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Kurzüberblick Störungen: DSM IV:
Kurzüberblick Störungen: DSM IV: Störungen, die gewöhnlich erstmals im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert werden: Kinder mit Trennungsangst haben übermäßige Angst vor der Trennung von Zuhause oder von den Bezugspersonen Kinder mit der Störung des Sozialverhaltens verletzen wiederholt soziale Regeln und Normen Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit/- Hyperaktivitätsstörung haben Schwierigkeiten, aufmerksam zu bleiben, und sind nicht Fähig, ihre Aktivitäten zu organisieren, wenn es die Situation erfordert Kinder mit geistigen Behinderungen (Achse II) weisen eine unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit und Defizite der gegenwärtigen sozialen Anpassungsfähigkeit auf Zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gehört die autistische Störung, eine schwere Störung bei der die Betroffenen Schwierigkeiten beim Erwerb von Kommunikation und Defizite in Beziehungen zu anderen Manschen haben Lernstörungen sind Verzögerungen im Erwerb von Sprach-, Lese- Rechen- und Schreibfertigkeiten Substanzinduzierte Störungen: Bei Störungen aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum, Opiaten, Kokain, Amphetaminen usw. hat sich das Verhalten so geändert, dass die soziale und berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist; die Betroffenen können möglicherweise die Einnahme der Substanz nicht mehr kontrollieren oder abbrechen; ein Abbruch kann zu Entzugserscheinungen führen; die Substanzen können auch andere Achse-I Störungen (mit-)verursachen Schizophrenie: Kontakt zur Realität beeinträchtigt , Sprache und Kommunikation sind gestört, und sie wechseln übergangslos von einem Thema zum anderen, so dass sie schwer zu verstehen sind Sie erleben häufig Wahnphänomene wie etwa die Überzeugung, dass ihr Gedanken nicht ihre eigenen sind, sondern von außen eingegeben werden Die Kranken werden von Halluzinationen gequält, insbesondere von Stimmen, die sie als von außerhalb ihrer selbst kommend erleben Ihre Emotionen sind abgeflacht, stumpf oder unangemessen. Ihre sozialen Beziehungen und ihre Arbeitsleistungen sind deutlich abgesunken Affektive Störungen: Bei der Major Depression sind die Betroffenen tief betrübt und mutlos, nehmen häufig ab, sind antriebslos, haben Suizidgedanken und quälen sich mit Selbstvorwürfen Manische Menschen erscheinen übertrieben euphorisch, gereizt, übermäßig aktiv, ablenkbar und haben ein unrealistisch hohes Selbstwertgefühl Eine bipolare Störung wird diagnostiziert, wenn die Manie episodenhaft auftritt oder Manie und Depression einander abwechseln Angststörungen: Phobie: große Furcht vor einem Gegenstand oder einer Situation, dass sie diese meiden müssen, obwohl sie erkennen, dass ihre Furcht unbegründet und irrational ist und ihr Leben beeinträchtigt Bei der Panikstörung treten plötzlich kurze Attacken intensiver Angst auf. Diese kann so stark sein, dass die Betroffenen zittern, Schwindelgefühle haben und in Atemnot geraten; die Panikstörung kann mit einer Agoraphobie einhergehen, so dass die Betroffenen auch Angst davor haben, ihre Vertraute Umgebung zu verlassen Bei der generalisierten Angststörung ist die Angst übermäßig, anhaltend und unkontrollierbar. Die Betroffenen sorgen sich ständig, sind allgemein nervös und ermüden leicht Hauptmerkmale der Zwangsstörung sind anhaltende Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen; Zwangsgedanken sind wiederkehrende Gedanken, Impulse oder Vorstellungen, die das Bewusstsein der Betroffenen unkontrollierbar beherrschen; eine Zwangshandlung ist der Drang, eine stereotype Handlung zu vollziehen, um einer gefürchteten bestehenden Situation vorzubeugen. Versuche einem Zwang zu widerstehen rufen eine so starke Spannung hervor, dass die Betroffenen dem Zwang gewöhnlich nachgeben Posttraumatische Belastungsstörung: Angst und Emotionale Erstarrung nach einem traumatischen Ereignis, das im Allgemeinen außerhalb der üblichen menschlichen Erfahrung liegt; das Trauma wird tagsüber in eindringlichen und qualvollen Erinnerungen und nachts in Alpträumen wiedererlebt. Die Betroffenen leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten und fühlen sich anderen Menschen und alltäglichen Dingen entfremdet Die akute Belastungsstörung ist der posttraumatischen ähnlich, ihre Symptome halten jedoch nicht so lange an 1 Somatoforme Störungen: Die Körperlichen Symptome somatoformer Störungen haben keine physiologischen Ursachen, sondern scheinen einem psychologischen Zweck zu dienen Menschen mit einer Somatisierungsstörung leiden unter wiederkehrenden mannigfaltigen körperlichen Beschwerden, wegen denen sie Medikamente einnehmen und in ärztlicher Behandlung sind Bei der Konversionsstörung berichtet der Patient von einem Verlust motorischer oder sensorischer Funktionen wie Lähmungen, Taubheitsempfindungen oder Blindheit Bei der Schmerzstörung empfinden die Betroffenen schwere anhaltende Schmerzen Hypochondrie ist eine Fehlinterpretation geringfügiger körperlicher Empfindungen als ernsthafte Krankheit Menschen mit einer körperdysmophen Störung sind ständig mit einer eingebildeten Veränderung ihrer äußeren Erscheinung beschäftigt Dissoziative Störungen: Hauptmerkmal: eine plötzliche Bewusstseinsänderung, die Gedächtnis und Identitätsgefühl beeinträchtigt Menschen mit dissoziativer Amnesie sind unfähig, sich an ihre ganze Vergangenheit oder auch nur die Ereignisse eine bestimmten Zeitraums zu erinnern Bei der dissoziativen Fugue verlässt der Betroffene plötzlich und unerwartet seine gewohnte Umgebung, fängt an einem anderen Ort ein neues Leben an und ist unfähig, sich an seine frühere Identität zu erinnern Menschen mit dissoziativer Identitätsstörung besitzen zwei oder mehr unterscheidbare, komplexe Identitäten, von denen jede zu einer bestimmten Zeit dominiert Die Depersonalisationsstörung besteht vorrangig aus einem intensiven und störenden Gefühl der Selbstentfremdung oder der Unwirklichkeit Sexuelle Störungen und Störungen der Geschlechtsidentität: Bei Paraphilien wird sexuelle Befriedigung unter außergewöhnlichen Bedingungen erreicht (z.B: Exhibitionismus, Voyeurismus, Sadismus und Masochismus) Menschen mit sexuellen Funktionsstörungen (z.B. Errektionsschwierigkeiten, vorzeitiger Samenerguss oder Orgasmushemmung) sind unfähig, den üblichen sexuellen Reaktionszyklus vollständig zu vollziehen Menschen mit Störung der Geschlechtsidentität sind unglücklich mit ihrem anatomischen Geschlecht und fühlen sich dem anderen Geschlecht zugehörig Schlafstörungen: Bei den Dyssomnien ist die Schlafdauer (z.B. nicht lange genug oder zu lange), die Qualität (sich nicht ausgeschlafen fühlen) oder die Zeit (nicht während der üblichen Zeit schlafen können) gestört Bei den Parasomnien treten während des Schlafens ungewöhnliche Ereignisse auf (z.B. Angstträume oder Schlafwandeln Essstörungen: Bei anorexia nervosa vermeidet der Betroffene, in der Regel aus großer Angst dick zu werden, das Essen und magern stark ab Bei der Bulimia nervosa treten wiederholt Fressanfälle auf, denen regelmäßige Maßnahmen zu Verhinderung einer Gewichtszunahme folgen, z.B. selbstinduziertes Erbrechen oder Einnahme von Laxanzien Vorgetäuschte Störungen: Betrifft Menschen, die absichtlich physiologische oder psychologische Symptome entwickeln oder über solche klagen, offensichtlich, weil sie psychische Bedürfnisse haben, als Kranke zu gelten Anpassungsstörungen: Entwicklung von emotionalen Symptomen oder Verhaltenssymptomen als Reaktion auf einen Belastungsfaktor; diese Symptome erfüllen jedoch nicht die diagnostischen Kriterien für eine Achse IStörung Störungen der Impulskontrolle: Die intermittierende explosible Störung zeichnet sich durch Phasen mit gewalttätigem Verhalten aus, in denen der Betroffene Gegenstände oder Personen schädigt Bei der Kleptomanie stehlen die Betroffenen wiederholt Gegenstände, die weder zum persönlichen Gebrauch noch wegen ihres Geldwertes benötigt werden Ein unter Pyromanie Leidender legt absichtlich Feuer und leitet daraus Befriedigung Beim pathologischen Spielen sind die Betroffenen stark eingenommen vom Glücksspiel und können nicht damit aufhören. Sie gehen damit Problemen aus dem Weg Trichotillomanie wird bei Menschen diagnostiziert, die sich zwanghaft die Haare ausreißen, was oft zu erheblichem Haarverlust führt 2 Persönlichkeitsstörungen: Cluster A = paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten sich absonderlich oder exzentrisch Cluster B = antisoziale, Borderline, histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten sich dramatisch, emotional und launenhaft Cluster C = vermeidend-selbstunsichere, dependente und zwanghafte Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten sich Furchtsam oder ängstlich 3 KAPITEL 6: ANGSTSTÖRUNGEN (S.148-194) 1. 2. Was ist das Verbindende der Kategorien, die unter der Gruppe der Angststörungen zusammengefasst werden? Subjektiv erlebte Gefühle der Angst liegen eindeutig vor Welche Hauptkategorien der Angststörungen lassen sich unterscheiden? Phobien (spezifische Phobien, Agoraphobie) = Angst vor und Vermeiden von Gegenständen, Situationen oder Plätzen, die keine objektive Gefahr darstellen Panikstörung = Wiederholte Panikattacken mit plötzlichem Auftreten physiologischer Symptome wie z.B. Schwindel, schneller Herzschlag oder Zittern, zusammen mit Panischer Angst und dem Gefühl drohenden Unheils; gelegentlich begleitet von Agoraphobie (Angst vor öffentlichen Plätzen) Generalisierte Angststörung = anhaltende unkontrollierbare Besorgnis, häufig über belanglose Dinge Zwangsstörung = die Erfahrung unkontrollierbarer Gedanken, Impulse oder Bilder (Zwangsgedanken) und stereotyp ausgeführten Verhaltensweisen (Zwangshandlungen) Posttraumatische Belastungsstörung = Angstzustände nach schwer belastenden Situationen, die mit erhöhter Erregbarkeit, Vermeiden von mit dem Ereignis zusammenhängenden Reizen und durch die Erinnerung daran ausgelöste Angst einhergehen Akute Belastungsstörung = Gleiche Symptomatik wie bei der Posttraumatischen Belastungsstörung, Dauer jedoch nur bis zu vier Wochen 3. Was versteht man unter Komorbidität? Paralleles vorliegen mehrer Störungen, Patient erfüllt mehrere Diagnosekategorien; bei Angststörungen aus folgenden Gründen: a. Die Symptome der verschiedenen Angststörungen sind für diese Kategorie nicht spezifisch -> erfüllen mehrere Kategorien b. Ursächliche Faktoren können auf mehrere Störungen zutreffen 4. Was versteht man unter Phobien in Abgrenzung zu anderen Formen der Angst? Beeinträchtigendes, angstvermitteltes Vermeidungsverhalten, das in keinem Verhältnis zur Gefahr steht, die von dem gemiedenen Gegenstand oder der gemiedenen Situation ausgeht und das die Betroffenen auch als grundlos erkennen 5. Was sind typische Beispiele für Phobien? Angst vor Spinnen(Arachnophobie), Höhen (Akrophobie), geschlossene Räume (Klaustrophobie), Schlangen Pnigophobie = Erstickungsangst, Taphophobie = Angst lebendig begraben zu werden, Anglophobie = Angst vorm Englischen 6. Wie häufig sind Phobien in der Bevölkerung? Wie häufig sind Männer und Frauen betroffen? Wann ist das typische Auftretensalter? Lebenszeitprävalenz = 7 % Männer, 16 % bei Frauen Junges Erwachsenenalter 7. Welche Untergruppen unterscheidet man bei den Phobien? Spezifische Phobien Soziale Phobien 8. Was sind spezifische Phobien? Unbegründete Ängste die durch spezifische Gegenstände oder Situationen bzw. deren Antizipation ausgelöst werden Unterscheidung im DSM IV nach a. Blut-Spitzen –Verletzungen b. Situationen (z.B. Flugzeuge, Aufzüge, geschlossene Räume) c. Tiere d. Umwelt (z.B. Höhen oder Wasser) Lebenszeitprävalenz = 7 % Männer, 16 % bei Frauen Kulturelle Unterschiede: a. China: „Pa-Leng“ = Angst vor Kälte, Verlust lebensbedrohlicher Körperwärme 4 b. 9. 