Universität Pardubice Philosophische Fakultät Berliner Stadtviertel Kreuzberg vor und nach der Wende
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Universität Pardubice Philosophische Fakultät Berliner Stadtviertel Kreuzberg vor und nach der Wende Jana Ettlová Abschlussarbeit 2011 -0- -1- -2- Prohlášení autorky Prohlašuji: Tuto práci jsem vypracovala samostatně. Veškeré literární prameny a informace, které jsem v práci využila, jsou uvedeny v seznamu použité literatury. Byla jsem seznámena s tím, že se na moji práci vztahují práva a povinnosti vyplývající ze zákona č. 121/2000 Sb., autorský zákon, zejména se skutečností, že Univerzita Pardubice má právo na uzavření licenční smlouvy o užití této práce jako školního díla podle § 60 odst. 1 autorského zákona, a s tím, že pokud dojde k užití této práce mnou nebo bude poskytnuta licence o užití jinému subjektu, je Univerzita Pardubice oprávněna ode mne požadovat přiměřený příspěvek na úhradu nákladů, které na vytvoření díla vynaložila, a to podle okolností až do jejich skutečné výše. Souhlasím s prezenčním zpřístupněním své práce v Univerzitní knihovně V Pardubicích dne 30. 06. 2011 Jana Ettlová -3- Danksagung Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die mich bei der Anfertigung dieser Abschlussarbeit unterstützt haben. Mein Dank richtet sich vor allem an Frau Mgr. Bianca Beníšková-Schulze, Ph.D. für die zahlreichen Konsultationen und wertvollen Ratschläge. Weiterhin bedanke ich mich ganz herzlich bei Herr PhDr. Jan Čapek, Ph.D. und Herr Dr. Peter Kistler aus der Universität Bayreuth, für die Ermöglichung des kurzfristigen Studienaufenthalts in Berlin-Kreuzberg. Mein Dank gilt natürlich auch dem DAAD für mein Stipendium. Ich bedanke mich außerdem bei meiner Familie, ohne deren Unterstützung diese Arbeit nicht entstanden wäre. -4- ANNOTATION Die Abschlussarbeit befasst sich mit dem ehemaligen West-Berliner Stadtviertel Kreuzberg. Zu Beginn der Arbeit werden Bau der Berliner Mauer und die Entwicklung des Stadtviertels Kreuzberg von den sechziger Jahren bis zum Fall der Berliner Mauer im Jahre 1989 näher beleuchtet. Danach wird die Zeit nach der Wende bis zum Jahre 2010 betrachtet, sowie die Fusion mit dem ehemaligen Ost-Berliner Stadtviertel Friedrichshain. Am Ende meiner Abschlussarbeit werden persönliche Erkenntnisse der Autorin von dem Studienaufenthalt in Friedrichshain - Kreuzberg beschrieben. Zugleich werden hier auch die Ergebnisse des Fragebogens auswerten und analysiert. SCHLAGWÖRTER Kreuzberg, Friedrichshain, SO36, Kreuzberg 61, Oberbaumbrücke, Berliner Mauer, BRD, DDR NÁZEV Berlínská městská čtrvrť Kreuzberg před a po pádu Berlínské zdi SOUHRN Závěrečná práce se zabývá původní západoberlínskou městskou čtvrtí Kreuzberg. Na začátku práce bude blíže objasněna stavba berlínské zdi a vývoj samotné čtvrti od počátku šedesátých let, po pád Berlínské zdi roku 1989. Dále bude popsáno období po převratu do roku 2010, stejně jako spojení bývalé východoberlínské čtvrti Friedrichshain k městské části Kreuzberg. Na konci práce budou popsány vlastní poznatky autorky ze studijního pobytu ve čtvrti Friedrichshain-Kreuzberg. Zároveň zde budou analyzovány a vyhodnoceny výsledky dotazníku. KLÍČOVÁ SLOVA Kreuzberg, Friedrichshain, SO36, Kreuzberg 61, Oberbaumbrücke, Berlínská zeď, Německá demokratická republika, Spolková republika Německo -5- TITLE The Berliner District Kreuzberg before and after the fall of the Berlin Wall ABSTRACT This work is about the original district of Kreuzberg in West Germany. The introduction explains the development of the Kreuzberg district from the 1960s until the fall of The Berlin Wall in 1989 as well as illumination of it's construction. Following this is the period from the cataclysm until 2010, as well as the connection of the original district of Friedrichshain to Kreuzberg. In conclusion, you will find author’s knowledge from a research fellowship at Friedrichshain-Kreuzberg, as well as questionnaire evaluation and analysis. KEYWORDS Kreuzberg, Friedrichshain, SO36, Kreuzberg 61, Oberbaumbrücke, The Berlin Wall, The German Democratic Republic, Federal Republik of Germany. -6- Inhaltsverzeichnis: I. Einleitung ................................................................................................................ - 8 II. Theoretischer Teil .................................................................................................. - 9 1. Berliner Bezirke ................................................................................................. - 9 1.1 Berliner Bezirk Kreuzberg ......................................................................... - 11 2. Die Berliner Mauer .......................................................................................... - 11 2.1 Opfer und Helden der Mauer im Bezirk Kreuzberg................................... - 13 2.2 Grenzübergänge zwischen West- und Ost-Berlin ...................................... - 15 2.3 Grenzübergänge zwischen Kreuzberg und andere Stadtbezirke ................ - 16 3. Die sechziger Jahre in Kreuzberg .................................................................... - 18 3.1 Bohème am Berliner Montmartre .............................................................. - 20 4. Die siebziger und achtziger Jahre in Kreuzberg .............................................. - 22 4.1 Die erste Hausbesetzung ............................................................................ - 23 4.2 Mauerfall 9. November 1989 und seine Folgen ......................................... - 27 5. Die neunziger Jahre .......................................................................................... - 28 5.1 Die East Side Gallery ................................................................................. - 30 6. Die Fusion von Kreuzberg und Friedrichshain am 1.1.2001 ........................... - 31 6.1 Topographie des Terrors ............................................................................ - 32 6.2 Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg ................................................ - 32 6.3 1. Mai in Friedrichshain-Kreuzberg ........................................................... - 34 III. Praktischer Teil .................................................................................................. - 36 1. Ziel der Forschung ........................................................................................... - 37 2. Hypothesen: ..................................................................................................... - 37 3. Beschreibung der Untersuchung und eigene Erkenntnisse .............................. - 37 3.1 Reliabilität .................................................................................................. - 39 3.2 Validität ...................................................................................................... - 39 3.3 Repräsentativität / Objektivität .................................................................. - 39 4. Auswertung der Fragen .................................................................................... - 39 5. Auswertung der Hypothesen ............................................................................ - 44 IV. Zusammenfassung.............................................................................................. - 46 V. Resumé ................................................................................................................ - 48 VI. Literaturverzeichnis ........................................................................................... - 50 VII. Internetquellen .................................................................................................. - 51 VIII. Anhang ............................................................................................................ - 52 - -7- I. Einleitung „Billig, bunt und fröhlich – diese Schlagwörter treffen zwar sowohl auf Kreuzberg als auch Friedrichshain zu. Dennoch kann man die beiden Schwesterbezirke beileibe nicht in einen Topf werfen (…) Kreuzberg war vor der Wende Berlins Bezirk mit der stärksten Außenwirkung. Als Punk-Nest und ÖkoBeet im Schatten der Mauer erlangte Kreuzberg in erster Linie durch die 1.MaiRandale und die Hausbesetzungen gegen die Kahlschlagsanierungen einen berühmt-berüchtigten Ruf. Zudem gilt der Stadtteil auch heute noch als größte türkische Exklave außerhalb der Türkei. Der Begriff Multikulti begann hier zu gedeihen und wurde teilweise auch gelebt, lange bevor er überhaupt im deutschen Selbstverständnis geprägt war.“1 Diese Definition Kreuzbergs beschreibt das Stadtviertel zutreffend. Die folgende Abschlussarbeit mit dem Name: Kreuzberg vor und nach der Wende bemüht sich diesen Stadtbezirk möglichst genauer zu analysieren. Im ersten Teil der Arbeit wird auf theoretischen Hintergründen eingegangen, im zweiten Abschnitt folgt dann ein praktischer Teil. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Berliner Bezirk seit 1945 und verfolgt die Geschichte bis heute. Sie befasst sich näher mit dem Bau der Berliner Mauer, den dortigen Opfern und Helden an der Mauer, die Berliner Grenzübergänge und beschreibt die damalige Situation Kreuzbergs in West-Berliner. Ich beleuchte die erste Hausbesetzungen und spezifische Atmosphäre der sechziger Jahre genauer. Weiterhin beschäftige ich mich mit den siebziger und achtziger Jahren bis einschließlich des Falls der Berliner Mauer. Im weiteren Kapitel wird der Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain näher betrachtet und die Fusion mit dem damaligen West-Berliner Bezirk Kreuzberg erwähnt. Ich befasse mich natürlich auch mit den neunziger Jahren in den neu-fusionierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Dieses Kapitel beinhaltet auch Informationen über das Kreuzberg Museum und einer der bekanntesten Ruine der Mauer - East Side Gallery. 1 URL:<http://www.in-berlin-brandenburg.com/Berliner_Bezirke/Friedrichshain-Kreuzberg/>[zit. 201102-20]. -8- Am Ende dieses Kapitel folgt eine kurze Erklärung der jährlichen Krawalle vom 1.Mai in Kreuzberg. Im letzten Kapitel folgt der praktische Teil und hier wird mein kurzfristiger Studienaufenthalt in Berlin-Kreuzberg im Oktober 2010 näher beschrieben. Ich analysiere meine eigenen Auswertungen der persönlichen Forschung. Am Ende dieser Arbeit wird ein Fragebogen ausgewertet, den ich in Friedrichshain-Kreuzberg gemacht habe. II. Theoretischer Teil 1. Berliner Bezirke Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Berlin in vier Sektoren aufgeteilt, den amerikanischen, den britischen, den französischen und den sowjetischen Sektor und wurde damit zu einer sogenannten Vier-Sektorenstadt. Mit dem Mauerbau am 13.August 1961 folgte die Trennung in Ost-Berlin und West-Berlin. Die Trennung bestand bis Mauerfall am 9. November 1989. Von 1945 bis 2001 waren in Berlin insgesamt in 23 Bezirke untergliedert, (siehe Anhang Nr. 1). In West-Berlin, bzw. im amerikanischen Sektor befanden sich die Bezirke, Kreuzberg, Neukölln, Tempelhof, Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf. Der britische Sektor unterteilte sich in die Bezirke Tiergarten, Wilmersdorf, Charlottenburg und Spandau. Zum französischen Sektor gehörten die Bezirke Reinickendorf und Wedding und zum sowjetischen Sektor die Bezirke Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Pankow, Weissensee, Hohenschönhausen, Lichtenberg, Marzahn, Hellersdorf, Treptow und Köpenick. 2 Durch eine Gebietsreform, die im Jahre 2001 in Kraft trat, reduzierte sich Anzahl der Bezirke von 23 auf 12. Unverändert blieben nur die drei größten Bezirke, Neukölln, Reinickendorf und Spandau. Die übrigen wurden meistens von zwei vorher eigenständigen Bezirken zu einem neuen zusammengeschlossen. Dank der neuen 2 Vgl. URL: <http://www.berlinermaueronline.de/karten/berlinkarten_01.htm>[zit.2011-3-15]. -9- Bezirksstruktur wurde gleichzeitig eine gewisse Angleichung der Einwohnerzahl erreicht.3 Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurde Gebietsreformgesetz aus den bisherigen Bezirken zum 1.1.2001 nach dem Friedrichshain und Kreuzberg gebildet. Die Fusion war sehr außergewöhnlich, weil sich Kreuzberg im ehemaligen West-Berlin befand, wohingegen Friedrichshain im damaligen Ost-Berlin lag. Ähnlich wurde nur ein Bezirk verbunden und zwar der Bezirk Mitte.4 Auf der Karte (siehe Anhang Nr. 2) sind alle gegenwärtigen 12 Berliner Bezirke zu erkennen: Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau, SteglitzZehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln, Treptow-Köpenick, Marzahn- Hellersdorf, Lichtenberg und Reinickendorf. Nach den Angaben des Amt für Statistik Berlin Brandenburg vom 30. November 2010 sind die Berliner Bezirke mit dem Einwohnerzahl folgend geordnet: 1. Mitte (insgesamt 333 172 Einwohner, davon 91 251 Ausländer) 2. Friedrichshain-Kreuzberg (insgesamt 269 924 Einwohner, davon 56 729 Ausländer) 3. Pankow (insgesamt 370 488 Einwohner, davon 24 545 Ausländer) 4. Charlottenburg-Wilmersdorf (insgesamt 320 322 Einwohner, davon 58 216 Ausländer) 5. Spandau (insgesamt 225 963 Einwohner, davon 27 899 Ausländer 6. Steglitz-Zehlendorf (insgesamt 295 806 Einwohner, davon 30 723 Ausländer) 7. Tempelhof-Schöneberg (insgesamt 336 282 Einwohner, davon Ausländer) 8. Neukölln (insgesamt 311 824 Einwohner, davon 66 992 Ausländer) 9. Treptow-Köpenick (insgesamt 242 574 Einwohner, davon 7 995 Ausländer) 10. Marzahn-Hellersdorf (insgesamt 249 956 Einwohner, davon 10 224 Ausländer) 11. Lichtenberg (insgesamt 261 417 Einwohner, davon 20 183 Ausländer) 12. Reinickendorf (insgesamt 241 490 Einwohner, davon 23 381 Ausländer. 