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What Cities Want
What Cities Want
Wie Städte die Mobilität der Zukunft planen.
Eine Studie von TU München und MAN
Engineering the Future – since 1758.
MAN Gruppe
London / S. 20
Lyon / S. 24
München / S. 28
Kopenhagen / S. 18
Sankt Petersburg / S. 30
Istanbul / S. 14
Beirut / S. 10
Ahmedabad / S. 8
Shanghai / S. 34
Singapur / S. 36
Johannesburg / S. 16
São Paulo / S. 32
Bogotá / S. 12
Los Angeles / S. 22
Melbourne / S. 26
Inhalt
04Executive Summary
08Stadtdossiers
38 What Cities Want
What Cities Want –
Ahmedabad, Indien
Ergebnisse der Studie im Überblick
die Mobilität der Zukunft
Beirut, Libanon
Bogotá, Kolumbien
44Ergebnisse und Ausblick
06Systemanalyse
Istanbul, Türkei
Perspektiven für die Stadt- und
Der „generische Code“ der Mobilität
Johannesburg, Südafrika
Verkehrsentwicklung
in Städten
Kopenhagen, Dänemark
London, Vereinigtes Königreich
Los Angeles, USA
Lyon, Frankreich
Melbourne, Australien
München, Deutschland
Sankt Petersburg, Russland
São Paulo, Brasilien
Shanghai, Volksrepublik China
Singapur, Singapur
What cities want | 03
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
WHAT CITIES WANT –
DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT
Seit dem Jahr 2009 lebt weltweit jeder zwei-
In der Urbanisierung liegen jedoch auch
Staus, durch Fahrzeuge verursachte Luft-
te Mensch in einer Stadt, belegen Zahlen
Chancen für Städte. So ziehen attrakti-
verschmutzung und die massive Nutzung
der Vereinten Nationen. Und dieser Trend
ve Metropolen zum Beispiel national wie
des öffentlichen Raums für den Verkehr
setzt sich fort. Bis zum Jahr 2050 soll
international
müssen die Verantwortlichen Lösungen
die Stadtbevölkerung um 85 Prozent auf
unternehmen an. Gelingt es einer Stadt,
6,3 Milliarden wachsen. Damit leben dann
Unternehmen zur Ansiedlung ihrer Kon-
mehr als zwei Drittel der Menschen in
zernzentralen zu bewegen, die interna-
Mobilität ist ein entscheidender Faktor
Städten. Der Hintergrund: Das zukünftige
tionale Produktionsprozesse koordinieren
für die Attraktivität von Städten
Bevölkerungswachstum nehmen vor al-
und integrieren, nimmt diese Stadt bei
Mit Blick auf diese Herausforderungen für
lem die Städte auf.
der Gestaltung der Globalisierung eine
den Personenverkehr in Städten gehen
bedeutende
Wirtschafts-
finden, soll ihre Stadt attraktiv bleiben.
Die Herausforderungen, die mit dieser
prominente Rolle ein. Für solche „Global
MAN und die Technische Universität Mün-
Entwicklung einhergehen, zeigen sich vor
Cities“ ist es eine andauernde Herausfor-
chen (TUM) in der Studie „What Cities
allem beim Thema Infrastruktur. Denn
derung, attraktiv für Unternehmen, deren
Want“ der Frage nach, wie Städte die Mobi-
Verkehrseinrichtungen, Energie- und Was-
Angestellte sowie potenzielle Mitarbeiter
lität in Zukunft gestalten wollen und wel-
serversorgung sowie Entsorgung müssen
zu sein und zu bleiben. Indizes, die Städte
chen Herausforderungen sie sich dazu stel-
mit diesem Wachstum Schritt halten. Doch
nach ihrer Lebensqualität bewerten, spie-
len müssen. Dazu haben die Autoren der
oftmals entsteht der Eindruck, dass viele
geln den globalen Wettkampf der Städte
Studie zunächst die Treiber und Einfluss-
Städte Getriebene sind, die auf unkontrol-
um die höchste Attraktivität wider. In die-
faktoren analysiert, die für die Gestaltung
liertes Wachstum nur reagieren, statt vor-
sem Wettkampf spielt die Gestaltung von
der Mobilität in Städten bedeutsam sind.
ausschauend zu agieren.
Mobilität eine herausragende Rolle. Für
Auf Basis der Systemanalyse nach Frederic
04 | WHAT CITIES WANT
Vester wurden komplexe Wechselwirkun-
­Priorität umgesetzt werden. Bei der Ver-
beeinflusst. Dies erklärt auch in Teilen die
gen herausgearbeitet. In einem Workshop
kehrsplanung verfolgen 14 der 15 Städte das
Renaissance des Fahrradverkehrs: Bei ei-
mit rund 20 Vertretern aus verschiedenen
Ziel, die Angebotsqualität des öffentlichen
ner geringen Durchschnittsgeschwindig-
Wirtschaftsbereichen – Finanzen, Immobi-
Personennahverkehrs (ÖPNV) zu erhöhen,
keit im motorisierten Verkehr sowie einem
lien, Automobil, Trendforschung, Logistik
gefolgt von einem Ausbau der ÖPNV-­Infra­
geringen Parkplatzangebot für Pkw ist
und Verkehr – wurden diese Ergebnisse
struktur und einer höheren Mobilität für
das Fahrrad in der Stadt mit Blick auf die
vertieft. Dabei zeigte sich, dass jede Stadt
alle Menschen in der Stadt. Dies soll nun
Tür-zu-Tür-Reisezeit häufig eine schnellere
zwar individuell und einzigartig ist, dass
erreicht werden, nachdem die meisten
und kostengünstigere Alternative.
aber gleichzeitig alle Städte über denselben
Städte bereits ihr Straßennetz ausgebaut,
„generischen Code“ verfügen. Es wurden
die Kapazität der Straßen erhöht und meist
Vertrauensvolle Zusammenarbeit öffent­
drei Regelkreise identifiziert, die für die
auch Fahrverbote eingeführt haben. Als
licher und privater Akteure
Entwicklung der Städte von fundamentaler
Hauptaufgabe des ÖPNV wird es gesehen,
Die Ergebnisse der Befragung wurden in
Bedeutung sind: „Wirtschaftliche Entwick-
Alternativen zum Pkw aufzuzeigen sowie
einem zweitägigen Workshop mit den Stadt-
lung und Urbanisierung“, „Umweltbelas-
allen Bürgern Mobilität zu ermöglichen.
und Verkehrsplanern aus den 15 Städten
tung und Klimawandel“ sowie „Implemen-
Gleichzeitig stecken aber besonders jene
diskutiert. Dabei zeigte sich, dass Mobilität
tierung von Strategien“. Nur wenn es
Städte und Regionen, die in manchen Be-
eine wichtige Grundlage für lokalen Fort-
Städten gelingt, die Auswirkungen ihrer
reichen eine geringe Bevölkerungsdichte
schritt ist, die mit den Herausforderungen
wirtschaftlichen Entwicklung gezielt zu
aufweisen, in dem Dilemma, einen kosten-
einer global nachhaltigen Entwicklung in
steuern, die lokale Umweltbelastung ge-
effizienten ÖPNV anbieten zu müssen. Des-
Einklang gebracht werden muss. Die pro­
ring zu halten und gleichzeitig nationale
halb verfolgt ein Großteil der Befragten das
aktive Förderung zuverlässiger Verkehrs-
und internationale Klimaziele zu erfüllen,
Ziel einer kompakten, am ÖPNV orientier-
systeme, insbesondere im ÖPNV, aber auch
kann eine zukunftsfähige Mobilität entste-
ten Siedlungsentwicklung. Außerdem wol-
in den kleinräumigen Netzen für den
hen, die die Attraktivität der Städte positiv
len fast alle Befragten den Fußgänger- und
Fahrrad- und Fußgängerverkehr, ist eine
beeinflusst.
Fahrradverkehr fördern.
Voraussetzung für Erreichbarkeit, Attrak­
Auf die erfolgreiche Umsetzung von ge-
tivität und Lebensqualität der Städte. Die
Strategien der Städte für die Stadt- und
planten Verkehrsprojekten haben das städ-
Städte müssen ihre Entwicklung auf diese
Verkehrsplanung
tische Haushaltsbudget sowie die Politik
Verkehrssysteme ausrichten, um Staus und
Auf Basis dieses Systemmodells „Stadt“
und die wirtschaftliche Entwicklung den
Umweltbelastung zu vermeiden. Dazu ist
wurde ein Fragebogen entwickelt, der nach
größten Einfluss. Gerade die finanzielle
eine abgestimmte, regionale Raument-
den Strategien, Treibern und Hindernissen
­Situation der Städte erklärt den Erfolg von
wicklungs- und Verkehrspolitik nötig, die
für die städtische Verkehrsplanung und
„Bus Rapid Transit“ (BRT) in den vergange-
nach Möglichkeit alle entscheidenden Ak-
Mobilitätsgestaltung fragt. Die 15 für die
nen Jahrzehnten. Solche Schnellbussys­
teure einbezieht. Öffentliche und private
Befragung ausgewählten Städte Ahmeda-
teme verfügen über eine eigene In­
f ra­
Akteure brauchen einen angemessenen
bad, Beirut, Bogotá, Johannesburg, Istan-
struktur, die den Bussen Vorrang im
institutionellen Rahmen, um eine ver­
bul, Kopenhagen, London, Los Angeles,
Straßenverkehr einräumt. Der Takt ist da-
trauensvolle Zusammenarbeit bei der Um­
Lyon, Melbourne, München, Sankt Peters-
bei ähnlich hoch wie bei schienengebunde-
setzung und gemeinsamen Finanzierung
burg, São Paulo, Shanghai und Singapur
nen Systemen, sodass eine entsprechende
erfolgreicher Projekte zu entwickeln.
stehen für ein breites Spektrum hinsicht-
Kapazität erreicht wird. Der Einfluss der
Darüber hinaus sind auch die Einstel-
lich Größe, jährlicher Wachstumsrate der
Politik auf die Verkehrsplanung und Reali-
lung und das Mobilitätsverhalten der Be-
Einwohnerzahl und der Einwohnerdichte,
sierung von Vorhaben lässt sich indes
völkerung von wesentlicher Bedeutung.
ihrer Anteile der unterschiedlichen Ver-
positiv wie negativ deuten: Eine starke,
­
Nutzerfreundliche Informations- und Kom­
kehrsträger am Verkehrsaufkommen so-
kon­sistente politische Führung kann die
munikationssysteme sowie ein gezieltes
wie ihrer wirtschaftlichen Entwicklung.
Mobilität einer Stadt wirksam gestalten.
Mobilitätsmanagement können dazu bei-
Welche Strategien eine Stadt für die Gestal-
Häufige Wechsel in der verkehrspoliti-
tragen, die bestehende Kapazität des Ver-
tung ihrer zukünftigen Mobilität wählt, ist
schen Strategie hemmen dagegen die Ori-
kehrssystems möglichst effizient zu nutzen.
maßgeblich bedingt durch die bereits vor-
entierung am Ziel einer zukunftsfähigen
Technische Innovationen allein werden
handene Infrastruktur, die Qualität ihrer
Entwicklung der Mobilität.
die Probleme der Mobilität in Städten je-
Bei der Wahl der Strategien zeigt sich,
doch nicht lösen. Mobilitätsmanagement
dass der konventionelle Stadtbus auch heu-
und experimentelle Lösungsansätze kön-
Als fachlich qualifizierte Ansprech-
te noch die Basis eines jeden städtischen
nen dazu beitragen, einen Perspektiven-
partner wurden in den Städten die Leiter
Verkehrssystems ist. Schienengebundene
wechsel herbeizuführen. Denn für eine
der Stadt- und Verkehrsplanung identifi-
Systeme hingegen haben neben der Reise-
nachhaltige Entwicklung ist es unverzicht-
ziert. Die Studie „What Cities Want“ spiegelt
zeit und der ÖPNV-Angebotsqualität den
bar, Handlungsoptionen für zukünftige
damit die Strategien wider, die in den
stärksten Einfluss auf das Mobilitätsverhal-
Veränderungsprozesse zu erhalten. //
­kommunalen Verkehrs- und Stadtplanungs-
ten, während das Umweltbewusstsein der
referaten entwickelt und mit poli­
ti­
scher
Nutzer die Wahl des Verkehrsmittels kaum
Verwaltung und ihrer derzeitigen wirtschaftlichen Lage.
What cities want | 05
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
Der „generische Code“
der Mobilität in Städten
Jede Stadt auf dieser Welt ist einmalig. Dar-
der Städte geht. Etwa der Umgang mit
Wie sich Städte erfolgreich ihren Heraus-
an besteht kein Zweifel. Jede Stadt hat ihre
zunehmender Urbanisierung, häufigeren
forderungen stellen können
eigene Identität, ihren eigenen unverwech-
Verkehrsstaus und stärkerer Umweltbelas-
Städte sind komplexe, dynamische Syste-
selbaren Charakter, einen individuellen
tung. Deshalb stellt sich die Frage, ob in
me, die sich kontinuierlich weiterentwi-
Geist, Einwohner mit bestimmten Eigen-
verschiedenen Städten rund um den Glo-
ckeln, sich aber auch abrupt verändern,
arten und Gewohnheiten. Würde eines
bus möglicherweise ganz ähnliche Mecha-
sich manchmal in Teilen komplett neu er-
dieser Elemente fehlen oder durch ein
nismen und Abhängigkeiten wirken – trotz
finden und gleichzeitig ein hohes Maß an
anderes ausgetauscht, wäre die Stadt nicht
der vielen offensichtlichen Unterschiede
Stabilität besitzen, genauso wie die Fähig-
mehr dieselbe.
zwischen diesen Metropolen. Zwar verfügt
keit zur Selbstorganisation und zur Anpas-
Obwohl jede Stadt eine solche ureigene
jede Stadt über spezifische Rahmenbedin-
sung an sich wandelnde Rahmenbedin-
Identität besitzt, lassen sich zwischen ver-
gungen und scheint in ihrer Entwicklung
gungen. Die
schiedenen Städten nicht nur Unterschie-
einer eigenen Logik zu folgen, doch finden
Überlebensfähigkeit einer Stadt ist dann
de ausmachen, sondern auch Gemeinsam-
wir möglicherweise dennoch überall die
am größten, wenn sich ihre Bürger nicht
keiten. So werden vielerorts die gleichen
gleichen Prozesse, die diese Entwicklung
nur der individuellen Nutzenoptimierung
Fragen diskutiert, wenn es um die Zukunft
beeinflussen.
widmen, sondern auch dem Gemeinwohl.
Einwohnerdichte
Selbsterhaltungskraft und
Variablen urbaner Mobilität
Verkehrsstau
Straßeninfrastruktur
Aktive Variablen
Verkehrssicherheit
haben eine große Bedeutung als
Rad-/Fußwege
Auslöser von Veränderungsprozessen
in einer Stadt
Aktive
Variablen
Bevölkerungsstruktur
Lokale Wirtschaft
Wegedauer
Kritische Variablen
ÖPNV-Infrastruktur
Kritische
Variablen
Puffernde
Variablen
Umweltbelastung
Kommunaler Haushalt
Stadtpolitik
ren ab und haben gleichzeitig viele
Pkw-Besitz
Folgewirkungen
ÖPNV-Angebotsqualität
Öffentliche Verwaltung
Stadt-Umland-Beziehung
Reaktive
Variablen
hängen von zahlreichen Einflussfakto-
Verkehrsanteil MIV
Verkehrsanteil ÖPNV
Nachhaltiges Mobilitätsverhalten
Reaktive Variablen
verändern sich als Folge der
Umgestaltung einer Stadt, sind
also ein Maß für Stärke und
Geschwindigkeit des Wandels
Mobilitätskosten
Gesetzeslage
Intermodalität
Soziale Gerechtigkeit
Verkehrsanteil Rad/Fußgänger
Bodenpreise
Innovative Mobilitätsdienste
Verkehrs-Energiebedarf
Neue Technologien
Image der Stadt
06 | What cities want
Puffernde Variablen
dämpfen die Dynamik von Veränderungen in einer Stadt, indem sie
Prozesse verlangsamen oder
erschweren
Wenn es darum geht, eine Stadt auf einen
Versuch, die Eigenschaften verschiedener
wenden, spielt aus kybernetischer Sicht –
stabilen Entwicklungspfad zu bringen,
Mobilitätsbausteine in Städten darzustel-
also mit Blick auf die Steuerungs- und Re-
kommt es auf das Verhalten der einzelnen
len und ihre komplexen Wechselwirkun-
gelungsvorgänge – eine sehr wichtige Rolle.
Akteure genauso an wie auf eine übergrei-
gen zu verstehen. Auf Grundlage der Sys-
Anhand der beschränkten Kapazitäten
fend abgestimmte Governance.
temanalyse nach Frederic Vester sind für
und Ressourcen werden nämlich die Gren-
Die Faktoren, die über die Mobilität der
die Studie in einem expertengestützten
zen des Wachstums deutlich. Die ökologi-
Einwohner einer Stadt bestimmen, bilden
Workshop 29 Variablen identifiziert wor-
schen und sozialen Effekte – in besonde-
eine Grundlage für die Entwicklung der
den, die das Systembild der Mobilität in
rem
Stadt. Diese Tatsache lässt sich schon an der
Städten umfassend charakterisieren. In-
Verkehrs – sind reaktive Variablen. Sie ver-
ägyptischen Hieroglyphe für „Stadt“ able-
dem man die direkten Wirkungsbeziehun-
ändern sich im Zuge der Entwicklung einer
sen, die einem X gleicht. Das Symbol soll
gen zwischen diesen Variablen in einer Ma-
Stadt. Eine reaktive Rolle haben auch Im-
zeigen, dass eine Stadt dort entsteht, wo
trix beurteilt, erkennt man die Rolle der
mobilien- und Grundstückspreise. Sie sind
sich Wege kreuzen. Berührungspunkte von
jeweiligen System­elemente, also die Positi-
damit als Erfolgskriterien der Veränderung
Verkehrswegen, Knotenpunkte und Ver-
on der Variablen im Gesamtsystem (siehe
geeignet. Das Image einer Stadt ist ebenso
bindungsmöglichkeiten, letztlich die Lage
Abbildung links). Dar­auf aufbauend, lassen
ein Indikator für eine erfolgreiche Entwick-
und Erreichbarkeit eines Ortes, haben seit
sich
lung – und gleichzeitig ein Auslöser einer
jeher die Entstehung und Entwicklung
menhänge beschreiben – ein „generischer
städtischer Strukturen geprägt. Heute sind
Code“ der Mobilität in Städten.
allgemeingültige
Wirkungszusam-
Maß
der
Energieverbrauch
des
verstärkten Aktivität der Politik.
Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse
aus dem Systembild lassen sich folgende
es umgekehrt auch die Eigenschaften eines
urbanen Zentrums wie seine Durchmi-
Die verschiedenen Variablen der Mobili-
Fragen für die Untersuchung der Städte
schung und Dichte, die das Mobilitätsver-
tät in Städten
formulieren, die an der Studie „What Cities
halten und das alltägliche Verkehrsgesche-
So erweisen sich zum Beispiel die städte-
Want“ beteiligt sind:
hen beeinflussen.
bauliche Struktur, die Verkehrsinfrastruk-
» Wie beeinflussen ökonomische Faktoren
Zahlreiche Städte stehen heute vor den
tur und die Verkehrsbelastung als aktive
die Urbanisierung und das Mobilitätsver-
Herausforderungen, die das Bevölkerungs-
Steuerungsgrößen einer Stadt, also als Va-
halten?
wachstum und die zunehmende Urbani-
riablen, die eine wichtige Bedeutung als
»Welche Rolle spielen Energieverbrauch,
sierung mit sich bringen. Parallel zu ihrem
Auslöser von Veränderungsprozessen ha-
Klimawandel und Umweltbelastung für
Wachstum und ihrer wirtschaftlichen Ent-
ben. Als kritische Variablen hingegen, die
die lokale Verkehrspolitik?
wicklung steigt die Belastung durch Ver-
von zahlreichen Einflussfaktoren abhän-
»Welchen konkreten Herausforderungen
kehr. Der zunehmende Pkw-Verkehr bean-
gen und gleichzeitig viele Folgewirkungen
stehen die untersuchten Städte gegenüber?
sprucht nicht nur immer größere Teile des
haben, stechen die Dynamik der Stadt-Um-
»Welche Strategien der Verkehrs- und
öffentlichen Raums für Straßen, sondern
land-Beziehungen sowie die politische und
Stadtentwicklung verfolgen die Städte?
erhöht auch den Energieverbrauch, hat ei-
administrative Kompetenz einer Stadt her-
» Wie können die Akteure diese Ideen er-
nen erheblichen Anteil an der lokalen Um-
vor. Auch die Motorisierungsrate, die Qua-
folgreich umsetzen?
weltbelastung und begünstigt zudem den
lität des Angebots im öffentlichen Perso-
globalen Klimawandel. Es ist also von er-
nennahverkehr (ÖPNV), technologische
heblicher Bedeutung, mit welchen Strate-
Innovationen und das Niveau der Ver-
tiven für die Zukunft
gien und Maßnahmen Städte in aller Welt
kehrsverknüpfungen haben erheblichen
Im Folgenden werden 15 ausgewählte Städ-
dieser Entwicklung begegnen und welche
Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der
te dargestellt. Die Informationen beruhen
Ziele sie verfolgen.
Einwohner und die daraus resultierenden
im Wesentlichen auf der Präsentation der
Außerdem sind folgende Fragen wichtig:­
Anteile der einzelnen Verkehrsmittel. Kos-
Städtevertreter im Workshop, auf Unterla-
­Welche zukunftsfähigen Entwicklungspfa-
ten- und Sicherheitsaspekte sind ebenfalls
gen der Städte sowie auf der Befragung der
de lassen sich erkennen? Welche Akteure,­
von zentraler Bedeutung, sowohl als so­
Städtevertreter im Vorfeld des Workshops.
welche Kräfte beeinflussen die Entwick-
zialer Faktor als auch als Auslöser technolo-
Anschließend wird in dieser Studie eine
lung? Welchen Einfluss haben Fragen der
gischer Innovationen und politischer Ent-
städteübergreifende Auswertung vorge-
Mobilität in urbanen Zentren für eine
scheidungen.
Ent-
nommen, um gemeinsame Herausforde-
nachhaltige Stadtentwicklung?
wicklung sowie der soziale, wirtschaftliche
rungen, strategische Prioritäten und kon-
und kulturelle Hintergrund der Stadtbe-
krete Handlungsfelder zu identifizieren.
Komplexe Wechselwirkungen in Städten
völkerung beeinflussen die Stabilität des
Im Ergebnis lassen sich daraus gemeinsa-
verstehen
Gesamtsystems in besonderem Maß.
me Wirkungszusammenhänge erkennen,
Die erfolgreiche Entwicklung und Umset-
Eine puffernde Wirkung weisen hingegen
allgemeingültige Schlussfolgerungen zie-
zung zukunftsfähiger Strategien für die
die Verfügbarkeit öffentlicher Mittel sowie
hen und Perspektiven für eine langfristig
Mobilität in Städten ist nur möglich, wenn
die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf.
nachhaltige Entwicklung der Mobilität in
man die vielfältigen Wirkungszusammen-
Sie sorgen also für eine Dämpfung der Ent-
Städten aufzeigen. //
hänge im System Stadt erkennt und beach-
wicklungsdynamik einer Stadt. Die Zeit,
tet. Deshalb unternimmt diese Studie den
die Menschen für Wege in einer Stadt auf-
Die
ökonomische
Wirkungszusammenhänge und Perspek­-
What cities want | 07
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
AhmedabaD (IND)
bevölkerung: 5,6 Mio. Einwohner
Bevölkerungswachstum: 2,4 %
Fläche: 475 km2
bevölkerungsDichte: 11 728 Einw./km2
BIP: 11 774 €/Kopf
Arbeitslosigkeit: k. A.
Private PKW: 36/1 000 Einwohner
Motorräder: 218/1 000 Einwohner
Todesopfer: 267/Jahr
Verletzte: k. A.
Diesel: 0,72 €/Liter
Öff. Verkehr: 0,144 €/Fahrt
Weil Bevölkerung und Wirtschaft rasant wachsen, muss Ahmedabad Verkehrs- und Stadtentwicklung vereinen
Anteile der Verkehrsmittel
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
A
hmedabad ist die fünftgrößte Metropo­
kehrsmittel genutzt. Ahmedabad will sein BRT-
­le Indiens und die Stadt mit dem dritt­
System erheblich erweitern. Auch die Planung
größten Wirtschaftswachstum weltweit.
eines neuen U-Bahn-Netzes soll demnächst ab­
Die Stadt hat derzeit 5,6 Mil­lionen Ein­
geschlossen sein, im Anschluss will Ahmedabad
direkt mit dessen Bau beginnen.
Motorisierter Individualverkehr 42 %
wohner und verzeichnet Zuwachsraten von jähr­
Öffentlicher Verkehr 16 %
lich 2,4 Prozent. Bis zum Jahr 2030 soll die Bevöl­
Um diese Großprojekte zu stemmen, nutzt
Fahrradverkehr 14 % kerungszahl daher auf über acht Millionen
die Stadt intelligente Finanzierungsmodelle. Sie
Fußgängerverkehr 22 %
Einwohner anwachsen.
schöpft zum Beispiel 14 Prozent des Wertzu­
Sonstiges 6 %
Das städtische System des öffentlichen Per­
wachses ab, wenn der Preis von Grundstücken in
sonennahverkehrs (ÖPNV) in Ahmedabad be­
Entwicklungsgebieten durch den Ausbau des
steht aus konventionellen Buslinien und einem
öffentlichen Nahverkehrs steigt.
Verkehrsinfrastruktur
neu entwickelten Bus-Rapid-Transit-System (BRT).