10. Japan: „Tai-jin-kyofu-sho“ = extreme Angst andere dadurch in Verlegenheit zu bringen, dass man in ihrer Anwesenheit errötet, den Blick über ihre Genitalienbereiche streifen lässt oder das Gesicht verzieht Wie ist eine soziale Phobie definiert? Anhaltende irrationale Angstzustände, die im allgemeinen mit der Anwesenheit anderer Menschen Können extrem hemmend sein, die Betroffenen versuchen normalerweise bestimmte Situationen zu vermeiden, in der sie sich kritisch beobachtet fühlen, ihre Angst verraten oder sich bloßstellen können Vor einem Publikum reden oder auftreten, in Gegenwart anderer Essen, öffentliche Toiletten aufsuchen oder irgendeine andere Handlung in Gegenwart anderer kann extreme Angst auslösen Man unterscheidet spezifische vs. generalisierte soziale Phobien (tritt im frühen Lebensalter schon auf, häufig mit anderen Störungen wie Depression und Alkoholmissbrauch, stärkere Beeinträchtigung) Epidemiologie: Lebenszeitprävalenz: 11% Männer, 15 % Frauen; hohe Komorbiditätsrate, oft in Verbindung mit anderen Angststörungen, spezifischen Phobien, einer Panikstörung, einer vermeidendselbstunsicheren Persönlichkeitsstörung und affektiven Störungen; Beginn meist im Jugendalter wenn soziales Bewusstsein und Interaktionen mit anderen mehr Bedeutung bekommt; zu einem gewissen Grad kulturabhängig Welche Erklärungskonzepte unterscheidet man? Abwehr verdrängter Triebimpulse/ Verdrängung eines zwischenmenschlichen Problems Vermeidungskonditionierung (Mowrer) Modelllernen Physiologische Bereitschaft Angeborene vs. erworbene Dispositionen Mangelnde soziale Fertigkeiten 11. Ätiologie: Welche Erklärungen bieten Psychoanalyse und Lerntheorien für Phobien? Psychoanalyse: Abwehr verdrängter Triebimpulse aus dem ES; symbolischer Zusammenhang zwischen Gegenstand/Situation und gefürchteter Triebregung; der Betroffene Vermeidet die Reize und damit auch die Auseinandersetzung mit den verdrängten Triebimpulsen -> die Phobie stellt für das Ich eine Möglichkeit dar, einem verdrängten Kindheitskonflikt aus dem Weg zu gehen (z.B. kleiner Hans) ODER: Verdrängung eines bestimmten zwischenmenschlichen Problems aus der Kindheit (Arieti) -> Annahme: Kinder (Spätere Phobiker) gehen davon aus dass die Menschen in ihrer Umgebung sie vor allen Gefahren schützen; später begannen sie dann zu fürchten, dass auf Erwachsene – in der Regel die Eltern – kein Verlass ist -> Umwandlung in Furcht vor unpersönlichen Objekten um Mitmenschen wieder Vertrauen zu können Lerntheorien: Vermeidungskonditionierung/Zwei-Faktorentheorie Mowrer: Durch klassische Konditionierung kann jemand lernen einen neutralen Reiz zu fürchten, wenn dieser an ein schmerzhaftes oder Erschreckendes Ereignis gekoppelt ist; durch operante Konditionierung lernt er dann möglicherweise, die konditionierte Angst zu reduzieren, indem er den konditionierten Reiz meidet 12. Gibt es Belege? Problematisch: nicht alle Ängste und Phobien können durch klassische Konditionierung entstanden sein; tatsächlich gibt es nur ganz wenig experimentelle Belege dafür, dass Menschen auf diesem Weg Furcht vor neutralen Reizen erwerben Angst lässt sich in Experimenten schnell wieder löschen, wenn der konditionierte Reiz einige male ohne mittelstarke Stromschläge präsentiert wird Uneindeutige Befunde aus klinischen Berichten; manchmal mit und ohne handfeste Grundlage für die Phobie, z. Flugangst ohne vorher geflogen zu sein Erklärung: -> Modelllernen (auch verbal durch Hinweise der Eltern) Wenn nicht von einer unmittelbar traumatischen Situation berichtet wird: z.B. Belastungen -> unspezifische Erregung wird quasi zufällig an die Situation gekoppelt 13. Was versteht man unter Bereitschaft? („preparedness“) Möglicherweise eignen sich manche neutrale Reize eher als andere dazu, klassisch konditionierte Reize zu werden (z.B. Ratten: Übelkeit besser mit Geschmack assoziiert als mit Stromschlag) Manche Ängste können durch klassische Konditionierung hervorgerufen sein, jedoch nur, wenn es sich um Reize handelt, auf die ein Organismus aufgrund seiner physiologischen Prädisposition empfindlich reagiert (Leichte Löschung vielleicht bei Reizen, für die keine starke Prädisposition besteht) -> Bsp. Spielzeugkrokodile und Spielzeugschlangen bei Affen vs. Blumen und Spielzeughase 14. Welche Rolle spielt das operante Konditionieren bei Phobien? Aufrechterhaltung der Phobie durch Vermeidung und dadurch Angstreduktion (zwei-Faktoren-Theorie) 5 15. Wie erklären Theoretiker des Kognitiven Paradigmas die Entstehung und Aufrechterhaltung von Phobien? Konzentrieren sich hauptsächlich auf kognitive Diathese (Glaube, dass sich ähnlich traumatische Ereignisse in der Zukunft wiederholen) und wie Phobien durch Kognitionen aufrechterhalten werden Untersuchungen von sozial ängstlichen Menschen wichtig -> Machen sich mehr Sorgen, achten mehr auf den Eindruck den sie machen, neigen dazu sich selbst negativ zu sehen, auch wenn sie in einer sozialen Situation gute Leistung erbracht haben Fortdauer der Angst und die Tatsache, dass sie auch den Betroffenen irrational erscheint, rührt möglicherweise daher, dass Angst durch frühe kognitive Prozesse ausgelöst wird, die sich dem Bewusstsein entziehen -> der Reiz wird vermieden, so dass er nicht vollständig verarbeitet wird, dass die Angst ausgelöscht wurde -> Untersuchungen mit Bildern -> Hautleitfähigkeit steigt bei Präsentation phobierelevanter Bilder, die aber aufgrund der extrem kurzen Präsentationszeit nicht ins Bewusstsein eindringen 16. Welche Rolle spielen Defizite sozialer Fertigkeiten und Kompetenzen bei der Ätiologie sozialer Phobien? Betroffene haben nicht gelernt, sich so zu verhalten, dass sie sich unter anderen wohl fühlen, oder sie verstoßen wiederholt gegen gesellschaftliche Umgangsformen, sind ungeschickt, sozial unbeholfen und werden oft von ihrer Umgebung dafür kritisiert Soziale Fertigkeiten sozial ängstlicher Menschen werden tatsächlich als mangelhaft beurteilt, wählen tatsächlich unpassende Zeitpunkte „Danke“ und „Nein“ zu sagen Defizite können sich aber auch im Laufe der Zeit entwickelt haben, weil die Betroffenen aus anderen Gründen Angst hatten mit anderen zu interagieren, und deshalb wenig Erfahrung sammeln konnten Ätiologisch möglicherweise wenig bedeutsam, aber für Interventionen wichtig 17. Welche biologischen Mechanismen spielen bei der Entstehung von Phobien eine Rolle? Biologische Fehlfunktion (Diathese)? Unterschiedliche Erregbarkeit des autonomen Nervensystems, autonome Labilität (vs. Stabilität), möglicherweise bis zu einem gewissen Grad genetisch festgelegt Blut- und Spritzenphobie stark familienbezogen (64 % mindestens einen Verwandten, wohingegen die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung nur 3 – 4 % liegt, ebenso überdurchschnittlich hohe Prävalenz bei sozialen besonders generalisierten und Spezifischen Phobien Zwillingsstudien: erblicher Faktor beteiligt Vorsicht: kann auch durch Modellernen zustande kommen! 18. Wie sehen die Behandlungskonzepte aus Sicht der Psychoanalyse, der Verhaltenstherapie und der kognitiven Therapie aus? Psychoanalyse: generell wird versucht, die verdrängten Konflikte aufzudecken, die hinter der extremen Angst und Vermeidung vermutet werden; Phobie wird nicht direkt behandelt; freie Assoziation soll Hinweise auf die Phobie bringen, manifeste Trauminhalte werden auf Ursprünge der Phobie hin untersucht; abhängig von der jeweilig vertretenen psychoanalytischen Schule a. orthodox: verdrängte sexuelle/aggressive Impulse; b. Anhänger der interpersonalen Theorie Arietis ersucht seinen Patienten seine generalisierte Angst vor Menschen zu prüfen; c. moderne Ich-Analytiker rät dazu sich der Phobie zu stellen; d. Alexander & French: korrektive emotionale Erfahrung -> Konfrontation mit der gefürchteten Situation e. Wachtel. Empfiehlt sogar verhaltenstherapeutische Maßnahmen der Angstreduktion, z.B. systematische Desensibilisierung Verhaltenstherapie: systematische Desensibilisierung (Entspannung – Konfrontation in Vorstellung und real); Keine Entspannung bei Blut- und Spritzenphobie, sondern Muskelanspannung; Training sozialer Kompetenzen (Rollenspiele, kleine Therapiegruppen); Modelllernen und Reizüberflutung, operante Verfahren, jede noch so kleine Annäherung wird belohnt Kognitive Ansätze: Bearbeitung irrationaler Überzeugungen (meist in Verbindung mit Training sozialer Kompetenzen) (z.B. an Beck und Ellis angelehnt); Gemeinsamkeit Verhaltens- und kognitiver Therapien: Patienten stellen sich der gefürchteten Situation oder dem Objekt -> Freud „…Erfolg hat man nur dann, wenn der Patient dazu gebracht werden kann, allein auszugehen und mit seiner Angst zu kämpfen“ 19. Woraus bestehen medizinische/biologischen Behandlungen von Phobien Beruhigungsmittel Antidepressiva (MAO-Hemmer bei Sozialen Phobien erfolgreicher als Benzodiazepine; selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer z.B. Fluoxetin 20. Welche besondere Problematik ergibt sich bei der medikamentösen Angstbehandlung? Problem: hohe Rückfallquote beim Absetzen 6 21. Was sind die zentralen Merkmale einer Panikstörung? Plötzliche und unerklärliche Anfälle von Symptomen wie Atemnot, Herzrasen, Übelkeit, Schmerzen/Beklemmungsgefühle im Brustraum, Erstickungsgefühle, Schwindel, Schwitzen und Zittern sowie starke Besorgnis, panische Angst und das Gefühl drohenden Unheils; Gefühle der Depersonalisation (Der Eindruck sich selbst fremd zu sein) und Derealisation (Wirklichkeitsverlust) sowie die Furcht, die Kontrolle oder den Verstand zu verlieren oder sogar zu sterben, überwältigt zu werden Häufigkeit/Dauer: bis mehrmals wöchentlich, meist Minuten selten Stunden, manchmal an bestimmte Situationen gebunden Situationsgebundene vs. situationsprädisponierende Attacken Können in eigentlich angenehmen Situationen (Ruhe, Schlaf), aber auch unerwartet auftreten Wird diagnostiziert wenn wiederholt „unabhängige“ Attacken auftreten und der Betroffene Angst vor weiteren Attacken hat; treten dagegen nur reizgebundene Attacken auf, ist es eher ein Hinweis auf eine Phobie 22. Was weiß man zur Epidemiologie dieser Störung? Lebenszeitprävalenz 2 % bei Männern und 5 % bei Frauen Setzt im frühen Erwachsenenalter an, erstes auftreten stets mit belastenden Lebensereignissen Kulturabhängige Unterschiede hinsichtlich der Prävalenz (z.B. sehr niedrig in Taiwan, dort werden psychische Probleme stigmatisiert), verwandte Störungen z.B. „Kajak-Angst in Westgrönland“, ataque de nervios in Purto Rico nach schweren Belastungen 23. Welche Beziehung besteht zwischen Panikstörung und Agoraphobie? Agoraphobie = Gruppe von Ängsten vor weiten Plätzen und davor, keine Fluchtmöglichkeiten zu haben oder keine Hilfe zu erhalten, wenn man selbst behindert wird Oft fürchten sich die Betreffenden vor Menschenmengen, vor dem Reisen oder davor, einkaufen zu gehen; sie meiden gewöhnlich Situationen, in denen eine Panikattacke gefährlich oder blamabel sein könnte Wird die Vermeidungsreaktion generalisiert, kann man daraus eine Panikstörung mit Agoraphobie entwickeln; tritt Agoraphobie ohne eine diagnostizierte Panikstörung auf, hat der Betroffene normalerweise Paniksymptome, jedoch keine regelrechten Attacken erlebt; in beiden Fällen ist die Agoraphobie mit einer Angst vor der Attacke verbunden Bei Frauen häufiger als bei Männern Über 80 % der Patienten, bei denen eine Panikstörung diagnostiziert wurde, erleben auch Panikattacken, jedoch nicht so häufig, dass die Diagnose einer Panikattacke gerechtfertigt wäre Komorbiditäten der Panikstörung: Major Depression, generalisierte Angststörung, Phobien, Alkoholismus Persönlichkeitsstörungen -> dann meist stärker Ausprägung und schlechtere Prognose 24. Welche Faktoren vermuten biologisch begründete Theorien bei der Entstehung von Panikstörungen? Sehr selten körperliche Empfindungen wie durch Mitralklappenkollapssyndrom -> starkes Herzklopfen ODER bestimmte Innenohrerkankung die Schwindel verursacht Familiäre Häufung und höhere Konkordanz bei eineiigen Zwillingen weisen auf genetische Diathese hin Theorie: übermächtige Aktivität des noradrenergen Systems; Stimulierung des Locus ceruleus führt bei Affen und Patienten mit Panikstörung zu Panikattacken, die Hemmung des Areals hilft aber nicht weiter Experimentelles Herbeiführen von Panikattacken durch Hyperventilation, Laktat, Kohlendioxid (aber nur bei einer von 24 Attacken Hyperventilation); allgemein: nur bei Personen die an der Störung leiden oder Angst vor ihren eigenen Körperempfindungen haben 25. Worin besteht die zentrale Annahme psychologischer Theorien der Panikstörung? Angst vor der Angst und Angst vor Kontrollverlust 26. Was meint „Angst vor der Angst“? Agoraphobie z.B. Angst vor Panikanfall auf öffentlichen Plätzen und nicht Angst vor dem Platz selbst; könnte mit übererregbarem Autonomen Nervensystem einhergehen und einer psychischen Neigung sich über diese Empfindungen stark aufzuregen -> wird als drohende Gefahr interpretiert; bei wiederholten Vorfällen entwickelt sich dann die Angst vor der Angst; Wenn man sich über eine weitere Mögliche Panikattacken sorgt und diese antizipiert, wird sie sich dann mit umso größerer Wahrscheinlichkeit auch einstellen; der Betroffene achtet noch mehr auf noch so geringe Anzeichen einer Panikattacke -> Teufelskreislauf Psychologische Behandlungsverfahren der Panikstörung: Konfrontationsverfahren Einbeziehung des Partners (keine Rücksichtnahme mehr auf das phobische Vermeidungsverhalten) Konfrontation mit den angstauslösenden inneren Reizen (Entspannungstraining, Kombination von Kognitiv strukturierten Verhaltensinterventionen nach Beck und Ellis, Konfrontation des Patienten mit inneren Reizen, die Panik auslösen 7 27. Was sind die Hauptmerkmale der generalisierten Angststörung? Persistierende Ängstlichkeit in vielen Lebenssituationen, oft wegen Geringfügigkeiten, sowie eine chronische und unkontrollierbare Sorge um alles mögliche (Gesundheit, kleine Probleme des Alltags, zu spät zu Verabredungen zu kommen, zu viel zu tun zu haben,…) Konzentrationsschwierigkeiten, schnelle Ermüdung, Ruhelosigkeit, Gereiztheit, starke Muskelverspannungen 28. Wie häufig sind generalisierte Angststörungen? Epidemiologie: Pt suchen in der Regel keine psychologische Behandlung auf, Lebenszeitprävalenz wird auf 5 % der Bevölkerung Beginn in den mittleren Teenagerjahren (viele berichten aber dass sie das Problem schon immer haben Als Auslöser scheinen