaufleuten wurden ausgehend von einem mehrdimensionalen Kompetenzmodell (vier Kompetenzdimensionen mit insgesamt 13 Facetten: (A) Wissensanwendung, (B) Handlungsregulation, (C) Selbstkonzept und (D) Interesse) und einer umfassenden Gegenstandsmodellierung (Eigenmann, Siegfried, Kögler & Egloffstein, 2015; Rausch, Schley & Warwas, 2015), drei Problemszenarien zur Erfassung problemlösenden Handels in dem für die kaufmännische Berufsausbildung zentralen Handlungsfeld „Planung, Steuerung und Kontrolle von Geschäftsprozessen“ (Controlling) entwickelt und bei 786 kaufmännischen Auszubildenden (562 Industrie-, 108 IT-System- und 116 Groß- und Außenhandelskaufleute) eingesetzt. Über die domänenspezifische Problemlösekompetenz hinaus wurden umfangreiche Daten zu den Ausbildungsbedingungen, dem soziodemografischen Hintergrund und weiteren allgemeinen Kompetenzen der Testpersonen erhoben. Die Teilnehmenden wurden gegen Ende ihrer Ausbildung getestet. Im Rahmen des Vortrags wird der Frage nachgegangen, inwiefern diese individuellen und institutionellen Einflussfaktoren erwartungskonform oder erwartungswidrig auf die erfasste Problemlösekompetenz wirken. Einflussfaktoren sind unter anderem der Ausbildungsberuf, der allgemeine Bildungsabschluss und eine etwaige Ausbildungszeitverkürzung. Erste Analysen auf Basis vorläufiger Datenstände zeigen, dass die angehenden Industriekaufleute besser abschneiden als die IT-System- und Groß- und Außenhandelskaufleute, wobei die Effektstärken allerdings gering ausfallen (,033 < Eta2 < ,112). Ein ähnliches Bild zeigt sich für die nicht-kognitiven Facetten der Dimensionen Selbstkonzept (,012 < Eta2 < ,044) und Interesse (,010 < Eta2 < ,027). Aufgrund der besseren curricularen Passung der in den Szenarien präsentierten Inhalte für den Beruf der Industriekaufleute entspricht dieser Befund weitgehend den Erwartungen (Seifried et al., im Druck). Die geringen Effektstärken lassen sich möglicherweise dahingehend begründen, dass das Handlungsfeld Controlling in vielen kaufmännischen Ausbildungsberufen eine curriculare Rolle spielt. Mit Blick auf den höchsten Bildungsabschluss der Teilnehmenden lässt sich feststellen, dass Auszubildende, die zuvor eine allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife erworben haben (N = 317), signifikante Vorteile im Test im Vergleich zu den Auszubildenden, die eine mittlere Reife (N = 265) oder Fachhochschulreife (N=174) erworben haben, aufweisen. Dies gilt sowohl für die kognitiven Facetten der Wissensanwendung (,036 < Eta2 < ,079) als auch die nicht-kognitiven Facetten der Dimension Selbstkonzept (,028 < Eta2 < ,043). Lediglich für die Facetten der Dimension Interesse lassen sich keine nennenswerten Gruppenunterschiede feststellen. Auszubildende, die eine verkürzte Ausbildung absolvieren, weisen gegen Ende der Ausbildung geringe Vorteile im Vergleich zu ihren Mitauszubildenden auf. Lediglich für im Bereich der Wissensanwendung und des Selbstkonzepts lassen sich geringe signifikante Unterschiede zugunsten der Auszubildenden mit einer verkürzten Ausbildung beobachten. Da die Datenaufbereitung und -auswertung noch nicht abgeschlossen ist, sind die hier präsentierten Ergebnisse noch als vorläufig zu betrachten und entsprechend vorsichtig zu interpretieren. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Industriekaufleute erwartungskonform besser im Test abschneiden als die IT-System- und Groß- und Außenhandelskaufleute. Des Weiteren scheinen unterschiedliche Eingangsvoraussetzungen gegen Ende der Ausbildung nur noch einen geringen Einfluss auf die domänenspezifische Problemlöseleistung zu haben. Im Rahmen des Tagungsbeitrags werden weitere, insbesondere institutionelle Einflussfaktoren analysiert. ID: 403 / A 01 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Pädagogisches Wissen, Klassenführung, Kompetenzentwicklung, Praxis-Schock Veränderung der Klassenführungskompetenz und der emotionalen Erschöpfung im Verlaufe des Referendariats Thamar Voss1, Mareike Kunter2, Wolfgang Wagner1, Uta Klusmann3, Ulrich Trautwein1 1 Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, Deutschland; 2Goethe-Universität Frankfurt; 3Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik Theoretischer Hintergrund Der Berufseinstieg wird von Lehrkräften häufig als große Herausforderung erlebt (Fives, Hamman, & Olivarez, 2007; Gold, 1996). Der Klassenunterricht als komplexe soziale Umgebung erfordert von der Lehrkraft prompte Reaktionen auf eine Vielzahl an Reizen, die gleichzeitig, unvorhersehbar und in schneller Abfolge auftreten (Doyle, 2006). Diese multiplen Anforderungen fordern junge Lehrkräfte insbesondere im Hinblick auf die effiziente Klassenführung heraus, die als eine der Hauptsorgen beginnender Lehrkräfte gilt (Jones, 2006). Gleichzeitig geht der Einstieg in den Lehrerberuf häufig mit einem Anstieg des beruflichen Beanspruchungserlebens einher (Goddard, O’Brien, & Goddard, 2006). Der vorliegende Beitrag fokussiert daher Veränderungen in der Klassenführungskompetenz und emotionalen Erschöpfung bei Lehramtskandidat(inn)en im Verlaufe des Referendariats. Fragestellung Die konkreten Fragestellungen sind: 1. Wie verändern sich Klassenführungskompetenz und emotionale Erschöpfung im Verlaufe des Referendariats? Es wird ein Anstieg der Klassenführungskompetenz im Referendariat erwartet, da es wichtige Lerngelegenheiten für deren Aufbau bieten sollte. Die emotionale Erschöpfung sollte im Zuge der ersten Konfrontation mit der anspruchsvollen Unterrichtspraxis ansteigen, mit zunehmender Erfahrung im Verlaufe des Referendariats jedoch wieder absinken. 2. Welche persönlichen und institutionellen Merkmale der Lerngelegenheiten im Referendariat beeinflussen die Veränderung der Klassenführungskompetenz und emotionalen Erschöpfung? Es wird erwartet, dass günstigere persönliche und institutionelle Merkmale die Entwicklung der Klassenführungskompetenz und emotionalen Erschöpfung positiv beeinflussen. Methode Datengrundlage stellt die COACTIV-Referendariatsstudie dar (Kunter et al., 2013), in der Mathematiklehramtskandidat(inn)en zweimal während des Referendariats untersucht wurden (1-Jahres Intervall). Die eine Kohorte stand zu T1 am Anfang des Referendariats; die zweite Kohorte am Anfang des zweiten Jahres. Die Kohorten unterschieden sich nicht statistisch signifikant bezüglich ihres soziodemografischen Hintergrundes (außer dem Alter). Die Stichprobe bestand aus 746 Lehramtskandidat(inn)en, von denen 567 auch zu T2 teilnahmen. Die Klassenführungskompetenz wurde mit einem videobasierten Testinstrument mit insgesamt 12 Items erfasst (EAP-Reliabilität: t1=.67, t2=.65, Voss, Kunter, & Baumert, 2011), die Emotionale Erschöpfung mit 4 Items (Enzmann & Kleiber, 1989; α: t1=.77, t2=.82). Folgende persönliche und institutionelle Merkmale wurden zur Vorhersage der Veränderung beider Konstrukte verwendet: Kognitive Grundfähigkeit (KFT-Subskalen), Staatsexamensnote (bildungswissenschaftliche Fächer), emotionale Stabilität (Skala Neurotizismus, NEO-FFI), Ausmaß der Reflexion der Unterrichtserfahrungen, Interaktion mit dem Mentor (konstruktivistisches Mentoring), Unterrichtsdeputat und Lehramtszugang. Es wurden latent-change Modelle in Mplus mit der „type=complex“ Prozedur berechnet, um die geschachtelte Struktur der Daten (Lehramtskandidat(inn)en genestet in Seminare) zu berücksichtigen. Ergebnisse Fragestellung 1: Nach Sicherstellung der Messinvarianz über die Zeit (cf.Vandenberg & Lance, 2000), fand sich in einem Mehrgruppen Latent-Change-Modell ein signifikanter Anstieg der Klassenführungskompetenz in beiden Kohorten. Das Referendariat scheint somit eine bedeutsame Lerngelegenheit für die Kompetenz, das komplexe Klassengefüge effizient zu koordinieren, darzustellen. Die emotionale Erschöpfung nahm in Kohorte 1 signifikant zu, wohingegen sich in Kohorte 2 ein signifikanter Abfall zeigte. Dieses Befundmuster steht in Einklang mit der Praxisschock-Literatur (Veenman, 1984) und weist auf ein zunehmendes Erschöpfungserleben am Anfang des Referendariats und einen Erholungseffekt im zweiten Jahr des Referendariats hin. Die signifikante Varianz der Change-Scores sowie nicht-perfekte Stabilitätskoeffizienten (.44<rtt <.61) deuteten auf interindividuelle Unterschiede in der Veränderung hin. Fragestellung 2: Zur Erklärung dieser interindividuellen Unterschiede in den Veränderungen erwiesen sich für die Klassenführungskompetenz insbesondere persönliche Merkmale als bedeutsam: Je höher die kognitive Grundfähigkeit, je besser die Staatsexamensnote und je stärker Lehramtskandidat(inn)en angaben, ihre Unterrichtserfahrungen zu reflektieren, umso mehr nahm die Klassenführungskompetenz zu. Für die emotionale Erschöpfung fanden sich folgende Effekte: Je emotional stabiler, je konstruktivistischer die Interaktion mit dem Mentor und je geringer das Unterrichtsdeputat, umso günstiger die Veränderungsmuster in der emotionalen Erschöpfung. Der vorliegende Beitrag trägt somit anhand einer großen längsschnittlichen Datenbasis empirisch zur Beantwortung der Frage nach der Kompetenzentwicklung von beginnenden Lehrkräften während des Referendariats bei. Es zeigte sich, dass das Referendariat eine signifikante Lerngelegenheit darstellt und dass sowohl individuelle als auch institutionelle Merkmale die Kompetenzentwicklung der Lehramtskandidat(inn)en beeinflussen. ID: 405 / C 01 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Wirtschafts- und Berufspädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: TrainerInnen, Lehransätze, Lehrorientierung Die Lehransätze von betrieblichen TrainerInnen Caroline Bonnes, Sabine Hochholdinger Universität Konstanz, Deutschland Theoretischer Hintergrund Im Bereich der Weiterbildungsforschung und insbesondere der arbeits- und organisationspsychologischen Wirkungsforschung gibt es bereits einen breiten Forschungskorpus an empirischen Arbeiten zu verschiedenen Einflussfaktoren auf den Trainingserfolg (z.B. Aguinis & Kraiger, 2009; Baldwin & Ford, 1988; Hutchins, 2009; Salas et al., 2012). Die Trainerperson als Einflussfaktor wurde dabei bisher weitgehend vernachlässigt (Hochholdinger & Leidig, 2012). Die empirische Unterrichtsforschung zeigt jedoch, dass die Lehrperson und ihre professionelle Handlungskompetenz von hoher Bedeutung für den Lehr- bzw. Trainingserfolg sind (z.B. Baumert & Kunter, 2013; König & Blömeke, 2009). Ein Teilaspekt professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften ist die Lehrorientierung, die bisher kaum im Bereich der Erwachsenenbildung bzw. im Trainingsbereich untersucht wurde, obwohl die Modelle und Ergebnisse der empirischen Bildungsforschung ihre Bedeutung für das Handeln der Lehrperson und demzufolge auch für den Lernerfolg zeigen (vgl. Lübeck, 2009; Seifried, 2009). Fragestellung Es gibt vereinzelte Untersuchungen zur Lehrorientierung von Lehrenden im Hochschulbereich (z.B. Braun & Hannover, 2008; Lübeck, 2009; Johannes & Seidel, 2012; Kröber, 2010), der größte Forschungskorpus zu diesem Konstrukt ist jedoch in der empirischen Unterrichtsforschung zu verorten, insbesondere im Bereich der Überzeugungen zum Lehren und Lernen (vgl. Seifried, 2009). Da sich der erwachsenbildnerische Kontext jedoch vom Schul- und Hochschulkontext in einigen Bereichen unterscheidet, ist davon auszugehen, dass sich die bisherigen Messinstrumente und Forschungsergebnisse nicht direkt auf den Trainingskontext übertragen lassen. Im Fokus der vorliegenden Studie stehen insbesondere die Lehransätze, die als eine besonders handlungsnahe Teilkomponente der Lehrorientierung zu verstehen sind. Daher soll zunächst das Konstrukt der Lehransätze für den Trainingskontext konzeptualisiert werden, mit dem langfristigen Ziel der Operationalisierung für die Entwicklung eines Messinstrumentes. Methode Um dieses Ziel zu erreichen, wurden insgesamt 45 halbstrukturierte Leitfadeninterviews mit TrainerInnen, PersonalentwicklerInnen und TeilnehmerInnen von Trainings durchgeführt und inhaltsanalytisch nach Mayring (2010) in Bezug auf die Lehransätze ausgewertet. Hierfür wurde ein deduktives Kategoriensystem in Anlehnung an das Lehransatzmodell von Trigwell, Prosser und Taylor (1994) entwickelt und an das Interviewmaterial herangetragen. Trigwell und Kollegen (1994) unterscheiden dabei verschiedene Strategien (lehrendenorientiert, Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden und lernendenorientiert) und Intentionen (Informationsweitergabe, Erwerb von Konzepten, Weiterentwicklung von Konzepten und Veränderung von Konzepten), die jeweils charakteristisch für verschiedene Lehransätze sind. Ergebnisse Die Analyse zeigt, dass die InterviewpartnerInnen lehrendenorientierte und lernendenorientierte Strategien benennen, die meisten Nennungen jedoch der Zwischenkategorie Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden zuzuordnen sind, wie sie auch schon Kember (1997) beschrieben hat. Die unterschiedlichen Ausprägungen der Intentionen sind zwar im Material zu finden, jedoch gibt es zusätzliche Aspekte, die sich im Material zeigen, wie z.B. der Transfer. Die inhaltlichen Ausprägungen der einzelnen Unterkategorien machen deutlich, dass sich der Trainingskontext in einigen wichtigen Aspekten vom Schul- oder Hochschulkontext unterscheidet und Lehransätze im Trainingskontext in ihrer Konzeptualisierung dementsprechend angepasst werden müssen. Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass die bestehenden Messinstrumente für den Trainingskontext ungeeignet sind und eine spezifische Operationalisierung notwendig ist. Die Studie legt damit eine wichtige Basis für die Entwicklung eines Instrumentes zur Messung von Lehransätzen von betrieblichen TrainerInnen. ID: 406 / A 17 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Selbstkonzept, Problemlösen Wie entstehen domänenübergreifende Fähigkeiten und Selbstkonzepte? Prädiktoren des Problemlöseselbstkonzepts Maida Mustafic, Christoph Niepel, Samuel Greiff Universität Luxemburg, Luxemburg Theoretischer Hintergrund: Domänenübergreifende Fähigkeiten werden im 21. Jahrhundert zunehmend wichtiger. Wechselnde und steigende Anforderungen begrenzen die reine domänenspezifische Wissensanwendung in ihrer Wirksamkeit, domänenübergreifende Fähigkeiten sind zunehmend nötig. Während akademische Selbstkonzepte bereits als Vorläufer domänenspezifischen, akademischen Erfolges, der Persistenz und des Wohlbefindens relativ gut in der Forschung etabliert sind, fehlt es an Evidenz zum Zusammenhang zwischen domänenübergreifenden Fähigkeiten und dem jeweiligen Selbstkonzept. Die folgende Studie untersucht deshalb die Prädiktoren eines domänenübergreifenden Selbstkonzepts am Beispiel des Problemlöseselbstkonzepts anhand des internal/external frame of reference Modells (Möller, Retelsdorf, Köller, & Marsh, 2011). Unter anderem sagt dieses Modell positive Zusammenhänge zwischen domänennahen Fähigkeiten und Selbstkonzepten (z.B. Problemlösefähigkeit sollte positiv mit dem mathematischen Selbstkonzept zusammenhängen) und negative Zusammenhänge zwischen domänenfernen Fähigkeiten und Selbstkonzepten vorher (z.B. Problemlösefähigkeit sollte negativ mit dem verbalen Selbstkonzept zusammenhängen). Fragestellung: Es wurden gemäß des Modells Zusammenhänge zwischen der Problemlösefähigkeit und dem Problemlöseselbstkonzept, Reasoning sowie die erwartete Mathe- und Deutschleistung überprüft. Zusätzlich wurden die Zusammenhänge zwischen dem Problemlöseselbstkonzept und dem mathematischen sowie dem verbalen Selbstkonzept getestet. Methode: An der Studie nahmen 545 Schülern unterschiedlicher Schulformen teil (M = 14,56 Jahre, SD = 0.62, ca. 54% Mädchen). Reasoning wurde anhand des Culture Fair Test 20-R erhoben, die komplexe Problemlösefähigkeit anhand von computerbasierter Mikrowelten (MicroDYN). Das Problemlöse-, mathematische und verbale Selbstkonzept wurden mit der deutschen Version der Self-Description Questionnaire III (SDQ III) erfasst. Ergebnisse: Strukturgleichungsmodelle ergaben nach Kontrolle der hierarchischen Datenstruktur, dass, so wie das internal/external frame of reference Modell vorhersagt, die Problemlösefähigkeit mit dem Problemlöse- sowie dem mathematischen Selbstkonzept zusammenhängt. Ähnlich wie die Problemlösefähigkeit, war auch Reasoning sowie die erwartete Mathenote ein signifikanter Prädiktor der Problemlöse- wie auch des mathematischen Selbstkonzepts, aber nicht des verbalen Selbstkonzepts. Die erwartete Deutschnote stand nicht im Zusammenhang mit dem Problemlöseselbstkonzept, war aber ein signifikanter Prädiktor des verbalen und des mathematischen Selbstkonzepts. Diskussion: Die Studie ist eine querschnittlich angelegte Studie zur Entstehung domänenübergreifender Selbstkonzepte. Um die Entstehung und Entwicklung von domänenübergreifenden Selbstkonzepten zu verstehen, sind Längsschnittstudien nötig. Dennoch gibt die Studie einen ersten Hinweis auf die mögliche Bedeutung domänenübergreifender Fähigkeiten für die Entstehung domänenübergreifende Selbstkonzepte. Sie bestätigt das internal/external frame of reference Modell indem sie auf positive Zusammenhänge zwischen der Problemlösefähigkeit und domänennahen (Problemlöseselbstkonzept, mathematisches Selbstkonzept) und negative Zusammenhänge zu domänenfernen Selbstkonzepten hindeutet (verbales Selbstkonzept). ID: 409 / A 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: Hausaufgaben, Motivation, Erwartungs-Wert-Theorie, Interventionsstudie Wie kann die Motivation von Schülerinnen und Schülern für ihre Hausaufgaben gesteigert werden? Effekte einer fachspezifischen Nützlichkeitsintervention Barbara Flunger1, Isabelle Häfner1, Hanna Gaspard1, Brigitte Brisson1, Anna-Lena Dicke2, Benjamin Nagengast1, Ulrich Trautwein1 1 Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, Eberhard Karls Universität Tübingen; 2University of California, Irvine Hausaufgaben werden von Schülerinnen und Schülern nicht immer zwangsläufig als interessant erlebt. So können Hausaufgaben auch negative Emotionen hervorrufen (z.B., Dettmers et al., 2011) und mit Motivationsverlust einhergehen (Warton, 2001). Hausaufgaben sollen u.a. den Zweck erfüllen, Schülerinnen und Schülern zuhause eine zusätzliche Übungsmöglichkeit des Lernstoffs zu geben und dadurch ihre Schulleistungen zu fördern (Cooper, 1989; Trautwein, Köller, Schmitz, & Baumert, 2002). Zahlreiche Studien weisen jedoch nach, dass geringe Motivation für die Hausaufgaben in wenig sorgfältiger Hausaufgabenerledigung münden kann, wodurch letztendlich auch die erhoffte Leistungssteigerung ausbleibt (Trautwein & Lüdtke, 2009; Trautwein, Lüdtke, Schnyder, & Niggli, 2006). Eine zentrale Frage innerhalb der Hausaufgabenforschung besteht also darin, wie sich die Motivation und die Anstrengungsbereitschaft von Schülerinnen und Schülern bei der Hausaufgabenerledigung verbessern lassen. Durch welche Maßnahmen könnte bei Schülerinnen und Schülern die Motivation für die Hausaufgaben gesteigert werden? Die Motivation für Hausaufgaben kann auf Grundlage der Erwartungs-Wert-Theorie (Eccles et al., 1983) definiert werden. Nach der Erwartungs-Wert Theorie (Eccles et al., 1983) werden vier Wertüberzeugungen unterschieden, die das Engagement von Schülerinnen und Schülern bei der Bearbeitung von Hausaufgaben beeinflussen können: intrinsischer Wert, Wichtigkeit, Nützlichkeit, und wahrgenommene Kosten. Interventionsstudien, die explizit bei den Wertüberzeugungen von Schülerinnen und Schülern bezüglich ihrer Hausaufgaben angesetzt haben, fehlen bisher. Jedoch wurden basierend auf der Erwartungs-Wert-Theorie (Eccles et al., 1983) effektive Ansätze zur Motivationssteigerung entwickelt (Harackiewicz, Tibbetts, Canning, & Hyde, 2014; Hulleman & Harackiewicz, 2009). In den bisherigen Interventionsstudien wurden Interventionen zur Förderung der Nützlichkeitswahrnehmung angewendet (z.B. Harackiewicz, Rozek, Hulleman & Hyde, 2012). Dabei wurde insbesondere die Relevanz von bestimmten Fähigkeiten, die in einem Fach oder Kurs vermittelt wurden, für das Leben der Schülerinnen und Schüler betont. Diese Nützlichkeitsinterventionen erwiesen sich tatsächlich als effektiv darin, die Wertüberzeugungen und das Interesse bezüglich spezifischer Schulfächer zu steigern. Allerdings bleibt ungeklärt, ob Interventionen, die an der fachspezifischen Nützlichkeitsüberzeugung ansetzen, auch positive Effekte auf die Motivation bei der Hausaufgabenerledigung in diesem Fach haben können. Ausgehend hiervon geht die vorliegende Studie der Frage nach, ob eine Intervention zur Förderung der Nützlichkeitswahrnehmung im Fach Mathematik die wahrgenommenen Wertüberzeugungen sowie das Interesse und die Anstrengungsbereitschaft auch in Bezug auf die Hausaufgaben im Fach Mathematik steigern kann. Um die Motivation von Schülerinnen und Schülern bei der Hausaufgabenerledigung zu evaluieren, wurden Tagebuchdaten herangezogen. Die Studie basiert auf einer Stichprobe von 82 Klassen der 9. Jahrgangsstufe aus 25 Gymnasien in Baden-Württemberg, die an einer Interventionsstudie teilnahmen, in der die Nützlichkeitswahrnehmung von Schülerinnen und Schüler für Mathematik gefördert wurde (siehe z.B. Gaspard et al., 2015). Die teilnehmenden Klassen wurden randomisiert einer von zwei Interventionsbedingungen oder einer Wartekontrollgruppe zugewiesen. Die Schülerinnen und Schüler in den Interventionsbedingungen nahmen an einer doppelstündigen Unterrichtseinheit zur Nützlichkeit der Mathematik teil. Daraufhin verfassten die Schülerinnen und Schüler einen Text zur persönlichen Bedeutung der Mathematik (Textbedingung) oder bewerteten Interviewzitate zur Nützlichkeit von Mathematik (Zitatebedingung). Vor der Intervention (Prätest) wurde von insgesamt 1978 Schülerinnen und Schüler (53.6% weiblich) per Fragebogen das generelle Interesse, die Wertüberzeugungen, die Selbstwirksamkeit sowie die Anstrengungsbereitschaft in Bezug auf Hausaufgaben erfasst. Nach der Intervention bearbeiteten die Schülerinnen und Schüler vier Wochen lang ein Hausaufgaben-Lernportfolio, in dem sie täglich zu ihren Wertüberzeugungen, Kompetenzerleben, Situationalem Interesse (Catch- und Hold-Komponente) und ihrer Anstrengungsbereitschaft bei den Hausaufgaben befragt wurden. Die Interventionseffekte wurden anhand der Modellierung von Latenten Wachstumskurven unter Kontrolle der Prätest-Maße analysiert. Die Ergebnisse dieser Analysen zeigten positive Effekte der Textbedingung auf das Situationale Interesse (Catch-Komponente) der Schülerinnen und Schüler bei den Hausaufgaben. In der Zitatebedingung konnte bezüglich der Hausaufgaben ein positiver Effekt auf die Anstrengungsbereitschaft, das Situationale Interesse (Hold-Komponente) und die wahrgenommene Nützlichkeit der Hausaufgaben gefunden werden. Demnach können fachspezifische Nützlichkeitsinterventionen eine Maßnahme darstellen, motivationale Probleme von Schülerinnen und Schülern bei den Hausaufgaben zu verringern. ID: 417 / B 16 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Sonstiges Stichworte: Kompostionseffekte, Unterrichtsprozesse, Mehrebenenmediationsmodelle Unterrichtmerkmale als Mediatoren von Klassenkompositionseffekten Christoph Weber1, Horst Biedermann2 1 Pädagogische Hochschule OÖ, Österreich; 2Universität Salzburg, School of Education, Österreich Auf die Mitschüler/innen kommt es an? – diese Frage hat insbesondere seit der Fokussierung auf internationale und nationale Vergleichsstudien („Large-Scale-Assessments“) wiederum deutlich an Interesse im Bereich der empirischen Bildungsforschung gewonnen. Dabei interessiert, inwieweit sich die Zusammensetzung der Schüler/innen (was mit Komposition zum Ausdruck gebracht wird) auf deren Leistungen auswirkt und wie dies erklärt werden kann. Während die Effekte unterschiedlicher Schulbzw. Klassenkompositionsmerkmale (so z.B. der sozio-ökonomische Hintergrund, der kulturelle Hintergrund oder das Fähigkeitsniveau) auf Schüler/innenleistungen empirisch weitgehend gut dokumentiert sind (u.a. Dumant, Neumann, Maaz & Trautwein, 2013), ist die empirische Befundlage zu den Mechanismen zur Erklärung von Kompositionseffekten noch dünn. Neben Mechanismen wie der normativen Kultur der Schülergruppe und der Elternschaft sowie der sozialen Vergleichsprozesse der Schüler/innen werden Klassenkompositionseffekte in der Literatur insbesondere dadurch erklärt, dass die Kompositionsmerkmale auf Unterrichtsrealisierungen der Lehrperson wirken, die in der weiteren Folge die Leistungen der Schüler/innen determinieren (u.a. Baumert, Stanat & Watermann, 2006; Dreeben & Bar, 1988; Rjosk, Richter, Hochweber, Lüdtke & Klieme, 2014). In diesem Beitrag wird dieser – noch wenig empirisch abgestützten – Vermutung der Mediation von Kompositionseffekten durch Unterrichtsrealisierungen datengestützt nachgegangen. Konkret interessiert in einem ersten Schritt, welche Klassenkompositionsmerkmale (Anteil Schüler/innen mit nichtdeutscher Alltagssprache, durchschnittlicher Sozialstatus, durchschnittliche kognitive Leistungsfähigkeit (gemessen durch den KFT, Heller & Perleth, 2000) bei simultaner Betrachtung einen Effekt auf die Leistung in Deutsch (D) und Mathematik (M) aufweisen. In einem zweiten Schritt wird danach der Frage nachgegangen, ob etwaige Kompositionseffekte durch Unterrichtsmerkmale vermittelt werden. Als Datenbasis dient die Evaluation der österreichischen Neuen Mittelschule (9397 Schüler/innen der 8. Schulstufe aus 472 Klassen und 172 Schulen; Eder, Altrichter, Hofmann & Weber, 2015). Die Analysen wurden mit der Software MPlus durchgeführt. Auf Basis von Zweiebenenmodellen zeigt sich, dass bei simultaner Betrachtung nur das durchschnittliche Leistungsniveau einen Effekt auf die Leistungen der Schüler/innen aufweist (Deutsch und Mathematik). Mehrebenenmediationsmodelle unter Verwendung des doubly latent Ansatzes (u.a. Morin, Marsh, Nagengast & Scalas, 2014) zur Messung der Unterrichtsmerkmale (Mediatoren) weisen darauf hin, dass die Effekte der kognitiven Leistungskomposition teilweise durch Unterrichtsmerkmale vermittelt werden. Signifikante indirekte Effekte der Leistungskomposition ergeben sich u.a. über einen Mangel an Struktur und Ordnung im Unterricht (D, M), eine positive Klassenführung (D) und über einen frustrierenden Unterricht (D). Im Rahmen des Beitrags werden die theoretische Grundlagen und empirischen Analysen dargestellt und die Ergebnisse bezüglich möglicher bildungspolitischer Konsequenzen reflektiert. ID: 419 / E 03 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematischnaturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Wissenschaftliches Denken, Naturwissenschaften, Conceptual Change, Grundschule Der Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Denken und konzeptuellem Wissen in der Grundschule Steffen Tröbst1, Judith Pollmeier1, Ilonca Hardy2, Daniela Mayer3, Christopher Osterhaus4, Thilo Kleickmann1, Kornelia Möller5, Susanne Koerber4, Beate Sodian6 1 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland; 2Goethe-Universität Frankfurt/Main; 3Staatsinstitut für Frühpädagogik München; 4Pädagogische Hochschule Freiburg; 5Westfälische Wilhelms-Universität Münster; 6Ludwig-Maximilians-Universität München Fachdidaktische Konzeptualisierungen des Kompetenzerwerbs in den Naturwissenschaften unterscheiden inhaltsunspezifisches Wissen über die Naturwissenschaften und ihre Wege der Erkenntnisgewinnung von inhaltspezifischem konzeptuellen Verständnis naturwissenschaftlicher Sachverhalte (e.g., Bybee, 1997). Diese normative Unterscheidung zweier Kompetenzaspekte von scientific literacy findet eine Parallele in der Unterscheidung zwischen prozeduralem wissenschaftlichen Denken und deklarativem konzeptuellen Wissen in der kognitiven Entwicklungspsychologie. Es ist naheliegend anzunehmen, vor allem mit Blick auf Formen forschenden Lernens, dass wissenschaftliches Denken den Erwerb konzeptuellen Wissens infolge einer verbesserten Nutzung von Lerngelegenheiten unterstützt. Vor diesem Hintergrund betrachteten wir die Bedeutung wissenschaftlichen Denkens für die Vorhersage konzeptuellen Wissens in einer Querschnittstudie mit 1915 Zweit-, Dritt- und Viertklässlern in 87 Schulklassen. Neben der Betrachtung des einfachen Zusammenhangs zwischen wissenschaftlichem Denken und konzeptuellem Wissen in Form eines Haupteffekts wissenschaftlichen Denkens auf konzeptuelles Wissen erkundeten wir, ob wissenschaftliches Denken und die Konfrontation mit Lerngelegenheiten in ihrer Relevanz für konzeptuelles Wissen interagierten. Die teilnehmenden Kinder bearbeiteten sowohl einen Test zum naturwissenschaftlichen Denken (Koerber, Mayer, Osterhaus, Schwippert, & Sodian, 2014), unserem zentralen Prädiktor, als auch Tests zum konzeptuellen Wissen über Schwimmen und Sinken sowie zum konzeptuellen Wissen über Verdunstung und Kondensation, unseren beiden abhängigen Variablen. Wir kalibrierten diese drei Tests unter Nutzung des einfachen Rasch-Modells. Darüber hinaus erfassten wir sechs Kovariaten: fluide Intelligenz, Lesefähigkeit, Interesse an Sachunterricht, Geschlecht, sozioökonomischer Status und Migrationshintergrund. Wir verfügten über zwei Proxy-Variablen für die Begegnung der Kinder mit relevanten Lerngelegenheiten. Dies waren Jahrgangsstufe und Lehrerangaben zu einschlägigem Unterricht. Wir nutzten das R-Paket mice zur multiplen Imputation fehlender Werte (van Buuren & Groothuis-Oudshoorn, 2011). Wir führten vier Reihen von Mehrebenenanalysen durch, welche sich aus der systematischen Kombination der beiden abhängigen Variablen mit den beiden Proxy-Variablen für Lerngelegenheiten ergaben. Wir begannen jede Reihe mit einem Basismodell, welches lediglich die Haupteffekte für wissenschaftliches Denken und für die betroffene Proxy-Variable für Lerngelegenheiten sowie den zugehörigen Interaktionsterm enthielt. Danach schätzten wir Modelle, welche zusätzlich jeweils eine der potentiell relevanten Kovariaten einbezogen. Schließlich beendeten wir jede Serie von Mehrebenenanalysen mit der Schätzung eines Models, welches simultan alle Kovariaten einschloss. In diesen Analysen erkundeten wir die Robustheit der in den Basismodellen gefundenen Effekte. Wir explorierten, ob die Kovariaten den potentiellen Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Denken und konzeptuellem Wissen erklärten. Zur Prüfung der Annahme, dass wissenschaftliches Denken den Erwerb konzeptuellen naturwissenschaftlichen Wissens befördert, betrachteten wir den Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Denken und konzeptuellem Wissen für einen großen querschnittlichen Datensatz deutscher Grundschulkinder. In einer Art Kreuzvalidierung prüften wir den Zusammenhang in zwei Inhaltsgebieten, Schwimmen und Sinken sowie Verdunstung und Kondensation. In beiden Inhaltsgebieten fanden wir einen substanziellen Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Denken und konzeptuellem Wissen, welcher nicht unmittelbar durch die Berücksichtigung weiterer Kovariaten erklärt werden konnte. In Hinblick auf die Interaktion zwischen wissenschaftlichem Denken und Lerngelegenheiten waren die Befunde jedoch weniger eindeutig. Im Inhaltsgebiet Schwimmen und Sinken förderten unsere Auswertungen eine statistisch signifikante Interaktion zwischen wissenschaftlichem Denken und Jahrgangsstufe zutage, welche allerdings bei simultanem Einbezug aller Kovariaten nicht mehr auftrat. Bezüglich der Lehrerangabe zum einschlägigen Unterricht entdeckten wir darüber hinaus nur zwei statistisch marginal signifikante Interaktionen bei der Vorhersage des Wissens über Schwimmen und Sinken. Im Inhaltsgebiet Verdunstung und Kondensation erhielten wir einige statistisch marginal signifikante Interaktionen zwischen wissenschaftlichem Denken und Jahrgangsstufe sowie keinerlei signifikante Interaktionen zwischen wissenschaftlichem Denken und einschlägigem Unterricht. In der Gesamtschau belegen unsere Auswertungen einen nicht-trivialen Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Denken und konzeptuellem Wissen bei Kindern im Grundschulalter. Möglicherweise unterstützt wissenschaftliches Denken die Nutzung von Lerngelegenheiten zum Erwerb konzeptuellen Wissens. Die Aussagekraft unserer Untersuchung wird allerdings von den herkömmlichen Limitierungen einer Querschnittstudie begrenzt. Zukünftige längsschnittliche und experimentelle Studien sind daher notwendig, um die mögliche Kausalität des wissenschaftlichen Denkens für den Aufbau konzeptuellen Wissens zu prüfen. ID: 421 / E 14 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Ökonomie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Ökonomie und Bildung Stichworte: Kompetenzentwicklung, nachhaltiges Wirtschaften, Kompetenzmessung Divergente Theorien zum nachhaltigen Wirtschaften: Analyse von Kompetenzentwicklungen zum nachhaltigen Wirtschaften kaufmännischer Auszubildender durch unterschiedliche Scoringmodelle im Leistungstest Christian Michaelis Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland Trotz langem Diskurs sowie normativen Forderungen der Vereinten Nationen (vgl. UNCED, 1992) über Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), erfolgten bisher nur wenige curriculare Implikationen und empirische Analysen in der kaufmännischen Berufsausbildung. Gründe hierfür liegen unter anderem in unterschiedlichen, zum Teil divergenten, Annahmen zum nachhaltigen Wirtschaften und damit zusammenhängend der Frage welchen Nachhaltigkeitsansätzen die kaufmännische Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) folgen sollte? Illge und Schwarze (2009, S. 595) identifizieren als Ergebnis einer Clusteranalyse von 196 Ökonomieexperten, die sich mit nachhaltigkeitsrelevanten Themen auseinandersetzen, eine 2-Cluster-Lösung, in der sich ökologische von neoklassischen Umweltökonomen unterscheiden. Während erstere ein so genanntes starkes Nachhaltigkeitsverständnis verfolgen, und die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit priorisieren, stehen in der neoklassischen Umweltökonomie nutzentheoretische Annahmen im Vordergrund, die sich zudem stärker an bestehenden Marktmechanismen orientieren. Aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive gelten hier steigende Grenzerträge zu Gunsten des ökonomischen Erfolgs erst ab und nur bis zu einem bestimmten Erzielungsgrad an Umweltschutz als realistisch (Schaltegger & Synnestvedt, 2002). Ausgehend von unterschiedlichen Nachhaltigkeitsprämissen, die für kaufmännische Entscheidungen diskutiert werden können, zielt dieser Beitrag auf die Analyse zweier unterschiedlicher Scoringansätze zum nachhaltigen Wirtschaften für einen Situational Judgement Test (SJT) im Rahmen der Messung von Kompetenzen und deren Entwicklung in der kaufmännischen Berufsausbildung ab. Im Rahmen des SJT, der der KONWIKA-Studie entstammt (Seeber & Fischer, 2011), wird an erster Stelle eine Handlung für ein betriebliches Problem empfohlen und anschließend begründet. Aufgrund offener Begründungsfelder, ermöglicht dieses Instrument die Kategorisierung nach ökonomischen sowie ökologisch/sozialen Aspekten. Den ScoringAnsätzen gemein ist die Voraussetzung einer realistischen nachhaltigkeitsorientierten kaufmännischen Handlungsentscheidung. Das erste Scoring basiert auf der betriebswirtschaftlichen Annahme, dass eine nachhaltige Entwicklung an erster Stelle kaufmännische Vorteile, aber auch für die ökologisch/soziale Dimension der Nachhaltigkeit Vorteile erzielen soll. Dazu wird ein Partial-Credit-Modell (Masters, 1982) verwendet, in dessen Rahmen zwei Punkte für Argumentationen vergeben werden, die kaufmännische aber auch ökologisch/soziale Gründe explizieren. Eindimensionale Begründungen (kaufmännisch oder ökologisch/sozial) werden mit einem Punkt berücksichtigt. Das zweite Scoring basiert auf der Hervorhebung der ökologischen Nachhaltigkeitsdimension. Auszubildende, die explizit ökologische Gründe verbalisieren, erhalten einen Punkt. Diesem ScoringAnsatz liegt eine dichotome Bewertung zu Grunde. Die Daten (N=218) resultieren aus einem längsschnittlichen Erhebungsdesign im Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Spedition und Logistikdienstleistungen mit 3 Messzeitpunkten. Der Ausbildungsberuf wurde gewählt, da Nachhaltigkeitsthemen in der Logistikbranche an zunehmender Bedeutung gewinnen werden (Bretzke & Barkawi, 2010). Zur Diagnostik der Kompetenzentwicklung im Ausbildungsverlauf erfolgten die Befragungen direkt zu Beginn der Berufsausbildung (t1) sowie jeweils ein Jahr später beim Übergang in das zweite (t2) und dritte Ausbildungsjahr (t3). Zur Messung der Kompetenzentwicklung umfasst der SJT zu jedem Messzeitpunkt zehn Items mit 5 identischen Ankeritems zwischen den Messzeitpunkten. Die Auswertung erfolgt über eine mehrdimensionale Raschskalierung (EAP-PV-Rel.: Scoring1: .518 (t1) .680 (t2) .709 (t3); Scoring2: .471 (t1) .591 (t2) .621 (t3)). Die Analyse der Kompetenzentwicklung (auf Basis der wle‘s) erfolgt anschließend unter Kontrolle von soziodemografischen, kognitiven und motivationalen Faktoren, wahrgenommener Wert- und Normorientierungen sowie formaler und informeller Lerngelegenheiten mittels latenter Wachstumskurvenmodellen (Scoring1: CFI .984, RMSEA .035; Scoring2: CFI .968, RMSEA .038). Unabhängig des Scorings zeigt sich eine verschlechternde Performanz der Auszubildenden im SJT im Ausbildungsverlauf. Deskriptive Analysen sowie das zweite Scoring verdeutlichen zur Erklärung dieses Effektes eine abnehmende ökologische Argumentation im Ausbildungsverlauf. Der intercept wird für beide Scoringmodelle besonders durch deklaratives Wissen erklärt. Die Erklärungsfaktoren der Kompetenzentwicklung zeigen unter anderem für das Scoringmodell 1, dass Auszubildende einen Kompetenzerwerb erfahren, wenn in ihrem Ausbildungsbetrieb wirtschaftliche Aspekte eine hohe Bedeutung einnehmen. Hingegen erzielen Auszubildende unter anderem einen Kompetenzerwerb im Scoringmodell 2, wenn Ausbildungsbetriebe ökologischen Aspekten explizit einen hohen Stellenwert einräumen. Obwohl die Reliabilitätswerte des zweiten Scorings deutlich messfehlerbehafteter erscheinen, stellt sich neben der messtheoretischen die inhaltliche Frage, welchem Scoringansatz eine BBNE folgen sollte und wird abschließend diskutiert. ID: 422 / A 01 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Inklusion Stichworte: Inklusion, schulische Kompetenzen, Motivation, soziale Integration, Primarstufe Auswirkungen des gemeinsamen Unterrichts auf Kinder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf Aleksander Kocaj, Poldi Kuhl, Petra Stanat Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, Deutschland Im Zuge der schulischen Inklusionsbemühungen werden Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) zunehmend gemeinsam mit Kindern ohne SPF an Regelschulen unterrichtet. Die möglichen Folgen gemeinsamen Unterrichts sind umstritten: Auf der einen Seite wird befürchtet, dass Kinder ohne SPF durch die Anwesenheit von Kindern mit SPF in der Klasse in ihrer schulischen Entwicklung beeinträchtigt werden könnten. So wird angenommen, dass Kinder mit SPF in Regelklassen mehr Aufmerksamkeit der Lehrkräfte in Anspruch nehmen und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne SPF daher weniger Unterstützung erhalten (Gottfried, 2014). Außerdem könnten die Lehrkräfte das Anspruchsniveau und Unterrichtstempo an Kinder mit SPF anpassen, was sich negativ auf die schulischen Kompetenzen und die Motivation von Kindern ohne SPF auswirken dürfte (Ruijs, Van der Veen, & Peetsma, 2010). Auf der anderen Seite wird vermutet, dass sich der gemeinsame Unterricht positiv auf die schulische Entwicklung von Schülerinnen und Schülern mit SPF auswirkt (Kocaj, Kuhl, Kroth, Pant, & Stanat, 2014). Zudem wird argumentiert, dass in inklusiven Klassenräumen verstärkt binnendifferenzierende, adaptive Unterrichtsmethoden eingesetzt werden, von denen auch Kinder ohne SPF profitieren sollten (Ruijs, Van der Veen, & Peetsma, 2010). Und schließlich könnten Heranwachsende ohne SPF durch kooperative Lernformen eigene Wissensstände festigen und somit im Hinblick auf ihren eigenen schulischen Kompetenzerwerb von der Heterogenität der Lerngruppe profitieren. Vor dem Hintergrund dieser Diskussionen wird im vorliegenden Beitrag der Frage nachgegangen, wie sich der gemeinsame Unterricht auf Kinder ohne SPF auswirkt. Dabei wird zudem geprüft, ob sich differenzielle Befundmuster für die untersuchten Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung zeigen. Datengrundlage war die 2011 durchgeführte Ländervergleichsstudie des IQB am Ende der vierten Jahrgangsstufe (Stanat, Pant, Böhme, & Richter, 2012), wobei der Fokus in der vorliegenden Untersuchung auf der Teilstichprobe der Kindern ohne SPF liegt (N = 25169 aus n = 1292 Klassen, durchschnittliches Alter: 10.43 Jahre, SD = 0.49, 50% Mädchen). Davon hatten N = 7454 Kinder mindestens eine Mitschülerin bzw. einen Mitschüler mit einem SPF in den Bereichen Lernen (N = 450), Sprache (N = 192) oder emotionale und soziale Entwicklung (N = 258). In den Analysen wurden Unterschiede zwischen Integrationsklassen (Anwesenheit von mindestens einem Kind mit SPF) und Regelklassen (keine Kinder mit SPF in der Klasse) in den schulischen Kompetenzen (Lesen, Zuhören, Mathematik), in der schulischen Motivation (Lernfreude, Langeweile, akademisches Selbstkonzept Deutsch und Mathematik) und in der sozialen Integration untersucht. Die Schätzung möglicher Effekte des gemeinsamen Unterrichts auf Kinder ohne SPF erfolgte mit Mehrebenenanalysen, wobei eine Reihe von zentralen Kovariaten auf Schülerebene (Geschlecht, Alter, sozialer Hintergrund, höchste Bildungsabschluss der Eltern, Zuwanderungshintergrund, kognitive Grundfähigkeiten) und Klassenebene (kognitive Grundfähigkeiten, sozialer Hintergrund, Klassengröße) berücksichtigt wurden. Insgesamt sprechen die Befunde nicht dafür, dass die gemeinsame Beschulung von Kindern mit SPF und Kindern ohne SPF allgemein mit negativen Auswirkungen für Kinder ohne SPF verbunden ist. Allerdings