3 Vgl. URL:<http://www.berlin.de/berlin-im-ueberblick/politik/bezirke.de.html.>[zit.2011-03-20]. Vgl. Chod, k. und Schwenk, H. und Weißpflug, H.. (2003):Berliner Bezirkslexikon FriedrichshainKreuzberg., S. 7. 4 - 10 - Offiziell wurde zum 30.November 2010 in Berlin 3 459 218 Einwohner angemeldet, davon sind 2 986 897 Deutsche und 472 321 Ausländer. 5 1.1 Berliner Bezirk Kreuzberg Der Bezirk Kreuzberg existiert seit der Verwaltungsreform von 1920 und wurde aus der ehemaliger Friedrichstadt, der Luisenstadt und der Tempelhofer Vorstadt gebildet. Seinen Name erhielt der Bezirk nach dem 66 Meter hohen natürlichen Erhebung Kreuzberg, wo Schinkels Nationaldenkmal für die Befreiungskriege von 1813-1815 zu besichtigen ist.6 Bevor Kreuzberg sein heutiger Name enthielt, hieß er kurzzeitig Hallesches Tor. Der heutige Stadtteil, in Verbindung mit dem ehemaligen Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain, hat insgesamt 269 924 Einwohner und ist 20,2 km² groß. Kreuzberg gliedert sich nach den Nummern der damaligen Zustellpostämter in westlicher gelegen „Kreuzberg 61“ (Südwest 61) und dem östlichen „Kreuzberg 36“(So 36) (siehe Anhang Nr.3) Bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1989 befand sich der Bezirk am östlichen Rand West-Berlins und grenzte an drei Seiten zur DDR - Mitte, Friedrichshain und Treptow (von insgesamt 18,7 km der Grenze grenzten 8,7 km an Ost Berlin.) Nördlich verlief die Grenzziehung in Form von Mauer und Spree, südöstlich markierte den Landwehrkanal die Grenze zum real existierenden Sozialismus.7 2. Die Berliner Mauer Am 26.Mai 1952 sperrte die DDR die Demarkationslinie zur Bundesrepublik und die Grenze zwischen DDR und West-Berlin. Bis dahin war die sogenannte „grüne Grenzen“ offen, denn es wurde lediglich durch Stacheldraht und Sperrzonenschilder abgeriegelt. In Berlin wurde insgesamt 241 Straßen von West-Berlin nach Ost-Berlin gesperrt. Dennoch war die Flucht nach West Berlin mit der S-Bahn oder über Straßenübergänge zwischen den drei Westsektoren und dem einem Ostsektor bis Jahre 1961 relativ 5 Vgl. URL: <http://www.statistik-berlin-brandenburg.de/Publikationen/Stat_Berichte/2010/SB_A11_A2-4_q02-10_BE.pdf>. [zit.2011-02-20]. 6 Vgl. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie einse Stadtteils (1961-1995)., S. 17. 7 Vgl. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie einse Stadtteils (1961-1995)., S. 17. - 11 - gefahrlos möglich. Zwischen 1949 und 1961 haben rund 2,7 Mio. Menschen die DDR und Ost-Berlin verlassen. 8 Am 15. Juni 1961 sagte noch Chef der SED Walter Ulbricht: „Niemand hat die Absicht, einer Mauer zu errichten!“9 Eine große Lüge der Politiker, wie viel deutsche Bürger bald feststellen mussten. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle hatten im ersten Halbjahr 155 000 Personen die DDR und Ost-Berlin verlassen. In den Nachtstunden dem 13.August 1961 begannen die paramilitärischen Einheiten die Mauer bauen. Bis zum Spätnachmittag des 14.August 1961 gelang es noch etwa 6900 Personen aus Ost-Berlin über die noch provisorisch abgesperrten Grenzen nach West-Berlin zu flüchten. Später wurde eine rund vier Meter hohe Betonplattenwand aufgebaut und riegelte Ost-Berlin nun gänzlich von West-Berlin ab. Gegenwärtig war ein Übergang von Ost-Berlin nach West-Berlin nur noch mit einem gültigen Passierschein möglich. Trotz Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze gelang von 1961 bis 1989 rund 475.000 Menschen die Flucht in den „goldenen Westen“. Im gleichen Zeitraum starben nach offiziellen Angaben an der Mauer mehr als 125 Menschen bei Fluchtversuchen.10 Ab 1971 und 1972 kam es zu ersten Verbesserung in den Beziehungen zwischen beiden Staaten. Unter dem Einfluss der Perestroika Politik des sowjetischen Generalsekretärs Michail S. Gorbatschow verschärften sich die innenpolitischen Probleme in DDR in achtziger Jahren und es entwickelte sich eine wachsende Oppositionsbewegung. Ab August 1989 besetzen zahlreiche DDR-Bürger die Botschaften in Prag und Warschau sowie die ständige Vertretung in Ost-Berlin. Die Regierung in Ungarn machte den „Eisernen Vorhang“ zwischen Österreich und Ungarn durchlässig. In der DDR kam es fast gleichzeitig zur friedlich verlaufenden Revolution und diese Entwicklungen führten am 9. November 1989 zur Öffnung der Berliner Mauer.11 8 Vgl. URL: <http://www.berlin.de/mauer/geschichte/index.de.html> .[zit. 2011-21-03]. Flemming, T. (2008): Berlin im Kalten Krieg, Der Kampf um die geteilte Stadt., S. 57. 10 Vgl. Landesarchiv Berlin (Hg.).(2010) : Die Berliner Mauer 1961-1989., S. 7. 11 Vgl. Landesarchiv Berlin (Hg.).(2010) : Die Berliner Mauer 1961-1989., S. 8. 9 - 12 - 2.1 Opfer und Helden der Mauer im Bezirk Kreuzberg Am 13.August 1961 machte der Mauerbau die innerstädtischen Grenzen zwischen Kreuzberg, im amerikanischen Sektor und Treptow, Mitte und Friedrichshain im sowjetischen Sektor für die Bewohner Berlins undurchlässig. Nur die Angehörige der Alliierten, ausländische Zivilisten und Diplomaten konnten an der Friedrichstraße über den Kontrollpunkt Checkpoint Charlie weiter passieren. Das Amerikanische, englische, französische und sowjetische Militär gehörten nun zum Bild der Stadt. Durch die Trennung Berlins und die stetige Repräsentation des Militärs, waren auch Fluchtversuche von Ost-Berlin nach West-Berlin nichts Außergewöhnliches mehr. Am 17. August 1962 versuchte der 18-jährige Peter Fechter mit seinem Arbeitskollegen Helmut Kulbeik die Mauer in der Zimmerstraße in der Nähe vom Checkpoint Charlie zu überqueren. Beide Freunde erreichten über einen Hinterhof Grenzanlagen. Peter Fechter befand sich gerade auf der Mauer, als er angeschossen wurde, zurück auf die OstBerliner Stadtsteite fiel und schließlich verblutete. Sein Todeskampf dauerte etwa eine Stunde, obwohl er mehrmals um Hilfe rief, wurde ihm nicht geholfen. Auf der Westseite des Grenzbereichs Zimmerstraße hatten sich inzwischen Hunderte von Journalisten und Demonstranten versammelt. Später schrieb ein Journalist über den traurigen Vorfall: „Um möglichst unbeobachtet den toten Peter Fechter bergen zu können, warfen die Grenzer Nebelgranaten nach West Berlin.“12 Abends demonstrierten Hunderte Menschen in West-Berlin. Autos gingen in Flammen auf und die Polizei schützte die Grenze nach Ost-Berlin. Sowjetische Soldaten wurden mit Steinen angegriffen und übel beschimpft, wenn sie auf Patrouillenfahrt durch West Berlin waren. Nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der Peter Fechter verblutete, grub im Jahre 1962 Rudolf Müller aus der Nostizstraße einen Tunnel. Er war durch die Mauer von 12 Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 118-119. - 13 - seiner Familie getrennt worden. Der Tunnel war von der Baustelle des Axel-SpringerVerlagsgrundstücks Richtung Osten zum Keller der Zimmerstraße 56. Am 18.Juni 1962 um 7 Uhr beobachtete der DDR-Grenzposten Reinhold Huhn, wie Rudolf Müller den Hof in Zimmerstraße 56 verließ und in Richtung Leipziger Straße lief. Eine Stunde später kehrte Rudolf Müller mit zwei Frauen und einem Kind zurück. Müller gelang mit seiner Familie die Flucht nach West-Berlin. Dennoch forderte diese Flucht ein Opfer, der Grenzposten Reinhold Huhn lag tot am Boden. Die Medien in Westdeutschland und der DDR machten daraufhin die jeweils andere Seite dafür verantwortlich. Posthum erhielt Reinhold Huhn ein Denkmal in der Jerusalem Straße, welches nach dem Mauerfall aber abgerissen wurde. Im 1999 wurde Rudolf Müller wegen Totschlags an dem Grenzer Reinhold Huhn vom Landgericht in Berlin zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.13 Im Nordosten Kreuzbergs wurde der tief gelegene Grünzug zwischen Spree und Englebecken mit Trümmerschut aufgefüllt, um eine sichere Grenze zu errichten. Auf der Seite des Kreuzbergers Bezirk verlief die Grenze entlang die Fassade der Mietshäuser. Es ging vor allem um die Leuschner Straße und den Bethaniedamm. Die Mauer wurde einige Meter versetzen davor errichtet. Das führte zu der Situation, dass der Zugang zu den Häusern in Kreuzberg über die Ost-Berliner Seite führte. Westberliner Staatsbeamten war dort die Passage untersagt. Dies führte wiederum dazu, dass die Postbeamten keine Briefe und Pakete mehr in diesen Bereich befördern könnten. Im Osten Kreuzbergs bildeten Flutgraben, Spree und Landwehrkanal eine Wassergrenze zu Ost-Berlin. Die Oberbaumbrücke, die den sowjetischen Sektor mit dem amerikanischen Sektor verband, wurde abgesperrt. Die U-Bahn Linie 1 endete auf der Haltestelle Schlesisches Tor. Als die ersten Passierscheinabkommen im Jahre 1963 in Kraft traten, durften Westberliner die Brücke mit besonderem Visum als Fußgänger überqueren. Die Spree gehörte damals in ihrer ganzen Breite zu Friedrichshain – also zu der DDR. Die Kinder, die im Kreuzberger Ufer beim Spielen ins Wasser fielen, gerieten in tödliche Gefahr. Rettungsmaßnahmen von Ostberliner Seite wurde erst mit großer Verzögerung ergriffen und Westberliner Rettungsdienste mussten warten, bis sie die 13 Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 118-119. - 14 - Genehmigung aus der DDR zur Rettung bekamen. Es starben angeblich fünf Kinder, die wegen der Bürokratie zwischen den beiden Stadtsektoren sterben mussten. Das erste Opfer war 6-jährige Andreas Seng aus der Cuvrystaße, der von einem Spielkameraden ins Wasser gestoßen wurde. Am 11.Mai 1975 ertrank an seinem fünften Geburtstag Cetin Mert. Der türkische Junge versuchte seinen verlorenen Ball aus der Spree zu fischen. Erst 45 Minuten nach dem Unglück steuert ein Grenzsicherungsboot der DDR auf den Unfallort zu. Eine weitere Stunde später bargen die Taucher der DDR-Grenztruppen den Leichnam des Kindes. Aber bevor der Leichnam frei gegeben wurde, wurde das tote Kind in das Gerichtsmedizinische Institut der Charité in Ost-Berlin gebracht und erst Tage später seinen Eltern überreicht. Dieses Verhalten entfesselte wütende Proteste, nicht nur unter der türkischen Bevölkerung gegen das DDR-Regime. 2000 Teilnehmer der Demonstration positionierte sich am 19.Mai 1975 mit Transparente, auf denen stand: „Nieder mit dem Mördersystem Kommunismus“ in Deutsch und Türkisch. Ganze Demonstration wurde von der Stasi mit Teleobjektiven von anderer Uferseite festgehalten. Im Oktober 1975 trat endlich ein Abkommen in Kraft, welches den West-Berliner Rettungskräften Hilfseinsätze bei Wasserunfällen ermöglichte.14 2.2 Grenzübergänge zwischen West- und Ost-Berlin „ Am 13. August 1961 ließ die Führung der DDR die Grenze zu West-Berlin schließen. Für West-Berliner, Bürger der Bundesrepublik Deutschland und ausländische Staatsangehörige legte das Innenministerium der DDR am 22. August sieben Straßenübergänge und einen Bahnübergang fest. Ost-Berlinern und Bürgern der DDR war das Passieren der Grenze verboten. Der Verkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin lief über Transitstrecken mit weiteren Übergangsstellen.“ 15 Vor dem Mauerbau gab es in Berlin neben S- und U-Bahn 81 offene Straßenzüge, auf denen die Berliner vom Ost- nach West-Berlin reisen konnten. Am Tag des Mauerbaus wurden davon 67 durchgehende Straßenzüge abgesperrt und später sogar zugemauert. 14 Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 120-121. 15 URL: <http://www.berlin.de/mauer/grenzuebergaenge/index/index.de.php>. [zit.2011-03-23]. - 15 - Verbleibende Übergängen: Brandenburger Tor, Kopenhagener-, Wollank-, Brunnenstraße, Puschkinallee, Elsen- und Rudower Straße wurden ganz geschlossen. An innerstädtischen Grenzübergangstellen in Richtung West-Ost blieben für Ausländer und Diplomaten die Friedrichstraße (Checkpoint Charlie), für Bevölkerung der BRD die Bornholmer Straße und Heinrich-Heine Straße. für die Einwohner West-Berlins waren vier Übergangstellen Chausseestraße, Invalidenstraße, Oberbaumbrücke und Sonnenallee. Für Bahnreisende diente die Grenzübergangstelle Bahnhof Friedrichstraße. Die Grenzübergänge Heinrich-Heine-Straße, Oberbaumbrücke und Checkpoint Charlie befanden sich an den Grenzen zu Kreuzberg.16 Alle Berliner Grenzübergänge sind auf der Karte im Anhang zu sehen. (Anhang Nr.4 ) 2.3 Grenzübergänge zwischen Kreuzberg und andere Stadtbezirke Grenzübergang Friedrichstraße - Checkpoint-Charlie / zwischen Mitte und Kreuzberg Checkpoint Charlie verband in der Friedrichstraße den Ost-Berliner Bezirk Mitte und den West-Berliner Bezirk Kreuzberg. Von 1961 bis 1990 war es die einzige Grenzübergangstelle für die Angehörigen der alliierten Streitkräfte zwischen West- und Ost-Berlin. Wegen seiner Bestimmung zum Übergang für die Angehörigen der alliierten Streitkräfte war der Grenzübergang Friedrichstraße im Oktober 1961 Schauplatz der sog. „Panzerkonfrontation“. (siehe Anhang. Nr. 5) Die DDR Grenztruppen versuchten bei den West-Alliierten, Passkontrollen vorzunehmen, was von dem Vier-Mächte Status aber verweigert wurde. Nachdem die Passkontrollen der Ostberliner Grenzsoldaten an den Folgentagen wiederholten wurden, gingen am 25. Oktober auf West-Berliner Seite mehrere US-Panzer in Stellung. Die Situation eskalierte am folgenden Tag, als sich auch auf Ost-Berliner Seite sowjetischen Panzer positionierten. Rund 48 Stunden standen sich die Panzer nur weniger Meter voneinander entfernt schussbereit gegenüber. Erst am Morgen des 25.Oktober begannen die Sowjets mit dem Abzug ihrer Panzer. Nach dem beiderseitigen Rückzug konnten die West-Alliierten wieder frei und ohne Kontrollen nach Ost-Berlin reisen. Als Symbol für die Auseinandersetzung zwischen den Weltmächten ist der „Checkpoint Charlie“ zum bekanntesten Kontrollpunkte 16 Vgl. Landesarchiv Berlin (Hg.).