belastende Lebensereignisse eine Rolle zu spielen Doppelt so häufig bei Frauen als bei Männern, hohe Komorbidität mit anderen Angststörungen und affektiven Störungen Erfolgreiche Behandlung sehr schwierig (Fünfjahresuntersuchung von Woodman zeigte nur bei 18 % vollständige Symptombeseitigung) 29. Wie erklären die Psychoanalyse, die klassische Lerntheorie und der kognitiv-verhaltenstheoretische Ansatz die generalisierte Angststörung? Psychoanalyse: unbewusster Konflikt zwischen den Triebregungen des ES und dem ICH; die Triebregungen (meist sexuell, aggressiv) drängen nach Ausdruck, was das Ich wegen einer unbewussten Angst vor Bestrafung nicht zulassen kann; Da die Ursachen der Angst unbewusst ist, ist der Betroffene unruhig und angespannt, ohne zu wissen warum; im Gegensatz zum Phobiker fehlt die Bindung an ein Objekt oder eine Situation und die unspezifische Angst ist somit allgegenwärtig Kognitiv-verhaltenstheoretische Sicht: äußere konditionierte Reize (aber vielfältiger als bei Phobien); Kontrolle und Hilflosigkeit, Sorgen als negative Verstärkung 30. Was haben Zwillingsstudien erbracht? Uneindeutige Befunde bezüglich des Erbfaktors, noch nicht bestätigt, lässt sich aber auch nicht ausschließen 31. Welches Neurotransmittersystem wird eng mit der generalisierten Angststörung in Verbindung gebracht? GABA-System; bei normalen Angstreaktionen feuert das Gesamte Gehirn und erzeugt dadurch Angst; die erhöhte Aktivität regt auch das GABA-System an, das hemmt und somit die Angst reduziert; die generalisierte Angststörung könnte mit einem Defekt des GABA-Systems zu tun haben, so dass die Angst nicht unter Kontrolle gebracht werden kann; Benzodiazepine können Angst dadurch verstärken, dass sie die Freisetzung von GABA fördern; Medikamente, die das GABA-System blockieren oder hemmen führen zu gesteigerter Angst 32. Welche Behandlungsvorschläge zur Überwindung generalisierter Angst gibt es? Wie ist die empirische Absicherung? Psychoanalyse: sich den verdrängten Konflikten stellen, ähnlich wie bei den Phobien Verhaltenstherapie: Umdeuten der frei flottierenden Angst in eine oder mehrere Phobien und wird so leichter behandelbar (Problemanalyse) Weiterhin: Entspannungstraining, Vermittlung von Kompetenzgefühl, Entkatastrophisieren (Schlimmsten Fall vorstellen und beibehalten, langsam Alternativlösungen suchen) -> Reduziert die Sorge durch Konfrontation und allmähliches Nachlassen, Unwahrscheinlichkeit der schlimmsten Befürchtung wird bewusst Empirische Absicherung: bisher konnte in Kontrollierten klinischen Untersuchungen nicht nachgewiesen werden, dass die verschiedenen kognitiv-verhaltensorientierten Ansätze den Placebobehandlungen oder alternativen Therapien wie der klientenzentrierten überlegen sind; auffallend: nur wenige Patienten weisen ein hohes Funktionsniveau auf; Besserungen werden zwar erreicht, aber die Patienten kämpfen weiterhin mit vielen Angstsymptomen; Kognitive VT ist im Vergleich zu Benzodiazepinbehandlung erfolgreicher, eine Kombination beider Behandlungsformen schnitt aber schlechter ab als VT alleine 33. Was versteht man unter einer Zwangsstörung? Eine Angststörung, bei der das Bewusstsein von beständigen und unkontrollierbaren Gedanken überflutet wird oder das Individuum unter dem Zwang steht, bestimmte Handlungen immer wieder auszuführen, was zu großem Leid und Beeinträchtigungen der Alltagsbewältigung führt 8 34. Wie häufig sind Zwangsstörungen? 1 – 2 % der Bevölkerung, dabei wieder mehr Frauen als Männer; Beginn: üblicherweise im frühen Erwachsenenalter, oft nach Belastenden Ereignissen (Schwangerschaft, Geburt, Konflikte in der Familie, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz Bei Männern üblicherweise früherer Beginn und in Form von Kontrollzwängen, bei Frauen häufig später und in Form von Waschzwängen Entwickeln sich gelegentlich während einer depressiven Episode und häufig leiden zwanghafte Patienten auch an einer Depression Komorbidität mit anderen Angststörungen, insbesondere mit Panik und Phobien, sowie verschiedenen Persönlichkeitsstörungen 35. Welche Unterscheidung trifft man bei Zwangsstörungen? Zwangsgedanken = sich aufdrängende und sich wiederholende Gedanken, Impulse, Vorstellungen, die dem Betroffenen unaufgefordert in den Sinn kommen und von ihm als irrational und unkontrollierbar erlebt werden; starke Beeinträchtigung des normalen Lebens; häufige Zwangsgedanken: Angst vor Infektionen, Angst sexuelle oder aggressive Impulse auszudrücken, hypochondrische Angst vor körperlichen Fehlfunktionen oder in Form von extremen Zweifeln, Zauderns und Unschlüssigkeit Zwangshandlungen = Verhaltensweisen oder geistige Handlungen, zu denen sich der Betroffene wieder und wieder gezwungen fühlt, um das durch die Zwangsgedanken verursachte Leid zu mildern oder Unheil abzuwenden; es besteht keine realistische Beziehung zwischen der Handlung und dem, was sie bewirken soll, oder die Handlung ist völlig übertrieben; meist befürchtet der Betroffene schlimme Folgen wenn er die Zwangshandlung unterlässt; allein die Häufigkeit mit der die Handlung wiederholt wird ist oft erschütternd Häufige Zwangshandlungen sind: a. Sauberkeits- und Ordnungszwänge b. Vermeidung bestimmter Gegenstände (z.B. alles was Braun ist) c. Ausführung wiederholt magischer Vorsichtsmaßnahmen wie Zählen, Berühren des Talismans oder eines bestimmten Körperteils d. Kontrollieren, d.h. sieben oder acht Mal zurückgehen und sich vergewissern, dass bereits erledigtes auch wirklich getan ist (Licht aus, Gas/Wasser abgedreht, Tür verschlossen,…) e. Ausführen bestimmter Handlungen, z.B. extrem langsam essen Wirkliche Zwangshandlungen werden vom Betroffenen als ich-fremd angesehen 36. Welche Auswirkungen haben Zwangsstörungen? Schwierigkeiten in der Familie bzw. in den Beziehungen zu Familienangehörigen Antagonistische Gefühle der Bezugspersonen sind dabei oft von Schuld geprägt Belastung anderer kann ihrerseits in dem Betroffenen depressive Gefühle und generalisierte Angst hervorrufen, und damit ist der Boden für eine weitere Verschlechterung der zwischenmenschlichen Beziehungen bereitet Familientherapeuten: Zwangssymptomatik als Ausdruck von Beziehungsproblemen 37. Ätiologie: Wie erklären die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapien und kognitive Ansätze Zwänge? Psychoanalyse: Ursache in sexuellen oder aggressiven Triebkräften, die aufgrund eines übermäßig strengen Sauberkeitstrainings in der frühen Kindheit nicht zu kontrollieren sind -> analfixiert; manifeste Symptome als Ergebnis eines Kampfes zwischen ES und Abwehrmechanismen (Zwanghafte Tötungsgedanken -> ES); häufiger spiegeln die Symptome allerdings das partiell erfolgreiche Wirken eines Abwehrmechanismus wider; (z.B.: Reaktionsbildung) a. Adler: Gefühle der Inkompetenz: Kinder entwickeln aufgrund nachgiebiger oder allzu dominanter Eltern kein Gefühl der Kompetenz -> Minderwertigkeitskomplex -> später unbewusste Zwangsrituale, in denen sie sie einen Bereich schaffen, in dem sie Kontrolle haben und sich Kompetenz fühlen können Verhaltenstheoretische/kognitive Theorien: Erlerntes Verhalten, das durch die Angstreduktion verstärkt wird; Gedächtnisschwäche -> Unfähigkeit, sich an eine bestimmte Handlung genau zu erinnern (z.B: Herdplatte ausschalten) oder zwischen realem und vorgestelltem Verhalten zu unterscheiden 38. Reduzieren Zwänge in jedem Fall immer die Angst? Paradoxer Effekt der Gedankenunterdrückung -> intensivere Beschäftigung mit dem Gedanken; Versuche Gedanken zu unterdrücken sind mit starken Emotionen assoziiert, was zu einer festen Assoziation zwischen dem unterdrückten Gedanken und den Assoziationen führt; Nach vielen Unterdrückungsversuchen kann eine starke Emotion zu einem Wiederauftreten des Gedankens und damit einhergehend zu einer Verstärkung der negativen Stimmung führen -> Folge: Anstieg der Angst 39. Wie kommt es zu Zwangsgedanken? 9 Zwangsgedanken ängstigen die Betroffenen in ähnlicher weise wie sich aufdrängende Gedanken über belastende Ereignisse wie z.B. Einen Gruselfilm normale Menschen; Die meisten Menschen haben schon mal ähnliche Zwangsgedanken, die sich in Belastungssituationen verschlimmern, diese Gedanken können aber von normalen Menschen toleriert und verdrängt werden; bei zwanghaften Menschen können sie jedoch besonders intensiv sein, was möglicherweise darin begründet liegt, dass sie als Kinder gelernt haben, dass bestimmte Gedanken gefährlich oder unannehmbar sind Außerdem wurde nachgewiesen, dass Menschen mit Zwangsstörungen Schwierigkeiten haben, Reize zu ignorieren, was zu ihren Problemen beitragen könnte 40. Welcher Neurotransmitter spielt bei Zwangsstörungen eine besondere Rolle? Serotonin -> Selektive Wiederaufnahmehemmer haben sich bei der Behandlung von Zwangsstörungen als wirksam erwiesen 41. Welche Hirnstrukturen spielen bei der Ätiologie eine besondere Rolle? Frontallappen (übermäßige Sorge und Gedanken, erhöhte Aktivität bei Zwangspatienten) und Basalganglien -> nähe zum Tourette-Syndrom Hinweise auf eine genetische Komponente sind auch vorhanden – bei Verwandten ersten Grades wurden gehäuft Angststörungen festgestellt; Prävalenz von Zwangsstörungen bei Verwandten ersten Grades höher -> hinweise auf biologische Prädisposition 42. Was sind typische Behandlungsvorschläge bei Zwängen? (-> Sehr schwer Behandelbar!) Psychoanalytische Therapie: ähnlich wie bei Phobien und generalisierter Angst, man versucht die Verdrängung aufzuheben und Patienten dazu ermutigen, sich dem zu stellen, was er wirklich fürchtet; die Zwangsgedanken und Zwangshandlungen schützen jedoch das Ich vor dem verdrängten Konflikt und stellen somit für die therapeutische Intervention ein schwieriges Ziel dar; manche Analytiker mittlerweile eher Handlungsorientiert -> Akzeptanz der Handlungsweisen; aus psychoanalytischer Sicht wird die Unentschlossenheit der meisten Zwangspatienten darauf zurückgeführt, Im Voraus eine Garantie für die Richtigkeit aller Handlungen zu erhalten, daher müssen Pt. lernen Ungewissheit und Angst zu tolerieren, im Mittelpunkt der Behandlung steht aber weiterhin die Einsicht in die unbewussten Determinanten 43. Was sind Erfolg versprechende, gut untersuchte verhaltenstherapeutische Strategien zur Zwangsbehandlung? Exposition mit Reaktionsverhinderung (Ritual als Negative Verstärkung), bei mehr als der Hälfte der Patienten zumindest teilweise wirksam Rational-Emotive Therapie/Kognitive Therapie nach Beck, Veränderung der irrationalen Überzeugungen dass alles genauso sein muss, Überprüfung der negativen Folgeüberzeugungen 44. Welche Medikamente werden meist bei Zwangsstörungen verordnet? Serotonin-Wiederaufnahmehemmer - - - - PTBS PTBS = extreme Reaktion auf sehr starke Belastung, incl. Starke Angst, Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma in Zusammenhang stehen und einer Einschränkung emotionaler Reaktionen Definition schließt auch Teilweise die vermutete Ätiologie mit ein, d.h. eines oder mehrere traumatische Ereignisse, die der Betroffene unmittelbar erlebt hat oder deren Zeuge er war, und bei denen Lebensgefahr bestand oder jemand zu Tode kam bzw. schwer verletzt wurde, oder auch eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit Das Ereignis muss starke Furcht, Schrecken oder ein Gefühl der Hilflosigkeit ausgelöst haben Zu differenzieren: posttraumatische Belastungsstörung vs. Akute Belastungsstörung: o Akut: Dauer < 1 Monat Anzahl der Fälle ist abhängig von der Art des Traumas: o Vergewaltigung: 90 % (Rothbaum et al., 1992) o Opfer von Verkehrsunfällen: 13% (Bryant & Harvey, 1998) die Ursache der PTBS ist in erster Linie im Ereignis und nicht in der Person zu suchen (dennoch gibt es Hinweise auf Personenspezifische Faktoren, da nicht alle Menschen nach einem traumatischen Ereignis eine PTBS entwickeln -> z.B. Shalev et al., 1996: etwa 25 % aller Personen die ein traumatisches Erlebnis mit Körperverletzung durchlebt haben) 3 Hauptkategorien der Symptome der PTBS: 1. Wiedererleben des traumatischen Ereignisses a. Häufiges Erinnern und träumen 10 b. 2. 