ergaben sich Hinweise darauf, dass die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung mit Herausforderungen für Kinder ohne SPF verbunden sein könnten. Hier wiesen Kinder ohne SPF in Integrationsklassen niedrigere Mathematikleistungen auf als Kinder ohne SPF in Regelklassen und berichteten zudem weniger Lernfreude und mehr Langeweile. Die negativen Effekte für diesen Förderschwerpunkt waren jedoch klein (ES2 zwischen –0.07 und –0.11 nach Tymss, 2004). Dieses Befundmuster spricht für die Annahme, dass Verhaltensauffälligkeiten der Kinder mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung zu Störungen im Unterricht führen, die das Unterrichtserleben der Mitschülerinnen und Mitschüler beeinflussen (Gottfried, 2014). In weiterführenden Analysen soll geprüft werden, ob sich die Effekte der gemeinsamen Beschulung für leistungsschwächere und leistungsstärkere Kinder ohne SPF unterscheiden. ID: 423 / E 03 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Unterrichtsqualität, Rating, Video, Perspektiven, Unterrichtsminiaturen Unterrichtsqualität angehender Physiklehrkräfte: Zusammenhänge von Schüler-, Peer- und Videobeobachterratings zu Unterrichtsminiaturen Marvin Krüger, Friederike Korneck, Lars Oettinghaus, Mareike Kunter Goethe-Universität Frankfurt Theoretischer Hintergrund Als besonders bedeutsam für das erfolgreiche Lernen von Schüler(innen) erwiesen sich Aspekte des Unterrichts, die in den Tiefenstrukturen liegen (Seidel & Shavelson, 2007). In diesem Bereich lassen sich die drei Basisdimensionen von Unterrichtsqualität „Klassenführung“, „kognitive Aktivierung“ und „konstruktive Unterstützung“ verorten, die ein theoretisches wie empirisches Rahmenmodell für die Beschreibung qualitätsvoller Unterrichtsprozesse darstellen (Klieme et al., 2006; Kunter & Voss, 2011). Mögliche Perspektiven auf Unterrichtsqualität sind z. B. die Befragung von Schüler(inne)n oder Lehrkräften sowie die Einschätzung durch externe (Video-)beobachter. Diese grundsätzlich geeigneten Zugänge weisen spezifische Vor- und Nachteile auf (Clausen, 2002), weshalb eine Triangulation mehrerer Perspektiven sinnvoll erscheint. Bisherige Studien zu der damit einhergehenden Frage, wie die genannten Perspektiven auf Unterrichtsqualität zusammenhängen, kommen zu heterogenen Befunden, stimmen jedoch in der Erkenntnis überein, dass Zusammenhänge nur in bestimmten Konstellationen und geringem Maße gefunden werden konnten (z. B. Clausen, 2002; Kunter & Baumert, 2006; Waldis et al., 2010). Fauth et al. (2014) können beispielsweise zwischen Schüler- und Beobachterperspektive, die allgemein am häufigsten zur Erhebung von Unterrichtsqualität eingesetzt werden, nur für die Klassenführung einen signifikanten Zusammenhang nachweisen. Eine mögliche Schlussfolgerung ist die Notwendigkeit zur perspektivenspezifischen Konzeptualisierung von Unterrichtsqualität. Dieser Beitrag untersucht demgegenüber die Möglichkeit einer Annäherung der Perspektiven durch Egalisierung des Beurteilungszeitraums und der eingesetzten Instrumente. Dazu werden in komplexitätsreduzierten Unterrichtssituationen die Beurteilungen von Schüler(inne)n, anderen angehenden Lehrpersonen (Peers) sowie Ratings von Videobeobachtern erhoben. Fragestellung Welche Zusammenhänge existieren zwischen den Einschätzungen von unterrichteten Schüler(inne)n, hospitierenden Peers sowie externen Videobeobachtern bezüglich der drei Basisdimensionen von Unterrichtsqualität im miniaturisierten Unterricht angehender Physiklehrkräfte? Design und Methode Die vorliegende Studie erfasst Unterrichtsqualität angehender Physiklehrkräfte durch eine Erhebung im Rahmen 12-minütiger, abgeschlossener Unterrichtsminiaturen, welche in einer studiengang- und phasenübergreifenden fachmethodischen Lehrveranstaltung von den Teilnehmer(inne)n eigenständig entwickelt werden und in deren Mittelpunkt jeweils ein einzelnes physikalisches Freihandexperiment steht (Korneck et al., 2015). Der Unterricht findet an kooperierenden Gymnasien und Gesamtschulen mit Klassen der Sekundarstufe I statt. Die Lehrkräfte sind Studierende des Haupt-/Realschul- sowie des gymnasialen Lehramts im Hauptstudium und gymnasiale Lehrkräfte im ersten Modul des Vorbereitungsdienstes. Die Stichprobe umfasst 84 Lehrkräfte, die jeweils zwei Unterrichtsminiaturen gestalteten. Jede Sequenz wird von durchschnittlich zehn Peers und zwölf Schüler(inne)n anhand vierstufig Likert-skalierter Fragebögen bewertet, mit denen insgesamt 22 Items zu den drei Dimensionen Klassenführung, kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung erhoben werden. Diese stammen von der COACTIV-Studie (Baumert et al., 2009) und wurden an das Setting sowie die zweiminütige Erhebungsdauer adaptiert. Fünf Videobeobachter beurteilen die Sequenzen zudem im Nachgang anhand eines speziell entwickelten Ratingmanuals, das unter anderem die Items des Schüler- bzw. Peerfragebogens enthält (Szogs et al., eingereicht). Die explizit parallele Formulierung der Instrumente für alle Perspektiven ermöglicht daher die Untersuchung der Perspektivzusammenhänge bei identischer Operationalisierung, zudem führt das dargestellte Setting zu einem identischen Beurteilungszeitraum. Das Videomanual erlaubt bei Berücksichtigung der darin zusätzlich enthaltenen 118 Items bzw. der insgesamt 18 erfassten Subdimensionen von Unterrichtsqualität außerdem einen Vergleich zu einer umfassenderen Operationalisierung. Ergebnisse und Diskussion Die Ratings werden auf Ebene der Lehrkräfte durch die Bildung von Durchschnittsscores zu den drei Dimensionen aggregiert. Die damit berechnete Multitrait-Multimethod-(Korrelations-)Matrix erlaubt den direkten Vergleich der drei Perspektiven und zeigt substantielle, signifikant abgesicherte, Übereinstimmungen aller Perspektiven zu den drei untersuchten Dimensionen der Unterrichtsqualität im mittleren bis hohen Bereich. Hospitierende Peers, also angehende Physiklehrkräfte im Hauptstudium oder Vorbereitungsdienst, scheinen dabei besonders nah an den Videobeobachtern zu liegen und erweisen sich damit für die Erhebung von Unterrichtsqualität im vorliegenden Setting als besonders geeignet, da sie Vorteile der Schülerperspektive – hohe Reliabilität durch Aggregation und ökonomischer Einsatz – mit denen der Beobachterperspektive – hohe Objektivität und Validität durch didaktisch-methodische Expertise – vereinen. ID: 424 / A 13 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Sonderpädagogik Thematisches Cluster: Inklusion, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Heterogenität, Lehrerbildung, Kompetenzorientierung, Vignettentest Mit Heterogenität kompetent umgehen – ein Beitrag der Lehrerbildung zum Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern Eva-Kristina Franz, Albrecht Wacker, Vera Heyl Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutschland Problemaufriss Der kompetente Umgang mit Heterogenität wird – insbesondere nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland – als Gelingensfaktor schulischer Bildungsprozesse diskutiert. Unter der Prämisse eines gemeinsamen Unterrichts aller Kinder erscheinen etablierte Konzepte der Differenzierung aktuell dafür nicht mehr ausreichend. Studien zum Erwerb beruflicher Handlungskompetenz im Umgang mit Heterogenität bei Lehrkräften stellen diesbezüglich ein Forschungsdesiderat dar. Theoretischer Hintergrund Der Umgang mit Heterogenität manifestiert sich stets in Bezug zu einem von Lehrkräften als bedeutsam bewerteten Merkmal oder einer Merkmalskonfiguration wie Herkunft, Geschlecht oder individuellen Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern. Als Teilausschnitt des Shulmanschen Pedagogical Knowledge (Shulman 1986) konzeptualisieren Voss und Kunter (2011) den Umgang mit Heterogenität als ein Wissen über effektive Klassenführung, über Unterrichtsmethoden, über Leistungsbeurteilung, über das „Wie“ des Schülerlernens sowie über individuelle Unterschiede und die daraus resultierenden Anforderungen an Lehrkräfte. Ähnlich erfassen auch König und Blömeke (2009) in der TEDS-M-Studie den Umgang mit Heterogenität als übergreifenden Wissensbereich. Stärker auf die unterrichtspraktische Performanz bezogen und damit über reine Wissenselemente hinausweisend ist der Ansatz des adaptive teaching (Corno und Snow 1986; Beck et al. 2010). Im Kontext der in einem inklusiven Bildungssystem zu erwartenden Heterogenität der Schülerschaft erscheint die theoretische Modellierung und empirische Überprüfung der damit verbundenen Kompetenzen von Lehrkräften angezeigt und bedeutsam. Im Hinblick auf bedeutsame Bedingungsfaktoren eines kompetenten Umgangs mit Heterogenität kann angenommen werden, dass die Einstellung zu Inklusion einen Effekt auf die Performanz von Lehrkräften in heterogenen Gruppen evoziert (Miller 2013). Darüber hinaus lassen sich Studienwahlmotive, die eigene Fähigkeitsüberzeugung sowie die praktische Erfahrung als relevante Kovariaten des kompetenten Umgangs mit Heterogenität aus der Literatur ableiten. Fragestellung Das Projekt „Effektive Kompetenzdiagnose in der Lehrerbildung“ (EKoL 2) geht der Frage nach, inwieweit angehende Lehrpersonen im Rahmen ihrer Ausbildung Kompetenzen zum Umgang mit Heterogenität erwerben und weiterentwickeln und mit welchen Bedingungsfaktoren diese Kompetenzen in Zusammenhang stehen. Methode Zur Erfassung der Kompetenz im Umgang mit Heterogenität wurde ein Vignettentest mit Text- und Videovignetten auf der Grundlage eines theoretisch abgeleiteten Arbeitsmodells entwickelt, das das Konstrukt „Adaptive Lehrkompetenz in heterogenen Gruppen“ zum Ausgangspunkt nimmt. Die Dimensionen „In heterogenen Gruppen diagnostizieren können“, „In heterogenen Gruppen differenzieren können“ und „Klassenführung in heterogenen Gruppen beherrschen“ stellen in Anlehnung an Beck et al. (2008) drei konstitutive Facetten des theoretischen Konstrukts dar. Die Prüfung der Inhaltsvalidität der Testvignetten erfolgte über eine dreistufige Befragung von Expertinnen und Experten aus Hochschule, Schule und Schuladministration (Stufe 1: qualitative Interviews, n = 20; Stufe 2: quantitative Item- und Vignettenselektion, n = 140; Stufe 3: quantitative Gewinnung eines Referenzwerts, n = 66; vgl. Tepner und Dollny 2014). Die Konstruktvalidierung wurde anhand einer Querschnittsstichprobe Lehramtsstudierender (n = 722) sowohl über eine Prüfung der angenommenen inneren Strukturen als auch über Zusammenhangsanalysen mit theoretisch bedeutsamen Kovariaten vorgenommen. Ergebnisse Eine erste konfirmatorische Modellierung der drei theoretisch postulierten Kompetenzfacetten auf der Grundlage von PartialCredit-Scores auf Vignettenebene weist eine sehr hohe Anpassungsgüte auf. Erste bivariate Korrelationsanalysen zeigen, dass der Vignettentest mit der verbalen Intelligenz in keinem signifikanten Zusammenhang steht, was die diskriminante Validität des Verfahrens belegt. Signifikante Zusammenhänge zeigen sich hingegen bei theoretisch bedeutsamen Kovariaten wie der Einstellung zu Inklusion und spezifischen Berufswahlmotiven (z.B. dem pädagogischen Interesse) oder beruflichen Selbstkonzepten (z.B. den Selbsteinschätzungen von Diagnose-, Erziehungs- oder Beratungskompetenz). Die konkurrente Kriteriumsvalidität konnte über signifikante Zusammenhänge mit Schulnoten bzw. der Studiendauer belegt werden. Im Vortrag werden diese und weiterführende Ergebnisse der Querschnittsstudie dargestellt und diskutiert. ID: 426 / B 16 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Sonstiges Stichworte: Bullying, Gewalt in der Schule, Schüler-Schüler-Interaktion Die Rolle leistungsstarker und leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler im Bullying-Prozess Rhea-Katharina Klein1, Fiona Dahlmanns2, Udo Käser2 1 Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Deutschland; 2Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Deutschland Bei Bullying liegen in der sozialen Interaktion von Schülerinnen und Schülern Handlungsmuster vor, bei denen Schülerinnen bzw. Schüler, denen im sozialen Gefüge z. B. der Schulklasse ein höherer Status zukommt, gegenüber bestimmten Mitschülerinnen / Mitschülern mit niedrigem Status wiederholt gewalttätig auftreten (Olweus, 1993). Absichtlichkeit, Machtgefälle und Regelmäßigkeit sind die zentralen Charakteristika der Gewaltakte, welche bei Bullying in systematischer Form auftreten. Zur Beschreibung von Bullying liegt mit dem Participant-Role-Ansatz (Salmivalli, Lagerspetz, Bjorkqvist, Osterman & Kaukiainen, 1996) ein umfassendes Modell für die unterschiedlichen Rollen (Täter, Assistenten, Verstärker, Opfer, Außenstehende, Verteidiger) vor, in denen Schülerinnen und Schüler in Bullying-Prozesse involviert sein können. Es macht deutlich, dass Gewalt im Kontext von Bullying nur verstanden werden kann, wenn das soziale Gefüge der Klasse berücksichtigt wird (Salmivalli, 2010). Typische Charakteristika der verschiedenen Rollen sind in der Zwischenzeit gut untersucht. Mit Blick auf die Leistung von Schülerinnen und Schülern konnte etwa gezeigt werden, dass es sich bei Verteidigern in der Regel um leistungsstarke Schülerinnen und Schüler handelt, während Täter und Opfer häufig eher unterdurchschnittliche Schulleistungen aufweisen (Scheithauer, Hayer & Petermann, 2003, Nansel, Craig, Overpeck, Saluja & Ruan, 2004, Cook, Williams, Guerra, Kim & Sadek, 2010). Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass Täter oft aus einem Machtmotiv handeln (Olweus, 1993) und Bullying für sie eine Möglichkeit darstellt innerhalb der Gruppe von Schülerinnen und Schülern dominant sein zu können, wozu sie aufgrund ihrer Leistung nicht in der Lage sind. Demgegenüber können schlechte Schulleistungen von Opfern als eine Folge von Bullying im Zuge von Viktimisierung interpretiert werden. Vor diesem Hintergrund wird der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Bullying und der Leistung von Schülerinnen und Schülern genauer nachgegangen. Zunächst wird untersucht, ob sich die bisherigen Befunde zum Zusammenhang von Schülerleistung und Rollenübernahme im Bullying-Prozess in Abhängigkeit von Schulform und Jahrgangsstufe bestätigen lassen und inwiefern sich die Leistung von Schülerinnen und Schülern unterscheidet je nachdem, ob rollentypische Verhaltensweisen konstant bleiben oder sich verändern. Des Weiteren wird die Frage verfolgt, ob es im sozialen Gefüge von Klassen Unterschiede gibt, wenn leistungsstarke oder leistungsschwache Schülerinnen bzw. Schüler als Täter oder Opfer auftreten. Hierzu werden zwei Studien über Bullying an weiterführenden Schulen vorgestellt: Eine Querschnittstudie an einer Stichprobe von ca. 6.000 Schülerinnen und Schülern der sechsten und neunten Jahrgangsstufe der verschiedenen Schulformen sowie eine Längsschnittstudie an einer Stichprobe von ca. 1.200 Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I, die zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von etwa einem Schulhalbjahr realisiert wurde. Die Rollenzuweisung erfolgte in beiden Studien mittels peer nomination auf Grundlage des PRQ (participant role questionnaire; Salmivalli et al., 1996), der in Anlehnung an die deutschsprachige Übersetzung von Schäfer und Korn (2004) eingesetzt wurde. Darüber hinaus wurden im Fragebogen Alter, Geschlecht, Schulleistung, Beliebtheit / Unbeliebtheit sowie die Freundschaftsnetze der Schülerinnen und Schüler erfasst. Die Ergebnisse bestätigen im Allgemeinen die erwarteten Zusammenhänge zwischen schulischer Leistung und Rollenübernahme im Rahmen von Bullying. Allerdings liegen auch erwartungswidrige Befunde in Abhängigkeit von Schulform und Jahrgangsstufe vor. So ist bei Sechstklässlern der Gesamtschule die Schulleistung im Unterschied zu anderen Schulformen und Jahrgangsstufen kein signifikanter Prädiktor für die Übernahme der Verteidigerrolle. Hingegen erweist sich an Realschulen Schulleistung als Prädiktor für die Übernahme der Außenstehenden-Rolle. Darüber hinaus machen die längsschnittlichen Daten deutlich, dass die Rollen im Bullying-Prozess hohe Stabilität aufweisen. Dabei zeigen Schülerinnen und Schüler, denen zu beiden Messzeitpunkten eine pro-Bullying-Rolle (Täter, Assistent, Verstärker) zugewiesen wird, schon zum ersten Messzeitpunkt eine größere Gewaltintensität und schlechtere Leistungen als Schülerinnen und Schüler, die vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt ihre pro-Bullying-Rolle ablegen. Die Befunde machen das Wechselspiel zwischen schulischer Leistung und sozialer Interaktion im Kontext von Bullying deutlich. Vor diesem Hintergrund werden Konzepte diskutiert, wie Bullying erfolgreich entgegen getreten werden kann. ID: 428 / E 14 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Kompetenzdiagnostik, Problemlösekompetenz, Item Response Theorie, qualitative Inhaltsanalyse, Logfile-Analyse Partial-Credit-Kodierung komplexen Verhaltens in offenen Problemräumen unter Berücksichtigung der lokalen Unabhängigkeit Andreas Rausch1, Steffen Brandt2, Kristina Kögler3 1 Universität Bamberg, Deutschland; 2Art of Reduction, Deutschland; 3Universität Frankfurt, Deutschland Im Rahmen eines BMBF-geförderten Verbundprojekts wurde eine computerbasierte Testumgebung entwickelt, um die domänenspezifische Problemlösekompetenz angehender Industriekaufleuten in einem zentralen kaufmännischen Handlungsfeld, dem Controlling, zu erfassen. Die Teilnehmenden bearbeiteten drei in ihrer Komplexität ansteigende Problemszenarien mit einer Bearbeitungszeit von jeweils 30 Minuten. Die Szenarien wurden anhand authentischer Materialien in einer simulierten Arbeitsplatzumgebung präsentiert, die verschiedene domänentypische Werkzeuge wie Email-Client, Notizblock, Taschenrechner, Tabellenkalkulation sowie umfangreiche Dokumentenarchive bereitstellt. Somit wurde ein authentischer und offener Problemraum geschaffen. Die hier im Fokus stehende kognitive Kompetenzdimension der Wissensanwendung umfasst die (Sub-)Dimensionen „Handlungsbedarfe und Informationsquellen identifizieren“, „Informationen verarbeiten“, „Begründete Entscheidung treffen“ und „Entscheidung angemessen kommunizieren“ (Rausch & Wuttke, im Druck). Für die Berechnung der individuellen Leistungswerte stehen zwei unterschiedliche Informationsquellen zur Verfügung: Die Lösungsdokumente der Probanden in Form der Antwortemail an ihren Vorgesetzten sowie der Berechnungen in der Tabellenkalkulation wurden inhaltsanalytisch kodiert. Ferner wurden verschiedene aggregierte Log-Daten verwendet, die bspw. aufzeigen, welche Dokumente und Instrumente jeweils genutzt wurden. Aufgrund der für diesen Testaufbau charakteristischen Offenheit des Lösungsraums bestanden im Rahmen der Auswertung zwei wesentliche Herausforderungen: (1) die Zusammenfassung der Log-Daten und der kodierten Antworten der Probanden zu einer validen Bewertung, in der die Relevanz der einzelnen Kodierungen entsprechend ihrer Bedeutung für die jeweilige Subdimension des Wissensbereichs berücksichtigt wird; und (2) die Berechnung eines eindimensionalen Leistungswerts, der nicht durch lokale Abhängigkeiten aufgrund der vier Subdimensionen des Wissensbereichs oder aufgrund der drei gegebenen Problemszenarien verzerrt ist, sodass damit insbesondere die Reliabilität angemessen eingeschätzt und nicht überschätzt wird (Brandt, 2012b; Wainer, Bradlow, & Wang, 2007). Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde die Kodierung der Lösungsdokumente durch ein komplexes Bewertungsverfahren erweitert. Die inhaltsanalytischen Kodierungen und aggregierten Logdaten wurden je Problemszenario und je Subdimension zu Antwortmustern verdichtet. Jedem aufgetretenen Antwortmuster wurde durch Inhaltsexperten Partial Credits zugeordnet. Da jeder komplexen Aufgabe auf diese Weise genau ein Partial Credit Item je Subdimension zugeordnet wird, enthalten die Items keine lokalen Abhängigkeiten aufgrund gemeinsamer Zugehörigkeit zu einem gleichen Stimulus. Um die lokale Abhängigkeit aufgrund der Subdimensionen zu verhindern, wurde für die eindimensionale Schätzung das generalisierte Subdimensionsmodell (GSM) verwendet, das eine Restriktion des mehrdimensionalen Modells ist und die Schätzung eines latenten, gewichteten Mittelwerts ermöglicht (Brandt, 2012a; Brandt & Duckor, 2013). Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf den Antworten von 784 Auszubildenden und stellen die Bewertung der Antwortmuster beispielhaft für die erste Subdimension, „Handlungsbedarfe und Informationsquellen identifizieren“, vor. Die aufgetretenen Antwortmuster werden hierbei in einer tabellarischen Übersicht aufgelistet, zusammen mit der Anzahl der Probanden, die dieses Antwortmuster hatten, und zunächst gemäß des Summescores geordnet. Für die erste komplexe Aufgabe für Subdimension 1 gibt es neun dichotome Kodierungen und insgesamt 100 verschiedene Antwortmuster. Jedes der Antwortmuster wurde von den Experten mit einem Punktwert von 0 bis 5 bewertet. Auf Basis dieser Bewertung und mit Hilfe des Partial Credit Modells (Masters, 1982) wurden dann Leistungswerte für die einzelnen Probanden berechnet und mit Hilfe der punkt-biseriellen Korrelationen der einzelnen Antwortmuster mit den (WLE-)Leistungswerten sowie der durchschnittlichen Leistung je Antwortmuster wurde die Bewertung der Antwortmuster in einem zweiten Schritt dann überprüft und angepasst. Für Subdimension 1 wurde auf Basis vorläufiger Kodierungen so eine Reliabilität von 0,62 (Cronbachs Alpha) für die Leistungswerte erreicht. Mit Hilfe einer mehrdimensionalen Auswertung mit Hintergrundmodell konnten insgesamt Reliabilitäten von 0,81, 0,78, 0,79 und 0,78 für die vier Subdimensionen erreicht werden, für die eindimensionale Auswertung auf Basis des GSM eine Reliabilität 0,83. Wir sind überzeugt, dass das verwendete Bewertungsverfahren durch die Einbindung der Experten wesentlich zur Erhöhung der Validität der Ergebnisse beiträgt. Weiterhin gewährleistet der Ansatz, dass die berechneten Reliabilitäten adäquat sind und nicht überschätzt werden aufgrund der lokalen Abhängigkeiten durch die Subdimensionen oder die genutzten Aufgabenstimuli. ID: 430 / A 17 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Motivation und Emotion Stichworte: Prüfungsängstlichkeit, akademisches Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit, Adoleszenz Selbstwahrgenommene Kompetenz und Prüfungsängstlichkeit: Welche Rolle spielen das akademische Selbstkonzept und die Selbstwirksamkeit? Tobias Ringeisen1, Diana Raufelder2 1 University of Applied Sciences Merseburg, Deutschland; 2Universität Greifswald Theoretischer Hintergrund: Auf Basis der sozial-kognitiven Theorie hat die Forschung das akademische Selbstkonzept (ASK) und die akademische Selbstwirksamkeit (ASW) als Determinanten geringer Prüfungsängstlichkeit identifiziert (für einen Überblick siehe z.B. Bandura, 1997; Bong & Skaalvik, 2003; Zeidner, 2007). Beide Konstrukte bilden die zentralen Facetten selbstbezogener Kompetenzen und werden mehrheitlich als konzeptuell unterschiedlich aufgefasst (Bong & Skaalvik, 2003; Ferla et al., 2009). Trotz vielfältiger empirischer Belege für ihre singuläre Bedeutung haben bisher wenige Studien die gemeinsame Wirkung beider Kompetenzfacetten als Prädiktoren von Prüfungsängstlichkeit untersucht. Beispielsweise konnten Ferla et al. (2009) zeigen, dass – wie von Pajares und Kranzler (1995) angenommen – ASW als Mediator zwischen ASK und Prüfungsängstlichkeit fungiert. Ungeklärt ist bisher, inwieweit sich das Zusammenspiel beider Kompetenzüberzeugungen simultan auf die verschiedenen kognitiven und affektiv-körperlichen Facetten von Prüfungsängstlichkeit auswirkt. Fragestellung: Als Erweiterung des aktuellen Forschungsstandes untersuchte die aktuelle Studie, ob ASW als Mediator des Zusammenhangs zwischen ASK und den multiplen Facetten der Prüfungsängstlichkeit (Aufgeregtheit, Besorgtheit, Interferenz und Mangel an Zuversicht) fungiert. Es wurde angenommen, dass positive Zusammenhänge zwischen ASW und ASK sowie negative Zusammenhänge zwischen beiden Kompetenzfacetten und den vier Dimensionen von Prüfungsängstlichkeit bestehen, die für Mangel an Zuversicht am höchsten ausfallen sollten. Weiterhin wurde angenommen, dass ASW das Zusammenspiel von ASK und den Prüfungsängstlichkeitsfacetten mediiert. Methode: Eine Schülerstichprobe der Jahrgangsstufe 9 (N = 845; 465 Mädchen, 380 Jungen; Mage = 15.32; SD = 0.49) füllten Fragebögen zum kriterialen akademischen Selbstkonzept (Schoene et al., 2002), zur schulbezogenen Selbstwirksamkeit (Jerusalem & Satow, 1999) sowie zu den vier Facetten von Prüfungsangst (Besorgtheit, Interferenz, Mangel an Zuversicht und Aufgeregtheit; Hodapp et al., 2011) aus. Die Schüler/-innen stammten aus 22 Sekundarschulen (10 Oberschulen und 12 Gymnasien), die zufällig aus den insgesamt 124 Sekundarschulen in Brandenburg ausgewählt worden waren. Anhand von Strukturgleichungsmodellen wurden die Zusammenhangsmuster der Variablen untersucht. Ergebnisse: Wie erwartet zeigten sich negative Zusammenhänge zwischen dem ASK und drei Facetten der Prüfungsängstlichkeit (Aufgeregtheit, Interferenz und Mangel an Zuversicht), die für Mangel an Zuversicht am höchsten ausfielen und die alle vollständig durch ASW mediiert wurden. Zusätzlich sagte ASK Besorgtheit vorher, wobei ASW nicht als Mediator fungierte. Die Ergebnisse erweitern den bisherigen Forschungsstand zur Bedeutung selbstbezogener Kompetenzüberzeugungen in Bildungssettings: Demnach kommt der akademischen Selbstwirksamkeit eine zentrale Rolle für die Prävention von und Intervention bei Leistungsversagensängsten zu, da sie die negativen Effekte eines geringen Fähigkeitsselbstkonzeptes auf kognitive und affektiv-körperlicher Facetten der Prüfungsängstlichkeit abfedern kann. Implikationen für die weitere Forschung in Lern- und Leistungskontexten werden diskutiert. ID: 432 / F 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Soziale Ungleichheit, Kompetenztestung, Studierende, Hochschulzugang Arbeiterkinder an Hochschulen – Primäre Herkunftseffekte beim Hochschulzugang revisited. Analysen auf Basis der Studierendenkohorte des NEPS Uta Liebeskind, Gritt Fehring Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Deutschland Arbeiterkinder an Hochschulen sind in Deutschland selten, denn der Zugang zu Hochschulbildung geschieht sozial selektiv: Junge Menschen aus niedrigeren sozialen Schichten gehen nach dem Schulabschluss seltener in ein Hochschulstudium über (Müller und Pollak 2010), diejenigen, die es dennoch tun, landen dabei eher an Fachhochschulen und damit in Ausbildungsgängen mit geringeren Bildungsrenditen (Reimer und Pollak 2010). Ungleicher Zugang zu Hochschulbildung wird mit dem Verweis auf die bereits vorab im Schulsystem stattfindenden ablaufenden Selektionsprozesse in der Regel über sekundäre Effekte sozialer Herkunft erklärt (Watermann et al. 2014). Im Rahmen der TOSCA-Studie ist für badenwürttembergische Abiturienten und Abiturientinnen hinsichtlich der Bildungsintention für die postschulische Ausbildung gezeigt worden, dass primäre Ungleichheiten für den Übergang eine geringe Rolle zu spielen scheinen und dieselben sich zudem über die Schulart, an der die Hochschulzugangsberechtigung erworben wurde, erklären lassen (Maaz et al. 2004). Unser Beitrag nimmt die Frage nach primären Effekten sozialer Ungleichheit im Hochschulzugang noch einmal auf, weil nun mit den Daten der NEPS-Studierendenkohorte, eine ganz neue Datenbasis geschaffen ist, die datenbedingte Limitationen vorheriger Untersuchungen zu diesem Thema überwindet. Insbesondere beleuchtet der Beitrag den Zusammenhang bildungsrelevanter (Basis-)Kompetenzen und sozialem Status der Studierenden (gemessen etwa über das Berufsprestige des Vaters und der Mutter). Die Daten der NEPS-Studierendenkohorte erlauben erstmals bundesweite Analysen zu Studierenden eines breiten Fächerspektrums in den beiden wichtigsten Institutionen des deutschen Hochschulwesens, den Universitäten und Fachhochschulen. Für die Personen im Datensatz liegen Messungen der mathematischen und der Lesekompetenzen zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Studium vor. Zu diesen Messungen kann angenommen werden, dass sie dem Kompetenzniveau zum Zeitpunkt des Erreichens der Hochschulzugangsberechtigung entsprechen. Damit erlauben die verwendeten Daten im Gegensatz zur bislang vorliegenden Übergangsforschung, Kompetenzen und die vollzogene Entscheidung für einen hochschulischen Bildungsweg in den Blick zu nehmen, anstatt die Bildungsabsichten von Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Hintergrund ihres erreichten Kompetenzniveaus zu untersuchen (s. etwa Maaz et al. 2004; auch die Beiträge in Asdonk et al. 2013). Erste Analysen zeigen, dass zwischen der sozialen Herkunft und den erhobenen (Basis-)Kompetenzen von Studierenden durchaus Zusammenhängen bestehen (bivariate Korrelation mit ISEI-Wert des Berufs des Vaters jeweils r=0,15). Für den Beitrag sollen Unterschieden im Kompetenzniveau zwischen Studierenden aus statushöheren und statusniedrigeren Herkunftsmilieus mit geeigneten Dekompositionsmethoden analysiert werden. Fehlende Werte werden durch geeignete Imputationsverfahren ersetzt. Die verwendeten Kompetenzmessungen sind dabei vor dem Hintergrund ihrer Entwicklung im Rahmen des NEPS zu verstehen: Um den Kompetenzerwerb im Lebensverlauf verfolgen zu können, werden Testinstrumente entwickelt, die die Messkonstrukte kohärent und konsistent über die verschiedenen Altersstufen hinweg erheben können (Weinert et al. 2011). Die in der Studierendenkohorte eingesetzten Testverfahren sind in der Regel nicht spezifisch für dieses Bildungsniveau entwickelt. Die Testdaten beider Messkonstrukte (Mathematik und Lesen) sind als eindimensionales Raschmodell skaliert. Die Personenfähigkeitsschätzer für die mathematischen Kompetenzen zeigen eine gute Passung zu den Itemschwierigkeiten (α[wle]=.71). Die Datenanalyse für das Leseverständnis weist darauf hin, dass der eingesetzte Test im unteren Leistungsbereich deutlich besser diskriminiert (α[wle]=.59) – eine Einschränkung, die in den Auswertungen der Daten für den Beitrag stets zu berücksichtigen ist. ID: 435 / B 14 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Sonderpädagogik Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Inklusion, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Prävention, Gefühls- und Verhaltensstörungen, emotionale und soziale Kompetenz Meta-analytische Befunde deutschsprachiger, programmatischer-präventiver Förderung in der Schule Dennis Christian Hövel, Anja Groß, Thomas Hennemann Universität zu Köln, Deutschland Theoretischer Hintergrund Da die Schule im Gegensatz zur Klinik für alle zugänglich ist, ist sie das wichtigste Setting für präventive Maßnahmen (Beelmann 2008; Brezinka 2003). Darüber hinaus bietet sie eine Reihe von weiteren Vorteilen, die Reicher und Jauk (2012) wie folgt zusammenfassen: die Erreichbarkeit nahezu aller Kinder und Jugendlichen aufgrund der Schulpflicht sehr ökonomischer Einsatz präventiver Maßnahmen, da beispielsweise personelle und räumliche Ressourcen bereits vorhanden sind Prävention von Gefühls- und Verhaltensstörungen und die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen entsprichen dem Bildungsauftrag der Schule Internationale Studien bestätigen die Wirksamkeit schulischer präventiver Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen (u.a. Durlak et al. 2011; Sklad et al. 2012; Wilson et al. 2003; Wilson & Lipsey 2007). Für von Lehrkräften durchgeführte Präventionsmaßnahmen ermitteln Durlak und Kollegen (2011) im Prä-Post-Vergleich durchschnittliche Effektstärken von d=0.22 bis d=0.27. Im Vergleich hierzu sind die Effekte schulischer Maßnahmen in der Meta-Analyse von Sklad und Kollegen (2012) mit d=0.39 bis d=0.70 sogar noch etwas höher. Bei der Übertragung dieser Befunde auf Schulen in Deutschland besteht jedoch das Problem, dass die Wirkung von Präventionsprogrammen nicht beliebig interkulturell übertragbar ist (Beelmann, Pfost & Schmitt, 2014; Roosa, Dumka, Gonzales & Knight, 2002). Eine Replikation für das deutschsprachige Schulsystem ist vor diesem Hintergrund indiziert. In der aktuellen deutschsprachigen Meta-Analyse von Beelmann et al. (2014) zeigt sich für das Präventionssetting Schule, im Vergleich zu den internationalen Befunden, eine deutlich geringer Effektstärke von dw=0.20. Eine mögliche Ursache hierfür könnte die geringe Implementation der Maßnahmen innerhalb er Schule sein. Übereinstimmend identifizieren die internationalen Meta-Analysen (Durlak et al. 2011; Sklad et al. 2012) die gute Implantation einer Präventionsmaßnahme als zentralen Faktor für deren Wirksamkeit. Je genauer eine Maßnahme umgesetzt wurde, desto erfolgreicher war diese. Ein wichtiges Element, um die Konzepttreue zu fördern, ist die Standardisierung eines Präventionsprogramms (Beelmann & Schmitt 2012). Fragestellung Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Wirksamkeit manualisierter, deutschsprachiger Präventionsprogramme für den Einsatz in der Schule meta-analytisch zu erfassen und überblickartig darzustellen. Methode Folgende Auswahlkriterien liegen der Untersuchung zu Grunde: 1. das Präventionsprogramm liegt manualisiert und in deutscher Sprache vor 2. es wurde zwischen 2000 und 2015 verlegt und es fokussiert die Zielgruppe Schülerinnen und Schüler 3. das Programm ist entweder auf die Prävention von Gefühls- und Verhaltensstörungen und/oder auf den Aufbau emotionaler und sozialer Kompetenzen ausgerichtet 4. zum Programm liegt mindestens eine Evaluationsstudie mit mindestens (quasi-)experimentellem Prä-Post-Design vor Zur Vergleichbarkeit der Effekte der unterschiedlichen Studien wird, anhand der berichteten deskriptiven Daten der Gruppenvergleiche, Cohens d (Cohen, 1988) berechnet. Da die Gruppengrößen der Experimental- und der Kontrollgruppe in fast allen Studien leicht differente Größen aufweisen, wird zur Berechnung die korrigierte Effektstärke dkorr nach Klauer (1993) verwendet. Um die so ermittelten Effektstärken der einzelnen Studien entsprechend der differenten Stichprobengrößen vergleichbar zu machen, werden die Mittleren Effektstärken nach Wilson (2011) berechnet. Ergebnisse Entsprechend der Einschlusskriterien konnten insgesamt 10 Programme für die Primarstufe identifiziert werden. Im Prä-PostVergleich liegt die durchschnittliche Effektstärke bei dw=0.15. Indizierte Maßnahmen sind hierbei mit dw=0.39 (Prä-PostVergleich) effektiver als selektive (dw=0.29) und universelle (dw=0.11). Gegenüber den Prä-Post-Vergleichen ergeben sich für die Prä-Follow-up Erhebungen mit dw=0.23 im Mittel größere Effekte. In Bezug auf die Präventionsebenen sind auch hier indizierte Maßnahmen (dw=0.51) erfolgreicher als selektive (dw=0.27) und universelle (dw=0.20). Einen bedeutsamen Unterschied gibt es zudem hinsichtlich der Effektivität der einzelnen Programme. Die Spanne der mittleren Effektstärken liegt hier in einem Bereich von dw=0.04 bis dw=0.58. Auf Programmebene stellt sich die schrittweise Erarbeitung eines sozialen Problemlösezirkels als relevanter Einflussfaktor für die Wirksamkeit einer Maßnahme dar. Programme in denen ein entsprechender Problemlösezirkel erarbeitet wird, sind im Mittel (dw=0.37) 3,5-mal erfolgreicher als Programme, die einen solchen Zirkel nicht erarbeiten (dw=0.11). ID: 439 / F 02 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: scale validation, career choice motivation, teacher education, Taiwan Motivations for choosing teacher education: empirical validation and application of the FEMOLA scale in Taiwan Ping-Huang Chang, Tsai-Feng Cheng, Shu-Feng Tseng National Kaohsiung Normal University, Taiwan Theoretical background It has become necessary to systematically apply contemporary motivational theories to the growing body of research regarding the motivations for choosing teaching as a career. Indeed, the expectancy–value model has proven useful for guiding investigations into teaching motivations (Heinz, 2015; Kunter & Pohlmann, 2009; Richardson & Watt, 2010; Rothland, 2011). Based on the expectancy-value model, the FEMOLA scale (Fragebogen zur Erfassung der Motivationen für die Wahl des Lehramtsstudiums) was developed to measure individual’s motivations for choosing teacher education programmes (Pohlmann & Möller, 2010). Furthermore, relevant studies using the FEMOLA scale have treated such motivations not only as outcomes but also as predictors, extending its field of application (Künsting & Lipowsky, 2011; Paulick, Retelsdorf & Möller, 2013; Retelsdorf & Möller, 2012). In view of evidence of the psychometric soundness of the FEMOLA scale and its valuable application, it would be of interest to examine and replicate its structure in Taiwan. Over the past decades, Taiwan has been able to recruit competent and motivated individuals to enter teacher education programmes, and international comparisons have recognised the effectiveness of Taiwan’s teacher education system (Blömeke, Suhl & Kaiser, 2011; Wang, 2012). However, there is an oversupply of teacher education graduates, resulting in considerable competition for the available teaching positions. Thus, we sought to determine whether Taiwanese students’ motivations to choose teacher education programmes differed from those of students in Western contexts. As suggested by Blömeke and Paine (2008), international comparisons can reveal previously hidden national characteristics, especially in the case of teacher education. Accordingly, this study will utilise the FEMOLA scale to investigate the motivations of Taiwanese pre-service teachers from a comparative perspective. Research questions 1. Is the FEMOLA scale a valid and reliable instrument for measuring students’ motivations for choosing teacher education programmes in the non-Western context of Taiwan? 2. Can the utility subscale of the FEMOLA scale be further divided into two distinguishable factors? While the FEMOLA scale was originally based on a six-factor model, Retelsdorf and Möller (2012) suggested that the utility factor could be further differentiated into two sub-factors, leading to a seven-factor model. Accordingly, we examined which structure is superior for Taiwanese data. 3. Do the motivations of Taiwanese students for choosing teacher education programmes differ from those of students in other countries? As this study did not examine measurement invariance across countries, it would be a mistake to directly compare our findings with those of other studies. However, the FEMOLA scale offers a framework for identifying both the unique and common features of the Taiwanese teacher education system, thereby deepening our understanding of this system. Methods A total of 656 freshman students (N=656) enrolled in teacher education programmes for secondary schools at 11 universities participated in this study. To test the congruence between the theoretical and observed scale structure, this study conducted confirmatory factor analysis (CFA) with Maximum Likelihood (ML) estimation using Mplus 7.3 programme. Preliminary results 1. The FEMOLA scale was validated in a Taiwanese sample, demonstrating its construct validity across countries. Moreover, this study suggested that the seven-factor model of the FEMOLA scale is superior to the six-factor model. (for seven-factor model: χ²(384) = 1393.06; p < .001; CFI = .92; TLI = .91; RMSEA = .063; for six-factor model: χ²(390) = 1747.89; p < .001; CFI = .89; TLI = .88; RMSEA = .073) 2. We identified both similarities and differences between Taiwanese students’ motivations for choosing teacher education and the motivations reported by students from other countries. Consistent with German studies, we found that educational interest and perceived teaching ability were highly influential among Taiwanese students. However, social influences and financial aspects of utility were also rated higher by Taiwanese students, highlighting the uniqueness of Taiwan’s teacher education programme. ID: 441 / A 17 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Trainings- und Evaluationsforschung, Sonstiges Stichworte: Frühprävention, children-at-risk, Bindungsforschung, Methoden Projekt EVA: Veränderung des Bindungstyps durch psychoanalytische Frühprävention bei Hochrisikokindern Verena Neubert, Tamara Fischmann, Lorena Hartmann, Peter Ackermann, Marianne Leuzinger-Bohleber Sigmund-Freud-Institut, Deutschland Die Ergebnisse zahlreicher Studien aus dem Bereich der empirischen Säuglingsforschung, der Bindungsforschung, der Psychoanalyse und der Frühpädagogik belegen, dass tragende emotionale Beziehungserfahrungen in den ersten Lebensjahren die beste Voraussetzung für eine gelingende psychische, kognitive und psychosoziale Entwicklung einschließlich des Spracherwerbs darstellen. Die EVA-Studie bezieht sich auf diese empirischen Untersuchungen und befasst sich mit der Evaluation zweier Frühpräventionsprogramme in Kindertagesstätten in Stadtteilen mit erhöhter sozialer Problemlage in Frankfurt am Main. Der Schwerpunkt der EVA-Studie liegt darin, zwei bisher erfolgreich evaluierte Programme (das standardisierte Curriculum „FAUSTLOS“ und das psychoanalytisch orientierte Programm „FRÜHE SCHRITTE“) hinsichtlich ihrer differentiellen Wirksamkeit in einer Hochrisikopopulation zu untersuchen. Ausgehend von einer Basiserhebung mit 5300 Kindern und einer darauf basierenden Clusteranalyse wurden die beiden Interventionen randomisiert in je sieben ausgewählten Kindertagesstätten durchgeführt (mit insgesamt 291 Kindern). Ziel des Projekts ist es zu untersuchen, ob sich der Mehraufwand des psychoanalytisch orientierten Präventionsangebots „FRÜHE SCHRITTE“, im Vergleich mit dem standardisierten Präventionsangebot „FAUSTLOS“ kurz- und langfristig lohnt bzw. welches die Vor- und Nachteile beider Präventionsangebote sind. Diese neue Form einer „Aufsuchenden Psychoanalyse“ wird als ein professioneller Beitrag zur vermehrten Integration von Kindern aus Randgruppen verstanden. Eine erste dreijährige Projektphase wurde 2011 abgeschlossen, eine Replikation wurde bis 2014 durchgeführt. Im Kongressbeitrag werden Ergebnisse zur Veränderung des Bindungstyps nach einer 2-jährigen Intervention anhand der Gesamtstichprobe präsentiert werden. Die methodische Herausforderung, die eine solche Längsschnittstudie bei einer solch sensiblen Stichprobe in Stadtteilen mit erhöhter sozialer Problemlage mit sich bringt werden diskutiert. ID: 442 / A 01 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: Prompting, Adaptivität, Selbsterklärungen, Instruktionale Erklärungen, Lernen mit Multimedia Untersuchung des Designs von adaptiven Lernhilfen zur Behebung von Wissenslücken in einer multimedialen Lernumgebung Jasmin Leber1, Judith Fröhleke1, Irene T. Skuballa2, Alexander Renkl1 1 Uni Freiburg, Deutschland; 2Uni Tübingen, Deutschland Theoretischer Hintergrund Eine wichtige Funktion adaptiver Lernumgebungen besteht darin, dass Wissensdefizite und Lernschwierigkeiten im Lernverlauf diagnostiziert werden können und möglichst zeitnah eine Reaktion erfolgen kann. Die Echtzeit-Analyse von Prozessdaten ermöglicht ein schnelles und zielgenaues Eingreifen und damit die Darbietung adaptiv angepasster, individueller Fördermöglichkeiten zur Behebung eines gefundenen Defizits (z.B. Shute & Zapata-Rivera, 2008; Vandewaetere, Desmet, & Clarebout, 2011). Eine wichtige Frage ist, welches Vorgehen angewandt wird, um ein diagnostiziertes Wissensdefizit zu beheben. Renkl, Skuballa, Schwonke, Harr & Leber (2015) konnten zeigen, dass die Wahl einer spezifischen Methode, die eingesetzt wird, um Wissenslücken in multimedialen Lernumgebungen zu schließen, einen bedeutsamen Unterschied für den letztendlichen Lernerfolg macht. Ein mögliches Vorgehen ist die Präsentation instruktionaler Erklärungen (Wittwer & Renkl, 2008). Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass dem Lernenden korrekte Informationen präsentiert werden, die zur Lösung seines Verstehensproblems nützlich sind. Jedoch werden diese Informationen häufig nur oberflächlich verarbeitet und sind nicht an das Vorwissen des Lernenden angepasst (Renkl, 2002). Eine alternative Methode bieten Selbsterklärungs-Prompts (Wylie & Chi, 2014), welche den Lernenden dazu anregen, sich nochmals Gedanken zu spezifischen Lerninhalten zu machen und ein externales Produkt (verschriftlichte Selbsterklärung) anzufertigen, das über den dargebotenen Lerninhalt hinausgeht. Das Anfertigen von Selbsterklärungen regt das erneute Durchdenken des gesamten Wissensbereichs an. Jedoch hat der Lernende keine Sicherheit bezüglich der Korrektheit seiner Erklärung (Renkl, 2002) und es könnten zusätzliche Informationen fehlen, die zur Behebung des Wissensdefizits notwendig sind. Fragestellung Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, welche Methode sich besser eignet, um im Lernverlauf gefundene Wissenslücken zu beheben. Hierfür untersuchten wir zwei Vorgehensweisen: die Darbietung fremdgenerierter instruktionaler Erklärungen (Wittwer & Renkl, 2008) sowie Prompts, welche die Anfertigung einer Selbsterklärung anregen (Wylie & Chi, 2014). Methode An der Untersuchung nahmen 50 Studierende (Alter: M = 23.12, SD = 5.19) unterschiedlicher Fachrichtungen teil. In einer multimedialen Lernumgebung lernten die Studierenden zum Thema Strategisches Management. Für die Erfassung von Wissenslücken, die im Lernverlauf zurück bleiben, waren kurze Testfragen (Rapid Assessments) in die Lernumgebung eingebaut. Diese wurden am Ende jedes Kapitels präsentiert. Bei der Falschbeantwortung einer Testfragen setzte, je nach experimenteller Bedingung, eine der beiden Prozeduren zum Schließen der Wissenslücke ein: die Präsentation einer zur Frage passenden instruktionalen Erklärung oder die Präsentation eines Prompts, mit der Aufforderung zu einem bestimmten Inhalt eine Selbsterklärung anzufertigen. Nach Abschluss der Lernphase beantworteten die Lernenden nochmals alle Rapid Assessments und sie bearbeiteten einen Nachtest mit weiterführenden Fragen zum Lerninhalt. Ergebnisse Um die spezifischen Wissenslücken zu schließen, die im Lernverlauf zurückblieben, erwies es sich als günstiger, instruktionale Erklärungen statt Selbsterklärungs-Prompts einzusetzen, t(47) = 2.973, p = .005, d = .88. Allerdings führten die SelbsterklärungsPrompts zu besseren Leistungen bei der Beantwortung weiterführender Fragen zum Lerninhalt im Nachtest, t(48) = -2.453, p = .018, d = .72. Die Effektivität der beiden Methoden ist demnach abhängig vom Lernziel. Während instruktionale Erklärungen effektiver spezifische Wissenslücken schließen, fördern Selbsterklärungs-Prompts besser das generelle Verständnis. Die reine Wiederholung der Lerninhalte scheint für den direkten Abruf effektiver zu sein, als der konstruktive Umgang mit den Lerninhalten. Die durch Selbsterklärungs-Prompts angeregten generativen Prozesse erwiesen sich als förderlicher für tiefergehendes Verständnis und Wissenstransfer. ID: 444 / G 01 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Ökonomie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Hochschulbildung; Statistik; Veränderungsmessung; Latent-Change-Modell Analyse der Veränderung von Angst und Selbstkonzept im Fach Statistik - ein Pretest-Posttest Design an der Hochschule Manuel Förster, Andreas Maur Johannes Gutenberg-Universität, Deutschland Theoretischer Hintergrund und Fragestellung Studierende sozialwissenschaftlicher Studiengänge beginnen ihren ersten Statistikkurs mit äußerst heterogenen Ausprägungen in ihrer Angst und ihrem Selbstkonzept, welche die Statistikleistungen stark beeinflussen (Macher et al., 2012). Trotz der Bedeutung für den Lernerfolg dieser Einflussgrößen sind deren Veränderungen im Laufe einer Statistikveranstaltung insbesondere im deutschen Hochschulkontext weitgehend unerforscht. Internationale Befunde deuten tendenziell auf positive Veränderungen des Selbstkonzeptes und der Selbstwirksamkeit hin (u.a. Chiesi & Primi, 2010; Pierce, 2006). Zur Veränderung der Angst in Statistik in der Hochschule liegen kaum Studien vor (Harlow, Burkholder & Morrow, 2002). Das auf Erwartungswertmodellen basierende „Attitudes Towards Statistics“-Modell (Ramirez, Schau & Emmioglu, 2012) geht davon aus, dass insbesondere soziodemographische Variablen sowie die Vorerfahrungen u.a. die Angst und das Selbstkonzept in Statistik beeinflussen. Während zahlreiche Studien demnach individuelle Effekte zugunsten von männlichen Studierenden (Macher et al., 2012; Tempelaar, 2004) sowie von Studierenden mit höherem mathematischen Vorwissen (Onwuegbuzie, 2003; Hanna, Shevlin & Dempster, 2009) auf das Selbstkonzept und die Angst in Statistik im Querschnitt feststellen, liegen im Längsschnitt nur äußerst wenige inkonsistente Befunde über die Veränderung dieser Effekte vor (Tem-pelaar, 2011; Chiesi, 2010). Auch zu den Zusammenhängen zwischen den Wahrnehmungen der Lehr-Lernbedingungen und der Veränderung der Angst und des Selbstkonzepts in einer Statistikveranstaltung gibt es bislang kaum Forschung. An dieser Forschungslücke anknüpfend wird der Frage nachgegangen, ob und inwieweit sich Einstellungen im Laufe einer Statistikveranstaltung verändern und welche individuellen und veranstaltungsbedingten Einflussfaktoren diese Veränderung erklären. Methode Stichprobe/ Instrument Im Sommersemester 2015 wurden 197 Studierende der Wirtschafts-, Sozial- und Politikwissenschaften zu ihren Einstellungen, Ängsten und Selbstkonzept zum Fach Statistik zu Beginn und Ende ihrer ersten universitären Statistikveranstaltung befragt. Das statistische Selbstkonzept wurde mit einer Skala des „Survey of Attitudes Towards Statistics-36“ (Schau, 2003) erfasst, die Angst in Statistik wurde dreidimensional mit Hilfe der „Statistical Anxiety Rating Scale“ (Cruise, Cash & Bolton, 1985) operationalisiert und die wahrgenommenen Lehr-Lernbedingungen wurden mittels Skalen des „Students‘ Evaluations of Educational Quality“ (Marsh, 2007) erfasst. Weiterhin wurden individuelle Einflussfaktoren wie Geschlecht, Note der Hochschulzugangsberechtigung, Mathematiknote, etc. kontrolliert. Analyseverfahren Inwieweit eine Änderung der relevanten Variablen Angst und Selbstkonzept in Statistik stattgefunden hat, wird mit Hilfe von Latent Change Modellen (u.a. McArdle, 2009) geprüft. Hier wird unter der Annahme starker faktorieller Invarianz geprüft, ob sich der latente Mittelwert der latenten Variable im Laufe der Veranstaltung geändert hat. In einem zweiten Schritt werden individuelle Faktoren und lehr-lernspezifische Veranstaltungsbedingungen als Kovariate in das Modell integriert, die sowohl hinsichtlich ihres Einflusses auf die latenten Variablen zu Beginn als auch auf die Veränderung während der Veranstaltung untersucht werden. So kann differenziert betrachtet werden, ob Unterschiede zwischen bestimmten Studierendengruppen bereits zu Beginn vorliegen, oder ob sich die Unterschiede im Laufe der Veranstaltung bedingt durch bestimmte wahrgenommene Lehr-Lernbedingungen verringern, vergrößern oder gleich bleiben. Ergebnisse Es zeigt sich, dass in allen drei Dimensionen die Angst im Laufe der Veranstaltung signifikant abgenommen hat, während das Selbstkonzept gestiegen ist. Die Angst nimmt im Mittel stärker ab, je größer sie zu Beginn der Veranstaltung ausgeprägt war. Das Selbstkonzept steigt im Mittel stärker an, je geringer es zu Kursbeginn ausgeprägt war. Bei den kontrollierten LehrLernbedingungen können insbesondere eine klare Strukturierung der Inhalte und der Veranstaltung sowie die Wahrnehmung des Dozenten das Selbstkonzept beeinflussen. Kaum Unterschiede ergeben sich bei der Veränderung der Angstdimensionen zwischen männlichen und weiblichen Studierenden im Laufe des Semesters. Studierende mit einem Mathematikleistungskurs, als ein Indikator für unterschiedliche Vorerfahrungen im mathematisch-statistischen Bereich, haben zwar in zwei von drei Angstdimensionen geringere Ausprägungen zu Beginn des Kurses, jedoch werden diese Effekte im Laufe des Kurses ausgeglichen, in dem die Studierenden mit Grundkurs mehr Angst abbauen. Im Zuge der Konferenz werden die Befunde dargestellt und im (internationalen) Forschungskontext diskutiert. ID: 445 / C 02 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktik Mathematik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: Formatives Assessment, Selbstwirksamkeit, Lehrertraining Die Wirkung eines Lehrertrainings auf die Rückmeldepraxis im Unterricht: Welche Rolle spielt die Selbstwirksamkeit der Lehrkraft? Birgit Schütze1, Katrin Rakoczy2, Eckhard Klieme2, Michael Besser3, Dominik Leiss3 1 Universität Münster, Deutschland; 2Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung; 3Leuphana Universität Lüneburg Theoretischer Hintergrund Formatives Assessment gilt als einer der stärksten Einflussfaktoren schulischen Lernens (Black & Wiliam, 1998a, b; Hattie, 2009). Dennoch ist noch relativ unklar, wie dieses vielversprechende Konzept möglichst erfolgreich in den Unterricht implementiert werden kann. Die Implementation kann sich u.a. hinsichtlich der Art und Intensität der Anleitung von Lehrkräften (z.B. durch Trainings, Materialien) unterscheiden (vgl. z.B. Souvignier, Förster & Salaschek, 2014 & Wiliam, Lee, Harrison & Black, 2004). Eine erfolgreiche Implementation hängt außerdem auch von den Eigenschaften der Lehrkraft selbst ab (z.B. Gräsel, 2010), bspw. könnte die Selbstwirksamkeitsüberzeugung (Bandura, 1986) der Lehrkraft eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der Intervention spielen (z.B. Stein & Wang, 1988). Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Frage, ob ein 6-tägiges Lehrertraining zu formativem Assessment und Rückmeldung ausreicht, um die Rückmeldepraxis von Lehrkräften im Mathematikunterricht zu beeinflussen und ob die Selbstwirksamkeit der Lehrkraft hierbei eine moderierende Funktion hat. Für ein besseres Verständnis dieser Zusammenhänge werden das deklarative Rückmeldewissen nach dem Training und die Fähigkeit Rückmeldung in einer Testsituation zu generieren als vermittelnde Variablen untersucht. Forschungsfragen (1) Gibt es einen indirekten Trainingseffekt auf die Veränderung der Rückmeldepraxis im Unterricht vermittelt über (a) deklaratives Rückmeldewissen und (b) die Fähigkeit Rückmeldung in einer Testsituation zu geben. (2) Wird dieser indirekte Effekt durch die Selbstwirksamkeit der Lehrkraft moderiert? Methode 67 Haupt- und Realschullehrkräfte nahmen entweder an einem Training zu formativem Assessment und Rückmeldung im Mathematikunterricht (Rückmeldetraining) oder an einem Training zu mathematischem Modellieren und Problemlösen (Problemlösetraining) teil. Jedes Training erfolgte in zwei jeweils dreitägigen Blöcken (T1 & T2). Zwischen beiden Trainingsblöcken lagen 10 Wochen. Die Selbstwirksamkeit der Lehrkräfte in Bezug auf Rückmeldung (Cronbachs α = .67) wurde mit einem Lehrerfragebogen zu Beginn von T1 erfasst. Deklaratives Rückmeldewissen (Cronbachs α = .84) und die Fähigkeit zur Generierung von Rückmeldung in einer Testsituation (Cronbachs α = .93) wurden nach T2 getestet. Die Rückmeldepraxis der Lehrkräfte im Unterricht wurde mittels Schülerfragebogen vor T1 (Cronbachs α = .73) und 4-6 Wochen nach T2 (Cronbachs α = .86) erfragt. Die Individualeinschätzungen der Rückmeldepraxis wurden auf Klassenebene aggregiert (Marsh et al., 2012). Die statistische Auswertung erfolgte mittels Pfadanalysen in MPlus. Ergebnisse (1) Lehrkräfte, die am Rückmeldetraining teilgenommen haben, weisen ein größeres deklaratives Wissen über Rückmeldung auf als Lehrkräfte aus der Problemlösebedingung, β = .48, 95%-KI [.06, .91]. Entsprechendes Rückmeldewissen ist positiv mit der Fähigkeit assoziiert, lernförderliche Rückmeldung in Testsituationen geben zu können, β = .37, 95%-KI [.15, .58]. Dies hat aber keinen Effekt auf die Änderung der unterrichtlichen Rückmeldepraxis, β = .16, 95%-KI [-.26, .56]. In Übereinstimmung hiermit zeigt das Rückmeldetraining im Vergleich zum Problemlösetraining zwar (vermittelt über das deklarative Rückmeldewissen) einen indirekten Effekt auf die Fähigkeit, Rückmeldung in Testsituationen zu geben, β = .18, 95%-KI [.03, .44], nicht aber auf die Veränderung der Rückmeldepraxis im Mathematikunterricht, β = .02, 95%-KI [-.01, .21]. (2) Diese Effekte werden (bei Berücksichtigung der Gesamtstichprobe) nicht durch die Selbstwirksamkeit der Lehrkraft moderiert. Betrachtet man aber nur die Lehrkräfte, die das Rückmeldetraining erhalten haben, zeigt sich, dass der Effekt des deklarativen Rückmeldewissens auf die Fähigkeit, lernförderliche Rückmeldung in Testsituationen zu geben positiv durch die Selbstwirksamkeit der Lehrkraft beeinflusst wird, β = .37, 95%-KI [.08, .73]. Diskussion Zusammengenommen deuten diese Befunde darauf hin, dass es mit dem 6-tägigen Rückmeldetraining gelungen ist, deklaratives Wissen über Rückmeldung und dessen Anwendung zu fördern. Hierbei scheint die Selbstwirksamkeit der Lehrkraft eine moderierende Funktion zu haben. Lehrkräfte scheinen allerdings Schwierigkeiten zu haben, ihre Fähigkeit Rückmeldung in Testsituationen lernförderlich zu gestalten auch im alltäglichen Mathematikunterricht umzusetzen. Zu diskutieren ist u.a., wie ein entsprechender Transfer zukünftig gefördert werden kann. ID: 448 / E 03 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematischnaturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Vorstellungen, Experimentieren, Kompetenz, Kompetenzmodelle, Erkenntnisgewinnung Wissensbasierte Vorstellungen über hypothetisch-deduktives Arbeiten und Experimentieren im naturwissenschaftlichen Unterricht – Erfassung, Struktur und Zusammenhänge zu Kompetenzen der Erkenntnisgewinnung Andreas Nehring Leibniz Universität Hannover, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die Förderung von Kompetenzen zur Umsetzung naturwissenschaftlicher Untersuchungen und die Entwicklung eines Verständnisses naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen stellen ein zentrales Ziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts dar (KMK, 2005). Dabei kann der Begriff Verständnis als „ein konsistentes System wissensbasierter Vorstellungen“ beschrieben werden (Urhahne, Kremer, & Mayer, 2008, S. 71). Gleichzeitig nehmen Kompetenzmodelle zur Konkretisierung von Teilkompetenzen Bezug auf ein hypothetisch-deduktives Vorgehen (Klos, Henke, Kieren, Walpuski, & Sumfleth, 2008; Wellnitz et al., 2012) sowie auf spezielle Arbeitsweisen wie bspw. die Variablenkontrollstrategie beim Experimentieren (Nehring, Nowak, Upmeier zu Belzen, & Tiemann, 2015; Wirth, Thillmann, Künsting, Fischer, & Leutner, 2008). Der sog. Konsistenz-Hypothese entsprechend kann eine hohe Ähnlichkeit zwischen den Vorstellungen und der Struktur von Anforderungssituationen hilfreich für deren Bewältigung und damit lernförderlich sein (Bromme, Pieschl, & Stahl, 2014; Muis & Franco, 2010). Studienziele und Fragestellungen Vor diesem Hintergrund bestand das Ziel der vorliegenden Studie darin, wissensbasierte Vorstellungen auf Grundlage eines Kompetenzmodells (Nehring et al., 2015; Nowak, Nehring, Tiemann, & Upmeier zu Belzen, 2013) zu beschreiben, um im Sinne der Konsistenz-Hypothese eine Passung zwischen Vorstellungen und kompetenzorientierten Anforderungen bei der Anwendung des hypothetisch-deduktives Vorgehens und der Variablenkontrollstrategie zu erreichen. Daraufhin wurde eine realiable Erfassung wissensbasierter Vorstellungen umgesetzt, um herauszufinden, welche Faktorstruktur sich hinsichtlich der wissensbasierten Vorstellungen nachweisen lässt und welche Zusammenhänge zu den entsprechenden Kompetenzen im Fach Chemie bestehen. Methode Zur Bearbeitung dieser Studienziele wurde ein Fragebogeninstrument entwickelt und in einer Querschnittsstudie zusammen mit einem bestehenden Instrument zur Erfassung der Kompetenzen beim Experimentieren im Fach Chemie (Nehring, 2015) bei 135 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen neun und zehn eingesetzt. In Anlehnung an bestehende Ansätze zur Erfassung von Vorstellungen (Lederman et al., 2014) wurden auf Grundlage fachdidaktischer Literatur (z. B. Hamman, 2004) adäquate und nicht adäquaten Aussagen über das hypothetisch-deduktive Vorgehen und die Variablenkontrollstrategie beim Experimentieren genutzt, um Likert-skalierte Items zu formulieren. Eine positive Polung der Items wurde über den Fragebogen konstant gehalten. Damit zeigten hohe Itemwerte eine hohe Ausprägung sowohl adäquater und als auch nicht adäquater Vorstellungen an. Ergebnisse Zur Absicherung der Qualität der Skalen wurden Trennschärfe- und Reliabilitätsanalysen durchgeführt, wobei 43 Items im Fragebogen verblieben. Dabei wurde deutlich, dass die Erfassung adäquater wissensbasierter Vorstellungen sowohl für das hypothetisch-deduktive Vorgehen (α = .83, .32 < rit < .60) als auch für die Anwendung der Variablenkontrollstrategie beim Experimentieren (α = .88, .39 < r(it) < .68) mit konsistenten Skalen gelingt. Im Falle nicht-adäquater Vorstellungen ist dies teilweise der Fall (α = .78, .25 < rit < .65 bzw. α = .56, .23 < r(it) < .32 ). Eine explorative Faktorenanalyse unter Verwendung der ParallelTest-Methode nach O’Connor (2000) mit sämtlichen Items verwies dabei auf das Vorliegen von vier Faktoren. Die Anwendung einer Quartimax-Rotation für korrelierte Faktoren ergab eine Varianzaufklärung von 40 Prozent und hohe Ladungen auf vier inhaltlich interpretierbaren Faktoren. Diese umfassen Items adäquater und nicht adäquater Vorstellungen jeweils zum hypothetisch-deduktiven Vorgehen und zur Variablenkontrollstrategie, wobei das Vorliegen adäquater Vorstellungen mit einer mittleren Abnahme nicht-adäquater Vorstellungen einhergeht (r = -.30, p < 0.001). Weiterhin konnte gezeigt werden, dass zunehmend adäquate wissensbasierte Vorstellungen mit höheren Kompetenzausprägungen beim Experimentieren einhergehen (r = .24, p < 0.01 bzw. r = .32, p < 0.001), während keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den nicht adäquaten Vorstellungen und den Kompetenzen gefunden wurden (r = .12, n. s. bzw. r = .02, n. s.). Diskussion Insgesamt verweisen die Ergebnisse auf eine vergleichsweise hohe Unabhängigkeit von vier Arten von wissensbasierten Vorstellungen, während adäquate Vorstellungen förderlich für die Kompetenzausprägung sein zu scheinen und nicht-adäquate Vorstellungen diese mglw. nicht behindern. Der Vortrag diskutiert das psychometrische und fachdidaktische Potential dieser Ergebnisse mit Blick auf weitere Forschungen und die Unterrichtspraxis. ID: 449 / H 04 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Sonstige Didaktiken Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Motivation und Emotion Stichworte: Lernen aus Texten, metakognitive Überwachung, konzeptuelles Wissen, prozedurales Wissen, Statistik Einstellung gegenüber Statistik und metakognitives Verstehen eines Statistiktexts: Differentielle Effekte von Einschätzungszeitpunkt und Verständnisart Anja Prinz, Stefanie Golke, Mareike Ehlers, Jörg Wittwer Institut für Erziehungswissenschaft, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Deutschland Beim Lernen aus Texten ist es erforderlich, das eigene Verstehen metakognitiv zu überwachen, um mögliche Verständnisprobleme zu beseitigen. Lernende haben allerdings oft Schwierigkeiten, ihr Verständnis beim Lesen eines Textes zu beurteilen. Ein Grund ist, dass sie dazu neigen heuristische Hinweisreize (z.B. Vertrautheit mit einem Thema) heranzuziehen, die markante Anhaltspunkte für das Verständnis darstellen, die jedoch nicht unmittelbar mit der Qualität der tatsächlichen Textrepräsentation, die das Textverständnis widerspiegelt, zusammenhängen. Vor allem Vorhersagen des Textverständnisses sind häufig ungenau, während die Einschätzung des Textverständnisses in der Rückschau, etwa nach Bearbeitung eines Verständnistests, gewöhnlich akkurat ist. Ein heuristischer Hinweisreiz, den Lernende zur Verständniseinschätzung speziell bei Statistiktexten heranziehen könnten, ist ihre Einstellung gegenüber Statistik. Beim Verstehen von Statistiktexten ist zu beachten, dass sowohl konzeptuelle Aspekte (z.B. Was ist Varianz?) als auch prozedurale Aspekte (z.B. Wie berechnet man Varianz?) eine wichtige Rolle spielen. Bislang wurde die metakognitive Einschätzung beim Lesen von Statistiktexten jedoch weder in Abhängigkeit von der Einstellung gegenüber Statistik noch für das konzeptuelle und prozedurale Verstehen beforscht. Deshalb haben wir in einer Studie untersucht, inwiefern die Einstellung gegenüber Statistik die Genauigkeit der metakognitiven Einschätzung über das konzeptuelle und prozedurale Verständnis eines Statistiktexts beeinflusst. An der Studie nahmen N = 29 Studierende, die einen Einführungskurs in Statistik besuchten, teil. Zunächst lasen die Studierenden einen Statistiktext über Streuungsmaße. Nach dem Lesen wurden sie über die Art der Aufgaben im anschließenden Verständnistest informiert. Der Test bestand aus 4 Aufgaben zur Erfassung des konzeptuellen Verständnisses und aus 4 Aufgaben zur Erfassung des prozeduralen Verständnisses. Anschließend schätzten die Studierenden für beide Aufgabenarten ein, wie viele der Aufgaben sie richtig beantworten würden. Danach bearbeiteten sie den Test. Nach der Bearbeitung schätzten die Studierenden erneut für beide Aufgabenarten die Zahl richtig beantworteter Aufgaben ein. Schließlich wurde die Einstellung gegenüber Statistik erhoben. Um die Genauigkeit des metakognitiven Verständnisses zu ermitteln, wurde die Differenz zwischen Einschätzung und Testleistung für beide Aufgabenarten berechnet. Entsprechend stellten positive Werte eine Überschätzung, negative Werte hingegen eine Unterschätzung dar. Die Ergebnisse zeigten, dass eine positivere Einstellung gegenüber Statistik eher zu einer Unterschätzung bei der Vorhersage des prozeduralen Verständnisses führte. Die Genauigkeit der Vorhersage des konzeptuellen Verständnisses wurde hingegen nicht von der Einstellung beeinflusst. Das Ergebnis verdeutlicht, dass Lernende ihre Einstellung gegenüber Statistik als heuristischen Hinweisreiz nur zur Einschätzung ihres prozeduralen Verständnisses, nicht aber zur Einschätzung ihres konzeptuellen Verständnisses heranziehen. Dies deutet darauf hin, dass Lernende mit ihrer Einstellung gegenüber Statistik vor allem prozedurale Aspekte und weniger konzeptuelle Aspekte assoziieren. Dass eine positivere Einstellung eher zu einer Unterschätzung des prozeduralen Verständnisses führt, kann methodisch damit erklärt werden, dass eine positivere Einstellung mit einem besseren prozeduralen Verständnis zusammenhängt, wodurch eher Unterschätzungen als Überschätzungen möglich sind. Weiterhin zeigten die Ergebnisse, dass die Einstellung gegenüber Statistik keinen Einfluss auf die Genauigkeit der Einschätzung des prozeduralen Verständnisses in der Rückschau hatte, während eine positivere Einstellung eher zu einer Überschätzung des konzeptuellen Verständnisses in der Rückschau führte. Demnach scheinen Lernende zur Beurteilung ihres prozeduralen Verständnisses vor allem Informationen über ihre tatsächliche Leistung bei der Bearbeitung des Verständnistests heranzuziehen und in ihr Urteil weniger ihre Einstellung gegenüber Statistik einfließen zu lassen. Zur Beurteilung des konzeptuellen Verständnisses hingegen liefert die Bearbeitung der Testaufgaben offensichtlich keine verlässlichen Hinweisreize, weshalb Lernende bei der Einschätzung vor allem ihre Einstellung gegenüber Statistik berücksichtigen. Die Ergebnisse machen insgesamt deutlich, dass die Einstellung gegenüber Statistik eine bedeutende Rolle für die Genauigkeit der metakognitiven Einschätzung über das Verständnis eines Statistiktexts spielt. Besonderer Förderbedarf scheint bei der Einschätzung des konzeptuellen Verständnisses zu liegen, das vor allem bei einer positiven Einstellung gegenüber Statistik in der Rückschau überschätzt wird, wodurch eventuell wichtige remediale Maßnahmen ausbleiben. ID: 450 / E 04 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Schulentwicklung Stichworte: sozialräumlich benachteiligte Schulstandorte, Sozialindex, evidenzbasierte und kontextsensible Schulentwicklung, Schulqualität, Lernstandserhebungen Gestaltungsqualität von Schulen in sozialräumlich depriviertem Umfeld – Ein Vergleich von erwartungswidrig effektiven und ineffektiven Schulen Tanja Webs1, Kevin Isaac2, Eva Wisberg1, Nina Bremm3, Heinz Günter Holtappels1, Annika Hillebrand1 1 Institut für Schulentwicklungsforschung/TU Dortmund; 2Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule; 3 Universität Duisburg-Essen Als differenzielle Lern- und Entwicklungsmilieus bieten Schulen je nach sozialräumlichem Schulumfeld und Schülerkomposition sowie schulischer und unterrichtlicher Ausgestaltung Kindern und Jugendlichen unterschiedliche Möglichkeiten für ihre Leistungsund Persönlichkeitsentwicklung (Baumert et al., 2006). Die Qualität und Effektivität der Einzelschule ist dabei – gemäß der Kontingenztheorie – abhängig von der Anpassungsfähigkeit der schulinternen, pädagogisch-organisatorischen Lern- und Arbeitsprozesse an die schulexternen Kontextbedingungen, die Zusammensetzung und die Lernvoraussetzungen der Schülerschaft (Creemers et al., 2000). Je nach schulspezifischer Ausgestaltung der Lernkultur können Schulen somit herkunftsbedingte Disparitäten kompensieren oder aber verstärken bzw. die Potenziale der Lernenden nicht ausreichend fördern. In benachteiligten und privilegierten Schulstandorten können daher erwartungswidrig effektive und ineffektive Schulen identifiziert werden (Burkard et al., 2014; Holtappels, 2008). Internationale Forschungsergebnisse zeigen, dass insbesondere effektive Schulen in herausforderndem Umfeld, die im angloamerikanischen Sprachraum auch als improving schools in challenging circumstances bezeichnet werden, sich auf schulischer Ebene u.a. durch kooperativ-partizipatives Schulleitungshandeln, Nutzung von Evaluationsdaten, datengestützte Aktivitäten der Schulentwicklung, gemeinsame Visionen und Ziele, Kooperation im Kollegium, wertschätzendes Sozialklima, hohe Leistungserwartungen an die Lernenden, Nutzung außerschulischer Ressourcen und Netzwerke sowie auf Unterrichtsebene u.a. durch stärker strukturierte und anwendungsorientierte Lernprozesse und kurzfristigere Lernziele mit unmittelbarem Feedback auszeichnen (Muijs et al., 2004). Hierzulande ist jedoch der Forschungsstand zu Merkmalen von effektiven Schulen in schwieriger Lage bisher unzureichend (Racherbäumer et al., 2013). Evidenzbasierte und kontextsensible Schulentwicklungsmaßnahmen lassen sich daraus bislang nicht ableiten (van Ackeren, 2008). Angesichts des Forschungsdesiderates wird in dem Beitrag das Erkenntnisinteresse verfolgt, Prozessmerkmale auf Schul- und Unterrichtsebene zu identifizieren, die die Lernzuwächse von Schülerinnen und Schülern an Schulen in sozialräumlich depriviertem Umfeld fördern können. Konkret wird folgenden Forschungsfragen nachgegangen: 1. Lassen sich auf der Grundlage schulexterner Standortbedingungen und der Schülerleistung Schulen hinsichtlich ihrer erwarteten und davon abweichenden Leistungen gruppieren? Kann eine solche Klassifizierung auf Basis von Merkmalen der Schülerkomposition validiert werden? 2. Welche schulinternen Gestaltungsmerkmale differieren signifikant zwischen den ermittelten erwartungskonformen sowie erwartungswidrig starken und schwachen Schulgruppen in sozialräumlich benachteiligter Lage? Den Untersuchungskontext bildet das Projekt „Potenziale entwickeln – Schulen stärken“, dessen Ziel darin liegt, Schulentwicklungsprozesse an Schulen in herausforderndem Umfeld evidenz- und netzwerkbasiert zu fördern. Als Datengrundlage dienen auf Schulebene aggregierte Individualdaten zum einen der Zentralen Prüfungen in Klasse 10 sowie der Lernstandserhebungen in Klasse 8 im Fach Mathematik, differenziert nach Anspruchsniveau, zusammen mit den Standorttypen für Schulen in Nordrhein-Westfalen (1. Frage), zum anderen die in der fragebogengestützten Eingangserhebung des Projekts erfassten Angaben von 1.105 Lehrenden und 3.183 Lernenden zu schulexternen und -internen Arbeitsbedingungen an 36 Schulen der Sekundarstufe I in der Metropole Rhein-Ruhr (2. Frage). Basierend auf den Standorttypen und den Mathematikkompetenzen in Klasse 8 werden in einem ersten Schritt regressionsanalytisch die Mathematikprüfungsnoten in Klasse 10 vorhergesagt und anhand von Abweichungen der tatsächlichen Werte von den Erwartungswerten die Schulen erwartet bzw. unerwartet starken und schwachen Schulgruppen zugeordnet. Rekurrierend auf der Forschungslage zu effektiven Schulen in schwieriger Lage werden in einem zweiten Schritt Schulqualitätsmerkmale wie Schulleitungshandeln, Kooperation im Kollegium, Schul- und Arbeitsklima und Schulentwicklungsaktivitäten aus Sicht der Lehrenden sowie Merkmale der Unterrichtsqualität wie effektive Zeitnutzung, kognitive Anregung, Binnendifferenzierung und individuelle Förderung aus Sicht der Lernenden hinzugezogen und mittels Varianzanalysen Unterschiede zwischen den ermittelten Schulgruppen hinsichtlich dieser Merkmale signifikanzstatistisch geprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass im Sinne der Fragestellung erwartungskonforme und erwartungswidrig starke und schwache Schulgruppen in schwieriger Lage ermittelt werden können. Allerdings bestehen zwischen diesen Schulgruppen nicht in allen analysierten Prozessmerkmalen auf Schul- und Unterrichtsebene signifikante Unterschiede. Die gewonnenen Befunde liefern empirische Hinweise darauf, welche Gestaltungsmerkmale auf Schul- und Unterrichtsebene Lernzuwächse von Schülerinnen und Schülern an Schulen in sozialräumlich depriviertem Umfeld fördern können und daher als Ansatzpunkte datengestützter und kontextsensibler Maßnahmen schulischer Qualitätsentwicklung von Schulen in herausforderndem Umfeld infrage kommen. ID: 451 / G 16 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lese- und Sprachförderung, Motivation und Emotion Stichworte: Feedback, Elternhaus, Grundschule, Motivation, Selbstkonzept Rückmeldungen zu Leseprozessen in Elternhaus und Schule im Zusammenhang mit der Lesemotivation von Kindern im dritten und vierten Grundschuljahr Frank Hellmich, Fabian Hoya Universität Paderborn, Deutschland Das Unterstützungsverhalten von Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern gilt als eine wichtige Voraussetzung für das Lernen von Kindern im Grundschulalter. Rückmeldungen zu Lernprozessen und Lernergebnissen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Unter Rückmeldungen werden Informationen verstanden, die Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer Kindern in der Folge von Lernleistungen bereitstellen, um Diskrepanzen zwischen den aktuell erbrachten Leistungsergebnissen und den zu erreichenden Lernzielen aufzuzeigen und zu verdeutlichen (vgl. Hattie & Timperley, 2007, S. 87). Während mittlerweile verschiedene Studien zu den Bedeutungen der Rückmeldungen von Eltern (vgl. z. B. Gonzales-DeHass, Willems & Holbein, 2005) sowie Lehrerinnen und Lehrern (vgl. Schweinle, Meyer & Turner, 2006) für die Lern- und Leistungsmotivation von Kindern vorliegen, fehlen momentan noch Untersuchungen zu der Frage, ob Rückmeldungen im Elternhaus oder in der Schule eine größere Rolle für die Entwicklung der Lernmotivation von Kindern im Grundschulalter (und darüber hinaus) spielen. Unter rein quantitativem Aspekt betrachtet geben Eltern ihren Kindern häufiger Feedback zu Lernprozessen als Lehrerinnen und Lehrer (vgl. Hess, Dickson, Price und Leong, 1979; Sun und Rao, 2011). Weitgehend ungeklärt ist in diesem Zusammenhang allerdings, wie Rückmeldungen in Elternhaus und Schule von Kindern verarbeitet werden und sich auf ihre Lernprozesse und deren Bedingungen auswirken. In unserer Studie wird vor diesem Hintergrund am Beispiel des Leseunterrichts in der Grundschule untersucht, ob und inwiefern Unterschiede in der intrinsischen und extrinsischen Lesemotivation durch kindliche Wahrnehmungen von positiven Rückmeldungen der Eltern und von denjenigen der Lehrkräfte vorhergesagt werden können. Dabei nehmen wir an, dass Effekte der wahrgenommenen Rückmeldungen auf die Lesemotivation der Schülerinnen und Schüler aus dem dritten und vierten Grundschuljahr durch ihre lesebezogenen Selbstkonzepte sowie ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugungen im Lesen mediiert werden. Im Rahmen der Studie wurden N=684 Kinder dritter und vierter Grundschulklassen zu ihrer intrinsischen und extrinsischen Lesemotivation, ihren lesebezogenen Selbstkonzepten sowie zu ihren Selbstwirksamkeitsüberzeugungen im Lesen befragt. Zusätzlich gaben die Kinder Auskunft zu den von ihnen im Elternhaus und in der Schule erfahrenen positiven Rückmeldungen zu ihren Leseprozessen. Die Ergebnisse zeigen schwache bivariate Zusammenhänge zwischen dem von den Kindern wahrgenommenen Feedback ihrer Eltern sowie ihren lesebezogenen Selbstkonzepten (r=.38; p≤.001), ihren Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (r=.17; p≤.001), ihrer intrinsischen (r=.30; p≤.001) und extrinsischen Lesemotivation (r=.23; p≤.001). Das von den Kindern wahrgenommene positive Feedback der Lehrkräfte korreliert auf schwachem Niveau hoch- bzw. höchstsignifikant mit den lesebezogenen Selbstkonzepten (r=.42; p≤.001), den Selbstwirksamkeitsüberzeugungen im Lesen (r=.13; p≤.001) sowie der intrinsischen (r=.20; p≤.001) und der extrinsischen Lesemotivation (r=.10; p≤.01). Das von den Kindern wahrgenommene Feedback der Eltern korreliert auf mittlerem Niveau mit demjenigen der Lehrerinnen und Lehrer (r=.59; p≤.001). Die Befunde aus einem in Mplus berechneten Strukturgleichungsmodell verdeutlichen dabei, dass die intrinsische und die extrinsische Lesemotivation der Kinder jeweils durch die wahrgenommenen positiven Rückmeldungen im Elternhaus erklärt werden können. Der Zusammenhang zwischen der extrinsischen Lesemotivation und den perzipierten positiven Rückmeldungen im Elternhaus wird erwartungsgemäß durch die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der befragten Kinder im Lesen mediiert. Durch die Analysen wird weiterhin deutlich, dass Unterschiede in den lesebezogenen Selbstkonzepten der Schülerinnen und Schüler eher durch Unterschiede in den wahrgenommenen positiven Rückmeldungen der Lehrkräfte als durch die perzipierten Rückmeldungen der Eltern erklärt werden können. Entgegen den theoretischen Annahmen werden in dem Strukturgleichungsmodell allerdings Unterschiede in der intrinsischen und extrinsischen Lesemotivation der Kinder nicht durch Differenzen in den von ihnen wahrgenommenen positiven Rückmeldungen der Lehrerinnen und Lehrer erklärt. Die im Rahmen der Ergebnisse unserer Studie veranschaulichte Bedeutung elterlicher Rückmeldungen für die Lesemotivation von Kindern im Grundschulalter könnte bei der Weiterentwicklung von ‚Family Literacy‘-Programmen Berücksichtigung finden, bei denen die aktive Elternmitarbeit bei der Entwicklung schriftsprachlicher Kompetenzen von Kindern im Vor- und Grundschulalter im Vordergrund steht. ID: 452 / G 04 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Gesundheit/ Stress/ Belastung, Schulentwicklung Stichworte: Organisationale Resilienz, Sozialräumlich benachteiligte Schulstandorte, Widerstandsfähigkeit, Salutogenese, Latent Profile Analysis Muster organisationaler Resilienz von Schulen in sozialräumlich benachteiligter Lage Christine Neumann1, Tanja Webs2, Nina Bremm1, Isabell van Ackeren1 1 Universität Duisburg-Essen; 2Institut für Schulentwicklungsforschung/TU Dortmund Ergebnisse von Schulleistungsvergleichsstudien zeigen, dass zusätzlich zu individuellen Lernvoraussetzungen auch sozialräumliche Kontextbedingungen, einhergehend mit der sozioökonomischen Schülerkomposition, die Bildungserfolge von Schülerinnen und Schülern beeinflussen können (Baumert et al., 2006). Insbesondere Schulen in sozialräumlich benachteiligtem Umfeld stehen daher unterschiedlichen Risikofaktoren für erfolgreich verlaufende Bildungsprozesse ihrer Schülerinnen und Schüler gegenüber, die auf Ebene des Schulstandortes, der Schülerzusammensetzung, aber auch der einzelschulischen Gestaltungsqualität liegen können (Holtappels, 2008). Neben Schulen, denen eine Kompensation von Risikofaktoren schulischer Bildung kaum gelingt, lassen sich ebenso Schulen identifizieren, die trotz ungünstiger Arbeitsbedingungen und Lernvoraussetzungen der Lernenden hohe Lernzuwächse bei ihren Schülerinnen und Schülern erzielen (Muijs et al., 2004; Racherbäumer et al., 2013). Diese Schulen weisen ein hohes Maß an Lern- und Problemlösefähigkeit auf, die auf eine starke Widerständigkeit zurückgeführt werden kann (Ungericht & Wiesner, 2011). Das Phänomen der Kompensation von Vulnerabilitäten wird in der Organisationsforschung als organisationale Resilienz bezeichnet (Gebauer & Kiel-Dixon, 2009; McManus et al., 2008). Gemeint ist damit, die Kapazität von Organisationen, unter Einfluss von Risikofaktoren, Belastungen zu bewältigen, stabilitätssichernde Organisationsfunktionen herzustellen oder zu bewahren (Sutcliffe & Vogus, 2003), positive Überzeugungen und Einstellungen im organisationalen Kontext zu (re-)produzieren (Vogus & Sutcliffe, 2007), organisationale Selbsterneuerung und Innovation voranzutreiben (Reinmoeller & van Baardwijk, 2005) und damit insgesamt ein erhöhtes Maß an Passung an die Arbeitsbedingungen zu entwickeln (Sutcliffe & Vogus, 2003). Resiliente Organisationen verfügen über resiliente Akteure, die sich durch eine erhöhte Selbstwirksamkeitsüberzeugung (Mallak, 1998), eine ausgeprägte Innovationsbereitschaft (Shin et al., 2010), höhere Arbeitszufriedenheit und stärkere Verbundenheit mit der Organisation (Youseff & Luthans, 2007) auszeichnen. Das Konstrukt organisationaler Resilienz wurde bislang noch nicht auf die Organisationsform Schule übertragen und im Kontext von Schulen in herausforderndem Umfeld untersucht. Angesichts des skizzierten Forschungsdesiderates widmet sich der Beitrag dem Erkenntnisinteresse, wie Schulen in sozialräumlich benachteiligter Lage mit unterschiedlichen Ausprägungen organisationaler Resilienz Vulnerabilitätsfaktoren kompensieren können. Konkret wird folgenden Forschungsfragen nachgegangen: 1. Können anhand der Merkmale organisationaler Resilienz Gruppen von Schulen in vornehmlich sozialräumlich deprivierter Lage und mit eher sozioökonomisch benachteiligter Schülerschaft identifiziert werden, die sich durch spezifische organisationale Resilienzmuster auszeichnen? 