Stadtbusse ............................. 549 km
Ins­gesamt werden täglich mehr als eine Million
Langfristige Planung als Lösung für rasantes
Bus Rapid Transit ..................... 85 km
Passagiere befördert. Außerdem gibt es rund
Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum
Fernbusse ............................ 2 110 km
60 000 Autorikschas: zwei- oder dreirädrige
Ahmedabad verfügt über einen detaillierten
Motorrikschas ......................... 60 000
Taxis, die seit einer Initiative der Behörden nur
Plan für die Stadtentwicklung und die Zukunft
Nahverkehrszüge .................... 377 km
noch mit komprimiertem Erdgas (CNG) betrie­
des Verkehrs. Dennoch entstehen zunehmend
ben werden dürfen. Diese Maßnahme trägt ent­
Siedlungen mit geringer Dichte im Umland, die
scheidend zur Verbesserung der Luftqualität in
eine Herausforderung für das Entwicklungskon­
der Stadt bei. In der weiteren Metropolregion
zept und das Verkehrssystem werden könnten.
besteht das öffentliche Verkehrssystem aus Fern­
Zudem verliert der nicht motorisierte Verkehr in
bussen von öffentlichen und privaten Betreibern
der Bevölkerung an Beliebtheit.
08 | What cities want
sowie Nahverkehrszügen, die von Ahmedabad
Die Planungsbehörde nutzt einen zweigleisi­
aus auf mehreren Linien die Region erschließen.
gen Ansatz für die Entwicklung der Stadt: Einer­
Insgesamt werden mit diesen Verkehrsmitteln
seits will sie eine nachhaltige Entwicklung von
täglich rund 250 000 Passagiere befördert.
Stadterweiterungsflächen gewährleisten, ande­
Dank dieser Verkehrsinfrastruktur und durch
rerseits das bestehende Stadtgebiet konsequent
Investitionen in Verbesserungen für Fußgänger
durch die Verbesserung des öffentlichen Ver­
werden heute für 58 Prozent der Wege in der
kehrs und die Entwicklung neuer Verkehrsange­
Stadt öffentliche oder nicht motorisierte Ver­
bote stärken. //
UM URBANE MOBILITÄT AUCH IN ZUKUNFT ZU
SICHERN, MUSS VERKEHRSPLANUNG DAS WOHL
DER MENSCHEN IN DEN VORDERGRUND STELLEN.
Neela Munshi, Leitende Stadtplanerin, Ahmedabad Urban Development Authority
WIE SICH AHMEDABAD
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
LEBENSQUALITÄT UND NACHHALTIGKEIT
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Die Stadtväter und -mütter von Ahmedabad ha-
Erhöhung der Erreichbarkeit
ben sich für die Zukunft der Metropole viel vorgenommen. Ihre obersten Ziele haben sie so formuliert: „ein Ahmedabad, das lebenswert ist,
ökologisch nachhaltig und eine effiziente Stadt
für all seine Bewohner; eine Stadt mit stabiler sozialer und physischer Infrastruktur sowie einer
einzigar tigen Identität; ein global attraktives Ziel
für Investitionen.“
An dieser Vision einer zukunftsfähigen Stadt
STÄRKEN/POTENZIALE
Langfristiges und effektives Planungssystem. Gut
ausgebautes Verkehrsangebot für alle Verkehrsträger.
Hohe Umwelt- und Aufenthaltsqualität.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Rasantes Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum. Verkehrswachstum findet vor allem im motorisierten Verkehr statt.
Verringerung der Reisezeit
innerhalb der Stadt
Verringerung der Luftschadstoffemissionen
Verringerung der Klimagasemissionen
Erhöhung der regionalen
Erreichbarkeit
Verringerung von Verkehrsstaus
Erhöhung der Qualität des
ÖPNV-Angebots
orientiert sich der allgemeine Entwicklungsplan
der Region Ahmedabad, zu dem der „Integrierte
kompakte Wohn- und Geschäftsbereiche sowie
Mobilitätsplan“ (IMP) für die Region und ihre
Park-and-Ride-Anlagen.
Schutz und Erweiterung von
Grün- und Freifl ächen
Umgebung gehört. Das Gebiet, auf das sich der
Der IMP hat zum Ziel, verschiedene Verkehrs-
Mobilitätsplan bezieht, umfasst insgesamt rund
mittel in der Region besser miteinander zu ver-
Verkehrsreduzierung
7 100 Quadratkilometer. Das Leitbild für die Zu-
knüpfen. Um den Übergang zwischen einzelnen
ÖPNV-orientierte Stadtent-
kunft der Mobilität ist eine gut erreichbare,
Verkehrsmitteln zu erleichtern, will Ahmedabad
wicklung
effiziente und grüne Stadt Ahmedabad.
neue Knotenpunkte und Umsteigemöglichkei-
Begrenzung der Zersiedlung
ten einrichten, die eine große Anzahl an Passa-
Kompakte Stadtentwicklung
Der Integrierte Mobilitätsplan setzt auf Nahversorgung und öffentlichen Nahverkehr
gieren abfertigen können.
Die Netzplanung im IMP berücksichtigt auch
Nutzungsmischung zur
Hohe Priorität
Das primäre Ziel des IMP steht im Einklang mit
das Einrichten von Grünflächen neben den Ver-
Erhöhung der Verkehrs-
der nationalen Verkehrsstrategie Indiens aus
kehrsachsen und die Vernetzung von Erholungs-
sicherheit
dem Jahr 2006, die den öffentlichen Verkehr för-
und Freizeitflächen mit Wohn- und Gewerbe-
Erhöhung der Fußgänger-
dern und den Straßenverkehr durch effiziente
gebieten. Die Grundidee ist der Aufbau eines
freundlichkeit
und energiesparende Fahrzeuge verbessern will.
städtischen Systems, das Entwicklung und eine
Erhöhung der Mobilität für alle
Um Luft verschmutzung und Verkehrsstaus zu
hohe Lebensqualität ermöglicht und gleichzeitig
reduzieren, setzt der IMP nicht nur auf den
ökologische Nachhaltigkeit anstrebt.
öffentlichen Verkehr, sondern empfiehlt ebenso,
Mittlere Priorität
Erhöhung der Fahrradfreund-
die Nahmobilität zu fördern. Der Mobilitätsplan
Konkrete Projekte:
lichkeit
sieht auch vor, dass neue Siedlungen entlang
» Erweiterung des BRT-Systems
Verbesserung der Organisation
großer Verkehrskorridore entwickelt werden,
» Aufbau eines U-Bahn-Netzes
des Verkehrs
um sie effizienter an den öffentlichen Nah-
Erhöhung der Sicherheit
verkehr anbinden zu können. Teil des Plans
Attraktivitätssteigerung des
sind außerdem Nahversorgungseinrichtungen,
öffentlichen Raums
Dezentrale Konzentration
Integration von Flächennutzung und Verkehrsplanung
Der Planungsprozess der Stadtentwicklungsbehörde Ahmedabad Urban Development Authority (AUDA) sieht
einen dreistufigen Ansatz vor.
Niedrige Priorität
Verringerung des Verkehrslärms
1. Entwicklungsplan (Region Ahmedabad): ein regionaler Plan mit dem Ziel, die Stadt und ihr Umland integriert
zu betrachten. Es werden übergeordnete Verkehrs- und Entwicklungsachsen definiert.
Niedrigste Priorität
2. Stadtentwicklungsplan (Ahmedabad und Stadt Gandhinagar): kombinierte Betrachtung der Entwicklung des
Verkehrssystems mit Aufbau eines stadtweiten Ring- und Radialsystems für den motorisierten Verkehr und
eines dichten Rasternetzwerks für die Nahmobilität im Rad- und Fußgängerverkehr.
3. Knotenpunktpläne (Stadtviertel): Einzelpläne für die Zentren von Stadtvierteln, um diese als Orte mit hoher
Lebensqualität und gemischter Nutzung analog zur Innenstadt von Ahmedabad zu entwickeln.
WHAT CITIES WANT | 09
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
BEIRUT (RL)
BEVÖLKERUNG: 450 000 Einwohner (2003)
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 8,3 %
FLÄCHE: 21,4 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 21 028 Einw./km2
BIP: k. A.
ARBEITSLOSIGKEIT: 12 %
PRIVATE PKW: 400/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 20/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 22/Jahr
VERLETZTE: 743/Jahr
DIESEL: 0,97 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 1,67 €/Fahrt
Bevölkerungswachstum und Dominanz des Pkw-Verkehrs stellen die Stadt vor Herausforderungen
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
Motorisierter Individualverkehr 73 %
B
eirut, eine der ältesten Siedlungen der
Straßen und einer geringen Achtsamkeit gegen-
Welt, ist die Hauptstadt und größte
über nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern
Stadt der Republik Libanon. Die eigent-
wird der Fußgängerverkehr als unattraktiv ange-
liche Stadt zählt 450 000 Einwohner,
sehen. Fahrradverkehr spielt fast keine Rolle.
der Großraum Beirut (Greater Beirut Area, GBA)
Öffentlicher Verkehr 7 %
umfasst knapp zwei Millionen Bewohner – mehr
Uneinheitliche Rahmenbedingungen erschwe-
Fahrradverkehr k.A.
als die Hälfte der Bevölkerung des Landes. Mit
ren die Verkehrsplanung
Fußgängerverkehr k.A.
einer Fläche von nur 21,4 Quadratkilometern hat
Ein wesentliches Problem Beiruts besteht in feh-
Sonstiges 20 %
die Stadt Beirut eine sehr hohe Bevölkerungs-
lenden und uneinheitlichen rechtlichen Rah-
dichte. Trotzdem liegt der Anteil an Fahrten des
menbedingungen. Ebenso mangelt es an einer
motorisierten Individualverkehrs bei 73 Prozent
klaren Definition der Zuständigkeiten. So gibt es
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
und damit ähnlich hoch wie in den stark zersie-
eine Vielzahl an Kompetenzüberschneidungen
Stadtbusse ............. ja, k. A. zur Länge
delten Städten Los Angeles und Melbourne.
in Bezug auf den Verkehrssektor: Zuständigkei-
Minibusse .............. ja, k. A. zur Länge
Im Verhältnis zu Fläche und Einwohner-
ten liegen sowohl bei der Stadt Beirut als auch
zahl weist Beirut ein enormes Aufkommen
dem Verwaltungsbezirk, dem libanesischen In-
an Pkw auf, die täglich in die Stadt pendeln.
nenministerium, dem Ministerium für öffentli-
Aufgrund des immensen erwarteten Bevölke-
che Arbeiten und Verkehr, dem Rat für Entwick-
rungswachstums von jährlich 8,3 Prozent und
lung und Wiederaufbau sowie der öffentlichen
der damit einhergehenden Verkehrszunahme
Verkehrsbehörde.
ist von einer deutlichen Verschärfung der Situation auszugehen.
10 | WHAT CITIES WANT
Obwohl der Stadtrat von Beirut die Befugnis
hat, Entscheidungen zu treffen, obliegt dem Gou-
Der öffentliche Verkehr mit Bussen besteht
verneur von Beirut, der von der Staatsregierung
in Beirut nur aus wenigen Linien, die von der
ernannt wird, die ausführende Gewalt. Dies er-
Staatsregierung oder von privaten Unternehmen
schwert es dem Rat, seine Pläne umzusetzen. Die
betrieben werden. Das Angebot gilt als unregel-
Planung und Steuerung des Verkehrs ist zusätz-
mäßig, unkomfortabel und unzuverlässig. Eine
lich schwierig, weil Verkehrsbeziehungen weit
größere Rolle spielen Taxis und Minibusse. Die
über die Verwaltungsgrenzen der Stadt hinaus
Eisenbahn wurde im libanesischen Bürgerkrieg
reichen. In den vergangenen Jahrzehnten wur-
zerstört und seitdem nicht wieder aufgebaut.
den große Investitionen im Straßenbau getätigt,
Aufgrund des hohen Kfz-Aufkommens auf den
nicht aber im öffentlichen Nahverkehr. //
WIR WOLLEN DIE STADT DEN FUSSGÄNGERN
ZURÜCKGEBEN.
Rachid Achkar, Leiter des Verkehrskomitees, Beirut
WIE SICH BEIRUT
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
ALTERNATIVEN ZUM AUTO SCHAFFEN
Verringerung von Verkehrsstaus
Die Vision für die Zukunft der Mobilität in Bei-
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
rut besteht darin, ein ausgewogeneres Verkehrssystem zu etablieren und eine strategische Entscheidung für die Entwicklung des öffentlichen
Personennahverkehrs zu treffen. Damit möchte
die Stadt zwei Hauptziele erreichen: Sie will die
Qualität des öffentlichen Raums verbessern und
für ein Mobilitätsangebot sorgen, dass allen Bürgern Alternativen zum Pkw bietet.
STÄRKEN/POTENZIALE
Die äußerst kompakte Struktur der Stadt bietet
gute Voraussetzungen für nicht motorisierten Verkehr.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Der Stadt fehlt aufgrund von Kompetenzüberschneidungen ein verkehrspolitischer Rahmen. Ein
langfristiger Verkehrsentwicklungsplan ist nicht
vorhanden, genauso wenig eine Finanzierung.
Der Pkw-Verkehr soll besser geregelt, der
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
qualität
Verbesserung der Organisation
des Verkehrs
Attraktivitätssteigerung des
öffentlichen Raums
Schutz und Erweiterung von
Grün- und Freifl ächen
Hohe Priorität
Erhöhung der Mobilität für alle
öffentliche Verkehr gefördert werden
Parkplatzangebots, mit der die Stadt den Pkw-
Erhöhung der Erreichbarkeit
Um den Verkehr im Sinne der Zukunftsvision ge-
Verkehr steuern will.
innerhalb der Stadt
stalten zu können, muss Beirut zunächst dafür
Erhöhung der regionalen
sorgen, dass auf politischer und administrativer
Konkrete Projekte der Verkehrsentwicklung
Erreichbarkeit
Ebene überhaupt die dazu notwendigen Ent-
in Beirut:
Verringerung der Reisezeit
scheidungen getroffen werden können. Deshalb
» Charles Helou, eine Station zur Verknüpfung
Verringerung der Luftschad-
gehört zur Verkehrsstrategie der Stadt auch, dass
der Verkehrsträger in der Stadt soll das zentrale
stoffemissionen
politische System mit Blick auf die Verkehrsge-
Verkehrsdrehkreuz für den gesamten Großraum
Erhöhung der Verkehrs-
staltung zu dezentralisieren, wobei die libanesi-
Beirut sein – mit Pkw-Parkmögllichkeiten für die
sicherheit
sche Regierung diesen Prozess prüfen und über-
Bewohner in der Umgebung sowie Anschluss zu
Erhöhung der Fahrrad-
wachen soll.
Fern- und Überlandbussen und zu einer für die
freundlichkeit
Zukunft geplanten Straßenbahn
Erhöhung der Fußgänger-
Die Dominanz des motorisierten Verkehrs
zu mindern, ist ein weiterer Bestandteil der Ver-
» Pilotprojekt für die Stadtgestaltung mit Fokus
freundlichkeit
kehrsstrategie. Dazu will Beirut zunächst die
auf dem nicht motorisierten Verkehr
Erhöhung der Sicherheit
Infrastruktur des nicht motorisierten Verkehrs
» Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung
Nutzungsmischung zur
ausbauen und investiert deshalb zum Beispiel in
» Bessere Organisation des Taxiverkehrs
Verkehrsreduzierung
den Bau attraktiver Gehwege und Fahrradspu-
» Investition in mehrere neue Parkhäuser
ren. Gleichzeitig will die Stadt den öffentlichen
Mittlere Priorität
Verkehr durch entsprechende Investitionen
Verringerung des Verkehrs-
fördern. Dabei bekommt sie Hilfe von der zen-
lärms
tralen Regierung. Beirut und der libanesischen
Verringerung der Klimagas-
Regierung geht es vor allem darum, die Attrakti-
emissionen
vität des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen. Dazu
Kompakte Stadtentwicklung
gehört auch die Kontrolle und Regulierung des
Niedrige Priorität
Pilotprojekt erarbeitet Standards für die zukünftige Stadt- und Verkehrsentwicklung
Beirut beginnt derzeit mit einem Pilotprojekt, das die sogenannten „sanften Verkehrsmittel” – Fahrrad- und
Fußgängerverkehr – in der Stadt fördern soll. Fachliche und finanzielle Hilfe kommt dabei von der französischen
Dezentrale Konzentration
ÖPNV-orientierte Stadtentwicklung
Begrenzung der Zersiedlung
Region Île-de-France. Das Ziel des Pilotprojekts ist, technische Standards und Normen für die Stadt- und
Verkehrsentwicklung auszuarbeiten, die später stadtweit implementiert werden sollen. Damit will die Stadt
Niedrigste Priorität
einerseits die Infrastruktur für nachhaltige Mobilität ausbauen, andererseits eine höhere Qualität des städtischen Raums erreichen.
Das Untersuchungsgebiet des Pilotprojekts ist die Damaskus-Straße in der Nähe der St.-Joseph-Universität. Sie
soll zu einem attraktiven Stadtraum umgestaltet werden. Das Ergebnis soll als Modell für die Neugestaltung
anderer Stadtgebiete fungieren.
WHAT CITIES WANT | 11
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
BOGOTÁ (CO)
BEVÖLKERUNG: 7,9 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 0,9 %
FLÄCHE: 1 776 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 4 990 Einw./km2
BIP: 8 210 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 9,5 %
PRIVATE PKW: 187/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 37/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 544/Jahr
VERLETZTE: 2 667/Jahr
DIESEL: 3,88 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 0,66 €/Fahrt
Das Bus-Rapid-Transit-System der Stadt gilt als eines der besten der Welt, ist aber heute oft überlastet
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
K
olumbiens Hauptstadt Bogotá ist mit
Das BRT-System hat dazu beigetragen, dass der
7,9 Millionen Einwohnern und einer
öffentliche Nahverkehr in Bogotá eine große Be-
Fläche von 1 776 Quadratkilometern die
deutung hat. Trotzdem hat sich durch das Wirt-
größte Stadt des Landes. Im Kernbe-
schaftswachstum und die steigende Verbreitung
reich der Stadt kommen 18 000 Einwohner auf
von Pkw die Anzahl der Wege erhöht, die Men-
Öffentlicher Verkehr 44 %
einen Quadratkilometer Fläche, was Bogotá zu
schen mit dem privaten Pkw zurücklegen. Ob-
Fahrradverkehr 5 %
einer der am dichtesten besiedelten Städte der
wohl Bogotá einige Verkehrsvermeidungsstrate-
Fußgängerverkehr 28 %
Welt macht.
gien wie kennzeichenbezogene Fahrverbote zur
Motorisierter Individualverkehr 17 %
Sonstiges 6 %
Zwischen den Jahren 2003 und 2006 wuchs
die Wirtschaft in Bogotá jährlich um rund zehn
Hauptverkehrszeit eingeführt hat, bleibt Stau eines der größten Probleme in der Stadt.
Prozent. Heute erwirtschaftet die Stadt fast ein
Die Einführung autofreier Sonntage, der Bau
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
Viertel des nationalen Bruttoinlandsprodukts.
von Fahrradwegen und abgegrenzten Fahrrad-
Stadtbusse ........................ 661 Linien
Während der vergangenen Jahrzehnte hat der
fahrstreifen sowie die Abschaff ung von Parkplät-
Bus Rapid Transit (BRT) ........... 87 km
Zuzug aus ländlichen Gebieten zum Wachstum
zen haben dazu beigetragen, die Straßen fußgän-
Radwege ............................... 344 km
Bogotás beigetragen, insbesondere in den Rand-
gerfreundlicher zu gestalten und den Anteil des
gebieten. Weil viele Bürger mit geringem Ein-
Radverkehrs deutlich zu erhöhen.
kommen in den dicht besiedelten Gebieten am
12 | WHAT CITIES WANT
Stadtrand leben, sich ihre Arbeitsplätze aber im
BRT-Ausbau verläuft langsamer als geplant
Stadtzentrum befinden, müssen sie täglich über
Wegen des starken Wachstums der Stadt – bis
eine große Distanz pendeln.
2050 werden 13 Millionen Einwohner erwar-
In den 1990er-Jahren brach das öffentliche
tet – wird es schwieriger, hochwertige Verkehrs-
Verkehrssystem in Bogotá zusammen. Die Stadt
leistungen anzubieten. Obwohl das BRT-System
entwickelte daraufhin eines der weltweit erfolg-
sich als kostengünstig und attraktiv erwiesen
reichsten Bus-Rapid-Transit-Systeme (BRT) unter
hat, verzögert sich der Ausbau. Das System hat
dem Namen TransMilenio. Heute besteht es aus
seine Kapazitätsgrenze überschritten. Der ur-
elf Korridoren mit einer Länge von insgesamt
sprüngliche Plan sah vor, dass TransMilenio bis
87 Kilometern. Das Schnellbus-System befördert
zum Jahr 2032 eine Gesamtlänge von 288 Kilo-
43 000 Passagiere pro Stunde. Das macht Trans-
metern abdecken soll. Bis 2008 lief die Entwick-
Milenio zu dem BRT-System mit der höchsten
lung nach Plan. Seither wurden jedoch nur acht
Kapazität weltweit.
der ursprünglich geplanten 15 Linien gebaut. //
BOGOTÁ BRAUCHT DRINGEND RECHTLICH VERBINDLICHE RAHMENBEDINGUNGEN, WELCHE DIE
RICHTUNG DER VERKEHRSSTRATEGIE ABSICHERN.
Carlos Moncada, Verkehrsspezialist, staatliche Universität von Kolumbien
Verbesserung der Organisation
des Verkehrs
Bogotá strebt ein integriertes Verkehrssystem
liche Mobilität“, die sich auf die Jahre 2012 bis
Erfolgreiches BRT-System. Kompakte Siedlungsstruktur, die die Nutzung von nicht motorisiertem
Verkehr fördert.
2016 bezieht, stehen die Bürger im Mittelpunkt.
Fehlende Investitionen zum Ausbau des BRTSystems. Bisher fehlende Integration des ÖPNV-
Moderne Infrastruktur, neue Verknüpfungspunkte, mehr Informationsaustausch
innerhalb der Stadt
Erhöhung der Mobilität für alle
Verringerung von Verkehrsstaus
Verringerung der Reisezeit
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Der Plan strebt danach, soziale, räum liche und
kulturelle Ausgrenzung zu bekämpfen.
Erhöhung der Erreichbarkeit
STÄRKEN/POTENZIALE
an, das die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt
Wachstum ermöglicht. In der Strategie „Mensch-
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
SCHNELLER ANS ZIEL
und ein sozial und wirtschaftlich nachhaltiges
WIE SICH BOGOTÁ
WANDELN WILL
Systems. Fehlende politische Strategie für die Zukunft
des Verkehrssystems.
Erhöhung der ÖPNV-Angebotsqualität
Kompakte Stadtentwicklung
Erhöhung der Sicherheit
Schutz und Erweiterung von
Grün- und Freifl ächen
Dezentrale Konzentration
Der Masterplan für Mobilität besteht aus mehreren Strategien. So will die Stadt zum Beispiel
und die Reisezeit sinken. Außerdem will die
den öffentlichen Verkehr integrieren, sowohl in
Stadt Verkehrsstaus verringern und für größere
Hohe Priorität
Bezug auf die Infrastruktur und den Betrieb
Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sorgen.
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
als auch auf die Tarife des Transportsystems.
Erhöhung der Fußgänger-
Teil des Plans ist die Einrichtung von Verkehrs-
Konkrete Projekte:
freundlichkeit
korridoren für den Betrieb von Routen mit
» Das integrierte öffentliche Verkehrssystem
Erhöhung der Fahrrad-
hoher Kapazität. Sie sollen durch Linien mit
(SITP) hat zum Ziel, die verschiedenen öffentli-
freundlichkeit
mittlerer und geringer Kapazität ergänzt wer-
chen Verkehrsanbieter in eine einzige Betriebs-
Erhöhung der regionalen
den. Darüber hinaus will Bogotá in der gesamten
und Tarifstruktur zu integrieren
Erreichbarkeit
Stadt eine attraktive Infrastruktur für Fußgän-
» Zwei Seilbahnlinien sind in Planung, um die
Verringerung der Klimagas-
ger und Fahrradfahrer schaffen. Sogenannte
Bevölkerung mit geringem Einkommen, die
emissionen
inter modale Verknüfungspunkte wie Park-and-
in schlecht erreichbaren Regionen lebt, mit
Verringerung der Luftschad-
Ride-Stationen sollen einen zusätzlichen Anreiz
dem TransMilenio-System zu verbinden
stoffemissionen
für die Bewohner zum Umstieg auf den öffentli-
» Verdoppelung der Länge des aktuellen Rad-
Erhöhung der Verkehrs-
chen Verkehr schaffen.
wegenetzes auf 700 Kilometer in den nächsten
sicherheit
20 Jahren
Begrenzung der Zersiedlung
Bogotá ein integriertes Informationssystem ein-
» Ein U-Bahn-System mit einer Länge von
Attraktivitätssteigerung des
richten, das die Stadt und die Region umfasst.
29 Kilometern, 28 Stationen und einer Kapa-
öffentlichen Raums
Ziel: Die Kommunikation und der Informations-
zität von 800 000 Passagieren pro Tag
austausch zwischen den Nutzern verschiedener
» Intelligente Verkehrssysteme (ITS), zu denen
Mittlere Priorität
Verkehrsmittel sollen sich intensivieren. Mit
die
Verringerung des Verkehrs-
diesen Maßnahmen soll sich die Erreichbarkeit
und die permanente Information für Nutzer
lärms
verschiedener Punkte in der Stadt verbessern
und Behörden gehören
Nutzungsmischung zur
In
einem
Verkehrskontrollzentrum
will
Modernisierung
der
Lichtsignalanlagen
Verkehrsreduzierung
Politik verhindert Ausbau des Schnellbus-Systems in Bogotá
Niedrige Priorität
Nach dem Zusammenbruch des Konzessionsmodells für Buslinien in den 1990er-Jahren restrukturierte
Kolumbien landesweit den Betrieb des öffentlichen Verkehrs. In Bogotá setzte Bürgermeister Enrique Peñalosa
Niedrigste Priorität
die neue Strategie um. Er übernahm die Idee eines Schnellbus-Systems aus der brasilianischen Stadt Curitiba
ÖPNV-orientierte Stadtent-
und verband damit das Ziel, bis zum Jahr 2032 rund 80 Prozent der Wege innerhalb Bogotás mit Busverbindun-
wicklung
gen abzudecken. Ein BRT-System erschien attraktiv wegen seiner niedrigen Kosten und der schnellen
Realisierbarkeit. Um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten, müsste die Stadt ihr BRT-System
ausbauen. Dies geschah jedoch in den vergangenen Jahren aus politischen Gründen nicht: Die letzte Regierung
steckte alle finanziellen Mittel in die Planung eines U-Bahnnetzes, die jetzige konzentriert sich auf Pläne zum
Bau einer Straßenbahn. Daher ist die zukünftige Entwicklung des Schnellbus-Systems offen.