3. Intensive emotionale Reaktionen ausgelöst durch Reize, die symbolisch für das Ereignis stehen i. McNally et al., 1990: Strooptest -> Interferenz/langsame Reaktionszeiten bei Kriegsveteranen/Vergewaltigungsopfern (Foa et al., 1991) bei traumaasoziierten Wörtern ii. Vrana et al., 1995): bessere Erinnerung an traumaassoziierte Wörter Meidung der mit dem Ereignis verbundenen Reize oder Einschränkung der Reaktivität a. Vermeidung von Gedanken und Reizen bis hin zur Amnesie b. Vermindertes Interesse an anderen c. Gefühl der Entfremdung d. Unfähigkeit etwas angenehmes zu fühlen i. Steht im Widerspruch zu (1) -> Fluktuation zwischen Widererleben und Rückzug Symptome gesteigerter Erregung a. Einschlaf-/Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz, übertriebene Schreckreaktion Weitere Symptomatik: Angst Depression Ärger Schuld Medikamentenmissbrauch (Selbstmedikation zur Linderung des Leids) Eheprobleme Schlechte körperliche Gesundheit Beeinträchtigung der Berufstätigkeit Suizidgedanken und – pläne Heftige Gewaltausbrüche Psychophysiologische Probleme: Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, gastrointestinale Störungen Bei Kindern: Schlafstörungen mit Alpträumen über Monster Verhaltensänderungen (kontaktfreudiges Kind -> Rückzug; ruhiges Kind -> aufdringlich, aggressiv) Manche Kinder beginnen zu denken dass sie sterben werden bevor sie Erwachsen sind Verlernen von Fähigkeiten wie Sprache oder Sauberkeit Besonders bei kleinen Kindern ist es schwierig über die Quelle ihrer Aufregung zu sprechen Prävalenz: USA: 1 – 3 % der Bevölkerung Häufig subsyndromale Form der Störung, Symptome in Anzahl oder Intensität nicht ausreichend für die Diagnose, es wird aber erhebliches Leid und Beeinträchtigung verursacht Nach einem traumatischen Ereignis steigt die Prävalenzrate auf 9 % Unterschiedliche Prävalenz je nach Schwere des Traumas: o Zivilisten (körperlicher Angriff): 3 % o Kriegsveteranen/Polizei/Rettungskräfte: bis 20 % o Vergewaltigungsopfer/Kriegsgefangene: 50% o Häufigste Ursache: Gewaltsamer Tod eines geliebten Menschen o Risiko PTBS bei Frauen doppelt so hoch Ätiologie der PTBS Risikofaktoren: - Wahrnehmung einer Bedrohung des eigenen Lebens Weibliches Geschlecht Frühe Trennung von den Eltern Familiäre Belastungen durch eine psychische Störung Frühere traumatische Erlebnisse Eine bereits bestehende Störung (z.B. Angststörung, Depression) - die Wahrscheinlichkeit einer PTBS vergrößert sich mit der schwere des traumatischen Ereignisses Erste Reaktion nach dem Trauma spielt eine wichtige Rolle (höheres Risiko bei starker Angst, Depression sowie höhere Herzfrequenz) Schutzfaktor: hohe Intelligenz (geht mit besseren Copingfähigkeiten einher) soziale Unterstützung 11 Dissoziative Symptome: u. a. Depersonalisation, Derealisation, Amnesie, Ichfremdheit während des Traumas, sowie der Versuch die Erinnerung an das Trauma zu unterdrücken, sind ebenfalls Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für eine PTBS erhöhen möglicherweise ist die Dissoziation für das Anhalten der Störung von Bedeutung, da sie den Pt. Davon abhält, sich den Erinnerungen zu stellen Persönliches Verantwortungsgefühl (weiterer Risikofaktor): Zusammenhang zw. Entwicklung einer PTBS und der Neigung, sich für Misserfolge persönlich verantwortlich zu fühlen, und Belastungen auf der emotionalen Ebene zu bewältigen, anstatt sich auf die eigentlichen Probleme zu konzentrieren Veteranen die keine PTBS entwickelten waren im Gegenzug besonders engagiert und zielorientiert Psychologische Theorien Klassische Konditionierung und Vermeidungslernen: PTBS als Folge einer klassischen Konditionierung von Angst und Vermeidungsverhalten -> ZweiFaktoren-Theorie von Mowrer: o Beispiel: Eine Vergewaltigungsopfer -> Furcht in einer bestimmten Umgebung(konditionierter Reiz) spazieren zu gehen, weil sie dort angegriffen wurde (unkonditionierter Reiz) -> Vermeidungsreaktionen -> negativ verstärkt durch Verminderung der Angst aufgrund des fehlenden Konditionierten Reizes Verdrängung: Erinnerungen an das traumatische Ereignis beschäftigt die Betroffenen ständig und ist so schmerzhaft, dass sie entweder bewusst unterdrückt oder verdrängt werden Annahme, dass der Betroffene in einer Art innerem Kampf versucht das Trauma in seine Vorstellungen von sich und der Welt zu integrieren, um es irgendwie zu verstehen Biologische Theorien - mögliche genetische Disposition (Zwillingsstudien) Aktivierung des noradrenergen Systems durch das Trauma -> Anstieg des Norepinephrinspiegels o Folge: Schreckhaftigkeit, schnelleres Ausdrücken von Emotionen Therapie der PTBS Krisenintervention Rekonstruktion des Ereignisses - Meist in Gruppengesprächen, es wird über so viele Einzelheiten des Traumas wie möglich berichtet, sowie die dazugehörigen Gedanken Ziel: Normalisierung der Angstreaktion indem darauf hingewiesen wird, dass die Betroffenen etwas erlebt haben, was bei den meisten Menschen großes Leid verursacht Exposition, Entspannung und neue Interpretation Erfolgversprechende Therapie in Folge sexueller Angriffe, Kombination aus in-sensu- Exposition mit den Trauma assoziierten Reizen, Entspannungstraining und Unterstützung der Betroffenen, anders über das Ereignis zu denken Narkosynthese - Früher übliche Form der Behandlung von Kriegsveteranen Sedierung mit Penthotal, detaillierte Beschreibung seitens des Therapeuten der kritischen Kriegssituation – Vergessene Erinnerungen treten wieder auf, Ermunterung des Patienten beim zu sich kommen weiter über die Ereignisse zu sprechen -> Bewusstmachen der Erinnerung, und dass diese in der Vergangenheit liegen; Synthese/Verbindung des Schreckens aus der Vergangenheit mit dem gegenwärtigen Leben Verhaltenstherapie mit Konfrontation Annahme: Ängste werden am besten dadurch gelöscht, dass der Betroffene auf irgend eine weise damit Konfrontiert wird, was er am meisten meiden möchte (Flooding, systematische Desensibilisierung…) Schwierig für Patienten und Therapeuten, das Ereignis muss in allen Einzelheiten durchgesprochen werden Folge: dem Patienten kann es erst einmal schlechter gehen, sowie auch der Therapeut kann durch die Schilderung erschüttert werden EMDR Exposition der Situation, negativer Gedanken und positiver Gedanken in Verbindung mit stereotaktischen Augenbewegungen Psychodynamische Therapie Hauptaugenmerk auf der Art und weise, wie das Trauma mit der prämorbiden Persönlichkeit des Betroffenen interagiert 12 Phamakotherapie Antidepressiva und Tranquelizer, oft auch zu Behandlung komorbider Faktoren wie z.B. Depression Soziale Unterstützung 13 KAPITEL 7 : SOMATOFORME UND DISSOZIATIVE STÖRUNGEN (S. 200-228) 1. 2. Aus welcher Klassischen psychopathologischen Kategorie sind die somatoformen und die Dissoziativen Störungen hervorgegangen? Zusammen mit den Angststörungen galten somatoforme und dissoziative Störungen früher als Neurosen; bei Angststörungen sind die Angstsymptome offensichtlich, bei den somatoformen und dissoziativen Störungen ist dies nicht direkt beobachtbar Bei somatoformen Störungen klagt der Pt. über körperliche Symptome, die auf einen Defekt oder eine körperliche Fehlfunktion hindeuten, jedoch ohne dass sich eine physiologische Grundlage finden lässt Bei Dissoziativen Störungen wird der Bewusstseinszusammenhang von Wahrnehmen, Gedächtnis und Identität plötzlich aufgehoben Bei beiden Gruppen hängt der Beginn zumeist mit einem Belastenden Ereignis zusammen Welches sind die Unterkategorien der Somatoformen und der Dissoziativen Störungen? Wie teilt das ICD-10 die somatoformen und die dissoziativen Störungen ein? Wo liegen die unterschiede zum DSM IV? SOMATOFORME STÖRUNGEN Somatisierungsstörungen Hypochondrische Störungen (inkl. Körperdysmorphie) Somatoforme autonome Funktionsstörungen Anhaltende somatoforme Schmerzstörungen DSM IV: Schmerzstörung Körperdysmophe Störung Hychochondrie Konversionsstörung Somatisierungsstörung 3. 4. 5. DISSOZIATIVE STÖRUNGEN Dissoziative Amnesie Dissoziative Fugue Dissoziativer Stupor Trance und Besessenheitszustände Dissoziative Bewegungsstörungen Dissoziative Krampfanfälle Dissoziative Stabilitäts- und EmpfindungsStörungen Dissoziative Amnesie Dissoziativer Fugue Dissoziative Identitätsstörung Depersonalisationsstörung Was ist das zentrale Merkmal aller somatoformen Störungen? Psychische Probleme kommen durch körperliche Symptome zum Ausdruck, für die es bisher keine physiologische Erklärung gibt und die nicht willentlich kontrollierbar sind; Man nimmt an, dass sie mit psychischen Faktoren, insbesondere Angst zusammenhängen, also psychische Ursachen haben Was versteht man unter einer Körperdysmorphen Störung? Intensive Beschäftigung mit einem eingebildeten oder übertriebenen Makel/Mangel in seiner Erscheinung (Falten, Nase, Haut, Hüfte, Busen, bei Männern dass sie oder ihr Penis zu klein sind, zu viele Körperhaare haben) Manche Betroffenen beschäftigen sich täglich Stunden mit dem Makel, andere hängen z.B. alle Spiegel ab, um nicht daran erinnert zu werden, oder verbergen ihn z.B. durch weite Kleidung) Große Belastung, häufig Konsultation des Schönheitschirurgen, der den Patienten aber kaum helfen kann Tritt vor allem bei Frauen auf, setzt in der Regel gegen Ende der Pubertät ein und ist oft komorbid mit Depression und sozialer Phobie, übermäßige Beschäftigung kann als Symptom bei mehreren Störungen auftreten Was meint man heute mit Hypochondrie? Worunter leiden diese Patienten? Der Betroffene beschäftigt sich in übertriebener Form mit der Furcht vor einer schweren Krankheit trotz gegenteiliger Beteuerung durch den Arzt Setzt gewöhnlich in frühen Erwachsenenalter ein und verläuft meist chronisch Pt. suchen häufig medizinische Hilfe auf und haben oft auch affektive Störungen oder Angststörungen Man nimmt an, dass sie auf normale körperliche Empfindungen überreagieren und geringfügige Abnormitäten (unregelmäßiger Herzschlag, Schwitzen, gelegentliches Husten, Magenschmerzen,…)als Bestätigung für ihre Befürchtungen sehen Ebenso interpretieren Hypochonder Symptome schneller als verhängnisvoll (z.B. ein roter Hautfleck als Krebs) Es wird vermutet dass Hypochondrie keine eigene Störung ist, sondern ein Symptom in Verbindung mit anderen Störungen Abgrenzung zur Somatisierungsstörung nicht ganz klar 14 6. Welche Beschwerden und Symptome definieren eine Konversionsstörung? Sensorische oder motorische Symptome (z.B. der plötzliche Verlust des Sehvermögens oder Lähmung) auf, obwohl Körperorgane und neuromuskulärer Apparat gesund sind; die klassischen Konversionssymptome lassen zunächst an eine neurologische Erkrankung denken Bei physiologisch ganz normalen Menschen treten teilweise oder vollständige Lähmungen der Arme oder Beine, Anfälle und Koordinationsstörungen , Gefühle des Prickelns, Stechens oder Krabbelns auf der Haut, Schmerzunempfindlichkeit oder der Verlust bzw. die Beeinträchtigung von Empfindungen auf, die als Anästhesie bezeichnet werden Oft ist auch das Sehvermögen beeinträchtigt, der betroffene kann teilweise oder vollständig erblinden oder an einem „Tunnelblick“ leiden Außerdem Aphonie (=Stimmverlust und Tonlose Sprache) und Anosmie (Verlust oder Beeinträchtigung des Geruchssinns Symptome stellen sich gewöhnlich in besonderen Belastungssituationen ein und ermöglichen es dem Betroffenen, eine bestimmte Tätigkeit oder Verantwortung zu umgehen oder ihm die schmerzlich entbehrte Aufmerksamkeit anderer verschaffen Epidemiologie: in der Regel erstmals in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter in einer belastenden Lebenssituation auf; eine solche Episode kann abrupt enden, aber ein Rückfall (mit gleichen oder anderen Symptomen) ist wahrscheinlich; Prävalenz = weniger als 1 %, tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern; während des ersten Weltkrieges wurden konversionsähnliche Phänomene auch bei Frontsoldaten beobachtet Die Störung ist oft komorbid mit anderen Diagnosen (z.B. Depression und Drogenmissbrauch) sowie mit Persönlichkeitsstörungen wie der Borderline- und der histrionischen Persönlichkeitsstörungen 7. Worin besteht das diagnostische Problem der Konversionsstörung Unterscheidung von ähnlichen neurologisch begründeten Störungen (z.B: Handschuhanästhesie vs Karpaltunnelsyndrom); hohe Gefahr der Fehldiagnose 8. Wie wird die Somatisierungsstörung diagnostiziert? Früher Briquet-Syndrom; wiederkehrende vielgestaltige körperliche Beschwerden, wegen denen medizinische Hilfe aufgesucht wird, die aber offensichtlich nicht körperlich bedingt sind Diagnostische Kriterien: a. Vier Schmerzsymptome in verschiedenen Körperteilen (Kopf, Rücken, Gelenke) b. Zwei Gastrointestinale Symptome (Durchfall, Übelkeit,…) c. Ein sexuelles Symptom, das nicht schmerzhafter Natur ist (sexuelle Indifferenz, Errektionsstörungen) d. Ein pseudoneurologisches Symptom (z.B. Symptome der Konversionsstörung) Die Symptome sind intensiver als die Beschwerden bei Hypochondrie, führen zu starken Beeinträchtigungen, v.a. am Arbeitsplatz Spezielle Symptome können kulturabhängig variieren und treten häufiger in Kulturen auf, in denen Emotionen nicht offen gezeigt wurden Somatisierungsstörung und Konversionsstörung haben vieles gemeinsam und können auch oft auf einen Patienten zutreffen 9. Was fällt bei Patienten mit einer Somatisierungsstörung neben den zahlreichen körperlichen Beschwerden noch auf? Die Betroffenen gehen häufig zum Arzt, sind manchmal bei mehreren Ärzten gleichzeitig in Behandlung und haben einen Beträchtlichen Konsum an Medikamenten Nicht selten werden sie ins Krankenhaus eingewiesen und sogar operiert Störungen des Menstruationszyklus und sexuelle Indifferenz sind häufig Die Beschwerden werden oft in theatralischer, übertriebener weise vorgebracht oder in eine lange und komplizierte Krankengeschichte eingeflochten Viele der Patienten sind überzeugt, dass sie schon ein Leben lang leiden 10. Was weiß man zur Epidemiologie der Somatisierungsstörung und zur Komorbidität mit anderen Störungen? Komorbidität: Angststörungen, affektive Störungen, Drogenmissbrauch sowie eine Reihe von Persönlichkeitsstörungen Epidemiologie: Lebenszeitprävalenz unter 0,5 % der amerikanischen Bevölkerung; bei Frauen, vor allem afrikanischer und hispanischer Abstammung, sowie bei