(2010): Die Berliner Mauer 1961-1989., S. 96. - 16 - geworden.17 Zu einem der bekanntesten Opfer des Grenzübergangs Checkpoint Charlie gehört Peter Fechter, der bei dem Fluchtversuch nach West Berlin von einem DDRGrenzpolizisten angeschossen wurde und starb. (Siehe Kapitel: Opfer, Helden und Henker der Mauer im Bezirk Kreuzberg.) Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße / Prinzenstraße zwischen Mitte und Kreuzberg Am Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße wurden der Waren- und der Postverkehr der beiden Stadthälften Berlins kontrolliert. Flächenmäßig gehörte der Grenzübergang zu den größeren Passierstellen. Der Übergang war nur für Bundesbürger mit Reisepass geöffnet. Am 18.April 1962 versuchten hier drei Männer aus Ost-Berlin mit einem Lastwagen die Schlagbäume des Kontrollpunktes zu durchbrechen. Dem Fahrer Klaus Brüske gelang es den Wagen auf West-Berliner Gebiet zu steuern, aber leider überlebte er seinen Fluchtversuch nicht, seine beiden Mitfahrer wurden schwer verletzt. Am 26. Dezember 1965 wollten zwei Männer aus West-Berlin den Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße passieren. Sie hatten zwei Frauen aus Ost-Berlin im Auto versteckt. Die Frauen wurden jedoch von Grenzsoldaten der DDR entdeckt. Der 27jährige Heinz Schönberger wurde erschossen, weil er den Wagen gefahren hatte und nach der Entdeckung der beiden Frauen zu Fuß fliehen nach West-Berlin fliehen wollte. Der westdeutsche Freund von Heinz Schönberger und die beiden ostdeutschen Frauen wurden verhaftet.18 Grenzübergang Oberbaumbrücke / zwischen Kreuzberg und Friedrichshain Die Oberbaumbrücke wurde im Jahre 1896 eröffnet und überspannte die Spree zwischen Friedrichshain und Kreuzberg. Dieser Grenzübergang durfte von 1961 bis 1989 nur von Fußgängern benutzt werden. Nordwestlich am Grenzübergang direkt an der Mühlenstraße zwischen der Oberbaumbrücke und dem Ost-Bahnhof steht sogenannte "East-Side-Gallery", ein bemaltes Stück der hinteren Sperrmauer. 17 Vgl. Landesarchiv Berlin (Hg.).(2010): Die Berliner Mauer 1961-1989., S. 97. Vgl. URL: <http://www.berlin.de/mauer/grenzuebergaenge/heinrich_heine_strasse/index.de.php>[zit.2011-03-23]. 18 - 17 - Die Spree wurde von einigen Flüchtigen aus der DDR bezwungen, doch leider gelang dies nicht in allen Fällen. Am 5. Oktober 1961 sprang Udo Düllick in die Spree und wollte so den Ost-Berlin verlassen. Doch bevor er das sichere West-Berliner Ufer erreichte, verließen ihn seine Kräfte und er ertrank. Am damaligen Gröbenufer konnten ihn die West-Berliner Feuerwehrmänner nur noch tot aus dem Wasser bergen. In dem Grenzabschnitt zwischen Elsen- und Schillingbrücke ertrank insgesamt sechs Menschen und fünf weitere (Werner Probst, Anton Walzer, Hans Räwel, Heinz Müller und Manfred Weylandt) wurden bei dem Versuch von DDR-Grenzposten erschossen. 19 3. Die sechziger Jahre in Kreuzberg Durch den Mauerbau ist Kreuzberg zu einem Stadtrandgebiet geworden. Der Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg war abgeschlossen, dennoch war die dortige Wohnsituation schlecht. Die Wohnungsbaugesellschaften zusammen mit der Berliner Bauindustrie und Bauverwaltung bildeten deshalb ein mächtiges Interessenbündnis für die „Sanierung“ der Altbauquartiere im Stadtteil Kreuzberg. Das Leitmotiv der Sanierung lautete: „Licht, Luft und Sonne“. Als Sanierungsgrund galten die mangelhaften Ausstattungen der Wohnungen, die dichte und ungeordnete Mischbebauung und die nicht dem Berliner Durchschnitt entsprechende Sozialstruktur. Viele Menschen wünschten sich ein komfortableres Wohnen, wie z.B. Innentoilette, Bad, Balkon und Zentralheizung. Der Berliner Senat beschloss im Jahr 1963 das erste Stadterneuerungsprogramm und das „Sanierungsgebiet Kreuzberg-Kottbusser Tor“ wurde mit elf Planungseinheiten festgesetzt. Nach Wedding-Gesundbrunnen war es das zweitgrößte Sanierungsgebiet Europas: 107 Ha groß mit (in 1961) 37 022 Menschen in 16 923 Wohnungen und 16 300 Beschäftigten in 1740 Betrieben. Der Kahlschlag vom Wasserplatz begann relativ schnell und erste Neubauten wurden im Jahre 1968 fertig gestellt. Die letzten Neubauten wurden dann bis zum Jahr 1978 errichtet und von Berliner Bürgern bezogen. 19 Vgl. URL: <http://www.berlin.de/mauer/grenzuebergaenge/oberbaumbruecke/index.de.php>[zit. 201103-24]. - 18 - In diesem ersten Sanierungsbereich blieben nur drei alte Gewerbegebäude und ein Wohngebäude erhalten. Der Rest des Gebietes wurde komplett erneuert. Südlich dauerte die Sanierung etwas länger und erst 1972 war die Planung endgültig fertig. 90 Prozent der 3500 Wohnungen und alle Gewerbegebäude sollten abgerissen werden. Das neue Städtebauförderungsgesetzt verlangte aber inzwischen, dass die geplanten Maßnahmen mit den Mietern und übrigen Betroffenen „zu erörtern“ seien.20 Die Nordhälfte des Platzes am Kottbusser Tor wurde von einer privaten Investorengruppe aufgekauft, abgerissen und neu bebaut: Bis 1974 entstand dort das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ) mit 295 Wohnungen. „Die weiteren großen Altbauquartiere des Sanierungsgebietes verharrten derweil im Wartestand – mit allen negativen Folgen, die die »Sanierungserwartung« mit sich brachte: Zunächst sprach sich herum, dass »saniert« werden soll. Es entstanden unter den Mietern und kleinen Gewerbetreibenden Unsicherheiten und Ängste. Die ersten zogen weg. Alte und weniger mobile Menschen blieben zurück. Dann wurden die Häuser nach und nach von den Wohnungsbaugesellschaften aufgekauft, die als Sanierungsträger im Auftrag des Senats tätig wurden. Die Altbesitzer versuchten den Verkauf möglichst lange hinauszögern, um durch Unterlassung der Instandhaltung und in Erwartung von Wertsteigerungen möglichst hohe Einnahmen zu erzielen. Die Gebäude verkamen. Freiwerdende Wohnungen wurden an Menschen vermietet, die woanders keine Wohnung bekamen.“21 Wegen der geringen Mietkosten und den vielen freien Wohnungen zogen vor allem ausländische Familien, junge Menschen und Studenten nach Kreuzberg. Die Mietverträge waren bis zum Abriss befristet und deshalb besonders attraktiv für junge Menschen. Im Jahr 1961 zogen vor allem jugoslawische, griechische und türkische Gastarbeiter nach Kreuzberg, die von Berliner Großunternehmen angeworben wurden, Diese Gastarbeiter waren zumeist in der Elektro- und Textilbranche beschäftigt. Die Arbeiter sollten in Kreuzberg nur „für kurze Zeit“ verweilen und dann wieder zurück in ihr Heimatland kehren. Doch viele holten schon nach wenigen Monaten ihre Familien nach Deutschland und brachten sie so ins Berliner Stadtviertel Kreuzberg. Einige der damaligen Gastarbeiter wohnen noch heute in Kreuzberg. Die Gastarbeiter lebten am Anfang in Wohnheimen und fanden dann aber billige Wohnungen. Die Stadtsanierer 20 21 Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 122-123. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 124. - 19 - bezeichneten die Gastarbeiter als „Zwischenmieter“ und sahen in ihnen keine langfristige Wohnungsmieter. Die alten Bauten in Kreuzberg wurden also zum Abriss bestimmt, denn die dortigen Wohnungsverhältnisse entsprachen nicht den aktuellen Wohnstandards Berlins. Die Gastarbeiter wollten ihr hart verdientes Geld für eine neue Existenz im Heimatland sparen. Nachdem die Familien der Gastarbeiter nach Berlin gekommen waren, suchten einige der Frauen einen Arbeitsplatz. Viele von ihnen arbeiteten bei Siemens oder in dem Unterhaltungselektronik-Konzern Telefunken. Die türkischen Frauen unterschieden sich äußerlich sehr von dem heutigen Bild der türkischen Frau in langen, weiten Kleidern und das Haar mit einem Kopftuch bedeckt. Vor allem die jungen, türkischen Frauen kleideten sich der Mode entsprechend, so trugen sie auch die Mini-Mode und das Haar offen, was in Widerspruch zu der islamischen Vorschrift war. Eine weitere Gruppe, die nach Berlin ab 1973 kam, waren sogenannte „Heiratsmigrantinnen“. Sie wurden nicht in den Arbeitsprozess eingegliedert und deswegen lernten auch langsamer die deutsche Sprache. Das gilt auch für die große Gruppe der Asylsuchenden, der politischen Flüchtlinge und der Kurden. Die „zweite Generation“, die in Kreuzberg geboren wurde, ist gut in das deutsche System integriert. Dennoch bezeichnen sie sich häufig als „Heimatlose“, weil sie zwischen den Kulturen stehen.22 3.1 Bohème am Berliner Montmartre Kreuzberg war in den sechziger Jahren sehr alternativ und wurde oft mit dem Pariser Montmartre verbunden und verglichen. Dies erklärt auch der Zeitgenosse Hellmut Kotschenreuther in dem Buch von Barbara Lang: „Was für Paris einst der Montmartre und Montparnasse waren, das wurde für das Nachkriegs-Berlin in einem sehr spezifischen Sinn der Stadtbezirk Kreuzberg: eine Brutstätte und ein Refugium der Nicht-bzw. der Noch-nichtAngepassten, wo das bunte und triste Chaos und der künstlerische Wildfuchs besser als anderswo gediehen.“23 22 23 Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 125. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 114. - 20 - Die Künstlerbohème, aber auch ein soziales Milieu etablierte sich in den heruntergekommenen Altbauten. Sie boten eine unorthodoxe Kunst. Die bekannteste und zugleich wichtigste Institution war die Galerie »Zinke« in der Oranienstraße, die von Robert Wolfgang Schnell, Günter Bruno Fuchs, Günter Anlauf und Sigurd Kuschnerus gegründet wurde. Auf der ersten Vernissage wurde der Bilderzyklus »Berlin von hinten« vorgestellt. Dessen Intention war es gerade etablierten Bürger Einblicke hinter die Mauer zu geben. Fast gegenwärtig organisierte der Maler Kurt Mühlenhaupt in Kreuzberg den ersten „Bildermarkt“. Auf diesem Markt, der am Anfang ein Trödelladen war, durfte jeder Bürger seine Kunst ausstellen. Am wichtigsten waren aber die Kneipen, die den Künstlern als Entfaltungs-, Kommunikations- und Präsentationsraum dienten. In Kreuzberger Kneipen treffen sich derzeit auch noch Prominenten wie Karl Dall, Ulrich Schamoni oder Günter Grass.24 Barbara Lang zitiert den Helmut Kreuzer in ihrem Buch: „Die Kneipen ermöglichen den Zusammenhalt, interne Feste und Sèancen, sie bieten Raum für die intellektuelle Auseinandersetzung oder das persönliche Gespräch, für Spiel und Tanz, schließlich fungieren sie auch als Bühne für Rollen, die man für seines gleichen genauso wie vor dem „bürgerlichen“ Publikum spielt.“ 25 Schlussendlich kann man sagen, die Geschichte und die Entwicklung des Stadtteils Kreuzberg bildeten vor allem die Künstler. Sie lebten in noch nicht renovierten Altbauwohnungen, im unattraktiven Mauerrandgebiet, aber dies bot die Möglichkeiten, die sie noch nie zuvor geboten bekommen hatten. Der vor Barbara Lang analysierten Artikel in die Morgenpost aus dem 15.11.1964 porträtieren die Künstlerviertel so: Kreuzberg „ist und bleibet einer der typischsten Bezirke Berlins: Hier würde Zille heute noch einige seiner Typen und Motive finde. Hier passt immer noch Paule mit dem Leierkasten hin. Hier begegnet einem jetzt noch »een Stück von det olle Berlin«. (…) Und die Menschen (…) Sie sagen zum wildfremden Busnachbarn nicht Herr, sondern Männeken, sie gehen nicht tanzen, sondern zum Schwof. Ein wenig rauh ist manchmal der Ton in SO 36, und wer allzu 24 25 Vgl. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 116. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 116. - 21 - »fürnehm« tut, bleibe lieber in seiner Gegend. Aber wer ihn liebt, der herben Hinterhof-Charme, der wird schnell Freunde finden!26 Der Stadtteil Kreuzberg in sechziger Jahren war bekannt durch den Treff der Bohèmens, der Verkannten und der Intellektuellen. Derzeit vergleicht man dieses Stadtviertel mit Heampstead in London, Greenwich Village in New York oder St.Germain des Près in Paris.27 Dank der Kreuzberger Bohème ist dieses Stadtviertel Zentrum einer lebendigen und innovativen Szene geworden. 