WHAT CITIES WANT | 13
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
ISTANBUL (TR)
BEVÖLKERUNG: 13,3 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 2,0 %
FLÄCHE: 5 512 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 2 405 Einw./km2
BIP: 9 631 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 14,3 %
PRIVATE PKW: 145/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 15/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 223/Jahr
VERLETZTE: 16 958/Jahr
DIESEL: 1,77 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 0,81 €/Fahrt
Die Stadt am Bosporus will ihren europäischen und ihren asiatischen Teil besser miteinander verbinden
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
M
it 13,3 Millionen Einwohnern ist Is-
Anlagen, Fahrgastinformationssysteme und in-
tanbul das kulturelle und wirtschaft-
tegrierte Ticketangebote mit Smartcards sollen
liche Zentrum der Türkei. Die Metro-
den öffentlichen Verkehr attraktiver machen.
pole erstreckt sich über 45 Kilometer
Etwa die Hälfte aller Wege innerhalb der Stadt
von Norden nach Süden und über 165 Kilometer
werden zu Fuß zurückgelegt, während 35 Prozent
Öffentlicher Verkehr 35 %
von Osten nach Westen. Die Stadt hat eine strate-
der Einwohner mit den öffentlichen Verkehrs-
Fahrradverkehr 0 %
gisch wichtige Position für den Verkehr zwischen
mitteln und nur 16 Prozent mit dem privaten
Fußgängerverkehr 49 %
dem Balkan, dem Kaukasus und dem Nahen Os-
Pkw unterwegs sind.
Sonstiges 0 %
ten: Täglich reisen 1,1 Millionen Passagiere zwi-
Motorisierter Individualverkehr 16 %
schen Europa und Asien durch Istanbul.
Innerhalb der vergangenen Jahre hat sich die
Anzahl der in der Stadt zurückgelegten Wege ver-
Der private Pkw-Besitz ist mit 145 Pkw pro
doppelt. Sie stieg von elf Millionen im Jahr 2004
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
1 000 Einwohner derzeit noch vergleichsweise
auf 23 Millionen im Jahr 2011. Bis zum Jahr 2023
Straßen ............................. 30 291 km
gering. Heute sind rund drei Millionen Fahrzeuge
wird eine weitere Verdopplung erwartet.
S-Bahnen ................................ 72 km
zugelassen – allerdings kommen täglich weitere
U-Bahnen ................................ 36 km
700 hinzu. Das ansteigende Pkw-Verkehrsauf-
Bis zum Jahr 2023 sind massive Investitionen
Stadt- und
kommen führt zu einer Überlastung der Straßen
in die Infrastruktur geplant
Straßenbahnen ...................... 38,8 km
und häufigen Staus. Das öffentliche Verkehrssys-
Um Stadt- und Verkehrsplanung besser zu inte-
Standseilbahnen .....................1,24 km
tem bietet insgesamt zwei S-Bahn-, vier U-Bahn-,
grieren, hat Istanbul einen Masterplan für den
Drahtseilbahnen ................... 0,72 km
zwei moderne Stadt- und zwei historische Stra-
Verkehr entwickelt. Er wurde 2011 für den Zeit-
Bus Rapid Transit ..................... 52 km
ßenbahnlinien, weiterhin Stand- und Drahtseil-
raum bis zum Jahr 2023 überarbeitet. Dann fin-
Stadtbusse ....................... 12 000 km
bahnen, ein Busliniennetz und das 2007 gestar-
det die Hundertjahrfeier der Republik statt. Bis
Schiffsverkehr ..................... 47 Linien
tete Bus-Rapid-Transit-System (BRT) Metrobüs.
dahin will die Stadt die meisten bisher geplanten
Letzteres befördert auf einer einzigen Strecke
Projekte realisieren. Gleichzeitig will Istanbul
mit einer Länge von 52 Kilometern täglich rund
massiv in die Infrastruktur des Schienen- und
700 000 Fahrgäste.
des Straßenverkehrs investieren. Ein Schwer-
14 | WHAT CITIES WANT
Istanbul hat sein System des öffentlichen
punkt ist die bessere Verbindung zwischen der
Personennahverkehrs (ÖPNV) in den vergan-
europäischen und der asiatischen Seite der Stadt.
genen Jahren stark ausgebaut und neue Stre-
Zu den Maßnahmen gehört aber auch die Ein-
ckenabschnitte eröff net. Nicht nur der Netzaus-
führung von Fußgängerzonen, vor allem in his-
bau, auch Maßnahmen wie Park-and-Ride-
torischen Stadtvierteln. //
ISTANBUL SOLL EINE DER LEBENSWERTESTEN UND UMWELTFREUNDLICHSTEN
METROPOLEN DER WELT WERDEN.
Masuk Mete, stellvertretender Generaldirektor, Istanbul Electricity
Tramway and Tunnel Enterprises
WIE SICH ISTANBUL
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
DER MENSCH IM MITTELPUNKT
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
Istanbul strebt danach, eines der bedeutendsten
des Verkehrs
wirtschaftlichen Zentren der Welt zu werden und
gleichzeitig lebenswert und umweltfreundlich
zu sein. Das Hauptziel der Verkehrsentwicklung
besteht darin, bis zum Jahr 2023 ein 640 Kilometer langes Schienennetz aufzubauen.
Kombination verschiedener Verkehrsmittel
trägt zu schnelleren Verbindungen bei
Der Masterplan Istanbuls enthält mehrere über-
STÄRKEN/POTENZIALE
Ehrgeizige Ausbauziele für die Verkehrsinfrastruktur. Hoher Anteil an Fußgängerverkehr.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Heterogenes ÖPNV-Netz mit noch auszubauender Systemverknüpfung. Investitionen in
ÖPNV-Infrastruktur könnten durch Straßenausbau
konterkariert werden.
geordnete Ziele. Zuallererst soll die Erreich-
qualität
Verbesserung der Organisation
Erhöhung der Verkehrs sicherheit
Hohe Priorität
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Verringerung der Reisezeit
Erhöhung der Mobilität für alle
Verringerung der Klimagasemissionen
Verringerung der Luftschad-
barkeit in der Stadt verbessert werden. Zudem
Plans. All diese Maßnahmen sollen dazu beitra-
stoffemissionen
wollen die Stadt- und Verkehrsplaner neue Stadt-
gen, die Lebensqualität in der türkischen Metro-
Erhöhung der Sicherheit
zentren entwickeln. Auf diesem Weg sollen sich
pole weiter zu steigern.
Attraktivitätssteigerung des
als bisher verteilen, was das Wachstum des Ver-
Konkrete Projekte:
Schutz und Erweiterung von
kehrsaufkommens dämpfen soll. Die bessere In-
» ÖPNV:
Grün- und Freifl ächen
Bevölkerung und Arbeitsplätze gleichmäßiger
öffentlichen Raums
tegration verschiedener Verkehrsmittel soll dazu
» Ausbau des Schienennetzes auf eine Länge
führen, dass die Bürger sie einfacher für ihre
von 640 Kilometer bis zum Jahr 2023. Der
Mittlere Priorität
Wege kombinieren können. Gleichzeitig will die
Schienenverkehr soll dann einen Anteil von
Erhöhung der Fußgänger-
Stadt daran arbeiten, ein nachhaltiges Verkehrs-
31 Prozent erreichen
freundlichkeit
system zu schaffen. Im Zentrum der Betrachtung
» Erneuerung der Busflotte mit 1 700 neuen
Verringerung von Verkehrsstaus
stehen dabei die Menschen. Konkret bedeutet
Bussen und einem Durchschnittsalter des
Erhöhung der regionalen
das: Nicht Autos sollen schnell ihr Ziel erreichen
Fuhrparks von 3,5 Jahren im Jahr 2013
Erreichbarkeit
können, sondern jeder einzelne Bürger. Dazu soll
» Marmaray-Eisenbahntunnel unter dem
Erhöhung der Erreichbarkeit
ein ÖPNV-System beitragen, das die geplante
Bosporus für den S-Bahn-Verkehr
Stadtentwicklung unterstützt.
Hohe Priorität bei der Stadt- und Verkehrs-
» Pkw-Verkehr:
» Eurasia-Tunnel: doppelstöckiger Straßen-
innerhalb der Stadt
Dezentrale Konzentration
ÖPNV-orientierte Stadtent-
entwicklung haben auch vermeintlich weiche
tunnel unter dem Bosporus
wicklung
Faktoren. So will die Stadt die Verkehrssicherheit
» Dritte Straßenbrücke über den Bosporus
Begrenzung der Zersiedlung
» Intelligent Transportation Systems (ITS)
Kompakte Stadtentwicklung
erhöhen. Außerdem ist geplant, den Ausstoß an
Klimagasemissionen zu reduzieren, für den der
» Nicht-motorisierter Verkehr:
Verkehr verantwortlich ist. Und auch eine Ver-
» Erhöhung der Anzahl von Fußgängerzonen
Niedrige Priorität
ringerung der Schadstoffe in der Luft ist Teil des
in den historischen Stadtvierteln
Verringerung des Verkehrslärms
Drei Großinvestitionen sollen die Verkehrsinfrastruktur in Istanbul verbessern
Der Marmaray-Tunnel: Der 13,3 Kilometer lange Eisenbahntunnel soll die beiden bisher getrennt
voneinander betriebenen S-Bahn-Strecken auf der asiatischen und der europäischen Seite miteinander
Niedrigste Priorität
Erhöhung der Fahrradfreundlichkeit
verbinden. Das Projekt soll im Laufe des Jahres 2013 fertiggestellt werden.
Der Eurasia-Tunnel: Dieses Projekt sieht den Bau einer 14,6 Kilometer langen Straßenverbindung zwischen
dem europäischen und dem asiatischen Teil Istanbuls vor. Der Kern des Projekts ist ein 5,4 Kilometer langer
zweistöckiger Tunnel unter dem Bosporus, der ausschließlich privaten Pkw zur Verfügung stehen soll.
Die dritte Bosporus-Brücke: Am Nordrand der Stadt, jenseits der beiden bereits existierenden Brücken, will
Istanbul eine 1,3 Kilometer lange Hängebrücke bauen. Damit will die Stadt das bestehende Straßennetz von
rund 25 000 Schwerverkehrsfahrzeugen entlasten.
WHAT CITIES WANT | 15
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
JOHANNESBURG (ZA)
BEVÖLKERUNG: 3,8 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 1,3 %
FLÄCHE: 1 645 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 2 325 Einw./km2
BIP: 4 600 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 37 %
PRIVATE PKW: 410/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: k. A.
TODESOPFER: 376/Jahr
VERLETZTE: 101 372/Jahr
DIESEL: 1,08 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 0,37 €/Fahrt
Die südafrikanische Stadt will die Zahl der Minibusse reduzieren und ein modernes Nahverkehrsnetz aufbauen
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
D
ie Stadt Johannesburg ist mit 3,8 Millio-
Verkehr auf- und auszubauen. Dazu nahm die
nen Einwohnern die bevölkerungs-
Stadt Kredite für den Bau des Bus-Rapid-Transit-
reichste Stadt Südafrikas. Gleichzeitig
Systems (BRT) Rea Vaya und des modernen Pend-
ist sie die Hauptstadt der Provinz Gau-
lerzugs Gautrain auf. Das BRT-System ging im
teng, die wiederum die Metropolregion von
Jahr 2009 mit gesonderten Fahrspuren auf einer
Öffentlicher Verkehr 44 %
Johannesburg mit insgesamt elf Millionen Ein-
Länge von 25 Kilometern in Betrieb und verbin-
Fahrradverkehr 0 %
wohnern ausmacht.
det Soweto mit dem Stadtzentrum. Das System
Motorisierter Individualverkehr 42 %
In Johannesburg werden 16 Prozent des Brut-
besteht aus 143 Bussen. Sie sind im Besitz von
toinlandsprodukts von Südafrika erwirtschaftet.
mehr als 300 ehemaligen Minibus-Taxi-Besit-
Weil die Wirtschaft wächst, zieht Johannesburg
zern, die gleichzeitig auch die Fahrer sind. Wei-
Fachkräfte aus anderen Teilen des Landes und
tere Verkehrsmittel sind der gemeindeeigene
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
dem Ausland an. Die offizielle Arbeitslosenquote
Metrobus sowie Überland- und Stadtbusse, die
Straßen .............................. 9 247 km
der Stadt von 37 Prozent verschweigt jedoch den
von privaten Anbietern betrieben werden.
Nahverkehrszüge (Metrorail) ....... k.A.
hohen Anteil an informeller Beschäftigung. Die
Heute legen die Johannesburger 44 Prozent
Expresszüge (Gautrain) ............ 80 km
meisten stadt- und verkehrsbezogenen Heraus-
ihrer Wege mit dem öffentlichen Personennah-
Bus Rapid Transit (BRT) ........... 25 km
forderungen resultieren aus dem Erbe der Apart-
verkehr (ÖPNV) zurück, fast drei Viertel davon
Stadtbusse ................................. k.A.
heid mit ihren erzwungenen Umsiedlungen. So
mit Minibussen. Weitere 42 Prozent der Wege
Minibusse ......................... 12 869 km
mussten 1949 erstmals 80 000 Menschen in die
werden mit privaten Pkw unternommen, was zu
südwestlichen Townships, bekannt als Soweto,
häufigen Verkehrsstaus führt.
Fußgängerverkehr 9 %
Sonstiges 5 %
umziehen. Das Gewerbe der Minibus-Taxis ist
die Antwort auf die so entstandenden Mobili-
Ziel ist ein integriertes ÖPNV-System
tätszwänge. Es ist bis heute kaum reguliert, der
Die Stadt bemüht sich darum, das zersplitterte
Sicherheitsstandard der Fahrzeuge ist schlecht.
ÖPNV-System zu koordinieren. Nach dem Start
Die Minibus-Taxis sind nicht öffentlich subven-
von Rea Vaya hat sich Johannesburg ein inte-
tioniert. Weil die Taxibesitzer Gebietsansprüche
griertes ÖPNV-System zum Ziel gesetzt. Es soll
an profitablen Linien geltend machen, kommt es
zum einen die Mobilitätsbedürfnisse aller Bür-
immer wieder zu Auseinandersetzungen mit
ger erfüllen und zum anderen eine Grundlage
Waffengewalt.
für wirtschaftliches Wachstum bilden. Die Stadt
Johannesburg nutzte die Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika, um den öffentlichen
16 | WHAT CITIES WANT
will deshalb die Anzahl der Minibusse weiter
deutlich verringern. //
UNSER ZIEL IST EIN INTEGRIERTES ÖFFENTLICHES
VERKEHRSSYSTEM, DAS MOBILITÄTSBEDÜRFNISSE
BEFRIEDIGT UND WACHSTUM ERMÖGLICHT.
Walter Mahlatsi, Mitglied des Verkehrskomitees, Stadt Johannesburg
WIE SICH JOHANNESBURG WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
FOLGEN DER APARTHEID ÜBERWINDEN
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
Johannesburgs Stadt- und Verkehrsplaner haben
Verringerung von Verkehrsstaus
ihre Vision in der „Growth & Development
Strategy 2040“ (GDS) verankert. Sie verfolgt das
Ziel, eine Stadt der Zukunft zu gestalten, ein Johannesburg, das dynamisch, wirtschaftlich integrativ und multikulturell ist.
Mit Blick auf die Mobilität arbeitet Johannesburg zurzeit an einem neuen integrierten Verkehrsentwicklungsplan für die kommenden fünf
Jahre. Dazu bündelt die Stadt Informationen so-
STÄRKEN/POTENZIALE
Etablierung des BRT-Systems als Etappenziel
bei der Förderung des ÖPNV. Stark ausgeprägte
Beteiligungskultur.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Konflikte mit der Minibus-Taxibranche. Mangelnder Zugang zu Mobilität für Teile der Bevölkerung.
Mangelnde Verkehrssicherheit.
qualität
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Verringerung der Reisezeit
Erhöhung der regionalen
Erreichbarkeit
Erhöhung der Erreichbarkeit
innerhalb der Stadt
Erhöhung der Mobilität für alle
Verbesserung der Organisation
des Verkehrs
Schutz und Erweiterung von
Grün- und Freifl ächen
wohl über das vorhandene Verkehrsangebot als
auch die bestehende Verkehrsnachfrage – die
die Bevölkerung abfedern. Gleichzeitig soll das
Nutzungsmischung zur
Bürger sind in diesen Prozess aktiv eingebunden.
Verkehrssystem der Zukunft eine hohe Erreich-
Verkehrsreduzierung
ÖPNV-orientierte Stadtent-
Die Beteiligung der Öffentlichkeit bei sol-
barkeit gewährleisten und die Reisezeiten in der
chen Projekten gilt als Grundstein des demo-
Region verringern. Weitere Ziele sind eine um-
wicklung
kratischen Südafrika. In Johannesburg gibt es
weltfreundliche ÖPNV-Flotte sowie das Vermin-
Kompakte Stadtentwicklung
130 Bezirksausschüsse. Jeder Bezirk stellt einen
dern von Verkehrsstaus.
Erhöhung der Sicherheit
Vierteljährlich
Daraus ergeben sich auch Ziele für die Stadt-
werden Treffen von Organisationen der zivilen
entwicklung: Johannesburg will Grün- und Frei-
öffentlichen Raums
Gesellschaft einberufen, zu denen verschiedene
flächen schützen und erweitern sowie die At-
Dezentrale Konzentration
Bevölkerungsgruppen eingeladen werden. Die
traktivität des öffentlichen Raums erhöhen.
Repräsentanten
für
Verkehr.
Stadtregierung von Johannesburg bemüht sich
Attraktivitätssteigerung des
Hohe Priorität
Konkrete Maßnahmen:
Verringerung der Luftschad-
» Erweiterung des BRT-Systems Rea Vaya
stoffemissionen
Integration verschiedener Verkehrsmittel
» Einführung einer automatischen Fahrgeld-
Verringerung der Klimagas-
und hohe Erreichbarkeit
erhebung
emissionen
Der Verkehrsentwicklungsplan stellt mehrere
» Verbesserung der Haltestellenausstattung
Verringerung des Verkehrs-
Aspekte in den Mittelpunkt. Zunächst sollen
» Ganzheitliche Betrachtung von Straßen für
lärms
Fußgänger, Radfahrer und öffentlicher Nah-
alle Verkehrsteilnehmer
Erhöhung der Fußgänger-
verkehr Priorität gegenüber anderen Verkehrs-
» Bau einer Fahrradinfrastruktur und Förde-
freundlichkeit
teilnehmern bekommen. Zudem will die Stadt
rung des Radfahrens
so, allen Einwohnern eine Stimme zu verleihen.
verschiedene öffentliche Verkehrsmittel in-
Erhöhung der Fahrradfreundlichkeit
tegrieren. Auch die Mobilitätskosten sind ein
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Thema: Johannesburg möchte ihre Folgen für
Begrenzung der Zersiedlung
Mittlere Priorität
Taxis, Fußball und Partnerschaften
Die Fußballweltmeisterschaft 2010 stärkte ÖPNV-Projekte in Johannesburg und half, das notwendige
Niedrige Priorität
Geld für das geplante Bus-Rapid-Transit-Projekt Rea Vaya zu beschaffen. Dahinter steht ein 2009 gegründetes
Public-Private-Partnership-Projekt, das die Minibusbesitzer aufforderte, Eigentümer des BRT-Systems zu
Niedrigste Priorität
werden. Nach drei Jahren Planung und Diskussion mit neun Taxigesellschaften wurde die BRT-Betreiberfirma
PioTrans gegründet, die heute mehr als 300 ehemaligen Taxibetreibern gehört.
Die zukünftige Herausforderung für die Stadt Johannesburg besteht darin, weitere solche Firmen zu gründen,
um das großflächig geplante Rea-Vaya-Netz in anderen Bereichen der Stadt zu erweitern. Dort sind
ebenfalls Konflikte mit der Minibus-Taxibranche zu erwarten, die durch die Beteiligung der Minibusbetreiber
zu lösen sein könnten.
WHAT CITIES WANT | 17
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
KOPENHAGEN (DK)
BEVÖLKERUNG: 528 208 Einwohner (2010)
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 1,3 %
FLÄCHE: 89 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 5 935 Einw./km2
BIP: 43 640 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 5,6 %
PRIVATE PKW: 180/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 141/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 5/Jahr
VERLETZTE: 225/Jahr
DIESEL: 1,49 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 3,23 €/Fahrt
Die dänische Hauptstadt will eine lebenswerte Stadt für alle Menschen sein
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
Motorisierter Individualverkehr 27 %
K
openhagen ist die Hauptstadt und mit
Arbeit oder Ausbildung, beträgt der Anteil des
rund einer halben Million Einwohnern
Fahrrads sogar 36 Prozent. Bei Distanzen un-
gleichzeitig die größte Stadt Dänemarks.
ter fünf Kilometern liegt der Fahrradanteil fast
Der Stadtkern hat eine hohe Bevölke-
bei 60 Prozent.
rungsdichte von fast 6 000 Einwohnern pro Qua-
Öffentlicher Verkehr 15 %
dratkilometer. Die Metropolregion erstreckt sich
Lösungen für eine wachsende Mobilität mit
Fahrradverkehr 30 %
entlang von fünf Hauptsiedlungsachsen und
ehrgeizigen Umweltzielen verbinden
Fußgängerverkehr 25 %
zählt knapp 1,2 Millionen Einwohner.
Kopenhagen wird attraktiver: Etwa 1 000 Men-
Nach einer Rezessionsperiode in den 1990er-
schen ziehen derzeit pro Monat in die Stadt.
Jahren hat die Stadt heute eine starke Wirtschaft
Das anhaltende Bevölkerungswachstum und die
und zählt mehr als 350 000 Arbeitsplätze sowie
wachsende Verkehrsnachfrage stellen die Stadt
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
63 000 Studenten. Der öffentliche Verkehr in
vor Herausforderungen. So steigerte sich im ver-
S-Bahnen ............................... 170 km
Kopenhagen besteht aus einem S-Bahn-System
gangenen Jahrzehnt das Radverkehrsaufkommen
U-Bahnen ............................ 20,50 km
(S-Tog), das mit einer Streckenlänge von 170 Kilo-
um 13 Prozent, die Nachfrage im öffentlichen
Stadtbusse ............. ja, k. A. zur Länge
metern die Vororte entlang der fünf Hauptachsen
Verkehr um zehn Prozent. Auch der Autoverkehr
Radwege ................................ 350 km
bedient. In der Stadt selbst basiert der öffentliche
legte zu. Kopenhagen hat das Ziel, die steigende
Personennahverkehr (ÖPNV) zum größten Teil
Mobilitätsnachfrage so nachhaltig wie möglich
auf Bussen. Das mit zwei Strecken noch recht klei-
zu befriedigen. Ebenso verfolgt die dänische
ne U-Bahn-System ging erst 2003 in Betrieb.
Hauptstadt ehrgeizige Klimaschutzziele: Ge-
Sonstiges 3 %
18 | WHAT CITIES WANT
Bedeutender für den täglichen Verkehr sind
plant ist eine Reduktion der CO2-Emissionen um
Fahrräder. Mehr als die Hälfte der Kopenhagener
20 Prozent bezogen auf den Zeitraum 2005 bis
nutzt das Fahrrad für alle Wege, sogar bei extre-
2015. Bis 2025 will Kopenhagen CO2-neutral sein.
men Wetterverhältnissen im Winter. Rund drei
Dafür gelten im Verkehr die folgenden Leitlinien:
Viertel aller Radler haben ihr Fahrrad das ganze
» Eine kompakte Stadt mit kurzen Wegen bauen
Jahr über in Gebrauch. Auf dem 350 Kilometer
» Das bestmögliche Angebot für umweltfreund-
langen Radwegenetz werden pro Tag 1,2 Millio-
liche Verkehrsträger schaffen
nen Kilometer gefahren. So ist es zu erklären,
» Den Verkehrsfluss optimieren
dass insgesamt 30 Prozent aller in Kopenhagen
» Die Verkehrsmittelwahl durch Anreize beein-
zurückgelegten Wege auf das Verkehrsmittel
flussen
Fahrrad entfallen. Betrachtet man Wege zur
» Platz für innovative Lösungen schaffen //
DIE ZIELE DES KLIMAPLANS WERDEN IN
KOPENHAGEN ERNST GENOMMEN.
Brian Hansen, Chef der Verkehrsplanung, Stadt Kopenhagen
WIE SICH KOPENHAGEN
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
RADVERKEHR SOLL WEITER ZUNEHMEN
Verringerung der Klimagas-
Einige der wichtigsten Ziele, die sich die Stadt
Verringerung der Reisezeit
Kopenhagen für die Zukunft der Mobilität vorgenommen hat, beziehen sich auf den Fahrradverkehr. So soll der Anteil des Fahrrads am
Berufs- und Ausbildungsverkehr von derzeit
36 Prozent auf 50 Prozent steigen. Parallel dazu
will die Stadt die Sicherheit der Radfahrer erhöhen, sodass die Zahl der schwer verletzten
STÄRKEN/POTENZIALE
Konsequente Radverkehrspolitik. Kompakte
Stadtstruktur. Ehrgeizige Klimaziele.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Starkes Wachstum führt zu steigendem
Pkw-Verkehr. Relativ geringe ÖPNV-Nutzung.