Pt, die Medikamentös behandelt werden häufiger auf; in südamerikanischen Ländern und Puerto Rico ist die Prävalenz höher Symptome setzen gewöhnlich im frühen Erwachsenenalter ein, sind jedoch nicht immer so dauerhaft wie angenommen 15 Risikofaktoren: I. Genetische Faktoren: Familiäre Belastungen mit Alkoholmissbrauch, Soziopathie, affektiven Störungen, somatoformen Störungen II. Epidemiologische Faktoren: Weibliches Geschlecht, niedriger sozialer Status, lateinamerikanischer Kulturkreis III. Entwicklungspsychologische Risikofaktoren: Sexuelle Übergriffe, organmedizinisch orientierter Gesundheitsbegriff, entsprechend familiäre Krankheitsmodelle IV. Auslösende Faktoren: Kritische Lebensereignisse, organische Erkrankungen, psychische Dauerbelastungen, Mikrostressoren V. Aufrechterhaltende Faktoren: Inadäquater Copingstil, familiär bzw. partnerschaftlich verstärkende Bedingungen, soziale Vorteile, fehlendes soziales Netz oder Stützsystem 11. Wie erklärt die Psychoanalyse die Entstehung somatoformer Störungen „Studie über Hysterie“: Ursache der Konversionsreaktion in einer Erfahrung, die mit starker emotionaler Erregung einhergeht; der Affekt gelangt allerdings nicht zum Ausdruck und die Erinnerung an das Ereignis wurde vom Bewusstsein ausgeschlossen; Ursache der spezifischen Konversionssymptome wurde in einem traumatischen Ereignis vermutet Später: Wurzeln der Konversionsstörung in ungelöstem Elektrakomplex -> das kleine Mädchen entwickelt eine sexuelle Bindung an den Vater, aber diese frühe Triebregungen werden verdrängt, wenn die Eltern hart und missbilligend darauf reagieren; als Folge erlangt Sexualität für das Kind eine überwertige Bedeutung, wird aber gleichzeitig gemieden; in späteren Jahren lösen die wiedererweckten sexuellen Regungen Angst aus; diese wird in körperliche Symptome umgewandelt -> Primärgewinn der Konversionssymptome = Vermeiden des ungelösten Elektrakomplexes und früher verdrängter ESImpulse; Sekundärgewinn -> Zuwendung Neue psychodynamische Interpretation von hysterischer Blindheit: Dissoziation von Wahrnehmung und Bewusstsein 12. Welche Vermutungen stellen Lerntheoretiker zur Erklärung der Konversionsstörungen an? Kritisch: Konversionsreaktion ist der Simulation insofern ähnlich, als die Betroffenen ein bestimmtes Symptom aufweisen, um dadurch ein bestimmtes Ziel zu erreichen; sie versuchen sich so zu verhalten, wie sich in ihrer Vorstellung jemand mit einer motorisch oder sensorisch beeinträchtigenden Krankheit verhalten würde 13. Wie lautet die soziokulturelle Erklärung der Konversionssymptomatik? Sexuelle Repression -> Rückgang der Zahl von Konversionsstörungen (mit einhergehender Lockerung der Sexualmoral) im letzten Jahrhundert legt nahe, dass soziale und kulturelle Faktoren eine Rolle spielen Geringes medizinisches und psychologisches Wissen -> unterstützt wird die Bedeutung sozialer und Kultureller Faktoren auch durch Untersuchungen, die Belegen, dass die Konversionsstörung öfter bei Patienten aus ländlichen Gebieten und aus niedrigen sozialen Schichten diagnostiziert wird, bzw. weniger in Industrienationen und häufiger in weniger entwickelten Ländern Biologische Faktoren: keine nachgewiesene Erblichkeit, Möglicherweise aber Zusammenhang zur Struktur des Gehirns -> Konversionssymptome treten häufiger links als rechts auf (Hinweis auf rechte Hemisphäre, Sitz negativer emotionaler Erregung) 14. Therapie somatoformer Störungen: Menschen mit somatofomen Störungen gehen wesentlich häufiger zu einem normalen Arzt als zu Psychiatern und Psychologen; will ein Arzt sie zu einem überweisen, verstehen sie dies als Hinweis, dass er sie „für nicht ganz richtig im Kopf“ hält und nehmen es ihm übel, dass er sie zu einem „Irrenarzt“ schickt; solche Patienten können die Geduld der Ärzte auf eine harte Probe stellen; häufig wissen diese sich nicht anders zu helfen, als ein Medikament oder eine Medizinische Behandlung nach der anderen zu verschreiben – in der Hoffnung die somatischen Beschwerden zu lindern Psychoanalyse: „Redekur“ basiert auf der Annahme, dass eine massive Verdrängung der psychischen Energie keinen anderen Ausweg ließ als den der Konversion in rätselhaften Anästhesien oder Lähmungen; Die Karthasis sollte durch Konfrontation mit den infantilen Ursprüngen der Verdrängung helfen. Auch heute versucht man mit freier Assoziation und anderen Techniken die Verdrängung aufzuheben; Psychoanalyse und psychoanalytisch orientierte Therapien haben sich bei der Behandlung von Konversionsstörungen als weniger effektiv erwiesen, sie bewirken allenfalls, dass die Patienten sich um ihre Beeinträchtigungen weniger Sorgen machen Therapie von Angst und Depression -> kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze; Familientherapie und Selbstsicherheitstraining 16 Verhalten des Arztes: Beschwerden nicht bestreiten, aber Diagnosetests und Interventionen auf ein Minimum beschränken und Kontakt zum Patienten halten, unabhängig davon ob dieser sich über Beschwerden beklagt oder nicht Therapie von Schmerzen -> Überprüfen, tatsächlich vorliegt oder nur in der Phantasie, Entspannungstraining, Belohnung des Betroffenen, wenn er sich nicht dem Schmerz entsprechend verhält; niedrige Dosen von Antidepressiva können helfen; im allgemeinen positive Seiten betonen und zu mehr Aktivität anregen Operante Ansätze: Belohnung für jede Besserung 15. Was ist das zentrale Merkmal der dissoziativen Störungen? Änderung des Bewusstseinszusammenhangs von Identität, Gedächtnis und Wahrnehmung Bei einer dissoziativen Störung können wichtige persönliche Ereignisse nicht erinnert werden, oder die eigene Identität geht zeitweise verloren; in manchen Fällen nehmen die Betroffenen sogar eine neue Identität an oder verlassen ihre gewohnte Umgebung 16. Was weiß man zur Epidemiologie der dissoziativen Störungen? Kaum präzise Daten bekannt, die bislang wahrscheinlich beste Untersuchung ermittelte Prävalenzraten von 0,7 % für Amnesie, 2,4 % für Depersonalisationsstörung und 0,2 % für die Fugue 17. Was sind die Hauptmerkmale der dissoziativen Amnesie? Plötzlich einsetzende Unfähigkeit, sich an wichtige persönliche Daten zu erinnern; tritt gewöhnlich nach einer Zeit besonderer Belastung auf; zwar sind die Erinnerungen nicht endgültig verloren, sie sind jedoch während der amnestischen Episode nicht abrufbar; die Erinnerungslücken sind zu groß, als dass man sie mit normaler Vergesslichkeit erklären könnte In den meisten Fällen betrifft der Gedächtnisverlust alle Ereignisse innerhalb eines begrenzten Zeitraums nach einer traumatischen Erfahrung, etwa nachdem jemand den Tod eines geliebten Menschen miterleben musste Etwas seltener ist die selektive Amnesie, die nur einige Ereignisse eines bestimmten besonders belastenden Zeitraums betrifft; Am seltensten ist die vollständige Amnesie, sie erstreckt sich auf das ganze Leben Während einer amnestischen Episode ist das Verhalten der Betroffenen unauffällig, als Folge des Gedächtnisverlustes können jedoch Desorientiertheit und zielloses Umherlaufen vorkommen Bei vollkommener Amnesie erkennt der Patient weder Verwandte noch Freunde, aber seine Fähigkeit zu sprechen, zu lesen und vernünftig zu denken und vielleicht auch seine Besonderen Talente und jegliches zuvor erworbenes Wissen über die Welt und die eigene Rolle in ihr bleiben erhalten Eine amnestische Episode kann mehrere Stunden, aber auch mehrere Jahre dauern; die Amnesie verschwindet gewöhnlich so plötzlich, wie sie gekommen ist, die Wiederherstellung ist vollständig, rezidive sind selten Differentialdiagnose: psychogene Amnesie vs. organisch bedingte/Substanzmissbrauch bedingte Amnesie: a. Bei degenerativen Störungen lässt das Gedächtnis allmählich und unabhängig von besonders belastenden Ereignissen nach und geht mit anderen kognitiven Defiziten, wie z.B. einer Unfähigkeit neue Informationen zu speichern einher b. Bei einer Hirnverletzung, die durch ein Trauma (z.B. Autounfall) oder durch Substanzmissbrauch verursacht wird, kann der Gedächtnisverlust leicht auf das Trauma oder die konsumierte Substanz zurückgeführt werden 18. Wodurch fällt jemand mit einer dissoziativen Fugue auf? Der Gedächtnisverlust ist umfangreicher als bei der dissoziativen Amnesie; die betroffenen erleiden nicht nur eine vollständige Amnesie, sondern sie verlassen plötzlich Heim und Arbeitsplatz und nehmen eine völlig neue Identität an; gelegentlich wählen sie einen neuen Namen, ein neues Zuhause, einen neuen Arbeitsplatz und nehmen sogar neue Persönlichkeitszüge an Manchmal gelingt es ihnen sogar, ein komplexes gesellschaftliches Leben aufzubauen; in den meisten Fällen nimmt dieses neue Leben jedoch nicht diese vollständig neue Form an, und die Fugue ist nur von kürzerer Dauer; meistens beschränkt sie sich auf begrenztes, anscheinend zielbewusstes Umherreisen, während dessen soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt sind oder völlig fehlen Zur Fugue kommt es gewöhnlich nach schweren Belastungen wie Ehestreitigkeiten, einer persönlichen Zurückweisung, finanziellen oder beruflichen Schwierigkeiten, Kriegsdienst, Naturkatastrophen,… Die Wiederherstellung ist – obwohl die dafür notwendige Zeitspanne unterschiedlich lang ist – gewöhnlich vollständig und die Betroffenen können sich an die Ereignisse während ihrer Flucht aus der gewohnten Umgebung nicht erinnern 19. Was ist eine Depersonalisationsstörung? Im DSM IV -> Dissoziative Störung, nicht im ICD-10; Zuordnung umstritten da die für andere dissoziative Störungen typische Gedächtnisstörung fehlt 17 Selbstwahrnehmung und Selbsterleben ändern sich auf abrupte und befremdliche Weise Während einer Depersonalisationsepisode (in der Regel nach starken Belastungen), verlieren die Betroffenen plötzlich das Gefühl für sich selbst; ihre Glieder scheinen sich auszudehnen oder zu Schrumpfen, die eigene Stimme klingt fremd oder sie haben das Gefühl sich außerhalb ihres Körpers zu befinden und sich selbst zu beobachten; manchmal kommen sie sich wie Maschinen vor und haben das Gefühl, sie und die anderen Personen seien Roboter, oder sie bewegen sich wie im Traum, wie ihnen die Welt unwirklich geworden ist Ähnliche Erfahrungen treten gelegentlich auch bei anderen Störungen auf, z.B. Schizophrenie, Panikattacken, Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörung oder BorderlinePersönlichkeitsstörung Setzt gewöhnlich im Jugendalter ein und verläuft chronisch; häufig finden sich komorbid Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen und Depressionen 20. Was versteht man unter einer dissoziativen Identitätsstörung? Hauptmerkmal: Existenz von zwei oder mehr verschiedenen Persönlichkeiten innerhalb eines Individuums; jede dieser Persönlichkeiten hat unabhängig von der anderen ihre eigene Lebensform, ihre eigenen Gefühle und Verhaltensmuster, die zu verschiedenen Zeiten dominieren Gewöhnlich ist eine der Persönlichkeiten die Hauptpersönlichkeit, die sich dann auch einer Behandlung stellt; zum Zeitpunkt der Diagnose sind in der Regel zwei bis vier Persönlichkeiten beteiligt, im Laufe der Behandlung können jedoch noch weitere dazukommen Erinnerungslücken sind üblich, weil zumindest eine Persönlichkeit keinerlei Zugang zu den anderen hat Wenn also Persönlichkeit A dominiert. Weiß der Betroffene nichts über Persönlichkeit B und auch nicht, dass er über andere Persönlichkeiten verfügt; Die Existenz verschiedener Persönlichkeiten muss chronisch sein und das eigene Leben stark beeinträchtigen; die verschiedenen Persönlichkeiten dürfen nicht eine vorübergehende Veränderung z.B. aufgrund von Drogen sein Jede Persönlichkeit kann eine voll integrierte und komplexe Ganzheit mit eigenen Verhaltensmustern, Erinnerungen und Beziehungen sein, die Wesen und Handlungen des Betroffenen bestimmen, solange diese Persönlichkeit dominiert Gewöhnlich sind die einzelnen Persönlichkeiten sehr verschieden, manchmal ist die eine sogar das genaue Gegenteil der anderen; eine ist möglicherweise Rechtshänder, die andere Linkshänder, sie tragen Brillen mit verschiedenen Sehschärfen und sind gegen verschiedene Substanzen allergisch Ursprüngliche Persönlichkeit und Subpersönlichkeiten sind sich der zeitlichen Lücken bewusst, und die Stimmen der einen können ins Bewusstsein der anderen Eindringen, ohne dass diese wissen, wem die Stimmen gehören Verlauf: Beginnt bereits in der Kindheit, wird aber selten vor dem Erwachsenenalter diagnostiziert; Weitreichender als andere dissoziative Störungen und die Heilung ist möglicherweise weniger vollständig Weit häufiger bei Frauen als bei Männern Zeitgleich oft Depressionen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Somatisierungsstörungen Geht weiterhin mit Kopfschmerzen, Substanzmissbrauch, Phobien, Halluzinationen, Suizidversuchen, sexuellen Dysfunktionen und selbstzerstörerischem Verhalten sowie anderen dissoziativen Symptomen wie Amnesie oder Depersonalisation einher Differentialdiagnose: Wird in der Presse oft fälschlicherweise unter Schizophrenie gehandelt (schizo = abspalten); eine Spaltung innerhalb einer Person in kohärente Systeme ist jedoch von den Symptomen der Schizophrenie zu unterscheiden 21. Welche