4. Die siebziger und achtziger Jahre in Kreuzberg In den siebziger und den frühen achtziger Jahren war Kreuzberg nicht mehr ein romantischer Aussteigerort für Bohèmens, sondern entwickelte sich immer mehr zu einem problematischen Randbezirk. Die neuen sozialen Bewegungen suchten in Kreuzberg einen Ort, an dem sie ihre alternativen Lebens-, Wohn-, und Arbeitsformen realisieren konnten. Politisch wurde Kreuzberg zum Agitationsraum Nr.1 im Kampf gegen das »Schweinesystem« und die Punks, die in der bundesrepublikanischen Gesellschaft keine Zukunft für sich selbst sahen. Sie fanden in Kreuzberg einen passenden Ort, wo man dieser Gesellschaft symbolisch den Rücken kehren konnte.28 Wie Barbara Lang in ihrem Buch beschreibt, ist Kreuzberg von Berliner Montmartre zum „Ghetto“ geworden. In einem Artikel der FAZ erschien: „Kreuzberg ist »deprimierendes«, »hässlich-abstoßendes« und »entsetzliches« Ghetto mit allen Zeichen des Zerfalls, der Verwahrlosung, des Elends.“ 29 Neben den Punks und anderen Bewegungen waren in Kreuzberg auch die Studentenbewegungen aktiv. Sie mobilisierten sich primär in den Stadtvierteln Charlottenburg, Wilmersdorf oder Dahlem. Erst nach dem Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 veränderte sich die Situation schlagartig. In Kreuzberg entstand nun eine wilde, linke Theaterszene, die von dem Regisseure Peter Stein gegründet wurde. 26 Zitiert von Barbara Lang, (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 116. 27 Vgl. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 116. 28 Vgl. Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 120. 29 Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)., S. 120. - 22 - Legendär war auch unter dem Theater gelegene Kneipe Zodiak, die als Proben- und Auftrittsort von Gruppen wie Tangerine Dream gegründet wurde. Zodiak war Geburtsort der elektronischen Musik. Die Studenten wohnten damals in den frei gewordenen Wohnungen, wie beschreibt Martin Düspohl in ihrem Buch: „Sie richteten sich mit Möbeln vom Sperrmüll ein und fühlten sich wohl in dem morbiden Ambiente der zum Abriss freigegebenen Quartiere, lebten von Gelegenheitsjobs und experimentierten mit neuen Lebensformen: Ihren Alltag bestimmten Musik, Kunst, freie Liebe und Marihuana, später auch härter Drogen.“30 Mit den ausländischen Nachbarn verband die Studenten anfänglich wenig. Viele junge Leute, die nach Kreuzberg kamen, stammten aus der schwäbischen Provinz. Sie bildeten bald eine eigene große ethnische Kommunität, die sogar größer als die türkische Kommunität in Kreuzberg wurde. Zu den Neu-Kreuzbergern gehörten damals die Brüder Peter, Gert und Ralph Möbius von dem Hoffmann Comic Theater. Dies war eine linke Theatergruppe, die aus dem Hessischen stammte. Die Gruppe zog in eine Fabriketage in Oranienstraße 45. Bei Auftritten trug sie fantasievolle Masken, hantierte mit stilisierten Requisiten und zum Abschluss jeder Szene wurde ein Song gespielt. 31 4.1 Die erste Hausbesetzung In der Mitte der siebziger Jahre stand das Diakonissen-Krankenhaus Bethanien am Mariannenplatz leer. Die Architektin Sigrid-Zschach plante den Abriss. Es sollte ein großer Wohnungsneubau dort entstehen. Dagegen agitierte ohne große Resonanz eine Stadtteilgruppe. Gegenüber hatte eine Lehrlingsgruppe in einem Fabrikgebäude am Mariannenplatz ein selbst verwaltetes Jugendzentrum gegründet und weitere Räume besetzt. Fernsehen und Rundfunk wurden schnell darauf aufmerksam. Eine Gruppe des Süddeutschen Rundfunks geriet auf dem Mariannenplatz in eine Auseinandersetzung zwischen Polizei und Besetzern. Aus dieser brodelnden Stimmung entstand der Plan, einen Teil des Bethaniens zu besetzen. Am 8. Dezember 1971 starteten daher die Aktivisten bei einem Auftritt der „Scherben“ (eine damalige Band) ein Aufruf für die 30 31 Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 127. Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 127-129. - 23 - Besetzung des Bethaniens. Hunderte Menschen strömten nach dem Konzert in die Alten TU-Mensa und nahmen das ehemalige Schwestern-Wohnheim des Krankenhauses in Besitz. Die Polizei nahm damals keine Notiz von der Besetzung. Wenige Tage zuvor wurde Aktivist des anarchistischen Linken Georg von Rauch erschossen und die Besetzer benannten das Haus nach ihm. Nach langen Verhandlungen gelang die Duldung der Besetzung. Im Jahre 1972 beteiligten sich die Rauch-Haus-Jugendlichen an politischen Kampagnen wie den Protesten gegen die Fahrpreiserhöhungen der BVG. Am 1.Mai 1972 fand in Zusammenarbeit dieser Gruppen das erste große Fest am Mariannenplatz statt. Dies entwickelte sich zu einer langen Tradition von Straßenfesten in Berlin. Nach Besetzung des Bethanien in West-Berlin kam es in weiteren 400 Städten in der BDR zu Hausbesetzungen.32 Am 5. Juni 1977 wurde die leerstehende Feuerwache in der Reichenberger Straße von den Stadtteilgruppen besetzt. Sie wollten dort ein Kommunikationszentrum aufbauen. Sechs Wochen später wurde aber der Raum von der Polizei zwangsgeräumt und abgerissen. Im Frühjahr 1981 bekam die Hausbesetzerbewegung einen Aufschwung, die niemand erwartet hat. Fast jeden Tag wurden in Kreuzberg, aber auch in anderen Bezirken leer stehende Mietshäuser besetzt. 33 „Die Bewegung nutzte das Machtvakuum, das durch den Legitimationsverlust des Berliner Senats (Garski-Bauskandal, Wohnungsnot usw.) entstanden war, und ging in die Offensive. Träume von einer »Freien Republik Kreuzberg« schienen wahr zu werden. Eine eigene Infrastruktur der Szene entstand: ein Frauenstadtteilzentrum in der Mariannenstraße, ein Bauhof für Besetzer in der Manteuffelstraße, das Kunst- und Kulturzentrum »KuKuCK«, der Kinderbauernhof an der Adalbertstraße, das Gesundheitszentrum mit den autonomen Sanitätern im »Heilehaus« Waldemarstraße sowie verschiedene große Projekte, in denen alternative Formen des Zusammenlebens und – Arbeitens entwickelt und erprobt wurden“34 Der SPD/FPD-Senat trat am 15. Januar 1981 zurück. Ein Interims-Senat regierte bis zu den von der Opposition durchsetzen Neuwahlen weiter. Der Interims-Senat entwickelte die „Berliner Linie der Vernunft“. Die besetzten Häuser sollten demnach nur geräumt 32 Vgl.Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 132-133. Vgl. Düspohl,M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 139-140. 34 Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 140. 33 - 24 - werden, wenn es die Eigentümer verlangen und die Voraussetzungen für den sofortigen Beginn von Sanierungsmaßnahmen vorliegen. Im März ließ der Senat drei besetzte Häuser räumen und versuchte danach andere Hausgemeinschaften mit ständigen Durchsuchungen und Ermittlungen weiter unter Druck zu setzen. Bei einer Durchsuchungsaktion wurde am 7. April 1981 der gesamte Besetzerrat festgenommen. Es wurde insgesamt 132 Leute verhaftet, unter anderem auch der Sohn des damaligen Polizeipräsidenten. Die Nummer der besetzten Häuser wuchs an. 1981 waren in Berlin 169 Häuser besetzt, allein 80 davon im Stadtviertel Kreuzberg. Die Situation verschärfte sich als der Bausenator Rasremborski veranlasste, neun besetzte Häuser zu räumen. Die Besetzter riefen den Krieg aus. Am 22. September 1981 kam es zur radikalen Räumung von acht besetzten Häusern, dabei wurde der junge Demonstrant Klaus-Jürgen Rattay von einem BVG-Bus überfahren.35 Der stetige Anstieg der Gewalt beider Seiten entfernte sich immer weiter von dem gewünschten Ziel einer friedlichen Lösung. Man diskutierte intensiv über Legalisierung der besetzten Häuser. Im September 1983 unterzeichnete der Senat einen Vertrag, indem festgelegt wurde, dass acht besetzte Häuser in Kreuzberg legalisiert und selbstverwaltet saniert werden können. Im Februar 1982 entstanden zwölf Grundsetzte der „Behutsamen Stadterneuerung“, die in Kurzfassung lauteten: 1. Die Erneuerung muss mit den Bewohnern geplant und substanzerhaltend realisiert werden. 2. Planer, Bewohner und Gewerbetreibende sollen in Zielen und Erneuerungsmaßnahmen übereinstimmen. Technische und soziale Planung müssen Hand in Hand gehen. 3. Die Eigenart Kreuzbergs soll erhalten und Vertrauen wiedergeweckt werden. Substanzbedrohende Bauschäden sind sofort zu beseitigen. 4. Behutsame Grundriss-Änderungen sollen neues Wohnen ermöglichen. 5. Erneuerung soll stufenweise erfolgen. 6. Der Bestand soll durch wenige Abrisse, Hofbegründung und Fassadengestaltung verbessert werden. 35 Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 140. - 25 - 7. Öffentliche Einrichtungen, Straßen, Plätze und Grundflächen sind bedarfsgerecht zu erneuern und zu ergänzen. 8. Beteiligung und materielle Rechte der Betroffenen bei der Sozialplanung müssen geregelt werden. 9. Alle Entscheidungen müssen offen gefunden und möglichst vor Ort diskutiert werden. Betroffenenvertretungen sind zu stärken. 10. Stadterneuerung bracht Vertrauen, feste Finanzzusagen und Gelder, die schnell und fallbezogen bereitstehen. 11. Neue Trägerformen sind zu entwickeln, treuhänderische Sanierungsaufgaben und Baumaßnahmen sind zu trennen. 12. Die behutsame Stadterneuerung muss langfristig gesichert sein. 36 Die Modernisierung und Instandsetzung der Wohnungen geschah häufig in baulicher Selbsthilfe zusammen mit den Initiativgruppen. Insgesamt wurden 90 000 Quadratmeter Gewerbeflächen modernisiert, so entstanden neue Gewerbehöfe und kleinere Fabriken. Neben den schnellen Instandsetzungen wurden die Errichtung von Kindertagesstätten und Nachbarschaftstreffpunkten sowie die Verbesserung der Schulgebäude betrieben. Es wurde auch ein neues Kreuzberger Zentrum geschaffen und weitere Projekte realisiert. Im März 1987 nahmen viele Stadteilbewohner an der Protestaktion „Berlin wird helle“ gegen die geplante Aufhebung der gesetzlichen Mietpreisbindung teil. Der Demonstrationstag fiel auf den 1.Mai, Ausschreiten und Krawalle wiederholen sich seitdem regelmäßig bis heute. 37 36 37 Düspohl,M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte. , S. 143-144. Düspohl,M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 146. - 26 - 4.2 Mauerfall 9. November 1989 und seine Folgen Am 9. November 1989 fiel nach über 28 Jahren die Berliner Mauer. Für Kreuzberg aber auch für Friedrichshain bedeutete die Überwindung der betonierten Grenze die Rückkehr ins Herz der Stadt. „Noch in der Nacht war die Oberbaumbrücke über die Spree wieder passierbar –allerdings nur von Ost nach West. Morgens rollten Trabis und Ladas über den Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße zum Moritzplatz. Quasi über Nacht war Kreuzberg von seinem Nischendasein wieder ins Zentrum Berlins gerückt. Der Weg zurück in die Berliner Normalität verlief aber alles andere als geradlinig. Schon bald griff die Furcht um sich, der Kreuzberger Ortsteil SO 36 könne im Zuge der Wiedervereinigung und später des Regierungsumsatzzuges Heimstatt für Yuppies und Besserverdienende werden, zum Nachteil der dort lebenden Bevölkerung.“ 38 Stattdessen wurde aber Kreuzberg ärmer und die Erwerbslosigkeit stieg an. Die türkischen Arbeitnehmer mussten ihre Arbeitsplätze den billigeren Kollegen aus dem Ostteil überlassen. Kleine Geschäfte im Kiez konnten dem Druck nicht standhalten und zogen um oder schlossen ihre Türe für immer. Die günstigen noch nicht sanierten Wohnungen in den Ostbezirken wie Friedrichshain oder Mitte zogen vor allem die Studenten an. Viele Familien nutzten die Möglichkeit mit staatlichen Hilfen ein Reihenhaus zu erwerben oder zogen in ein renommierteres Stadtviertel um. 39 „Von der Hauptstadtentscheidung des Deutschen Bundestages, dem Hauptstadtvertrag und den im Berlin-Bonn-Gesetz getroffenen Entscheidungen, das neue politische Zentrum des Staates in Berlin zu schaffen, blieben auch die weiteren städtebaulichen Planungen in den Bezirken Friedrichshain und Kreuzberg nicht unberührt. Sie eröffneten beiden zentrumsnahen Bezirken mit ihren Wachstum Potenzialen (z.B. zwischen Alexanderplatz und Ostkreuz, an den Regionalbahnhöfen, dem Spreegürtel entlang der Schlesischen Straße und dem Gebiet um die Kochstraße) Entwicklungschancen.“40 38 Duspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 149. Vgl. Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 150-151. 40 Chod, K.. und Schwenk, H. und Weißpflug, H. (2003): Berliner Bezirkslexikon FriedrichshainKreuzberg., S. 61. 39 - 27 - 5. Die neunziger Jahre Die öffentlichen Mittel für die Stadterneuerung im Viertel Kreuzberg wurden drastisch gekürzt, weil das vorhandene Geld im Ostteil dringender benötigt wurde. Mieterläden, Beratungseinrichtungen und viele Initiativen mussten ihre Aktivitäten einstellen. Für manche war Kreuzberg 36 am Ende der 90er ein „Loser-Bezirk“ geworden. Es waren aber auch positive Tatsachen in Kreuzberg zu verzeichnen, z.B. eine gute Versorgung mit Kindereinrichtungen, Schulen und Geschäfte für den täglichen Bedarf, die gute Nachbarschaft und vor allem das Zusammengehörigkeitsgefühl im multikulturellen Kiez. Auch die Kultur-, Bildungs- und Vergnügungsangebot war sehr hoch anzusehen. „Die zweite und dritte Generation der Arbeitsmigranten war in den 90er Jahren schon viel stärker mit den Lebensbedingungen des Aufnahmelandes ihrer Eltern und Großeltern verwachsen – nur dass diese sich inzwischen auch verändert hatten.