2. Lassen sich systematische Differenzen zwischen den identifizierten schulischen Resilienzmustern hinsichtlich der Gestaltungsqualität auf Schul- und Unterrichtsebene sowie der schulischen Ergebnisqualität ermitteln? Als Datengrundlage dient die fragebogengestützte Eingangserhebung des Projekts „Potenziale entwickeln – Schulen“ stärken. Die Stichprobe umfasst 36 Schulen der Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen, die an herausfordernden Standorten arbeiten. Genutzt werden auf Schulebene aggregierte Individualdaten von Lehrkräften (n=1.105) sowie von Schülerinnen und Schülern (n=3.183) und deren Eltern (n=2.146). Merkmale organisationaler Resilienz, wie kollektive Selbstwirksamkeitserwartung, Innovationsbereitschaft im Kollegium, Arbeitszufriedenheit und schulbezogenes Commitment sowie weitere Merkmale der schulischen Ausgestaltung werden aus Lehrkräftesicht eingeschätzt, wohingegen Merkmale der Schülerzusammensetzung, der Unterrichtsgestaltung und der Ergebnisqualität aus Sicht der Lernenden und ihrer Eltern abgebildet werden. Alle Skalen weisen eine zufriedenstellende Reliabilität auf (α>.7). Die Klassifizierung der Schulen erfolgt mittels latenter Profilanalyse und die weitere Differenzierung wird varianzanalytisch zufallskritisch abgesichert. Mit Blick auf die erste Forschungsfrage zeigen die Ergebnisse, dass vier schulische Resilienzgruppen identifiziert werden können: Zwei mit unterdurchschnittlichem bzw. durchschnittlichem Niveau über alle Resilienzmerkmale (n=8 bzw. n=17) und zwei mit überdurchschnittlichen Resilienzprofilen, wobei sich die eine Gruppe durch höhere Zufriedenheit und schulbezogenes Commitment (n=9) und die andere durch stärkere Innovationsbereitschaft im Kollegium und kollektive Selbstwirksamkeitserwartung auszeichnet (n=2). In Bezug auf die zweite Forschungsfrage wird deutlich, dass insbesondere die beiden Schulgruppen mit (unter-)durchschittlichem Resilienzniveau schwierigere Kontextbedingungen und Schülerkompositionen aufweisen und auch hinsichtlich weiterer Merkmale der Gestaltungs- und Ergebnisqualität, wie u.a. dem Arbeitsklima im Kollegium, Schüler-Lehrer-Beziehungen, Schulentwicklungsaktivitäten und dem Wohlbefinden der Lernenden in der Schule ungünstiger abschneiden. Basierend auf den Befunden werden forschungsbezogene Konsequenzen zur vertiefenden Analyse von organisationaler Resilienz im Schulkontext aufgezeigt und schulpraktische Schlussfolgerungen zur Förderung organisationaler Resilienz von Schulen in sozialräumlich deprivierter Lage diskutiert. ID: 456 / E 14 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Bildung im Sekundarbereich, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Keywords: Berufs-biographische Forschung, Intra-Kohortenvergleich, Entwicklungspsychologie, Generationssoziologie 50 Jahre Göttinger Längsschnittuntersuchung (GLU): Von der Berufseignung, über Lehrerfolg, weitere Aus- und Weiterbildung, zu Karrieren, Berufserfolg und Lebenszufriedenheit der Lebensspanne des gesamten Erwerbslebens Sylvia-Maria Schröder, Micha Strack, Peter Faßheber Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie, Universität Göttingen, Deutschland Hintergrund Besonders Längsschnittstudien erlauben, Erwartungen über Bildungserfolge zu prüfen. Aus der Perspektive der BiographieForschung wird deutlich, dass die gesellschaftlichen Umstände (bspw. gesamtgesellschaftliche Ausrichtung, Veränderungen im Zuge der Wiedervereinigung in Deutschland, ökonomische Globalisierung und Konjunktur) moderieren, ob individuelles Engagement oder betrieblich angeregte Weiterbildung zur beruflichen Entwicklung beitragen können. Fragestellung Das Design der GLU-Längsschnittstudie ist gekennzeichnet durch eine sozioökonomisch homogene Ausgangskohorte (Metallfacharbeiterlehrlinge eines Jahrgangs einer Region). Starke Varianz in der Bildungs- und Berufsentwicklung über die weitere Lebensspanne bis zum Übergang in den Ruhestand kann im Sinne des Tagungsthemas als „erwartungswidrig“ interpretiert werden. Methodisches Vorgehen Zu Beginn ihrer Metallfacharbeiter-Lehre 1964 wurden 161 männliche Jugendliche in eine umfangreiche persönlichkeits- und eignungsdiagnostische Eingangsuntersuchung der Göttinger Längsschnittuntersuchung (GLU) einbezogen. Die Teilnehmer verfügten im Regelfall über einen Volksschulabschluss mit achtjähriger Schulzeit. Die eingesetzte Eignungsdiagnostik basiert auf dem Persönlichkeitsmodell von Gottschaldt (1960), und ähnelt heutigen Assessment Centern (Hübner, 1992). Prognosen zum dreieinhalbjährigen Ausbildungszeitraum wurden mit Erfolgskriterien der Ausbildung korreliert (Faßheber, 1970). Mitte der 1980-er Jahre wurden Kriterien und aktendiagnostische Prognosen für den Berufserfolg formuliert. Diese wurden mit den Daten verglichen, die 1989/90 in Interviews mit insgesamt 96 wiederaufgesuchten Probanden dokumentiert und in das Göttinger Berufs-Verlauf-Modell (GBVM) übertragen werden konnten (Faßheber et al., 1992; Schröder 1993). Im GBVM wurden alle Aus- und Weiterbildungsaktivitäten der Teilnehmer bis zum Alter von etwa 40 Jahren erfasst und in einem Index der beruflichen Statusentwicklung aufbereitet. 50 Jahre nach Lehrbeginn, im Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, konnten von 2012-2014 insgesamt 82 Probanden der GLU zum dritten Mal aufgesucht und zu ihrem weiteren Werdegang interviewt werden. Ergebnisse In den Interviews von 1989/90 wurde eine Vielzahl unerwarteter Bildungsaktivitäten der Probanden deutlich (Schröder, 1993). Vielseitige und ausgeprägte Aktivitäten vieler Probanden führten zu zahlreichen Weiterentwicklungen, sowohl über häufig erfolgte fortgeschrittene allgemeinbildende Abschlüsse, als auch über berufliche Weiterbildung zu anspruchsvollen beruflichen Tätigkeiten und Berufs-Positionen. Der GBVM-Wert streut zwischen -2,5 und 9 Indexpunkten (MW 3.4 SD 2.3). Bspw. erwarben 15 Probanden die Mittlere Reife, weitere 10 Probanden die Allgemeine Hochschulreife, 17 Pbn. einen Fachhochschulabschluss und sieben Pbn. einen Universitätsabschluss, davon zwei sogar eine Promotion. Die Interviews von 2012-2014, die die Folgezeit nach 1990, sowie den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand der Pbn. fokussieren, führen demgegenüber zu anderen Ergebnissen. Zwar zahlt sich die in der ersten Hälfte des Berufslebens kumulierte Bildung erwartungskonform im Alter aus (Korrelation GBV zu t2 mit Haushaltseinkommen zu t3 r=.56; mit bedarfsgewichtetem Äquivalenzeinkommen r =.55, p<.01). In der zweiten Hälfte des Berufslebens zeigt sich aber eine Stagnation weiterer Bildungsanstrengungen. Eigeninitiativen für Weiterbildung sind deutlich zurückgegangen. Teilnahmen an vom Arbeitgeber initiierten Weiterbildungskursen kamen vor, betrafen aber meist arbeitspsychologisch empfohlene Maßnahmen zum Gesundheitsverhalten im weitesten Sinne. Eine nennenswerte Ausnahme bilden die acht im eigenen Unternehmen selbständig arbeitenden Teilnehmer. Über das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze hinaus sind sie weiterhin berufstätig. Noch immer lassen sie innovative Interessen erkennen, verbunden mit (weiter)bildungsbezogenen Anstrengungen. Diese umfassen im Falle eines erfolgreichen mittelständischen Unternehmers sogar die Etablierung und den Ausbau einer betriebseigenen Bildungsakademie. Anhand der Ergebnisse lassen sich Lebenszyklus-, Kohorten- und Periodeneffekte des biographischen Bildungs- und Lebenserfolgs diskutieren. ID: 457 / G 16 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Schulentwicklung Stichworte: Schulentwicklung, Implementationsforschung, Transferforschung, Schulen in schwieriger Lage Kooperation von Wissenschaft, Praxis und Administration als Wissenstransferstrategie? Einblicke in ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zu Schulen in sozialräumlich benachteiligter Lage Nina Bremm1, Veronika Manitius2 1 Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Qualitäts- und UnterstützungsAgentur - Landesinstitut für Schule NRW (QUA - LiS NRW) Die Relevanz von gelingenden Transfer- und Implementationsprozessen für die erfolgreiche Umsetzung von Reformen sowohl auf System- als auch Schulebene gilt in der Schulentwicklungsdiskussion als unbestritten (van Holt 2014; Gräsel 2010; Klieme et al. 2007). So betont auch die KMK in ihrer jüngst überarbeiteten Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring: „Die Aufgabe der Landesinstitute und Qualitätseinrichtungen der Länder besteht in diesem Zusammenhang darin, Forschungswissen in Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen adressatengerecht für die Schulen, die Bildungsadministration und die Bildungspolitik aufzubereiten und zu verbreiten. Um nachhaltig Wirkung in der Fläche erzielen zu können, bedarf es ferner besonderer Implementations- und Transferstrategien in den Ländern“ (KMK 2015, 14). Damit werden Wissenschaft und Landesinstitute als zentrale Kooperationspartner benannt, die Wissen für Schulen und Administration aufbereiten und transferieren sollen. Unklar bleibt jedoch, wie solche Kooperationsstrukturen konkret auszugestalten sind und was „besondere“ Implementations- und Transferstrategien für Schulen und Bildungsadministration kennzeichnet. Das Forschungs- und Schulentwicklungsprojekt „Potenziale entwickeln – Schulen stärken“ fokussiert in seiner konzeptionellen Anlage die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft (Universitäten Duisburg-Essen und Dortmund) und Landesinstitut (Qualitätsund UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule NRW – QUA-LiS) im Wissensmanagement und in der Transferarbeit. Als weitere Akteure sind die Stiftung Mercator, 36 Schulen in schwieriger Lage aus der Metropolregion Ruhr und die Bildungsadministration (MSW NRW, Bezirksregierungen NRW, Kompetenzteams NRW) in das Projekt eingebunden. ‚Potenziale entwickeln- Schulen stärken’ ermittelt mithilfe einer quantitativen Längsschnittuntersuchung neues Wissen zu Kontext- und Prozessmerkmalen von Schulen in schwieriger Lage. Das parallel realisierte Fallstudiendesign in sechs Schulen erlaubt eine Verknüpfung dieser Daten mit qualitativ vertiefenden Fallanalysen schulischer Prozesse. Mit dem evidenzbasiert und entwicklungsoffen konzipierten Ansatz der Netzwerk- und Schulentwicklungsarbeit wird flexibel an den im Forschungsteil identifizierten Bedarfen gearbeitet. Hierbei werden die im Bildungssystem vorhandenen Akteure und Strukturen gezielt eingebunden. Die standardisierte Evaluation der Netzwerk- und Schulentwicklungsarbeit und das gemeinsame Wissensmanagement von Landesinstitut und Wissenschaft generieren systematisierte Informationen über erfolgreiche Entwicklungsstrategien von Schulen in schwieriger Lage. Die enge Kooperation zwischen Wissenschaft und Landesinstitut und die konzeptionelle Einbildung von Administration und Schulen seit Projektstart bildet die Grundlage für den Transfer der Projekterkenntnisse. 'Potenziale entwickeln – Schulen stärken' kann insofern modellbildend für Kooperationen im Sinne nutzeninspirierter Grundlagenforschung sein und neue Hinweise auf erfolgreiche „Implementations- und Transferstrategien in den Ländern“ (KMK 2015, 14) liefern. Im Beitrag werden erste Ergebnisse der Wissens- und Transferstrategie der Wissenschaft und des Landesinstituts vorgestellt. Es wird der Fragestellung nachgegangen, welche Faktoren zentral für gelingende Schulentwicklungsarbeit für Schulen in sozial deprivierten Kontexten sind und inwiefern diese Erkenntnisse auf Relevanz für die Überführung in nachhaltige Strukturen geprüft werden können. Dabei wird auf theoretische Überlegungen und Methoden aus dem Wissensmanagement (Willke 2004, Heitmann 2013, Probst et al. 2003) und der Implementationsforschung (Petermann 2014) zurückgegriffen, die dazu genutzt werden, das in den Schulentwicklungsprozessen der Projektschulen generierte Wissen mittels theoretisch hergeleiteter Instrumente zu dokumentieren und zu analysieren, der Administration zuzuführen und im Hinblick auf Relevanz für Implementationsbemühungen in die Fläche, z.B. für das Fortbildungssystem, zu überprüfen. Als Datengrundlage dienen leitfadengestützten Interviews, die mit 5 Lehrkräften, welche die Projektschulen als externe Expert/innen in ihrer Schulentwicklung begleiten, geführt und inhaltsanalytisch ausgewertet wurden. Die Ergebnisse dieser Exploration zeigen zum einen erste Hinweise auf relevante Schlüsselfaktoren für das Gelingen von Schulentwicklungsarbeit in belasteten Kontexten, die perspektivisch mit den Daten der quantitativen und qualitativen wissenschaftlichen Begleitforschung in Beziehung gesetzt und gespiegelt werden können und so eine multimethodische und mehrperspektivische Datengrundlage für die von der KMK geforderten Implementations- und Transferstrategien ermöglichen. Die Befunde werden zum anderen mit Blick auf die Frage diskutiert, welche Erkenntnisse aus einem solch konkreten Schulentwicklungsprojekt Relevanz für den systemischen Transfer aufweisen. Mit Bezug auf die Transferforschung werden die Rollen und mögliche Zuständigkeiten der vielfältigen Akteure im Projekt dahingehend analysiert, inwieweit der Ansatz von Potenziale entwickeln – Schulen stärken eine geeignete Bottom-Up-Transferstrategie darstellt. ID: 460 / G 16 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Vorschulische Bildung Stichworte: frühe Kindheit, Temperament, häusliche Lernumwelt, Risikofaktoren, Nationales Bildungspanel Bedingungen gelungener Mutter-Kind-Interaktion bei Kindern mit schwierigem Temperament Jan-David Freund, Anja Sommer, Sabine Weinert Otto-Friedrich Universität Bamberg, Deutschland Die Qualität der häuslichen Lernumwelt und insbesondere der Mutter-Kind-Interaktion in der frühen Kindheit hat sich wiederholt als bedeutsamer und langfristiger Prädiktor einer günstigen sprachlichen, kognitiven und sozio-emotionalen Entwicklung des Kindes gezeigt (z.B. Pearson et al., 2011). Unter dieser Qualität wird gerade in früher Kindheit sowohl sensitives als auch anregendes Interaktionsverhalten verstanden. Sensitivität meint dabei ein Verhalten, das angemessen auf kindliche Bedürfnisse und Interessen eingeht (Ainsworth et al., 1974). Anregendes Interaktionsverhalten dagegen wird häufig im Sinne eines Scaffolding-Prozesses beschrieben, das aufbauend auf dem Konzept der Zone proximaler Entwicklung von Vygotsky ein dem Kind zugewandtes Verhalten meint, durch das ihm während eines Lernprozesses ein hinsichtlich Intensität und Niveau angemessenes Maß an Unterstützung zukommt (z.B. Rogoff, 1990). Das mütterliche Verhalten insbesondere in der unmittelbaren Interkation mit dem Kind wird neben verschiedenen anderen Faktoren auch durch Charakteristika des Kindes beeinflusst. Eines davon ist das Temperament, also die angeborene, stabile und über Situationen hinweg kontingente Modulation der Reaktionen auf interne und externe Anforderungen. Immer wieder konnte ein Zusammenhang von schwierigem Temperament des Kindes und einer Verringerung günstigen Verhaltens der Mutter gezeigt werden (z.B. Therriault et al., 2011). Allerdings fand sich in einer Metastudie von Paulussen-Hoogeboom und Kollegen (2007) insgesamt nur ein schwacher Zusammenhang von Temperament und mütterlicher Sensitivität, während er in Risikogruppen deutlich höher ausfiel. Außerdem konnte gezeigt werden, dass derartige Risikofaktoren den emotionalen Stress in der Familie erhöhen (Conger et al., 2010). Daher ist anzunehmen, dass die Qualität mütterlichen Interaktionsverhaltens möglicherweise nur bei vorliegenden Risikofaktoren durch das kindliche Temperament beeinträchtigt wird, während ohne Risikofaktoren die Qualität mütterlichen Verhaltens weitgehend oder sogar vollständig robust gegenüber dem Einfluss des kindlichen Temperaments ist. Diese Annahme wurde untersucht, indem der Zusammenhang schwierigen Temperaments und günstigen Elternverhaltens in der Mutter-Kind-Interaktion bei Familien mit unterschiedlich vielen vorliegenden Risikofaktoren verglichen wurde. Insbesondere das Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren wurde als Umstand vermutet, der die benötigten Kompensationsressourcen schwächt und daher mit einem stärkeren negativen Zusammenhang einhergehen sollte. Die Daten zur Untersuchung der Fragestellung stammen aus der repräsentativen Stichprobe der ersten Welle der Startkohorte Neugeborene und frühkindliche Bildung des Nationalen Bildungspanels (NEPS, Blossfeld et al., 2011), die bei knapp 3500 Kindern (davon für diese Studie relevant N = 2183) ab einem Alter von 6-8 Monaten (M = 6.96; SD = 0.81; 51.2% Jungen) bildungsrelevante Faktoren und frühkindliche Entwicklung im Längsschnitt untersucht. Die Erfassung der Qualität mütterlichen Verhaltens erfolgte anhand von Videoaufnahmen von halb-standardisierten Mutter-KindInteraktionen, die im Haushalt der Familie erstellt wurden (Sommer & Mann, 2015). Die Kodierung mütterlicher Sensitivität (Beobachterübereinstimmung: 90%) erfolgte anhand der eigens dafür entwickelten makroanalytischen Eltern-Kind-InteraktionsEinschätzskala (EKIE; Sommer & Mann, 2015). Scaffolding (Beobachterübereinstimmung: 82%) wurde im Rahmen des NEPSergänzenden DFG-Projekts ViVA anhand eines mikroanalytischen Verfahrens erhoben, durch welches das Handlungsniveau des Kindes und eine entsprechend angemessene Unterstützung der Mutter erfasst wurde. Kindliches Temperament (gemessen mit einer 9-Item Version des IBQ-R-VSF – Bayer et al., 2015) und Kontextfaktoren wurden mithilfe eines Elterninterviews erfragt. Als Risikofaktoren wurden verschiedene die Ressourcen der Mutter potenziell schwächende Faktoren definiert (z.B. psychische Belastung der Mutter, Status als Alleinerziehende, Armut, niedriger Bildungsgrad). Zur Untersuchung der Fragestellung wurde für verschiedene anhand der Risikofaktoren gebildete Subgruppen der Zusammenhang des berichteten Temperaments mit der beobachteten Sensitivität und Scaffolding der Mutter ermittelt. In Übereinstimmung mit der Befundlage wurde für die Gesamtstichprobe nur ein geringer Zusammenhang festgestellt. Eine gezielte Betrachtung der Subgruppen ergab jedoch eine mit der Anzahl an Risikogruppen, denen Mutter und Kind angehörten, deutlich wachsende Bedeutung. Dieser Befund stützt die Annahme, dass die Abwesenheit relevanter Risiken protektiv hinsichtlich der ungünstigen Folgen eines schwierigen frühkindlichen Temperaments für die Qualität der häuslichen Lernumwelt wirkt. ID: 463 / C 02 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Didaktik Mathematik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Professionelle Handlungskompetenz von Lehrkräften, Fachdidaktisches Wissen, Überzeugungen, Unterrichtsqualität, Lehrerfortbildungen Wirkung von Lehrerfortbildungen auf die Entwicklung professioneller Handlungskompetenz und die Qualität von Unterricht Michael Besser1, Dominik Leiss1, Birgit Schütze2, Katrin Rakoczy3 1 PH Freiburg, Deutschland; 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster; 3Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung Eine Auseinandersetzung mit professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften stellt ein zentrales Element aktueller Bildungsforschung dar (Baumert & Kunter, 2006). Vielfältige Studien zeigen in diesem Kontext insbesondere einen Einfluss von fachdidaktischem Wissen sowie von Überzeugungen als ausgewählte Facetten professioneller Handlungskompetenz auf die Qualität von Unterricht auf (Kunter u. a., 2013; Tatto u. a., 2012). Weitestgehend unklar ist jedoch, wie fachdidaktisches Wissen und Überzeugungen im Rahmen von Lehrerfortbildungen gezielt verändert werden können und inwieweit hierdurch die Qualität von Unterricht verbessert werden kann. Zwar diskutieren zentrale Übersichtsartikel notwendige Bedingungen für den Erfolg von Lehrerfortbildungen (Cobb & Jackson, 2011; Desimone, 2009; Lipowsky, 2004), hinreichende, generalisierbare Bedingungsfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung von Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte mit Blick auf die Entwicklung dieser Facetten professioneller Handlungskompetenz und die Qualität von Unterricht werden hier jedoch nicht beschrieben. Aufbauend auf diesem Forschungsdesiderat untersucht das DFG-Forschungsprojekt COCA die Wirkung von Lehrerfortbildungen auf die Entwicklung professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften im Schuldienst sowie auf die Qualität von Unterricht. Am spezifisch-fachdidaktischen Beispiel einer lernförderlichen Implementation formativen Assessments (Black & William, 2009; Maier, 2010) in kompetenzorientierten Mathematikunterricht wird im Projekt den folgenden Forschungsfragen nachgegangen: Forschungsfrage 1: Inwieweit gelingt es, im Rahmen von Lehrerfortbildungen das spezifisch-fachdidaktische Wissen von Mathematiklehrkräften zu formativem Assessment im kompetenzorientierten Mathematikunterricht gezielt zu fördern? Forschungsfrage 2: Inwieweit lassen sich durch Lehrerfortbildungen Überzeugungen von Mathematiklehrkräften zur lernförderlichen Implementation formativen Assessment im Mathematikunterricht (weiter-)entwickeln. Forschungsfrage 3: Inwieweit geht eine eventuelle Veränderung von fachdidaktischem Wissen und Überzeugungen mit einer Verbesserung der Unterrichtsqualität – hier: einer Verbesserung der Implementation formativen Assessment in den Unterricht – einher? Innerhalb der Studie haben 67 Lehrkräfte entweder an Fortbildungen zu formativem Assessment im kompetenzorientierten Mathematikunterricht (Untersuchungsbedingung A; UB A; N = 30) oder aber an Fortbildungen zu allgemein-didaktischen Fragen kompetenzorientierten Mathematikunterrichts (Untersuchungsbedingung B; UB B; N = 37) teilgenommen. Die Fortbildungen erstreckten sich über drei Monate, zur Evaluation wurden folgende Instrumente administriert: (1) PCK-Test zur Erfassung des allgemein-fachdidaktischen Wissen aller Lehrkräfte zu Beginn der Fortbildungen (COACTIV-Test; siehe auch (Krauss u. a., 2008)). (2) PCK-FA-Test zur Erfassung des fortbildungssensitiven, spezifisch-fachdidaktischen Wissens der Lehrkräfte zu formativem Assessment im kompetenzorientierten Mathematikunterricht am Ende der Fortbildungen (Test fokussiert gezielt Inhalte aus UB A). (3) Lehrerfragebogen zu Überzeugungen aller Lehrkräfte zur lernförderlichen Implementation formativen Assessments in den eigenen Mathematikunterricht; erhoben zu Beginn (MZP 1), während (MZP 2) und am Ende (MZP 3) der Fortbildungen. (4) Schülerfragebogen zur wahrgenommenen Qualität der Implementation formativen Assessments in den Mathematikunterricht; ebenfalls erhoben zu MZP 1, 2 und 3. Quantitative Analysen bzgl. der Wirksamkeit der Fortbildungen zeigen auf: Lehrkräfte aus UB A schneiden am Ende der Fortbildungen im PCK-FA-Test signifikant besser ab als Lehrkräfte aus UB B (t(65) = 6.66; p = .00; d = 1.63). Unter Kontrolle der Leistung im PCK-Test lässt sich etwa 40% effektspezifischer Varianz durch die Fortbildungen (ANCOVA; F(1, 64) = 44.80, p < .00, = .41) erklären (Forschungsfrage 1). Dieser Unterschied im spezifisch-fachdidaktischen Wissen am Ende der Fortbildungen geht mit einer Veränderung von Überzeugungen zur Implementation lernförderlichen Assessment in den Unterricht einher, die jedoch nur in geringem Umfang und allein auf 10%-igem Niveau durch eine Interaktion von Messzeitpunkt und Fortbildungsteilnahme (Varianzanalyse mit Messwiederholung; F(1) = 3.42, p = .07, ε^2= .05) erklärt werden kann (Forschungsfrage 2). Trotz dieser Ergebnisse konnte jedoch die durch die Schüler wahrgenommene Qualität der Implementation formativen Assessments in den Mathematikunterricht nicht gesteigert werden (Forschungsfrage 3). Trotz einer Wirkung der Fortbildungen auf fachdidaktisches Wissen und Überzeugungen von Lehrkräften zeigt sich somit keine Veränderung der durch die Schüler wahrgenommenen Unterrichtsqualität. Mit Blick auf Fragen nach der Bedeutung von Lehrerfortbildungen auf die Weiterentwicklung von Schule gilt dieses Ergebnis im Rahmen des Vortrags kritisch zu reflektieren und Implikationen für weiterführende Forschung zu erörtern. ID: 464 / G 16 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Informelle Bildungsaktivitäten, Qualitative Längsschnittanalyse, Bewältigungsstrategien, Lernimpulse, Lernen in sozialen Beziehungen Entwicklung informeller Bildungsprozesse über das Erwachsenenalter Jana Wienberg Universität Hamburg, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Die vorliegende Untersuchung entstand im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes „Perspectives of Ageing in the Process of Social and Cultural Change“ des Marsilius-Kollegs („Center for Advanced Study“) (Nähere Informationen zu den Projekttätigkeiten und zum Marsilius-Projekt „Perspectives of Ageing in the Process of Social and Cultural Change” sind auf der Homepage des Marsilius-Kollegs zu finden: URL: http://www.marsilius-kolleg.uniheidelberg.de/projekte/perspectivesageing.html). Die durchgeführte Analyse des bildungswissenschaftlichen Teilprojektes (Wienberg 2014) liegt dem Leitgedanken der Reservehypothese im Hinblick auf die kognitive Leistungsfähigkeit im Alter zugrunde. Theoriegeleitet knüpfen lerntheoretische Überlegungen im Sinne Lebenslangen Lernens sowohl an funktionelle Theorien der Kognitiven Reserve als auch auf entwicklungspsychologische Konzepte, wie die Lebensaufgaben einzelner Phasen von Erikson (1988), Havighurst (1972) und Thomae (1983), das Entwicklungsmodell der selektiven Optimierung einzelner Funktionsbereiche von Baltes & Baltes (1989a) oder dem Konzept des „erfolgreichen Alterns“ (Baltes/Baltes 1989b) Bezug genommen. Fragestellung: Es wurde der Forschungsfrage nachgegangen, inwieweit insbesondere informelle Bildungsaktivitäten eine protektive Funktion für ein „erfolgreiches“ Altern haben. Konkret wurde untersucht, welche Lerngelegenheiten mit zunehmendem Alter genutzt werden, welche Anlässe Lernimpulse bieten und welche Lernmodi mit zunehmendem Lebensalter an Bedeutung gewinnen. Im Zusammenhang mit Bewältigungsstrategien – auch i.S. des Resilienz-Konzeptes – mit (altersspezifischen) Herausforderungen oder auch alltäglichen Anforderungen und Wendepunkten im Lebenslauf umzugehen, sollen insbesondere informelle Bildungsprozesse darüber Aufschluss geben, wodurch „protektive“ Ressourcen i.S. einer Kompetenz für ein selbstbestimmtes, autonomes Alter aufgebaut bzw. über die Lebensspanne entwickelt werden. Methode: Ausgangspunkt für den vorliegenden Beitrag ist eine qualitative Analyse basierend auf den Daten der „Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters“ (ILSE) (Schmitt/Wahl/Kruse 2008). Die ILSE-Studie wurde durch das Deutsche Zentrum für Alternsforschung an der Universität Heidelberg, in Kooperation mit den Universitäten Leipzig und Rostock durchgeführt (gefördert durch: BMBF, BMFSFJ, MWK Baden-Württemberg). Die „ILSE“ ist durch ihren im Längsschnitt- und Kohortenansatz, Ost-West-Differenzierung, Bezugnahme auf das mittlere und höhere Erwachsenenalter, Verknüpfung von biografischer Perspektive und gegenwärtiger Lebenssituation sowie Interdisziplinarität gekennzeichnet. Die Untersuchung wurde auf der Basis eines theoretischen Samplings halbstandardisierter Interviews mit ILSE-Proband/-innen qualitativ analysiert, um so Hinweise auf informelle Lernprozesse, z.B. in der Bewältigung von kritischen Lebensereignissen zu erhalten bzw. das Zusammenwirken verschiedener Lernprozesse im Lebenslauf empirisch aufzuarbeiten. Hierbei wurde das Lernen in unterschiedlichen Kontexten – unter Berücksichtigung verschiedenartige Lernpotenziale und Lerninhalte - und vor dem Hintergrund der jeweiligen Bildungsbiografie qualitativ ausgewertet. Die Auswertung erfolgte in Form einer inhaltsanalytischen Auswertung des Datenmaterials entlang eines Kategoriesystems – in Anlehnung an den „Adult Education Survey“ (European Commission EUROSTAT 2005; European Commission EUROSTAT 2007). Ergebnisse: Es lässt sich ein Wandel der Bildungssettings über die Lebensspanne feststellen, der durch eine Zunahme des Lernens in informellen Kontexten im höheren Erwachsenenalter gekennzeichnet ist. In diesem Zusammenhang nimmt das informelle Lernen in sozialen Beziehungen eine zentrale Rolle ein: Dieses dient u.a. zur Orientierung im Prozess der Entscheidungsfindung und der Ergreifung von Bildungschancen und übt einen prägenden Einfluss auf das (Lern-)Verhalten sowie die Selbstwirksamkeit(serwartung) aus. „Gut funktionierende“ soziale Netzwerke – unabhängig von ihrer Größe und dem Ausmaß der Unterstützung – kann eine „Pufferfunktion“ gegenüber lernhemmenden Einflüssen zugesprochen werden. Hierbei besteht keine Korrelation zwischen der Größe und des Ausmaßes an Unterstützung, vielmehr üben die Qualität, Heterogenität, Dichte und Multiplexität einen maßgeblichen Einfluss aus. Insbesondere jene Fähigkeiten wie die Entwicklung der Reflexionsfähigkeit, kritische Distanz und Dimensionen der Mündigkeit wurden vornehmlich in informellen Lernkontexten erworben. Diesen Fähigkeiten kann eine erhöhte Bedeutsamkeit zugeschriebenen werden aufgrund eines zunehmenden Erfordernisses von Selbstorganisation/-steuerung an das Individuum. Die Untersuchung liefert Hinweise zur Entwicklung von informellen Bildungsaktivitäten über das Erwachsenenalter und verdeutlicht, welche Lernanlässe (die über die unmittelbare Krisenbewältigung hinausgehen), Lernimpulse sowie -modi bspw. biografische Wendepunkte oder Transitionen sich bieten können. Die Befunde zu informellen Bildungsaktivitäten sollen, i.H. auf eine bedarfsorientierte Konzeption, als Brücke zwischen institutionellen (Weiter-)Bildungsangeboten und niedrigschwelligen, aufsuchenden Angeboten und Strukturen im informellen Kontext dienen. ID: 465 / E 15 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Berufliche Bildung Stichworte: Soziale Ungleichheit, Übergang in Ausbildung, Migranten, Ausbildungsstellenmarkt Fremdselektionsprozesse beim Übergang in duale Ausbildungen – Zum differenziellen Einfluss von Migrationshintergrund Dennis Föste, Gabriel Nagy, Jan Retelsdorf IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel, Deutschland Problemstellung: Formale Ausbildungsabschlüsse sind in Deutschland von langfristiger Bedeutung für Arbeitsmarktintegration und Erwerbsverlauf (Konietzka 2008). So werden individuelle Chancen beim Übergang in einen horizontal wie vertikal gegliederten Arbeitsmarkt beträchtlich durch die (formale) berufliche Qualifikation beeinflusst (Konietzka, 1999; Kreckel 2004). Unterschiede etwa in Einkommen, Prestige und Arbeitslosigkeitsrisiko sind so vielfach schon im Ausbildungsberuf angelegt (Weil und Lauterbach 2011). Ein sozial-selektiver Zugang zu (bestimmten) Ausbildungsplätzen lässt sich folglich als kritisch für die (Re-)Produktion sozialer Disparitäten begreifen. In bisherigen Untersuchungen zu Fremdselektionsprozessen beim Übergang in eine betriebliche Ausbildung ergab sich bereits Evidenz für schlechtere Einmündungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (Schneider et al., 2014; Diehl et al., 2009). Dies wird im Rahmen dieses Beitrags zunächst repliziert. Hieran anschließend wird untersucht inwiefern dieser Effekt mit der regionalen Bevölkerungszusammensetzung varriiert. Theoretischer Hintergrund: Ausgehend von einer ökonomischen Konzeptualisierung des Übergangs in die berufliche Erstausbildung nehmen Betriebe als Gatekeeper (Kohlrausch, 2012) für die Erklärung des Entstehens sozialer Disparitäten eine zentrale Rolle ein. Sie sind die Letztentscheider, die aus einem Pool an Bewerbern, Auszubildende selegieren. Für diese Entscheidungsfindung stehen ihnen lediglich begrenzte Informationen zur Verfügung, sodass sie zur Bewertung der potenziellen Eignung von Bewerbern auf Signale und Indizes zurückgreifen (Spence 1973, 2002). Während Signale erworbene Personenmerkmale wie Zertifikate bezeichnen, handelt es sich bei Indizes um zugeschriebene Personeneigenschaften wie Geschlecht oder Migrationshintergrund. Beide dienen der (sozialen) Kategorisierung von Bewerbern und können entsprechend ihres Signalwertes zur (Re-)Produktion sozialer Disparitäten beitragen (Solga, 2005). Die Chancen von Bewerbern mit mehrheitlich negativ-bewerteten Indizes oder Signale fallen demnach geringer aus, als die der jeweiligen Vergleichsgruppe(n). Welche Personeneigenschaften wie bewertet werden, hängt allerdings auch vom (sozialen) Kontext der Bewertenden ab. Variiert der Bezugsrahmen der Entscheider, kann damit auch die Wertigkeit von Signalen und Indizes variieren. So erscheint es möglich, dass der Signalwert eines Migrationshintergundes von der Bevölkerungsstruktur im Bezugsraum abhängt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Fragestellungen: Bestätigen sich schlechtere Einmündungschancen in eine betriebliche Berufsausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund? Wird dieser Effekt durch den Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Bezugsraum moderiert? Methode: Für die Analyse wird der Datensatz der Teilstudie TOSCA-10 (2007) des Forschungsprojekts „Transformation des Sekundarschulsystems und akademische Karrieren“ (TOSCA) verwendet. Die untersuchte Teilstichprobe dieser Übergangsstudie umfasst n=1012 baden-württembergische Realschüler, die sich schwerpunktmäßig auf eine bestimmte duale Ausbildung beworben haben. Die Datenerhebung erfolgte am Ende des Schuljahres 2006/07, also noch vor Ende des Bewerbungsprozesses. Die Daten sind somit hinsichtlich des Bewerbungserfolgs rechtszensiert. Als Indikator für die unterschiedlichen Chancen von Jugendlichen am Ausbildungsmarkt dient die Anzahl der Bewerbungen bis zur ersten Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Die Angaben zum Geburtsland von Schülern und ihren Eltern werden auf Basis einer breiten Definition des Begriffs Migrationshintergrund in einer dichotomisierten Variable zusammengafsst. Zur Quantifizierung des Bevölkerungsanteils mit Migrationshintergrund wurden die Gemeinde-Daten des Zensus 2011 verwendet. Als Kontrollvariablen werden unter anderen Geschlecht, Noten, Klassenwiederholungen, Merkmale des Bewerbungsverhalten sowie Abiturientenquote im Bewerbungsberuf berücksichtigt. Die Untersuchung des Einflusses von Migrationshintergrund auf den Bewerbungserfolg erfolgt mittels einer Censored Negative Binomial Regression (Hardin und Hilbe 2012, S.302ff), mit robusten, nach Gemeinden geclusterten Standardfehlern. Dies trägt der Quantifizierung des Bewerbungserfolgs durch eine Zählvariable Rechnung und ermöglicht die Berücksichtigung rechtszensierter Daten (Hilbe 2012). Zudem wird die Nestung von Bewerbern in regionalen Märkten so berücksichtigt. Zum Umgang mit fehlenden Werten werden Multiple Imputations by Chained Equations (van Buuren et al. 1999) verwendet. Es werden 100 Datensätze mit jeweils 50 Iterationen erzeugt. Ergebnisse: Die Bewerbungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund variieren mit dem jeweiligen Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in der Gemeinde. Je geringer dieser Anteil desto schlechter sind ihre Chancen. In einer Gemeinde mit durchschnittlich ausgeprägtem Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund bewerben sie sich circa 1,2 mal häufiger, bevor sie zu Vorstellungsgesprächen geladen werden. ID: 466 / E 14 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Übergangssystem, Kompetenzentwicklung, mathematische Kompetenzen, diskrete Messmodelle Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen im Übergangssystem Simon Weißeno, Susan Seeber Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland Mit der Diskussion um den Bildungserfolg von Schüler/-innen ohne Ausbildungsplatz rückt die Erfassung der Kompetenzwicklungen in den Maßnahmen des Übergangssystems in den Fokus (vgl. Lehmann, & Hoffmann, 2009). Insbesondere die schulischen mathematischen Kompetenzen sind bedeutsam für den Erfolg in einer beruflichen Erstausbildung (Neumann et al., 2013). Die ausbildungsvorbereitenden einjährigen Maßnahmen des Übergangssystems sollen deshalb gezielt die mathematischen Kompetenzstände der Schüler/-innen verbessern, da sie u.a. auf Grund der mangelnden mathematischen Kompetenzen keinen Ausbildungsplatz bekommen haben (Seeber, 2013). Die meist querschnittlich angelegten Studien deuten darauf hin, dass die Kompetenzstände heterogen am Ende einer Maßnahme sind (vgl. Nickolaus, & Norvig, 2009). Längsschnittliche Studien zeigen, dass kaum Entwicklung in den mathematischen Kompetenzen erfolgt. Dieser Trend setzt sich dann teilweise in der beruflichen Erstausbildung fort (Geißel et al., 2013). Bisher fehlen jedoch vertiefende Informationen darüber, ob die mathematischen Kompetenzen sich heterogen zeigen und in einer einjährigen ausbildungsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ausdifferenzieren. Die einjährigen Maßnahmen setzen sich aus Schüler/-innen zusammen, die meist bereits mathematische Kompetenzen in unterschiedlichen Bildungsgängen und Maßnahmen erlernt haben. Ihnen wird geringe bis kaum allgemeine mathematische Kompetenz bescheinigt (vgl. Münk, 2011). Dabei wählen die Schüler/-innen zu Beginn der Maßnahmen berufliche Orientierungen, in denen die allgemeinen mathematischen Kompetenzen unterschiedlich gefördert werden. Die Identifizierung heterogener Entwicklungen wurde bislang methodisch nicht mit den angemesseneren diskreten Modellen (z.B. von Davier, 2005) vorgenommen. Dazu soll drei Fragen nachgegangen werden: 1) Lässt sich die mathematische Kompetenzverteilung und ihre Entwicklung durch diskrete Kompetenzklassen beschreiben? 2) Wie verändern sich die mathematischen Kompetenzen nach einer einjährigen Maßnahme? 3) Gibt es unterschiedliche Entwicklungen in den mathematischen Kompetenzen nach vorherigem Schulabschluss, Geschlecht, Migrationshintergrund und beruflicher Orientierung? Hierfür wurden Daten aus der einjährigen Berufsfachschule in Niedersachsen der IBIS-Studie (N=622) herangezogen. Den Schüler/-innen wurde zu zwei Messzeitpunkten ein Mathematiktest, einer zu Beginn, der zweite am Ende der einjährigen Maßnahme, vorgelegt. Zunächst wurden beide Tests separat mit dem Rasch-Modell skaliert. Anschließend wurden die separaten Rasch-Modelle gegen Modelle des diskreten structured General Diagnostic Model-Ansatz (Xu, & von Davier, 2008) geprüft. Hierfür wurden zwei log-linear formulierte General Diagnostic Modelle, das erste Modell mit sieben und das zweite mit drei Kompetenzklassen, spezifiziert. Nach der Evaluierung, welcher Modellansatz zur weiteren längsschnittlichen Skalierung herangezogen werden kann, wurde die Zeitinvarianz der Ankeritems überprüft. Die identifizierten Ankeritems mit zeitinvarianten Schwierigkeiten wurden für die Verbindung beider Tests auf einer gemeinsamen Skala in einem mehrdimensionalen längsschnittlichen Modell auf Gleichheit restringiert. Abschließend wurde die Passung des längsschnittliche Modells geprüft und die Kompetenzentwicklung untersucht. Die Analyseergebnisse eines Rasch-basierten längsschnittlichen Modells zeigen bei den Schüler/-innen der einjährigen berufsvorbereitenden Maßnahme ein leichtes Wachstum der mathematischen Kompetenzen. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit bisherigen Studien, die ein geringes Wachstum im Übergangssystem erfassten. Die Studie gibt des Weiteren Hinweise darauf, dass die Förderung in den Maßnahmen zu einer homogenen Kompetenzentwicklung führen. Die Konsequenzen für die Einmündung in die berufliche Erstausbildung sollen diskutiert werden. ID: 467 / F 02 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Sonderpädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Inklusion, Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: Inklusion, Einstellungen, Motivation, Studentinnen und Studenten, Grundschule Einstellungen zur Inklusion im Zusammenhang mit der Motivation für die Beschäftigung mit inklusionsspezifischen Fragestellungen bei Studentinnen und Studenten des Lehramts an Grundschulen Gamze Görel1, Frank Hellmich1, Susanne Schwab2 1 Universität Paderborn, Deutschland; 2Universität Bielefeld, Deutschland Im Zuge der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Bundesrepublik Deutschland steht die Grundschule als Institution vor besonderen Herausforderungen. Zukünftig gilt es, `Gemeinsames Lernen´ für alle Kinder zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie die Ausbildung angehender Grundschullehrerinnen und -lehrer zu gestalten ist. Die Wertschätzung der Heterogenität im Klassenzimmer wird von der Europäischen Agentur für Entwicklungen in der sonderpädagogischen Förderung (2012) als ein bedeutsamer Teil des Profils von Lehrkräften für den inklusiven Unterricht erachtet. Hierzu zählen insbesondere angemessene Einstellungen und Haltungen von (angehenden) Lehrkräften zum inklusiven Unterricht in der Grundschule. In den vergangenen Jahren wurden vor diesem Hintergrund vereinzelt Studien durchgeführt, bei denen Einstellungen zur Inklusion von (angehenden) Lehrkräften untersucht wurden. Der bisherige Forschungsstand gibt Hinweise darauf, dass sich Einstellungen von Lehrkräften durch Erfahrungen aus dem `Gemeinsamen Unterricht´ von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem/n Förderbedarf (vgl. z. B. Avramidis & Kalyva, 2007) oder durch Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in Bezug auf die Gestaltung inklusiven Unterrichts (vgl. z. B. Savolainen, Engelbrecht, Nel & Malinen, 2012) erklären lassen. Unbeantwortet ist allerdings gegenwärtig die Frage, welche Auswirkungen Einstellungen zur Inklusion von Lehramtsstudentinnen und -studenten auf ihre Motivation haben, sich mit inklusionsspezifischen Fragestellungen während ihres Studiums auseinanderzusetzen. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir im Rahmen unserer Studie, ob und inwiefern sich Unterschiede in der Motivation bei Studentinnen und Studenten des Lehramts an Grundschulen über Unterschiede in ihren Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, ihren Erfahrungen aus dem `Gemeinsamen Unterricht´ im Rahmen von Unterrichtspraktika, ihrem allgemeinen Studieninteresse sowie ihren Einstellungen zur Inklusion erklären lassen. Im Speziellen nehmen wir dabei an, dass der Effekt der Einstellungen zur Inklusion auf die Motivation durch die Erfahrungen aus dem `Gemeinsamen Unterricht´ moderiert wird. In unserer Studie wurden N=765 Studentinnen und Studenten des Lehramts an Grundschulen an sieben Universitätsstandorten in Deutschland anhand eines Fragebogens befragt. Die Studentinnen und Studenten wurden gebeten, Auskunft zu ihren Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in Hinblick auf die Gestaltung eigenen inklusiven Unterrichts, zu ihren Einstellungen zur Inklusion, zu ihren Erfahrungen aus dem `Gemeinsamen Unterricht´ im Rahmen von Unterrichtspraktika, zu ihrem allgemeinen Studieninteresse sowie zu ihrer Motivation, sich mit inklusionsspezifischen Inhalten in ihrem Studium auseinanderzusetzen, zu geben. Die einzelnen Fragebogenskalen verfügen über gute bis sehr gute Reliabilitäten (α=.82 bis α=.86). Die Ergebnisse zeigen, dass die Motivation für die Beschäftigung mit inklusionsspezifischen Fragestellungen im Studium jeweils auf höchstsignifikantem Niveau mit den Einstellungen zur Inklusion (r=.50), dem allgemeinen Studieninteresse (r=.20), den Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (r=.29) sowie den Erfahrungen aus dem `Gemeinsamen Unterricht´ im Rahmen von Unterrichtspraktika (r=.21) korreliert. Die Befunde aus einem in AMOS 21 berechneten Strukturgleichungsmodell verdeutlichen, dass die Einstellungen der Studentinnen und Studenten zur Inklusion bei einer aufgeklärten Varianz von 34 Prozent durch ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugungen sowie ihre Erfahrungen aus dem integrativen bzw. inklusiven Unterricht im Rahmen von Schulpraktika erklärt werden können. Unterschiede in der Motivation, sich mit inklusionspädagogischen Fragestellungen im Studium zu beschäftigen, werden – bei einer Varianzaufklärung von 37 Prozent – durch Unterschiede in den Einstellungen der Studentinnen und Studenten zur Inklusion sowie durch Differenzen in ihrem allgemeinen Studieninteresse bestimmt. Entgegen den theoretischen Annahmen wird der Effekt der Einstellungen zur Inklusion auf die Motivation nicht durch die Erfahrungen aus dem `Gemeinsamen Unterricht´ bei den befragten Studentinnen und Studenten des Lehramts an Grundschulen moderiert. Die Befunde geben zusammenfassend Hinweise auf die Bedeutung von Praxiserfahrungen im Rahmen des Grundschullehramtsstudiums für die Entwicklung von Einstellungen zur Inklusion und unterstreichen die Relevanz geeigneter positiver Einstellungen für die Motivation von Studentinnen und Studenten, sich mit inklusionsspezifischen Fragestellungen im Laufe des Studiums zu beschäftigen. ID: 468 / H 17 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Instruktionssensitivität; Testkonstruktion; Validität; Mehrebenen IRT; DIF Modellierung der Instruktionssensitivität polytomer Test- und Fragebogenitems Alexander Naumann1,2, Johannes Hartig1, Jan Hochweber3 1 Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), Deutschland; 2IDeA Forschungszentrum Frankfurt, Deutschland; 3Pädagogische Hochschule St. Gallen (PHSG), Schweiz Antworten von Schülerinnen und Schülern auf Fragebogen- oder Leistungstestitems dienen regelmäßig als Basis für pädagogische oder politische Rückschlüsse über Schule und Unterricht (Hascher & Schmitz, 2010; Pellegrino, 2002). Eine valide Interpretation der individuellen Schülerantworten hinsichtlich der Merkmale der Aggregatebene erfordert jedoch, dass das Antwortverhalten der Schülerinnen und Schüler tatsächlich von Schule und Unterricht beeinflusst ist. Jedoch zeigten Grossman, Cohen, Ronfeldt und Brown (2014) erst kürzlich, dass das Ausmaß, in dem Testleitung und Unterricht empirisch zusammenhängen über verschiedene Tests hinweg stark variieren kann. Das heißt, Tests können unterschiedlich stark dazu in der Lage sein, Effekte desselben Unterrichts aufzufangen. Die psychometrische Eigenschaft eines Tests oder eines Items, Unterrichtseffekte aufzufangen, wird als Instruktionssensitivität bezeichnet (Polikoff, 2010). Zwar sind mittlerweile zahlreiche Ansätze zur Messung der Instruktionssensitivität von Items verfügbar (ibd.), diese beschränken sich jedoch maßgeblich auf dichotome Items. Ziel der vorliegenden Studie ist es daher, die Instruktionssensitivität polytomer Items zu modellieren. Grundlage für unsere Modellierung bildet das längsschnittliche Mehrebenen-IRT Modell (LMLIRT; Naumann, Hochweber, & Hartig, 2014), welches gebräuchliche Verfahren zur Messung von Instruktionssensitivität integriert. Ein Vorteil dieses Modells ist es, dass es eine Beurteilung dichotomer Items dahingehend erlaubt, inwiefern sie sensitiv für a) Unterschiede zwischen Klassen, und b) Unterschiede zwischen unterrichteten und nicht-unterrichteten Schülerinnen und Schülern sind. Dazu werden im LMLIRTModell klassenspezifische Veränderungen von Itemschwierigkeiten über Messzeitpunkte geschätzt. Die klassenspezifischen Itemschwierigkeitsveränderungen werden als normalverteilt angenommen, wobei Mittelwert und Varianz als statistische Indikatoren für die Sensitivität eines Items dienen. Das heißt, es werden zwei Arten von Sensitivität unterschieden, a) globale Sensitivität, die angibt, inwiefern sich die Schwierigkeit eines Items über Klassen innerhalb einer Stichprobe im Mittel über die Zeit verändert, und b) differenzielle Sensitivität, die angibt, inwiefern die Veränderung der Itemschwierigkeit über Klassen hinweg variiert. Als Erweiterung des Partial-Credit-Modells (PCM; Masters, 1982) lässt sich das LMLIRT Modell in zwei Varianten auf polytome Items übertragen. Der ersten Variante liegt die gängige Form des PCM zugrunde, in der für ein Item mit K Antwortkategorien K1 Stufenparameter für die Schwierigkeit der Übergänge zwischen den einzelnen Antwortkategorien geschätzt wird. Wir erweitern das PCM, um klassenspezifische Veränderungen der Stufenparameter zu schätzen. Auf Basis von Mittelwert und Varianz der Normalverteilung der klassenspezifischen Stufenschwierigkeitsveränderungen können dann jeweils analog zum LMLIRT-Modell die globale und differenzielle Sensitivität der Antwortkategorien bestimmt werden. Diese Modellvariante bietet sich insbesondere für Leistungstestitems an, bei denen die einzelnen Antwortkategorien qualitativ unterschiedliche Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler stellen. Die zweite Modellvariante fußt auf der sogenannten „expanded“ Parametrisierung des PCM (Penfield, Myers, & Wolfe, 2008). In der „expanded“ Parametrisierung werden die Stufenparameter innerhalb eines K-stufigen Items in einen Lokations- und K-1 Schwellenparameter zerlegt. Der Lokationsparameter bestimmt die Lage des Items auf der latenten Merkmalsdimension, während die Schwellenparameter die Schwierigkeit der Übergänge zwischen den einzelnen Antwortkategorien relativ zur Lokation widerspiegeln. Durch Schätzung klassenspezifischer Veränderungen über die Zeit für Lokation- und Schwellenparameter kann analog zur vorherigen Modellvariante die globale und differenzielle Sensitivität bestimmt werden. Diese Variante bietet sich insbesondere für Likert-Items an. Hier stellen die einzelnen Antwortkategorien keine spezifischen Anforderungen über den Grad an Zustimmung oder Ablehnung hinaus an die Schülerinnen und Schüler. Beide Modellvarianten wurden exemplarisch auf Fragebogen- und Leistungstestitems des IGEL-Projekts (Hardy et al., 2011) angewendet. IGEL ist eine quasi-experimentelle Interventionsstudie zu individueller Förderung in der Grundschule. Der Datensatz umfasste 1060 Kinder in 54 Klassen (Jahrgangsstufe drei). Alle Leistungstestaufgaben zeigten sich global sensitiv, wobei die kognitiv anspruchsvolleren Antwortkategorien zudem vergleichsweise stark differenziell sensitiv waren. Fragebogenitems waren maßgeblich differenziell sensitiv. Zusammenfassend funktionierten beide Modellvarianten gut in der Anwendung auf empirische Daten. Unser Ansatz erlaubte es, die Instruktionssensitivität polytomer Items zu quantifizieren. Je nach Zweck der Messung können so passende Items selektiert werden, um eine valide Interpretation der Resultate zu gewährleisten. ID: 469 / C 04 Einzelbeiträge: 6 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Grundschulbildung Stichworte: Soziale Akzeptanz, Kinder mit Migrationshintergrund, türkischsprachige Kinder, Homophile-Bias, Klassenkomposition Soziale Akzeptanz von Kindern mit Migrationshintergrund. Welche Bedeutung hat die Klassenkomposition für eine gelungene soziale Akzeptanz? Stefanie Brimmers, Anna Südkamp, Sarah Lange, Sylvia Mira Wolf, Heinrich Tröster TU Dortmund, Deutschland Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sind in der Schule häufiger von sozialer Ausgrenzung bedroht als Kinder ohne Migrationshintergrund (z. B. von Grünigen, Kochenderfer-Ladd, Perren & Alsaker, 2012). Vor dem Hintergrund einer steigenden Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund in deutschen Schulklassen (Statistisches Bundesamt, 2015) und der Bedeutung der Akzeptanz durch Peers für die psychosoziale Entwicklung und den Bildungserfolg (Chen, Rubin & Li, 1997; Wentzel & Asher, 1995), erscheint dieser Befund alarmierend. Ein Grund für die ungünstige soziale Position von Kindern mit Migrationshintergrund könnte darin liegen, dass sie häufig Mitglieder einer Minderheitengruppe in ihrer Klasse sind. Eckhart (2005) konnte zeigen, dass mit steigendem Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund in der Klasse auch ihre soziale Position besser ist. Somit sind Kinder mit Migrationshintergrund möglicherweise weniger sozial akzeptiert, weil Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Ethnizitäten vorzugsweise mit Kindern ihrer eigenen ethnischen Gruppe agieren (Homophilie-Bias; McPherson, Smith-Lovine & Cook, 2001). Entsprechend fanden Reinders und Mangold (2005), dass 67 % der Freundschaften von Jugendlichen intraethnisch sind. Allerdings wurde in dieser Studie der Anteil der Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen in der Klasse nicht berücksichtigt. In der vorliegenden Studie soll zum einen die soziale Akzeptanz von Kindern mit Migrationshintergrund unter Berücksichtigung der ethnischen Klassenkomposition analysiert werden. Es wird vermutet, dass Kinder mit Migrationshintergrund ungünstigere soziometrische Positionen in der Klasse einnehmen als Kinder ohne Migrationshintergrund und dass ihre soziometrische Position mit steigendem Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund positiver ausfällt. Zum anderen soll überprüft werden, ob die Schülerinnen und Schüler eine Bevorzugung ihrer eigenen ethnischen Gruppe zeigen (Homophilie-Bias). Zur Überprüfung dieser Hypothesen wurden N = 531 Schülerinnen und Schüler aus 24 Grundschulklassen befragt. Das durchschnittliche Alter lag bei M = 9.5 Jahren (SD = 0.9), 41 % der Kinder hatten einen Migrationshintergrund, die größte Gruppe war dabei türkischer Herkunft (20 % der Gesamtstichprobe). Der Migrationshintergrund wurde über die Familiensprache operationalisiert. Die Schülerinnen und Schüler beantworteten einen soziometrischen Fragebogen mit sechs Wahlfragen (z. B. Neben wem möchtest du gerne sitzen?) und sechs Ablehnungsfragen (z. B. Neben wem möchtest du nicht sitzen?). Die Anzahl der Nominierungen war dabei nicht begrenzt. Aus diesen Nennungen wurden der soziometrische Wahlstatus und Ablehnungsstatus berechnet: Dazu wurde die Anzahl erhaltener Wahlen (bzw. Ablehnungen) über alle sechs soziometrischen Fragen aufsummiert und durch die Anzahl möglicher Wahlen (bzw. Ablehnungen) geteilt. Zur Berechnung des Homophilie-Bias wurde die Differenz zwischen dem Anteil abgegebener intraethnischer Wahlen und dem Anteil der Mitglieder der Eigengruppe in der Klasse gebildet. Dadurch erhält man einen Wert der vom Anteil der Kinder der Eigengruppe in der Klasse unabhängig und somit auch zwischen verschiedenen Klassen vergleichbar ist. Der Homophilie-Bias wurde für die zwei größten ethnischen Gruppen berechnet: deutschsprachige und türkischsprachige Kinder. Die Daten wurden mit R mehrebenenanalytisch ausgewertet (R Core Team, 2014). Es zeigt sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund einen geringeren Wahlstatus und einen höheren Ablehnungsstatus haben als Kinder ohne Migrationshintergrund. Berücksichtigt man den Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund, so zeigt sich ein signifikanter Moderatoreffekt des Anteils, sowohl auf den Zusammenhang zwischen Migrationsstatus und Wahlstatus, als auch auf den Zusammenhang von Migrationsstatus und Ablehnungsstatus. Kinder mit Migrationshintergrund haben höhere soziometrische Positionen, je mehr Kinder mit Migrationshintergrund in der Klasse sind. Die Analyse des Homophilie-Bias zeigt, dass deutschsprachige Kinder bei soziometrischen Wahlen ihre Eigengruppe bevorzugen, bei Ablehnungsfragen zeigt sich dies nicht. Türkischsprachige Kinder zeigen keine Bevorzugung der Eigengruppe, hier konnte ein Homophilie-Bias weder für soziometrische Wahlen noch für Ablehnungen gefunden werden. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die Frage nach den Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren für eine gelungene soziale Integration von Kindern mit erhöhtem Risiko für soziale Ausgrenzungen diskutiert. ID: 475 / F 01 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Genderforschung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Ökonomie und Bildung Stichworte: adult education; lifelong learning; barriers; gender, family; welfare state regimes; PIAAC Participation in Lifelong Education: Analyzing Individual Barriers across Different Welfare State Regimes Natascha Massing, Britta Gauly GESIS-Leibniz Institut für Sozialwissenschaften, Deutschland Lifelong learning is becoming increasingly important in today’s societies. Individuals have to maintain and develop their skills in order to cope with changing demands, such as new technologies. Our research compares participants of adult education with non-participants across countries with different institutional frameworks and welfare state regimes. When focusing on nonparticipants, we analyze perceived barriers to adult education, considering gender differences and family composition. In an early work, Cross (1981) distinguishes between situational, institutional and dispositional barriers in participation to adult education. Rubenson and Desjardins (2009) resort to the Bounded Agency Model in explaining how barriers are produced and how an interaction between different kinds of barriers can arise. They put forward that each welfare state regime affects barriers to participation through the policies in place. In addition to a direct effect through policies, welfare states can also have an impact on individual perceptions. We analyze countries that belong to the three “classical” types of welfare states, according to EspingAndersen (1990), and in addition extend it by the “Southern type” (Leibfried, 1993). We contribute to ongoing research on barriers to lifelong learning with the following research questions: 1. Are there gender differences in participation in adult education and do they persist when controlling for family structure and employment status? 2. What are the main barriers to participation in adult education and how are they related to having young children? 3. Do perceived barriers differ across countries with different welfare state regimes? Recent data from the Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) offer the opportunity to analyze participation in adult education across countries. We use logistic regressions in order to estimate the likelihood to participate for women in comparison to men. We adjust this estimation by introducing control variables such as age, education, employment status and family structure. First descriptive results indicate that only in Nordic countries women are significantly more likely to participate in adult education then men. Multivariate regression analysis shows that part of this gender imbalance is related to other factors, such as employment status and family structure. When controlling for these, women are more likely to participate in adult education across different welfare state regimes. Regarding non-participation, the most important barriers reported by both men and women are financial reasons, being too busy at work, and having family responsibilities. Having children seems to have a different effect on men and women, as in particular women with young children report family responsibilities as a barrier. However, in Nordic countries the gender differences seem to be less distinct. Summing up, our results indicate that the likelihood to participate in adult education for individuals with different socio-economic background varies across countries. It seems likely that institutional frameworks have an impact on the extent adults take part in further education and training. Our research provides insights into better understanding why adults are deterred from engaging in further education and which policies might reduce some of the barriers, therefore increasing the opportunity to participate. ID: 478 / E 04 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Grundschulbildung Stichworte: Chancenungleichheit, Mixed-Methods, Rekontextualisierung, Förderung Schulspezifische Muster der Differenzierung von Schüler/innen und Förderangeboten unter Berücksichtigung schulischer Prozessmerkmale. Ein mixed-methods-Design zur Analyse schulischer Differenzierungspraxis in Primarschulen. Franziska Bühlmann1, Chantal Kamm1, Marcus Emmerich2, Katharina Maag Merki1 1 UZH, Schweiz; 2FHNW, Schweiz Theorie und Empirie*Fettdruck* Verschiedene Studien verweisen auf bestehende Chancenungleichheiten im Bildungssystem (u.a. Müller 2013; Wolter, 2013). Für die Schweiz konnten Felouzis & Charmillot (2013) einen Zusammenhang zwischen Chancenungleichheit und sozialer Segregation in der Sekundarstufe 1 aufzeigen. Im interkantonalen Vergleich zeigt der Kanton Zürich den stärkste Zusammenhang zwischen sozio-ökonomischem Status und Chancenungleichheit (ebd., S. 195). Die Entstehung von Chancenungleichheit beim Übertritt in die Sekundarstufe 1 kann durch Bildungswahlentscheidungen von Individuen erklärt werden (u.a. Baumert et al., 2009). Dabei zeigen sowohl primäre Effekte (bspw. die herkunftsabhängigen individuellen Leistungen), als auch sekundäre Effekte, wie die herkunftsabhängigen Bildungsaspirationen der Eltern, die Empfehlungspraxis der Lehrpersonen und die Bildungsaspirationen der Schüler/innen, einen sozial selektiven Einfluss auf Bildungschancen (u.a. Becker & Lauterbach, 2010; Stocké, 2013). Eine andere Sichtweise bieten organisationstheoretische Ansätze, welche eine mögliche Ursache für Chancenungleichheit bei der Organisation Schule, unter anderem aufgrund ihrer Selektionsfunktion, untersuchen (Gomolla & Radtke, 2007; Sieber, 2006). Das Konzept der institutionellen Diskriminierung geht davon aus, dass Differenzen zwischen Schüler/innen nicht gegeben sind, sondern aufgrund von „sozialen Prozeduren“ in der Schule hergestellt werden (Bommes & Radtke, 1993, S.487). Dabei ist das Handeln in organisationale Regeln und Normen eingebunden, welches direkt oder indirekt verschiedenen Gruppen von Schüler/innen ungleiche Chancen zukommen lässt (ebd., S.490f). Im Mehrebenenmodell des Schulwesens beschreibt das Konzept der Rekontextualisierung den aktiven Gestaltungsanteil von Akteuren auf der jeweiligen Ebene, wobei sich das Handeln sowohl auf institutionell-organisatorische Rahmenbedingungen, (bspw. Selektionsauftrag) wie auch auf spezifische Handlungsbedingungen untergeordneter Ebenen (bspw. elterliche Bildungsaspirationen) bezieht (Fend, 2008). Rekontextualisierungsprozesse, welche für die Bearbeitung von Chancenungleichheit relevant sind, lassen sich nur erschliessen, wenn man die Schule und das Handeln der Akteure darin untersucht. Bislang fehlen allerdings entsprechende Studien, die insbesondere auch einen Fokus auf die Differenzierungspraktiken der Lehrpersonen gelegt haben. Fragestellung*Fettdruck* Ausgewählt wurden zwei Primarschulen, in welcher die Lehrpersonen die elterlichen Bildungserwartungen ähnlich wahrnehmen. Erwartet wird, dass durch schulspezifische Rekontextualisierungsleistungen unterschiedliche Handlungsmuster sichtbar werden. Welche Muster bezüglich Differenzierung von Schüler/innen zeigen sich in der Praxis der untersuchten Schulen? Stehen diese in einem Zusammenhang mit Schul- und Prozessmerkmalen aus der Perspektive der Schüler/innen und Lehrpersonen? (1) Zeigen sich Unterschiede in den untersuchten Schulen, wie Schüler/innen nach expliziten und impliziten Kriterien zu Förderangeboten zugeteilt werden? (2) Unterscheiden sich die Schulen bezüglich Schul- und Prozessmerkmalen aus der Perspektive der Schüler/innen und Lehrpersonen? (3) Können schulspezifische Interpretationsmuster des Handelns auf Schulebene herausgearbeitet werden? Design und Methode*Fettdruck* Für die Studie „kontextorientierte Schulentwicklung“ wurden sieben Primarschulen der Stadt Zürich mit einem kriterialen Sample ausgewählt. In diesen Schulen wurden Schulleitungsinterviews sowie je zwei Gruppendiskussionen mit Lehr- und Fachpersonen durchgeführt. Zusätzlich wurden Schul- und Prozessmerkmale mittels standardisierter Fragebogen mit Schüler/innen der 4.6.Klasse (N=476) sowie Lehr- und Fachpersonen (N=179) erhoben. Die Analyse von schulspezifischen Strukturen, Praktiken und Prozessen wird mit einem mixed methods Design bearbeitet. Ausgewählt wurden zwei Schulen, welche bezüglich wahrgenommener Bildungserwartungen vergleichbar sind. Für ein vertieftes Verständnis der Praxis dieser beiden Schulen werden einerseits qualitative Daten aus Gruppendiskussionen und Schulleitungsinterviews herangezogen, wobei Differenzierungspraktiken von Lehrpersonen mit dokumentarischer Methode analysiert werden (Bohnsack, 2007). Andererseits werden quantitative Daten zu wahrgenommenen Schul- und Prozessmerkmalen deskriptiv und inferenzstatistisch ausgewertet. Mit den Ergebnissen der qualitativen und quantitativen Auswertungen werden schulspezifische Muster herausgearbeitet. Vorläufige Ergebnisse*Fettdruck* (1) Die beiden Schulen unterscheiden sich bezüglich expliziter und impliziter Kriterien der Zuteilungspraxis zu Förderangeboten. Beispielsweise liegt der Fokus der einen Schule auf der Förderung von leistungsstarken Schüler/innen, die Akteure der anderen Schule orientieren sich stärker an leistungsdurchschnittlichen Schüler/innen. (2) Die quantitativen Daten zeigen, dass sich die beiden Schulen in verschieden Schul- und Prozessmerkmalen wie bspw. der Wahrnehmung von förderorientiertem Schulleitungshandeln unterscheiden. (3) Schulspezifische Muster werden aufgrund weiterer Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Auswertungen herausgearbeitet. ID: 479 / G 02 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Motivation und Emotion Stichworte: Selbstwirksamkeit, Sprachhandlungskompetenz, Mixed Methods Bewältigung sprachlicher Herausforderungen – Wie selbstwirksam sind Schülerinnen und Schüler am Ende der Grundschulzeit? Melanie Radhoff1, Raphaela Porsch2 1 TU Dortmund, Deutschland; 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die kompetente Beherrschung der deutschen Sprache gilt als unabdingbare Voraussetzung für den Schulerfolg in Deutschland (Gogolin, 2009). Während einige Aspekte der Sprachkompetenz, beispielsweise das Lesen (Hohn et al., 2013), bereits in vielen Studien umfassend analysiert worden sind, wird in diesem Beitrag ein bislang eher weniger berücksichtigter Aspekt betrachtet, die Sprachhandlungskompetenz. Sie umfasst die Reflexion der Rahmenbedingungen von Kommunikation und impliziert die Entscheidung zu einer erfolgversprechenden verbalen Strategie (Ingendahl, 1975). Die Ausprägung tatsächlicher (sprachlicher) Kompetenzen ist dabei maßgeblich davon beeinflusst, inwiefern Individuen sich zutrauen, eine bestimmte Handlung erfolgreich ausführen zu können. Die Selbstwirksamkeitserwartung hat besonders im schulischen Bereich nicht nur einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, sondern auch auf die Motivation und das Durchhaltevermögen bei herausfordernden Aufgaben (vgl. z.B. Bandura, 1994; Prücher, 2002; Bandura & Locke, 2003). Fragestellung Im Rahmen der vorgestellten Studie liegt das Erkenntnisinteresse darin zu eruieren, wie ausgeprägt die allgemeinen sowie die spezifisch auf Aspekte der Sprachhandlungskompetenz bezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen von Schülerinnen und Schülern am Ende der vierten Klasse sind. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, welche Strategien die Kinder zur Bewältigung konkreter sprachlicher Aufgaben anwenden und welche Schwierigkeiten sie diesbezüglich benennen. Schließlich wird danach gefragt, ob die Ausprägung der Selbstwirksamkeitserwartung einen Einfluss darauf hat, ob Schwierigkeiten berichtet werden, beziehungsweise welche Art von Schwierigkeiten zugrunde liegen. Methode Die Erhebung basiert auf der Herangehensweise der Mixed Methods im Rahmen einer querschnittlichen Fragebogenstudie von Schülerinnen und Schülern (N = 444) am Ende der vierten Klasse. Der Fragebogen beinhaltet unter anderem eine vierstufige Likert-Skala zur allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (α = .76), die an die 2. World Vision Kinderstudie angelehnt ist (World Vision Deutschland, 2010), sowie eine neu implementierte vierstufige Likert-Skala zur spezifischen Selbstwirksamkeitserwartung der Sprachhandlungskompetenz (α = .78). Diese Skalen wurden mit quantitativen Verfahren ausgewertet. Zusätzlich umfasste der Fragebogen Items im offenen Aufgabenformat. Es wurden Aufgaben gestellt, die konkrete sprachliche Herausforderungen auf der Grundlage unterschiedlicher Sprachhandlungstypen darboten und sowohl Bewältigungsstrategien als auch mögliche Schwierigkeiten der Schülerinnen und Schüler erfragt. Diese Aufgaben wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet (Mayring, 2007). Mit Hilfe von Chi-Quadrat-Tests wurde anschließend der Zusammenhang zwischen der Ausprägung der Selbstwirksamkeitserwartung und der Schwierigkeit bei der Bewältigung der Aufgabe untersucht. Damit sollen Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Datenanalyse zusammengebracht werden und einen vertiefenden Einblick in die Funktionsmechanismen der Bewältigung sprachlicher Anforderungen liefern. Ergebnisse Die Ausprägung der Selbstwirksamkeitserwartungen ist sowohl bei der allgemeinen (M = 3.2, SD = .78) als auch bei der spezifischen Skala (M = 2.99, SD = .80 hoch. Damit bestätigen sich Ergebnisse früherer Studien, die Schülerinnen und Schülern der Grundschule insgesamt hohe Selbstwirksamkeitserwartungen bescheinigen (vgl. z.B. Schunk & Pajares, 2009). Dennoch weisen sowohl im Bereich der allgemeinen als auch der spezifischen Selbstwirksamkeitserwartungen 14 Prozent der Kinder sehr niedrige Kompetenzerwartungen auf. Bei der Bewältigung der sprachlichen Anforderungen lässt sich einerseits der Gebrauch konstruktiver Strategien identifizieren, deren Verwendung die Wahrscheinlich einer erfolgreichen Kommunikation erhöht. Andererseits lassen sich auch destruktive Strategien ausmachen, die die Wahrscheinlichkeit, langfristig erfolgreich zu kommunizieren, eher minimieren. In Bezug auf die Schwierigkeiten, die sprachlichen Herausforderungen bewältigen zu können, finden sich sowohl internal als auch external attribuierte Probleme. Es lässt sich vermuten, dass auf lange Sicht diejenigen Personen mehr Vertrauen in eigene Fähigkeiten haben werden, die Erfolg internal und Misserfolg external attribuieren (Möller & Jerusalem, 1997). In dieser Studie zeigt sich in der Tendenz, dass Schülerinnen und Schüler mit sehr hoch ausgeprägten Kompetenzüberzeugungen im sprachlichen Bereich, seltener zu internalen Attribuierungen bei Schwierigkeiten neigen (p < .02*). Diese und weitere Ergebnisse werden im Rahmen der Ergebnispräsentation zusammen mit Überlegungen zur Messbarkeit des Konstrukts diskutiert. ID: 480 / H 17 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Schulentwicklung Stichworte: Evidenzorientierung, Datennutzung, Schulleitungshandeln, Strukturgleichungsmodellierung Evidenzorientierte Einstellungen und epistemologische Überzeugungen der Schulleitung und ihr Einfluss auf die Datennutzung Ramona Buske, Martin Stump, Olga Zlatkin-Troitschanskaia Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland Theoretischer Hintergrund Im Kontext des neuen Steuerungsmodells im deutschen Schulwesen gewinnt evidenzbasierte Schul- und Unterrichtsentwicklung zunehmend an Bedeutung. Viele Studien zeigen jedoch, dass Lehrkräfte oftmals nur bedingt evidenzorientiert handeln (ZlatkinTroitschanskaia, Seidel & Stump, 2013). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie evidenzbasiertes Handeln in Schulen systematisch gefördert werden kann (s. hierzu das Projekt ‚Evidenzbasiertes Handeln im schulischen Mehrebenensystem‘ (EviS) im Rahmen des BMBF-Forschungsschwerpunkts ‚Steuerung im Bildungssystem‘). Ausgehend von den Befunden zur Schlüsselrolle der Schulleitung in Schulentwicklungsprozessen (z.B. Moolenaar, Daly & Sleegers, 2010) wird das Führungshandeln von Schulleitung als Einflussfaktor auf das evidenzbasierte Handeln von Lehrkräften untersucht (z.B. Wayman, Spring, Lemke & Lehr, 2012) und bedeutsame Effekte empirisch ermittelt (Stump, Zlatkin-Troitschanskaia & Mater, 2015). Die Prädiktoren evidenzorientierten Handelns von Schulleitung sind bislang weitaus weniger erforscht. Hier setzt die vorliegende Studie an und untersucht basierend auf dem Forschungsstand Einstellungen der Schulleitung gegenüber wissenschaftlichen Befunden als Prädiktoren der Nutzung von Daten. So zeigen z.B. Bach, Wurster, Thillmann, Pant und Thiel (2014), dass die Datennutzung durch Schulleitungen damit zusammenhängt, ob diese die Daten als nützlich wahrnehmen. Weiterhin können Überzeugungen der Schulleitung über die Entstehung, Gültigkeit und Rechtfertigung von Wissen in den Wissenschaften als ein bedeutender Einflussfaktor angenommen werden. Wie z.B. Urhahne (2006) und Priemer (2006) zeigen, sind epistemologische Überzeugungen für eine kritische Betrachtung von Wissenschaft und Evidenz bedeutsam und können u.a. Motivation, Denken, Schlussfolgern, Problemlösen beeinflussen. Fragestellung Um die Prädiktoren für die Datennutzung von Schulleitung zu untersuchen, werden in diesem Beitrag die Zusammenhänge zwischen Einstellungen der Schulleitung gegenüber wissenschaftlicher Forschung und (generiertem) Wissen sowie epistemologischen Überzeugungen der Schulleitung und deren Datennutzung mittels Strukturgleichungsmodellierungen untersucht. Methode Dem hier vorgestellten Beitrag liegen die Daten der Schulleitungsbefragung aus dem Projekt EviS zugrunde. In Rheinland-Pfalz wurden anhand standardisierter Fragebögen 297 Schulleitungen verschiedener Schultypen zu Aspekten ihres Schulleitungshandelns, ihren Einstellungen gegenüber wissenschaftlicher Forschung und (generiertem) Wissen und ihren epistemologischen Überzeugungen anhand erprobter Skalen wie in Anlehnung an Schiefele, Moschner und Husstegge (2002) sowie Stumm, Dormann und Mohr (2010) sowie zur Nutzung verschiedener interner (z.B. interne Schulevaluation) und externer (z.B. Schulinspektion) Datenquellen befragt. Die angenommenen Zusammenhänge zwischen der Datennutzung der Schulleitung einerseits sowie den evidenzorientierten Einstellungen und den epistemologischen Überzeugungen der Schulleitung als deren potentiellen Einflussgrößen andererseits wurden anhand von Strukturgleichungsmodellierungen mittels der Software SmartPLS 3 (Ringle, Wende & Becker, 2014) für den varianzbasierten Partial Least Squares (PLS)-Ansatz analysiert. Eine hierzu vergleichende Analyse mittels des kovarianzbasierten Ansatzes wird derzeit durchgeführt. Ergebnisse Die vorliegenden Befunde verweisen darauf, dass sowohl die Einstellungen der Schulleitung gegenüber wissenschaftlicher Forschung und (generiertem) Wissen als auch ihre epistemologischen Überzeugungen deren Datennutzung insgesamt nur in geringem Maße beeinflussen. Den stärksten, signifikanten Einfluss zeigt eine negative Einstellung zu wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlichen Empfehlungen (β-Pfadkoeffizient = 0,39; T-Statistik = 6,393) auf die Nutzung von internen und externen Datenquellen. Ein weiterer signifikanter, jedoch schwacher, Zusammenhang kann zwischen der Einstellung der Schulleitung gegenüber Wissen und deren Nutzung von externen Daten (wie z.B. aus den vergleichenden Studien wie VERA) nachgewiesen werden (β-Pfadkoeffizient = 0,17; T-Statistik = 2,542). Im Vortrag werden diese und weitere Befunde, mögliche Interpretationen, Forschungsimplikationen sowie Grenzen der Studie kritisch diskutiert. Das evidenzorientierte Handeln der Schulleitung im Rahmen ihres Führungshandelns ist für die Förderung des evidenzorientierten Lehrer-Handelns von wesentlicher Bedeutung. Insgesamt leistet die Studie einen Beitrag zur empirischen Bestimmung derjenigen Prädiktoren, die evidenzorientiertes Schulleitungshandeln begünstigen bzw. behindern können. ID: 481 / H 17 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Hochschulforschung, Studierfähigkeit, Kompetenzkomponenten, Konfirmatorische Faktorenanalyse, Messinvarianz Die Erfassung studienrelevanter Kompetenzen vor dem Hintergrund individueller Gruppenzugehörigkeit Joana Abelha Faria, Anna Rau, Miriam Barnat Universität Hamburg, Deutschland Die Definition und Ausdifferenzierung des Kompetenzbegriffs nach Weinert (2001) ist im Kontext empirischer Bildungsforschung insbesondere im schulischen Bereich ausgearbeitet und erweitert worden. Im Hochschulkontext steht eine Spezifikation des Kompetenzbegriffs hingegen noch weitestgehend aus. Eine Übertragung des Begriffs mit seinen domänenspezifischen Ausdifferenzierungen bedarf der besonderen Berücksichtigung der strukturellen Unterschiede der Lernsettings in den jeweiligen Institutionen (vgl. Helmke, Rindermann & Schrader 2008). Diese bestehen beispielsweise in dem Grad an Freiheit, dem Ausmaß an Spielräumen, der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Lernens sowie der Rolle individueller Interessen und Kompetenzprofile. Im Fokus der Diskussion um den Kompetenzbegriff im Hochschulkontext stehen deshalb studienrelevante Kompetenzen wie bspw. bereichsspezifisches Vorwissen, Lernstrategien, Lernmotivation, Selbstkonzept und Handlungskontrolle (vgl. Schaper 2012). Allerdings existiert bislang kaum empirisches Wissen darüber, auf welche Art und Weise diese Kompetenzen zusammenwirken und inwiefern von einem übergeordneten Kompetenzkonstrukt im Hochschulkontext ausgegangen werden kann. Im vorliegenden Beitrag soll untersucht werden, inwiefern sich die für das Studium als relevant angesehenen Kompetenzen empirisch abbilden lassen. Dabei wird insbesondere der Frage nachgegangen, ob sich die jeweiligen Konstrukte als konstant über verschiedene Gruppen von Studierenden (Hochschultyp, Studienfach, Eingangsvoraussetzungen, etc.) hinweg zeigen oder ob der Kompetenzbegriff im Hochschulkontext über die Domänenspezifität hinaus vor dem Hintergrund individueller (Studien)Merkmale beispielsweise unter Berücksichtigung heterogener Bildungsbiographien betrachtet werden muss. Die Daten für die Untersuchung liefert das BMBF-Forschungsprojekt StuFHe („Studierfähigkeit – institutionelle Förderung und studienrelevante Heterogenität“), in dem Studierfähigkeit als übergeordnetes Konstrukt verschiedener Kompetenzkomponenten und individueller Eingangsvoraussetzungen angesehen wird, welches die Realisierung indi-vidueller Studienziele sowie die Bewältigung von Studienanforderungen ermöglicht. Auf einer qualitativen Vorstudie aufbauend wurde ein Fragebogen entwickelt, welcher einerseits Konstrukte einbezieht, die sich in der hochschulbezogenen Kompetenzforschung als relevant erwiesen haben (wie z.B. kognitive, motivationale, volitionale, soziale und organisatorische Kompetenzen) und andererseits neu entwickelte Items beinhaltet, die auf Ergebnisse der qualitativen Vorstudie zurück gehen. Der Onlinefragebogen wurde zu Beginn des Wintersemesters 2015/2016 an ca. 15.000 Erstsemesterstudierende an 4 Hochschulen verschickt, sodass konkrete Fallzahlen erst zum Ende des Jahres vorliegen werden. Mittels der konfirmatorischen Faktorenanalyse sollen die der Studierfähigkeit zugrunde liegenden Konstrukte überprüft und auf ihre Zusammenhänge hin analysiert werden. Erste Ergebnisse hierzu lieferten die Daten der Pilotierung des Fragebogens im Mai 2015 (n=162). Anhand des Pilotierungsdatensatzes konnten die im Fragebogen aufgenommenen Konstrukte weitestgehend empirisch abgebildet werden. Dabei wurde überprüft, ob die Daten am angemessensten über ein Mehrfaktorenmodell, ein Modell mit einem Faktor 2. Ordnung, einem Generalfaktorenmodell oder einem Nested-Factor-Modell abgebildet werden konnten. Für die Dimension Lernstrategien, Organisatorische Kompetenzen und Studienziele wurde jeweils ein Faktor zweiter Ordnung ermittelt, für alle weiteren Dimensionen (Fach- und Methodenvorwissen, Selbsteinschätzung, Lernmotivation, Handlungskontrolle und Zielbindung, Epistemologie und Soziale Kompetenzen) passte das Mehrfaktorenmodell am besten auf die Datenstruktur. Vor dem Hintergrund der als eher gering zu bezeichnenden Stichprobengröße konnten für alle Messmodelle zufriedenstellende Fitwerte erreicht werden (CFI zwischen .936 und .997; TLI zwischen .925 und .981; RMSEA zwischen .028 und.079). Für die vorliegende Untersuchung soll anhand der Daten der Haupterhebung nicht nur überprüft werden, inwiefern sich die theoretischen Konstrukte empirisch abbilden lassen. Die jeweiligen Konstrukte werden auch auf Messinvarianz bezüglich der bereits genannten spezifischen Merkmale der Studierenden hin untersucht. Hierzu wird das Programm MPlus unter Nutzung des FIMLs (Full Information Maximum Likelihood) und der Funktion Type=complex herangezogen, da sich damit sowohl die fehlenden Werte berücksichtigen lassen als auch der Clusterstruktur der Daten angemessen begeg-net werden kann. Die Ergebnisse sollen Hinweise darauf liefern, in welchem Verhältnis die verschiedenen Kompetenzkomponenten zueinander stehen und ob von einem allgemeingültigen Konstrukt von Studierfähigkeit über verschiedene Gruppen von Studierenden hinweg ausgegangen werden kann. Des Weiteren liefern die Analysen die Grundlage für die Modellierung von Kompetenzprofilen von Studierenden, die im weiteren Projektverlauf un-ter Berücksichtigung von Heterogenitätsmerkmalen und spezifischen Förderangeboten analysiert werden sollen, um Hinweise auf die Wirkungsweisen hochschulischer Förderangebote in der Studieneingangsphase zu erhalten. ID: 482 / A 15 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Schulentwicklung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Personalentwicklung, Lernstandserhebungen, Vergleichsarbeiten, Schulleitungshandeln, data-based-decisionmaking, data-wise-leadership "Evidenzbasierte Personalentwicklung im Kontext Neuer Steuerung - Eine qualitative Studie zu Bedingungen, Formen und Barrieren der Nutzung von VERA-Daten bei der schulleitungsgesteuerten Förderung professionellen Lehrkräftehandelns in Brandenburg" Jasmin Tarkian Freie Universität Berlin, Deutschland Evidenzbasiertes Handeln gilt gemäß Erkenntnissen der Schuleffektivitätsforschung als wichtiger Erfolgsfaktor für die Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht (Schildkamp & Kuiper 2010; Hattie 2009). Doch der Weg von Daten zu Taten findet nicht zwangsläufig und automatisch statt, sondern ist, wie Studien zur Rezeption und Nutzung von VERA-Rückmeldedaten bei Lehrkräften zeigen, voraussetzungsreich und damit im Ergebnis bislang hinter den Erwartungen der Bildungspolitik zurückgeblieben (Thiel 2007, S. 164; Maier 2008, S. 99). Als zentralem "Bindeglied für die Synchronisation von Top-down und Bottom-up-Strategien" (Fullan 2001 nach Schratz et al. 2010, S. 9) kommt den Schulleitungen ein wesentliches Potential zur Stärkung der Nutzungsaktivitäten im Kollegium und ihrer Ausrichtung auf die intendierte Schul- und Unterrichtsentwicklung zu (vgl. Leithwood & Riehl 2005). Die innerschulische Personalentwicklung, Baustein systematisch angelegter Schulentwicklung, bietet ihnen einen sich dazu in besonderem Maße anbietenden Einflussbereich: Mit zielgerichteter Fortbildungsplanung, der Durchführung von Mitarbeiter-Feebackgesprächen oder der Verabredung von Ziel-Leistungsvereinbarungen stehen SchulleiterInnen im Kontext erweiterter Handlungsspielräume verschiedene Instrumente für eine auf Qualitätsentwicklung fokussierte Förderung und Weiterqualifizierung der Lehrkräfteprofession zur Verfügung, die sich auch im Kontext von low-stakes-Systemsteuerung für einen Einbezug von Rückmeldungen aus Vergleichsarbeiten eignen und damit im Sinne eines instructional leaderships wirksam werden können. Eine offizielle Beauftragung der Schulleitungen zu solch einer evidenzbasierten Personalentwicklung gibt es bislang nicht, auch wenn sich aus dem handlungstheoretischen Modell datengestützter Intervention zur Erweiterung innerorganisationaler Handlungskapazitäten (vgl. Argyris 1997; Rolff 2008, S. 151) durchaus Empfehlungen zu einer entsprechenden Adaption für das Aufgabentableau schulischen Führungshandelns ableiten ließen. Studien, die der Frage nachgehen, inwieweit in der Praxis schulischer Personalentwicklung (dennoch) bereits extern administrierte Daten eingesetzt werden, suchte man im deutschsprachigen Raum bisher vergeblich. Erstmals wurde nun aus den survey-Daten der StABil-Studie bekannt, dass knapp jede zweite Schulleitung im Bundesland Brandenburg im Zusammenhang mit Personalentwicklungsprozessen auf VERA-Daten zurückgreift (Bach et al. 2014). Ungeklärt bleibt hier allerdings, in welcher Weise genau die Schulleitungen die Rückmeldedaten dabei verwenden und damit die Frage, welche Qualität ihren Aktivitäten - ausgehend vom Zyklenmodell nach Helmke & Hosenfeld (2005) bzw. der Nutzungssystematik nach Johnson (1998) - tatsächlich zukommt. Dies dürfte insbesondere im Vergleich mit der Verwendung anderer Datensorten wie z.B. schulintern generierter Evidenz interessant sein. Zum anderen ist weitestgehend unbeantwortet, welche Merkmale die Schulleitungen zu einer entsprechenden Nutzung der Testergebnisse veranlassen bzw. welche Umstände eine Verwendung von VERA 3- bzw. VERA 8-Rückmeldungen im Rahmen schulischer Personalarbeit hemmen. Aufschlussreich wäre es insofern, mit Blick auf die urteilbildenden Referenzsysteme der Entscheider (vgl. Weiss & Bucuvalas 1980a, b) Faktoren(konstellationen) aufzudecken, die im Kontext eines "sensemaking process" (Coburn 2004) nutzungsförderlich wirken. Umgekehrt finden sich mit Blick auf die Feststellung von Nutzungsbarrieren erste Hinweise im „Autonomie-Egalitäts-Syndrom“ nach Lortie (1975) bzw. dem Phänomen "kollegialer Beißhemmung" (Strittmatter 1994), die offenbar besonders im Kontext eines "primus-inter-pares"- Sozialgefüges an Schulen eine Rolle spielen. Aus der