diagnostischen Probleme ergeben sich bei der dissoziativen Identitätsstörung? Diagnose ist sehr umstritten, in einer Umfrage gaben nur ein Drittel der Befragten an, sie hätten nichts gegen diese Diagnose einzuwenden; Wurde erstmals im 19. Jh. erwähnt; von 1890 – 1920 wurden etwa 77 Fälle in der Literatur erwähnt; danach nahm die Zahl der Berichte ab, bis sie in den 70er Jahren wieder deutlich stieg Keine genauen Prävalenzdaten (Variationen von 1,3 % in Kanada bis 0,4% in der Türkei; diese Schätzungen schon sehr hoch im Vergleich zu früher) Wie kommt es zu diesem Anstieg? -> erstmals wurden Diagnosekriterien festgelegt, Fehldiagnosen,…Veröffentlichung des Fall Sybil -> Steigende Diagnosezahlen; der Fall ist sehr umstritten, manche sagen die Persönlichkeiten wurden erst durch den Therapeuten hervorgerufen, indem er den verschiedenen emotionalen Zuständen Namen gab. 22. Welche Erklärungshypothesen für die dissoziativen Störungen gibt es? Unzugängliche Erinnerungen: Dissoziation -> stammt von Pierre Janet; Grundlegende Annahme: das Bewusstsein stellt normalerweise eine einheitliche Erfahrung dar und Kognitionen, Emotionen und Motivationen umfasst; in belastenden Situationen können traumatische Erfahrungen auf eine Weise gespeichert werden, die sie später, wenn der Betroffene sich wieder in einen normaleren Zustand befindet, nicht mehr zugänglich macht; dies kann zu einer Amnesie oder Fugue führen 18 Vermeidungsreaktion: Lerntheoretiker halten die Dissoziation im Allgemeinen für eine Vermeidungsreaktion, die die Betroffenen vor belastenden Ereignissen und den Erinnerungen daran schützt; da die Betroffenen sich dadurch nicht bewusst der Situation stellen können, besteht keine Möglichkeit, die daraus entstandene Angst zu löschen Problem Psychoanalytischer oder lerntheoretischer Erklärungen: extreme Belastungen fördern eher Erinnerungen als sie zu hemmen (-> siehe PTBS) ABER: dissoziative Störungen extrem selten und eher unübliche Reaktion auf ein Trauma 23. Welche Rolle spielen frühe Traumatisierungen (z.B. Missbrauch) bei der Ätiologie von dissoziativen Störungen? Wie ist die Befundlage? Zwei Erklärungstheorien der dissoziativen Identitätsstörung a. In der Kindheit aufgrund schweren körperlichen Missbrauchs; der Missbrauch führt zur Dissoziation und der Entstehung verschiedener Persönlichkeiten als Möglichkeit dem Trauma zu entkommen; da aber nicht alle die als Kind missbraucht wurden eine DIS entwickeln, muss eine entsprechende Prädisposition vorliegen (z.B. leichte Hypnotisierbarkeit könnte die Schaffung verschiedener Persönlichkeiten durch Selbsthypnose erleichtern, oder dass diese Menschen eine starke Neigung haben, sich Phantasien hinzugeben) b. DIS als erlerntes soziales Rollenverhalten; die verschiedenen Persönlichkeiten treten im Erwachsenenalter, in der Regel angeleitet durch den Therapeuten auf; die DIS wird nicht als bewusste Vortäuschung oder Simulation gesehen, es geht nicht darum ob die Störung echt ist oder nicht sondern darum, wie sie entstanden ist Befundlage: Experiment Spanos, Weeks & Betrand: Rollenübernahme ist möglich, heißt aber nicht dass es keine DIS gibt, die mit Halluzinationen, Zeitlücken und Depersonalisation Folge von Missbrauch -> schwierig, für Berichte über Missbrauch liegen meist keine handfesten Beweise vor Studie Lewis: mit 150 verurteilten Mördern: darunter wurden 14 Fälle mit DIS ermittelt, 12 davon wiesen schon lange Symptome auf; 8 der Betroffenen hatten in ihrer Kindheit Absencen erlebt, neun von ihnen hatten akustische Halluzinationen gehabt und 10 Phantasiegefährten; die Symptome wurden durch mindestens 3 externe Quellen bestätigt, außerdem hatten einige eine völlig andere Handschrift, bevor sie das Verbrechen begingen; ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Untersuchung war die Dokumentation eines körperlichen oder sexuellen Missbrauchs in der Kindheit in 11 Fällen, was auch von externen Quellen und anhand körperlicher Zeichen (Narben) belegt werden konnte, Zitat der Autoren „Der Begriff „Missbrauch“ wird der Art der Misshandlung, die diese Menschen hinter sich haben nicht gerecht; Treffender wäre hier von „Folter“ zu sprechen“ 24. Was ist das Hauptziel bei der Therapie dissoziativer Störungen? Integration der verschiedenen Persönlichkeiten 25. Therapie dissoziativer Störungen: (Welche Rolle spielt die Hypnose)? Psychoanalyse, Traumatherapien (PTBS = häufigste komorbide Störung); die Anfänge der Psychoanalyse gehen auf Hypnose zurück und bis heute werden Patienten mit einer dissoziativen Störung hypnotisiert, damit sie Zugang zu den verborgenen Teilen ihrer Persönlichkeit bekommen – zu einer verlorenen Identität oder zu Ereignissen, die vor und nach einem Trauma stattfanden Behandlung der dissoziativen Identitätsstörung: Altersregression: Patienten mit DIS sind in aller Regel hypnotisierbar und man nimmt an, dass sie diese Hypnotisierbarkeit selbst (unbewusst) einsetzen, um durch den Übergang in einen dissoziativen, tranceartigen Zustand mit Belastungen fertig zu werden; daher wird Hypnose zur Behandlung dieser Störung eingesetzt Im allgemeinen geht man davon aus, dass die Rekonstruktion verdrängter schmerzhafter Erinnerungen durch die Wiederherstellung des Zustands, in den der Patient vermutlich beim ursprünglichen Missbrauch übertrat, erleichtert wird -> entspricht der Hypothese des zustandsabhängigen Lernens; Altersregression Psychopharmaka zur Linderung von Angst und Depression (hat aber keine Auswirkungen auf die DIS selbst) Behandlungsgrundsätze: a. Integration der verschiedenen Persönlichkeiten b. Jeder Persönlichkeit muss dabei geholfen werden zu verstehen, dass sie Teil ein und der selben Person ist und dass die anderen Persönlichkeiten selbst geschaffen wurden c. Der Therapeut sollte die Namen der unterschiedlichen Persönlichkeiten nur zur Kennzeichnung benutzen, nicht um die Existenz separater, autonomer Persönlichkeiten zu bestätigen, die insgesamt die Verantwortung für die Handlungen der Person nicht übernehmen d. Alle Personen sollten unvoreingenommen und mit Empathie behandelt werden e. Der Therapeut sollte die Empathie und die Zusammenarbeit zwischen den Persönlichkeiten unterstützen 19 f. Wenn es um das traumatische Kindheitserlebnis geht, das möglicherweise die Spaltung auslöste, sind Unterstützung und Freundlichkeit gefordert Ziel: den Betroffenen davon überzeugen, dass das Vergessen oder die Spaltung in verschiedene Persönlichkeiten nicht mehr nötig sind, um mit einem Trauma umzugehen; Trainieren von besseren Bewältigungsstrategien kann den Behandlungserfolg stärken 20 KAPITEL 8: PSYCHOPHYSIOLOGISCHE STÖRUNGEN (S. 232-280) -> z.B. Asthma, Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Gastritis; gekennzeichnet durch ernsthafte körperliche Symptome, für deren Entstehung oder Verschlimmerung emotionale Faktoren verantwortlich sind 1. Wodurch unterscheiden sich psychophysiologische Störungen von somatoformen Störungen? Im Gegensatz zu den somatoformen Störungen (Hypochondrie, Somatisierungsstörung und Konversion) um wirkliche Krankheiten, die den Körper schädigen; die Störungen auf emotionale Faktoren zurückzuführen heißt nicht, dass das körperliche Leiden nicht real ist -> an psychisch bedingtem Asthma oder Bluthochdruck kann man genau so sterben wie an einer infektiösen oder verletzungsbedingten Krankheit 2. Wie werden die psychophysiologischen Störungen im ICD-10 und im DSM-IV klassifiziert? Psychophysiologische Störungen als solche kommen im DSM-IV und im ICD-10 nicht vor; das DSM-IV verlangt zwar eine diagnostische Einschätzung darüber, ob „psychische Faktoren vorliegen, die medizinische Krankheitsfaktoren beeinflussen“, die Diagnose ist jedoch dem großen Bereich der „andere klinisch relevante Probleme“ zugeordnet, da es sich bei diesen Störungen nicht vorrangig um eine Form psychischer Störungen handelt; bei psychophysiologischen Störungen ist immer die Achse II des DSM-IV berührt entsprechend finden sich diese Störungen nicht im Kapitel V (F) des ICD-10, sondern in anderen Störungskapiteln a. atopische Dermatitis -> L20 in Kapitel XII (Haut) b. verschiedene Uclerationen -> K 25 – 29 in Kapitel XI (Verdauungssystem) c. Migräne/Kopfschmerzen -> G 43 – 44 in Kapitel VI (Nervensystem) d. Rückenschmerzen -> M 54 in Kapitel XIII (Muskel-Skelett-System) e. Asthma -> J45 in Kapitel X (respiratorisches System) f. HIV/AIDS -> B22 in Kapitel I (Infektionen) Relevanz psychischer Faktoren: Früher zählten nur wenige Krankheiten zu den psychophysiologischen Störungen, die neue Diagnose ist hingegen auf jede Erkrankung anwendbar, weil man mittlerweile davon ausgeht, dass jede Krankheit durch psychische Faktoren beeinflusst werden kann; außerdem gibt es Fälle, in denen psychische Faktoren oder das Verhalten nicht nur den Beginn, sondern auch den Verlauf oder die Behandlung körperlicher Krankheiten beeinflussen Zu solchen psychologischen oder verhaltensbezogenen Faktoren (hier: Verhaltensmerkmale) zählen alle psychischen Störungen (Diagnosen der Achsen I und II im DSM-IV bzw. des Kapitels F des ICD-10), Persönlichkeitsmerkmale, Bewältigungsformen (z.B. Ärger unterdrücken) oder der Lebensstil (z.B. keine regelmäßige körperliche Bewegung) 3. 4. Welche /tierexperimentellen Belege gibt es im Zusammenhang von Stress und psychophysiologischen Störungen Bei Tieren können verschiedene Krankheiten (z.B. Geschwüre) experimentell erzeugt werden, wenn man sie starken Belastungen aussetzt; schnelleres Tumorwachstum bei Stress Weiterhin: Nachuntersuchung von Vietnamkriegsveteranen nach 20 Jahren: ungewöhnliche Häufung von Erkrankungen des Kreislaufsystems, des Respirationstrakts, des Verdauungs- und Bewegungsapparates, des endokrinen und des Nervensystems Was versteht man unter Verhaltensmedizin und unter Gesundheitspsychologie? Seit den 70er Jahren befasst man sich in diesen neuen Bereichen mit der Rolle psychischer Faktoren bei allen Aspekten von Gesundheit und Krankheit; neben der Bedeutung Stress für die Ätiologie von Krankheiten werden psychologische Therapien (z.B. Biofeedback für Migränekopfschmerz) und das Gesundheitssystem selbst (z.B. bessere Versorgung unterversorgter Bevölkerungsgruppen) untersucht Auch der Prävention wird in der Gesundheitspsychologie große Aufmerksamkeit geschenkt; als man im Laufe des 20. Jhdt. Infektionskrankheiten besser unter Kontrolle bekam, starben zunehmend Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Ursachen z.B. Rauchen, übermäßiges Essen und Alkoholkonsum); daher geht man davon aus, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die Änderung eines ungesunden Lebensstils verhindert werden können Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin beschränken sich jedoch nicht auf bestimmte Techniken oder Grundsätze zur Verhaltensänderung; Kliniker, die in diesen Bereichen arbeiten wenden eine ganze Palette von Verfahren an – vom Kontingenzmanagement über Stressreduzierung bin hin zu kognitivverhaltensorientierten Ansätzen – alle mit dem Ziel, schlechte Lebensgewohnheiten, quälende psychische Zustände und abweichende physiologische Prozesse zu ändern und eine positive Wirkung auf die Gesundheit zu erzielen 21 5. Was ist das Adaptionssystem nach Seyle? Beschreibt die biologische Reaktion auf lange andauernden, unverminderten körperlichen Stress; das Modell umfasst 3 Phasen: a. In der ersten Phase, der Alarmreaktion, aktiviert Stress das autonome Nervensystem. Ist die Belastung zu stark, bilden sich gastrointestinale Ulcera, die Nebennieren vergrößern sich und es entsteht eine Atropie (Schwund des Thymus) b. In der zweiten Phase, dem Widerstand, passt sich der Organismus durch die Verfügbaren Bewältigungsmechanismen dem Stress an c. Wenn der Stressor weiter besteht oder der Organismus nicht in der Lage ist, wirksam zu reagieren, folgt eine Phase der Erschöpfung, und der Organismus stirbt oder erleidet irreparable Schädigungen Problem der reaktionsbasierten Definition (Stress als Reaktion auf Umweltbedingungen): Kriterien nicht spezifisch, physiologische Veränderungen (emotionale Erregung, Leistungsbeeinträchtigung, physiologische Veränderungen wie größere Hautleitfähigkeit, gesteigerte Hormonkonzentrationen,…) im Körper können auch als Reaktion auf Reize auftreten, die wir nicht als belastend erachten würden (z.B. Vorfreude) Reizbasierte Definition: Stress als Reiz (= Stressor), gleichgesetzt mit Umweltbedingungen wie Elektroschocks, Langeweile, unkontrollierbaren Reizen, Katastrophen, alltäglicher Ärger und Schlafentzug -> unangenehme Erfahrungen, unterteilt in a. Starke Reize (Tod eines geliebten Menschen) b. Schwächere Reize (Ärger im Verkehr) c. Akute Reize (Nichtbestehen einer Prüfung) d. Chronische Reize (Belastendes Arbeitsumfeld) Auch hier besteht die Problematik festzulegen, was einen Stressor ausmacht; Negativität genügt nicht, denn auch ein grundsätzlich positives Ereignis wie eine Eheschließung wird als Stressor angesehen, weil es Anpassung erfordert; außerdem reagieren Menschen sehr unterschiedlich auf die Anforderungen des Lebens 6. Wie definiert Lazarus Stress? Welche Faktoren spielen in seinem Modell