“ 41 Deutschland und Berlin waren vornehmlich im Westen in vielerlei Hinsicht internationaler geworden. Lebensgewohnheiten, Geschmack und die deutsche Sprache hatten sich auch unter dem Einfluss der Migration verändert. „Trotzdem wird bei türkischstämmigen Jugendlichen, die in Berlin-Kreuzberg geboren sind und nur noch wenig Kontakt zum Heimatland ihrer Eltern oder Großeltern haben, und die die türkische Sprache, insbesondere die Schriftsprache, nur unzureichend oder gar nicht beherrschen, heute –mehr als zwanzig Jahre – ein wachsender „türkischer Nationalismus“ beobachtet, häufig gepaart mit einer neuen Frömmigkeit, also Hinwendung zu den Angeboten der Moscheevereine.“42 Diese Entwicklung ist auch ein Ergebnis der Nachwendezeit. Die wirtschaftlich unabhängigen und mobilen Bevölkerungsteile kehrten dem Bezirk nach und nach den Rücken. Die ethnische und soziale Durchmischung war in SO 36 in vielen Straßenzügen und in den Schulen bald nicht mehr vorhanden. 41 42 Düspohl. M. (2002): Kleine Kreuzberg Geschichte. S. 152. Düspohl.M. (2002): Kleine Kreuzberg Geschichte. S. 152. - 28 - Der Ausländeranteil in Kreuzberg stieg stetig an, daher ist das Stadtviertel noch multikultureller geworden. Im Unterschied zu den 60er und 70er Jahren, als in Kreuzberg vor allem türkische Mitbürger lebten, wohnen in den 90er Jahren viele unterschiedliche Kulturen und Menschen aus ganzen Europa und sogar der ganzen Welt im Stadtviertel. Viele von diesen zugezogenen Menschen waren politische Flüchtlinge. Die Gründe für das Verlassen ihrer Heimat waren Kriege, Folter, Repression oder rassistische Verfolgung. Im Stadtviertel Kreuzberg fanden palästinensische Flüchtlinge aus dem Libanon, iranische Flüchtlinge, politisch Verfolgte aus dem Irak und Afghanistan, Anhänger der politische Opposition gegen die Militärdiktaturen in Polen und Türkei, Kurden oder auch Juden aus den GUS Staaten eine neue Heimat. Auch heute noch bilden sie einen beträchtlichen Anteil der Kreuzberger Bürger. Die bevölkerungsgrößte Gruppe unter ihnen bilden die Polen und die Palästinenser. Die Migranten aus der Türkei bilden in Kreuzberg eine große Kommunität mit einer eigenen Infrastruktur. Die polnischen Mitbürger bemühten sich ebenfalls schnell sich an das neue Leben anzupassen. Daher hinterließen sie Spuren auch im Kreuzberger Kulturbetrieb. In der Oranienstraße 34 saß der Polnischer Sozialrat, welcher Beratung und verschiedene Veranstaltungen für Zuwanderer aus Polen bietet. Auf dem Höhepunkt der Fluchtbewegungen nach Deutschland 1992 stellten insgesamt 438 191 Menschen einen Asylantrag. Im folgenden Jahr wurde das Asylgesetzt in Deutschland stark verändert und die Zahlen sanken rapide. 43 Es kam auch zu einer großen Veränderung im äußeren Bild des Stadtviertels. Zwischen 1990 und 1997 wurden über 5500 Baugenehmigungen erteilt und über 270 Neubauten errichtet. Das Kreuzbergdenkmal wurde mit einem Kostenaufwand von ca. 6,5 Million DM rekonstruiert, ebenso wie die Thomas-Kirche und andere Baudenkmale. Im historischen Areal SO 36 hielten Studios und Büros im alten Fabrikgebäude Einzug, das Gebiet erhielt nach dem Mauerfall eine besonders günstige Anbindung an den Friedrichshainer Teil. Auch im Beriech der alten Industriestandorte siedelten sich neue Gewerbe und Dienstleistungsbetriebe an. 44 43 Düspohl, M. (2002): Kleine Kreuzberg Geschichte. S 154-155. Chod, K. und Schwenk, H. und Weißpflug, H. (2003): Berliner Bezirkslexikon FriedrichshainKreuzberg., S. 63-64. 44 - 29 - Ein bedeutender Anlass des 90er ist die Bezeichnung der Oberbaumbrücke (siehe Anhang. Nr.6) als Symbol des alten Bezirks. Am 14. Oktober 1995 kam eine Wiederinbetriebnahme der U-Bahn Strecke. Die Linie U1 fuhr nun zum ersten Mal nach der Wende durch Oberbaumbrücke von der östlichen Warschauer Straße zum westlichen Schlesischen Tor und zurück.45 Bis 1997 wurden in Kreuzberg zahlreiche Baugenehmigungen erteilt und über eine Vielzahl an Neubauten errichtet. Das historische Zeitungsviertel um die Kochstraße herum, wurde durch den Axel-Springer-Komplex bebaut und ein „World Fashion Center“ aufgebaut, dies soll an die Kreuzberger Tradition als Textilstandort erinnern. Auch im Bereich der Industriestandorte an der Schlesischen Straße (Siehe Anhang. Nr.7) siedelten sich neue Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben an. Alte Industriestandorte wurden durch neue Konzepte wirtschaftlich wiederbelebt. 5.1 Die East Side Gallery Der längste erhaltene Abschnitt der Berliner Mauer steht an der Grenze zwischen Kreuzberg und Friedrichshain. Dieses Mauerstück ist etwa 1,3 Kilometer lang und wurde im Frühjahr 1990 von Künstler aus 21 Ländern verschönert. Eines der bekanntesten Bilder der East Side Gallery ist ein durch die Mauer brechender Trabant von Birgit Kinder, als Symbol der Wiedervereinigung. (Siehe Anhang. Nr.8) Neben diesem Bildnis hat der russischen Künstler Dmitrij Vrubel einen Bruderkuss zwischen Erich Honecker und Leonid Iljitsch Brezhnev dargestellt. (Siehe Anhang Nr.9) Dieses riesige Ensemble aus vielen verschiedenen Bildern wurde offiziell im September 1990 eröffnet. Anfänglich war geplant, dieses verbleibende Stück Berliner Mauer als Wanderausstellung durch die ganze Welt zu schicken. Dies würde aber durch die deutsche Stiftung Denkmalschutz verhindert, welche das Gesamtkunstwerk im November 1991 unter Denkmalschutz stellte und somit den Abbau der East Side Gallery verhinderte. Auch in der Gegenwart ist das Bildensemble an der Berliner Mauer ein beliebtes Reiseziel von Menschen aus aller Welt. 45 Chod, K.. und Schwenk, H. und Weißpflug, H. (2003): Berliner Bezirkslexikon FriedrichshainKreuzberg., S. 63. - 30 - 6. Die Fusion von Kreuzberg und Friedrichshain am 1.1.2001 Der letzte große Einschnitt in der Kreuzberger Geschichte war der Verlust seiner selbstständigen Existenz als Bezirk im Jahre 2001. In der Bezirksreform wurde festgelegt, dass der Stadtteil Kreuzberg mit dem ehemaligen Ostberliner Stadtviertel Friedrichshain fusioniert. Diese Reform trat am 1. Januar 2001 in Kraft. Nach jahrelangen Diskussionen hatte sich der damalige Koalitionsausschuss der Berliner SPD und CDU darauf geeinigt, die Zahl der Bezirke zu reduzieren. (vgl. Kapitel 1, S.) Es war das größte Reformprojekt in der Verwaltung der Hauptstadt seit 1920. Die fusionierten Bezirke Friedrichshain und Kreuzberg hatten im Jahr 2001 ungefähr 250 000 Einwohner und einer Gesamtfläche von 2016 ha.46 Die beiden Ortsteile verbindende Oberbaumbrücke ist zum Symbol des neuen Bezirks geworden. „ Eine Viertel Million Menschen aus ungefähr 148 Nationen und Ethnien lebt heute im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg friedlich zusammen – manchmal eher nebeneinander als miteinander. Über die Jahre und Jahrhunderte hinweg gaben die Kreuzberger durch die Vermischung ihrer jeweiligen Traditionen und Kulturen und mit ihrem Gestaltungswillen und ihrer Durchsetzungskraft der lokalen Gesellschaft immer mehr wieder ein neues Gesicht. „47 Der fusionierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist ein bedeutender wirtschaftlicher Standort geworden. Gleiches gilt auch für die kulturellen Traditionen. Als Kulturmagnet zählen die Theater, die Museen, zahlreiche Ausstellungsprojekte und die Galerien. Sehr bedeutend ist der Ausstellungsort „Topographie des Terrors“ geworden. Weitere Attraktionen sind Kabaretts, Kinos, Kneipen und Restaurants. Der neue Fusionsbezirk verfügt über 18 öffentliche Bibliotheken. 48 46 Vgl. Chod, K. und Schwenk, H. und Weißpflug, H. (2003): Berliner Bezirkslexikon FriedrichshainKreuzberg., S. 65. 47 Düspohl, M. (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte., S. 157. 48 Chod, K. und Schwenk,H. und Weißpflug, H. (2002): Berliner Bezirkslexikon FriedrichshainKreuzberg., S. 64. - 31 - 6.1 Topographie des Terrors Auf dem heutigen Gelände der Ausstellung „Topographie des Terrors” befanden sich von 1933 bis 1945 die wichtigsten Zentralen des nationalsozialistischen Terrors im deutschen Reich. Hier befanden sich die Reichsführung der SS, das Geheime Staatspolizeiamt und während des Zweiten Weltkriegs auch das Reichssicherheitshauptamt. Nach dem Ende des Krieges wurde das Gelände vollständig planiert. Erst 1987 wurde es unter dem Namen „Topographie des Terrors” der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Unter den zahlreichen Erinnerungsorten, Denkmälern und Museen über die nationalsozialistische Zeit in Berlin nimmt die „Topographie des Terrors” als „Ort der Täter” eine besondere Stellung ein.49 Im Zentrum der Hauptstadt informiert sie am authentischen Ort über die Zentralen des SS- und Polizeistaats und macht die europäische Dimension der NS-Schreckensherrschaft sichtbar. Es soll als Mahnmal gesehen werden. Die Eröffnung des Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ sowie des neu gestalteten historischen Geländes erfolgte am 6. Mai 2010. 6.2 Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg Seit 1978 beschäftigte sich das Kunstamt Kreuzberg mit der Historie des Stadtviertels und seit 1990 hat das Museum ein eigenes Haus in der Adalbertstraße. Auch das im Jahre 1987 entstandene Heimatmuseum in Friedrichshain verbarg interessante Schätze und deshalb wurden im Jahre 2005 nach der Fusion der beiden Stadtviertel auch beide Museen zusammengeführt. Seither trägt die Institution den Namen Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg. Das Museum und seine Mitarbeiter befassen sich mit der Geschichte beider Ortsteile. Als Ausstellungs- und Veranstaltungsort trägt das gemeinsame Haus in der Adalbertstraße den Namen Kreuzberg Museum. ( siehe Anhang. Nr.10) Das Fabrikgebäude, wo sich die Veranstaltungen befinden, bietet einen authentischen Hintergrund für die historische Druckerei und Setzerei des Museums. Ursprünglich befand sich dieses Gebäude im Hinterhof, aber im Zuge der ersten Sanierung wurde es am Anfang der siebziger Jahre abgerissen. So entstand vor dem Gebäude Platz für Spielflächen und eine Grünanlage. Der Altbau wurde komplett restauriert. 49 Vgl. URL:< http://www.topographie.de/historischer-ort/>[zi.2011-05-24]. - 32 - Das Museum funktioniert als Gedächtnis des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Zu dem wichtigsten Arbeitsbereich gehört ohne Zweifel das umfangreiche Archiv zur Geschichte beider Ortsteile. Dazu bietet das Museum wechselende Ausstellungen zur Regional- und Stadtgeschichte. Es geht vor allem um Themen wie Zuwanderung, Industrie und Gewerbe. Weiterhin wird in einer Dauerausstellung zu der Stadtentwicklung und Migrationsgeschichte informiert. In der ersten Etage ist derzeitig eine Ausstellung mit der Name: Stadtentwicklung, Stadtsanierung und Protestbewegung: Geschichte wird Gemacht! Diese Ausstellung wurde von mehr als 60 Leute errichtete und sie zeigt die Geschichte der Stadtsanierung und Protestbewegungen am Kottbusser Tor. Dem Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg unterliegt auch das lokalgeschichtliche Archiv und die Studiensammlung, die als Serviceeinrichtung funktioniert. Es ist ein sogenanntes Beratungsbüro z.B. für Wissenschaftler, Lehrer und Schüler oder Geschichtswerkstätten. Die Sammlung des Museums dokumentiert die historische Stadtgestaltung und das Leben in Kreuzberg und Friedrichshain durch verschiedene Materialien wie Fotos, Ansichten, Postkarten und anderes Bildmaterial. In der Präsenzbibliothek sind hauseigene Archiv- und Schriftensammlungen zur Friedrichshain-Kreuzberger und Berliner Geschichte. Unter anderem veranstaltet das Museum verschiedene Stadtführungen wie Theodor Fontane in Kreuzberg, Vom Kotti zum Bethanien das legendäre SO36, Juden in Kreuzberg, Zeitungsstadt Berlin, Kreuzberg radikal oder X-Berg-Tag. Bei der Veranstaltung X-Berg-Tag laden fünf türkische Kreuzbergerinnen die Besucher zu einer Reise nach „Klein Istanbul“ in Kreuzberg ein. Inbegriffen ist der Besuch des Kreuzbergmuseum, einer Kreuzberger Moschee und ein gemeinsames Mittagessen im türkischen Restaurant. Das Bezirksmuseum bietet also den Besuchern viele - 33 - Möglichkeiten, diese Stadtviertel auch auf multikultureller Ebene besser zu kennenlernen.50 6.3 1. Mai in Friedrichshain-Kreuzberg Die Demonstrationen am 1. Mai haben eine lange Tradition. Als einer der ersten traurigen Höhepunkte gilt ein Streit am 1. Mai 1929. Vorweg wurden sämtliche Demonstrationen verboten um Unruhen in der Bevölkerung zu vermeiden. Als sich aber am 1. Mai 1929 viele Menschen in mehreren Bezirken versammelten, griff die Polizei unter Leitung des sozialdemokratischen Polizeipräsident Karl Zörgiebel ein und machte von ihren Schusswaffen rigoros Gebrauch. Die traurige Bilanz der Tage vom 1. bis 3. Mai 1929 sind 32 tote Demonstranten und mehrere Schwerverletzte. Die Maidemonstration im Jahr 1929 ging als „Blutmai“ in die Geschichte ein. Einen weiteren traurigen Höhepunkt des 1. Mai in Berlin kann auf das Jahr 1933 datiert werden. Die Nationalsozialisten machten den 1. Mai zum „Feiertag der nationalen Arbeit“ und im Reich wurden überall Großveranstaltungen organisiert, so kam es im Jahr 1933 auch in Berlin zu einem „Nazi – Aufmarsch“. Auf dem Tempelhofer Feld fand die damals angeblich größte Menschenversammlung aller Zeiten in Berlin statt. Es nahm sich rund 1,5 Millionen Menschen an der Veranstaltung der Nationalsozialisten und über allem wehten die Hakenkreuzfahnen.51 „Den Ausgangpunkt für die Tradition der eigenständigen Revolutionären 1.MaiDemonstration in Berlin legten die Ereignisse des Jahres 1987… Nach dem Zerfall der Hausbesetzerbewegungen in Westberlin überlebten die Autonomen als eigene politische Richtung, diversifizierten sich aber an viele Kleingruppen, die sehr unterschiedliche Themenfelder zu ihrem jeweiligen Hauptanliegen machten (Anti-AKW – vor allem Gorleben und Wackersdorf, Antimilitarismus, Theoriefragen, Kaffeeklatsch-Kampagne, die Zeitschrift radikal). Insgesamt wurde diese Zeit als Phase der Stagnation, ohne Bewegungsdynamik, bewertet.