Radfahrer um die Hälfte sinkt. Auch die gefühlte
emissionen
Erhöhung der Fahrradfreundlichkeit
ÖPNV-orientierte Stadtentwicklung
Begrenzung der Zersiedlung
Hohe Priorität
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
Sicherheit soll steigen. Mit 80 Prozent soll sich
struktur mehrere Großprojekte, die für schnelle
qualität
die große Mehrheit der Radfahrer auf der Straße
und sichere Wege sorgen sollen. Dazu gehören:
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
sicher fühlen.
» Hohe Qualität der Radrouten, kontinuierliche
Verringerung von Verkehrsstaus
Wartung
Erhöhung der regionalen
Universität sollen die Kopenhagener auf Autos
» Drei Spuren pro Richtung auf 80 Prozent des
Erreichbarkeit
verzichten, sondern auch in ihrer Freizeit. Um
Radwege-Netzwerks
Erhöhung der Mobilität für alle
das zu gewährleisten, will die Stadt dafür sorgen,
» Große Baumaßnahmen wie Brücken und
Verringerung der Luftschad-
dass 90 Prozent der Bürger einen Park, einen See
Tunnel
stoffemissionen
oder ein Schwimmbad in weniger als 15 Minuten
» Grüne Welle für den Radverkehr
Erhöhung der Verkehrs-
zu Fuß erreichen und diese Orte doppelt so oft
» Fahrrad-„Superhighways“ und begrünte Rou-
sicherheit
besuchen können wie heute.
ten für Pendler aus dem Umland
Erhöhung der Fußgänger-
Nicht nur für den Weg zur Arbeit oder zur
Ein weiteres Ziel ist ein Kopenhagen mit
freundlichkeit
sauberer Luft und wenig Straßenlärm, das der
Öffentlicher Verkehr:
Erhöhung der Sicherheit
Gesundheit seiner Einwohner zuträglich ist. Zu
» Ergänzung des U-Bahn-Systems durch den Bau
Attraktivitätssteigerung des
den konkreten Maßnahmen, mit denen die Stadt
einer Ringlinie bis zum Jahr 2018
öffentlichen Raums
das erreichen will, gehören die Verbesserung
» Umwandlung der innerstädtischen Haupt-
Nutzungsmischung zur
und die Attraktivitätssteigerung der Fahrradin-
straße Nørrebrogade in eine Achse nur für
Verkehrsreduzierung
frastruktur sowie des öffentlichen Verkehrs. Des
Busse und Fahrräder
Dezentrale Konzentration
Weiteren diskutieren und implementieren die
Kompakte Stadtentwicklung
Stadtplaner Beschränkungen für den privaten
Individualverkehr:
Pkw-Verkehr.
» Parkraumstrategie mit differenzierten Gebüh-
Mittlere Priorität
ren, je nach Nachfrage
Erhöhung der Erreichbarkeit
Fahrradverkehr:
» Citymaut-System, das den Autoverkehr um
innerhalb der Stadt
Kopenhagen will ein sogenanntes Plus-Netz für
20 Prozent reduzieren würde (noch nicht be-
Schutz und Erweiterung von
Fahrradfahrer einführen. Das umfasst neben der
willigt)
Grün- und Freifl ächen
Verbesserung der existierenden Radwege-InfraNiedrige Priorität
Schnell, einfach und praktisch – der Fahrradverkehr in Kopenhagen
Im zurückliegenden Jahrzehnt nahm die Fahrradnutzung in Kopenhagen um 13 Prozent zu, sodass heute
der Fahrradanteil bei Distanzen bis fünf Kilometer 58 Prozent erreicht. Auf die Frage, warum sie das Fahrrad
Verringerung des Verkehrslärms
Verbesserung der Organisation
des Verkehrs
benutzen, antworten 88 Prozent der Kopenhagener, dass es „schnell, einfach und praktisch“ sei. Auch
die umweltbezogenen Vorteile sind eindeutig. Der Nutzen für die Gesundheit der Kopenhagener wird auf
Niedrigste Priorität
230 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Zugleich werden 90 000 Tonnen CO 2 eingespart. Die Fahrradstrategie
der Stadt Kopenhagen für die Zeit bis 2025 unter dem Namen „Gut, besser, am besten“ konzentriert sich
auf schnelle, sichere, bequeme und direkte Wege. Um die ehrgeizigen Ziele für urbanes Leben und Umwelt in
Kopenhagen zu erreichen, investiert die Stadt zwischen zehn und 15 Millionen Euro pro Jahr in Infrastruktur
und zusätzliche Anreize, um noch mehr Bürger zum Fahrradfahren zu animieren.
WHAT CITIES WANT | 19
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
London (GB)
bevölkerung: 8,2 Mio Einwohner
Bevölkerungswachstum: 0,3 %
Fläche: 1 570 km2
bevölkerungsDichte: 5 204 Einw./km2
BIP: 43 920 €/Kopf
Arbeitslosigkeit: 9 %
Private PKW: 343/1 000 Einwohner
Motorräder: 16/1 000 Einwohner
Todesopfer: 126/Jahr
Verletzte: 28 763/Jahr
Diesel: 1,64 €/Liter
Öff. Verkehr: 3,30 €/Fahrt
Die Verkehrsinfrastruktur soll Londons Wirtschaft unterstützen
Anteile der Verkehrsmittel
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
L
ondon, die Hauptstadt des Vereinigten
Zentrum die Anzahl der Arbeitsplätze steigen
Königreichs, hat 8,2 Millionen Einwoh­
wird. Die Stadt steht deshalb vor der Herausfor­
ner. Jährlich besuchen 30 Millionen Men­
derung, die Mobilität zwischen den beiden Berei­
schen die Stadt. In London wird über ein
chen sicherzustellen. Bereits heute ist der ÖPNV
Fünftel des britischen Bruttoinlandsprodukts
überlastet, viele Straßen sind verstopft. Diese
Öffentlicher Verkehr 42 %
erwirtschaftet. Während die Menschen im Zen­
Probleme werden sich durch das Bevölkerungs­
Fahrradverkehr 2 % trum die meisten Wege mit dem öffentlichen
wachstum noch verschärfen. 2003 führte Lon­
Fußgängerverkehr 21 %
Personennahverkehr (ÖPNV) und nicht motori­
don als eine der ersten Städte weltweit eine Pkw-
Sonstiges 0%
sierten Verkehrsmitteln zurücklegen, dominiert
Maut für das Stadtzentrum, die Congestion
in den Außenbezirken das Auto.
Charge, ein. Auf den mit einem „C“ gekennzeich­
Motorisierter Individualverkehr 35 %
Wichtigster Teil des öffentlichen Verkehrs­
Verkehrsinfrastruktur
systems ist die „Tube“, die älteste und mit 402 Ki­
S-Bahnen.................................. 86 km
lometern zweitlängste U-Bahn der Welt. Hinzu
neten Straßen müssen Kfz von acht bis 17 Uhr
umgerechnet rund 11,60 Euro entrichten.
U-Bahnen ............................... 402 km
kommen 86 Kilometer eines S-Bahn-Systems,
Integrierter Plan für die Verkehrs- und Stadt-
Stadtbusse......................... 673 Linien
das sich noch im Aufbau befindet, und ein Stra­
entwicklung der kommenden 20 Jahre
Straßenbahnen ......................... 28 km
ßenbahnsystem mit bisher 28 Kilometer Stre­
London arbeitet darauf hin, die Mobilität für sei­
ckenlänge. Neben der U-Bahn spielen Busse in
ne Bewohner und Besucher zu vereinfachen und
London die wichtigste Rolle im ÖPNV. In den
den Anteil nicht motorisierter Verkehrsmittel
1990er-Jahren begann der motorisierte Individu­
und des ÖPNV weiter zu erhöhen. Der motori­
alverkehr, an Bedeutung zu verlieren, während
sierte Individualverkehr (MIV) soll dagegen zu­
der ÖPNV wichtiger wurde. Seit 2001 hat sich der
rückgehen. Nach eingehender Beratung wurde
Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr um fast
eine Vision der zukünftigen Stadtentwicklung
neun Prozentpunkte erhöht.
im „London Plan“ festgelegt, der die Wirtschafts-
20 | What cities want
Nachdem die Einwohnerzahl Londons in den
und Raumentwicklungsstrategie für Greater
vergangenen Jahrzehnten gesunken ist, wird die
London sowie die Verkehrsstrategie des Bürger­
Stadt nun wieder attraktiver und erwartet bis
meisters für die kommenden 20 Jahre enthält.
2031 mit einem Plus von zwölf Prozent den größ­
Alle Strategien wurden parallel entwickelt
ten Bevölkerungszuwachs seit den 1930er-Jah­
und abgestimmt. Deshalb ist der „London Plan“
ren. Die Hälfte des Bevölkerungswachstums
ein komplett integrierter Verkehrs- und Sozial-
wird im Osten Londons erwartet, während im
Rahmenplan für die Stadtentwicklung bis 2031. //
DIE SCHLÜSSELROLLE, DIE DER VERKEHR FÜR
LONDONS WIRTSCHAFTSWACHSTUM UND DAMIT
FÜR DEN AUFSCHWUNG GROSSBRITANNIENS
SPIELT, IST ALLGEMEIN ANERKANNT.
WIE SICH LONDON
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Richard de Cani, Direktor Verkehrsstrategie und -planung, Transport for London
Höchste Priorität
HERAUSFORDERNDES WACHSTUM
Erhöhung der Fußgänger-
Der Londoner Bürgermeister will seine Stadt zur
lichkeit
„besten Großstadt der Welt“ machen. Die Strategie, wie sich der Verkehr in der britischen Hauptstadt entwickeln soll, spielt dabei eine zentrale
Rolle. So soll die Verkehrsinfrastruktur so angelegt sein, dass sie die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt fördert und mit dem Bevölkerungswachstum Schritt hält. Auf diesem Weg
möchte der Bürgermeister erreichen, dass die
Londoner größere Mobilitätsmöglichkeiten erhalten, während ihre Lebensqualität steigt und
STÄRKEN/POTENZIALE
Hohe ÖPNV-Angebotsqualität und entsprechend
starke Nachfrage. Integrierte Stadt- und Verkehrsentwicklungsstrategie. Ehrgeizige Klimaziele. Innovative
Maßnahmen.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Bisher äußerst geringer Fahrradverkehrsanteil.
Überalterte Infrastruktur der U-Bahn und chronische
Überlastung.
freundlichkeit
Erhöhung der FahrradfreundErhöhung der ÖPNV-Angebotsqualität
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Erhöhung der Erreichbarkeit
innerhalb der Stadt
Erhöhung der Mobilität für alle
Verringerung der Klimagasemissionen
Verringerung der Luftschadstoffemissionen
Erhöhung der Verkehrs-
sich die Sicherheit im Verkehr erhöht. Dabei will
die Stadt die langfristigen Effekte der Olympi-
» Niedrigemissionszone: Gütertransportfahr-
sicherheit
schen Spiele nutzen, die 2012 in London stattge-
zeuge mit besonders hohen Luftschadstoffemis-
Schutz und Erweiterung von
funden haben. Nicht zuletzt plant sie den Aus-
sionen sollen in diesen Bereichen nicht mehr
Grün- und Freifl ächen
stoß an Klimagasen zu reduzieren, der durch den
fahren dürfen
Nutzungsmischung zur
Verkehr verursacht wird.
» Ausweitung der Pkw-Maut: Londons Verkehrs-
Verkehrsreduzierung
planer denken darüber nach, die City-Maut auf
ÖPNV-orientierte Stadt-
Erste Erfolge der Londoner Verkehrsstrategie
die gesamte Stadt auszudehnen
entwicklung
sind bereits sichtbar
» Unterstützung der Elektromobilität: Bis 2015
Im Zuge der Verkehrsstrategie hat London in den
sollen in London 25 000 Elektrofahrzeuge fah-
Hohe Priorität
vergangenen Jahren sein ÖPNV-System erweitert
ren, außerdem soll es für sie öffentliche Ladesta-
Verringerung von Verkehrsstaus
sowie dessen Kapazität und Angebot erhöht. Au-
tionen geben
Verringerung der Reisezeit
ßerdem ist es gelungen, das Radfahren attrakti-
» Fahrradrevolution: London will Radfahren
Erhöhung der regionalen
ver zu machen. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl
einfacher und attraktiver machen, zum Bei-
Erreichbarkeit
der Fahrradfahrer um 117 Prozent gestiegen.
spiel durch ein Netz von Fahrradschnellstra-
Verringerung des Verkehrs-
ßen, ein Fahrradverleihsystem und gesicherte
lärms
Konkrete Maßnahmen:
Fahrradstellplätze
Verbesserung der Organisation
» Sauberere Busse einführen: Neue Busse sol-
» Effizienz: Damit das Verkehrssystem mög-
des Verkehrs
len aktuelle EURO-Abgasnormen erfüllen, alte
lichst effizient genutzt werden kann, sollen die
Erhöhung der Sicherheit
Busse nachgerüstet werden
verschiedenen Verkehrsmittel besser mitein-
Attraktivitätssteigerung des
» Hybridbus-Programm: 260 Fahrzeuge bereits
ander verknüpft werden, zum Beispiel durch
öffentlichen Raums
in Betrieb, bis Ende 2013 ist die Anschaff ung
ein integriertes Tarifsystem
Begrenzung der Zersiedlung
von 400 weiteren Hybridbussen geplant
Kompakte Stadtentwicklung
Mittlere Priorität
Eine stadtweite Maut könnte dazu beitragen, dass London seine Klimaziele erreicht
London hat das ambitionierte Ziel, seine CO 2-Emissionen bis zum Jahr 2025 um 60 Prozent im Vergleich zu
1990 zu senken. Der Londoner Klimaaktionsplan nennt dazu verschiedene Maßnahmen wie effizientere
Dezentrale Konzentration
Niedrige Priorität
Fahrzeuge und die Nutzung CO 2-armer Biokraftstoffe. Allerdings gehen aktuelle Schätzungen davon aus, dass
mit diesen Maßnahmen allein die Emissionsziele für 2025 nicht erreicht werden. Weitere Verbesserungen der
Fahrzeugeffizienz werden die Emissionen nicht ausreichend reduzieren können.
Aktuelle Prognosen zeigen, dass der Einsatz von Elektrofahrzeugen die Emissionen um acht Prozent
senken könnte. Notwendig wären aber mehr als 50 Prozent E-Fahrzeuge im Straßenverkehr, damit die Stadt die
selbst gesteckten Klimaziele erreicht. Eine stadtweite Maut im Zusammenspiel mit Anreizen, CO 2-arme
Fahrzeuge anzuschaffen, könnte dieses Problem lösen.
WHAT CITIES WANT | 21
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
LOS ANGELES (USA)
BEVÖLKERUNG: 3,8 Mio Einwohner (2010)
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 1,2 %
FLÄCHE: 1 217 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 3 116 Einw./km2
BIP: 43 915 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 9,1 %
PRIVATE PKW: 589/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: k. A.
TODESOPFER: 166/Jahr
VERLETZTE: k. A.
DIESEL: 1,18 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 3,11 €/Fahrt
Zersiedelung und Abhängigkeit vom Auto sollen von einer ÖPNV-orientierten Entwicklung abgelöst werden
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
D
ie Stadt Los Angeles mit ihren knapp
Los Angeles County Metropolitan Transpor-
vier Millionen Einwohnern ist Teil des
tation Authority (LA Metro). Sie betreibt zwei
Los Angeles County und bildet zusam-
U-Bahn-Linien,
men mit anderen Städten die Greater
Bus-Rapid-Transit-Linien (BRT) und herkömm-
vier
Stadtbahnlinien,
zwei
Los Angeles Area, die sich über vier umliegende
liche Stadtbuslinien sowie gemeinsam mit
Öffentlicher Verkehr 11 %
Countys erstreckt und in der fast 18 Millionen
den umliegenden Countys die Nahverkehrszüge
Fahrradverkehr 1 %
Menschen leben.
des Metrolink-Systems. In Los Angeles unterhält
Motorisierter Individualverkehr 78 %
Fußgängerverkehr 3 %
Sonstiges 7 %
Diese städtische Großregion besitzt die
zweitgrößte Wirtschaftskraft in den USA. Die
das Los Angeles Department of Transportation
(LADOT) zusätzliche Stadtbuslinien.
Einwohnerdichte im gesamten Gebiet ist mit
200 Einwohnern pro Quadratkilometer gering.
Los Angeles will die Abhängigkeit vom Auto
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
In einigen städtischen Gebieten und Vororten
verringern und Staus reduzieren
City of Los Angeles:
liegt die Dichte mit bis zu 3 000 Einwohnern
Als wichtiges Wirtschaftszentrum ist Los Ange-
Straßen ............................. 10 500 km
pro Quadratkilometer allerdings höher, zum
les attraktiv für viele Unternehmen und Men-
Los Angeles County:
Beispiel im Stadtkern von Los Angeles. In den
schen aus den USA und anderen Ländern. Trotz
Autobahnen ........................... 850 km
ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden
eines leichten Rückgangs in den vergangenen
Fahrgemeinschaftsspuren ..... 750 km
die dichter besiedelten Gebiete der Region durch
Jahrzehnten soll Los Angeles weiter wachsen: In
Pendlerzüge ........................... 830 km
Eisenbahnverbindungen miteinander verknüpft.
den kommenden fünf Jahren wird die Einwoh-
U- und Stadtbahnen ............... 140 km
Mit dem Aufstieg des Autos und dem Bau eines
nerzahl um fast drei Millionen steigen, außer-
Bus Rapid Transit (BRT) ........... 65 km
Highway-Systems in den 1950er-Jahren wurden
dem sollen eine Million neue Jobs entstehen.
Stadtbusse ......................... 2 306 km
die Freiflächen zwischen den größeren Städten
Die Folgen werden eine um 30 Prozent höhere
Radwege ............................... 218 km
zunehmend mit Siedlungen geringerer Dichte
Verkehrsnachfrage sein, eine Verdoppelung des
bebaut. Seitdem ist das Auto das Hauptverkehrs-
Güterverkehrs sowie mehr Staus, was die Ge-
mittel in Los Angeles. Etwa 70 Prozent der Pend-
schwindigkeit auf den Autobahnen auf bis zu
ler fahren mit einem eigenen Auto, acht Prozent
30 Kilometer pro Stunde drücken könnte.
nutzen Fahrgemeinschaften und elf Prozent den
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
22 | WHAT CITIES WANT
Einer höheren Nutzung des ÖPNV wirkt dessen Image als Transportmittel für Arme entge-
Der ÖPNV von Los Angeles ist eng mit dem
gen: Mehr als 60 Prozent der Nutzer haben einen
der umliegenden Kommunen verbunden und
Migrationshintergrund, fast 80 Prozent verfü-
liegt größtenteils in der Verantwortung der
gen über ein geringes Einkommen. //
WIR BAUEN EIN NACHHALTIGES VERKEHRSSYSTEM FÜR DIE
STADT LOS ANGELES.
Cris B. Liban, Leiter der Umweltabteilung, Los Angeles County
Metropolitan Transportation Authority
DIE INVESTITIONEN IN
DEN ÖFFENTLICHEN
VERKEHR, DIE WIR IN LOS
ANGELES TÄTIGEN, SIND
LANDESWEIT BEISPIELLOS.
Jaime de la Vega, Leiter des Amts für
Verkehrsplanung, Stadt Los Angeles
WIE SICH LOS ANGELES
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
Erhöhung der Fußgänger-
LANGSAME ABKEHR VOM AUTO
freundlichkeit
Die Stadt Los Angeles versucht, die Abhängigkeit
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
STÄRKEN/POTENZIALE
der Bevölkerung von Autos und damit die Autonutzung zu verringern. Ziel: Die Treibhausgasemissionen sollen bis zum Jahr 2030 um 35 Pro-
Ambitioniertes Ausbauprogramm für den ÖPNV.
Aktive Verkehrs- und Siedlungspolitik.
zent im Vergleich zu 1990 sinken.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
LA Metro trägt als das größte ÖPNVUnternehmen
in
Los
Angeles
zu
diesem
Ziel bei, indem es nicht nur ein nachhaltiges Verkehrssystem betreibt, sondern sich
Hohe Abhängigkeit von Autos in weiten Teilen der
Region. Geringe Bevölkerungsdichte jenseits der
urbanen Zentren.
Erhöhung der Fahrradfreundlichkeit
qualität
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Erhöhung der regionalen
Erreichbarkeit
Erhöhung der Mobilität für alle
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Nutzungsmischung zur
Verkehrsreduzierung
auch bei dessen Bau von Nachhaltigkeitsgedanken leiten lässt: So werden Erneuerbare
Fahrradverkehr:
ÖPNV-orientierte Stadt-
Energien bei der Schaff ung neuer Verkehrs-
» Der Masterplan Fahrradverkehr sieht rund
entwicklung
infrastruktur eingesetzt.
1 300 Kilometer neue Radwege innerhalb der
Kompakte Stadtentwicklung
Stadt vor
Im Umfeld von Bahnhöfen sind kompaktere
» Radwege sollen vor allem entlang der ÖPNV-
Hohe Priorität
Siedlungen entstanden
Strecken entstehen
Verringerung von Verkehrsstaus
Während der vergangenen Jahre hat sich die Be-
» Zusätzliche Anreize für Pendler, Bike-and-
Verringerung der Reisezeit
bauung im Umfeld mehrerer Bahnhöfe von LA
Ride-Systeme zu nutzen
Erhöhung der Erreichbarkeit
Metro deutlich verdichtet. Der ÖPNV hat damit
innerhalb der Stadt
direkt zum Entstehen kompakterer Siedlungs-
ÖPNV-Infrastruktur:
Verringerung der Luftschad-
strukturen beigetragen, die die Abhängigkeit der
» Ausbau des Schnellbahnsystems um zusätz-
stoffemissionen
Einwohner von Autos reduzieren. In der Folge ist
liche 120 Kilometer
Verringerung der Klimagas-
die Nutzung des ÖPNV in Los Angeles merklich
» Investitionen in neue Fahrzeuge
emissionen
angestiegen. LA Metro hat diese Verschiebung
» Ausbau des BRT-Streckennetzes auf insgesamt
Verbesserung der Organisation
mit einem Programm unterstützt, das die Ent-
380 Kilometer
wicklung firmeneigener Grundstücke fördert.
des Verkehrs
Erhöhung der Sicherheit
Sauberere Antriebsstoffe und Fahrzeuge:
Attraktivitätssteigerung des
Pendlerorientierte Programme:
» Hybridbusse mit Gas- und Elektromotor
öffentlichen Raums
» Fahrgemeinschaftsprogramme, die sich an
» Park-and-Ride-Anlagen mit Ladestationen, um
Begrenzung der Zersiedlung
Unternehmen und deren Angestellte wenden
die Nutzung von Elektrofahrzeugen zu fördern
» Ausbau von Fahrgemeinschaftsspuren auf
» Zusätzliche Ladestationen für Elektrofahrzeu-
Mittlere Priorität
Autobahnen
ge im Stadtgebiet
Verringerung des Verkehrslärms
Niedrige Priorität
Wie die Lokalpolitik die nationale Verkehrsstrategie beeinflusst
Bürgermeister Antonio R. Villaraigosa tätigte während seiner Amtszeit von 2005 bis 2013 beispiellose
Niedrigste Priorität
Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, finanziert durch eine Umsatzsteuer von einem halben
Schutz und Erweiterung von
Cent, bekannt als „Measure R“. Sie wurde im Jahr 2008 von den Wählern bestätigt und soll in den kommenden
Grün- und Freifl ächen
30 Jahren insgesamt 30 Milliarden Euro für den ÖPNV einbringen.
2010 wandte sich Villaraigosa mit der sogenannten 30/10-Initiative an die Bundesregierung der USA. Mit dem
Plan, Projekte in zehn statt in 30 Jahren umzusetzen, hoffte er einen Bundeskredit zu erhalten. Als sich die
Regierung anfänglich skeptisch zeigte, suchte Villaraigosa den Schulterschluss mit 200 weiteren Bürgermeistern US-amerikanischer Städte. Aus der 30/10-Initiative wurde das Programm „America Fast Forward“, das im
Jahr 2012 vom Kongress und von Präsident Obama verabschiedet wurde.
WHAT CITIES WANT | 23
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Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
LYON (F)
BEVÖLKERUNG: 1,3 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 0,5 %
FLÄCHE: 516 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 2 460 Einw./km2
BIP: 46 484 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 8,7 %
PRIVATE PKW: 494/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: k. A.
TODESOPFER: 36/Jahr
VERLETZTE: 1 884/Jahr
DIESEL: 1,20 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 1,60 €/Fahrt
Echtzeitinformationen über Bus, Bahn, Pkw und Fahrrad sollen verkehrsbedingte CO2-Emissionen verringern
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
Motorisierter Individualverkehr 47 %
G
rand Lyon heißt die Stadtregion rund
letzten zehn Jahren nur um vier Prozent gesun-
um Lyon, also die Stadt selbst zusam-
ken. Die Hälfte aller Wege in Lyon wird weiter mit
men mit den Umlandgemeinden. Das
dem Auto zurückgelegt, der ÖPNV kommt auf
Gebiet hat eine Einwohnerzahl von 1,3
einen Anteil von 15 Prozent.