eine Rolle? Lazarus gehört zu den Forschern, die der Meinung sind, dass eine objektive Definition psychischer Stressoren nicht möglich ist; die kognitiven Aspekte von Stress, also die Art und Weise, wie die Umwelt wahrgenommen und beurteilt wird, entscheidet darüber, ob etwas als Stress erlebt wird oder nicht -> jemand empfindet Stress, wenn er meint, dass eine Situation seine adaptiven Möglichkeiten übersteigt (eine Anschlussprüfung kann für den einen eine Herausforderung sein, für den anderen, der sich ihr nicht gewachsen fühlt, jedoch eine starke Belastung darstellen – unabhängig davon, ob diese Einschätzung realistisch ist oder nicht) 7. Welche Arten von Coping lassen sich unterscheiden? Coping = Bewältigungsverhalten, also die Art und Weise wie Menschen versuchen ein Problem zu bewältigen oder mit den damit einhergehenden Emotionen umzugehen; auch unter denjenigen, die eine Situation als belastend empfinden, können die Auswirkungen von Stress variieren, je nachdem wie die einzelnen mit dem Ereignis umgehen Lazarus und seine Kollegen haben zwei weit gefasste Dimensionen des Coping ermittelt a. Problemorientiertes Coping = direkte Handlungen die zur Lösung eines Problems führen, oder die Suche nach Informationen, die für die Lösung wichtig sein können (z.B. erstellen eines Arbeitsplans, durch den das Lernen über das Semester verteilt und damit die Belastung am Ende des Semesters reduziert wird. b. Emotionsorientiertes Coping = Anstrengungen, um die negativen emotionalen Reaktionen auf Stress abzubauen, indem beispielsweise Ablenkung vom Problem, Entspannung oder Unterstützung gesucht wird Ob Bewältigungsstrategien wirksam sind, hängt häufig von der Situation ab 8. Was meint soziale Unterstützung? Welche Formen gibt es? Strukturelle soziale Unterstützung: elementares soziales Netz einer Person (Familienstand, Anzahl der Freunde) a. Verlässlicher Prädiktor der Mortalität Funktionale soziale Unterstützung: Qualität der Beziehungen – ist jemand davon überzeugt, dass er gute Freunde hat, die er in Anspruch nehmen kann, wenn er sie braucht? a. Geht mit geringerer Häufigkeit von Arteriosklerose einher, und bei Frauen mit der Fähigkeit, sich an die chronische rheumatische Arthritis anzupassen Wirkungsweise der sozialen Unterstützung: 22 a. b. 9. Steigert evtl. die Wahrscheinlichkeit für positives Gesundheitsverhalten Direkte Auswirkung auf biologische Prozesse -> geringe soziale Unterstützung mit mehr negativen Emotionen verbunden, die ihrerseits die Konzentration einiger Hormone und des Immunsystem beeinflussen können Welche Befunde zur Wirkung sozialer Unterstützung gibt es? Beeinflusst den Blutdruck Tierexperimentell: stressmindernde Wirkung durch Freisetzung von Oxytocin; vermindert die Aktivität des sympathischen Nervensystems und kann dadurch die physiologischen Auswirkungen eines Stressors abschwächen (aber nur bis zu einem gewissen Grad) Positiver Einfluss bei Brustkrebspatienten (Verringerung des persönlichen Leids, oder sogar geringere physiologische Beeinträchtigung) 10. Wie stellt man sich den Zusammenhang von Stress und Krankheitsentwicklung vor? Indirekte Auswirkungen von Stress -> Veränderungen des Gesundheitsverhaltens -> Erhöhung des Krankheitsrisikos 11. Welche biologischen Konzepte zur Erklärung psychophysiologischer Störungen gibt es? Theorie der Organschwäche (durch genetische Faktoren, frühere Krankheiten, Ernährungsgewohnheiten,…) Theorie der spezifischen Reaktion -> nimmt an, dass jeder Mensch sein besonderes autonomes Muster für die Reaktion auf Stress besitzt; vielleicht ist das jeweils reaktivste Körperorgan/system auch zugleich der Ort einer eventuellen späteren Störung Theorie der protrahierten Exposition gegenüber Stresshormonen -> stressbedingte biologische Veränderungen durchaus kurzfristig adaptiv -> der Körper erleidet Beeinträchtigungen, wenn er sich ständig an Stress anpassen muss -> vielleicht Beeinträchtigung des Immunsystems 12. In welcher Beziehung stehen Stress und Immunsystem? Unterschiedlichste Stressoren verursachen Veränderungen im Immunsystem – Prüfungen, Depressionen, und schmerzliche Verluste, Ehestreit und Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes, Pflege eines Angehörigen, Natur- und Industriekatastrophen,… -> noch nicht geklärt ob solche Veränderungen zu einem ungünstigeren klinischen Verlauf führen oder ob Stressbedingte Veränderungen des Immunsystems so stark sind, das sie tatsächlich das Krankheitsrisiko erhöhen Sekretorische Immunität: Immunglobulin A -> erste Verteidigung gegen eindringende Viren und Bakterien; Zahl der Antikörper an Veränderungen der Stimmung gebunden; man könnte sich vorstellen, das ein Mehr an negativen Lebensereignissen und ein Weniger an positiven Ereignissen die Stimmung beeinträchtigt und das wiederum das Antikörperniveau im sekretorischen Ig A senkt – Ist der Betroffene in dieser Situation mit einem Virus konfrontiert, erhöht sich das Infektionsrisiko 13. Wie versuchen psychologische Theorien die Entstehung psychophysiologischer Störungen zu erklären? Psychologische Theorien versuchen, die Ursachen verschiedener Störungen in Faktoren wie der unbewussten emotionalen Verfassung, Persönlichkeitsmerkmalen, kognitive Bewertungen und spezielle Formen der Stressbewältigung zu finden 14. Welche Annahmen macht die Psychoanalyse zu psychophysiologischen Störungen? Psychoanalytische Theorien – Franz Alexander: gehen davon aus, dass spezielle Konflikte und die damit einhergehenden negativen Emotionen psychophysiologische Störungen auslösen, z.B. unterdrückte aggressive Impulse, unterdrückter Ärger -> Hypertonie 15. Welche Rolle spielen Kognitionen und Verhalten bei der Ätiologie psychophysiologischer Störungen? Kummer und Sorgen können genauso wie physische Bedrohungen die Aktivität des sympathischen Nervensystems und die Sekretion von Stresshormonen beeinflussen; Negative Emotionen wie Missbehagen, Bedauern oder Sorge können jedoch nicht so leicht bekämpft werden wie äußere Bedrohungen -> können das sympathische Nervensystem aktivieren und dadurch den Körper in einer ständigen Alarmsituation halten, die länger anhält, als es der Körper vertragen kann Bewertung, Bewältigung, Persönlichkeitsmerkmale und Geschlecht können Einfluss auf die Erkrankung nehmen 16. Was zeigen Studien zur Geschlechtszugehörigkeit und Gesundheit bzw. Krankheit? Geringere Mortalität bei Frauen – in jedem Alter sterben mehr Männer als Frauen; die einzelnen Todesursachen unterscheiden sich stark zwischen den Geschlechtern; Durch Autounfälle, Mord, Leberzirrhose, Herz- und Lungenkrankheiten, Lungenkrebs und Suizid sterben Männer doppelt so häufig wie Frauen; 23 Dennoch haben Frauen eine höhere Morbidität, ihre allgemeine Gesundheit ist schlechter, und sie erkranken häufiger -> der Anteil an Diabetes, Anämie, gastrointestinalen Problemen und rheumatoider Arthritis ist bei Frauen höher; sie gehen häufiger zum Arzt, nehmen mehr Medikamente ein und stellen zweidrittel aller Patienten chirurgischer Eingriffe in den USA; in den Letzten Jahren hat sich allerdings der Mortalitätsvorteil der Frauen vermindert -> Annäherung des Lebensstils Schutzfaktor Östrogen? -> Kardiovaskuläre Erkrankungen sind z.B. bei Frauen nach der Menopause oder nach Entfernen der Ovarien häufiger als bei Frauen vor der Menopause 17. Was sind kardiovaskuläre - Störungen? Welches besondere Risiko ist damit verbunden? Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems; In USA und Europa geht fast die Hälfte aller Todesfälle auf diese Erkrankungen zurück; über 50 Mio. Amerikaner leiden daran Besonders Bluthochdruck und koronare Herzkrankheiten (häufigste Todesursache der kardiovaskulären Erkrankungen) werden durch Stress negativ beeinflusst; es besteht Einigung darüber, dass viele Todesfälle aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen verhindert werden können, wenn man einen oder mehrere bekannte Risikofaktoren ausschalten würde 18. Wie definiert man essentielle Hypertonie? Bluthochdruck ohne erkennbare organische Ursache Hypertonie disponiert für Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfälle und kann tödliches Nierenversagen verursachen Nur bei 10 % der Betroffenen lässt sich eine körperliche Ursache feststellen Etwa 20 % der US-Amerikaner leiden mehr oder weniger stark daran, wobei Afroamerikaner etwa doppelt so oft betroffen sind als Weiße; etwa 10 % der US-Amerikanischen Studenten leiden an Hypertonie – meist ohne es zu wissen 19. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf den Blutdruck? Genetische Disposition, Fettleibigkeit, übermäßiger Alkohol- und Salzkonsum, erhöhtes Herzvolumen, erhöhter Widerstand der Arterien (Vasokonstriktion); Komplexes Zusammenspiel von sympathischem Nervensystem, Hormonen, Salz- und Wasserhaushalten; viele dieser physiologischen Mechanismen können durch psychischen Stress verändert werden 20. Wie hängen Stress und Bluthochdruck zusammen? Anstrengende Besprechungen, Naturkatastrophen und Stress am Arbeitsplatz führen zu vorübergehenden Anstieg des Blutdrucks In Laboruntersuchungen ist es ziemlich leicht, einen erhöhten Blutdruck zu erzeugen,. Indem man verschiedene emotionale Zustände wie Ärger, Angst oder Traurigkeit auslöst; ebenso führen anspruchsvolle Aufgaben wie Kopfrechnen oder spiegelbildliches Zeichnen, die Hand in eiskaltes Wasser legen oder eine Rede halten zu einer Erhöhung des Blutdrucks Tierexperimente: eher Dauerbelastungen wie Konkurrenz um Futter bewirken einen langfristigen Blutdruckanstieg; insgesamt lässt sich jedoch schließen dass gewisse prädisponierende Faktoren oder Faktoren wie die Aktivierung des sympathischen Nervensystems durch Ärger erforderlich sind, damit Stress essentielle Hypertonie zur Folge hat Untersuchung in natürlicher Umgebung: a. sowohl positive als auch negative Emotionen hängen mit erhöhtem Blutdruck zusammen, es gibt Hinweise darauf dass bei den negativen Emotionen Ärger am stärksten mit hohem Blutdruck in Verbindung steht b. Umweltbedingungen: z.B. Stresssituationen bei Rettungskräften, stark belastende Notrufe lösen höheren Blutdruck aus, v.a. bei Rettungskräften mit hohen Ärger-/Abwehrwerten; Untersuchungen am Arbeitsplatz: Blutdruck niedriger, wenn die Probanden das Gefühl hatten, ihr Arbeitsumfeld unter Kontrolle zu haben, wenn sie z.B. glaubten auswählen zu können, welche Arbeit sie erledigen wollten c. Insgesamt: bei den meisten Probanden eher mäßiger Anstieg -> lässt auf gewisse Prädisposition schließen (Diathese), der auch im Laufe der Zeit zu anhaltender Hypertonie führt 21. Welche Rolle spielt Ärger oder Zorn bei der Blutdruckveränderung? Die psychische Diathese könnte darin bestehen, dass man sich leicht ärgert; unklar ist dabei, welcher Aspekt der wichtigste ist: dass man sich leicht ärgert, dass man seinen Ärger nicht ausdrückt oder eine zynische bzw. misstrauische Einstellung gegenüber anderen hat? Ärger wirkt bei Männern und Frauen anders: Bei Männern wurde ein Zusammenhang zwischen Ärger und Blutdruckanstieg festgestellt, während bei Frauen ein Zusammenhang zwischen Unterdrückung von Ärger und Blutdruckanstieg besteht; des weiteren hatten Männer mit der Neigung sich leicht ärgern zu lassen einen erhöhten Blutdruck, Frauen jedoch nicht 22. Welche Prädisponierenden Faktoren für erhöhten Blutdruck bzw. Blutdruckreaktivität hat man gefunden? 