“52 50 Vgl. URL: <http://www.kreuzbergmuseum.de/fileadmin/user_upload/dokumente_presse/Imagebroschuere_BM_FK_ 72dpi.pdf> [zit. 2011-05-21]. 51 Rucht, D. (2003): Berlin, 1.Mai 2002 Politische Demonstrationsrituale., S. 24-25. 52 Rucht, D. (2003): Berlin, 1.Mai 2002 Politische Demonstrationsrituale., S. 57. - 34 - Die politische Großwetterlage in West-Berlin im Jahre 1987 war geprägt durch die 750Jahr-Feier Berlins und den Volkzählungsboykott. Kreuzberg war ein Stadtteil, in deren die Hausbesetzerbewegung zwar durch die unterschiedlichsten repressiven und integrativen Sozial- und Sicherheitsstrategien eingedämmt war, die sozialen und politischen Widersprüche aber immer härter wurden. Das wurde besonders durch die prekäre soziale Lage deutlich. So hatten etwa 50 Prozent der deutschen und etwa 70 Prozent der ausländischen Bewohner Kreuzbergs weder eine Ausbildung noch einen Arbeitsplatz. „In der Nacht vom 1. zum 2. Mai explodierte dieses Gemisch aus Frustration, Wut und Armut im berühmt-berüchtigten Kiez-Aufstand von 1987. Am Vortag hatte die Polizei eine Razzia in einem Volkzählungsboykott-Büro durchgeführt. Daraufhin gab es den Versuch, am 1.Mai eine Spontandemonstration u.a. gegen die Durchsuchung des Büros abzuhalten. Die Polizei verhinderte dies rigoros und startete darüber hinaus laut Augenzeugenberichten Provokationen gegen das Stadtfest am Lausitzer Platz in SO 36. Dieses wurde von vielen linken Gruppen, die ein breites Spektrum (von radikal bis reformerisch) abdeckten, getragen und organisiert. Daraufhin eskalierte die Situation vollends. Große Teile der Stadtteilbevölkerung veranstalten zusammen mit Autonomen und Migrantengruppen der zweiten und dritten Generation (vor allem aus der Türkei), die diversen autonomen Publikationsorganen als treibende Kraft der Ausschreitungen benannt werden, schwere Randale in SO36“53 So kam es zu mehreren Straßenschlachten zwischen den Einwohnern Kreuzbergs und der Polizei, die sich gegen 23:00 Uhr aus dem Kiez rund um die Skalitzer Straße zurückzog. Daraufhin wurden dutzende Geschäfte beschädigt und geplündert, darunter auch der berühmte Supermarket „Bolle“ an der Wiener Straße, welcher vollkommen abbrannte. Dessen Ruine steht noch immer und kann als Mahnmal betrachtet werden. Erst in den frühen Morgenstunden (gegen 3:00) rückten verstärkte Polizeikräfte mit Wasserwerfern, Panzerwagen und schweren Räumgeräten im Kiez an und brachte die Lage unter Kontrolle. Bei dieser Krawallnacht wurden 47 Demonstranten festgenommen. Diese heftigen, sozialen Revolte und Ausschreitungen waren auch für die Politiker der Stadt sehr überraschend. Insgesamt überwog die Sicht, dass die Autonomen bei Krawallen als einzige politisch, bewusste Kraft aufgetreten seien. Aufgrund des 1. Mai 1987 begannen einige autonome Gruppen mit der Organisierung 53 Rucht, D. (2003): Berlin, 1.Mai 2002 Politische Demonstrationsrituale., S. 57-58. - 35 - autonomer Stadtteilarbeit. Es sollte um die Übernahme einer Art von politischer Verantwortung gehen, um die Sozialbeziehungen und um die Verankerung in Kreuzberg. Die Stadtteilarbeit manifestierte sich u.a. in einer Reihe von Aktion zur Wohnungsnot und zur Umstrukturierung.54 Die Straßenschlachten wiederholen sich in Kreuzberg jedes Jahr. Die betrunkenen Randalierer, Linksautonome und junge Ausländer attackieren die Polizei mit Flaschen oder Steinen. Die Sicherheitskräfte setzen jährlich Tränengas, Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Auf beiden Seiten sind jedes Mal zahlreiche Verletzungen zu verzeichnen. (siehe Anhang Nr.11 ) Auch die Ausgaben für die Polizeieinsätze werden von Jahr zu Jahr höher. Seit 2006 haben sich die Kosten rund um den Demonstrationstag fast verdoppelt, dies belegt Martin Kaul in seinem Artikel: „1.Mai kostet 5 Millionen Euro“, welcher im taz.de erschien: „Demnach kostete die Polizei der Einsatz im Jahr 2006 noch rund 2,9 Millionen Euro, im Jahr 2007 rund 2,8 Millionen Euro uns stieg dann jährlich an. Für das Jahr 2008 beziffert die Polizei ihre Kosten auf rund 3 Millionen Euro, 2009 auf rund 3,2 Millionen Euro. Der teuerste Einsatz folgte 2010 mit rund 5 Millionen Euro.“55 III. Praktischer Teil Im praktischen Teil dieser Abschlussarbeit werden eigene Untersuchung und Erkenntnisse beschrieben. Die Untersuchung wurde im Zeitraum vom 21. April bis 25. April 2011 in Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin durchgeführt. Der Bestandteil dieser Erforschung war ein Fragebogen, der für Friedrichshainer und Kreuzberger Bewohner festgesetzt war. Die Autorin dieser Arbeit absolvierte auch im Rahmen des DAAD Stipendiums von der Universität Bayreuth ein kurzfristiger Studienaufenthalt in Friedrichshain-Kreuzberg. Dieser Studienaufenthalt verlief vom von 1. bis 10.Oktober 2010 und die Autorin sammelte dort vor allem die notwendige Materiale für ihre Abschlussarbeit. 54 55 Vgl. Rucht, D.(2003): Berlin 1.Mai 2002 Politische Demonstrationsrituale., S. 57-59. Vgl. URL:< http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/1-mai-kostet-5-millionen-euro/>[zit. 2011-9-6]. - 36 - 1. Ziel der Forschung Ziel der Forschung ist die Festgestellung, wie die heutigen Bewohner das Stadtviertels Friedrichshain-Kreuzberg wahrnehmen. Weiterhin wurden spezifische Fragen zum jeweiligen Stadtteil vor und nach der Wende gestellt. 2. Hypothesen: H1 – Die Friedrichshainer werden unterschiedlich antworten auf die Fragen über Wende, als die Kreuzberger. H2 – Die Bewohner des heutigen Stadtviertels Friedrichshain-Kreuzberg sind stolz auf die spezifische Atmosphäre und Multikulturalität in ihrem Stadtviertel. H3 – In Kreuzberg sind auch manche Bewohner, die in Kreuzberg zu viele Türken finden. H4 – Den ersten Mai in Kreuzberg bedeutet für alle Menschen nur die Krawallen. 3. Beschreibung der Untersuchung und eigene Erkenntnisse Die Untersuchung wurde im Zeitraum vom 21. April bis 25. April 2011 in Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt. Es wurde insgesamt 105 Fragebogenexemplare verschickt, 15 davon per E-Mail, wobei die Rückgewinnung leider nullstellig war. Von insgesamt 105 Fragebögen wurden 50 beantwortet. 25 davon wurden von Bürgern aus dem ehemaligen Stadtviertel Kreuzberg ausgefüllt und 25 von Bewohnern aus dem ehemaligen Stadtteil Friedrichshain. Die Stückanzahl der Fragebögen ist absichtlich homogen gewählt, damit die Forschung und die ermittelten Ergebnisse möglichst exakt ausgewertet werden können. Der Fragebogen war lediglich für Bewohner ab dem 40sten Lebensjahr bestimmt. Die Bedingung für das Ausfüllen des Fragebogens war, dass die Menschen vor und nach der Wende entweder in Friedrichshain oder Kreuzberg lebten. In Kreuzberg war es besonders schwierig passende Respondierte zu finden, da hier vor allem Nicht-Berliner - 37 - oder nicht gebürtige Kreuzberger leben. Auch die Zusammenarbeit mit der türkischen Bevölkerung gestaltete sich als sehr schwierig. Als Argument gegen das Ausfüllen des Fragebogens wurde oft die Fremdheit der deutschen Sprache genannt, obwohl die Mehrheit der Befragten die deutsche Sprache besser beherrschte als ich. Ein weiteres Argument war, dass sich die türkischen Bewohner Kreuzbergs nicht als wirkliche deutsche Bürger betrachten und somit nichts zur deutschen Geschichte Kreuzbergs sagen konnten oder wollten. Auch meine Erläuterungen, dass sie ein wichtiger Bestandteil Kreuzberges sind und dessen Geschichte maßgeblich geprägt haben, waren vergeblich. Schlussendlich gestaltet sich die Erhebung des Fragebogens als äußerst schwierig. Wiederum große Bereitschaft fand ich bei den älteren Bewohnern Kreuzbergers. Die mir auch versicherten, echte Kreuzberger zu sein. Ich traf sehr interessante und nette Menschen, mit denen ich durchschnittlich eine Stunde sprach. Aus den geführten Interviews erkannte ich schließlich, dass nicht nur junge Menschen, sondern auch ältere Bewohner Kreuzbergs sehr tolerant und aufgeschlossen sind. Sie wirkten sehr stolz auf ihr multikulturelles Stadtviertel. Meine Erkenntnis, dass die Mehrheit von den Kreuzberger Bürgern kaum oder sogar keine Vorurteile gegenüber Ausländer haben, hat mich fasziniert. Diese Entwicklung ist natürlich in Großstädten ganz normal, aber nicht ganz Berlin ist so „bunt“, voll von Freiheit und Demokratie wie der Stadtteil Kreuzberg. Die Annäherung der spezifischen Atmosphäre im heutigen Friedrichshain-Kreuzberg ist im Anhang Nr. 12 und 13. Der Fragebogen enthält insgesamt zehn Fragen. Fünf Fragen waren geschlossene Fragen (Frage Nr. 1,2,4,6 und 8). Bei den übrigen fünf Fragen (3, 5,7,9 und 10) hatten die Befragten genügend Platz ihre Antworten zu erweitern. Der vollständigen Fragebogen befindet sich im Anhang Nr. 14. Ich war bemüht die Fragebögen in persönlicher Begegnung zu verteilen, da ich mir so eine größere Resonanz auf meine Fragen erhoffte. Weiterhin verteilte ich meine Fragenbögen in verschiedenen Straßen in Kreuzberg, um eine Objektivität zu schaffen. Die Forschung in Kreuzberg lief in der Umgebung von der U-Bahn Stationen: Schlesischen Tor, Kottbusser Tor, im Viktoria Park, im Görlitzer Park und in der Oranienstraße in SO 36. In Friedrichshain fand die - 38 - Befragung in der Umgebung von der U-Bahn Station Frankfurter Tor, im Volkspark Friedrichshain, am Boxhagener Platz und an der Karl-Marx-Allee statt. 3.1 Reliabilität Bei der widerholten Befragung kann man ähnliche Ergebnisse erwarten und deshalb ist die Reliabilität verlässlich. 3.2 Validität Die Validität ist genügend, weil die geforderten Daten gesammelt wurden. Der Fragebogen, den ich persönlich verteilt habe, kann als bessere Forschungsmethode gegenüber dem E-Mail Versand, ansehen werden. Das Versenden des Bogens per EMail erfüllte keinerlei Erwartungen. Aus 15 E-Mails, die vor allem an Ämter, Organisationen, Museums, Bibliotheken und Schulen verschickt wurden, bekam ich keine Reaktion. Diese Methode ist deshalb als ungenügend anzusehen. 3.3 Repräsentativität / Objektivität Es wurde 50 vollständig ausgefüllten Fragebögen gesammelt, wobei der männliche Anteil der Befragten höher ist als der weibliche Anteil (58% zu 42%). Insgesamt wurde 105 Fragebogen verteilt. 15 Fragebögen habe ich per E-Mail versandt, die übrigen 90 Fragebögen habe ich persönlich verteilt. Von den 90 verteilten Fragebögen bekam ich exakt 50 ausgefüllte Fragebögen zurück, somit wurden 52,2 % aller Fragebögen ausgefüllt und mir zurück gesandt. 4. Auswertung der Fragen Von allen Befragten sind 58% männlich und 42% weiblich. Der größte Teil der Respondierten ist zwischen 41 bis 50 Jahren alt und somit beträgt ihr Anteil 42 %. 36 % der Befragten ist zwischen 51 und 60 Jahren alt und 18 % der Respondierten zwischen 61 und 70. Lediglich 4 % der befragten Bewohner waren über 71 Jahre alt. 50% der Respondierten wohnten in ehemaligen Ostteil Friedrichshain und 50% kamen aus dem ehemaligen Stadtviertel Kreuzberg. - 39 - Frage Nr. 1 - Waren Sie VOR der Wende in Ihrem Stadtviertel mit dem Lebensniveau zufrieden? Die erste Frage gibt Auskunft über den Zufriedenheitsgrad der Bewohner mit ihrem Lebensniveau in ihrem jeweiligen Stadtviertel vor der Wende. Im West-Berliner Kreuzberg beantworteten 84 % der Bewohner mit zufrieden, 8 % waren unzufrieden und wiederrum 8 % beantworteten diese Frage nicht. Im Ost-Berliner Stadtteil Friedrichshain waren 52 % mit dem Lebensniveau zufrieden, 40 % waren nicht unzufrieden und 8 % der Respondierten beantworteten diese Frage nicht. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bewohner beider Stadtteile mit dem Lebensniveau zufrieden waren. In Kreuzberg antworteten wesentlich mehr mit zufrieden, hier muss man aber auch den Hintergrund des besseren West-Berliner Lebens allgemein betrachten. (Die Graphik Nr. 1 befindet sich im Anhang Nr.14) Frage Nr. 2 - Sind Sie jetzt NACH der Wende in Ihrem Stadtviertel mit dem Lebensniveau zufrieden? Die zweite Frage gibt Auskunft über den Zufriedenheitsgrad der Bewohner mit ihrem Lebensniveau in ihrem jeweiligen Stadtviertel nach der Wende Im West-Berliner Kreuzberg sind 92 % der Bewohner zufrieden, 4 % unzufrieden und 4 % beantwortete diese Frage nicht. Im Ost-Berliner Friedrichshain kreuzten 84 % zufrieden und 16 % unzufrieden an. Diese Frage zeigt deutlich, dass die Bewohner der beiden Stadtviertel nach der Wende noch zufriedener mit dem Lebensniveau sind. Vor allem aber in ehemaligen Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain. Derweil waren vor der Wende nur 52 % Respondierten zufrieden, nach der Wende ist der Zahl auf 84% gestiegen. Auch die Unzufriedenheit des Lebensniveaus in Friedrichshain ist gesunken von 40 % auf 16 %. Dies zeigt eindeutig, dass der Fall der Berliner Mauer im Jahre 1989 auch die Zufriedenheit der Menschen in beiden Stadtteilen stark ansteigen ließ und diese politische Entscheidung auch eine Entscheidung für die dort lebenden Menschen darstellt. (Die Graphik Nr. 2 befindet sich im Anhang Nr.14) - 40 - Frage Nr.3 - Lebten Sie in der näheren Umgebung von der Mauer? Diese Frage wurde ebenfalls gegliedert, damit die daraus entstehende Graphik möglichst exakt wird. Im ehemaligen West-Berliner Kreuzberg wohnten 24% der Respondierten in näherer Umgebung von der Berliner Mauer, 60% wohnten nicht direkt an der Mauer, sondern irgendwo anders in Kreuzberg, und 16% der Befragten beantworteten diese Frage nicht. Die Kreuzberger haben die Berliner Mauer sehr unterschiedlich wahrgenommen. 33% der Bewohner nahmen die Mauer neutral wahr, 33% wie eine feste Grenze, 17 % abstrakt und 17 % sehr stark. In Friedrichshain sieht die Situation ganz anders aus. Bei der Mauer wohnte damals 32% der befragten Bewohner, 56% wohnte irgendwo anders in Friedrichshain und 12 % der Respondierten beantworteten diese Frage nicht. 38% derjenigen, die in der näheren Umgebung der Mauer lebten, nahmen die Mauer in wie die Grenze wahr, 37% sehr schlecht und 25% der Respondierten hatten vor der sicher befestigten Berliner Mauer Respekt. In der dazugehörigen Graphik wird noch einmal deutlich, dass die Situation um die Berliner Mauer für Kreuzberger, aber auch für Friedrichshainer sehr schlecht war. Die Friedrichshainer nahmen die Mauer noch schlechter wahr als die Kreuzberger, da die Mauer von den DDR Grenztruppen gut bewacht wurde und Fluchtversuche tödlich enden konnten. Ein weiteres Indiz für den enormen Respekt der DDR Bürger vor der Mauer ist, dass die Mauer auf östlicher Seite kaum beschmiert oder gesprayt war, von westlicher Seite zeigte sich hingegen ein anderes Bild. Hier wurden zahlreiche Graffiti gesprayt. (Die Graphik Nr. 3 befindet sich im Anhang Nr.14) Frage Nr.4 - Kennen Sie jemanden, der erfolgreich aus der DDR nach Kreuzberg fliehen konnte? Diese Frage beweist, wie die Bewohner der beiden Stadtviertel Informationen erhalten haben. Während die Kreuzberger meist informiert wurden, bekamen die Friedrichshainer nur wenige Informationen über Fluchtversuche von Mitbürgern, daher hatten sie oftmals keine Ahnung, was hinter der Mauer passierte. Die befragten Friedrichshainer Bewohner kennen niemanden, der erfolgreich nach Kreuzberg fliehen konnte. In Kreuzberg kennen lediglich 12% der Befragten jemanden, der aus Ost-Berlin nach West-Berlin fliehen konnte. (Die Graphik Nr. 4 befindet sich im Anhang Nr.14) - 41 - Frage Nr.5 - Was sind Ihrer Meinung nach die drei größten Nachteile und Vorteile Ihres Wohnorts? Diese Frage befasst sich mit den Vor- und Nachteilen der beiden Stadtviertel. Die Ergebnisse der Kreuzberger Befragung zeigt folgende Vorteile: 28 % nennen als größte Vorteil die Multikulturalität, 20% führten auf, dass Kreuzberger Bürger keine Vorurteile gegenüber Ausländer hat, 16% empfinden die gute Lage Kreuzbergs als Vorteil, 12% betiteln Kreuzberg als einzigartig, 12 % finden Kreuzberg voll von Demokratie und 12% nennen die gute und zahlreiche kulturelle Betätigung als Vorteil. Zu dem genannten Nachteile in Kreuzberg gehören vor allem die Krawalle am 1.Mai und die Drogen, beide Nachteile beweisen mit 20% der Unzufriedenheit der dort lebenden Bürger. 16% der Respondierten stört die Arbeitslosigkeit, weitere 16% nennen den höhen Anteil der türkischen Bevölkerung als Nachteil des Stadtviertels. 12% der Respondierten beantworteten diese Frage nicht, 8% verurteilen die vielen Neonazis in Kreuzberg und letzten 8 % bemängeln die steigenden Mietpreise. Die Friedrichshainer benannten die Befragten als größte Vorteile ebenfalls die und das Multikulturalität, mit 28% der Antworten, weiteren 28% der Respondierten empfinden als n Vorteil die Kultur und die Clubs. 20% führen die gute Laune als einen Vorteil in Friedrichshain an. 12% findet Friedrichshain sehr originell und spannend und weitere 12% beantworteten diese Frage nicht. Der größte Nachteil in Friedrichshain ist die hohe Arbeitslosigkeit und dieses Problem benennen auch 28% der Respondierten. 24% der Bewohner beantworteten diese Frage nicht. 20% stören die Drogen, 20% die steigenden Mietpriese und 8 % der Bürger in Friedrichshain bemängeln die stetig steigende Anzahl an Neonazis. (Die Graphik Nr. 5 befindet sich im Anhang Nr.14) - 42 - Frage Nr.6 - Denken Sie, dass Friedrichshain - Kreuzberg in der Gegenwart gefahrlos ist? Diese Frage erkundigt sich gezielt nach der Wahrnehmung von Gefahrenquellen im neu fusionierten Stadtviertel Friedrichshain – Kreuzberg. Die Kreuzberger finden ihre Stadtviertel zu 60% gefahrlos, zu 40% finden ihre Stadtviertel gefährlich. Die Friedrichshainer finden Kreuzberg mit 72% gefahrlos und mit 28% fanden sie das Stadtviertel gefährlich. (Die Graphik Nr. 6 befindet sich im Anhang Nr. 14) Frage Nr.7 - Was bedeutet für Sie der 1.Mai in Kreuzberg? Diese Frage erfasst, wie die Bewohner den 1.Mai in Kreuzberg erleben. 56% der Kreuzberger sehen den 1.Mai als großen Krawalltag an, 12% findet es gefährlich, 12% als Demonstrationstag, weiteren 12% beantworteten diese Frage nicht und 8% der Befragten nehmen den 1.Mai als Tag des Arbeiters wahr. 40% der Friedrichshainer bezeichnen den Tag als „Tag der Randale“, 24% als große ausgehende Gefahr, 20% nehmen den 1.Mai als ein ganz normaler Tag wahr und 16% haben den 1.Mai mit dem Tag der Arbeit verbunden. (Die Graphik Nr. 7 befindet sich im Anhang Nr. 14) Frage Nr. 8 - Würden Sie sich wieder für Friedrichshain - Kreuzberg als Wohnort entscheiden? Diese Frage beschreibt den Zufriedenheitsgrad mit dem Stadtteil FriedrichshainKreuzberg als Wohnort. 68% der befragten Kreuzberger würden sich wieder für Friedrichshain-Kreuzberg als Wohnort entscheiden und die übrigen 32% würden einen anderen Wohnort in Berlin wählen. Die Friedrichshainer würden sich mit 88% wieder für den Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg entschließen, lediglich 12% würden sich für anderen Wohnort in Berlin entscheiden. (Die Graphik Nr.8 befindet sich im Anhang Nr. 14) - 43 - Frage Nr. 9 - Worin liegt der „Zauber“ Kreuzbergs? Bei dieser Frage geht es um den „Zauber“ Kreuzbergs. Die Kreuzberger finden das schönste an ihrem Stadtviertel die Multikulturalität, dies zeigen die 48% bei der Befragung. 20% sehen den „Zauber“ in der Einzigartigkeit des Viertels im Vergleich zu anderen Stadtteilen Berlins, 12% beschreiben die Freiheit und die spezifische Atmosphäre als „Zauber Kreuzbergs“ und 8% entscheiden sich für das eigene Flair, welches das Stadtviertel ausstrahlt. Die Friedrichshainer sehen den „Zauber“ mit 56% in der Multikulturalität, mit 24% in der Freiheit. 12 % der Befragten beantworten diese Frage nicht und 8% lieben die spezifische Atmosphäre. (Die Graphik Nr.9 befindet sich im Anhang Nr.14) Frage Nr.10 - Worauf sind Sie als Kreuzberger stolz? Die letzte Frage des Fragebogens beschäftigt sich mit dem Stolz der Bewohner in Hinblick auf ihr Stadtviertel. Die Kreuzberger sind stolz mit 44% auf die Multikulturalität, 17 % sind stolz auf die Einzigartigkeit, 13% auf die gegenseitige Hilfsbereitschaft, 13% auf die Kultur und übrigen 13% sind stolz auf Nichts. Die Friedrichshainer sind mit 36% stolz auf ihre Multikulturalität, mit 32% auf die Freiheit, 12% beantworteten diese Frage nicht, 8% der Befragten sind stolz auf die Kultur und übrigen 8% sind wiederum auf Nichts stolz. (Die Graphik Nr. 10 befindet sich im Anhang Nr. 14) 5. Auswertung der Hypothesen H1 – Die Friedrichshainer werden unterschiedlich antworten auf die Fragen über die Wende, als die Kreuzberger Bewohner. Diese Hypothese wurde bestätigt, die Bewohner des ehemaligen Ost- und West-Berliner Stadtviertels antworteten in alle Fälle unterschiedlich. Dies hängt wahrscheinlich von der jahrelangen Trennung von der Berliner Mauer ab. Beispielsweise bei der ersten - 44 - Frage waren die Kreuzberger Bürger vor der Wende mit dem Lebensniveau in ihrem Viertel eher zufrieden als die Friedrichshainer. Nach der Wende waren dann auch die Friedrichshainer mit dem Lebensniveau zufriedener. Bei der Frage Nr. 2 antworteten die Respondierten wieder unterschiedlich. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist zwar ein funktionierter Bezirk, aber dennoch sind nach Ansichten der Bewohner beide Stadtteile vollkommen unterschiedlich zu betrachten. H2 – Die Bewohner des heutigen Stadtviertels Friedrichshain-Kreuzberg sind stolz auf die spezifische Atmosphäre und Multikulturalität in ihrem Stadtviertel. Diese Hypothese wurde gleich in zwei Fragen bestätigt. 36% der Friedrichshainer und 44% die Kreuzberger sind auf die vorherrschende Multikulturalität in ihrem Bezirk stolz. 48 % der Friedrichshainer und 56% der Kreuzberger Bürger nennen als „Zauber“ Kreuzbergs die Multikulturalität. H3 – In Kreuzberg vertreten einige Bewohner die Meinung, es leben zu viele türkische Bürger in Kreuzberg. Diese Hypothese wurde indirekt bestätigt. 16% Prozent der Kreuzberger Befragten haben erklärt, dass es zu viel Türken in Kreuzberg gibt. Gemeint ist hier vor allem Kreuzberg 36. Dies wurde auch durch der Frage Nr. 5 bestätigt. Auch aus den Interviews, die ich mit in Kreuzberg lebenden Respondierten geführt habe, geht hervor, dass dieses Thema zu den Problematiken des Stadtteils gehört. Einerseits sind die Kreuzberger sehr tolerant und offen, dies zeigt ihr Stolz auf die Multikulturalität, anderseits werden die vielen Bürger mit türkischer Herkunft also Problem betrachtet. Das hängt wahrscheinlich auch mit der ansteigenden Kriminalität zusammen. - 45 - H4 – Der 1. Mai in Kreuzberg bedeutet für viele Menschen Randale, Sachbeschädigung und Auseinandersetzung mit der Polizei. Diese Hypothese wurde überwiegend bestätigt. 56% der Kreuzberger beschreiben den 1.Mai als einen sehr gefährlichen Tag in ihrem Viertel, der gekennzeichnet ist durch Lärm, Krawalle, Randale, Sachbeschädigungen und Konfrontationen mit der Polizei. Manche Bewohner nehmen den 1.Mai als Tag des Arbeiters wahr, der seit 1933 ein gesetzlicher Feiertag in Deutschland ist. Die Friedrichshainer Bürger bestätigen mit 40% die aufgestellte These. IV. Zusammenfassung Diese Arbeit soll auf die Einzigartigkeit des West-Berliner Stadtviertels Kreuzberg aufmerksam machen. Seit Jahren unterschiedet sich Kreuzberg enorm von den anderen Berliner Stadtteilen. Die Historie des Viertels ist gekennzeichnet von vielen politischen und kulturellen Einflüssen. Zwischen 1933 und 1945 befand sich in Kreuzberg die Zentrale des nationalsozialistischen Regimes, dazu gehörten die Reichführung, die Gestapo und das Reichssicherheitshauptamt. Nach der zweiten Weltkrieg waren in Kreuzberg weniger als 60% der Häuser bewohnbar und Bau der Berliner Mauer machte den eigentlichen Innenstadtbezirk Kreuzberg zum Randbezirk des westlichen Teils der Stadt. Während der Kahlschlagsanierung in den siebziger Jahren war Kreuzberg als Bezirk der sozial Schwachen und der Rentner bekannt. Kreuzberg blieb arm und die Hausbesetzer begannen die leerstehenden Wohnräume zu nutzen. Es entstand eine linke Kulturszene. Seither gilt Kreuzberg als „die größte türkische Stadt außerhalb der Türkei“. Dieser „exotischer Kiez“ entwickelte eine besondere Attraktivität für Randgruppen und Außenseiter, für die Jugend im Aufbruch und für Touristen.56 In der vorliegenden Abschlussarbeit wurde zunächst die Aufmerksamkeit der Entwicklung des Bezirks geschenkt. Es wurden ausführliche Informationen über die sechziger Jahren, mit dem Bau der Berliner Mauer und seinen Folgen vorgestellt. In den 56 Vgl. Sundermeier, J. und Diehl, S. V. und Labisch, W. (2002): Kreuzbergbuch, S. 2-3. - 46 - sechziger Jahren war Kreuzberg Zentrum der Berliner Bohème und zugleich begann sich hier auch ein „kleines Istanbul“ zu modellieren. 