Millionen. Grand Lyon ist zugleich eine Verwal-
Öffentlicher Verkehr 15 %
tungseinheit: Hier werden viele Planungen ver-
Mangel an finanziellen Mitteln verschärft
Fahrradverkehr 4 %
abschiedet, unter anderem auch zur Siedlungs-
Infrastrukturengpässe
Fußgängerverkehr 33 %
und Verkehrsentwicklung. Die Verkehrspolitik
Die Verkehrsstrategie von Grand Lyon steht am
Sonstiges 1 %
von Grand Lyon zielt dabei darauf ab, das Ver-
Scheideweg: Es wird zunehmend schwierig, noch
kehrsaufkommen vom Pkw auf die zahlreichen
Finanzmittel für die Verbesserung der Infra-
anderen Verkehrsträger in Lyon und dessen Um-
struktur aufzubringen. Gleichzeitig steigt wegen
land zu verlagern.
der Verkehrsstaus der Handlungsdruck. Mehr als
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
Straßen .............................. 2 850 km
Die Hauptlast im öffentlichen Verkehr trägt
die Hälfte der Pkw-Fahrten ist kürzer als drei Ki-
Radwege ............................... 447 km
das U-Bahn-Netz, das aus vier Linien besteht. Er-
lometer. Das ambitionierte Bike-Sharing-System
Busse insgesamt ............... 1 250 km
gänzt wird es durch die Straßenbahn, die in Lyon
„Vélo’v“, das Lyon 2005 eingeführt hat, sollte für
Trolleybusse ......................... 61,3 km
im letzten Jahrzehnt eine starke Renaissance er-
diese Kurzstrecken eine Alternative sein. Es hat
Nahverkehrszüge .......................... —
lebt hat – wie in anderen französischen Städten.
bis heute gut 50 000 registrierte Teilnehmer, der
U-Bahnen ............................. 30,4 km
Hervorzu heben ist der „Rhône-Express“, die Re-
Anteil des Fahrradverkehrs am gesamten Ver-
Straßenbahnen ..................... 48,3 km
gionalstadtbahn zum Flughafen, die von Eisen-
kehrsaufkommen liegt bei vier Prozent.
Regionalstadtbahnen ............... 23 km
bahngleisen auf das städtische Tramnetz über-
Die neue Strategie von Grand Lyon ist darauf
Zahnradbahnen ....................... 1,2 km
geht. Neben konventionellen Stadtbuslinien gibt
ausgerichtet, das Verhalten der Verkehrsteil-
es auch die sogenannten Hauptlinien („Lignes
nehmer zu ändern, das hauptsächlich auf Ge-
majeures“), die in einem hohen Takt und teilwei-
wohnheiten und unbewussten Entscheidungen
se auf separaten Busspuren verkehren. Auf insge-
beruht. Deshalb sollen Verkehrsteilnehmer mit-
samt neun Linien fahren Oberleitungsbusse.
hilfe des sogenannten Intelligent Transport
24 | WHAT CITIES WANT
Das Angebot des öffentlichen Personennah-
Systems (ITS) möglichst viele Informationen
verkehrs (ÖPNV) ergänzen viele Park-and-Ride-
zu Verkehrsträgern auf Smartphones und ande-
Stationen in den Außenbezirken der Stadt. Trotz
ren digitalen Geräten erhalten. Die Herausforde-
der massiven Investitionen in die Verkehrsinfra-
rung für Lyon besteht nun darin, diese Daten
struktur ist der Anteil der privaten Pkw in den
verkehrsträgerübergreifend aufzubereiten. //
DIE ZEIT MASSIVER INFRASTRUKTURINVESTITIONEN
IST VORBEI. NUN GEHT ES DARUM, DAS VERKEHRSSYSTEM MITTELS ITS ZU OPTIMIEREN.
Jean Coldefy,Straßenverkehrs- und ÖPNV-Programmkoordinator, Grand Lyon
WIE SICH LYON
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
VERKNÜPFUNG ALLER VERKEHRSTRÄGER
Verringerung von Verkehrsstaus
Die Vision der Verkehrspolitik von Lyon geht im
des Verkehrs
Wesentlichen auf den „Masterplan Urbane Mobilität“ von 1997 zurück. Dieser verfolgte in erster
Linie das Ziel, das Ungleichgewicht zwischen den
einzelnen Verkehrsträgern zu verringern. Auf
diese Weise wollte Lyon bessere Rahmenbedingungen für eine lebenswerte und nachhaltige
Stadt schaffen.
Erreichbarkeit sichern und den öffentlichen
STÄRKEN/POTENZIALE
Vielfältiges Verkehrssystem. Hohe Verfügbarkeit von Verkehrsinformationen. Technologische
Innovationen.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Hoher Pkw-Anteil am Verkehr. Kein aktueller
Verkehrsentwicklungsplan. Fehlende Restriktionen
im Pkw-Verkehr.
Raum zurückerobern
Verbesserung der Organisation
Erhöhung der regionalen
Erreichbarkeit
Erhöhung der Erreichbarkeit
innerhalb der Stadt
Erhöhung der Mobilität für alle
Begrenzung der Zersiedlung
Kompakte Stadtentwicklung
Hohe Priorität
Erhöhung der Fußgänger-
Die heutige Verkehrsentwicklungsstrategie, die
sowie Fußgängerfreundlichkeit der Stadt erhö-
freundlichkeit
auf dem Masterplan Urbane Mobilität beruht,
hen und Staus eindämmen.
Erhöhung der Fahrradfreund-
lässt sich in drei übergeordnete Ziele unterteilen.
lichkeit
Zum einen geht es den Verkehrsplanern der Re-
Echtzeit-Verkehrsinformationen, Ausbau der
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
gion Grand Lyon darum, dass sowohl der Perso-
U-Bahn und ein größeres Fahrradwege-Netz
qualität
nen- als auch der Wirtschaftsverkehr so fließen,
Für die Zukunft haben die Verkehrsplaner der
Verringerung der Luftschad-
dass sämtliche Verkehrsteilnehmer ihren Be-
Stadtregion Grand Lyon eine ganze Reihe von
stoffemissionen
stimmungsort verlässlich erreichen. Zum ande-
Projekten auf der Agenda, die helfen sollen, ihr
Verringerung der Klimagas-
ren wollen die Verantwortlichen gleichzeitig
Ziel einer Stadt mit mehr Lebensqualität und ei-
emissionen
die negativen ökologischen und sozioökonomi-
nem effizienten Verkehrssystem zu erreichen:
Erhöhung der Sicherheit
schen Effekte des Verkehrs so weit wie möglich
» Die Stadt plant ein integriertes Echtzeit-
Attraktivitätssteigerung des
reduzieren. Und schließlich verfolgen sie das
Informations- und Navigationssystem und will
öffentlichen Raums
Ziel, den öffentlichen Raum zurückzuerobern,
die Daten via Internet für PC und mobile
Schutz und Erweiterung von
indem sie dafür sorgen, dass Bürger sich ver-
Geräte wie Smartphones zugänglich machen
Grün- und Freifl ächen
stärkt für umweltfreundliche Verkehrsmittel
» Ein Modell zur Verkehrsvorhersage für Ver-
Nutzungsmischung zur
entscheiden. Auf diese Weise soll die Stadt insge-
kehrskontrollzentren soll entwickelt werden,
Verkehrsreduzierung
samt attraktiver werden.
um Staus einzudämmen
Dezentrale Konzentration
Grand Lyon hat jahrzehntelang massiv in den
» Die U-Bahn-Linie B soll erweitert werden.
Ausbau seiner Verkehrsinfrastruktur investiert.
» Weitere U-Bahn-Linien werden automatisiert
Mittlere Priorität
Nun, auch vor dem Hintergrund fehlender Fi-
» Das Radwegenetz soll bis 2014 auf dann
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
nanzmittel, konzentrieren sich Stadt und Region
520 Kilometer angewachsen sein und bis zum
Verringerung der Reisezeit
stärker darauf, das Verkehrssystem als solches zu
Jahr 2020 auf 920 Kilometer
Erhöhung der Verkehrssicher-
verbessern. Unter anderem will die Verwaltung
heit
der Zersiedlung entgegenwirken, die FahrradNiedrige Priorität
Optimod’Lyon - mit Informationen Alternativen aufzeigen
Verringerung des Verkehrslärms
Mit dem Projekt „Optimod’Lyon“ will die Stadt ihr Verkehrssystem optimieren, um es in Zukunft effizienter
nutzen zu können. Die Kernidee des Projekts ist es, vorhandene Informationen über den Verkehr zusammenzu-
Niedrigste Priorität
tragen, zu verknüpfen und als Grundlage für Mobilitätsentscheidungen aufzubereiten. Verkehrsinformationen
ÖPNV-orientierte Stadtent-
stehen derzeit separat im ÖPNV-System, im Bike-Sharing-Programm sowie im Straßenkontrollzentrum zur
wicklung
Verfügung. Indem Informationen aus allen drei Quellen zusammenfließen, soll der multimodale Verkehr
attraktiver werden. Die Echtzeitinformationen werden den Verkehrsteilnehmern zu Hause am PC zur Verfügung
stehen, unterwegs auf Smartphones und Tablets sowie auf den Anzeigetafeln der Verkehrssysteme. Von
Optimod erwarten die Planer ein besonders gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis: Bei einem Bruchteil der Kosten für
Infrastrukturinvestitionen soll die Verkehrsstruktur deutlich besser und umweltfreundlicher werden.
WHAT CITIES WANT | 25
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
MELBOURNE (AUS)
BEVÖLKERUNG: 4,1 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 1,2 %
FLÄCHE: 7 694 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 530 Einw./km2
BIP: 33 574 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 5,4 %
PRIVATE PKW: 589/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: k. A.
TODESOPFER: 34/Jahr
VERLETZTE: 4 820/Jahr
DIESEL: 1,18 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 3,11 €/Fahrt
Eine lebenswerte Weltstadt, deren Herausforderung mehr Nachhaltigkeit im Verkehr ist
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
Motorisierter Individualverkehr 75 %
M
elbourne ist die zweitgrößte Metro-
um 25 Prozent. Bis 2030 wird ein weiteres Wachs-
polregion Australiens. Laut verschie-
tum um 100 000 Arbeitsplätze erwartet. Auch
denen Studien wie dem „Global Live-
die Zahl der täglichen Pendler nimmt zu: Von
ability Report“ ist die Stadt eine der
780 000 im Jahr 2011 wird sie demzufolge auf
zehn lebenswertesten der Welt. Die eigentliche
geschätzte 1,2 Millionen in 2030 steigen.
Öffentlicher Verkehr 9 %
Stadt Melbourne, Hauptstadt des Staates Victo-
Fahrradverkehr 2 %
ria, hat nur knapp 100 000 Einwohner, während
In wenigen Jahren wird die Verkehrsinfra-
Fußgängerverkehr 13 %
sich die Metropolregion Greater Melbourne über
struktur an ihre Grenzen stoßen
Sonstiges 1 %
einen Radius von 30 Kilometern erstreckt und
Trendprojektionen zeigen, dass somit bis zu 60
insgesamt vier Millionen Einwohner zählt.
Prozent mehr Platz für die Verkehrsinfrastruk-
Die Innenstadt ist sehr dicht besiedelt. Die
tur nötig werden. Studien über die zukünftige
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
Einwohner legen bis zu 70 Prozent der Wege zu
Ent wicklung von Hypotheken und Kraftstoff-
S-Bahnen .............................. 830 km
Fuß oder mit dem Fahrrad zurück. Außerhalb
preisen prognostizieren starke Erhöhungen, die
Straßenbahnen ...................... 250 km
ist die Bevölkerungsdichte bedeutend niedriger.
vor allem Menschen in den Außenbereichen der
Bus Rapid Transit (BRT) ....... 7 Linien
Daher sind die Einwohner dieser Gebiete stärker
Metropolregion am härtesten treffen würden.
Stadtbusse ......................... 6 254 km
vom privaten Pkw abhängig. Der Anteil des In-
Seit 2003 steigt das Pkw-Verkehrsaufkommen
dividualverkehrs am Verkehr in die Stadt liegt
nicht mehr. Die hohe Anzahl an Verkehrsstaus
bei 47 Prozent. Das Stadtzentrum zieht täglich
hat viele Einwohner Melbournes zum Um-
400 000 Pendler an, 21 Prozent der Arbeitsplätze
stieg auf den öffentlichen Personennahverkehr
Victorias befinden sich in Melbourne, 40 Prozent
(ÖPNV) bewogen. Zudem verliert der Pkw an
davon allein in der Innenstadt.
Attraktivität – insbesondere unter der jüngeren
Melbourne verfügt über das größte Straßenbahnnetz der Welt, das sich auf den Kern der
26 | WHAT CITIES WANT
Bevölkerung. Gleichzeitig wird das Radfahren
immer beliebter.
Metropolregion konzentriert. Für Wege aus den
Melbournes Behörden besitzen ein umfang-
Randgebieten steht ein gut ausgebautes S-Bahn-
reiches Planungs- und Informationssystem, das
System zur Verfügung. Im Stadtkern verkehren
sie für die Entwicklung ganzheitlicher Mobili-
diese Züge auch unterirdisch.
tätsstrategien nutzen. Ziel ist es, dass alle Ein-
Die Zahl der Arbeitsplätze ist in den letzten
wohner von den hohen Standards der Lebens-
zwei Jahrzehnten um 150 000 gestiegen, im glei-
qualität und Mobilität sowohl in der Innenstadt
chen Zeitraum wuchs das Verkehrsaufkommen
als auch in den Außenbezirken profitieren. //
WENN WIR VERKEHRSKNOTENPUNKTE
NICHT ZU GUTEN STANDORTEN ENTWICKELN,
VERSCHENKEN WIR VIELE CHANCEN.
Robert Moore, Manager Stadtgestaltung und Hafenviertel, Stadt Melbourne
WIE SICH MELBOURNE
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
ÖPNV-ORIENTIERTE STADTERNEUERUNG
Verringerung von Verkehrsstaus
Melbourne soll eine wirtschaftlich bedeutende
Verbesserung der Organisation
Weltstadt sein und zugleich lebenswert und
nachhaltig. Dazu haben die Verantwortlichen
eine Verkehrsstrategie entwickelt, in der Flächennutzung und Verkehrsplanung gleichermaßen integriert sind. Der öffentliche Verkehr in
Melbourne soll demnach immer und überall
nutzbar sein. Insbesondere innerstädtische Straßen werden leistungsfähiger gemacht. Gleichzeitig soll Melbourne sich zu einer Fahrradstadt
entwickeln, und „Straßen hoher Mobilität“ sol-
STÄRKEN/POTENZIALE
Umfangreiches Planungs- und Informationssystem. Klares Konzept für die Integration der Landnutzungs- und Verkehrsplanung.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Geringe Bevölkerungsdichte in den Außenbezirken
der Metropole. Trotz der wirtschaftlich starken Position
der Stadt werden die Mittel für große Verkehrsprojekte
knapp.
len für Fußgänger und den öffentlichen Verkehr
Erhöhung der Mobilität für alle
des Verkehrs
ÖPNV-orientierte Stadtentwicklung
Kompakte Stadtentwicklung
Hohe Priorität
Erhöhung der Fußgängerfreundlichkeit
Erhöhung der Fahrradfreundlichkeit
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
Die Verkehrsstrategie von Melbourne integriert
qualität
Diese Veränderungen sollen sich auch auf
alle Verkehrsmittel. Der Fokus liegt auf der För-
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
die Verkehrsmittelanteile auswirken. Melbourne
derung des Fußgängerverkehrs und dem Zugang
Verringerung der Reisezeit
hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die
zum öffentlichen Verkehr. Die Entwicklung von
Erhöhung der regionalen
Wege deutlich zu erhöhen, die per ÖPNV, Rad
„Straßen hoher Mobilität“ mit einem hohen
Erreichbarkeit
oder zu Fuß zurückgelegt werden. Der Anteil
Fahrtenangebot der Straßenbahn, Vorrang für
Erhöhung der Erreichbarkeit
des motorisierten Individualverkehrs soll im
den Busverkehr und einem optimalen Zugang zu
innerhalb der Stadt
gleichen Zeitraum um ein Drittel sinken.
den Stationen hat Priorität. Damit soll das ÖPNV-
Verringerung der Klimagas-
System noch attraktiver werden.
emissionen
erschlossen werden.
Integrierter Ansatz für die Stadt- und Ver-
Erhöhung der Verkehrs-
kehrsplanung
Konkrete Projekte:
sicherheit
Um dem Wachstum Melbournes zu begegnen,
» Taktverdichtung im S-Bahn-Verkehr von der-
Erhöhung der Sicherheit
setzen seine Stadt- und Verkehrsplaner zum gro-
zeit 135 Zügen pro Tag auf 256 im Jahr 2030
Attraktivitätssteigerung des
ßen Teil auf die Entwicklung von Stadterneue-
» Beseitigung von Engpässen und Erweiterung
öffentlichen Raums
rungsgebieten in der Region. Zu den Hauptmaß-
des Straßenbahnnetzes
Schutz und Erweiterung von
nahmen
» Verbesserung der Aufenthaltsqualität an Hal-
Grün- und Freifl ächen
Melbournes Innenstadt: Vor allem alte Industrie-
testellen
Nutzungsmischung zur
areale werden saniert und parallel Standorte mit
» Ausbau des Radwegenetzes und des Bike-
Verkehrsreduzierung
hoher Dichte und Nutzungsmischung entwi-
Sharing-Systems
Dezentrale Konzentration
gehört
die
Stadterneuerung
von
ckelt. Die Erschließung von Neubauvierteln wird
Begrenzung der Zersiedlung
auf den öffentlichen Personennahverkehr abgestimmt und entsteht entlang der Verkehrskorri-
Mittlere Priorität
dore außerhalb des dicht besiedelten Zentrums.
Verringerung der Luftschadstoffemissionen
Verkehrreiche Straßen als temporäre Fußgängerzonen
Die australische Metropole Melbourne hat erfolgreich Straßen im Stadtkern wie zum Beispiel die Little
Collins Street als temporäre Fußgängerzonen eingerichtet. Dabei werden Straßen zu bestimmten Tageszeiten für
Niedrige Priorität
Verringerung des Verkehrslärms
den Autoverkehr gesperrt, wenn besonders viele Fußgänger unterwegs sind. Außerhalb dieser Zeiten teilen sich
Autos und Fußgänger die Straße.
Niedrigste Priorität
Die Zahl der Straßen, die temporär für den Autoverkehr gesperrt werden, nimmt in der australischen Metropole
stetig zu. Auch verlängert die Stadt die Dauer für diese Nutzung ständig. Die temporären Fußgängerzonen
verbreiten sich langsam in der gesamten Innenstadt. Die Nachfrage der Bevölkerung nach diesen zeitweise
verkehrsberuhigten Zonen steigt, zumal in diesen Bereiche zunehmend attraktive Events für Bürger und
Besucher stattfinden.
WHAT CITIES WANT | 27
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
MÜNCHEN (D)
BEVÖLKERUNG: 1,4 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 0,6%
FLÄCHE: 310,71 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 4 449 Einw./km2
BIP: 53 166 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 5,3 %
PRIVATE PKW: 432/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 38/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 14/Jahr
VERLETZTE: 5 613/Jahr
DIESEL: 1,23 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 2,40 €/Fahrt
Mobilität und Lebensqualität durch attraktive Alternativen zum Pkw
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
Motorisierter Individualverkehr 37 %
D
ie Landeshauptstadt des Freistaats Bay-
gleich einen höheren Verkehrsanteil: Fast jeder
ern ist mit 1,4 Millionen Einwohnern
Zweite fährt täglich oder mindestens einmal wö-
die drittgrößte und zugleich die am
chentlich mit dem Fahrrad. Der ÖPNV wird für
dichtesten besiedelte Stadt Deutsch-
21 Prozent aller Wege genutzt und erreicht im Be-
lands. Zusammen mit dem eng verflochtenen
rufsverkehr sogar über 40 Prozent.
Öffentlicher Verkehr 21 %
Umland kommt München auf 2,8 Millionen Ein-
Fahrradverkehr 14 %
wohner. Anders als viele andere deutsche Regio-
ÖPNV-Angebot erhalten und Belastungen
Fußgängerverkehr 28 %
nen erwartet der Großraum auch für die Zukunft
durch Kfz-Verkehr verringern
Sonstiges 0%
ein relativ starkes Wachstum. Ein Grund: Die
Aktuellen Prognosen zufolge werden Bevölke-
Stadt ist wirtschaftlich attraktiv, weist heute
rung und Arbeitsplatzangebot in München wei-
knapp eine Million Arbeitsplätze und die höchs-
ter wachsen. Bei vergleichsweise geringem Pkw-
te Kaufk raft aller deutschen Städte auf.
Verkehrsanteil nimmt das Verkehrsaufkommen
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
S-Bahnen .............................. 442 km
Der Pkw-Besitz ist in der Stadt München ge-
in absoluten Zahlen zu. Das Hauptstraßennetz
Straßenbahnen ........................ 75 km
ringer als in deutschen Vergleichsregionen, im
ist zunehmend überlastet. Der Umstieg auf den
U-Bahnen ................................ 95 km
Umland jedoch höher. Sternförmig verbindet das
ÖPNV gilt zwar als favorisierte Lösung, allerdings
Stadtbusse ............................. 456 km
Autobahnnetz die Region mit der Stadt. Die wäh-
stößt dieser selbst immer häufiger an seine Kapa-
rend der Massenmotorisierung üblichen Stra-
zitätsgrenzen. Die U-Bahn, deren Netzausbau in
ßenausbauten sind in der Innenstadt weitgehend
den 1960er-Jahren begonnen wurde, ist schon
ausgeblieben. Das städtische Netz des öffentli-
heute während des Berufsverkehrs überlastet.
chen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist hervorra-
Ähnlich die S-Bahn: Als eines der ersten Systeme
gend ausgebaut. Das U-Bahn-Netz deckt die
dieser Art in Deutschland gestartet, wurde sie
Hauptachsen ab, die Straßenbahn nimmt mittle-
später nicht mehr an die steigende Nachfrage an-
re Verkehrsaufkommen auf, das flächendeckende
gepasst. So operiert der zentrale Netzabschnitt
Busnetz sorgt für die Feinerschließung des Stadt-
an der Kapazitätsgrenze und wartet seit Langem
gebiets. Dazu kommt noch das S-Bahn-System,
auf Entlastung.
28 | WHAT CITIES WANT
das die Region umsteigefrei ans Stadtzentrum
Große Hoff nungen setzen Stadt- und Ver-
anbindet. Die Innenstadt ist zu einem großen
kehrsplaner auf den Radverkehr. Allerdings kann
Teil als Fußgängerzone angelegt. Die Nutzungs-
die Stadt ihren selbst formulierten Anspruch,
frequenz des Pkw ist im nationalen Vergleich in
„Radlhauptstadt“ zu sein, mit ihrem jetzigen
der gesamten Region niedrig. Das Fahrrad hat zu-
Radwegenetz noch nicht erfüllen. //
WIE SICH MÜNCHEN
WANDELN WILL
FÜR EINE ERFOLGREICHE VERKEHRSPLANUNG
BEDARF ES EINER BETEILIGUNG VON BÜRGERN
UND EXPERTEN VON ANFANG AN.
= Prioritäten Verkehrsplanung
Georg-Friedrich Koppen, Leiter der Stabsstelle Mobilität, Landeshauptstadt München
= Prioritäten Stadtentwicklung
Höchste Priorität
BÜRGERBETEILIGUNG STEHT IM FOKUS
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Die Verkehrsentwicklungsplanung in München
des Verkehrs
ist ein integraler Bestandteil der Stadtentwicklungskonzeption. Sie folgt der Leitlinie „Mobilität für alle erhalten und verbessern – stadtverträgliche Verkehrsbewältigung“.
Die drei Strategien des Verkehrsentwicklungsplans München
Die Verantwortlichen haben sich vorgenommen,
Verbesserung der Organisation
STÄRKEN/POTENZIALE
Hohe ÖPNV-Angebotsqualität. Parkraummanagement. Ausgeprägte Beteiligungskultur von
Bürgern und Experten.
Verringerung des Verkehrslärms
Verringerung der Luftschadstoffemissionen
Verringerung der Klimagas-
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Kapazitätsprobleme im ÖPNV. Probleme bei der
Infrastrukturfinanzierung. Lücken im Radwegenetz.
emissionen
Erhöhung der Mobilität für alle
Erhöhung der Erreichbarkeit
innerhalb der Stadt
das Verkehrsaufkommen durch eine kompakte
und gemischt genutzte Siedlungsentwicklung
Pkw-Verkehr:
generell zu verringern. Zum anderen wollen sie
» Tunnel und Lärmschutzmaßnahmen für stark
Erhöhung der Fahrradfreund-
den Verkehr auf umweltfreundliche Verkehrsträ-
belastete Abschnitte des Hauptstraßennetzes
lichkeit
ger verlagern: Die Bürger sollen zu Fuß gehen,
» Umweltzone: Einfahrverbot für Fahrzeuge,
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
mit Rad, Bus und Bahn fahren. Schließlich soll
die nicht neueste Emissionsnormen erfüllen
qualität
der Pkw-Verkehr, wenn er schon nicht vermieden
» Parkraummanagement
Erhöhung der Fußgänger-
oder verlagert werden kann, möglichst verträg-
Parkraumbewirtschaftung
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
mit
differenzierter
lich gestaltet werden.
freundlichkeit
Schutz und Erweiterung von
ÖPNV:
Grün- und Freifl ächen
umfangreicher Beteiligung der Bürger. Eine Zwi-
» Bau einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke
Nutzungsmischung zur
schenevaluation zeigt bereits erste Erfolge: Die
» Ertüchtigung der Infrastruktur zur Erhöhung
Verkehrsreduzierung
Verkehrsanteile haben sich deutlich vom Pkw-
des Fahrplantakts im Schienenverkehr
ÖPNV-orientierte Stadtent-
Verkehr hin zur Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung
» Ergänzung des Straßenbahnnetzes und Bau
wicklung
verschoben. Der in den Altstadtbereich einfah-
neuer Linien
Begrenzung der Zersiedlung
rende Kfz-Verkehr hat sich in den vergangenen
» Beschleunigung von Buslinien
Kompakte Stadtentwicklung
Der Verkehrsentwicklungsplan entstand mit
zehn Jahren um 40 Prozent verringert.