daraufhin mit entsprechenden Fragestellungen konzipierten, leitfadengestützten Interviewstudie, in der auf Basis eines kontrastiven, an den StABil-Datensatz angeschlossenen Samplings nach qualitativem Stichprobenplan (vgl. Kluge & Kelle 1999) 18 Brandenburger Schulleitungen aus Grund- und Sekundarschulen zu ihrer Personalentwicklungspraxis und den Hintergründen der dabei getroffenen Datennutzungsentscheidungen befragt wurden, werden im Vortrag deskriptive Ergebnisse zur ersten Fragestellung im Kontext rezeptions- und nutzungstheoretischer Konzeptualisierungen vorgestellt. Diese sollen im Weiteren durch eine entscheidungstheoretische Betrachtung ergänzt werden, bei der mit Blick auf die Referenzsysteme der Schulleitungen Deutungsangebote entwickelt werden, die im Spannungsfeld zwischen rationaler und verhaltenswissenschaftlich begründbarer Entscheidungsfindung liegen. Alle Interviews, die mit erklärten Datennutzern wie auch -nichtnutzern unterschiedlicher Schulformen, -größen und regionaler Verwaltungsbezirke Brandenburgs geführt worden sind, wurden auf Basis der inhaltlich strukturierenden (zum Teil auch: evaluativen) qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (1993) sowie ihrer Weiterführung durch Kuckartz (2012) mit einer typisierenden Zielrichtung ausgewertet, da für den späteren Studienverlauf eine Musterbildung der unterschiedlichen Handlungen, Einstellungen und Entscheidungsreferenzen angestrebt wird. ID: 485 / A 03 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Fremdsprachenunterricht Stichworte: Mehrsprachigkeit, bilinguale Erziehung, Sprachpolitik, soziale und individuelle Einflussfaktoren, focus group, Erfolg im Spracherwerb Förderliche und hinderliche Faktoren für eine multilinguale Erziehung: Die Einstellungen der Grundschullehrpersonen in einer heterogenen Grenzregion Barbara Gross Freie Universität Bozen, Italien Die Mehrsprachigkeit der Bürger/innen ist eines der wichtigsten Ziele der Europäischen Union (COM, 2008), dessen Erreichung in vielen Teilen Europas aufgrund von äußeren Bedingungen erschwert wird (Baur, 2006; Nelde, 2006). Neben der Muttersprache sollten alle Europäer zwei weitere Sprachen beherrschen. Die Mehrsprachigkeit wird auch im Kleinen, wie z.B. in Südtirol (Italien), angestrebt (Egger, 2001; Baur, 2006). Die Sprach- und Bildungspolitik Südtirols ist sehr stark auf die Mehrsprachigkeit der Bürger/innen ausgerichtet, obwohl es immer noch nach Sprachgruppen getrennte Schulsysteme gibt (Kofler & Profanter, 2006; Augschöll, 2006). Eltern, Kinder und Lehrpersonen äußern vielfach den Wunsch, die Sprache der anderen Sprachgruppe besser zu beherrschen. Das Bedürfnis nach Mehrsprachigkeit wird von 60 Prozent der deutschsprachigen und 90 Prozent der italienischsprachigen Bevölkerung geäußert (Autonome Provinz Bozen-Südtirol, 2015; Autonome Provinz Bozen-Südtirol, 2006). Die Ergebnisse, welche Schüler/innen nach langjährigem Sprachunterricht erzielen, reflektieren allerdings nicht immer die Bestrebungen der Schulen und Elternhäuser. Die Sprachpolitik antwortete in Vergangenheit auf die Forderung der Gesellschaft mit der Möglichkeit in den italienischen Kindergärten und Grundschulen die Anzahl der Wochenunterrichtsstunden in der sogenannten „Zweiten Sprache” zu erhöhen. Italienische Grundschulen haben in der Provinz Bozen je nach Schwerpunkt der Schule von normalerweise sechs bis zu 13 Wochenstunden Unterricht in deutscher Sprache (Autonome Provinz Bozen-Südtirol, 2009a). Deutsche Grundschulkinder haben ab der zweiten Klasse vier und ab der vierten Klasse fünf Stunden Italienisch pro Woche (Autonome Provinz Bozen-Südtirol, 2009b). Geht es um die deutschen Bildungseinrichtungen so wird eine verstärkte Zusammenarbeit der Lehrkräfte beider Landessprachen von Seiten der Sprachpolitik abgelehnt, da dies eine Gefahr für die eigene Muttersprache darstelle und die Angebote in der Provinz zum Erlernen der Sprache ausreichend wären. Außerdem werden erwartungswidrige Ergebnisse einer unzureichenden Ausbildung der Zweitsprachlehrer/innen sowie der fehlenden Motivation im Elternhaus zugeschrieben (Landtag, 2015). Grundschullehrpersonen geben an, dass die Voraussetzungen für die Erreichung des Bildungserfolges nicht stimmen würden (Baur et al., 2009). Eine Verbesserung verlange nach einer Veränderung in kulturellen und schulorganisatorischen Aspekten. Die negativen Auswirkungen eines nach Sprachgruppen getrennten Schulsystems wurden auch in anderen Kontexten, wie dem finnischen (Tikka, 2009) dokumentiert und erforscht. Immer noch wird darüber diskutiert, ob die Mehrsprachigkeit als positiv oder negativ für die Gesellschaft einzuschätzen ist. Gogolin und Neumann (2009) zeigen, dass diese Debatte eng mit der historischen Vorstellung, dass ein Staat und die Menschen, die in ihm leben, „normalerweise” einsprachig seien, verbunden ist. Dies zeigt sich sehr stark auch im geographischen Kontext dieser Studie (Landtag, 2015). Das Ziel dieser Forschung war es, den Zusammenhang von verschiedenen Faktoren, welche den Bildungserfolg in einer multilingualen Erziehung beeinflussen, interdisziplinär zu umreißen. Dabei geht es um Faktoren, welche die Schüler/innen selbst, die Lehrpersonen und Eltern in einer heterogenen Gesellschaft betreffen, aber auch externe Faktoren, wie außerschulische Kontaktmöglichkeiten, das Schulcurriculum und die politische Macht. Die subjektiven Einstellungen und Werte der Lehrpersonen standen hierbei im Vordergrund. Um diese Informationen zu erhalten, wurden mit den Lehrpersonen der deutschen sowie der italienischen Grundschulen vier focus groups (Morgan, 2003; Baldry, 2005), zwei pro Sprachgruppe (Deutsch und Italienisch), durchgeführt. Es nahmen insgesamt 24 Lehrpersonen der Zweiten Sprache an diesen Diskussionen teil. Die Datenanalyse erfolgte anhand der Methode des konstanten Vergleichs nach Glaser & Strauss (Glaser, 1992; Glaser & Strauss, 1967; Leech & Onwuegbuzie, 2008). Die Ergebnisse zeigen förderliche und hinderliche Faktoren auf, welche die mehrsprachige Erziehung und den Bildungserfolg in einer mehrsprachigen Grenzregion beeinflussen. Die gewonnenen Ergebnisse dienen der Weiterentwicklung der Studie in einem mixed methods Ansatz, wobei die Schüler/innen und Eltern in die Forschung miteinbezogen werden sollen. ID: 488 / G 04 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochschulbildung Stichworte: migration background, international student mobility, social survey Mobil, mobiler, Migrant. Warum weisen Studierende der zweiten Migrantengeneration eine höhere studienbezogene Auslandsmobilität auf als Studierende ohne Migrationshintergrund und Studierende der ersten Migrantengeneration? Andreas Sarcletti, Jonas Poskowsky Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung GmbH, Deutschland Theoretischer Hintergrund Gemäß Breen und Goldthorpe (1997) führen unterschiedliche Ausstattungen mit Ressourcen zu unterschiedlichen Bildungsentscheidungen. Da Studierende mit Migrationshintergrund hinsichtlich verschiedener Faktoren wie der finanziellen Unterstützung durch die Eltern sowie höchstem Bildungsabschluss und beruflicher Position der Eltern und auch bezüglich der Abiturnote benachteiligt sind (Sarcletti 2015), ist davon auszugehen, dass sie seltener einen (mit Kosten und möglicherweise Zeitverlust verbundenen) studienbezogenen Auslandsaufenthalt durchführen oder planen als Studierende ohne Migrationshintergrund. Studierende, die selbst im Ausland geboren wurden, weisen im Gegensatz zu anderen Studierenden mit Migrationshintergrund die mobilitätsfördernde Ressource „bisherige/eigene Migrationserfahrung“ (Finger 2011; Weenink 2014) auf, so dass für diese Gruppe eine höhere Mobilitätsneigung angenommen werden kann als für die Studierenden der sogenannten zweiten Migrant(inn)engeneration (in Deutschland geborene Studierende mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil). Fragestellung Entgegen bisheriger Studien, die im deutschsprachigen Raum weder einen Effekt des Migrationshintergrundes auf die Durchführung (Lörz und Krawietz 2011) noch auf die Planung (Lörz et al. 2013) studienbezogener Auslandsaufenthalte feststellen konnten, zeigen Ergebnisse auf Grundlage der 20. Sozialerhebung, dass Studierende der zweiten Migrant(inn)engeneration zu signifikant höherem Anteil als Studierende ohne Migrationshintergrund oder der ersten Migrant(inn)engeneration Auslandsaufenthalte absolviert haben oder planen (45,4 % vs. je 41 %, p < 0,05). Der Beitrag geht daher der Frage nach, warum gerade diese Gruppe, bei der theoriegemäß materielle Mobilitätshindernisse zu erwarten wären, die aber andererseits nicht über eigene, mobilitätsbegünstigende Migrationserfahrung verfügt, ein höheres Maß an Auslandsmobilität zeigt. Daten und Methoden Als Grundlage der Analysen dienen die Daten der Bachelorstudierenden (ohne Lehramt) aus der 20. Sozialerhebung (Erhebung im Sommersemester 2012, N=7.726). Unter diesen Studierenden haben insgesamt 22,5 % einen Migrationshintergrund (erste Generation: 6,5 %, zweite Generation: 16,0 %). Mittels logistischer Regression wird geprüft, ob und ggf. durch welche anderen Variablen der beschriebene Zusammenhang zwischen Migrant(inn)engeneration und Auslandsmobilität vermittelt ist. Zur Absicherung der Befunde wird sowohl untersucht, ob ein studienbezogener Auslandaufenthalt bereits absolviert wurde oder (fest) geplant ist, als auch ausschließlich ob ein Auslandsaufenthalt absolviert wurde; und schließlich, ob Studierende in höheren Semestern (mehr als vier Fachsemester) auslandsmobil waren. Ergebnisse Wie beschrieben widersprechen die deskriptiven Befunde den theoretischen Erwartungen. Studierende der zweiten Migrant(inn)engeneration haben signifikant häufiger als andere einen Auslandsaufenthalt absolviert oder planen dies fest. Dies bestätigt sich auch dann, wenn nur die absolvierten Auslandsaufenthalte betrachtet werden, sowie wenn die Analyse auf Studierende in höheren Semestern beschränkt wird (ohne Migrationshintergrund: 19,0 %, erste Migrant(inn)engeneration: 17,1 %, zweite Migrant(inn)engeneration: 25,2 %, p < 0,01). In multivariaten Analysen wird geprüft, ob diese nicht erwartungskonformen Ergebnisse z. B. durch Unterschiede in der Finanzierung durch die Eltern, die Bildungsherkunft, Sprachkenntnisse, unterschiedliche Fächerpräferenzen, die Hochschulart, das Alter oder den Familien-/Partnerschaftsstatus erklärt werden können. ID: 492 / H 17 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Motivation und Emotion Stichworte: Unterrichtsintervention, Compliance, Schülermerkmale, Mathematik, Motivation Compliance mit Schreibaufgaben in einer unterrichtsbasierten Motivationsintervention: Erfassung und Vorhersage durch individuelle Schülermerkmale Brigitte Brisson1, Chris S. Hulleman2, Isabelle Häfner1, Anna-Lena Dicke3, Barbara Flunger1, Hanna Gaspard1, Ulrich Trautwein1, Benjamin Nagengast1 1 Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, Universität Tübingen; 2Curry School of Education, University of Virginia; 3 University of California, Irvine Theorie und Fragestellung Schriftliche Arbeitsaufträge sind häufig Teil von unterrichtsbasierten Interventionen (z.B. Hulleman und Harackiewicz 2009). Im realen Unterrichtsgeschehen ist es allerdings schwierig zu kontrollieren, ob Schülerinnen und Schüler schriftliches Interventionsmaterial wie beabsichtigt bearbeiten (O’Donnell 2008). Um besser zu verstehen, wodurch Unterrichtsinterventionen erfolgreich sind, ist es wichtig, Compliance mit dem Interventionsmaterial (d.h. dessen vollständige und korrekte Bearbeitung) zu erfassen (Berkel et al. 2011). Die Erforschung der Zusammenhänge von Compliance mit individuellen Schülermerkmalen könnte überdies einen Einblick in die möglichen Hintergründe von Subgruppeneffekten bei Unterrichtsinterventionen liefern. In der vorliegenden Studie wurden Daten aus der Interventionsstudie „Motivationsförderung im Mathematikunterricht“ (MoMa) auf Compliance hin untersucht. Ziel der MoMa-Studie war die Förderung von Nützlichkeitsüberzeugungen zu Mathematik (vgl. Erwartungs-Wert-Theorie, Eccles et al. 1983). Frühere Untersuchungen zeigten, dass Nützlichkeitsinterventionen besonders wirksam sind, wenn die Teilnehmenden persönliche anstatt unpersönliche Bezüge zum Lernmaterial herstellen und wenn Nützlichkeitsargumente selbst generiert anstatt lediglich rezipiert werden (Hulleman et al. 2015). Dementsprechend wurden Teilnehmende der MoMa-Intervention angeleitet, Schreibaufgaben zur Nützlichkeit der Mathematik zu bearbeiten, in denen sie persönliche Bezüge herstellen und eigene Nützlichkeitsargumente generieren – Kriterien, die als Compliance-Indikatoren dienten. Zum Zusammenhang von individuellen Schülermerkmalen und Compliance mit schriftlichen Interventionsaufgaben ist bisher wenig bekannt. Angelehnt an Erkenntnisse aus der Forschung zu Hausaufgaben-Compliance (z.B. Trautwein et al. 2006) könnten jedoch Geschlecht, Gewissenhaftigkeit, kognitive Fähigkeiten, Selbstkonzept und intrinsischer Wert mit Compliance einhergehen. Anhand den MoMa-Interventionsaufgaben wurde somit untersucht, a) wie die Compliance der Schülerinnen und Schüler ausgeprägt ist und b) wie Schüler-Geschlecht, Gewissenhaftigkeit, kognitive Fähigkeiten, Selbstkonzept und intrinsischer Wert mit Compliance zusammenhängen. Daten 1916 baden-württembergische Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der 9. Jahrgangsstufe nahmen an der MoMa-Studie teil. Die Klassen wurden randomisiert einer Wartekontrollbedingung (N = 635 Schülerinnen und Schüler) oder einer von zwei Interventionsbedingungen („Text“, N = 720; „Zitate“, N = 561) zugewiesen. In der Intervention bearbeiteten beide Experimentalgruppen nach einer Powerpoint-Präsentation zur Nützlichkeit der Mathematik einen individuellen Arbeitsauftrag: die „Text“-Gruppe verfasste freie Texte über die persönliche Nützlichkeit der Mathematik; die „Zitate“-Gruppe bezog Interviewzitate zur Nützlichkeit der Mathematik auf sich selbst. Sechs Studierende kodierten die Aufsätze nach den Compliance-Indikatoren „positive Argumentation“ (d.h. für den Nutzen der Mathematik), „persönlicher Bezug“ und „selbstgenerierte Argumente“. Basierend auf theoretischen Überlegungen wurden die Indikatoren mit unterschiedlicher Gewichtung zu einem intervallskalierten Compliance-Index zusammengefasst (vgl. Nelson et al. 2012). Die individuellen Schülermerkmale wurden vor der Intervention von den Lehrkräften mitgeteilt (Geschlecht) oder mit einem kognitiven Fähigkeitstest bzw. durch einen Schülerfragebogen (Gewissenhaftigkeit, Mathematik-Selbstkonzept, intrinsischer Wert der Mathematik) erfasst. Methode Getrennt nach Bedingung wurden Häufigkeitsverteilungen für die Compliance-Indikatoren und den Compliance-Index erstellt. Durch Regressionsanalysen wurde der Zusammenhang des Compliance-Index (abhängige Variable) mit den individuellen Schülermerkmalen zunächst einzeln (univariate Modelle) und dann zusammen (multivariates Modell) untersucht. Zur Berücksichtigung der genesteten Datenstruktur wurden die Standardfehler korrigiert. Ergebnisse Die Mehrheit der Teilnehmenden argumentierte überwiegend für den Nutzen der Mathematik (Textbedingung: 76%; Zitatebedingung: 82%). Die meisten Teilnehmenden der Textbedingung stellten mehr persönliche als unpersönliche Bezüge her (54%) und erwähnten mindestens ein neues Argument für die Nützlichkeit der Mathematik (90%). Die meisten Teilnehmenden der Zitatebedingung stellten überwiegend unpersönliche Bezüge her (56%) und fanden mindestens ein neues Argument (62%). Die Häufigkeitsverteilungen der Werte auf der Compliance-Index-Skala erwiesen sich in beiden Bedingungen, besonders in der Zitatebedingung, als rechtssteil. Gewissenhaftigkeit, Mathematik-Selbstkonzept und intrinsischer Wert der Mathematik hingen in beiden Bedingungen jeweils positiv mit Compliance zusammen. Kognitive Fähigkeiten und Geschlecht erwiesen sich nur in der Textbedingung als signifikante Prädiktoren von Compliance: Mädchen hatten höhere Compliance-Werte als Jungen. In den multivariaten Modellen blieben Gewissenhaftigkeit und intrinsischer Wert signifikante Prädiktoren in beiden Bedingungen sowie Geschlecht in der Textbedingung. Die weitere Untersuchung von Compliance könnte einen näheren Einblick in die genauen Wirkmechanismen der MoMaIntervention geben, beispielsweise in die Hintergründe von Gendereffekten (s. Gaspard et al. 2015). ID: 496 / H 16 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Schulentwicklung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Personalentwicklung Schulleitung Schulentwicklung Welche Bedeutung hat schulische Personalentwicklung für die professionelle Weiterentwicklung von Lehrkräften und welche Rolle spielen psychologische und organisationale Faktoren? Anabel Bach Freie Universität Berlin, Deutschland Entscheidend für die Verbesserung von Schülerleistungen ist die Qualität von Unterricht (Darling-Hammond, 2000). Als zentrale Akteure in der Organisation Schule sind Lehrpersonen maßgeblich für die Qualität des Unterrichts verantwortlich. Eine Verbesserung der schulischen Arbeit kann also nur unter Einbezug des Personals erreicht werden. Schulentwicklung ist demnach auf Lehrpersonen angewiesen, die ihre professionellen Kompetenzen stetig erweitern. In diesem Sinne hat schulische Personalentwicklung auf der einen Seite das Ziel der beruflichen Weiterentwicklung der individuellen Lehrperson und erfüllt auf der anderen Seite, als ein Teilbereich der internen Evaluation einer gemanagten Organisation (vgl. Thiel & Thillmann, 2012), den Zweck der Optimierung der Organisation Schule. Mit der Ausweitung schulischer Autonomiespielräume erfährt Personalentwicklung auch in der schulischen Praxis einen erhöhten Stellenwert. Als Bestandteil des Personalmanagements liegt es im Verantwortungsbereich der Schulleitung (z.B. Meetz, 2007), gezielt Instrumente zur Förderung der beruflichen Handlungskompetenz von Lehrkräften einzusetzen. Dabei bieten insbesondere individuelle Fördermaßnahmen, wie Mitarbeitergespräche (ggf. mit Zielvereinbarungen) und Unterrichtsbesuche, Schulleitungen die Möglichkeit, den Lehrpersonen evidenzbasiert ein unmittelbares Feedback zum eigenen Handeln zu geben. Nach derzeitigem Kenntnisstand für den deutschsprachigen Raum ist eine gezielte Personalentwicklung jedoch kaum verbreitet (vgl. Steger Vogt, 2014), und es liegen zudem keine systematische Erkenntnisse zum Zusammenhang von schulischer Personalentwicklung und der professionellen Weiterentwicklung von Lehrkräften vor (vgl. Thillmann et al., 2015). Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob zwischen dem Einsatz personenzentrierter Personalentwicklungsinstrumente (Mitarbeitergespräche, Unterrichtsbesuche und Zielvereinbarungen) und der professionellen Weiterentwicklung von Lehrkräften ein positiver Zusammenhang besteht und welchen Stellenwert dabei individuelle Merkmale der Lehrkräfte (LehrerSelbstwirksamkeitserwartung, Arbeitsbelastung, Berufserfahrung) sowie die Kollaboration der Lehrkräften untereinander haben. Ob die subjektive Bewertung der Personalentwicklungsinstrumente von Seiten der Lehrpersonen den beschriebenen Zusammenhang beeinflusst, wird ebenfalls untersucht. Ausgehend von einem theoretisch fundierten Pfadmodell sollen die Forschungsfragen unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur empirisch überprüft werden. Im Rahmen des vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts „Schulen als Steuerungsakteure im Bildungssystem“ wurde eine standardisierten Lehrkräftebefragung an Berliner und Brandenburger allgemeinbildenden Schulen durchgeführt. Die Stichprobe umfasst N = 51 Schulen; durchschnittlich haben 42 Prozent der Lehrkräfte (N = 13) einer Schule die Fragebögen beantwortet (Range von 2 bis 34 Lehrkräften bzw. 5 bis 90 Prozent). Die vorliegenden Analysen basieren auf Daten von insgesamt N = 658 Lehrkräften. Zur Operationalisierung der Personalentwicklung wird ein auf drei Items beruhender Index gebildet (Häufigkeit von Unterrichtsbesuchen, Mitarbeitergesprächen und Zielvereinbarungen). Anhand einer aus vier Items bestehenden Skala wurde erfragt, ob die Lehrkräfte in den letzten fünf Jahren ihre Unterrichtskompetenzen erweitert haben (Cronbachs α = .92). Als unabhängige Variablen werden verschiedene Skalen in das Modell aufgenommen. Erste Analysen bestätigen den angenommenen positiven Zusammenhang der von den Leitungen durchgeführten schulischen Personalentwicklung und der Weiterentwicklung der Lehrkräfte, sowie die Bedeutsamkeit der weiteren Faktoren zur Erklärung der Kriteriumsvariable. Da die Auswertungen noch nicht vollständig abgeschlossen sind, können an dieser Stelle noch keine finalen Ergebnisse dargestellt werden. ID: 497 / F 05 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Ökonomie, Wirtschafts- und Berufspädagogik Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Bildung im Sekundarbereich, Ökonomie und Bildung Stichworte: Ökonomische Kompetenz, Allgemeinbildung, berufliche Bildung, adaptiver Test, Kalibrierung Entwicklung eines adaptiven Tests zur Messung ökonomischer Kompetenz bei Jugendlichen Eveline Wuttke1, Susan Seeber2 1 Goethe Universität Frankfurt, Deutschland; 2Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Ökonomische Kompetenz ist zentral für die erfolgreiche Bewältigung von Alltagsanforderungen (Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens, Rolle als mündiger Bürger, Beitrag zur politischen und ökonomische Entwicklung eines Landes, Aprea et al. 2015; Beck, 1993; Kaminski & Eggert, 2008; OECD, 2014). In England und den USA ist ökonomische Bildung Teil der „Literacy“-Bemühungen und wird systematisch an Schulen aller Art bei SchülerInnen aller Altersklassen umgesetzt (Soper & Walstad, 1987; Whitehead, 1990). In Deutschland ist ihr Stellenwert grundsätzlich unumstritten, jedoch finden sich substantielle Unterschiede in den Curricula der verschiedenen Bundesländer. Dies stützt die Annahme, dass ökonomische Kompetenzen Jugendlicher sehr heterogen sind. Bislang fehlen allerdings systematische Studien zu ökonomischen Kompetenzausprägungen. Ziel der Studie ist es deshalb, einen adaptiven Test zu entwickeln, der zentrale Bestandteile ökonomischen Wissens bei Jugendlichen in den Abschlussklassen des Sekundarbereichs I und in Klassen des allgemeinbildenden und beruflichen Sekundarbereichs II misst. Der Test umfasst volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Inhaltsbereiche und erfasst darüber hinaus finanzbezogenes Wissen (financial literacy). In der Kalibrierungsstudie wurde geprüft, ob die entwickelten Items verschiedene Schwierigkeitsstufen abdecken und ob mit dem Test, ökonomisches Wissen reliabel und valide gemessen wird. Methode: Vorliegende Tests sind insbesondere in Papier-Bleistift-Versionen verfügbar (z.B. WBT, Beck et al. 1998) und umfassen aus Testzeitgründen einen limitierten Itempool. Alle Items sind von allen ProbandInnen ungeachtet ihres Fähigkeitsniveaus zu beantworten. Ein adaptiver Test erlaubt dagegen ein den Fähigkeiten entsprechendes Testen in einem vertretbaren Zeitrahmen. Die Besonderheit adaptiver Testverfahren liegt darin, dass die Zusammenstellung der Aufgaben (Items) und somit die Niveaufestlegung des Tests erst zur Testlaufzeit in Abhängigkeit von den Antworten der zu testenden Person erfolgt, wobei eine Überprüfung und Anpassung nach jeder Aufgabe vorgenommen wird. Zur Schwierigkeitsbestimmung werden die Aufgaben in einer Kalibrierungsphase gemäß des verwendeten statistischen Modells (s. u.) skaliert. Für jeden Teilnehmer entsteht somit ein individueller Testverlauf. Das adaptive Testen ist an die Item-Response-Theorie (IRT) gebunden, die eine Schätzung des erreichten Fähigkeitsniveaus anhand der beantworteten Aufgaben ermöglicht (vgl. Weiss & Yoes 1991). Bei der Testentwicklung wurden vorab relevante Inhaltsbereiche identifiziert Die insgesamt 108 entwickelten Items decken die Inhalte (1) Ökonomisches Grundlagenwissen (WBT, Beck et al. 1998, 20 Items); (2) ökonomisches Alltagswissen (25 Items), (3) Financial Literacy (49 Items Selbstentwicklung sowie Lusardi & Mitschel, 2014, 10 Items) und (4) Betriebswirtschaftliches Wissen/Rechnungswesen (Berger et. al. 2015, 10 Items) ab. Darüber hinaus wurden gängige biografische Angaben erfragt (Alter, Geschlecht, Schulbildung, Bildungshintergrund etc.). Stichprobe: Erste Testungen im Rahmen der Kalibrierung wurden im Juli 2015 an vier beruflichen Schulen in Hessen und Baden-Württemberg bei 440 SchülerInnen (m=227; f=132; 245 gewerblich-technisch, 195 kaufmännisch) online eingesetzt. 22 verfügen über einen Hauptschulabschluss, 229 über mittlere Reife und 79 über eine Hochschulzugangsberechtigung. Die ersten 10 Items waren von allen Probanden zu beantworten, die übrigen wurden zufallsgeneriert zugewiesen, wobei maximal 60 Minute für die Bearbeitung zur Verfügung standen. Vorläufige Ergebnisse: Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass die Daten über das einfache Rasch-Modell skalierbar sind. Die Itemfitwerte bewegen sich im WMSQU zwischen 0,84 und 1,17, die EAP/PV-Reliabilität liegt bei 0,925. Erste Konstruktprüfungen zeigen erwartete Ergebnisse (positive Korrelation der Testleistungen mit den Schulabschlüssen bzw. Schulformen der allgemeinbildenden Schulen, auffällige Leistungsdifferenzen zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund). Weitere anstehende Prüfungen sind nach Abschluss der Erhebungen für die Kalibrierung der Items vorgesehen (u.a. Prüfungen der Dimensionalität und der Subgruppen-Invarianz der Items, DIF-Analysen zu Geschlechter- und Migrationseinflüssen). Die hypothetisch aufgrund des Forschungsstands angenommene mindestens zweidimensionale Struktur wird ebenfalls nach Abschluss der Kalibrierungsstudie mit ca. 1.200 Probanden (Ende November 2015) geprüft. Im Beitrag werden die Ergebnisse der finalen Kalibrierungsstudie zur Kompetenzstruktur und zu Kompetenzniveaus sowie zur Validität der Items vorgestellt und Konsequenzen für die Aussagekraft des entwickelten Assessments diskutiert. ID: 501 / B 03 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Motivation und Emotion, Sonstiges Stichworte: Subjektive Überzeugungen, Metakognition, Persistenz, Schreiben Universität Subjektive Überzeugungen, Metakognition und individuelle Merkmale im Kontext des wissenschaftlichen Schreibens im Studium Yves Karlen Universität Zürich, Schweiz Die Fähigkeit wissenschaftliche Texte zu schreiben, stellt eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg im Studium dar. Erfolgreiche Schreibende planen, überwachen und evaluieren den Schreibprozess, wählen passende Strategien aus und halten das Interesse und die Motivation aufrecht (Harris & Graham, 2009). Schreiben ist ein komplexer Prozess, der von den Studierenden ein hohes Maß an Ausdauer und metakognitiven Kompetenzen erfordert (Graham & Harris, 2000). Insbesondere die Eigenschaft längerfristige Ziele auch bei Schwierigkeiten mit Enthusiasmus zu verfolgen, umfasst ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal, das die Leistung beeinflusst (Duckworth et al., 2007). Neben den metakognitiven Kompetenzen und individuellen Persönlichkeitsmerkmalen wird der Schreibprozess auch von den subjektiven Überzeugungen beeinflusst (White & Bruning 2005). Personen, die Fähigkeiten als eher veränderbar wahrnehmen, meistern Schwierigkeiten beim Schreiben erfolgreicher, zeigen eine höhere Persistenz und wenden mehr Strategien an, als Personen, die ihre Fähigkeiten eher als stabiles Persönlichkeitsmerkmal sehen (Burnette et al., 2013). Bisher ist wenig über subjektive Überzeugungen und über die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen sowie zu qualitativen Regulationsaspekten des Schreibens bekannt. Hier setzt diese Studie an. Im Zentrum steht die Frage nach den Zusammenhängen zwischen subjektiven Überzeugungen und individuellen Merkmalen im Kontext des wissenschaftlichen Schreibens im Studium. Es wurde angenommen, dass Studierende, die ihre Schreibkompetenzen als veränderbar ansehen, über mehr metakognitives Wissen, eine geringere Besorgtheit und Belastung und über mehr Ausdauer verfügen, als Studierende, die Schreibkompetenz als unveränderlich ansehen. In dieser Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten (t1 = zu Beginn des Semesters, t2 = am Ende des Semesters) wurde zum ersten Messzeitpunkt bisher N = 38 Studierende in einer Alterspanne von 19 bis 46 Jahren (Durchschnittsalter = 22.5 Jahren, SD = 4.5) befragt. Die Geschlechterverteilung mit einem überwiegenden Anteil an Studentinnen (85%) entspricht der Population von Studierenden der Erziehungswissenschaft an der Universität Zürich. Die Online-Erhebung wurde während eines regulären Kurses durchgeführt. Anhand von Multiple-Choice-Fragen wurden verschiedene individuelle Merkmale erfasst: Es wurde bestehende Skalen zur Besorgtheit, Belastung, Persistenz und zum beständigem Interesse eingesetzt (Kuhl & Fuhrmann, 2004; Maag Merki et al., 2004; Schwarzer & Jerusalem, 1999). Die Skalen weisen zufriedene Reliabilitätswerte zwischen α = .76 und α = .86 auf. Die Skala zu den subjektiven Überzeugungen zur Veränderbarkeit des wissenschaftlichen Schreibens wurde in Anlehnung an die Skalen von Spinath und Schöne (2003) konzipiert (α = .65). Zur Erfassung des metakognitiven Strategiewissens im Bereich Schreiben von wissenschaftlichen Texten wurde ein neu entwickelter Wissenstest eingesetzt. Dieser umfasst vier Szenarien (Idee finden, Idee umsetzen, Schreibprozess überwachen, Text überarbeiten). Bei jedem Szenario mussten die Studierenden die Nützlichkeit von vorgegebenen Strategien auf einer Skala von 1 (= überhaupt nicht nützlich) bis 6 (= sehr nützlich) einschätzen. Diese Einschätzungen wurden mit einem im Vorfeld durchgeführten Expertenrating verglichen. Für jede Übereinstimmung mit dem Expertenrating erhielten die Studierenden einen Punkt. Je höher der Score desto mehr metakognitives Strategiewissen besitzen die Studierenden. Die ersten Analysen der t1 Daten weisen auf Zusammenhänge zwischen subjektiven Überzeugungen, individuellen Merkmalen und Metakognition hin. Je eher die Fähigkeit zum Schreiben als unveränderbar wahrgenommen wird, umso größer ist die wahrgenommene Belastung im Studium (r = .42, p < .05) und die Besorgtheit hinschlich der Bewältigung des Studiums (r = .47, p < .01). Anhand eines Median-Splits wurden zwei Gruppen gebildet. Gruppenspezifische Unterschiede weisen darauf hin, dass Studierende, die die Fähigkeit zum Schreiben als veränderbar betrachten, über mehr metakognitives Wissens (t = -2.31, df = 36, p < .05) verfügen, als Studierende, die Schreibfähigkeiten als nicht veränderbar ansehen. Die Resultate liefern erste Hinweise, dass es für die universitäre Lehre von Bedeutung sein könnte, dass bei der Förderung von Schreibkompetenzen auch die subjektiven Überzeugungen der Studierenden nicht außer Acht gelassen werden. An der Tagung können sowohl die Daten des zweiten Messzeitpunktes als auch Leistungsdaten (Leistung bei einer schriftlichen Arbeit) einbezogen werden. ID: 504 / G 02 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Soziologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Lehrer(aus)bildung, Schulentwicklung Stichworte: Lehrerbelastung, Resignationstendenz, berufliche Tätigkeiten/Anforderungen und Kompetenzen, bildungspolitische Rahmenbedingungen, Person-Environment-Fit Erklärung der Resignationstendenz von Lehrkräften durch individuelle Tätigkeits- und Kompetenzprofile und bildungspolitische Rahmenbedingungen Julia-Carolin Brachem1, Edith Braun2 1 Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, Hannover; 2International Centre for Higher Education Research, Kassel Lehrkräfte allgemein- und berufsbildender Schulen stellen eine der wichtigsten Akteursgruppen des Bildungssystems dar, die in Zeiten von Migration, Inklusion und Ganztagsschule vor immer größeren Herausforderungen steht (Baumert & Kunter 2011; Eurydice 2004). Lehrkräfte können als „primäre Agent[en]“ (Seitz 2007, S. 57) schulischer Reformen bezeichnet werden, die neben ihrem pädagogischen Einfluss und ihrer zentralen Rolle für schulische Erfolge auch politischen Einfluss auf Bildungsprozesse und -entwicklungen besitzen (Marschall & Quadbeck 2014; Neves de Jesus & Lens 2005). National wie international zählt der Lehrerberuf jedoch zu den Berufen mit besonders hohem, insbesondere psychischem Belastungspotential (Doll 2010; Klusmann 2011; Künsting et al. 2012; Schaarschmidt 2005). Dieses kann sich langfristig in höheren Fehlzeiten, Arbeitsunfähigkeiten und Frühpensionierungen sowie einem qualitativ schlechteren Unterricht und Schulklima äußern (Aktionsrat Bildung 2014; Freitag 1998; Jehle & Schmitz 2007; Klusmann et al. 2006). Um schulische Qualitätsentwicklung sicherzustellen, bedarf es unter anderem psychisch stabiler und engagierter Lehrkräfte. Daher interessieren wir uns für die Resignationstendenz von Lehrkräften, die Hinweise auf die Belastbarkeit, die Zufriedenheit und das Engagement von Lehrkräften gibt (Schaarschmidt & Kieschke 2007). Konkret möchten wir in diesem Beitrag den Zusammenhang von Resignationstendenz und bestimmten individuellen sowie bildungspolitischen Faktoren analysieren. Dabei gehen wir folgenden Fragen nach: (1) Wie ist die individuelle Passung selbstberichteter beruflicher Tätigkeiten/Anforderungen und Kompetenzen (Person-Job-Fit) bei den Lehrkräften und kann diese als individueller Erklärungsfaktor für Resignationstendenz herangezogen werden? (2) Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Resignationstendenz von Lehrkräften und strukturellen und örtlichen bildungspolitischen Rahmenbedingungen? Die formulierten Zusammenhänge werden schrittweise mittels Strukturgleichungsanalysen überprüft. Die Auswertungen werden dabei mit STATA 13 durchgeführt. Als Datengrundlage wird eine Online-Befragung genutzt, an der sich 1.150 Lehrkräfte allgemein- oder berufsbildender Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt haben (Projekt KomPaed, DZHW-Absolventenstudien). Als individuelles Merkmal wird die Passung zwischen den wahrgenommenen Kompetenzen und den Tätigkeiten/Anforderungen am Arbeitsplatz herangezogen. Zur Operationalisierung bildungspolitischer Rahmenbedingungen werden strukturelle und örtliche Merkmale verwendet. Als strukturelle Merkmale werden der Schulstandort, das Betreuungsverhältnis, der Schultyp sowie die Schulträgerschaft herangezogen, als (selbstberichtete) örtliche Merkmale die Schulautonomie und das Schulklima (Brachem, im Erscheinen). Die individuelle Passung der Lehrkräfte hinsichtlich der selbstberichteten beruflichen Tätigkeiten/ Anforderungen und Kompetenzen ist insgesamt relativ ausgeglichen. Es kann jedoch gezeigt werden, dass eine individuelle Überforderung der Lehrkräfte die Resignationstendenz signifikant erhöht (12 Prozent; p < 0,01). Bei den strukturellen Rahmenbedingungen wird lediglich ein geringer schultypbezogener Zusammenhang sichtbar, wobei die Tätigkeit an einer Gesamtschule im Vergleich zur Grundschule die Resignationstendenz der Lehrkräfte verringert (7 Prozent; p < 0,10). Die Tätigkeit an einem Gymnasium oder einer berufsbildenden Schule weist zwar keinen direkten Zusammenhang auf, senkt jedoch die individuelle Überforderung der Lehrkräfte (Gymnasium: 9 Prozent; p < 0,10 | berufsbildende Schule: 10 Prozent; p < 0,05). Somit wirkt der Schultyp in gewissem Maße indirekt, vermittelt über die Passung, auf die Resignationstendenz. Mit Blick auf die örtlichen Rahmenbedingungen verringert sich die Resignationstendenz der Lehrkräfte signifikant, je positiver das Schulklima wahrgenommen wird (18 Prozent; p < 0,01). Abschließend kann festgehalten werden, dass sowohl individuelle als auch bildungspolitische Faktoren Zusammenhänge zur Resignationstendenz aufweisen, sie jedoch nur einen gewissen Teil der Varianz aufklären können. ID: 505 / H 04 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Sonstige Didaktiken Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Forschungskompetenz, Validierung, Kompetenzmessung, Hochschuldidaktik, Hochschulforschung Validierung eines Tests zur Messung von sozialwissenschaftlicher Forschungskompetenz Christopher Gess1, Sigrid Blömeke2 1 Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland; 2Centre for Educational Measurement (CEMO), University of Oslo, Norwegen Theoretischer Hintergrund Die Vermittlung von Forschungskompetenz ist neben der Vermittlung von Fachwissen ein vorrangiges Ziel des Universitätsstudiums (KMK, 2005; Wissenschaftsrat, 2006) und auch im beruflichen Kontext relevant (Russ-Eft & Preskill, 2009). Nicht geklärt ist allerdings, wie sozialwissenschaftliche Forschungskompetenz gemessen werden kann. Theoretische Modelle von sozialwissenschaftlicher Forschungskompetenz liegen nur für Teilbereiche des Forschungsprozesses vor (research literacy, Groß Ophoff u.a., 2014; information literacy, z. B. Katz, 2007; statistical thinking, z. B. Pfannkuch & Wild, 2004). Der hier vorgestellte Ansatz ist dagegen breiter auf den gesamten Forschungsprozess ausgerichtet. Das Modell von Forschungskompetenz, verstanden als Fertigkeit, Forschungsprojekte eigenständig durchzuführen, beinhaltet drei übergeordnete Dimensionen (entwickelt mittels Experteninterviews): Forschungsprozesswissen, qualitatives Methodenwissen und quantitatives Methodenwissen besteht. Zu diesem Modell liegt ein Kompetenztest vor, der auf Basis einer Expertenbefragung und eines Item-Panels entwickelt wurde. Die Inhaltsvalidität wurde über Expertenratings aus Forschung, Lehre und Berufspraxis berücksichtigt (Gess, 2015). Ziel der vorliegenden Studie ist es, eine Validierung der geplanten Testwertinterpretation als ein Indikator für die Effektivität des sozialwissenschaftlichen Studiums vorzunehmen. Fragestellung Mit dem Testinstrument sollen in Zukunft der Kompetenzzuwachs im Studienverlauf und die Wirksamkeit bestimmter Lehr- und Lernformen untersucht werden. Entsprechend lautet die zentrale Validierungsfrage, ob sich die Breite und Tiefe forschungsbezogener Lerngelegenheiten in den Testwerten widerspiegeln. Zudem soll nachgewiesen werden, dass fortgeschrittene Studierende höhere Kompetenzwerte aufweisen als Studienanfänger. Methode Die Analysen basieren auf einer Klumpenstichprobe (n=675 aus 51 Lehrveranstaltungen in 5 Universitäten und 4 sozialwissenschaftlichen Studienfächern). Das Testinstrument wurde einer IRT-Skalierung im 2PL-Modell unterzogen (Birnbaum, 1968). Zur Beurteilung der Modellgüte wurde auf die M2-Statistik zurückgegriffen (Maydeu-Olivares, 2013), bei der Item-Passung auf die informationsgewichteten InfitWerte (Wilson, 2005). Für die Validierung der Testwertinterpretationen wurden die im 2PL-Modell WLE-geschätzten Personenfähigkeiten genutzt (Warm, 1989). Zur Ermittlung von Gruppenunterschieden wurden die Testwerte von Bachelor- und Masterstudierenden sowie Bachelorstudierenden im ersten und fortgeschrittenen Semester in gewichteten T-Tests verglichen. Die Studierenden wurden anhand von Studienfach und Abiturnote gematcht (exaktes Matching, Ho u.a., 2011). Zur Erklärung der Testwerte durch die Breite und Tiefe der Lerngelegenheiten wurden Strukturgleichungsmodelle untersucht (mit Teilstichprobe n=328), bei der die geclusterte Datenstruktur berücksichtigt wurde (robuste MLR-Schätzung, Muthén & Muthén, 2007). Die Breite der Lerngelegenheiten (α=.82) wurde manifest, die Tiefe der Lerngelegenheiten (α=.80) wurde mittels drei Indikatoren latent modelliert. Die berufliche Motivation (α=.91), wurde als latente Variable aus vier Item-Parcels gebildet (Bandalos & Finney, 2001; Little, Cunningham, Shahar, & Widaman, 2002). Geschätzt wurde ein Pfadmodell, bei dem ein indirekter Effekt der Breite der Lerngelegenheiten über deren Tiefe sowie die berufliche Motivation als indirekter Effekt über Breite und Tiefe der Lerngelegenheiten berücksichtigt wurden. Die Analysen wurden sowohl für den Gesamtscore als auch separat für die drei Kompetenzdimensionen durchgeführt, wobei jeweils nur die zugehörigen Lerngelegenheiten einbezogen wurden. Ergebnisse Der Fit des eindimensionalen Modell 2PL-Modells ist gut (χ²(324)=364.96, p=.073, RMSEA=.014, SRMSR=.037, CFI=0.97). Alle Items weisen sehr gute Passung auf (0.95≤wMNSQ≤1.07). Die empirische Reliabilität der WLE-Schätzung der Personenfähigkeiten ist mit .74 akzeptabel. Für die Untersuchung von Gruppenunterschieden zwischen Bachelor- und Masterstudierenden konnten 507 der 675 Fälle gematcht werden – für die anderen Fälle lagen keine exakten Partner mit gleicher Abiturnote und gleichem Studienfach vor. Studierende im Master weisen hypothesenkonform ein um θ=0.80 (SE=0.10) höheren WLE-geschätzten Kompetenzwert auf als Studierende im Bachelor (t=7.85, p<.001). Für die Untersuchung von Gruppenunterschieden zwischen Erstsemester- und fortgeschrittenen Bachelorstudierende konnten 181 Fälle gematcht werden. Erstsemesterstudierende erreichen hypothsenkonform im Durchschnitt einen WLE-geschätzten Testwert, der um θ=.73 (SE=0.14) unter dem fortgeschrittener Bachelorstudierender liegt (t=5.16, p<.001). Das berechnete Pfadmodell zu den Lerngelegenheiten weist eine akzeptable Modellpassung auf (χ²(25)=58.43, p=.0002, RMSEA=.064, SRMR=.045, CFI=0.96). Die Tiefe der Lerngelegenheiten weist einen signifikanten direkten Zusammenhang (β/SE=4.05), die Breite der Lerngelegenheiten (β/SE=3.85) und berufliche Motivation (β/SE=3.23) signifikante indirekte Zusammenhänge mit den Testwerten auf. ID: 509 / A 13 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: Berufswahlmotivation, Lehrerselbstwirksamkeit, Praktikum Einflüsse und Veränderungen von Berufswahlmotivation und Selbstwirksamkeitserwartungen in universitären Praxisphasen der Lehrerausbildung Kris-Stephen Besa1,2, Christoph Schüle2, Karl-Heinz Arnold2 1 DZHW Hannover, Deutschland; 2Universität Hildesheim Theoretischer Hintergrund: Die wissenschaftliche Betrachtung von schulpraktischen Lerngelegenheiten hat auch im Rahmen der bundesweiten Reformprozesse der universitären LehrerInnenausbildung und den damit einhergehenden veränderten sowie verlängerten Praxisphasen Konjunktur. Dabei wird in der Forschung der Fokus besonders häufig auf den Erwerb und den Aufbau berufsbezogener Wissenselemente und Kompetenzen von Lehrkräften gelegt (Besa & Büdcher, 2014). Bei den erfassten Kompetenzen handelt es sich vor allem um solche, die dem Bereich des Professionswissens zugeordnet werden können, konkreten Unterrichtsbezug haben und deren Entwicklungsverlauf überprüft werden soll. Andere Kompetenzbereiche, wie die (intrinsische) Motivation bzw. der Enthusiasmus, die berufsspezifische Selbstwirksamkeitserwartung oder die Selbstregulation sind eher seltene Betrachtungsgegenstände der Praktikumsforschung, was insbesondere für die Untersuchung der Veränderung dieser Konstrukte im Längsschnitt gilt. Zumindest für die Selbstwirksamkeitserwartungen liegen mittlerweile einige Ergebnisse vor, die darauf hinweisen, dass erfolgreiche Praktikumserfahrungen positiven Einfluss auf deren Entwicklung haben (vgl. Bach, 2013). Die intrinsische Motivation als Facette der Berufswahlmotivation Lehramtsstudierender ist zwar in zahlreichen nationalen und internationalen Studien untersucht (vgl. Rothland, 2014), jedoch in der Regel unter der Annahme einer Zeitstabilität und der Nutzung als Prädiktor, jedoch nicht als Kriterium. Ob diese Zeitstabilität tatsächlich zutreffend ist, gilt es jedoch zu prüfen: Fasst man die intrinsische Motivation wie etwa in der COACTIV-Studie (Kunter et al., 2011) als zentrale Kompetenzdimension von Lehrkräften auf, müsste diese auch durch Lern- bzw. Entwicklungsprozesse veränderbar sein. Neuere Forschungsprojekte, wie die EMW (König & Rothland, 2011) oder auch die PaLea-Studie (Bauer et al., 2010), berücksichtigen in ihren Designs diese Annahme und verfolgen die Berufswahlmotivation von angehenden Lehrkräften im Studienverlauf. Wodurch allerdings potentielle Zuwächse oder Abnahmen der Motivation beeinflusst werden und ob diese auch auf andere Kompetenzfacetten wirken, ist derzeit als Forschungsdesidarat zu betrachten. Hierbei ist vor allem die Bedeutung der (berufsspezifischen) Selbstwirksamkeitserwartung zu hinterfragen, da die Motivation auch von Zielsetzungen, Ansprüche und Erfolgserleben beeinflusst wird (Woolfolk, 2007). Andererseits zeigen aber auch Studien, dass die intrinsische Berufswahlmotivation, einen bedeutsamen Prädiktor für die Selbstwirksamkeitserwartung darstellen kann (Schüle et al., 2014). Fragestellung: An diese Überlegungen anknüpfend, untersucht der vorliegende Beitrag, (1) inwiefern sich die intrinsischen Berufswahlmotivation sowie die Lehrerselbstwirksamkeitserwartung von Studierenden in schulpraktischen Lehrveranstaltungen verändern und (2) in welcher Art sich diese gegebenenfalls gegenseitig beeinflussen. Methode: Die Untersuchung erfolgte als Pen&Paper-Befragung an Lehramtsstudierende (N = 460) in einem Zwei-Fach-BachelorStudiengang mit Lehramtsoption. Untersucht wurden drei verschiedenen Praktika mit und ohne eigene Unterrichtsversuche. Die Befragung der Studierenden erfolgte zu sechs Messzeitpunkten, jeweils vor bzw. nach den zu absolvierenden allgemeinen Schulpraktika sowie in einer Follow-Up-Erhebung. Die Entwicklung der (intrinsischen) Berufswahlmotivation wurde dabei mit dem FEMOLA von Pohlmann & Möller (2010) erfasst, die lehramtsspezifische Selbstwirksamkeitserwartung mit der Skala von Schmitz & Schwarzer (2000). Zur Überprüfung der Entwicklung der intrinsischen Motivation sowie der Lehrerselbstwirksamkeitserwartung wurden einzelne Latent-Change-Modelle über alle sechs Messzeitpunkte berechnet. Ergebnisse: Sowohl das Latent-Change-Modell der intrinsischen Motivation als auch das Modell der Lehrerselbstwirksamkeit zeigen gute Modell-Fit-Werte (Modell Intrinsische Motivation: χ² = 258.82, df = 137, CFI = .955; RMSEA = .044; Modell Lehrerselbstwirksamkeit: χ² = 65.11, df = 58, CFI = .995; RMSEA = .016) und jeweils signifikante Zuwächse bei den Konstrukten vor allem in Praxisphasen mit eigenen Unterrichtsversuchen. In den weiteren anstehenden Analysen soll darüber hinaus die Frage der wechselseitigen Beeinflussung der Konstrukte mittels eines autoregressiven Modells betrachtet werden. ID: 510 / E 02 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktik Deutsch Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Wortschatz; Migrationshintergrund; Bildungssprache Bildungswortschatz und familiärer Sprachgebrauch: Beitrag zu einer kontroversen Diskussion Franziska Schwabe, Nele McElvany TU Dortmund, Deutschland Nationale und internationale Forschungsarbeiten thematisieren die Bedeutung bildungssprachlicher Kompetenzen für erfolgreiche Lernprozesse im schulischen Kontext. Zentrales Argument dieser Forschungslinie ist, dass das Lernen in allen Fächern maßgeblich von den bildungssprachlichen Kompetenzen der Lernenden beeinflusst wird (Uccelli et al., 2014). Ein bedeutsamer Bestandteil der Sprache ist dabei der Wortschatz. Aus Forschung zum Bilingualismus ist bekannt, dass bilinguale Kinder häufig über im Mittel geringere Wortschatzumfänge in ihren jeweiligen Sprachen verfügen als monolinguale Kinder (Bialystok, 2009). Theoretisch lässt sich annehmen, dass darüber hinaus bildungssprachliche Wörter Kindern und Jugendlichen mit sprachlichem Migrationshintergrund, für die angenommen wird, dass sie in ihrem familiärem Umfeld eingeschränkten Kontakt mit Bildungssprache haben, weniger bekannt sind (Eckhardt, 2008). Die Befunde für den deutschen Sprachraum weisen allerdings darauf hin, dass Kinder mit sprachlichem Migrationshintergrund nicht überproportional schlechter bei lexikalischbildungssprachlichen Anforderungen abschneiden als monolingual deutschsprachige Kinder (z.B. Heppt et al., 2014, für Hörverstehen). Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag die Frage, ob nicht nur quantitative Wortschatzunterschiede, sondern zusätzlich auch qualitative Wortschatzunterschiede im Bereich bildungssprachlicher Wörter zwischen Kindern mit und ohne sprachlichen Migrationshintergrund bestehen. Dabei wurden die Hypothesen geprüft, dass Kinder ohne sprachlichen Migrationshintergrund quantitativ in Bezug auf alltags- und bildungssprachliche Wörter (Hypothese 1) und qualitativ bei bildungssprachlichen Wörtern (Hypothese 2) Vorteile besitzen. Außerdem wurde untersucht, ob diese Befunde auch unter Kontrolle der sozialen Lage stabil bleiben. Für die Differential Item Functioning (DIF) Analysen in einem GLMM-Ansatz nach DeBoeck und Kollegen (2011) wurden Daten von N = 1 039 Grundschülerinnen und Grundschülern der dritten Klassenstufe genutzt (50.3% Mädchen; 40.0% Kinder mit sprachlichem Migrationshintergrund). Hinsichtlich ihres häuslichen Buchbesitzes unterscheiden sich Kinder mit (> 100 Bücher 31.3%) und ohne Migrationshintergrund (> 100 Bücher 61.9%). Für die Analysen wurden 98 Wortschatzitems anhand von in der Literatur identifizierten Indikatoren (u.a. Silbenanzahl; thematischer Bezug) in bildungssprachliche (N = 49) und alltagssprachliche (N = 49) Wörter geteilt und mit einem 1PL-Modell skaliert. Der Gesamttest weist in beiden Schülersubgruppen mindestens akzeptable Reliabilitäten auf (EAP α > .68). Hypothesenkonform zeigte sich ein quantitativer Vorteil der Kinder ohne Migrationshintergrund, die im Mittel über höhere Wortschatzkompetenzen verfügten (θMMig = -0.34, SE(θM-Mig) = 0.02; θM-Mono-Deu = 0.22; SE(θM-Mono-Deu) = 0.02; t(903) = 8.87; p < .05). Auch die zweite Hypothese, dass Kinder mit sprachlichem Migrationshintergrund in bildungssprachlichen Wörtern eine spezifische Schwäche aufweisen, wurde von den Daten gestützt (Interaktionseffekt ωMig×Bil = -0.04, SE(ωMig×Bil) = 0.02). Das Ergebnismuster blieb auch unter Kontrolle der sozialen Lage der Kinder stabil. Die Befunde werden im Kontext der aktuellen Debatte um den Einfluss bildungssprachlicher Anforderungen sowohl auf schulisches Lernen als auch auf Leistungsmessung diskutiert. Hierbei wird auch der Aspekt der „Fairness“ bei sprachlichen Testaufgaben thematisiert. ID: 511 / B 03 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Hattie, Metaanalyse, Meta-Metaanalyse, Problembasiertes Lernen, evidenzbasierte Praxis Probleme bei Meta-Metaanalysen: Eine Reanalyse von Hatties Daten zum Problembasierten Lernen Christof Wecker1, Freydis Vogel2, Andreas Hetmanek3 1 Universität Passau, Deutschland; 2Technische Universität München; 3Ludwig-Maximilians-Universität München Hatties (2009) Idee, bereits in Metaanalysen zusammengefasste Erkenntnisse für instruktionale Entscheidungen weiter zu verdichten, erscheint hochgradig verlockend. So könnten inkonsistente Befunde wie beispielsweise zum Problembasierten Lernen aufgeklärt und die umstrittene Frage der Wirksamkeit beantwortet werden (PBL, z. B. Gijbels et al., 2005). Bei genauerem Hinsehen ergeben sich jedoch methodische Bedenken: Hattie gewichtet die einbezogenen Metaanalysen, denen zumeist das fixed-effect-Modell zu Grunde liegt, nicht nach der Varianz ihrer Effektstärkenschätzung (vgl. Pant, 2014, S. 94). Außerdem sind die Konfidenzintervalle aus dem fixed-effect-Modell bei Heterogenität der Studieneffekte zu schmal, was jedoch in Hatties Ansatz nicht getestet werden kann. Die einbezogenen Metaanalysen überlappen sich ferner teilweise in den enthaltenen Primärstudien, sodass die statistische Unabhängigkeit verletzt ist und es zu Verzerrungen durch Doppelwertungen kommen kann. Und schließlich übergeht Hattie wichtige Differenzierungen in Bezug auf Moderatorvariablen aus den einbezogenen Metaanalysen, z. B. zwischen Effekten auf Wissen und auf Fertigkeiten (Dochy et al., 2003). In diesem Beitrag wird daher eine Reanalyse von Hatties Datengrundlage zu PBL sowie der zu Grunde liegenden Primärstudien vorgenommen, um folgende Fragen zu beantworten: (1) Wie ändert sich die mittlere Effektstärke von PBL, wenn alle acht Metaanalysen unter kokrrekter Gewichtung nach Präzision gemäß dem fixed-effect-Modell zusammengefasst werden? (2) Variieren die Effekte zwischen den Primärstudien und, wenn ja, wie hoch ist die random-effects-Schätzung der mittleren Effektstärke? (3) Wie hoch sind die Effektstärken auf Wissen und Fertigkeiten? Methode Für Fragestellung 1 wurden die acht Metaanalysen zu PBL um fehlende Standardfehler ergänzt und auf der Grundlage des fixedeffect-Modells mit korrekter Gewichtung nach Präzision zusammengefasst. Für Fragestellung 2 wurde aus den Primärstudientabellen der acht Metaanalysen eine vollständige Primärstudientabelle mit 199 unabhängigen Stichproben erstellt. Bei unterschiedlichen Angaben aus verschiedenen Metaanalysen zum selben Effekt aus einer Primärstudie wurden die Angaben gemittelt. Die Effektstärken wurden wie bei Dochy et al. (2003) als Effekte auf Wissen vs. Fertigkeiten klassifiziert, pro Stichprobe zu je maximal einer Effektstärke für Wissen und für Fertigkeiten zusammengefasst, und auf der Grundlage des random-effects-Modells integriert. Ergebnisse (1) Die gewichtete fixed-effect-Meta-Metaanalyse der acht Metaanalysen ergibt einen mittleren Effekt von d = 0.19; CI90% = [0.17; 0.21]; p < .001 (einseitig). Hatties Schätzung von d = 0.15 (2009, S. 211) unterscheidet sich davon statistisch signifikant. (2) Die Analyse des rekonstruierten Primärstudiendatensatzes ergibt eine statistisch signifikante Heterogenität zwischen Studien, QT(df = 198) = 6448.08; p < .001, I2 = .97. Dies indiziert eine random-effects-Analyse der Primärstudieneffektstärken, die einen mittleren Effekt von d = 0.21 ergibt; CI90% = [0.17; 0.25]; p < .001 (einseitig). (3) Die Effekte von PBL auf Wissen und Fertigkeiten unterscheiden sich statistisch signifikant, QB(df = 1) = 33.34; p < .01: Der mittlere Effekt auf Wissen ist nicht statistisch signifikant, d = 0.02; CI90% = [-0.02; 0.07]; p = .16 (einseitig). Der mittlere Effekt auf Fertigkeiten ist klein, jedoch statistisch signifikant, d = 0.34; CI90% = [0.27; 0.42]; p < .001 (einseitig). Diskussion Hatties Schätzung des mittleren Effekts von PBL fällt statistisch signifikant geringer aus als die aus einer fixed-effect-MetaMetaanalyse mit korrekter Gewichtung auf der Grundlage aller Standardfehler. Dieser Ansatz kann jedoch die vorliegende Heterogenität der Primärstudieneffekte nicht aufdecken und unterschätzt in der Folge die Breite des Konfidenzintervalls für den mittleren Effekt (vgl. die CIs bei Fragestellung 1 und 2). Bei korrekter random-effects-Analyse liegt PBL in Hatties Rangliste von Einflussfaktoren 11 Plätze (von 138) höher. Die Nutzung dieser Liste für Entscheidungen zwischen instruktionalen Methoden, die mehr als 20 Plätze auseinander liegen, kann somit in die Irre führen. Außerdem verdeckt Hatties Ansatz differentielle Effekte auf unterschiedliche Lernergebnisse. Es erscheint fraglich, ob Meta-Metaanalysen, die aktuelle metaanalytische Standards erfüllen, derzeit überhaupt durchführbar sind. Dafür wären vollständige und strukturell eindeutige Primärstudientabellen in Metaanalysen und einheitliche Klassifikationen für zentrale Moderatorvariablen unabdingbar. ID: 517 / A 14 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Grundschulbildung, Lehrerexpertise Stichworte: Lehrkrafturteile, Migrationshintergrund, soziale Herkunft Benachteiligung oder Bevorzugung? Lehrkrafturteile und -erwartungen in Abhängigkeit der sozialen und ethnischen Herkunft von Schüler(inne)n Anita Tobisch, Markus Dresel Universität Augsburg, Deutschland Die schulischen Leistungen und der Bildungserfolg sind weiterhin eng an die ethnische und soziale Herkunft von Schüler(inne)n gekoppelt (u.a. Gebhardt, Rauch, Mang, Sälzer & Stanat, 2013; Müller & Ehmke, 2013). Neben individuellen Fähigkeiten, sprachlichen Kompetenzen u.v.m wird auch die Rolle der Lehrkraft immer wieder diskutiert. Dabei ist die akkurate Einschätzung von Schüler(inne)n und ihren Leistungen eine zentrale Aufgabe von Lehrkräften. Diese Urteile sind maßgeblich für eine optimale Unterrichtsplanung und individuelle Förderung notwendig und generieren Erwartungen an zukünftige Leistungen und Verhaltensweisen. Der Prozess der Urteilsbildung kann theoretisch durch das Kontinuum-Modell der Eindrucksbildung (Fiske & Neuberg, 1990), das einen Übergang von automatisierten zu kontrollierten Prozessen postuliert, erklärt werden. Anzunehmen ist, dass die Schülerherkunft in Zusammenhang mit der Verarbeitungsintensität von Informationen steht und verantwortlich für unterschiedliche Lehrkrafturteile ist. Der Beitrag geht der Frage nach ob Lehrkräfte unterschiedliche Erwartungen hinsichtlich leistungsrelevanter Variablen in Bezug auf die ethnische und soziale Herkunft von Schüler(inne)n haben. Trotz der essentiellen Bedeutung der Lehrkrafturteile und erwartungen für den Bildungserfolg von Schüler(inne)n, liegen im deutschsprachigen Raum bislang kaum Befunde vor, die beide relevanten Herkunftsmerkmale (Sozialschicht und Ethnizität) einbeziehen. Zudem liegt der Fokus überwiegend auf Leistungen während weitere relevante Merkmale bislang kaum berücksichtigt wurden. Präsentiert werden die Ergebnisse einer experimentellen Online-Studie mit N = 237 Grundschullehrkräften (51.1 % männlich; Alter: M = 41.62, SD = 8.49; Dienstjahre inkl. Referendariat: M = 15.34, SD = 8.37). Als Fallvignette wurde ein fiktives Halbjahreszeugnis mit einer Verbalbewertung (Informationen zum Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten) und einer Ziffernbewertung (Gesamtnotendurchschnitt: 2.11; Notendurchschnitt in den Hauptfächern: 2.33) eines männlichen Schülers der vierten Jahrgangsstufe eingesetzt. Dabei wurden die soziale sowie die ethnische Herkunft des Schülers durch die randomisierte Zuweisung der Vornamen experimentell variiert. Die Namen waren dabei sowohl eindeutig einer sozialen Schicht (niedrig vs. hoch) (Utech, 2011) sowie der deutschen oder türkischen Herkunft (Tobisch, 2013) zuzuordnen. Daraus ergaben sich drei Experimentalgruppen (1. Kein Migrationshintergrund und hoher sozioökonomischer Status, 2. Kein Migrationshintergrund und niedriger sozioökonomischer Status, 3. Türkischer Migrationshintergrund und niedriger sozioökonomischer Status). Durch einen Manipulation-Check wurde die Wahrnehmung der Herkunft durch die Lehrkräfte geprüft (Sozioökonomischer Status: F(2,234) = 28.024, p < .001, _ƞ_2 = .19; Migrationshintergrund: F(2,234) = 2982.833, p < .001, _ƞ2 = .96). Basierend auf den Schülerinformationen der Fallvignette sollten die Lehrkräfte in einem Fragebogen sowohl ihre Leistungserwartungen an den Schüler in den Hauptfächern (3 Items, α = .79, in Anlehnung an Finsterwald, 2006), dessen Eignung für das Gymnasium (1 Item, 1=„überhaupt nicht geeignet“ bis 5=„voll und ganz geeignet“), seine schulischen Fähigkeiten (4 Items, α = .88, adaptiert nach Dickhäuser, Schöne, Spinath & Stiensmeier-Pelster, 2002) sowie seine zukünftige Anstrengungsbereitschaft (5 Items, α_ = .87, adaptiert nach Ramm et al., 2006) einschätzen. Varianzanalysen erbrachten signifikante Haupteffekte der Herkunft auf alle untersuchten Variablen (Leistungserwartung, Eignung für das Gymnasium, schulische Fähigkeiten, Anstrengungsbereitschaft: F(2,234) ≥ 7.540; p < .001, _ƞ_2 ≥ .06). Die berechneten a priori Kontraste (Kontrast 1: niedriger vs. hoher sozioökonomischer Status; Kontrast 2: Migrationshintergrund vs. kein Migrationshintergrund) erbrachten zudem signifikante Unterschiede für alle Variablen in Abhängigkeit von der ethnischen und der sozialen Herkunft. Dies indiziert erwartungsgemäß, dass Lehrkräfte Schüler(innen) mit hohem sozioökonomischem Status besser einschätzen als Schüler(innen) mit Migrationshintergrund und/oder niedrigem Status. Entgegen bisheriger Annahmen deuten die Ergebnisse jedoch nicht auf eine Unterschätzung der zukünftigen Leistungen im Vergleich zu den bisher erbrachten Leistungen von Schülern(inne)n mit Migrationshintergrund und/oder niedrigem sozioökonomischen Status hin, sondern auf eine Überschätzung deutscher Schüler(innen) mit hohem Status. Die Ergebnisse werden im Zusammenhang des Kontinuum-Modells diskutiert und deuten auf eine automatisierte Informationsverarbeitung bei Schüler(inne)n deutscher Herkunft mit hohem sozioökonomischem Status hin. ID: 521 / A 17 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Internationalisierung der Hochschulbildung, studienbezogene Auslandserfahrungen, internationale Orientierung, Längsschnittstudie, junges Erwachsenenalter Chronifiziertes Fernweh? Langfristige Effekte studienbezogener Auslandsaufenthalte auf die internationale Orientierung junger Akademiker in Deutschland. Julia Zimmermann FernUniversität in Hagen, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Ein Semester in Spanien, ein Sprachkurs in Frankreich, ein Praktikum in China oder den USA – internationale Mobilitätserfahrungen während der Studienzeit werden durch vielfältige Programme und Institutionen gefördert und prägen die Bildungsbiographien angehender Akademiker. So weist aktuellen Statistiken zufolge etwa ein Drittel der Studierenden höherer Fachsemester an deutschen Hochschulen studienbezogene Auslandserfahrungen auf (Deutscher Akademischer Austauschdienst, 2014). Bisherige Studien bestätigten Effekte internationaler Mobilitätserfahrungen auf die persönliche Entwicklung junger Erwachsener (Zimmermann & Neyer, 2013). Bislang liegen jedoch nur wenige Erkenntnisse zu den langfristigen Auswirkungen studienbezogener Auslandsaufenthalte auf spätere Mobilitätsentscheidungen und internationale Mobilitätsintentionen junger Akademiker vor. Im Sinne der Exploration einer konzeptionellen Erweiterung des Integrated Model of College Choice (Perna, 2006) ist es dabei von besonderem Interesse, den inkrementellen Vorhersagewert studienbezogener Auslandserfahrungen über die Effekte etablierter soziodemographischer und psychologischer Mobilitätsprädiktoren hinaus zu ergründen. Fragestellungen: Vor diesem Hintergrund liegt der Fokus des vorliegenden Beitrags auf folgenden Forschungsfragen: 1. Haben studienbezogene Auslandserfahrungen einen langfristigen Effekt auf die internationale Orientierung junger Akademiker und haben sie Einfluss auf a) weitere internationale Mobilitätserfahrungen und b) internationale Mobilitätsintentionen? 2. Welche Erfahrungsaspekte studienbezogener Auslandserfahrungen sind ausschlaggebend für eine langfristige internationale Orientierung? Methode: Die Daten stammen aus der PEDES-Studie (Zimmermann & Neyer, 2013). Im Rahmen der prospektiven Kontrollgruppenstudie wurden N = 1390 junge Erwachsene über einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren (2009-2014) mehrfach mittels OnlineInstrumenten befragt. Die Stichprobe umfasst sowohl Studierende, die zum ersten Messzeitpunkt zu Beginn des akademischen Jahres 2009/10 kurz vor der Ausreise zu einem studienbezogenen Auslandsaufenthalt standen (N = 783), als auch eine Vergleichsgruppe Kontrollstudierender, die keine konkreten Auslandspläne berichteten (N = 607). Im Rahmen einer Folgebefragung Ende des Jahres 2014 machten die ehemaligen Auslands- und Kontrollstudierenden Angaben zu a) weiteren Auslandsaufenthalten, die sie seit Ende der ersten Befragungsphase im Oktober 2010 erlebt hatten (weitere internationale Mobilitätserfahrungen) und b) ihren Plänen zu weiteren (berufsbezogenen) Auslandsaufenthalten in der Zukunft (internationale Mobilitätsintentionen). Zudem wurden soziodemographische Merkmale, individuelle Persönlichkeitsmerkmale (Big Five) und Aspekte der Auslandserfahrung anhand etablierter Messinstrumente erhoben. Ergebnisse: Multivariate logistische Regressionen zeigten substantielle Effekte studienbezogener Auslandserfahrungen auf beide Indikatoren internationaler Orientierung. Darüber hinaus waren höhere Ausprägungen des Persönlichkeitsmerkmals Offenheit positiv, höhere Ausprägungen der Gewissenhaftigkeit hingegen negativ mit weiteren internationalen Mobilitätsintentionen der jungen Akademiker verbunden. Analysen der Teilstichprobe ehemaliger Auslandsstudierender zeigten, dass das Ausmaß, in dem der studienbezogene Auslandsaufenthalt rückblickend als zweckdienlich für das Erreichen beruflicher Ziele bewertet wurde, ausschlaggebend für weitere internationale Mobilitätsintentionen der auslandserfahrenen jungen Akademiker war. Diskussion: Die Befunde sprechen dafür, dass studienbezogene Auslandserfahrungen die internationale Orientierung junger Akademiker langfristig – auch über den Einfluss von soziodemographischen Merkmalen und Persönlichkeitsmerkmalen hinaus – positiv beeinflussen. Die ebenfalls beobachteten Zusammenhänge zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen Offenheit und Gewissenhaftigkeit und internationalen Mobilitätsintentionen bestätigen bisherige Befunde zu persönlichkeitsbedingter Selbstselektion in internationale Mobilitätserfahrungen (Jokela, 2009; Zimmermann & Neyer, 2013) deuten jedoch zugleich darauf hin, dass diese Zusammenhänge von salienten Entwicklungsaufgaben in unterschiedlichen Phasen des (jungen) Erwachsenenalters moderiert werden. Theoretische Implikationen hinsichtlich der Prädiktoren und Prozesse individueller Entwicklung im (jungen) Erwachsenenalter sowie praktische Schlussfolgerungen zur Gestaltung von Maßnahmen zur Internationalisierung der Hochschulbildung werden abschließend erörtert. ID: 523 / A 03 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktik Fremdsprachen Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Fremdsprachenunterricht Stichworte: Fremdsprachenunterricht, Bilingualismus, Duale Immersion, Europaschule, Integration Effekte dualer Immersion: Sprachliche und fachliche Kompetenzen am Ende der Sekundarstufe I Johanna Fleckenstein1, Friederike Hohenstein2, Jens Möller2, Jürgen Baumert3 1 Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik; 2Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; 3MaxPlanck-Institut für Bildungsforschung Bilinguale Beschulung in der dualen Immersion ab der ersten Klasse ist die Grundlage der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB). Zentrales Ziel ist neben dem additiven Bilingualismus der Ausgleich von Bildungsnachteilen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Der Unterricht wird in Deutsch und jeweils einer von neun Partnersprachen (Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Türkisch) erteilt. Mit der Evaluation der schulischen Lernprozesse soll es gelingen, die kognitiven, motivationalen und soziokulturellen Effekte der an der SESB eingeführten Form der bilingualen Beschulung zu ermitteln. Neben dem Vergleich mit Berliner Regelschulen (Vergleichsschulen, VGLS) ermöglicht die Studie die internationale Verortung von Kompetenzen in der Partnersprache. Bei dualer Immersion stellt für einen Teil der Schüler die Majoritätssprache die Erstsprache (L1; z.B. Deutsch) dar, während für den anderen Teil der Schüler eine Minoritätssprache die L1 (z.B. Türkisch) ist. In den USA haben sich nach Thomas und Collier (2002) haben sich solche Immersionsprogramme (meist Englisch – Spanisch) sowohl den üblichen bilingualen als auch den traditionellen English only-Programmen überlegen erwiesen. In Deutschland sind Angebote selten, die von Schulbeginn an auf eine doppelte Alphabetisierung für zwei Sprachgruppen setzen. Generell zeigen sich für ähnliche Unterrichtsformen in Deutschland aber auch vergleichbare oder bessere Schulleistungen bilingual unterrichteter Schülerinnen und Schüler in der L1 und Mathematik sowie starke Effekte für die L2 (Gebauer, Zaunbauer & Möller, 2013). Die aktuelle Studie bezieht erstmals mehrere Sprachen als L1 bzw. L2 ein. Dieser Beitrag fokussiert sich auf den Leistungsstand in der neunten Klasse. Aus dieser Jahrgangsstufe nahmen N = 617 SESBund N = 2389 Regel-Schülerinnen und Schüler an der Untersuchung teil. Der Leistungsvergleich zwischen Schülerinnen und Schülern der SESB und den VGLS ergab heterogene Befunde: Während sich beim Lesen und in Mathematik keine statistisch signifikanten Unterschiede zeigten, schnitten in den naturwissenschaftlichen Tests die VGLS etwas besser ab. In Englisch hingegen wiesen die Schülerinnen und Schüler der SESB deutlich bessere Leistungen auf. In der ersten Fremdsprache Englisch zeigen die Schülerinnen und Schüler der SESB sogar deutlich bessere Leistungen als die Vergleichsgruppe. Insbesondere der Ausgleich von Bildungsnachteilen bei Migrationshintergrund scheint an der SESB besser zu gelingen als an den Regelschulen. Die Betrachtung der Leistungen getrennt nach Migrationshintergrund zeigt, dass Schülerinnen und Schüler mit einseitigem Migrationshintergrund an den SESB tendenziell besser abschneiden als an VGLS. Dies gilt insbesondere für Lesen und Englisch, teilweise auch für die Naturwissenschaften. Beim Mathematiktest zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Innerhalb der SESB unterscheiden sich die Leistungen teilweise allerdings deutlich in Abhängigkeit vom Prestige der Partnersprache (kosmopolitisch versus ethnozentristisch geprägte Schulen) und dem sprachlichen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler (Deutsch als L1 versus Partnersprache als L1). Die eingesetzten PISA-Tests in den Partnersprachen ermöglichen zudem den direkten Vergleich mit den PISA-Ergebnissen der Länder in denen die jeweilige Sprache Verkehrs- und Testsprache ist. Hierbei zeigte sich, dass die Leistungen der SESB-Schülerinnen und -Schüler in allen Sprachen – mit Ausnahme von Englisch – unter oder gleichauf mit denen der entsprechenden Länder liegen. Die Ergebnisse werden mit Hinblick auf Stärken und Schwächen immersiven Unterrichts sowie auf erfolgreiches Integrieren im Rahmen der SESB diskutiert. ID: 525 / D 12 Einzelbeiträge: 1 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Motivation und Emotion Stichworte: Längsschnittanalysen, Reziproke Effekte, akademisches Selbstkonzept, Grundschule Reziproke Effekte in Längsschnittanalysen – Alternative Modell zur Analyse des Zusammenhangs zwischen Selbstkonzept und Schulleistung Jan Henning Ehm, Marcus Hasselhorn, Florian Schmiedek DIPF, Deutschland Theoretischer Hintergrund Cross-lagged-panel-Modelle (CLPM) galten lange als Königsweg zur Analyse der wechselseitigen Beeinflussung von zwei oder mehreren Variablen in Längsschnittdaten ohne experimentelle Variation (Rogosa, 1979). Autoregressionsparameter bilden dabei die Stabilität von einem Zeitpunkt zum nächsten, querschnittliche Korrelationen das Ausmaß des mittleren linearen Zusammenhangs zwischen den Variablen innerhalb der Messzeitpunkte und Kreuzregressionen mögliche kausale Zusammenhänge ab. Aufgezeigt werden konnte durch diese Herangehensweise z.B. ein reziproker Zusammenhang zwischen akademischen Selbstkonzept und Schulleistung (Marsh & Craven, 2006). Neben dem CLPM haben sich in den letzten Jahren Latent-Change-Score-Modelle (LCSM) etabliert (Ferrer & McArdle, 2010). Veränderungen einer Variable von Zeitpunkt zu Zeitpunkt werden hier als messfehlerbereinigte latente Variablen repräsentiert, sogenannte „latente Differenzwertvariablen“. Eine mögliche wechselseitige Beeinflussung zwischen zwei Variablen wird durch Regression der Differenzwertvariablen auf die Ausprägung der jeweils anderen Variablen zum vorhergehenden Zeitpunkt erfasst. Wie Ferrer und McArdle (2003) aufzeigen, können beide Methoden, dass heißt das klassische CLPM und das LCSM, zu unterschiedlichen Ergebnissen und damit auch zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen hinsichtlich der kausalen Wirkrichtungen kommen. Unterschiede zwischen den Ergebnisse der klassischen CLPM und der Erweiterung dieses Modells durch einen Random-Intercept (RI-CLPM) berichten auch Hamaker, Kuiper und Grasman (2015). Sie argumentieren, dass stabile interindividuelle Unterschiede durch Autoregression nicht adäquat berücksichtigt werden und die Parameterschätzungen der Kreuzregressionen in CLPM dadurch beeinflusst werden können. Fragestellung Die vorliegende Studie geht der Frage nach, ob die unterschiedlichen Methoden zur Analyse des Zusammenhangs zwischen Selbstkonzept und Leistung zu vergleichbaren Ergebnissen kommen. Methode Die Stichprobe bestand aus insgesamt N = 2008 Schülerinnen und Schüler (1. Klasse M = 7;4 Jahre, SD = 6 Monate), deren mathematisches Selbstkonzept und Schulleistung (Noten) zu vier Messzeitpunkten in der Grundschule erfasst wurden. Die Schülerinnen und Schüler verteilten sich auf 90 Klassen. Um der Mehrebenenstruktur der Stichprobe Rechnung zu tragen, wurden alle Analysen mit Mplus 7.2 mit der Option «type is complex» durchgeführt. Ergebnisse Im Einklang mit Marsh und Craven (2006) zeigen die Ergebnisse des klassischen CLPM bedeutsame reziproke Effekte zwischen Selbstkonzept und Leistung auf. Hingegen finden sich im LCSM und RI-CLPM lediglich Effekte der mathematischen Leistung auf das Selbstkonzept. Die vorliegenden Ergebnisse stellen damit den Effekt des Selbstkonzepts auf die Leistung in der Grundschulzeit in Frage. ID: 527 / E 15 Einzelbeiträge: 4 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Genderforschung, Grundschulbildung Stichworte: Geschlecht, soziale Herkunft, Leistungen, Noten, Übergang Der Effekt der sozialen Herkunft auf den geschlechtsspezifischen Bildungserfolg am Ende der Grundschulzeit Josefine Lühe, Michael Becker, Marko Neumann, Kai Maaz Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Deutschland Jungen wiederholen häufiger eine Klasse, sind öfter an Haupt- und Sonderschulen anzutreffen, erlangen seltener das Abitur und verlassen die Schule öfter ohne Abschluss (Statistisches Bundesamt 2014). Auch der aktuelle Bildungsbericht der OECD stellt geschlechtsspezifische Bildungsunterschiede in den Mittelpunkt und zeigt, dass unter Fünfzehnjährigen mehr Jungen als Mädchen das Basiswissen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften verfehlen (OECD 2015, S. 20). Vor diesem Hintergrund entstand unter dem Schlagwort der „Jungen als neue Bildungsverlierer“ oder „failing boys“ in den letzten Jahren eine neue wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatte um den Misserfolg und die Benachteiligung von Jungen im Bildungssystem. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass Jungen und Mädchen nicht zwei homogene soziale Gruppen darstellen: „all too often simplistic, statistical interpretations which concentrate entirely on gender differences serve to shore up a universal notion of boys‘ underachievement” (Lucey und Walkerdine 2000, S. 38). Insbesondere qualitative und ethnografische Forschungsergebnisse (z.B. Willis 1977; Connolly 2004; Skelton und Francis 2011) weisen darauf hin, dass Geschlechterunterschiede im Bildungserfolg nicht stabil sind sondern zwischen den sozialen Schichten variieren. Die spezifische Kombination aus Geschlecht und sozialer Herkunft kann demnach über bspw. Männlichkeitsentwürfe oder Geschlechterrollenvorstellungen dazu führen, dass Geschlechterunterschiede verstärkt oder verringert werden. Wie in der Literatur wiederholt moniert wurde, wurde diese wechselseitige Wirkung zwischen Geschlecht und SES durch die quantitative Forschung bislang jedoch nur unzureichend untersucht (Hannover und Kessels 2011; Hadjar und Hupka-Brunner 2013; Hyde 2014). Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag, ob und wie der Effekt der Geschlechtszugehörigkeit auf den Bildungserfolg durch den sozioökonomischen Status (SES) moderiert wird oder ob von uniformen Geschlechtereffekten unabhängig von der sozialen Herkunft auszugehen ist. Die Grundlage der Untersuchung stellen 5.240 Viertklässlerinnen und Viertklässler der Studie Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten (TIMSS-Übergangsstudie) dar. Im Fokus der Analysen stehen dabei die Ergebnisse standardisierter Leistungstests und Schulnoten in Mathematik und Deutsch, sowie Übergangsempfehlungen und realisierte Übergänge. Damit setzen die Analysen an einem frühen aber kritischen Punkt in der Bildungsbiografie an, da die Schülerinnen und Schüler kurz vor dem Übergang auf eine weiterführende Schulform und damit vor einer der wichtigsten Statuspassagen ihres Lebens stehen (Maaz et al. 2006, S. 322), zum anderen können geschlechtsspezifische Leistungsunterschiede auch durch differenzielle Lernumwelten in Form der unterschiedlichen weiterführenden Schultypen selbst bedingt sein, wie sie zum Untersuchungszeitpunkt noch nicht bestehen (Hosenfeld et al. 1999). Die Ergebnisse zeigen für Mathematik, dass der Effekt der Geschlechtszugehörigkeit auf die Leistung sowie auch auf die Note durch den SES moderiert wird. Demnach ist der Geschlechterunterschied in der Gruppe mit niedrigerem SES größer ausgeprägt. Darüber hinaus stehen Leistung und Note der Mädchen in einem stärkeren Zusammenhang mit ihrer sozialen Herkunft, als dies bei Jungen der Fall ist. Für Deutsch zeigt sich hingegen, dass der Effekt der Geschlechtszugehörigkeit auf die Kompetenz nicht mit der sozialen Herkunft variiert. Darüber hinaus wird in Bezug auf Leistungen und Noten deutlich, dass es Jungen nicht in gleichem Maße wie Mädchen gelingt, Kompetenzen in gute Schulnoten umzusetzen. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass der Effekt der Geschlechtszugehörigkeit auf den Erhalt einer Gymnasialempfehlung durch den SES moderiert wird. Dieser Effekt verschwindet erwartungsgemäß unter Kontrolle von Leistungen und Noten, wohingegen die höhere Gymnasialempfehlungswahrscheinlichkeit für Mädchen bestehen bleibt. In Bezug auf den realisierten Übergang lässt sich keine Variation der Wirkung der Geschlechtszugehörigkeit mit der sozialen Herkunft feststellen. Es ist davon auszugehen, dass die gefundenen Effekte am Ende der Grundschule vergleichsweise klein ausfallen und im weiteren Bildungsverlauf durch die unterschiedlichen Schulformen sowie das Einsetzen der Pubertät (Hannover und Kessels 2008, S. 118) größer ausfallen können. Insgesamt legen die Ergebnisse eine differenzierte Betrachtung des geschlechtsspezifischen Bildungserfolges nahe. ID: 528 / G 02 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Adaptivität, Fehler, Mathematikunterricht, Motivation, Scaffolding Measuring Scaffolding – Wie können wir adaptiven Lernunterstützung erfassen? Anke Wischgoll1, Pauli Christine2, Reusser Kurt3 1 Universität Freiburg, Deutschland; 2Universität Fribourg, Schweiz; 3Universität Zürich, Schweiz Sowohl der vermehrte Anteil an Problemlöseaktivitäten im Unterricht als auch die zunehmend heterogene Zusammensetzung der Schulklassen verlangt adaptive Lernunterstützung. Die Lehrperson ist gefordert die einzelnen Schülerinnen und Schüler abgestimmt auf die individuellen Lernvoraussetzungen und Lernfortschritte zu unterstützen.Scaffolding (Wood, Bruner & Ross, 1976) als temporäre, adaptive und auf den Kompetenzaufbau ausgerichtete Unterstützung stellt in diesem Zusammenhang ein attraktives Konzept dar. Van de Pol und Kollegen (van de Pol & Elbers, 2013; van de Pol, Volman & Beishuizen, 2010) konnten drei Charakteristika des Konzepts Scaffolding feststellen: contingency, fading und transfer of responsibility. Untersuchungen zum Lehren und Lernen durch Tutoring haben zudem die Bedeutung des Umgangs mit Fehlern und deren Vorstufen für den Lernerfolg hervorgehoben (VanLehn, Siler, Murray, Yamauchi & Baggett, 2003). Einen weiteren bedeutsamen Faktor stellt die motivationale Unterstützung durch die Lehrperson dar (Deci & Ryan, 2000). Trotz des breiten Konsenses darüber, dass Scaffolding eine wirksame Form der Lernunterstützung darstellt, besteht nach wie vor Bedarf an empirischen Untersuchungen, die zeigen, was genau produktive Scaffolding-Prozesse im Kontext von schulischem Lernen auszeichnet. Ziel der präsentierten Studie war es, Scaffolding Prozesse beim Lösen einer Aufgabe zu untersuchen, wie sie typischerweise im Mathematikunterricht vorkommt. Dazu wurde von 26 Lehrpersonen je eine tutorielle Situation außerhalb des Klassenzimmers aufgezeichnet und analysiert, um (u.a.) folgende Fragen zu beantworten: Unterscheiden sich erfolgreiche von nicht erfolgreichen tutoriellen Dialogen (1) in Bezug auf das Vorkommen und die Behandlung von Fehlern und (2) in Bezug auf die Adaptivität der Unterstützung? Der aus der schweizerisch-deutschen Videostudie (Klieme, Pauli & Reusser, 2009) stammende Datensatz bestand aus 26 videografierten tutoriellen Lehrer-Schüler-Dialogen von 26 Lehrpersonen aus der Schweiz und aus Deutschland (8./9. Schuljahr). Eine vorgegebene algebraische Textaufgabe wurde bearbeitet. Anschließend lösten die Schülerinnen und Schüler selbstständig eine ähnliche Aufgabe. Anhand des Lösungserfolgs bei dieser Transfer-Aufgabe fand eine Unterteilung in “erfolgreiche” und “nicht erfolgreiche” tutorielle Dialoge statt. Die mehrteilige qualitativ ausgerichtete Analyse verbindet verschiedene Methoden: (1) Anhand einer Aufgabenanalyse wurde der Lösungsprozess in Segmente unterteilt. (2) Lehrer-Schüler-Interaktion: Ein Rating-Instrument wurde entwickelt, mit dem für jedes Segment das Ausmass (a) des Unterstützungsverhaltens des Tutors und (b) des Beitrags des Schülers/der Schülerin eingeschätzt wurde. Anschließend wurde die Passung zwischen (a) und (b) wurde gewertet. (3) (Vorstufen von) Fehler: Vier Arten von Fehlern wurden festgestellt und ihr Ausmass bzw. ihre Bedeutung bezüglich des Lösungsprozesses bestimmt. (4) Die motivationale Unterstützung durch den Tutor wurde als „unterstützend“ oder „nicht unterstützend“ (Turner et al., 2002) eingeschätzt. (5) Aus den Analysen (1) bis (4) wurden über Verlaufsgrafiken und narrative Beschreibungen Typen des gemeinsamen Problemlösens gebildet. Die Ergebnisse zeigen, dass von den Fehlern diejenigen, die auf eine Fehlinterpretation des Textes zurückzuführen sind, in dieser Studie am häufigsten auftreten. Die weiteren Ergebnisse zeigen, dass in erfolgreichen tutoriellen Dialogen Fehlern mehrheitlich behoben worden waren. Bei den erfolglosen tutoriellen Dialogen war dies nicht der Fall. In Bezug auf die Lehrer-Schüler-Interaktion zeigen die Ergebnisse, dass in erfolgreichen tutoriellen Dialogen die Unterstützung durch die Lehrperson mit den Bedürfnissen des Schülers/der Schülerin übereinstimmte. Dagegen zeigte sich, dass in den nicht erfolgreichen tutoriellen Dialogen in einzelnen Segmenten diese Passung zwischen Unterstützung und Bedürfnis nicht gegeben war. Betrachtet man den Gesamtverlauf des Lösungsprozesses in Bezug auf das Scaffolding durch die Lehrperson ist erkennbar, dass kontrolliertes Fading (Rückzug der unterstützenden Lehrperson abgestimmt auf den aktuellen Wissensstand des Schülers/der Schülerin) nach Fehlern in erfolgreichen tutoriellen Dialogen häufiger beobachtet wurde als in nicht erfolgreichen. In nicht erfolgreichen tutoriellen Dialogen wurde eine auf die Behebung von Fehlern folgende Unterstützung und Bestärkung des Schülers/ der Schülerin nur selten beobachtet. ID: 533 / H 02 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Motivation und Emotion Stichworte: Bildungsaspiration, Bildungsentscheidung, Migrationshintergrund Zur theoretischen Bedeutung und Vergleichbarkeit von Bildungsaspirationen: Variationen nach sozialer und ethnischer Herkunft Marina Trebbels Universität Hamburg, Deutschland Anknüpfend an Boudons (1974) Ansatz zur Erklärung sozialer Bildungsdisparitäten diskutiert die aktuelle Literatur ethnische Bildungsdisparitäten als Resultat unterschiedlicher Voraussetzungen für schulischen Erfolg einerseits, und als Folge systematisch unterschiedlicher Bildungsentscheidungen in Familien mit und ohne Migrationshintergrund andererseits (Heath und Brinbaum 2007). Im deutschen Raum stützen sich empirische Untersuchungen von Bildungsentscheidungen bisher vornehmlich auf die Analyse subjektiver Daten in Form von Bildungsaspirationen. Vorliegende Ergebnisse weisen darauf hin, dass Migranten nicht erst bei Berücksichtigung von Unterschieden in der sozialen Position, sondern bereits vor Kontrolle entsprechender Merkmale höhere Bildungsaspirationen äußern als Familien ohne Zuwanderungsgeschichte. Diese Beobachtung wird häufig dahingehend interpretiert, dass die vergleichsweise niedrige Bildungsteilnahme von Migranten vor allem auf Unterschiede in der Opportunitätsstruktur, nicht aber auf niedrigere Ambitionen zurückzuführen ist (z.B. Gresch et al. 2012; Klieme et al. 2010). Dieser Schlussfolgerung liegt die geläufige Annahme einer kausalen Wirkung von Bildungsaspirationen auf Bildungsentscheidungen und tatsächliche Übergänge zugrunde. Während longitudinale Analysen auf eine signifikante Korrelation zwischen idealistischen und realistischen Bildungsaspirationen und tatsächlicher Bildungsteilnahme hinweisen (z.B. Beal und Crockett 2010; Domina et al. 2011), sind jedoch sowohl die kausale Interpretation dieser Zusammenhänge als auch der prädiktive Wert subjektiver Daten zur Vorhersage von Bildungsergebnissen umstritten: Aspirationen könnten vage Präferenzen ohne Implikationen für das Bildungsverhalten von Schüler/-innen darstellen oder Resultat unzureichenden Wissens über das Bildungssystem und/oder unrealistischer Selbsteinschätzungen sein (Alexander und Cook 1979; Kerckhoff 1977), und nicht nur realistische, sondern auch idealistische Aspirationen würden weniger die Motivation von Schüler/-innen als ihre Erfolgserwartungen widerspiegeln (Alexander und Cook 1979; Bourdieu 1973). Zudem bestehen Zweifel an der Annahme einer universell gültigen theoretischen Bedeutung von Bildungsaspirationen und somit an ihrer uneingeschränkten Vergleichbarkeit zwischen Schüler/-innen (cf. B. Becker 2010; Goyette 2008; Trebbels 2014). Empirische Beobachtungen untermauern die Relevanz dieser Überlegungen für die sinnvolle Interpretation von Ergebnissen aus der Analyse subjektiver Daten: Beispielsweise zeigen Studien, dass Schüler/-innen dazu tendieren, im Laufe der Bildungskarriere nicht nur ihre realistischen, sondern auch ihre idealistischen Bildungsaspirationen an ihre wahrgenommenen Erfolgswahrscheinlichkeiten anzupassen (Armstrong und Crombie 2000). Auch lassen sich in einigen westlichen Ländern wachsende Diskrepanzen zwischen idealistischen Aspirationen, realistischen Aspirationen, Handlungsorientierungen zur Realisierung geäußerter Aspirationen und tatsächlicher Bildungsteilnahme verzeichnen. Für den amerikanischen Raum wurde zudem gezeigt, dass die Stärke dieser Zusammenhänge nach sozialem Status variiert (Goyette 2008). Zudem nehmen empirische Studien meist den Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe und damit elterliche Aspirationen in den Blick. Einvernehmen besteht jedoch dahingehend, dass die Motivation von Schüler/-innen mit steigendem Alter an Bedeutung gewinnt und Entscheidungen im Laufe der Bildungskarriere zunehmend von Schüler/-innen selbst getroffen werden (Erikson und Jonsson 1996; Henz und Maas 1995). Untersuchungen zu den Bildungsaspirationen von Schüler/-innen in späteren Phasen der Bildungskarriere und ihrer Bedeutung bei der Entstehung ethnischer Bildungsdisparitäten finden sich nur selten. Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, tiefere Einblicke in die theoretische Bedeutung von Bildungsaspirationen von Schüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund und damit in deren Rolle bei der Erklärung ethnischer Bildungsdisparitäten zu gewinnen. Untersucht werden zu diesem Zweck die simultane Entwicklung der idealistischen und realistischen Bildungsaspirationen von Schüler/-innen der Sekundarstufe 1, der vorgenommenen Handlungen bzw. Handlungsorientierungen zu deren Realisierung sowie in tatsächlichen Übergängen und den Ergebnissen verschiedener Leistungstests. Datengrundlage bilden die verfügbaren Wellen der Startkohorten der fünften und neunten Jahrgangsstudie des Nationalen Bildungspanels. Die Ergebnisse weisen auf eine Variation in der theoretischen Bedeutung der Bildungsaspirationen von Schüler/-innen mit und ohne Migrationshintergrund und stellen somit deren uneingeschränkte Vergleichbarkeit infrage: Zum einen werden Unterschiede in obigen Zusammenhängen und deren Entwicklungen zwischen Schüler/-innen mit und ohne Migrationshintergrund identifiziert. Zum anderen weisen die Ergebnisse flexibler Schätzer für marginale Effekte (MERs) darauf, dass diese Unterschiede an verschiedenen Stellen der Verteilung des sozialen Status unterschiedlich stark ausgeprägt sind. ID: 536 / B 01 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie, Soziologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: Lehrerbildung, formale Lernumwelt Hochschule, allgemeine Interessen, Person-Environment-Fit, Studienbindung Lehramtsstudierende und ihre Lernumwelt – die Bedeutung der hochschulischen Lernumwelt und der Person-Umwelt-Passung für die Bindung an das Lehramtsstudium Hilde Schaeper, Julia-Carolin Brachem, Kris-Stephen Besa Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, Hannover Die individuelle Passung zwischen einer Person und ihrer Umwelt wird im Sinne der organisationspsychologischen PersonEnvironment-Fit-Theorie mit Leistung, Engagement, Zufriedenheit sowie dem Verbleib in Studium und Beruf in Zusammenhang gebracht (Caplan 1987; Etzel & Nagy 2015; Li et al. 2013; Ostroff & Rothausen 1997; Schmitt et al. 2008). Die Person-UmweltPassung wird dabei als Kongruenz, Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen Merkmalen der Person und ihrer Umwelt beschrieben (Edwards & Shipp 2007; Kristof-Brown et al. 2005). Ein relevantes persönliches Merkmal stellen allgemeine Interessen dar, die „eine besondere, durch bestimmte Merkmale charakterisierte herausgehobene Beziehung einer Person zu einem Gegenstand“ (Krapp 2010, S. 312) widerspiegeln. Angelehnt an das arbeitspsychologische RIASEC-Modell von Holland (1997) werden hierbei häufig sechs Interessensdimensionen unterschieden, unter anderem soziale, praktisch-technische und intellektuell-forschende Interessen. Wie diverse Studien zeigen konnten, weisen Lehramtsstudierende verstärkt soziale Interessen auf (Roloff Henoch et al. 2015; Rothland 2014; Sinclair 2008). Zudem scheinen sie eine gewisse Praxisorientierung mit zu bringen, wobei sich diese verstärkt für Lehrkräfte an Primar- und Mittelschulen zeigt (Denzler & Wolter 2008; Klusmann et al. 2009). Cramer (2012, S. 496) weist zudem darauf hin, dass ein ausgeprägtes Interesse an sozialen und praktisch-technischen Tätigkeiten als „positiver Indikator der professionellen Entwicklung Lehramtsstudierender“ gelten kann. Lernumwelten stellen einen wichtigen Kontextfaktor für Bildungsentscheidungen und Kompetenzentwicklung dar. Ausgehend von Konzeptualisierungen aus der Forschung zur Unterrichtsqualität kann die Lernumwelt Hochschule, die hier als formale Lerngelegenheit betrachtet wird (zur Unterscheidung von formalen, non-formalen und informellen Lerngelegenheiten vgl. Bäumer et al. 2011), über das sogenannte SSCO-Modell mit den vier Dimensionen Struktur (Structure), Unterstützung (Support), Herausforderung (Challenge) und Orientierung (Orientation) beschrieben werden (Bäumer et al. 2011; Schaeper & Weiß (im Erscheinen)). Vor diesem Hintergrund soll im vorliegenden Beitrag untersucht werden, (1) wie sich die hochschulische Lernumwelt, insbesondere hinsichtlich der Aspekte Unterstützung und Orientierung, auf die Studienbindung von Lehramtsstudierenden auswirkt und (2) ob sich differentielle Effekte der Hochschulumwelt in Abhängigkeit von den persönlichen Interessensorientierungen der Lehramtsstudierenden (Person-Umwelt-Passung) zeigen. Für die empirischen Analysen werden Daten der Startkohorte 5 des Nationalen Bildungspanels (NEPS) verwendet (doi:10.5157/NEPS:SC5:4.0.0). Diese NEPS-Teilstudie untersucht im Längsschnitt und mit unterschiedlichen Erhebungsverfahren eine Kohorte von Studienanfänger(inne)n des Wintersemesters 2010/2011 an deutschen Hochschulen. Die Analysen, die auf der zweiten und vierten Panelwelle beruhen, berücksichtigen dabei zwischen 3.554 und 2.715 Lehramtsstudierende. Der mögliche Zusammenhang zwischen der hochschulischen Lernumwelt und der Studienbindung sowie mögliche Effekte unterschiedlicher Person-Umwelt-Passungen werden mittels Strukturgleichungsanalysen untersucht. Mit Blick auf das potenziell soziale Interesse von Lehramtsstudierenden konzentrieren wir uns im Bereich der hochschulischen Lernumwelt auf die Betrachtung der wahrgenommenen Unterstützung durch Lehrende und das soziale Klima (Support). Hinsichtlich der angenommenen Praxisorientierung der Lehramtsstudierenden wird die wahrgenommene Orientierung der Hochschule (Orientation), im Sinne einer Praxis- oder Forschungsorientierung, in den Blick genommen. Zur Operationalisierung der Person-Umwelt-Passung wird die soziale, praktisch-technische und intellektuell-forschende Interessensorientierung der Lehramtsstudierenden herangezogen. Bei der Studienbindung konzentrieren wir uns auf die affektive/identifikatorische Komponente (Grässmann et al. 1998). Erste Ergebnisse zeigen, dass die hochschulische Lernumwelt hinsichtlich der Aspekte Unterstützung und Orientierung einen gewissen Teil der Varianz der Studienbindung von Lehramtsstudierenden aufklären kann (W2: R² = 25 Prozent; W4: R² = 14 Prozent). Dabei erhöht sich die Bindung der Lehramtsstudierenden an ihr Studium signifikant (p < 0,01), je besser die Unterstützung durch Lehrende (W2: 31 Prozent; W4: 24 Prozent) und das soziale Klima (W2: 13 Prozent; W4: 9 Prozent) eingeschätzt werden. Hinsichtlich der Orientierung der Hochschule, erhöht sich die Studienbindung, je stärker die praxisbezogene (W2: 15 Prozent; W4: 10 Prozent) und die forschungsbezogene (W2: 12 Prozent; W4: 10 Prozent) Ausrichtung der Hochschule wahrgenommen wird. Über die Berücksichtigung von Interaktionseffekten und über Gruppenvergleiche erwarten wir zudem mögliche Auswirkungen unterschiedlicher Person-Umwelt-Passungen sowie Unterschiede für Studierende verschiedener Lehramtstypen berichten zu können. ID: 538 / A 13 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Belastungserleben, Lehrerbildung, Selbstregulation Die Bedeutung flexibler Zielanpassungsmechanismen für das Belastungserleben angehender Lehrkräfte Christoph Schüle, Feßler Felix, Schriek Josina, Besa Kris-Stephen, Arnold Karl-Heinz Universität Hildesheim, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Der Einstieg in den Beruf stellt für viele Lehrkräfte ein besonders kritisches Lebensereignis dar, in dem sie mit einer Vielzahl von Veränderungen und Herausforderungen konfrontiert werden (Klusmann, Kunter, Voss & Baumert, 2012; Tynjälä & Heikkinen, 2011). Veenman (1984) vermutet hierzu, dass angehende Lehrkräfte im Zuge ihrer praktischen Erfahrungen eine sich verstärkende Diskrepanz zwischen ihren persönlichen Zielen sowie Idealen und der praktischen Realität erleben, welche wiederum einen Anstieg des individuellen Belastungsgefühls bedingt. Dem Zwei-Prozess-Modell der Entwicklungsregulation folgend, können derartige Diskrepanzen zwischen einem derzeitig erlebten Ist- und einem angestrebten Soll-Zustand durch zwei Regulationsmodi verringert oder beseitig werden (Brandtstädter, 2009; Brandtstädter & Renner, 1990; Brandtstädter & Rothermund, 2002). Im assimilativen Regulationsmodus versucht eine Person hierbei, der belastenden Diskrepanz durch aktives, bewusstes und kontrolliertes Problemlösen entgegenzutreten und Ziele sowie Intentionen bis zu ihrer Erreichung hartnäckig zu verfolgen. Im akkommodativen Regulationsmodus erfolgt demgegenüber eine Verringerung der IstSoll-Diskrepanz durch die Anpassung der Ziele und Intentionen an die gegebene Situation und die vorhandenen Handlungsoptionen (Meyer & Greve, 2012). Fragestellung: Der vorliegende Beitrag untersucht, (1) ob sich ein Anstieg des Belastungserlebens bereits im Rahmen eines Praxissemesters des Lehramtsstudiums entfaltet, in dem zwar keine eigenverantwortliche Übernahme der Aufgaben und Pflichten des Lehrerberufes erfolgt, aber dennoch einzelne Unterrichtssequenzen und längere Einheiten von Studierenden selbstständig geplant sowie durchgeführt werden und (2) inwiefern assimilative sowie akkommodative Regulationsmodi Lehramtsstudierenden helfen können, derartige Belastungen abzupuffern. Methode: Insgesamt 99 Masterstudierende des Lehramtes an Grund-, Haupt- und Realschulen nahmen hierzu im Rahmen ihres Praxissemesters zu zwei Messzeitpunkten an einer Paper-Pencil-Befragung teil. Der erste Messzeitpunkt (t1) wurde am Beginn des ersten Mastersemesters durchgeführt. Zwischen dem ersten und zweiten Mastersemester begann für die Studierenden, zwei Wochen nach Beendigung der Lehrveranstaltungen des ersten Mastersemesters, ein 18-wöchiges Praxissemester. Da die Studierenden entsprechend ihres Curriculums ab der neunten Praktikumswoche neben ihren obligatorischen Schulstunden, an zwei Tagen pro Woche zusätzlich ihre universitären Lehrveranstaltungen besuchten, wurde von einer Konfundierung der Effekte der universitären Lehrveranstaltungen und des Praxissemesters ausgegangen. Daher erfolgte eine zweite Befragung (t2) zu Beginn der Lehrveranstaltungsphase des zweiten Mastersemesters. Zur Operationalisierung des Belastungserlebens der Studierenden wurde zu beiden Messzeitpunkten das Maslach Burnout Inventory (MBI) genutzt. Die Erhebung der assimilativen sowie akkomodativen Regulationsmodi erfolgte an beiden Befragungen mittels der von Brandtstädter und Renner (1990) entwickelten tenacious goal pursuit and flexible goal adjustment scale. Ergebnisse: Aufgrund der hohen Interkorrelationen der Faktoren des MBI zu beiden Messzeitpunkten, wurde das Belastungserleben der befragten Studierenden als Faktor zweiter Ordnung modelliert. Die Veränderung über die Zeit wurde mittels einer Latent-ChangeAnalyse untersucht. Diese zeigt einen mittelgroßen Anstieg im untersuchten Praxissemesters (χ² = 10.89; df = 7; p = n.s.; CFI = .975; RMSEA = .075; d = .54). Demgegenüber erweisen sich sowohl die assimilative Operationalisierung der hartnäckigen Zielverfolgung (χ² = 17.98; df = 9; p < .05; CFI = .969; RMSEA = .100; d = -.01) als auch die akkommodative Operationalisierung der flexiblen Zielanpassung (χ² = 8.09; df = 9; p = n.s.; CFI = 1.00; RMSEA = .000; d = .06) in den einzelnen Latent-ChangeAnalysen als zeitstabil. Im Rahmen eines latenten autoregressiven Modells (χ² = 200.301; df = 123; p < .01; CFI =.908; RMSEA = .080) zeigen sich zudem die kreuzverzögerten Pfade der hartnäckigen Zielverfolgung (β = -.47; SE = .23; z = -2.03; p < .05) und flexiblen Zielanpassung (β = -.29; SE = .15; z = -1.99; p < .05) zu t1 auf das Belastungserleben der Studierenden zu t2 als signifikant. ID: 540 / D 12 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Hochbegabung Stichworte: Begabung, Grundschulkinder, Lehrkräfte, Eltern, Merkmalseinschätzungen Wen(n) Lehrkräfte auswählen: Wer besucht ein außerunterrichtliches Förderprogramm für sehr begabte und hochbegabte Grundschulkinder aus Sicht von Lehrkräften, Eltern und Schüler/inne/n? Sandra Rothenbusch1,2, Ingo Zettler3, Thamar Voss2 1 Universität Hannover, Deutschland; 2Universität Tübingen, Deutschland; 3University of Copenhagen, Dänemark Theoretischer Hintergrund Lehrkräfte werden oft gebeten Schülerinnen und Schüler (SuS) für Begabtenfördermaßnahmen zu identifizieren. Laut Lehrerangaben müssen SuS exzellente intellektuelle und kreative Fähigkeiten sowie hohe motivationsbezogene Merkmale vorweisen, um von ihnen als begabt angesehen zu werden (Schack & Starko, 1990). Lehrkräfte fokussieren damit zentrale Merkmale vieler Hochbegabungskonzeptionen (siehe Sternberg & Davidson, 2005). Lehrkräfte können die Intelligenz ihrer SuS relativ gut einschätzen (z.B. r = .51; Fischbach, Baudson, Preckel, Martin, & Brunner, 2013), jedoch werden niedrigere Übereinstimmungswerte für kreativitäts- (Gralewski & Karwowski, 2013, Urhahne, 2011) und motivationsbezogene (Spinath, 2005) Schülermerkmale berichtet. Lehrerbeurteilungen werden teilweise durch das Geschlecht (Gralewski & Karwowski, 2013, Hinnant, O’Brien & Ghazarian, 2009, Siegle & Reis, 1998), die Schulleistungen (Fischbach et al., 2013; Urhahne, 2011) und den sozioökonomischen Status (Speirs Neumeister, Adams, Pierce, Cassady, & Dixon, 2007) der SuS beeinflusst. Zusätzlich scheinen Lehrkräfte den Zusammenhang zwischen einigen Schülermerkmalen zu überschätzen (Urhahne, 2011). Von Lehrkräften für Begabtenförderprogramme ausgewählte SuS entsprechen also möglicherweise nur teilweise den Lehrereinschätzungen. Allerdings bilden sie eine hoch selektive Gruppe, über die recht wenig bekannt ist. Welche Merkmale sie charakterisieren, wie diese Merkmale zusammenhängen und von anderen wahrgenommen werden, sind relevante Informationen, um beispielsweise Fördermaßnahmen konzipieren oder adaptieren zu können. Fragestellung Im Zentrum der Untersuchung standen zwei Fragen. Zum einen interessierten die Ausprägungen intellektueller Fähigkeiten, des kreativen Denkens und der Anstrengungsbereitschaft von SuS, die von Lehrkräften für ein Begabtenförderprogramm ausgewählt wurden. Dafür konzentrierten wir uns auf drei Perspektiven: die der Lehrkräfte, der SuS und ihrer Eltern. Zum anderen analysierten wir, inwiefern diese Merkmale miteinander, mit dem Geschlecht, der durchschnittlichen Schulnote und dem sozioökonomischen Status der SuS zusammenhängen. Wir betrachteten die Merkmalszusammenhänge innerhalb und zwischen den drei Perspektiven. Methode Die Stichprobe umfasste Lehrereinschätzungen von 950 SuS, die von den Lehrkräften für den Besuch eines außerunterrichtlichen Förderprogramms für sehr begabte und hochbegabte Grundschulkinder ausgewählt wurden, Test- und Fragebogendaten von 525 am Programm teilnehmenden SuS sowie Elterneinschätzungen von 809 am Programm teilnehmenden SuS. Die Anzahl der SuS, denen wir Daten aus mehreren Perspektiven zuordnen konnten, lag bei NLehrkräfte/SuS = 156, NEltern/SuS = 374, NLehrkräfte/Eltern = 354 und NLehrkräfte/Eltern/SuS = 114. Die SuS waren durchschnittlich 9 Jahre alt (SD = 1; 44% Mädchen). Lehrkräfte reichten bei Anmeldung der SuS beim Begabtenförderprogramm jeweils eine Checkliste mit der Einschätzung der verbalen, mathematischen und nonverbalen Fähigkeiten, des kreativen Denkens und der Anstrengungsbereitschaft ein. Nachdem die Kurse des Begabtenförderprogramms begonnen hatten, testeten wir die SuS während ihrer Kurszeit zu den entsprechenden Merkmalen. Die SuS reichten Elternfragebögen mit Einschätzungsskalen und Fragen zum sozioökonomischen Status an ihre Eltern weiter. Ergebnisse Die Faktorenstrukturen der Einschätzungsskalen der Lehrkräfte und Eltern zeigten gute Model Fits (z.B. CFI > ,900; RMSEA < ,035). Die von Lehrern und Eltern eingeschätzten Schülermerkmale (intellektuelle Fähigkeiten, kreatives Denken und Anstrengungsbereitschaft) hingen jeweils stärker miteinander zusammen als die getesteten Schülermerkmale untereinander (Lehrkräfte: ,52 ≤ r ≤ ,78; Eltern: ,19 ≤ r ≤ ,52; SuS: -,03 ≤ r ≤ ,28). Jedes von Lehrkräften und Eltern eingeschätzte Schülermerkmal war signifikant mit den Schulnoten assoziiert (Lehrkräfte: -,34 ≤ ß ≤ -,23; Eltern: -,42 ≤ ß ≤ -,10). Die Schulnoten waren ebenfalls mit den getesteten intellektuellen Fähigkeiten assoziiert (-,36 ≤ ß ≤ -,29), jedoch nicht mit den Testwerten zum kreativen Denken und zur Anstrengungsbereitschaft. In einem gemeinsamen Modell standen weder das Geschlecht noch der sozioökonomische Status der SuS signifikant mit den Testergebnissen in Zusammenhang. Bei den Lehrkräften und Eltern zeigten sich jedoch geschlechtsstereotype Wahrnehmungen. Sie schätzen zudem die verbalen Fähigkeiten von SuS mit niedrigerem sozioökonomischem Status geringer ein. Die drei Perspektiven waren gering bis mittelstark assoziiert. Im Vortrag werden detaillierte Analysen vorgestellt und diskutiert sowie ein auf die Theorie und Praxis bezogener Ausblick gegeben. ID: 542 / F 04 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich Stichworte: Bildungsreform, Öffnung, nachträgliche Bildung, Bildungsverlauf, soziale Ungleichheit Soziale Ungleichheit beim Nachholen des Abiturs Oliver Winkler Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland Seit vier Jahrzehnten können in allen Bundesländern Reformanstrengungen beobachtet werden, die darauf zielen, die Offenheit und Durchlässigkeit des Bildungssystems zu erhöhen. Während die Hauptlinie dieser Reform auf die Einführung der Gesamtschule setzte, versuchte eine Nebenlinie dieser Reform (vor allem durch Curricula-Angleichungen) die vertikale Mobilität zwischen Ausbildungsgängen zu vergrößern, sodass Absolventen einer Schulform sukzessiv höhere Bildungszertifikate erwerben können. Mit Hilfe dieser nachträglichen Bildungsmöglichkeiten sollen Bildungswege so lange wie möglich offen gehalten und Bildungsentscheidungen an früheren Schwellen im Bildungsverlauf korrigierbar gemacht werden. Ob bei diesen Übergängen in nachträgliche Bildung schichtspezifische Unterschiede auftreten oder ob es sich um einen Prozess handelt, der sozialstrukturell neutral verläuft, ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. In theoretischer Hinsicht können drei Positionen zu den schichtspezifischen Übergangschancen postuliert werden. Eine erste Annahme lautet, dass niedrigere Sozialschichten trotz der durch die Bildungsexpansion geschaffenen erweiterten Bildungsangebote hiervon wenig Gebrauch machen. Vermutlich haben diese Angebote nicht zu einer Verminderung sozialer Ungleichheit geführt, weil davon auszugehen ist, dass Sozialschichten bei diesen Bildungsentscheidungen mit ähnlichen KostenNutzen-Analysen operieren, wie bei früheren Bildungsübergängen (vgl. auch Hillmert & Jacob 2005). Zudem existieren vermutlich "verspätete" kumulative Vorteile und große Anreize aus dem Statuserhaltmotiv für höhere Sozialschichten beim nachträglichen Bildungserwerb (Elman & O'Rand 2004; Breen & Goldthorpe 1997). Eine konfligierende Annahme besagt hingegen, dass ein Bildungssystem, das früh selektiert, eine größere Gruppe von Personen produziert, die unter ihren Möglichkeiten bleibt. Es handelt sich um Personen, die ein entsprechendes Leistungsvermögen besitzen, aber durch sekundäre Herkunftseffekte zu „verhinderten“ Aufsteigern werden. Unter den späten Aufsteigern können Personen aus mittleren Sozialschichten sein, die während der Realschulzeit gute schulische Leistungen erzielt haben. Für diesen Personenkreis kann das Nachholen des Abiturs dann die „Überprüfung“ bzw. Realisierung sein (Bourdieu & Wacquant 1994), dass die (nachteilige) Zuordnung im Kindes- und Jugendalter in einen Bildungsgang aufgrund von sekundären Herkunftseffekten zustande kam. Sie profitieren als „leicht“ Privilegierte von der Öffnung, insbesondere durch den Zweiten Bildungsweg, die für sie zur „zweiten Chance“ wird, weil nun angenommen werden kann, dass die Leistungen und Aspirationen im Vergleich zum ersten Bildungsübergang stärker miteinander korrespondieren. Eine weitere Alternativhypothese besagt, dass das Standardmodell des kumulativen Bildungserwerbs nach Mare (1980) und Boudon (1974) nicht zur Struktur des deutschen Bildungssystems passt, weil Aufstiegsqualifikationen institutionell eine Besonderheit darstellen. Die Realschule, die institutionell für den Übergang in eine eigenständige Ausbildung konzipiert wurde, erfährt durch die Öffnung eine weitere Funktion, indem sie auch den Übergang in das Gymnasium bahnen soll. Die Entscheidung, ob eine Laufbahn anvisiert wird, die zum Abitur führt, kann im Rahmen dieser Doppelfunktion der Realschule auf einen späteren Zeitpunkt „verlegt“ bzw. kann ein Übergangspunkt "schleichend abgebaut" werden. Weil eine höhere Anzahl von Entscheidungspunkten im Bildungsverlauf mit stärkerem Einfluss sekundärer Herkunftseffekte einhergeht, kann angenommen werden, dass Disparitäten hier weniger stark ausfallen. Empirisch werden diese Annahmen mit der Erwachsenenkohorte des NEPS ereignisdatenanalytisch überprüft. Untersucht wird die Übergangschance in den gymnasialen Bildungsgang oder Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs nach Erhalt der mittleren Reife. Die Übergangsraten werden parametrisch durch flexible Spline-Funktionen modelliert (Lambert & Royston 2009). Bei der Zeitdynamik zeigt sich, dass der Prozess des Abitur-Nachholens bei den oberen Schichten sehr viel schneller eingeleitet wird, während er sich bei den unteren Schichten dieser Prozess über einen sehr viel längeren Zeitraum erstreckt. Die multivariate Analyse weist nach, dass insbesondere die mittlere Mittelschicht überproportional direkt im Anschluss an die Realschule noch auf eine gymnasiale Form weitergeht. Diese Möglichkeiten werden von den älteren Kohorten mehr in Anspruch genommen als von den jüngeren. Insgesamt verweisen diese Ergebnisse auf erfolgreiche Öffnungen für risikoaversere Sozialschichten. Dieses kompensierende Muster, das sich vor allem auch im Vergleich zum Übertrittsverhalten nach der Grundschule zeigt, ist bei noch späteren Nachholprozessen weniger ausgeprägt, die insgesamt selten bleiben. ID: 544 / E 02 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Deutsch, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lese- und Sprachförderung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: individuelle Lernunterstützung, Rechtschreibschwierigkeiten, DaZ, Lehrerprofesionalisierung, Lehrerfortbildung Individuelle Lernunterstützung zur Überwindung von Rechtschreibschwierigkeiten Irene Corvacho del Toro Goethe-Universität, Deutschland Schüler mit einer diagnostizierten Rechtschreibstörung sind im besonderen Maße in ihrer kognitiven, sozialen und emotionalen Entwicklung gefährdet. Eine Rechtschreibstörung wirkt sich erheblich auf das schulische Lernen und das soziale Miteinander in der Schulgemeinschaft aus (von Suchodoletz, 2010). In der Regel bleibt die Rechtschreibleistung langfristig auf stabil niedrigem Niveau (Klicpera, Gasteiger-Klicpera & Schabmann, 2006; Esser, Wyschkon & Schmidt, 2002; von Suchodoletz, 2007). Ohne Förderung ist sogar eine Leistungsverschlechterung zu erwarten (Klicpera & Schabmann, 1993). Bei Schwierigkeiten im Erlernen der Rechtschreibung kann von einer erhöhten Abhängigkeit der Rechtschreibleistung des Schülers vom Fachwissen der Lehrkraft und vom gut strukturierten Lehr- und Lernmaterial ausgegangen werden (Corvacho del Toro & Thomé, 2013; Ise & Schulte-Körne, 2012). Das Fachwissen betrifft insbesondere den Zusammenhang zwischen dem Sprach- und Schriftsystem sowie der Systematik der deutschen Orthographie. Aus fachdidaktischer Perspektive kommen der qualitativen Fehleranalyse sowie dem Wissen um geeignete Erklärungsansätze eine bedeutende Rolle zu (Corvacho del Toro, 2013, 2014). Eine individuelle Lernunterstützung gilt allgemein als besonders effektiv (Hardy et al., 2011). Im Bereich der Rechtschreibförderung und –therapie liegen erste Nachweise für die Wirksamkeit einer individuellen Förderung vor (Corvacho del Toro, 2015). In der Frage der Professionalisierung von Lehrkräften liegen sowohl Befunde zu den Merkmalen von effektiven Lehrerfortbildungen als auch Nachweise im Bereich des Lesens- und Schreibenlernens für effektive Professionalisierungsmaßnahmen vor (McCutchen & Berninger, 1999). Die vorliegende Studie überprüft im Prä-Post-Design, ob Lehrkräfte durch eine Lehrerfortbildung zur „individuellen Lernunterstützung bei Rechtschreibschwierigkeiten“ ihren Schülern zu einer signifikanten und bedeutsamen Verbesserung in der Rechtschreibleistung verhelfen können. Die Stichprobe umfasst 60 Schüler der 5., 6., und 7. Klasse (Realschule/Gymnasium), die aufgrund ihrer schwachen Rechtschreibleistung schulische Förderkurse besuchen. Als Kontrollgruppe fungieren die Schüler der gleichen Klassenstufe, die an der Maßnahme nicht teilnehmen. Es werden sieben Förderkurse angeboten, die von fünf Lehrkräften durchgeführt werden. Die teilnehmenden Lehrkräfte haben an einer Fortbildung teilgenommen und werden bei der Implementierung durch Coachings und Beratungsgespräche begleitet. Die Rechtschreibleistung wird standardisiert mit der HSP (May, 2012) und im integrierten Schreiben mit der OLFA 3-9 (Thomé & Thomé, 2014) erhoben. Die Intervention sieht 20 Sitzungen vor. Zum Ende der Intervention (März 2016) und zum Ende des Schuljahres (Juli 2016) werden die Lehrkräfte mittels Leitfaden-Interview befragt, um explorativ mögliche Veränderungen in Einstellungen und Überzeugungen zum Rechtschreiberwerb und Rechtschreibdidaktik zu untersuchen. Der Vortrag stellt das Design und die Inhalte der Fortbildung vor. Darüber hinaus werden die Rechtschreibprofile zu Anfang der Intervention beschrieben und die daraus aufbauenden Fördermaßnahmen beschrieben. ID: 546 / B 01 Einzelbeiträge: 5 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Sonstige Didaktiken, Didaktiken der Geschichte, Philosophie, Religion, Gesellschaftswissenschaften Thematisches Cluster: Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität, Sonstiges Stichworte: Sportunterricht, Längsschnitt, Motorik, Motivation, Mehrebenenanalyse Einfluss von Lehrermerkmalen auf motorische und motivationale Aspekte bei Schülern. Ergebnisse aus der IMPEQT-Studie Erin Gerlach1, Seiler Sara2, Benjamin Niederkofler3, Christian Herrmann2 1 Universität Potsdam, Deutschland; 2Universität Basel, Schweiz; 3Universität Salzburg, Österreich Einleitung: Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung einer Schuleffektivitätsforschung in den Kernfächern sind auch die „weichen“ Fächer gefordert, empirische Analysen zur Wirksamkeit unterrichtlicher Maßnahmen und dem Einfluss ihrer Lehrkräfte vorzulegen. Allerdings ist die Befundlage für das Fach Sport vergleichsweise unbefriedigend (Gerlach et al., 2010). Dies liegt zum Teil daran, dass man sich über Indikatoren für Schülerlernleistungen bislang kaum eignen konnte. Kleinster gemeinsamer Nenner sind allerdings im Bereich einer Bewegungskompetenz die Förderung von Kompetenzen und von Motivation zu lebenslangen Aktivitäten in der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur und im Feld einer Reflexions- und Urteilskompetenz eine kritisch-konstruktive Teilhabe an der Bewegungskultur. Im Bereich der Bewegungskompetenz zählen neben motorischen Lernleistungen auch explizit motivationale und volitionale Aspekte zum Zielspektrum des Sportunterrichts. Daher besteht hohes Interesse daran, relevante Determinanten motorischer und motivationaler Aspekte auf Schülerseite im Sportunterricht zu identifizieren. Der vorliegende Beitrag geht daher der Fragestellung nach, inwieweit Merkmale der Sportlehrkräfte (Educational Beliefs, personale Aspekte) und Merkmale guten Sportunterrichts aus Sicht der Lehrkräfte motorische und motivationale Aspekte auf Seiten der Schüler vorhersagen. Methode: In der durch die Eidgenössische Sportkommission finanzierten IMPEQT-Studie (*Im*plementation in *P*hysical *E*ducation and the *Q*uality of *T*eaching) der Universität Basel, wurden im Rahmen eines einjährigen Längsschnitts neben Merkmalen der Klassenkomposition (Geschlechtsverteilung, Migrationshintergrund) motorische Basiskompetenzen (Hermann et al., 2015; Herrmann et al., in review) und motivationale Merkmale (Interesse, Anstrengungsbereitschaft, Selbstkonzept) von knapp 1000 Schülern an Schweizer Schulen erhoben. Parallel wurden Lehrermerkmale (z.B. Enthusiasmus, Burnout) von 42 Lehrkräften und deren eigenen Einschätzungen der Unterrichtsqualität (z.B. Wirkungs- und Kompetenzorientierung) erhoben. Auf Grund der geschachtelten Datenstruktur wurden mit Hilfe von Mehrebenanalysen die Veränderung motivationaler und motorischer Aspekte auf Schülerseite im Längsschnitt analysiert. Ergebnisse: In den Mehrebenenanalysen konnten negative Einflüsse des Burnoutmerkmals "Emotionale Erschöpfung" auf die Veränderung der motivationalen Merkmale ermittelt werden. Einschätzungen der Unterrichtsqualität aus Lehrerperspektive hatten dagegen kaum Erklärungskraft. Motorische Aspekte wurden - u.a. auf Grund ihrer hohen Stabilität - kaum beeinflusst. Merkmale der Klassenzusammensetzung (Geschlechtsverteilung, Migrationshintergrund) hatten lediglich einen Einfluss auf die Ausprägung von Schülermerkmalen, jedoch kaum auf deren Veränderung über ein Jahr. Dabei zeigten Klassen mit höherem Anteil an Mädchen und Kindern mit Migrationshintergrund schwächere motorische Leistungen. Klassen mit höherem Anteil an Mädchen zeigten jedoch eine bessere motivationale Entwicklung. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass personale Aspekte der Lehrkräfte zwar zur Veränderung von Schülermerkmalen im Sportunterricht beitragen, deren Einschätzung der eigenen Unterrichtsqualität spielte jedoch kaum eine Rolle. Dies stellt einerseits die Frage nach der unterschiedlichen Wahrnehmung der Unterrichtsqualität aus Sicht von Lehrkräften, Schülern und Beobachter (Clausen, 2002), aber auch nach einer spezifischen Betrachtung der Unterrichtsqualität im Fach Sport. Darüber hinaus ist die "alte" Frage des geschlechtsheterogenen vs. geschlechtshomogenen Unterrichts im Fach Sport zu diskutieren. ID: 548 / B 03 Einzelbeiträge: 3 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Vorschulische Bildung Stichworte: Frühe naturwissenschaftliche Bildung, pädagogische Qualität, Kompetenz, professionelles Handeln Die Interaktion von Einrichtungsqualität und Kompetenz bei der Vorhersage pädagogischer Prozessqualität im Bereich früher naturwissenschaftlicher Bildung Hendrik Lohse-Bossenz, Julia Rienow PädQUIS gGmbH, Deutschland Theoretischer Hintergrund und Zielstellung Im Zuge vielfältiger Bildungsreformen im frühkindlichen Bereich nimmt die Gestaltung pädagogischer Angebote und Aktivitäten im Bereich früher naturwissenschaftlicher Bildung einen zunehmend größeren Raum ein. Viele Fachkräfte zeigen in diesem Bereich jedoch große Zurückhaltung (z.B. Zimmermann, 2011) und scheinen durch die Ausbildung nur unzureichend vorbereitet zu sein (z.B. Lankes et al., 2011). Eine grundlegende Frage ist, welche Faktoren die Häufigkeit pädagogischer Aktivitäten beeinflussen. Einige im Bereich der Frühpädagogik entwickelte Modelle nehmen eine „Setting-Perspektive“ ein und sehen die Qualität und Quantität pädagogischer Prozesse durch die in der Einrichtung vorhandene Struktur- und Orientierungsqualität bedingt (Tietze et al., 1998). Eher psychologisch orientierte Modelle rücken die individuellen Kompetenzen der Fachkräfte als ursächlich für deren professionelles Verhalten in den Mittelpunkt (z.B. Anders et al., 2012; Fröhlich-Gildhoff et al., 2011). Der vorliegende Beitrag zeigt empirisch, dass für die Vorhersage von Prozessqualität eine Berücksichtigung beider Perspektiven zielführend ist, da individuelle Kompetenzaspekte (Selbstwirksamkeitserwartung) den Einfluss von Strukturqualität (Materialien) und Orientierungsqualität (Stellenwert früher naturwissenschaftlicher Bildung) auf die Prozessqualität (Häufigkeit durchgeführter naturwissenschaftlicher Aktivitäten) moderieren. Methode Im Rahmen eines von der Klaus Tschira Stiftung geförderten Projekts wurden 127 frühpädagogische Fachkräfte (maximal zwei aus derselben Einrichtung) zu folgenden Aspekten befragt: Vorhandensein bestimmter Materialien (z.B. „Messbecher“; 78 Items; 0 = nicht vorhanden, 1 = vorhanden; M = 54.20, SD = 11.13), Stellenwert verschiedener Bildungsbereiche in ihrer Bedeutung für die konzeptionelle Arbeit in der Einrichtung (6 Bereiche; 1 = weniger wichtig bis 6 = wichtig; Verwendung des mittleren Rangplatzes für „Mathematik, Naturwissenschaft, (Informations-)Technik“; M = 2.16, SD = 1.16), Aktivitäten zur frühen naturwissenschaftlichen Bildung (z.B. „Mit der Lupe etwas untersuchen“; 8 Items; 1 = gar nicht/selten bis 6 = täglich; M = 2.94, SD = 1.14) und Selbstwirksamkeitserwartungen für frühe naturwissenschaftliche Bildung (z.B. „Ich schaffe es, unterschiedliche Situationen zu nutzen, um den Kindern das Beobachten und Erkunden naturwissenschaftlicher Phänomene näherzubringen.“; 10 Items; 1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft völlig zu; α = .83; M = 3.44, SD = 0.56). Ergebnisse Die Schätzung verschiedener linearer Regressionsmodelle zeigt, dass die Anzahl an Materialien (β = .37), aber nicht der Stellenwert früher naturwissenschaftlicher Bildung in der Einrichtung (β = .02) signifikant die Häufigkeit entsprechender Angebote vorhersagt (R2 = .13). Auch Selbstwirksamkeit zeigt in einem separaten Modell keinen bedeutsamen Einfluss (β = .15, R2 = .02). In einem gemeinsamen Modell mit den drei Einflussfaktoren ist nur das strukturelle Merkmal prädiktiv (β = .35, R2 = .14). Fügt man jedoch die zwei Interaktionsterme zwischen Einrichtungsmerkmalen und Selbstwirksamkeit hinzu, so zeigt sich eine statistisch signifikante Moderation zwischen dem Stellenwert früher naturwissenschaftlicher Bildung in der Einrichtung und der Selbstwirksamkeit (β = -.47, R2 = .35): Für Personen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung spielt der Stellenwert früher naturwissenschaftlicher Bildung eine geringe Bedeutung für die Häufigkeit entsprechender Angebote. Besitzt eine Fachkraft jedoch eine geringe Selbstwirksamkeitserwartung, so hängt die Häufigkeit der Angebote positiv mit dem Stellenwert zusammen; sie wird naturwissenschaftliche Aktivitäten mit den Kindern häufiger durchführen, wenn der Stellenwert dieses Bildungsbereichs in der Einrichtung hoch ist. Diskussion Die hier dargestellten Ergebnisse verbinden auf einer allgemeinen Ebene zwei Perspektiven auf pädagogische Prozesse im frühkindlichen Bereich, indem einerseits gezeigt werden kann, dass Merkmale der Einrichtung einen unmittelbaren Einfluss auf die Prozesse in der Einrichtung haben (Strukturqualität auf Prozesse). Andererseits moderieren individuelle Kompetenzaspekte der Fachkraft die Wirkung der Einrichtung auf die stattfindenden Prozesse. Diese Wechselwirkungen müssen jedoch noch in Bezug auf andere Einrichtungs-, Kompetenz- und Prozessmerkmale untersucht werden. Auf einer spezifischen Ebene ergeben sich zwei Ansatzpunkte, um frühe naturwissenschaftliche Bildung stärker in den Einrichtungen zu verankern: 1. Erhöhung der individuellen Selbstwirksamkeitserwartungen z.B. im Rahmen von Fortbildungen und 2. Steigerung des Stellenwerts innerhalb der Einrichtung z.B. durch systematische Konzeptionsarbeit in den Einrichtungen. ID: 554 / F 05 Einzelbeiträge: 2 Einzelbeitrag Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Hochschulbildung Stichworte: Bildungsverläufe, Studienberechtigte, Sequenzmusteranalyse Die nachschulischen Bildungsverläufe von ost- und westdeutschen Studienberechtigten der Kohorten 1990 und 1999 – Erfolgreich trotz unterschiedlicher Startbedingungen? Heike Spangenberg Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, Deutschland Mit der politischen Wende im Jahr 1989 und der anschließenden Wiedervereinigung Deutschlands standen die ostdeutschen Abiturient(inn)en der Kohorte 1990 vor der Herausforderung, ihre noch in der DDR gefassten Bildungsentscheidungen an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Studienberechtigten der Schulabschlusskohorte 1999 hatten indes nahezu ihre gesamte Schulzeit im wiedervereinigten Deutschland absolviert. Die institutionellen, aber auch die wirtschaftlichen Bedingungen beim Start in die berufliche Qualifizierung unterschieden sich nicht nur zwischen den beiden Schulabschlusskohorten, sondern auch zwischen ost- und westdeutschen Studienberechtigten. Der Übergang in die anschließende nachschulische Qualifizierung ist eine „sensible“ Phase von besonders nachhaltiger Prägung für die weitere Bildungs- und Berufsbiografie (Blossfeld, 1988), denn die dort verliehenen Bildungszertifikate sind in unserer Gesellschaft von zentraler Bedeutung für den Erwerbseinstieg und -verlauf, und zudem unterliegen Entwicklungen im Lebenslauf endogenen Kausalzusammenhängen (Mayer, 1990). Das Endogenitätsprinzip ebenso wie die zwischen Ost- und Westdeutschland sowie zwischen den Studienberechtigtenkohorten differierenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und institutionellen Bedingungen, die einen jeweils spezifischen Rahmen für individuelles Handeln schaffen, lenken das Untersuchungsinteresse auf den Vergleich der nachschulischen Bildungsverläufe in ihrer Gesamtheit, also unter Berücksichtigung von Studium, Berufsausbildung, Fortbildung und Promotion. Im Zentrum steht dabei die Frage nach Konvergenzen bzw. Differenzen zwischen ost- und westdeutschen Studienberechtigten im Kohortenvergleich. Finden sich bei den ostdeutschen Studienberechtigten beider Kohorten trotz schwieriger Rahmenbedingungen jeweils ähnliche Bildungsverlaufsmuster wie bei den westdeutschen Schulabsolvent(inn)en? Aufgrund vorhandener Interdependenzen zwischen Bildung, Beruf und Familiengründung (vgl. Mayer, 1990) sind neben dem Bildungs- auch der Erwerbs- und Familienverlauf zu berücksichtigen. Das Lebensverlaufskonzept (Elder & Rockwell, 1978; Kohli, 1985; Mayer, 1990) mit seiner dynamischen Forschungsperspektive, die die Betrachtung von längeren Sequenzen, und zwar sowohl von Übergängen als auch Verläufen, ermöglicht, wurde zur Untersuchung der individuellen Bildungsverläufe von Studienberechtigten im Transformationsprozess als Gerüst herangezogen, anhand dessen Lebensverlaufssequenzen verschiedener Regionen und Kohorten hinsichtlich des Auftretens von Ereignissen, deren Dauer und Abfolge verglichen wurden. Lebensverlaufsanalysen integrieren darüber hinaus u. a. Ansätze rationaler, situationsbezogener Entscheidungsfindung (Mayer, 1990). Die Studien- bzw. Ausbildungsentscheidung ist von hoher Relevanz für die zukünftige Lebensgestaltung, sodass der Akteur im Entscheidungsprozess versucht, die individuellen Konsequenzen verschiedener Handlungsalternativen abzuschätzen und so das Risiko einer Fehlentscheidung zu mindern. Instabile Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere in den ersten Jahren des Transformationsprozesses in Ostdeutschland durch umfassende strukturelle Veränderungen vorlagen, erschweren die Antizipation und könnten beispielsweise zu einer zeitlichen Ausdehnung des Übergangs in