1961 zogen viele Arbeitsmigranten aus der Türkei nach Kreuzberg, weil die fehlenden Arbeitskräfte nicht durch deutsche ersetzt werden konnten. Die siebziger und achtziger Jahre werden in Kreuzberg mit den Hausbesetzerszene in Verbindung gebracht. Derzeit war Kreuzberg nicht mehr ein romantischer Ort für Bohème, sondern ein problematischer Randbezirk für Aussteiger. Die neuen sozialen Bewegungen suchten in Kreuzberg einem Ort, an dem sie ihre alternativen Lebensformen realisierten konnten. Ein großer Teil der Arbeit wurde dem Mauerfall am 9. November 1989 gewidmet, da dies ein einprägendes Ereignis und ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte markiert. Große Euphorie empfanden nicht nur Bewohner Kreuzbergs, sondern ganz Deutschland. Für Kreuzberg, aber auch Friedrichshain bedeutete die Überwindung der betonierten Teilung die Rückkehr ins Herz der Stadt. Nicht alles war ideal, wie es anfänglich schein. In die Kapitel über neunziger Jahren wurde die weitere Entwicklung des Bezirks beschrieben. Der theoretische Teil meiner Abschlussarbeit endet mit dem letzten tiefen Einschnitt in der Kreuzberger Geschichte, der Verlust der selbstständigen Existenz als eigener Bezirk. Am 1. Januar 2001 kam es zur Fusion mit dem ehemaligen Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain. Ein weiterer Teil dieser Abschlussarbeit wurde dem Thema „Mai-Krawallen“ gewidmet. Demonstrationen am 1.Mai haben in Kreuzberg eine lange Tradition und bei diesen Mai-Nächten kamen schon viele Leute ums Leben. Die historische Entwicklung ist ein Bestandteil dieser Kapitel. Im praktischen Teil dieser Abschlussarbeit wurde die Aufmerksamkeit der Forschung geschenkt. Die Forschung behandelt Ansichten und Verhalten der Bewohner Kreuzbergs und Friedrichshain. Als Grundlage diente ein selbstständig ausgearbeiteter Fragebogen über Kreuzberg, welcher den Zeitraum vor und nach der Wende beleuchtet. Dank des Fragebogens erkennt man die zahlreichen Unterschiede zwischen den fusionierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, aber auch Gemeinsamkeiten waren zu erkennen. Der fusionierte Bezirk funktioniert zwar als ein Gesamtkomplex, aber weist - 47 - trotzdem viele Unterschiede auf. Der praktische Teil beinhaltet auch eigene Erkenntnisse und Auswertungen der Autorin und zeigt authentische Fotographien, damit jeder Leser dieser Abschlussarbeit eine eigene Vorstellung hat. Abschließend ist zu sagen, dass meine intensive Beschäftigung mit dem Stadtbezirk Friedrichhain-Kreuzberg für mich eine Horizonterweiterung bedeutet. V. Resumé Tato práce má za cíl poukázat na jedinečnost západoberlínské městské čtvrti Kreuzberg. Již léta se Kreuzberg enormně odlišuje od jiných Berlínských čtvrtí. Historie tohoto okrsku je vyznačována spoustou politických a kulturních vlivů. Mezi léty 1933 až 1945 se v této čtvrti nacházela centrála národně socialistického režimu, ke kterému patřila správa říše, tajná státní policie a hlavní říšský bezpečnostní úřad. Po druhé světové válce bylo v Kreuzbergu obyvatelných méně než 60% domů a pozdější stavba Berlínské zdi udělala z centrálního okrsku, okrajovou čtvrť západní části města. Během sanace oblasti v sedmdesátých letech byl Kreuzberg známý jako čtvrť sociálně slabých. Kreuzberg zůstal chudým a squatteři začali využívat prázdně stojící objekty. Vznikla takzvaná levicová kulturní scéna. Od té doby se také Kreuzbergu přezdívá „ největší turecké město mimo Turecko“. Tato exotická oblast se stala mimořádnou atrakcí pro krajní skupiny, samotáře, pro mladé cestovatele a turisty. V předložené závěrečné práci byla nejprve věnována pozornost vývoji samotné čtvrti. Byly představeny podrobné informace o šedesátých letech, spolu se stavbou Berlínské zdi a jejími následky. V šedesátých letech se stal Kreuzberg centrem Berlínských bohémů a zároveň se zde začal pomalu modelovat takzvaný „malý Istanbul“. Roku 1961 se začali do městské čtvrti Kreuberg stěhovat turečtí dělníci, jelikož pracovní síla nemohla být německými občany nahrazena. Sedmdesátá a osmdesátá léta byla spojena v souvislosti se squatterskou scénou. Toho času už nebyl Kreuzberg romantickou čtvrtí plnou bohému, ale stal se problematickou čtvrtí pro skupinu lidí na okraji společnosti. - 48 - Nová sociální hnutí hledala v Kreuzbergu místo, na kterých by mohla realizovat své životní ideje. Velká část práce byla věnována pádu Berlínské zdi, který značí zlomový bod v historii německých dějin. Velkou euforii nepocítili jen obyvatelé městské části Kreuzberg, ale celé Německo. Pro Kreuzberg, ale i pro Friedrichshain znamenalo zdolání betonového rozdělení návrat do srdce města. Ne vše bylo ale ideální, jak se zdálo. V kapitole o devadesátých letech byl popsán další vývoj této čtvrti. Teoretická část této závěrečné práce končí posledním mezníkem v dějinách Kreuzbergu a to ztrátou samostatné existence vlastního okrsku. 1. ledna 2001 došlo ke spojení s původní východoberlínskou čtvrtí Friedrichshain. Další část této závěrečné práce byla věnována tématu „květnové nepokoje“. Demonstrace na 1. května má ve čtvrti Kreuzberg dlouholetou tradici a při těchto květnových nocích přišla už spousta lidí o život. Historocký vývoj je součástí této kapitoly. V praktické části této závěrečné práce je věnována pozornost výzkumu. Výzkum pojednává názory a postoje obyvatel Kreuzbergu a Friedrichshainu. Jako podklad slouží samostatně vypracovaný dotazník o Kreuzbergu, který osvětluje dobu před a po pádu Berlínské zdi. Díky dotazníku se ukazují četné rozdíly mezi sloučeným okrskem Friedrichshain-Kreuzberg, ale také společné rysy. Sloučený okrsek funguje sice jako celkový komplex, ale přesto poukazuje na spoustu rozdílů. Praktická část také obsahuje vlastní poznatky, posouzení autorky a ukazuje autentické fotografie, aby měl každý čtenář této závěrečné práce svou vlastní představu. Na závěr je potřeba dodat, že má intenzivní činnost s městskou čtvrtí FriedrichshainKreuzberg pro mě znamená rozšíření rozhledu. - 49 - VI. Literaturverzeichnis [1] Düspohl, M. / KreuzbergMuseum (Hg.). (2009): Kleine Kreuzberg Geschichte. Berlin Story Verlag, Berlin, 160 S., ISBN 978-3-86855-000-9. [2] Flemming, T. (2008): Berlin im Kalten Krieg, Der Kampf um die geteilte Stadt. Berlin edition, Berlin-Brandenburg, 57 S., ISBN 978-3-81-48-0162-9. [3] Chod, K. und Schwenk, H. und Weißpflug, H. (2003): Berliner Bezirkslexikon Friedrichshain-Kreuzberg. Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH/Edition Luisenstadt, Berlin, 560 S., ISBN 3-7759-0474-3. [4] Landesarchiv Berlin (Hg.) (2010): Die Berliner Mauer 1961-1989. Berlin Story Verlag, Berlin, 126 S., ISBN 978-3-929829-70-9. [5] Lang, B. (1998): Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadteils (1961-1995). Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag, Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1996, 257 S., ISBN 3-593-36106-X. [6] Rucht, D. (Hrsg.) (2003): Berlin, 1.Mai 2002 Politische Demonstrationsrituale. Verlag Leske + Budrich, Opladen, 250 S., ISBN 3-8100-3792-3. [7] Sundermeier, J. und Diehl, S.V. und Labsich, W. (2002): Kreuzbergbuch. Verbrecher Verlag, Berlin, 151 S., ISBN 3-935843-03-8. - 50 - VII. Internetquellen BERLINER MAUER ONLINE, [online]. [zit. 2011-3-15]. Zugänglich aus: URL: <http://www.berlinermaueronline.de/karten/berlinkarten_01.htm>. BERLIN.DE: DIE BERLINER BEZIRKE NACH DER GEBIETSREFORM, [online]. [zit. 2011-3-20]. Zugänglich aus: URL: <URL: http://www.berlin.de/berlin-imueberblick/politik/bezirke.de.html>. BERLIN.DE: BERLINER MAUER 1961-1989: GRENZÜBERGÄNGE, [online]. [zit. 2011-3-23]. Zugänglich aus: URL: <http://www.berlin.de/mauer/grenzuebergaenge/index/index.de.php>. BEZIRKSMUSEUM FRIEDRICHSHAIN KREUZBERG, , [online]. [zit. 2011-5-21]. Zugänglich aus: URL: <http://www.kreuzbergmuseum.de/fileadmin/user_upload/dokumente_presse/Imagebro schuere_BM_FK_72dpi.pdf>. DER BAU DER BERLINER MAUER , [online]. [zit. 2011-3-21]. Zugänglich aus: URL: <http://www.berlin.de/mauer/geschichte/index.de.html>. FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG: ZWEI UNGLEICHE SCHWESTER, [online]. [zit. 2011-2-20]. Zugänglich aus: URL: <http://www.in-berlin brandenburg.com/Berliner_Bezirke/Friedrichshain-Kreuzberg/>. STATISTIK BERLIN BRANDENBURG: BEVÖLKERUNG, [online]. 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Mai in Kreuzberg Anhang Nr.11 – Spezifische Atmosphäre im heutigen Friedrichshain-Kreuzberg Anhang Nr.12 – Spezifische Atmosphäre im heutigen Friedrichshain-Kreuzberg Anhang Nr.13 – Der Fragebogen Anhang Nr.14 – Die Graphik (1-10) - 52 - Anhang Nr. 1 - Berliner Bezirke von 1945 bis 2001. (Quelle: URL:< http://mapsof.net/berlin/static-maps/png/berliner-bezirke-vor-2001/medium-size>, [online]. [aktualisiert 2011-3-21].) Anhang Nr. 2 - Berliner Bezirke seit 2001. (Quelle: URL:< http://de.wikipedia.org/wiki/Bezirk_Friedrichshain-Kreuzberg>, [online]. [aktualisiert 2011-322].) - 53 - Anhang Nr. 3 – Heinrich-Heine-Straße, Oberbaumbrücke, Checkpoint Charlie, (Quelle: URL:< http://www.berlin.de/mauer/grenzuebergaenge/index/index.de.php>, 2011-4-22].) - 54 - [online]. [aktualisiert Anhang Nr. 3 – Heinrich-Heine-Straße, Oberbaumbrücke, Checkpoint Charlie, (Quelle: URL:< http://www.berlin.de/mauer/grenzuebergaenge/index/index.de.php>, [online]. [aktualisiert 2011-4-22].) Anhang Nr. 4 – Panzerkonfrontation im 1961 am Checkpoint Charlie (Quelle: URL:< http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Checkpoint_Charlie_1961-10 27.jpg&filetimestamp=20080630055858>, [online]. [aktualisiert 2011-5-22].) - 55 - Anhang Nr. 5 Oberbaumbrücke / Symbol des neuen Bezirks. Fotografiert von Jana Ettlová, im Oktober 2011. Anhang Nr. 6 - Schlesische Straße, Fotografiert von Jana Ettlová, im Oktober 2011 in Kreuzberg. - 56 - Anhang Nr.7 – Durch die Mauer brechender Traband, East Side Gallery, Berlin, Fotografiert von Jana Ettlová, im Oktober 2011. Anhang Nr. 8 – Bruderkuss zwischen Honecker und Brezhnev, East Side Gallery, Berlin, fotografiert von Jana Ettlová, im Oktober 2011. - 57 - Anhang Nr.9 – Kreuzberg Museum, SO 36, Fotografiert von Jana Ettlová, im Oktober 2011. - 58 - Anhang Nr.10 – Krawalle am 1.Mai in Kreuzberg. (Quelle:URL:<http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D4CFD/Doc~E0EE8FC2287EE4AB6 B93C3F177F099163~ATpl~Ecommon~SMed.html#7F0B13252D3145A9981E23EA34C419EC>, [aktualisiert 2011-6-16].) - 59 - [online]. Anhang Nr.11 – Spezifische Atmosphäre im heutigen Friedrichshain-Kreuzberg, fotografiert von Jana Ettlová im Oktober 2011. - 60 - Anhang Nr.12 – Spezifische Atmosphäre im heutigen Friedrichshain-Kreuzberg, fotografiert von Jana Ettlová im Oktober 2011. - 61 - Anhang Nr. 13 – Der Fragebogen Polička 10.4.2011 Sehr geehrte Damen und Herren, ich arbeite zurzeit an meiner Abschlussarbeit zum Thema Der Berliner Stadtteil Kreuzberg vor und nach der Wende. Mein Name ist Jana Ettlová und ich studiere Deutsch für den Beruf an der Universität Pardubice in der Tschechischen Republik. Ich bräuchte weitere Informationen zu meinem Thema und deshalb habe ich mich entschieden einen Fragebogen zu entwickeln. Der Fragebogen nimmt nur wenige Minuten Ihrer Zeit in Anspruch. Da ich nicht in Deutschland wohne, ist es für mich auch ziemlich schwer, Zeitzeugen zu finden und ein umfangreiches Interview mit ihnen zu führen. Deshalb habe ich mich für einen kurzen Fragebogen entschieden, um eine große Menge an Informationen sammeln zu können. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mich bei meiner Abschlussarbeit unterstützen und den Fragebogen ausfüllen. Gerne können Sie diesen Fragebogen auch an weitere Personen weitergeben, die ebenfalls etwas zu diesem Thema sagen können. Einzige Bedingung für das Ausfüllen des Fragebogens ist, dass die Person vor und nach der Wende entweder in Friedrichshain oder Kreuzberg lebte/ lebt. Dieser Fragebogen ist anonym. Alle Angaben werden nur für meine Abschlussarbeit genutzt und danach gelöscht werden. Den Fragebogen schicken Sie bitte an: [email protected] Vielen Dank für Ihre Hilfe! - 62 - Geschlecht: Alter: Ehemaliger Wohnort: (bitte unterstreichen) Kreuzberg Friedrichshain 1. Waren Sie VOR der Wende in Ihrem Stadtviertel mit dem Lebensniveau zufrieden? ja nein 2. Sind Sie jetzt NACH der Wende in Ihrem Stadtviertel mit dem Lebensniveau zufrieden? ja Nein 3. Lebten Sie in der näheren Umgebung von der Mauer? Ja nein Wenn ja, wie haben Sie die Mauer wahrgenommen? 4. Kennen Sie jemanden, der erfolgreich aus der DDR fliehen konnte? ja nach Kreuzberg Nein 5. Was sind Ihrer Meinung nach die drei größten Nachteile und Vorteile Ihres Wohnorts? Nachteile Vorteile - 63 - 6. Denken Sie, dass Friedrichshain - Kreuzberg in der Gegenwart gefahrlos ist? Ja Nein 7. Was bedeutet für Sie der 1.Mai in Kreuzberg? 8. Würden Sie sich wieder für Friedrichshain - Kreuzberg als Wohnort entscheiden? Ja Nein 9. Worin liegt der Zauber Kreuzbergs? 10. Worauf sind Sie als Kreuzberger stolz? - 64 - Anhanng Nr. 14 Graphik Nr.1. 1. Waren Sie VOR der Wende in Ihrem Stadtviertel mit dem Lebensniveau zufrieden? Graphik Nr. 2. 2. Sind Sie jetzt NACH der Wende in Ihrem Stadtviertel mit dem Lebensniveau zufrieden? - 65 - Graphik Nr.3 3. Lebten Sie in der näheren Umgebung von der Mauer? - 66 - Graphik Nr.4. 4. Kennen Sie jemanden, der erfolgreich aus der DDR nach Kreuzberg fliehen konnte? Graphik Nr.5. 5. Was sind Ihrer Meinung anch die drei größten Nachteile und Vorteile Ihres Wohnorts? - 67 - Graphik Nr.6. 6. Denken Sie, dass Friedrichshain-Kreuzberg in der Gegenwart gefahrlos ist? - 68 - Graphik Nr. 7. 7. Was bedeutet für Sie der 1.Mai in Kreuzberg? Graphik Nr.8. 8. Würden Sie sich wieder für Friedrichshain-Kreuzberg als Wohnort entschieden? - 69 - Graphik Nr. 9. 9. Worin liegt der Zauber Kreuzbergs? Graphik Nr. 10. 10. Worauf sind Sie als Kreuzberger stolz? - 70 -