Erhöhung der Sicherheit
Rad- und Fußgängerverkehr:
Attraktivitätssteigerung des
Verträglicher Straßenverkehr, Ausbau des
» Fortführung der Imagekampagne „Radlhaupt-
öffentlichen Raums
ÖPNV, fahrradfreundliche Innenstadt
stadt München“
Dezentrale Konzentration
Das Leitprojekt der Verkehrsentwicklungspla-
» Schaff ung von Bike-and-Ride-Stellplätzen
nung ist eine Kombination aus dem Ausbau von
» Fahrradfreundlicher Umbau von Straßen-
Hohe Priorität
Straßen- und Schieneninfrastruktur sowie dem
kreuzungen
Erhöhung der regionalen
Ausbau der Innenstadt zu einem barrierefreien,
» Umgestaltung von Plätzen für mehr Aufent-
Erreichbarkeit
öffentlichen Raum, der attraktiv für Bewohner
haltsqualität
Verringerung der Reisezeit
und Besucher Münchens ist.
Mittlere Priorität
Verkehrsgestaltung durch Parklizenzgebiete
Parkraummanagement gilt in München als eine der wichtigsten Stellschrauben für die Beeinflussung des
Verkehrsaufkommens, insbesondere in den Kernbereichen der Stadt. Parkplätze sollen vermehrt den Bewohnern
Verringerung von Verkehrsstaus
Niedrige Priorität
Münchens und nicht mehr Pendlern zur Verfügung stehen. Diese sollen stattdessen auf andere Verkehrsträger
wie den ÖPNV umsteigen. Ein wesentlicher Baustein des Münchner Konzepts ist die flächendeckende Einrich-
Niedrigste Priorität
tung von Parklizenzgebieten. Freies Parken ist dort generell nicht mehr möglich. Es werden die folgenden
Lizenztypen unterschieden:
» Bewohnerparken: Parkplatzabschnitte exklusiv für Bewohner mit entsprechendem Ausweis
» Mischparken: Bewohnerparken und Parken gegen zeitgestaffelte Gebühren
» Kurzparken: kostenpflichtiges Parken für alle und auf höchstens zwei Stunden begrenzt
WHAT CITIES WANT | 29
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
SANKT PETERSBURG (RUS)
BEVÖLKERUNG: 4,9 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 0,6 %
FLÄCHE: 1 439 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 2 826 Einw./km2
BIP: 8 600 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 1,9 %
PRIVATE PKW: 310/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: k. A.
TODESOPFER: 469/Jahr
VERLETZTE: 8 764/Jahr
DIESEL: 0,70 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 0,60 €/Fahrt
Auf der Suche nach einem Ausgleich zwischen verschiedenen Mobilitätsbedürfnissen
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
Motorisierter Individualverkehr 30 %
M
it einer Bevölkerung von nahezu
burg unter dem Einfluss des kommunistischen
fünf Millionen ist die Metropole
Regimes lange Zeit nicht wesentlich beeinflusst.
Sankt Petersburg das zweitgrößte
Nach dem Ende der Sowjetunion 1990 nahm der
Wirtschafts- und Verkehrszentrum
Pkw-Besitz jedoch stetig zu. Heute kommen in
Russlands. Fast 20 Prozent des gesamten Außen-
Sankt Petersburg 310 Autos auf 1 000 Einwohner.
Öffentlicher Verkehr 70 %
handels und Verkehrs der russischen Wirtschaft
Stau ist deshalb derzeit zusammen mit der
Fahrradverkehr k.A.
laufen über die Stadt an der Newa. Sie hat eine
Luft verschmutzung eines der drängendsten Pro-
Fußgängerverkehr k.A.
Fläche von 1 439 Quadratkilometern. Die durch-
bleme im Zentrum der Stadt. Der ÖPNV ist indes
Sonstiges k.A.
schnittliche Siedlungsdichte beträgt 2 826 Ein-
der Hauptverkehrsträger geblieben und hat ei-
wohner pro Quadratkilometer. Von den 1960er-
nen Anteil von 70 Prozent am motorisierten Ver-
bis zu den 1980er-Jahren ließen die Stadtplaner
kehr. Mehr als 3,5 Millionen Menschen nutzen
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
riesige Schlafstädte an der Peripherie entstehen.
jeden Tag Bus und Bahn.
Straßen .............................. 3 600 km
Diese prägen bis heute die Pendlerverflechtun-
U-Bahnen .............................. 113 km
gen und Mobilitätsbedürfnisse der Stadt.
Trotz des wirtschaftlichen Wachstums das
Verkehrssystem erhalten
Straßenbahnen ...................... 228 km
Seit Einführung der Straßenbahn in den
S-Bahnen .............................. 100 km
1920er-Jahren dominierte der öffentliche Ver-
In den 1990er-Jahren privatisierte die Regierung
Nahverkehrszüge ................... 423 km
kehr in Sankt Petersburg, später kamen Busse
große Teile des ehemaligen Staatsbesitzes und
Trolleybusse .......................... 497 km
und Trolleybusse sowie in den 1950er Jahren die
liberalisierte den Boden- und Immobilienmarkt.
Stadtbusse ....................... 10 800 km
U-Bahn hinzu. Heute besteht das Netz des öffent-
Dadurch richtete sich der Fokus der Stadtplaner
Überlandbusse .................... 1 493 km
lichen Personennahverkehrs (ÖPNV) aus fünf
auf die Interessen privater Investoren. Auch die
Minibusse (Marschrutkas) ........... k.A.
U-Bahn-Linien, die das Rückgrat des ganzen Sys-
ÖPNV-Infrastruktur musste zunehmend dem
tems bilden. Ergänzt wird es durch ein 228 Kilo-
Straßenbau weichen. Besaß Sankt Petersburg im
meter langes Straßenbahnsystem. Im Busver-
Jahr 2000 noch das größte Straßenbahnsystem
kehr gibt es einerseits 274 öffentliche Stadtbus-
der Welt, wurden bis 2012 insgesamt 100 Kilome-
linien und andererseits das privat betriebene
ter der Strecken stillgelegt.
30 | WHAT CITIES WANT
Minibus-Taxisystem der sogenannten Marsch-
Die Priorität der Verkehrsplaner liegt heute
rutkas. Diese spielen eine große Rolle vor allem
auf einer integrierten Wirtschafts-, Stadt- und
im Verkehr der Vororte sowie als Zubringer zum
Verkehrsentwicklung. St. Petersburg war 2011 die
öffentlichen Schienenverkehr. Der weltweite
erste russische Stadt mit einer langfristigen Ver-
Boom der Automobilindustrie hat Sankt Peters-
kehrsstrategie. //
WIE SICH SANKT PETERSBURG WANDELN WILL
WIR MÜSSEN EINE BALANCE FINDEN ZWISCHEN
ALL DEN VERSCHIEDENEN INTERESSEN DER
VERKEHRSTEILNEHMER.
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Alexey Lvov, Stellvertretender Vorsitzender des Komitees für Verkehrsstrategie
Höchste Priorität
MEHR EFFIZIENZ FÜRS SYSTEM
Erhöhung der Fahrradfreund-
Die Verkehrsstrategie von Sankt Petersburg zielt
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
STÄRKEN/POTENZIALE
auf ein ausgeglichenes Verkehrssystem ab, das
den Bürgern qualitativ hochwertige öffentliche
Räume in der Stadt und eine bessere Lebensqualität bietet. Dazu will Sankt Petersburg sein Ver-
Sehr hoher ÖPNV-Anteil. Derzeit noch
vergleichsweise geringe Motorisierung. Integrierte
Verkehrs strategie.
kehrssystem möglichst effizient betreiben und
antwortlichen darum, die verschiedenen Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer zu berück-
Verringerung von Verkehrsstaus
Erhöhung der regionalen
Erreichbarkeit
Erhöhung der Erreichbarkeit
innerhalb der Stadt
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
die negativen Folgen des Verkehrs für die Stadt
und ihre Bürger minimieren. Es geht den Ver-
lichkeit
Massive Straßenausbaupläne. Fehlende
Maßnahmen zur Restriktion der Pkw-Nutzung.
Wenig ambitionierte Radverkehrspolitik.
sichtigen, genauso wie die heutigen Bedürfnisse
Erhöhung der Mobilität für alle
Verbesserung der Organisation
des Verkehrs
Dezentrale Konzentration
Hohe Priorität
und die zukünftiger Generationen miteinander
Pkw-Verkehr:
in Einklang zu bringen.
» Bau von Autobahnen und stadtweite Erhö-
Verringerung der Reisezeit
hung
(Beispielprojekt
Erhöhung der Verkehrs-
Bis 2025 soll die Kapazität des ÖPNV deutlich
„Western Rapid Diameter“)
sicherheit
zunehmen
» Verbesserung des Verkehrsablaufs. Ziel: 15 Pro-
Erhöhung der Sicherheit
Erster Ansatzpunkt ist eine integrierte Planung.
zent weniger Verzögerungen, acht bis 15 Pro-
Attraktivitätssteigerung des
Die Straßennetzdichte soll von 3,8 Kilometern
zent höhere Durchschnittsgeschwindigkeit
der
Straßenkapazität
pro Quadratkilometer im Jahr 2011 auf 5,1 im Jahr
öffentlichen Raums
Schutz und Erweiterung von
2025 steigen. Gleichzeitig will man kompakte
ÖPNV:
Grün- und Freifl ächen
und gemischt genutzte Gebiete entwickeln. Auch
» Ausbau des Systems in den Randbereichen von
Nutzungsmischung zur
soll der Verkehrsanteil des ÖPNV bis 2025 auf
Sankt Petersburg
Verkehrsreduzierung
75 Prozent steigen, indem sich der Zugang zur
» Bau neuer Stationen im U-Bahn-Netz
ÖPNV-orientierte Stadtent-
Stadt für den nicht motorisierten Verkehr ver-
» Bau einer neuen U-Bahn-Linie in Nordost-
wicklung
bessert. Der ÖPNV wird modernisiert und seine
Südwest-Richtung
Kapazität gesteigert.
» 4 500 Kilometer zusätzliche Busstrecken bis
Mittlere Priorität
zum Jahr 2015
Verringerung des Verkehrs-
sollen das System effizienter machen, der Ver-
» Sechs separate Busspuren auf bestimmten
lärms
kehrsfluss soll durch Verkehrsmanagement op-
Korridoren in der Stadt
Erhöhung der Fußgänger-
timiert werden. Ziel der Stadt Sankt Petersburg
» Wassertaxis
freundlichkeit
1 000 Fahrzeuge zu senken. Zusätzlich wird das
Nicht-motorisierter Verkehr:
Niedrige Priorität
Zentrum entlastet, indem die Stadtverwaltung
» Bike-and-Ride-Stationen
Verringerung der Klimagas-
den Durchgangsverkehr umleitet, Parkräume
» Radwege entlang von drei innerstädtischen
emissionen
bewirtschaftet und Busspuren einrichtet.
Hauptstraßen
Verringerung der Luftschad-
Zusätzliche, besser ausgebaute Verkehrswege
ist es, die Unfallhäufigkeit bis 2025 auf 2,6 pro
stoffemissionen
Aufbau eines Verkehrsmodells für Sankt Petersburg
Sankt Petersburg hat ambitionierte Ausbaupläne sowohl für das Straßennetz als auch für den ÖPNV. Derzeit
Erhöhung der ÖPNV-Angebotsqualität
Begrenzung der Zersiedlung
fehlt es aber noch an Instrumenten, um die Auswirkungen dieser Maßnahmen zuverlässig abzuschätzen und
somit auch zukünftige Ausbauprojekte zu rechtfertigen.
Niedrigste Priorität
Aus diesem Grund arbeitet die Verwaltung der russischen Metropole an einem Verkehrsmodell. Bisher hat
Kompakte Stadtentwicklung
man Grundlagendaten zusammengetragen und mit Verkehrszählungen begonnen. Ein spezielles Werkzeug für
den Wirtschaftsverkehr ist in Arbeit, bisher wurden 580 Messstellen im Stadtgebiet eingerichtet. Experten
haben ein Verfahren entwickelt, um die sozialen und wirtschaftlichen Effekte von möglichen zukünftigen
Verkehrsausbaumaßnahmen abzuschätzen. Und mithilfe von Befragungen erforscht die Stadt das Verkehrsverhalten der Bevölkerung.
WHAT CITIES WANT | 31
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
SÃO PAULO (BR)
BEVÖLKERUNG: 11,2 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 3,7 %
FLÄCHE: 1 523 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 7 383 Einw./km2
BIP: 13 565 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 10 %
PRIVATE PKW: 445/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 7/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 1 365/Jahr
VERLETZTE: 32 134/Jahr
DIESEL: 0,69 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 1,15 €/Fahrt
Die brasilianische Stadt will den öffentlichen Verkehr verbessern, um Staus zu reduzieren
Motorisierter Individualverkehr 29 %
S
1 523 Quadratkilometern. Die Metropolregion
nen Busspuren (Bus Rapid Transit, BRT) auf der-
Öffentlicher Verkehr 39 %
São Paulo (SPMR) erstreckt sich über 8 000 Qua-
zeit 133 Kilometer Länge. Das gesamte öffentliche
Fahrradverkehr 1 %
dratkilometer und hat etwa 20 Millionen Ein-
Verkehrssystem befördert mehr als 16 Millionen
Fußgängerverkehr 29 %
wohner. Damit zählt die SPMR zu den zehn größ-
Fahrgäste pro Tag.
Sonstiges 2 %
ten Metropolregionen der Welt. Aufgrund ihrer
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
ão Paulo ist nicht nur die größte Stadt
System und einem ausgedehnten Busnetz mit
Brasiliens, sondern auch ganz Süd-
rund 30 000 Fahrzeugen und einer Streckenlän-
amerikas. Im Stadtgebiet leben elf Mil-
ge von 4 500 Kilometern. Dazu kommt ein stetig
lionen Einwohner auf einer Fläche von
wachsendes System von Schnellbussen mit eige-
Wirtschaftskraft – mit dem zweithöchsten Brutto-
Ausbau des ÖPNV mit umweltfreundlichen
inlandsprodukt Brasiliens und einem der fünft-
Fahrzeugen soll Luftqualität verbessern
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
höchsten in Lateinamerika – ist die Stadt zudem
Heute sind mehr als sieben Millionen Pkw in
Straßen ............................ 17 000 km
das größte industrielle Zentrum des Landes.
São Paulo angemeldet, und es kommen täglich
U-Bahnen ................................ 81 km
Zwischen 1940 und 1980 verdoppelte sich
800 bis 1 000 dazu. Viele Straßen gelten als chro-
S-Bahnen .............................. 261 km
die Einwohnerzahl nahezu von 4,7 auf 8,5 Mil-
nisch überlastet, die Stadt ist berüchtigt für ihre
Bus Rapid Transit ................... 133 km
lionen. Durch dieses schnelle Wachstum wurde
Staus. Der Verkehrssektor ist aufgrund seines
Trolleybusse ........................... 160 km
die Verkehrsinfrastruktur ohne größere Planung
hohen Energieverbrauchs unter anderem eine
Stadtbusse .......................... 4 500 km
gebaut, ungleichmäßige Zersiedelung prägte
der Hauptquellen für die Emission von Klima-
die Stadtentwicklung. Das Straßennetz kommt
gasen. Bei den Luftschadstoffemissionen entfal-
heute auf eine Gesamtlänge von 17 000 Kilo-
len sogar 90 Prozent auf den Verkehr. Das kom-
metern. 29 Prozent aller Wege werden mit pri-
munale Verkehrssekretariat (SMT) nimmt beide
vaten Pkw zurückgelegt, 39 Prozent mit dem
Themen sehr ernst.
32 | WHAT CITIES WANT
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Noch
Besserung erhoffen sich die Verkehrsplaner
vor sieben Jahren war das Verhältnis umgekehrt.
vom Vehicular Pollution Control Plan (PCPV). Er
Massive Investitionen in die ÖPNV-Infrastruk-
sieht unter anderem ein Programm zur Inspek-
tur haben zu der Verlagerung des Verkehrsauf-
tion und Wartung aller genutzten Fahrzeuge vor,
kommens geführt.
außerdem ein Klimaschutzgesetz. Demnach soll
Heute besteht das öffentliche Verkehrssys-
die Anzahl der mit fossilen Brennstoffen betrie-
tem aus einem 81 Kilometer langen U-Bahn-Netz,
benen Busse im öffentlichen Verkehr um min-
einem 261 Kilometer langen S-Bahn-ähnlichen
destens zehn Prozent pro Jahr sinken. //
WIE SICH SÃO PAULO
WANDELN WILL
DER VERKEHRSSEKTOR IST EINE DER HAUPTQUELLEN FÜR LUFTVERSCHMUTZUNG. DAS KOMMUNALE VERKEHRSSEKRETARIAT SMT SPIELT EINE
WICHTIGE ROLLE DABEI, DIE SITUATION ZU ÄNDERN.
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Marcio Schettino, Technischer Berater, kommunales Verkehrssekretariat, São Paulo
Höchste Priorität
VORFAHRT FÜR ALTERNATIVE ANTRIEBE
Erhöhung der Fußgänger-
Mit dem Vehicular Pollution Control Plan ver-
qualität
zu verbessern. Ziel ist es, bis 2020 den Anteil des
Hoher ÖPNV-Anteil. Technologischer Fortschritt
bei der Flottenerneuerung.
öffentlichen Verkehrs an motorisierten Fahrten
lassen und gleichzeitig Luft verschmutzung und
Treibhausgasemissionen senken.
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Verringerung der Reisezeit
Verringerung der Klimagasemissionen
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
auf 70 Prozent zu steigern. Der PCPV soll den Verkehr effizienter machen, ihn schneller fließen
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
STÄRKEN/POTENZIALE
sucht die Stadtverwaltung São Paulos, Staus zu
reduzieren und die Zukunft der Stadt nachhaltig
freundlichkeit
Überlastung des städtischen Straßennetzes.
Fehlende Maßnahmen zur Beschränkung der
Hohe Priorität
Erhöhung der Fahrradfreund-
Pkw-Nutzung.
lichkeit
Dazu gliedert sich der Plan in fünf Säulen:
Verringerung von Verkehrsstaus
den Ausbau und die Weiterentwicklung der In-
Konkrete Projekte:
frastruktur, Verkehrsbeschränkungen, die Förde-
» Rodoanel: Bau einer 122 Kilometer langen
Erreichbarkeit
rung des öffentlichen Verkehrs, neue Technolo-
zweispurigen
Erhöhung der Mobilität für alle
gien und die Überprüfung von Fahrzeugen.
gangsverkehr von Lkw und Reisebussen zu
Verringerung der Luftschad-
reduzieren
stoffemissionen
Effiziente Antriebe, erneuerbare Energien,
» Umsetzung eines 100 Quadratkilometer gro-
Verbesserung der Organisation
mehr Verkehr auf Bus und Bahn
ßen Lkw-Verkehr-Kontrollgebiets in der In-
des Verkehrs
Der PCPV verfolgt dabei mehrere strategische
nenstadt
Erhöhung der Sicherheit
Ansätze: Zum einen soll die Energieeffizienz der
» Bau von 300 Kilometer Busspuren
Attraktivitätssteigerung des
Fahrzeugflotte steigen, indem Verkehrsteilneh-
» Erweiterung des U-Bahn-Netzes um 284 Kilo-
öffentlichen Raums
mer verstärkt auf neue Fahrzeugtechnologien
meter bis 2020
Schutz und Erweiterung von
sowie erneuerbare Antriebsstoffe und Energie-
» Bis zum Jahr 2018 Ersatz aller Dieselbusse
Grün- und Freifl ächen
quellen setzen. Zum anderen versuchen die Ver-
durch Busse, die mit erneuerbarer Energie be-
Nutzungsmischung zur
kehrsplaner, Fahrten vom privaten Pkw auf
trieben werden
Verkehrsreduzierung
öffentliche Verkehrsträger zu verlagern. Diese
» Unterstützung effizienterer Fahrzeugtechno-
Dezentrale Konzentration
Ziele wollen sie erreichen, indem sie das ÖPNV-
logien einschließlich Hybrid- und Elektro-
Angebot ausbauen und Busse wie Bahnen ins-
antrieb
Mittlere Priorität
gesamt attraktiver machen. Die Reisezeit soll
» Einführung von Elektro- und Hybridfahrzeu-
Erhöhung der Erreichbarkeit
quer über alle Verkehrsträger sinken, die regio-
gen in die Taxiflotte
innerhalb der Stadt
nale Erreichbarkeit erhöht werden. Auch will
» Bau von 168 Kilometer Radwegen und Imple-
Verringerung des Verkehrs-
man den Verkehrslärm eindämmen und die
mentierung eines Fahrradverleihprogramms
lärms
Verkehrssicherheit erhöhen. Zu Fuß zu gehen
» Straßensicherheitsprogramm mit Fokus auf
Erhöhung der Verkehrs-
und Fahrrad zu fahren soll wieder zu einer Alter-
Fußgängersicherheit
Ringstraße,
Erhöhung der regionalen
um
den
Durch-
native zum Pkw werden.
sicherheit
ÖPNV-orientierte Stadtentwicklung
Weniger CO2-Emissionen durch Modernisierung der Busflotte
Niedrige Priorität
Der Vehicular Pollution Control Plan (PCPV) will die Luftqualität verbessern, Treibhausgasemissionen
Begrenzung der Zersiedlung
senken, verkehrsbedingten Lärm reduzieren und dafür entsprechende Kontrollmethoden entwickeln. Der
Kompakte Stadtentwicklung
Busfuhrpark besteht aktuell aus 15 063 Bussen mit einem Durchschnittsalter von 4,3 Jahren. Der Dieselverbrauch beträgt 390 Millionen Liter pro Jahr. Das SMT plant, diese Flotte gegen Busse einzutauschen, die
Niedrigste Priorität
verschiedene alternative Technologien nutzen. Bis 2011 wurden mehr als 1 300 Busse durch Fahrzeuge ersetzt,
die mit Biodiesel (1 200), Ethanol (60) und Rohrzuckerdiesel (160) betrieben werden. Im Jahr 2012 stieg diese
Zahl auf 2 500, zudem wurden neue Technologien wie Hybridantrieb und die Kombination von Kraftstoffen
getestet. Die Reduktion der CO 2 -Emissionen wird auf 10 735 Tonnen pro Monat im Jahr 2012 geschätzt. Ob
diese Einsparungen erreicht wurden, stand zum Redaktionsschluss dieser Studie noch nicht fest.
WHAT CITIES WANT | 33
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
SHANGHAI (CN)
BEVÖLKERUNG: 23 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 0,8 %
FLÄCHE: 6 340 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 3 632 Einw./km2
BIP: 9 364 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 4,2 %
PRIVATE PKW: 54/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: 45/1 000 Einwohner
TODESOPFER: 905/Jahr
VERLETZTE: 1 687/Jahr
DIESEL: 0,90 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 0,25 €/Fahrt
Die chinesische Metropole braucht eine Verkehrsstrategie, die zu ihrem enormen Wachstum passt
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
M
it einer Gesamtbevölkerung von
wurden Fahrräder und Motorräder von den
23 Millionen Einwohnern ist Shang-
meisten großen Straßen verbannt.
hai die größte Metropole Chinas.
Etwa vier Millionen Menschen leben
Wirtschaftswachstum im Einklang mit Ökolo-
innerhalb eines Gebiets von 100 Quadratkilo-
gie und sozialer Gerechtigkeit?
Öffentlicher Verkehr 25 %
metern. Weitere zwölf Millionen wohnen in dem
Die Verkehrsnachfrage in Shanghai ist in den
Fahrradverkehr 29 %
angrenzenden, rund 660 Quadratkilometer gro-
vergangenen Jahrzehnten rapide gestiegen. Die
Fußgängerverkehr 26 %
ßen Stadtgebiet, während sich die übrige Bevöl-
öffentlichen Verkehrssysteme sind überfüllt, die
Sonstiges 0%
kerung auf weiteren 5 000 Quadratkilometern
Straßen überlastet. Die schlechte Luftqualität in
mit einer deutlich geringeren Bevölkerungsdich-
der Stadt beeinträchtigt die Gesundheit der Men-
te verteilt. Zwischen 2000 und 2010 stieg die
schen. Nach rund 20 Jahren starken wirtschaft-
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
Bevölkerungszahl um mehr als 40 Prozent. Das
lichen Wachstums haben sich die Gewichte im
Straßen ............................ 16 687 km
starke Wirtschaftswachstum wird von einer zu-
Verkehr verschoben: 1995 betrug der Anteil der
U-Bahnen .............................. 420 km
nehmenden Motorisierung und massiven Inves-
nicht motorisierten Verkehrsmittel etwa 73 Pro-
Magnetschwebebahnen ......... 30,5 km
titionen in die Straßeninfrastruktur begleitet.
zent, während der öffentliche Verkehr nur für 20
Motorisierter Individualverkehr 20 %
Straßenbahnen ........................ 10 km
Obwohl Shanghai auch in das öffentliche Ver-
Prozent und das Auto für sieben Prozent aller
Stadtbusse ..................... 1 165 Linien
kehrssystem investiert hat, waren die Ausgaben
Wege genutzt wurde. Bis 2009 ist der Anteil der
Fähren ......................... 42 Fahrzeuge
für die Straßeninfrastruktur in den letzten zehn
Fußgänger und Radfahrer auf 55 Prozent gesun-
Jahren etwa zwei- bis dreimal so hoch. Dennoch
ken, wobei die Hälfte der Radfahrer heute E-Bikes
verfügt die Stadt heute über das längste U-Bahn-
benutzt. Fahrten mit dem privaten Pkw sind auf
Netz der Welt – und das am schnellsten wachsen-
20 Prozent gestiegen. Trotz der großen Investi-
de: Die erste Linie wurde 1995 eröff net, und
tionen in U-Bahn-Linien ist der Anteil des öffent-
schon im Jahr 2012 hatte das Netz eine Länge von
lichen Verkehrs gerade einmal um fünf Prozent-
420 Kilometern mit 273 Stationen. Die U-Bahn
punkte gewachsen.
34 | WHAT CITIES WANT
befördert mehr als sechs Millionen Passagiere
Während die Regierung versucht, mithilfe
täglich. Ergänzt wird das U-Bahn-Netz durch
von Kfz-Zulassungsauktionen und Parkraumbe-
Busse, Oberleitungsbusse und Taxis.
wirtschaftung das Wachstum der privaten Fahr-
Lange Zeit hat das Fahrrad eine wichtige Rolle
zeugflotte zu limitieren und Staus zu mindern,
für die Mobilität der Menschen gespielt. Auch
liegt der Fokus der Infrastrukturinvestitionen
heute noch gibt es Radwege in Shanghai, jedoch
weiterhin auf dem Straßennetz. //
WIE SICH SHANGHAI
WANDELN WILL
MEINE VISION FÜR SHANGHAI IST, DASS ES DIE
HAUPTSTADT DES GRÜNEN STADTVERKEHRS WIRD.
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwicklung
Professor Pan Haixiao, Abteilung für Stadtplanung, Tongji-Universität
Höchste Priorität
VERKEHR ALS POLITISCHES THEMA
Erhöhung der Fußgänger-
Im Jahr 2002, nach fünf Jahren Diskussionen und
lichkeit
Verhandlungen zwischen verschiedenen Ministerien und Interessenvertretern, hat die Regierung Shanghais schließlich eine erste Gesetzesvorlage für den städtischen Verkehr in China
herausgegeben. Zum ersten Mal steht im Reich
der Mitte die Stadtverkehrsstrategie damit als
ein wichtiges politisches Thema überhaupt auf
der Agenda eines Stadtrats.
Kfz-Verkehr wird systematisch eingedämmt,
Vorfahrt für den ÖPNV
freundlichkeit
Erhöhung der Fahrradfreund-
STÄRKEN/POTENZIALE
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
Massiver Ausbau des ÖPNV. Strategische,
qualität
langfristige Planung und schnelle Umsetzung von
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Infrastrukturmaßnahmen. Ambitionierte Verkehrs-
Erhöhung der regionalen
nachfragesteuerung.
Erreichbarkeit
Erhöhung der Mobilität für alle
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Verringerung der Luftschad-
Hohe Verkehrs- und Umweltbelastungen.
Qualitätsverlust für den Rad- und Fußgängerverkehr.
Wenig konsequente Anwendung der ambitionierten
stoffemissionen
Verringerung der Klimagasemissionen
Politik zur Verkehrsnachfragesteuerung.
Verbesserung der Organisation
des Verkehrs
Die Richtlinien der Shanghaier Stadtverkehrsstrategie fokussieren sich im Wesentlichen auf
Konkrete
vier Hauptthemen: Erstens haben sich die Stadt-
Shanghais Stadtverkehrsstrategie:
Maßnahmen
im
sicherheit
väter vorgenommen, den Besitz und die Nutzung
» Kfz-Zulassungsauktionen und Parkraumbe-
Attraktivitätssteigerung des
motorisierter Fahrzeuge künftig deutlich stärker
wirtschaftung, um den Besitz und die Nutzung
öffentlichen Raums
zu steuern. Kfz-Zulassungen werden nur noch
motorisierter
beschränken
Schutz und Erweiterung von
sehr eingeschränkt vergeben, Parkplätze verteu-
und Staus zu verhindern
Grün- und Freifl ächen
ert. Zweitens wollen die Verkehrsplaner den Aus-
» Bau von Verkehrsinfrastruktur wie Stadtauto-
Begrenzung der Zersiedlung
bau der Straßen- und Schieneninfrastruktur vor-
bahnen, Schnellstraßen und Brücken
Kompakte Stadtentwicklung
antreiben, drittens Flächennutzung und Verkehr
» Stärkung der Kontrolle über Raumplanung
stärker aufeinander abstimmen und koordinie-
und das Stadtverkehrssystem
Hohe Priorität
ren. Viertens ist ein multimodales Stadtverkehrs-
» Ausbau der U-Bahn, um Menschen zum Um-
Verringerung der Reisezeit
system in Planung, das – einmal eingeführt –
stieg auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen.
Erhöhung der Erreichbarkeit
dem öffentlichen Verkehr Vorfahrt gewähren
Finanziert wird der Ausbau durch Einnahmen
innerhalb der Stadt
wird. Die Emission von Luftschadstoffen soll
der lokalen Regierung aus Verpachtung und
Erhöhung der Sicherheit
deutlich eingedämmt werden. Um dieses Ziel zu
Kfz-Zulassungsauktionen
Nutzungsmischung zur
erreichen, plant die Stadtverwaltung unter ande-
» Parkmanagementstrategie mit differenzierten
Verkehrsreduzierung
rem, Shanghai für Fußgänger und Radfahrer wie-
Tarifen. Im Stadtzentrum werden demnach
ÖPNV-orientierte Stadtent-
der attraktiver zu machen. Darüber hinaus soll
höhere Preise für Parkplätze verlangt als in
wicklung
die Verkehrssicherheit steigen, dazu wollen die
Außenbezirken und Vororten
Verantwortlichen vor allem die Organisation des
» Die Pflicht zum Bau von Radwegen wird fest
Mittlere Priorität
Verkehrs verbessern.
ins Baurecht der Stadt integriert
Dezentrale Konzentration
Fahrzeuge
zu
Rahmen
von
Erhöhung der Verkehrs-
Niedrige Priorität
Pkw-Kennzeichen nur per Auktion
Die Beschränkung des Besitzes und der Nutzung privater Pkw ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur
Verringerung des Vekehrslärms
Verkehrssteuerung in Shanghai. Richtlinien zu Kfz-Zulassungsauktionen spielen dabei seit 1994 eine wichtige
Rolle. Mit dem steigenden Wirtschaftswachstum nimmt allerdings auch die Kaufkraft der Menschen zu –
Niedrigste Priorität
und somit sind sie in der Lage, höhere Gebühren zu bezahlen. Die Nachfrage nach privaten Pkw ist deshalb
ungebrochen. Derzeit werden etwa 8 000 Kfz-Kennzeichen monatlich versteigert. Seit 2010 ist ihr Preis
rasant gestiegen und erreichte zeitweise bis zu 7 500 Euro. Die Regierung bietet inzwischen wieder mehr
Kennzeichen an und versucht so, die Preise in einem angemessenen Rahmen zu halten. Dies entspricht
jedoch nicht dem eigentlichen Ziel der Richtlinie. Zurzeit ist die Anzahl versteigerter Kennzeichen doppelt so
hoch wie ursprünglich beabsichtigt.
WHAT CITIES WANT | 35
/
Executive Summary
/
Systemanalyse
/
Stadtdossiers
/
What Cities Want
/
Ergebnisse und Ausblick
SINGAPUR (SGP)
BEVÖLKERUNG: 5,1 Mio Einwohner
BEVÖLKERUNGSWACHSTUM: 0,9 %
FLÄCHE: 712 km2
BEVÖLKERUNGSDICHTE: 7 126 Einw./km2
BIP: 39 156 €/Kopf
ARBEITSLOSIGKEIT: 2,2 %
PRIVATE PKW: 100/1 000 Einwohner
MOTORRÄDER: k. A.
TODESOPFER: 139/Jahr
VERLETZTE: 11 065/Jahr
DIESEL: 0,78 €/Liter
ÖFF. VERKEHR: 0,64 €/Fahrt
Die Stadt arbeitet an einem Verkehrssystem für eine wachsende Metropole mit begrenzter Fläche
ANTEILE DER VERKEHRSMITTEL
Wie sich Einwohner und Besucher in
der Stadt fortbewegen (Anzahl Wege)
S
ingapur ist ein Insel-Stadtstaat mit ei-
rück, der motorisierte Individualverkehr hat
ner Fläche von 712 Quadratkilometern
einen Anteil von 29 Prozent. Fahrradfahren ist
und etwas mehr als fünf Millionen Ein-
nicht sehr beliebt, jedoch ist sein Anteil am Ver-
wohnern. Im Vergleich zu anderen Städ-
kehr in der letzten Zeit gestiegen. Pkw-Besitz und
ten ist die Bevölkerungsdichte hoch. Die Insel
Nutzung werden stark limitiert: etwa durch eine
Öffentlicher Verkehr 44 %
erstreckt sich über 43 Kilometer in Ost-West- und
Straßenmaut und durch Kfz-Zulassungsgebüh-
Fahrradverkehr 1 %
23 Kilometer in Nord-Süd-Richtung. Sie besteht
ren, die oft teurer sind als das Fahrzeug selbst.
Fußgängerverkehr 22 %
aus dicht besiedelten Wohngebieten und Ge-
Sonstiges 4 %
schäftszentren, die durch ein umfangreiches
Wachsende Verkehrsnachfrage und zu wenig
Straßen- und Schienennetz verbunden sind.
Raum, um auszubauen
Motorisierter Individualverkehr 29 %
Die Land Transport Authority (LTA) ist dafür
Durchschnittlich werden täglich über elf Mil-
VERKEHRSINFRASTRUKTUR
verantwortlich, die Infrastruktur für alle Ver-
lionen Wege mit motorisierten Fahrzeugen zu-
Straßen .............................. 3 400 km
kehrsträger des Landverkehrs zu planen und zu
rückgelegt. Bis 2020 wird eine Steigerung der
Autobahnen ........................... 161 km
bauen – also sowohl das Straßennetz als auch
Nachfrage im öffentlichen und privaten moto-
U-Bahnen .............................. 149 km
die Systeme des öffentlichen Personennahver-
risierten Verkehr um 30 Prozent vom heutigen
Automatische Hochbahnen ....... 29 km
kehrs (ÖPNV). Der öffentliche Verkehr wird von
Niveau auf dann 14,3 Millionen Fahrten pro
Stadtbusse ....................... 342 Linien
zwei privaten Unternehmen ohne staatliche Un-
Tag erwartet. Bereits heute stößt das U-Bahn-Sys-
terstützung betrieben, der Staat trägt allerdings
tem an seine Kapazitätsgrenzen. Der geplante
die Investitionskosten für die Infrastruktur. Das
umfangreiche Ausbau des Systems soll hier Ab-
Mass Rapid Transit (MRT) genannte U-Bahn-Sys-
hilfe schaffen.
tem ist das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs.
Angesichts der begrenzten Fläche Singapurs
Es wird unterstützt durch ein Busliniennetz
kann nur der öffentliche Verkehr die zukünfti-
und mehrere automatische Hochbahnen, die vor
ge Verkehrsnachfrage decken. Heutige Heraus-
allem die dichten, von der öffentlichen Hand
forderungen für die Mobilität in der Stadt sind
errichteten Wohnviertel bedienen, in denen fast
neben dem dramatischen Wachstum von Bevöl-
80 Prozent der Singapurer leben. Auch Taxis spie-
kerung und Verkehrsnachfrage vor allem der
len eine wichtige Rolle, weil sie erschwinglich
demografische Wandel der Gesellschaft und die
sind und wenige Menschen einen Pkw besitzen.
steigenden Erwartungen der Öffentlichkeit –
Insgesamt legen die Einwohner 44 Prozent
der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu-
36 | WHAT CITIES WANT
denn der Anteil der Wohlhabenden an der Gesamtbevölkerung nimmt zu. //
UNSER ZIEL IST EIN AN DEN MENSCHEN
ORIENTIERTES VERKEHRSSYSTEM.
Choi Chik Cheong, Leiter des Wissensmanagements
der Land Transport Authority Academy
WIE SICH SINGAPUR
WANDELN WILL
= Prioritäten Verkehrsplanung
= Prioritäten Stadtentwickung
Höchste Priorität
BARRIEREFREIER ZUGANG FÜR ALLE
Erhöhung der ÖPNV-Angebots-
Die Vision der Land Transport Authority für Sin-
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
gapurs Zukunft ist ein an den Bedürfnissen der
Menschen orientiertes, leistungsfähiges und
gleichzeitig kosteneffizientes Verkehrssystem.
Dabei will die Stadt die steigenden Erwartungen
der Öffentlichkeit berücksichtigen. Der Verkehr
wird als Teil der Lebensqualität gesehen. Außerdem will Singapur sicherstellen, dass Mobilität
für jeden erschwinglich bleibt.
STÄRKEN/POTENZIALE
Hohe ÖPNV-Angebotsqualität und Angebotsnutzung. Aktive Steuerung der Nachfrage im privaten
Pkw-Verkehr.
SCHWÄCHEN/BEDROHUNGEN
Begrenzte Siedlungsfl äche bei weiterhin
wachsender Einwohnerzahl und Verkehrsnachfrage.
Teilweise Überlastung des ÖPNV-Systems.
qualität
Verringerung von Verkehrsstaus
Verringerung der Reisezeit
Erhöhung der Mobilität für alle
Verringerung der Luftschadstoffemissionen
Verringerung der Klimagasemissionen
Erhöhung der Sicherheit
ÖPNV-orientierte Stadtentwicklung
Ein Verkehrssystem, das die unterschiedlichsten Bedürfnisse erfüllt
Pkw-Verkehr:
Die LTA hat im Jahr 2008 ihren „Land Transport
» Das Straßennetz soll trotz des Mangels an ver-
Master Plan“ veröffentlicht. Der Plan nennt meh-
fügbarem Bauland erweitert werden
Hohe Priorität
rere Maßnahmen und Schlüsselstrategien für
» Eine belastungsabhängige Citymaut und ein
Verbesserung der Organisation
die Verkehrsentwicklung. Zum einen soll der
Parkraummanagement sollen die Nachfrage nach
des Verkehrs
ÖPNV zur ersten Wahl bei den Verkehrsmitteln
individueller, motorisierter Mobilität stärker steuern
Erhöhung der regionalen
avancieren. Dazu ist geplant, seine Kapazität zu
» Der Besitz von Pkw wird durch eine restriktive
Erreichbarkeit
erhöhen, die verschiedenen Verkehrsträger stär-
Zulassungspolitik künftig noch stärker einge-
Erhöhung der Erreichbarkeit
ker zu integrieren sowie Komfort und Sicherheit
schränkt
innerhalb der Stadt
zu steigern.
Zum Zweiten wollen die Verkehrsplaner die
Kompakte Stadtentwicklung
Verringerung des Verkehrs-
ÖPNV:
lärms
Nutzung von Pkw weiter einschränken: Sie se-
» 33 Milliarden Euro an Investitionen sind vorge-
Erhöhung der Verkehrs-
hen vor, durch Steuerungsmaßnahmen den
sehen, um die Streckenlänge des U-Bahn-Netzes
sicherheit
Pkw-Besitz so weit auszubalancieren, dass eine
in den nächsten zehn Jahren zu verdoppeln
Attraktivitätssteigerung des
möglichst hohe Verkehrsqualität auf den Stra-
» Zusätzlich wird Singapur 660 Millionen Euro
öffentlichen Raums
ßen erreicht werden kann. Vor allem wollen die
für 800 zusätzliche Busse ausgeben, um die Ka-
Nutzungsmischung zur
Stadtplaner Singapurs die vielen unterschiedli-
pazität des Busnetzes in den nächsten fünf Jah-
Verkehrsreduzierung
chen Bedürfnisse der Bürger er füllen: Sie streben
ren zu erweitern
Dezentrale Konzentration
barrierefreie Zugänge zu allen Verkehrsmitteln
» Programm zur Verbesserung der bereits exis-
an, wollen erschwingliche ÖPNV-Tarife für alle,
tierenden Infrastruktur
Mittlere Priorität
gleichzeitig eine bessere Vernetzung der Ver-
Erhöhung der Fußgänger-
kehrsträger untereinander. Insgesamt folgen sie
freundlichkeit
der Vision einer lebenswerten und zugleich öko-
Erhöhung der Fahrradfreund-
logisch nachhaltigen Stadt.
lichkeit
Schutz und Erweiterung von
LTA - Superbehörde integriert alle Verkehrsträger
1995 wurden die Kfz-Zulassungsbehörde, die Straßenbaubehörde, die Nahverkehrsgesellschaft sowie die
Grün- und Freifl ächen
Niedrige Priorität
Verkehrssparte des zuständigen Ministeriums in der Land Transport Authority (LTA) zusammengeführt. Die LTA
plant und gestaltet heute das gesamte Landverkehrssystem einschließlich der Bus-, Bahn- und Straßeninfra-
Niedrigste Priorität
struktur. Dies macht ein voll integriertes Netzwerk möglich – sowohl was die Verbesserung von Erreichbarkeit
Begrenzung der Zersiedlung
und Konnektivität angeht als auch die betriebliche Organisation in einem Tarifverbund. Außerdem versucht die
LTA, die Bedingungen für Pendler zu verbessern, indem ein Informationssystem namens PLANET alle Verkehrsträger verbindet: Damit können Verkehrsteilnehmer in Echtzeit auf Reiseinformationen, geografische Informationssysteme und Karten zugreifen. Ein Zahlungssystem ist ebenfalls integriert. Per Smartcard können Nutzer
Fahrten und Parkgebühren bezahlen.
WHAT CITIES WANT | 37
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
Ergebnisse der Studie
im Überblick
Nachdem diese Studie den spezifischen
an Städten ausgewählt. Dadurch soll die
te Untersuchungseinheit beziehen. Diese
Charakter der untersuchten Städte in den
Studie der Gefahr entgehen, die Hypothese
wird in den jeweiligen Stadtdossiers erläu-
vorangegangen Stadtdossiers einzeln be-
gemeinsamer Wirkungsmechanismen al-
tert und ist zum Beispiel im Fall von Los
leuchtet hat, soll nun eine Gesamtschau
lein auf Grundlage der Ähnlichkeit be-
Angeles die Stadt im engeren Sinn und
über alle Städte die Bandbreite der Ausprä-
stimmter Städte zu untermauern. Die un-
nicht die weitaus größere Metropolregion.
gung einzelner Aspekte zeigen. Für die
tersuchten 15 Städte unterscheiden sich
Suche­nach dem „generischen Code“ der
stark in ihrer grundlegenden Struktur.
Bevölkerungswachstum führt zu höherem Verkehrsaufkommen
Mobilität in Städten sowie seiner Bausteine
Zu beachten ist in diesem Zusammen-
und Wirkungsbeziehungen haben die Au-
hang, dass sich die für diese Studie verwen-
Bezüglich der Einwohnerzahl reicht das
toren der Studie ein möglichst breites Set
deten Daten stets auf eine fest definier-
Spektrum der untersuchten Städte von Me-
Abb. 1: Einwohnerzahl
Abb. 2: Bevölkerungswachstum
Abb. 3: Einwohnerdichte
Einwohnerzahl
Wachstum der Einwohnerzahl bis 2030
Einwohnerdichte
Stadt
Stadt
Stadt
Shanghai
Beirut
23,0
Istanbul
São Paulo
13,3
São Paulo
8,3 %
21 028
Ahmedabad
3,7 %
Ahmedabad
11,2
Beirut
2,4 %
São Paulo
7 383
Singapur
7 126
London
8,2
Istanbul
Bogotá
7,9
Kopenhagen
1,3 %
Kopenhagen
2,0 %
11 728
5 935
Ahmedabad
5,6
Johannesburg
1,3 %
London
5 204
Singapur
5,1
Los Angeles
1,2 %
Bogotá
4 990
Sankt Petersburg
4,9
Melbourne
1,2 %
München
4 449
Melbourne
4,1
Singapur
0,9 %
Shanghai
3 632
Johannesburg
3,8
Bogotá
0,9 %
Los Angeles
3 116
Los Angeles
3,8
Shanghai
0,8 %
Sankt Petersburg
2 826
München
1,4
Sankt Petersburg
0,6 %
Lyon
2 460
Lyon
1,3
München
0,6 %
Istanbul
2 405
Kopenhagen
0,5
Lyon
0,5 %
Johannesburg
2 325
Beirut
0,5
London
0,3 %
Melbourne
0 Einwohner in Mio 38 | What cities want
10
20
30
0 % Wachstum pro Jahr
5 %
10 %
530
0 Einwohner pro km2
10 k
20 k
30 k
gacitys mit mehr als zehn Millionen Einwohnern – Shanghai, Istanbul und São
Paulo – bis zu den vergleichsweise kleinen
Abb. 4: Pkw-Besitz
Abb. 5: Schienennetz
Verbreitung von Pkw
Schienennetz (ohne Vorortbahnen)
Städten Kopenhagen und Beirut mit einer
Stadt
Bevölkerung von jeweils rund einer halben
Melbourne
Millionen Einwohnern (Abb. 1). Zwar ist Bei-
Los Angeles
rut die kleinste in dieser Studie betrachtete
Stadt
München
589
0,55
Sankt Petersburg
521
0,33
London
Stadt, sie weist aber die bei Weitem höchste
Lyon
Bevölkerungsdichte auf: Mit 21 000 Men-
São Paulo
445
Kopenhagen
0,24
schen kommen in Beirut knapp fünfmal so
München
432
Singapur
0,22
viele Einwohner auf einen Quadratkilome-
494
0,27
Johannesburg
410
Lyon
deutschen Stadt München (Abb. 3). Zudem
Beirut
400
Shanghai
wächst die Hauptstadt des Libanon im
London
ter wie in der am dichtesten besiedelten
Städtevergleich derzeit mit Abstand am
schnellsten – mehr als doppelt so schnell
wie das zweitplatzierte São Paulo (Abb. 2).
Wachstum der Bevölkerung hat für alle
0,07
Los Angeles
343
Sankt Petersburg
0,16
0,06
São Paulo
310
0,05
Bogotá
187
Melbourne
0,03
Kopenhagen
180
Istanbul
0,01
Istanbul
138
Johannesburg
nicht vorhanden
Die Übersicht zeigt auch, dass starkes
Singapur
135
Bogotá
nicht vorhanden
Wachstum nicht auf Entwicklungs- und
Shanghai
Beirut
nicht vorhanden
Schwellenländer begrenzt ist. So liegt die
Ahmedabad
Ahmedabad
nicht vorhanden
Städte eine große Bedeutung
dänische Hauptstadt Kopenhagen an fünf-
36
0,00 0 100200300400 500600700
ter Stelle der Städte mit der höchsten pro­
gnostizierten jährlichen Wachstumsrate
54
0,20
0,40
0,60
Netzlänge/km2
Pkw/1 000 Einwohner
bis 2030 und damit zum Beispiel deutlich
vor Chinas größter Metropole Shanghai.
Das Bevölkerungswachstum besitzt für die
untersuchten Städte eine herausragende
Bedeutung. Es wird als eine der wesentlichsten Einflussgrößen der Verkehrsplanung angesehen (Abb. 7).
Abb. 6: Modal Split
Anteile der Verkehrsmittel (Anzahl Wege)
Stadt
Los Angeles (1)
78
Melbourne
Die Qualität des Verkehrsangebots beeinflusst das Mobilitätsverhalten
75
Beirut
Lyon
Stadt und der Mobilität ihrer Einwohner
Johannesburg
42
enge Wechselwirkungen bestehen, ist im
Ahmedabad
42
zu erkennen. So finden sich vier der sechs
München
Städte mit der geringsten Einwohnerdichte
London
(Abb. 3) gleichzeitig unter den sechs Städ-
Sankt
ten mit der höchsten Motorisierungsrate
Petersburg (2)
(Abb. 4) und dem höchsten Pkw-Anteil am
29
sich ihre Einwohner eines Pkw, um von ei-
Kopenhagen
nem Ort zum anderen zu kommen.
Shanghai
nennahverkehr (ÖPNV) oft dort besonders
stark, wo die Einwohnerdichte hoch ist. Zu
erkennen ist auch ein Zusammenhang zwischen einem ausgedehnten städtischen
Schienennetz (Abb. 5) und einer hohen
ÖPNV-Nutzung. Als wichtige Einflussgrö-
Istanbul
16
0 %
6
28
21
2
44
39
15
25
30
30 %
3
26
29
28
5
6
49
35
20 %
2
29
1
25
4
22
1
44
10 %
5
70
20
17
22
42
27
Bogotá
1
9
14
30
São Paulo
33
14
21
1
20
4
16
7
13
2
44
35
delt also eine Stadt ist, desto eher bedienen
Umgekehrt ist der öffentliche Perso-
15
37
29
13
7
47
Singapur
Gesamtverkehr (Abb. 6). Je stärker zersie-
9
73
Dass zwischen der Siedlungsstruktur einer
Überblick der untersuchten Städte deutlich
11
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Motorisierter Individualverkehr Öffentliche Verkehrsmittel Fahrradverkehr Fußgängerverkehr Sonstiges
(1) nur Pendlerverkehr (2) nur motorisierter Verkehr
What cities want | 39
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
Abb. 7: Einflussfaktoren auf die Verkehrsplanung
Stärke verschiedener Einflussfaktoren auf die Verkehrsplanung
Einflussfaktoren
Einfluss auf die Verkehrsplanung
Städtisches Haushaltsbudget
12
Governance und Regulierung
11
Wirtschaftliche Entwicklung
4
10
Bevölkerungsentwicklung
5
9
Lokale Umwelteinwirkungen
6
7
Wahlpolitik
6
Öffentliche Gesundheit
6
Klimawandel
3
Privatwirtschaftlicher Einfluss
3
Der eigene Pkw als Statussymbol
3
Umweltbewusstsein
5
2
1
9
5
4
8
4
7
5
6
2
Anzahl der Städte
3
5
1
10
3
0 12345678910
111213
14
15
Starker Einfluss Mittlerer Einfluss Schwacher Einfluss Kein Einfluss Weiß nicht
Abb. 8: Einflussfaktoren auf das Mobilitätsverhalten
Stärke verschiedener Einflussfaktoren auf das Mobilitätsverhalten
Einflussfaktoren
Einfluss auf das Mobilitätsverhalten
Reisezeit
14
ÖPNV-Angebotsqualität
10
Vorhandensein eines Schienenverkehrsmittels
3
9
Stau
6
Wegelänge
6
Sicherheit
6
Straßeninfrastruktur
5
Kraftstoffpreis
5
Komfort
1
Möglichkeit, Aktivitäten unterwegs nachzugehen
Anzahl der Städte
1
8
1
7
2
5
3
1
9
1
7
3
11
2
Umweltbewusstsein
2
6
3
Marketingkampagnen
2
3
8
ÖPNV-Fahrpreis
4
3
1
9
8
8
3
5
2
01 2345678910
111213
1415
Starker Einfluss Mittlerer Einfluss Schwacher Einfluss Kein Einfluss 40 | What cities want
1
ßen auf das individuelle Mobilitätsverhal-
mit welcher Herausforderung sich viele
gebotsverbesserungen und Kapazitätsaus-
ten der Bürger sehen die meisten Ver-
Städte konfrontiert sehen: einen attrakti-
bau des öffentlichen Verkehrs für das
kehrsexperten der untersuchten Städte die
ven ÖPNV trotz begrenzter Finanzmittel
ökonomische Wohlergehen einer Stadt
Qualität des ÖPNV-Angebots, zudem das
zur Verfügung zu stellen (Abb. 7 und Abb.
wichtiger als die Erhöhung der Verkehrs-
Vorhandensein eines schienengebunde-
8). Aus diesem Grund setzen immer mehr
qualität im privaten Pkw-Verkehr (Abb. 11).
nen Systems und die damit eng verbunde-
Städte auf Bus-Rapid-Transit-Projekte (BRT)
Dem geht allerdings voraus, dass die meis-
ne kurze Fahrtzeit (Abb. 8).
(Abb. 12), die auf kosteneffiziente Art und
ten Städte bereits in der Vergangenheit
in verhältnismäßig kurzer Realisierungs-
ihre Straßeninfrastruktur massiv ausge-
Viele Städte wollen den ÖPNV ausbauen
zeit eine deutliche Steigerung der ÖPNV-
baut haben. So wird heute das Thema Stau
und verbessern
Qualität versprechen. Bereits acht der
zwar als ein bestimmender Einflussfaktor
Vor diesem Hintergrund ist es nicht ver-
untersuchten Städte haben ein derartiges
auf das Mobilitätsverhalten der Bürger
wunderlich, dass die Verbesserung der
System erfolgreich eingeführt, während
angesehen. Nur wenige Städte planen je-
ÖPNV-Angebotsqualität und Investitionen
zwei es konkret planen und vier über ein
doch den weiteren Ausbau ihrer Straßen­
in die ÖPNV-Infrastruktur städteübergrei-
Schnellbus-System nachdenken.
infrastruktur.
kehrsplanerischen Zielen genießen. Da fast
Die lokale Wirtschaft braucht mehr als
Städte wollen mehr Platz für Fußgänger
alle in dieser Studie untersuchten Städte
eine gute Erreichbarkeit mit dem Pkw
und Fahrradfahrer schaffen
bereits über konventionelle Bussysteme
Ein weiterer interessanter Schluss aus der
Doch nicht nur der ÖPNV nimmt in der zu-
verfügen, liegt der Fokus der Strategien auf
Studie kann gezogen werden, indem man
künftigen Verkehrsentwicklung eine be-
Schienenverkehrsprojekten wie U-Bahnen,
den starken Einfluss der Entwicklung der
sondere Rolle ein, auch die Förderung der
Stadt- und Straßenbahnen (Abb. 12).
lokalen Wirtschaft auf die Verkehrspla-
Nahmobilität, also des Fußgänger- und
Weil allerdings gleichzeitig das Bud-
nung (Abb. 7) der hohen Priorität des ÖPNV
Fahrradverkehrs, steht weit oben auf der
get aus den städtischen Haushalten, das
bei den Zielen der Verkehrs- und Stadtent-
verkehrspolitischen Agenda der unter-
für den Verkehr bereitgestellt wird, als
wicklung gegenüberstellt (Abb. 7, Abb. 9,
suchten Städte. Dieses Ziel wollen die Ver-
der wichtigste Einflussfaktor für die kom-
Abb. 10). Betrachtet man zusätzlich die
kehrsplaner erreichen, indem sie die Fuß-
munale Verkehrsplanung gilt, wird klar,
konkret geplanten Maßnahmen, sind An-
und
fend die höchste Priorität unter allen ver-
Radwegeinfrastruktur
ausbauen.
Abb. 9: Ziele der Verkehrsentwicklung
Priorität verschiedener Ziele für die Verkehrsentwicklung
Ziele
Priorität
Erhöhung der ÖPNV-Angebotsqualität
11
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
10
Verbesserung der Mobilität für alle
10
3
4
8
4
Verringerung von Verkehrsstaus
8
4
7
Erhöhung der Erreichbarkeit innerhalb der Stadt
7
1
5
Verbesserung der Organisation des Verkehrs
Verringerung der Klimagasemissionen
1
1
1
1
2
6
1
1
5
1
3
Verringerung der Reisezeit
6
8
1
Erhöhung der regionalen Erreichbarkeit
6
8
1
Erhöhung der Fahrradfreundlichkeit
6
6
Erhöhung der Verkehrssicherheit
5
8
Verringerung der Luftschadstoffe
5
8
Erhöhung der Fußgängerfreundlichkeit
5
Verringerung des Verkehrslärms
1
Anzahl der Städte
3
2
2
1
7
5
1
1
3
6
01 2345678910
111213
1415
Höchste Priorität Hohe Priorität Mittlere Priorität Niedrige Prioriät Niedrigste Prioriät Weiß nicht Keine Angabe
What cities want | 41
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
Abb. 10: Ziele der Stadtentwicklung
Priorität verschiedener Ziele für die Stadtentwicklung
Ziele
Priorität
Kompakte Stadtentwicklung
9
ÖPNV-orientierte Stadtentwicklung
2
8
Schutz und Erweiterung von Grün-/Freiflächen
2
7
Nutzungsmischung zur Verkehrsreduzierung
5
Begrenzung der Zersiedlung
5
2
2
1
1
5
1
2
2
8
1
1
5
1
1
1
3
Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Raums
4
10
1
Erhöhung der Sicherheit
4
10
1
Dezentrale Konzentration
4
Anzahl der Städte
5
4
1
1
01 2345678910
111213
1415
Höchste Priorität Hohe Priorität Mittlere Priorität Niedrige Prioriät Niedrigste Prioriät Weiß nicht Abb. 11: Bisherige und zukünftige Verkehrsprojekte
Implementierte, fest geplante und angedachte Verkehrsprojekte
Projekt
Status
Ausbau des Straßennetzes
9
Erhöhung der Straßenkapazität
8
Fahrverbote in Teilen der Stadt
8
2
2
1
Parkraummanagement
7
5
Verkehrsberuhigung
7
5
Ausbau von Autobahnen
7
Förderung alternativer Fahrzeugtechnologien
7
Fahrradverleihsysteme
6
Ausbau von Radverkehrsinfrastruktur
5
Intelligent Transport Systems (ITS)
5
Fahrgemeinschaftsspuren
5
2
2
2
1
2
1
5
1
7
1
3
4
3
4
3
1
Carsharing-Konzepte
4
2
6
2
4
1
5
5
4
3
6
2
5
01 2345678910
111213
1415
Bereits implementiert Fest geplant Angedacht Weder implementiert noch geplant oder angedacht Keine Angabe 42 | What cities want
1
2
7
2
Anzahl der Städte
1
3
3
4
2
2
7
Straßenmaut
Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
3
4
7
6
2
2
Erhöhung der ÖPNV-Angebotsqualität
Ausbau von Fußgängerinfrastruktur
2
Außerdem setzen die Städte auf eine Stadt-
bilitätsverhalten der Bevölkerung einge-
Mobilitätsverhalten der Bevölkerung hat,
entwicklungspolitik, die auf kompakte und
schätzt werden, als die Diskussion in
zeigt sich ein diametrales Bild. Während
gemischt genutzte Siedlungsstrukturen
Deutschland und Europa vermuten lässt.
sechs Städte diesem Faktor großes Gewicht
sowie auf Grün- und Freiflächen abzielt
So ist zwar der Kraftstoffpreis für ein Drit-
beimessen, gehen vier Städte von einer le-
(Abb. 10, Abb. 11).
tel der Städte ein starker Einflussfaktor der
diglich schwachen oder von gar keiner Be-
Gleichzeitig soll der Kfz-Verkehr in den
zukünftigen Entwicklung. Dennoch spie-
deutung für das individuelle Verhalten der
für diese Studie untersuchten Städten re-
gelt dieses Bild nicht die hohe Aufmerk-
Bürger aus. Dabei ist die individuelle Per­
duziert und verträglicher als in der Vergan-
samkeit wider, die diesem Thema in Europa
spektive einer Stadt und ihrer Bewohner
genheit gestaltet werden. So haben acht
geschenkt wird.
zu bedenken: So ist die Sicherheit für Verkehrsteilnehmer vornehmlich dann ein
von 15 Städten bereits Fahrverbote für Pkw
Außerdem bewerten die untersuchten
und Lkw in Teilen ihrer Stadt erlassen, um
Städte das individuelle Umweltbewusst-
das Verkehrsaufkommen zu senken und
sein der Verkehrsteilnehmer als kaum rele-
die Emissionen zu reduzieren. Parkraum-
vant für das tatsächliche Mobilitätsverhal-
Städte bewerten Einfluss des Klimawan-
management
Verkehrsberuhigung
ten, weil für die ÖPNV-Nutzer Reisezeit und
dels nur niedrig
wurden bereits in der Hälfte der untersuch-
Qualität des ÖPNV an oberster Stelle ste-
Ähnlich wie beim Thema Sicherheit verhält
ten Städte umgesetzt. Fünf Städte haben
hen. Es stellt sich daher die Frage, ob Mobi-
es sich in den untersuchten Städten mit der
solche Maßnahmen für die Zukunft fest
litätsanbieter, die oftmals mit ebenjenen
Bewertung der Umweltbelastung und des
eingeplant. Auch Road-Pricing-Konzepte
Argumenten werben, nicht möglicherwei-
Klimawandels als Einflussfaktor für die
werden international zunehmend disku-
se die falsche Marketingstrategie wählen.
Verkehrsplanung (Abb. 7) und damit bei der
tiert. Lediglich vier der 15 betrachteten Städ-
Dies könnte als eine Erklärung dafür die-
Zielsetzung
te schließen Straßenbenutzungsgebühren
nen, warum Marketingkampagnen für
kehrsentwicklung (Abb. 9). Erklärungsmus-
zum heutigen Zeitpunkt aus (Abb. 11).
eine intensivere Nutzung des ÖPNV von
ter für die unerwartet niedrige Positionie-
und
Thema, wenn sie nicht gegeben ist.
für
dieses
die
zukünftige
Themenbereichs
in
Ver-
den befragten Städten generell als ein ver-
rung
Fehlt den untersuchten Städten die rich-
gleichsweise schwaches Instrument ange-
Städten werden mithilfe des systemanaly-
den
tige Marketingstrategie?
sehen werden.
tischen Ansatzes dieser Studie erarbeitet.
Die entsprechenden Ergebnisse werden im
Die städteübergreifende Analyse dieser
Studie zeigt auch, dass gewisse Aspekte der
Sicherheit ist für Bürger nur dann ein
Stadt- und Verkehrsentwicklung im inter-
Thema, wenn sie sich unsicher fühlen
nationalen Vergleich mehrheitlich als
Bei der Interpretation der Frage, welchen
deutlich weniger entscheidend für das Mo-
Einfluss der Aspekt der Sicherheit auf das
folgenden Kapitel dargestellt. //
Abb. 12: Bisherige und zukünftige ÖPNV-Projekte
Implementierte, fest geplante und angedachte ÖPNV-Projekte
Projekt
Status
Bus
14
Vorortzug
1
11
U-Bahn
1
10
Bus Rapid Transit (BRT)
2
8
Straßenbahn
2
6
Stadtbahn
1
5
Fähren
4
Trolleybus
4
People Mover/Monorail
Anzahl der Städte
2
5
3
1
1
3
4
3
6
3
1
2
4
5
1
3
8
8
1
0 123 4 56 78 9101112131415
Bereits implementiert Fest geplant Angedacht Weder implementiert noch geplant oder angedacht Keine Angabe What cities want | 43
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
Perspektiven für die Stadtund Verkehrsentwicklung
Die Studie „What Cities Want“ fragt nach
Aus einem solchen „generischen Code“
beobachten. Außerdem sorgt die Teilhabe
den weltweiten Herausforderungen und
lassen sich in Bezug auf die Herausfor-
der Bürger an der lokalen Wertschöpfung
lokalen Strategien zur Mobilität in aus-
derungen der Städte drei fundamentale
für individuellen Wohlstand, der den Kauf
gewählten
Ursache-Wirkungs-Ketten
von Pkw ermöglicht und damit zu einer
Städten.
Gleichzeitig
geht
identifizieren,
die Studie der Hypothese nach, dass Ge-
die für die Entwicklung zukunftsfähiger
steigenden Motorisierungsrate führt. Dar­
meinsamkeiten zwischen den einzelnen
Strategien für die Mobilität in Städten von
an ist in einer ersten Phase – ohne Inter-
Städten und allgemeingültige Wirkungs-
großer Bedeutung sind. Die beiden globa-
vention von außen – auch ein höheres Kfz-
zusammenhänge erkennbar werden. Es
len Megatrends Urbanisierung und Klima-
Aufkommen auf den Straßen gekoppelt.
ist gezeigt worden, wie unterschiedliche
wandel entfalten jeweils eine eigene Dyna-
Die starke Zunahme der Verkehrsbelas-
Städte in aller Welt auf die drängendsten
mik, stehen aber zugleich eng miteinander
tung beeinträchtigt die Wohn- und Aufent-
Fragen der Verkehrs- und Stadtentwick-
in Verbindung beziehungsweise sogar im
haltsqualität in der Stadt in der Folge mas-
lung vor dem Hintergrund globaler und
Widerspruch zueinander.
siv, sodass es zu einer Suburbanisierung
und zu immer weiträumigeren Verflech-
lokaler Herausforderungen für Wirtschaft,
Gesellschaft und Umwelt reagieren. Im
Wirtschaftliche Entwicklung führt zu
tungen in der Stadt und ihrer Umgebung
Zusammenspiel der Erkenntnisse aus den
verschärften Verkehrsproblemen
kommt. Dadurch nimmt der Verkehr noch
15 Stadtdossiers, den Ergebnissen der städ-
Im Regelkreis „Wirtschaftliche Entwick-
weiter zu, und die Straßeninfrastruktur
teübergreifenden Auswertung und der
lung und Urbanisierung“ (Abb. 1) ist ausge-
stößt an ihre Kapazitätsgrenze. Infolgedes-
Systemanalyse zur urbanen Mobilität zei-
hend von der Funktion der Stadt als Stand-
sen treten erhebliche Verkehrsstaus auf,
gen sich wiederkehrende Muster und Ge-
ort von Unternehmen und Arbeitsplätzen
die sich negativ auf die lokale Wirtschaft
meinsamkeiten.
ein anhaltender Bevölkerungszuwachs zu
einer Stadt auswirken.
Abbildung 1: Regelkreis „Wirtschafttliche Entwicklung und Urbanisierung“
Legende
Systemvariable
Stadt-umland-beziehung
Verstärkende Wirkung
Vermindernde Wirkung
Zeitlich verzögerte Wirkung
Derzeit noch schwach
KFZ-Aufkommen
PKW-Besitz
Urbanisierung
(Bevölkerungswachstum)
Lokale Wirtschaftskraft
44 | What cities want
ausgeprägte Wirkung
stau
Verbrauch fossiler Energie, wodurch kli-
in den Städten, zum Beispiel über natio-
inlands­produkt und Pkw-Verkehr
maschädliche CO2 -Emissionen, Lärm und
nale Klimaschutzziele. Die Städte werden
Betrachtet man diese Erkenntnisse vor
lokale Umweltbelastungen entstehen. Die
auf diesem Weg aufgefordert, Strategien zu
dem Hintergrund der Ergebnisse der Städ-
systemische Untersuchung zeigt, wie sich
erarbeiten und angemessene Maßnahmen
te-Untersuchung, dann zeigt sich, dass
diese Phänomene auf die Politik auswir-
umzusetzen.
sowohl die wirtschaftliche Entwicklung
ken, und liefert somit ein Erklärungsmus-
Die dritte Wirkungsbeziehung, die von
(Systemvariable „Lokale Wirtschaftskraft“)
ter für die differenzierte Bewertung von
der Variable Klimawandel ausgeht, zielt di-
als auch das Kfz-Aufkommen wesentliche
Klima- und Umweltfragen im Rahmen der
rekt auf die Mobilitätsstrategien der Städte.
Treiber des Regelkreises sein können. In
Städtebefragung.
So verpflichten sich manche Städte selbst,
Zusammenhang
zwischen
Brutto­
über die staatlichen Vorgaben hinaus ei-
Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung
erkennt man den klassischen Zusammen-
Klimawandel ist eine der großen Her­
gene Ziele hinsichtlich der CO2 -Reduktion
hang
ausforderungen für die Städte
zur erreichen. Besonders ehrgeizig tut das
und Pkw-Verkehrsanteil, wie er in vielen
Weil Verkehrslärm und Luftverschmut-
die dänische Hauptstadt Kopenhagen, die
aufstrebenden Ökonomien und so auch
zung in den Städten unmittelbar als eine
an ihrem Ziel festhält, bis zum Jahr 2025
in den Städten Beirut, Bogotá, Istanbul,
Beeinträchtigung der Lebensqualität wahr-
CO2 -neutral zu sein, obwohl nicht alle Maß-
Johannesburg, São Paulo, Shanghai und
genommen werden, erkennt die städtische
nahmen von der nationalen Regierung un-
Sankt Petersburg zu beobachten ist. Nur
Politik die Notwendigkeit, Strategien zur
terstützt werden. Die Städte Melbourne
entsprechenden Gegenmaßnahmen ist es
Problemlösung zu entwickeln. Anders ver-
und München planen, den CO2 -Ausstoß
zu verdanken, dass dieser vermeintliche
hält es sich beim Thema Klimawandel. Die-
in Zukunft gegenüber dem heutigen Ni-
Automatismus in Städten wie Kopenha-
ser wird zwar insbesondere von den CO2 -
veau trotz – oder gerade wegen – der wirt-
gen, Lyon, Melbourne, München und Sin-
Emissionen, an denen der Verkehrssektor
schaftlich prosperierenden Entwicklung
gapur nicht wirkt.
zu etwa einem Drittel beteiligt ist, verur-
deutlich zu vermindern. Diese Beispiele
zwischen
Bruttoinlandsprodukt
sacht, allerdings in einem langfristigen
verdeutlichen, dass Städte Verantwortung
Globaler Klimawandel und lokale Um­
Prozess. Die Folgen für die lokale Lebens-
für das globale Thema Klimawandel über-
weltbelastung
qualität werden in der Mehrzahl der Städte
nehmen, selbst aktiv und zum Treiber von
Ausgehend von diesen Wirkungszusam-
heute noch nicht als gravierend wahrge-
Entwicklungen werden.
menhängen skizziert der folgende Re-
nommen. Das gilt trotz der Tatsache, dass
gelkreis „Umweltbelastung und Klima-
zum Beispiel Singapur bereits über den
Vielfältige Strategien für eine nachhal­
wandel“ (Abb. 2) die Rückkopplungen
Umgang mit dem prognostizierten An-
tige Mobilität in Städten
zwischen globalen Klimagasemissionen,
stieg des Meeresspiegels nachdenkt und
Die im Rahmen der Studie beobachteten
lokaler Umweltbelastung und der Motiva-
Melbourne die zunehmende Wahrschein-
Strategien, die Mobilität in Städten nach-
tion der Städte, Strategien für nachhalti-
lichkeit von Buschfeuern kalkuliert. Mehr-
haltiger zu gestalten, sind vielfältig und
ge Mobilität umzusetzen. Zunächst führt
heitlich wird der Klimawandel über Geset-
auf die jeweiligen Rahmenbedingungen in
ein starker Kfz-Verkehr zu einem hohen
ze der nationalen Ebene zu einem Thema
den jeweiligen Städten zugeschnitten. Ins-
Abbildung 2: Regelkreis „Umweltbelastung und Klimawandel“
CO 2 -Emissionen
Verbrauch
fossiler energie
Kfz-Fahrleistung
Lokale umweltbelastungen
Beeinträchtigung der
lebensqualität
Klimawandel
Gesetzliche Normen
und Richtlinien
Strategien für
nachhaltige Mobilität
What cities want | 45
/ Executive Summary / Systemanalyse / Stadtdossiers / What Cities Want / Ergebnisse und Ausblick
gesamt lassen sich die folgenden Ansätze
Wie schaffen sie es, erfolgversprechende
der Lage sein, die geplanten Maßnahmen
unterscheiden:
Strategien im Verkehr auch umzusetzen?
umzusetzen. Der Fall Beirut zeigt, dass
» Strategien zur Integration der Siedlungs-
Welche Hindernisse gibt es und welche
dar­an sowohl die besten Konzepte als auch
und
Faktoren treiben die Realisierung an?
Verkehrsentwicklung
(besonders
bereits finanzierte Vorhaben für eine Verbesserung des Verkehrssystems scheitern
deutlich in Ahmedabad, Los Angeles, Melbourne, München und Singapur)
Funktionsfähige Verwaltung ist Grund­
können.
» Förderung des ÖPNV (in allen untersuch-
lage der Strategieumsetzung
ten Städten)
Der Regelkreis „Implementierung von
Konsens mit der Wirtschaft, Partizipa­
» Förderung des Fahrrad- und Fußgänger-
Strategien“ (Abb. 3) skizziert eine erfolg-
tion der Bürger
verkehrs (thematischer Schwerpunkt in
reiche Prozessgestaltung. Vor allem sorgt
Neben politischer Unterstützung und fach-
Ahmedabad, Kopenhagen, London, Mel-
eine funktionsfähige Verwaltung dafür,
licher Kompetenz muss die Verwaltung
bourne, München)
dass aus den politischen Absichten einer
auch langfristig über die notwendigen
»Technologische Ansätze (Lyon im Be-
Stadt entsprechende Strategien abgeleitet
Finanzen verfügen. Weil die städtischen
reich Intelligent Transportation Systems,
werden. So zeigt die Städteuntersuchung
Haushalte zu einem großen Teil aus den
São Paulo mit Fokus auf Fahrzeugeffizi-
am Beispiel Ahmedabads, dass vor allem
lokalen Steuereinnahmen gespeist werden,
enz) sowie restriktive und monetäre Maß-
die gut organisierte Planungsbehörde mit
muss im Regelkreis darauf geachtet wer-
nahmen (unter anderem Straßenmaut
ihrer langfristigen Entwicklungsperspek-
den, dass die verkehrsplanerische Strategie
in London, Singapur und Kopenhagen,
tive dafür verantwortlich ist, wie sehr sich
nicht gegen die örtliche Wirtschaft entwi-
Umweltzone in München und Pkw-Zulas-
die Stadt von anderen Städten Indiens un-
ckelt wird, sondern im Konsens mit ihr. So
sungsbeschränkungen in Shanghai)
terscheidet. Darin besteht die Grundlage
wird eine Bereitschaft der Privatwirtschaft
für die erfolgreiche Umsetzung der Ver-
erzeugt, sich für die Stadt einzusetzen.
kehrsstrategie.
Gleichzeitig ist die Partizipation der Bürger
Ausführlich wird auf die konkreten
Maßnahmen der Städte in den jeweiligen
planerische
einer Stadt unerlässlich, um einen Prozess
Ebene muss vor zu starken Einflüssen
mit der notwendigen politischen Unter-
Erfolgreiche Umsetzung der Strategien
wechselnder politischer Mehrheiten und
stützung abzusichern. Letztlich kommt
für Stadt und Verkehr
Interessen geschützt werden, damit eine
es auf jeden einzelnen Akteur an, den aus
Die oben skizzierten Regelkreise zeigen
langfristige Strategie für die Stadt- und
der individuellen Sicht heraus möglichen
auf, welche Motivation Städte haben, auf
Verkehrsentwicklung in einer Stadt ver-
Beitrag zu einer ökonomisch, ökologisch
nachhaltige Mobilitätssysteme zu setzen,
ankert werden kann. Der gegenteilige Fall
und sozial zukunftsfähigen Stadt- und Ver-
und wo sie ansetzen, um Veränderungen
wird an der Stadt Bogotá deutlich, wo sich
kehrsentwicklung zu leisten. Erfolgreich
herbeizuführen. Viele Städte formulieren
die Prioritäten in der Verkehrsplanung
umgesetzte Strategien für eine nachhalti-
ehrgeizige Ziele für die nachhaltige Ent-
oft mit neu gewählten Volksvertretern
ge Mobilität werden die Attraktivität der
wicklung der Mobilität. Eine wesentliche
verschieben. Nicht zuletzt muss die Ver-
Städte und das Vertrauen in die Selbster-
Frage bleibt dabei aber zunächst ungeklärt:
waltung grundsätzlich legitimiert und in
haltungskräfte des Systems Stadt stärken. //
Diese
Stadtdossiers eingegangen.
konzeptionelle,
Abbildung 3: Regelkreis „Implementierung von Strategien“
Legende
Systemvariable
Stadtpolitik
Komunaler Haushalt
Verstärkende Wirkung
Vermindernde Wirkung
Zeitlich verzögerte Wirkung
Derzeit noch schwach
ausgeprägte Wirkung
verwaltung
Strategien für
nachhaltige mobilität
öffentliche meinung
46 | What cities want
Lokale wirtschaft
Impressum
Auftraggeber der Studie und
Fachliche Bearbeitung
Herausgeber
Prof. Dr.-Ing. Gebhard Wulfhorst
MAN SE
Dipl.-Ing. Roland Priester
Corporate Communications
M.Sc. Montserrat Miramontes
Public Affairs
Technische Universität München
Ungererstraße 69
Fachgebiet für Siedlungsstruktur und
80805 München
Verkehrsplanung
www.man.eu
Arcisstraße 21
[email protected]
80333 München
Tel. +49. 89. 289-22510
Projektleitung und Ansprechpartner
Fax +49. 89. 289-23840
Dr. Kirsten Broecheler
www.sv.bgu.tum.de
Public Affairs
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Fax +49. 89. 36098-382
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Mainburg
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© 2013 bei MAN SE sowie
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Illustrationen Bernd Schifferdecker
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