24 Kardiovaskuläre Reaktivität = das Ausmaß, indem Blutdruck und Herzfrequenz bei Stress ansteigen -> mögliche biologische Prädisposition für Hypertonie und koronare Herzkrankheit Menschen mit Hypertonie in der Familiengeschichte weisen eine stärkere Blutdruckreaktivität auf verschiedene Stressoren auf -> wahrscheinlich genetisch übertragen Außerdem hängt Reaktivität mit anderen bekannten Risikofaktoren der Hypertonie wie z.B. der sozialen Schicht oder der ethischen Zugehörigkeit zusammen Trotz all dieser Erkenntnisse liegen noch kaum Nachweise darüber vor, dass die kardiovaskuläre Reaktivität tatsächlich Bluthochdruck vorhersagt Schwierig: erhöhter Blutdruck kann durch erhöhtes Herzvolumen wie auch durch arterielle Verengung verursacht werden -> zwei völlig verschiedene Mechanismen führen also zum gleichen Ergebnis; außerdem kann eine Variable wie das Herzvolumen durch Aktivierung des sympathischen Nervensystems oder durch verminderte Aktivierung im parasympathischen Nervensystem verstärkt werden Es gibt Hinweise, dass ein anhaltender Blutdruckanstieg darauf zurückzuführen ist, dass Mechanismen, die der Aktivität des sympathischen Nervensystems entgegenwirken versagen -> Menschen, deren Blutdruck erst nach längerer Zeit wieder auf den normalen Wert zurückkehrt, könnten demnach mit höherer Wahrscheinlichkeit Bluthochdruck entwickeln 23. Welche Hauptformen koronarer Herzerkrankungen kennt man? Angina pectoris – plötzlich einsetzende Schmerzen im Brustkorb, meist hinter dem Brustbein, die in die linke Schulter-Arm-Region ausstrahlen; Hauptursache dieser Paroxysmen ist eine unzureichende Sauerstoffversorgung des Herzens (Ischämie), die ihrerseits auf einer Arteriosklerose der Herzkranzgefäße, einer Verengung oder Verhärtung der Herzkranzarterien durch Fettablagerungen (Cholesterin) oder auf eine Verengung der Blutgefäße zurückgeht; Bei vielen Patienten führen ischämische Episoden nicht zu Schmerzen -> „stumme Ischämie“; sowohl angina pectoris als auch stumme Ischämie gehen körperliche oder emotionale Belastungen voraus; man behandelt sie mit Ruhe oder Medikamenten. Nur in seltenen Fällen wird der Herzmuskel ernsthaft geschädigt, denn der Blutzufluss ist zwar reduziert, jedoch nicht unterbrochen; führt die Verengung einer oder mehrerer Herzkranzarterien zu einem völligen Verschluss, kommt es zu einem… …Myokardinfarkt oder Herzinfarkt; dieser ist sehr viel ernster und zudem eine häufige Todesursache und führt zu einer dauerhaften Schädigung des Herzens 24. Was sind Risikoerkrankungen für koronare Herzgefäßerkrankungen? Alter Geschlecht (Männer -> höheres Risiko) Rauchen Erhöhter Blutdruck Erhöhter Cholesterinspiegel Vergrößerung der linken Herzkammer Fettleibigkeit Langfristiger Bewegungsmangel Übermäßiger Alkoholkonsum Diabetes Kurzfristig können körperliche Belastungen oder Wutanfälle einen Myokardinfarkt auslösen, Akuter Stress ist ein weiterer Faktor (z.B. Bombenangriff); chronische Stressoren wie Ehekonflikte und finanzielle Sorgen spielen ebenfalls eine große Rolle, so wie Belastungen am Arbeitsplatz 25. Durch welche Verhaltensmerkmale lassen sich Typ-A-Personen charakterisieren? Stark wettbewerbs- und leistungsorientiert, haben einen stark ausgeprägten Sinn dafür, wie schnell die Zeit vergeht und wie sehr man sich beeilen muss, und zeigen beträchtliche Aggressivität und Feindseligkeit gegenüber anderen 26. Wie steht es um die prädiktive Nützlichkeit des Typ-A? Widersprüchliche Befunde: Western Collaborative Studie zeigte dass Typ-A-Persönlichkeiten etwa doppelt so oft eine koronare Herzkrankheit als Typ-B-Persönlichkeiten entwickelten, in neueren Untersuchungen konnte die Vorhersagekraft jedoch nicht bestätigt werden Andere Studien legen nahe, dass Zynismus einen wichtigen Faktor im Typ-A-Komplex darstellt 27. Gibt es andere Persönlichkeitsfaktoren zum Verständnis koronarer Erkrankungen? Zynismus, Ärger, Feindseeligkeit, Typ-D-Persönlichkeit = starke negative Affektivität (Angst, Ärger, Depression), wobei diese Emotionen nicht zum Ausdruck gebracht werden 28. Welche Symptome lassen sich bei Asthma beobachten? Bei Asthma verengen sich die Luftwege in der überempfindlichen Lunge, was zu extrem schwerer und keuchender Atmung (besonders der Ausatmung) führt 25 Diese Bronchialverengung kann durch Virusinfekte, Allergene, Umweltschadstoffe, Rauch, körperliche Bewegung, Kälte und starke Emotionen ausgelöst werden Außerdem wird eine Entzündung des Lungengewebes durch das Immunsystem herbeigeführt, was zu erhöhter Schleimsekretion und Ödemen führt Asthmaanfälle treten intermittierend (manchmal fast täglich, dann erst wieder nach Wochen und Monaten) auf und sind unterschiedlich schwer; aus bisher ungeklärten Gründen treten die Anfälle meistens in den frühen Morgenstunden auf Bei manchen Patienten ist die Häufigkeit der Anfälle jahreszeitlich bedingt und anhängig vom Pollenflug; die Luftwege sind nicht ständig blockiert, vielmehr normalisiert sich das Respirationssystem völlig, sei es spontan oder nach Behandlung Die Anfälle setzen in den meisten Fällen plötzlich ein, der Pt. verspürt ein Engegefühl in der Brust, keucht, hustet und es kommt zu Auswurf; ein schwerer Asthmaanfall ist eine beängstigende Erfahrung und kann auch zu Panikattacken führen, die wiederum den Asthmaanfall verschlimmern; es ist ungeheuer mühsam, Luft in die Lungen hinein- und auch wieder hinaus zu bekommen, man glaubt zu ersticken, und das rasselnde Geräusch des Keuchens und Hustens verstärkt die panische Angst 29. Wie häufig ist Asthma? Weltweit leiden etwa 100 Mio. Menschen an Asthma, was volkswirtschaftliche Kosten von etwa 6 Mrd. US-Dollar verursacht Prävalenz nimmt zu, von 1984 – 1994 betrug der Anstieg 74 %, Luftverschmutzung wird als möglicher Faktor angesehen Etwa die Hälfte aller Menschen die an Asthma leiden sind Kinder, Jungen sind stärker betroffen, im Alter zwischen 15 und 45 sind es eher Frauen, danach wieder die Männer 30. Welche psychologischen Faktoren werden bei Asthma diskutiert? Emotionalität, emotionale Belastungen, Kinder belasteter Mütter haben eine höhere Asthma-Rate (ist aber umstritten) 31. Was sind mögliche physiologische Prädispositionen bei Asthma? Infektion der Atemwege -> Lunge geschwächt und Anfälliger für Stress? Erbliche Diathese FAZIT: Das Diathese-Stress-Modell scheint die Ätiologie einer psychophysiologischen Störung am angemessensten zu erklären; Sind die Atemwege prädisponiert, kann eine Interaktion von psychischen Stressoren und bestehender Diathese die Krankheit schließlich zum Ausbruch bringen 32. Was sind Merkmale chronischer Schmerzen? Funktionseinschränkung (z.B. der Arbeitsfähigkeit) Depressive Verstimmungen (etwa 30 – 50 %) familiäre Probleme Individuelles Leid Häufige Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung Vorzeitige Invalidität (Berentung) und dadurch Enorme Kosten Diagnostik: Multiaxial nach betroffenen Körperteil, dem betroffenen Körpersystem, zeitlichen Charakteristika des Schmerzes, der Schmerzintensität und der vermuteten Ätiologie Betrifft etwa 5 % der Bevölkerung 33. Wie lassen sich chronische Schmerzen erklären? Psychobiologisches Modell -> Gate-Control-Theorie; auf Grundlage neurophysiologischer Befunde wird postuliert, dass bestimmte Neuronen im Rückenmark eine Art Torfunktion ausüben, d.h. die Weiterleitung von Schmerzimpulsen aus der Peripherie wird durch übergeordnete Mechanismen (z.B. vom Gehirn absteigende Schmerzdämpfende Impulse) moduliert; subjektive Überzeugungen, eigenes Verhalten und emotionales Befinden beeinflussen, wie weit das Tor für Schmerzaffarenzen offen steht 34. Welche Behandlungsvorschläge lassen sich machen? Bewältigungsfertigkeiten -> Training kognitiver Bewältigungsstrategien, Verhaltensübungen zum Umgang mit Schmerzen, Übungen zur physischen Reaktivierung, Stressbewältigung, Aufbau einer positiv bewältigenden Einstellung dem Schmerz gegenüber Biofeedback, insbesondere bei Kopf- und Rückenschmerzen, hilft die Wahrnehmung zu verbessern und körperliche Reaktionen willkürlich zu beeinflussen Teufelskreis der richtigen Behandlung chronischer Schmerzen: große Behandlungsresistenz, Verbindung von Körperlichen und psychologischen Faktoren, erhöhte Muskelspannung… 26 35. Was ist HIV bzw. AIDS? Eine Erkrankung, bei der das Immunsystem des Körpers durch den HIV massiv geschwächt wird; die Betroffenen sind einem hohen Risiko ausgesetzt für opportunistische (-> kommen bei gesundem Immunsystem selten vor und nutzen die Immunschwäche quasi aus) und lebensbedrohende Krankheiten wie dem Karposi-Syndrom, seltenen Formen von Lymphdrüsenkrebs und einem großen Spektrum gefährlicher durch Pilze, Viren und Bakterien verursachter Infektionen 36. Was ist typisches Risikoverhalten bei HIV? Ungeschützter Geschlechtsverkehr, Austausch unsterilisierter Nadeln be9i Drogenkonsumenten, Schwangerschaftsübertragung von der Mutter zum Kind/Stillen 37. Welche Strategien zur Prävention von AIDS kennt man? Aufklärung/Information, Aufklärung über Merkmale hochriskanter Situationen, Anleitung zur Verwendung von Kondomen, Schulung in sozialen Fertigkeiten,… 38. Was ist Tinnitus? Pfeiffton im Ohr 27 KAPITEL 9: ESSSTÖRUNGEN (S. 208-302) 1. 2. Welche Essstörungen lassen sich unterscheiden? Anorexia nervosa (Anorexia = schwerer Appetitverlust, nervosa = emotionale Gründe) Bulimia nervosa (bulimia = Ochsenhunger) a. Es gibt Hinweise, dass es sich nicht um zwei verschiedene Störungen, sondern um zwei Varianten ein und derselben Störung handelt (Zwillinge von Patienten mit Anorexia leiden z. B: überdurchschnittlich oft an bulimia) Binge-eating-störung Welche Merkmale kennzeichnen eine Anorexia nervosa? Weigerung, das Minimum des für Alter und Größe normalen Körpergewichts ( = Körpergewicht weniger als 85% des zu erwartenden Gewichts); der Gewichtsverlust wird typischerweise durch Hungern erreicht, aber auch durch Entleerungsmaßnahmen (selbstinduziertes Erbrechen, Einnahme von Laxanzien oder Diuretika) und übermäßige körperliche Aktivitäten können zum Gesamtbild gehören Ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme, die durch Gewichtsverlust nicht gemindert wird. Die Betroffenen können nie dünn genug sein Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur. Auch wenn die Betroffenen schon stark abgemagert sind, behaupten sie immer noch, übergewichtig zu sein, oder dass bestimmte Körperteile, insbesondere Bauch, Gesäß und Oberschenkel noch zu dick seien; sie wiegen sich oft, messen bestimmte Körperteile ab und betrachten sich kritisch im Spiegel; ihre Selbstachtung hängt stark davon ab, dass sie dünn bleiben Bei Frauen führt starke Abmagerung zu Amenorrhoe, d.h. zum Ausbleiben der Menstruation (am wenigsten wichtiges Kriterium, kaum Unterschiede zwischen Frauen die nur Punkt 1 – 3 oder alle 4 betreffen) 3. Welche Untertypen der Anorexia nervosa trennt das DSM-IV? Restriktiver Typus: Gewichtsverlust durch starke Einschränkung der Nahrungsaufnahme Binge-Eating-/Purging-Typus: regelmäßige Fressanfälle und selbstinduziertes Erbrechen a. Für diese Differenzierung sprechen zahlreiche Unterschiede zwischen den Untertypen; der Binge-Eating/Purging-Typus scheint pathologischer zu sein, die Betroffenen weisen mehr Persönlichkeitsstörungen, impulsives Verhalten, Stehlen, Alkohol- und Drogenmissbrauch und Selbstmordversuche auf als Patienten mit dem restriktiven Typus Epidemiologie: setzt typischerweise in den frühen bis mittleren Jugendjahren ein, und zwar häufig nach einer Diät oder einem belastenden Ereignis; bei Frauen ist die Störung etwa 10mal so häufig als bei Männern, wobei die Lebenszeitprävalenz bei etwas unter 1 % liegt; tritt die Störung bei Männern auf, entsprechen die Symptome und andere Merkmale, wie etwa Berichte über Familienkonflikte, denen anorektischer Frauen; wahrscheinlich rühren die Geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Prävalenz der Anorexie sehr wahrscheinlich daher, dass Frauen kulturabhängige Schönheitsnormen, die in den letzten Jahrzehnten eine schlanke Figur als Ideal vorgaben, mehr Bedeutung zumessen 4. Welche komorbiden Störungen sind typisch für Anorexia nervosa? Depressionen, Zwangsstörungen, Phobien, Panikstörungen, Alkoholismus und verschiedene Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert; die Komorbidität nimmt ab, wenn nicht stationär, sondern ambulant behandelte Fälle untersucht werden; Frauen mit anorexia nervosa leiden auch oft an sexuellen Störungen; in einer Untersuchung an Frauen im durchschnittlichen Alter von 24 Jahren wurde festgestellt, dass 20 % von ihnen noch keinen Geschlechtsverkehr und über die Hälfte entweder keinen Orgasmus oder kaum sexuelle Appetenz hatten Körperliche Veränderungen: Blutdruck und Herzfrequenz niedriger, Nieren- und Magen-Darm-Probleme, Knochenmasse schwindet, Haut trocknet aus, Nägel werden spröde, veränderter Hormonhaushalt, leichte Blutarmut, manche entwickeln Haarausfall oder entwickeln Laguna (leichter Flaum aus feinem weichem Haar am ganzen Körper), veränderte Elektrolytwerte (z.B. Kalium und Natrium) -> Folge davon Müdigkeit, Schwäche, Herzrhythmusstörungen, sogar plötzlicher Tod; es kann sogar die Hirngroße abnehmen und häufig sind auch Störungen im EEG und neurologische Beeinträchtigungen 5. Wie ist die Prognose für Anorexia nervosa? Etwa 70 % der Patienten mit Anorexia nervosa genesen irgendwann, auch wenn dies häufig sechs bis sieben Jahre dauert In der Regel kommt es auch zu häufigen Rückfällen, bevor ein stabiles Essmuster erreicht und das Gewicht gehalten wird Es ist sehr schwierig die verzerrten Wahrnehmungen dieser Patienten zu ändern, insbesondere in Kulturen, in denen Schlankheit hoch bewertet wird. 28 Anorexia nervosa ist eine lebensbedrohliche Störungen: die Mortalität der Patienten ist zehnmal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung und doppelt so hoch wie die von Patienten mit anderen psychischen Störungen; meistens führen körperliche Komplikationen der Krankheit (z.B. dekompensierte Herzinsuffizienz) oder Suizid zum Tod. 6. Welche typischen Merkmale kennzeichnen die Bulimia nervosa? Hauptmerkmal: Heisshungerattacken, gefolgt von Gegenmaßnahmen wie Erbrechen, Fasten oder übermäßige körperliche Betätigung mit dem Ziel, eine Gewichtszunahme zu verhindern Eine „Fressatacke“ ist gekennzeichnet durch den Verzehr einer riesigen Nahrungsmenge in weniger als zwei Stunden; Die Diagnose „bulimia nervosa“ trifft nicht zu, wenn die Fress-Brech-Episoden nur im Zusammenhang mit Anorexia nervosa und dem damit verbundenen drastischen Gewichtsverlust auftreten Die Fressanfälle finden meist im geheimen statt, können durch Stress und die damit verbundenen negativen Emotionen ausgelöst werden und sie dauern, bis die Betroffenen sich unangenehm voll fühlen Während des Anfalls haben die Betroffenen nicht mehr das Gefühl kontrollieren zu können, wie viel sie essen; gewöhnlich wählen die Patienten Nahrungsmittel, die sich schnell essen lassen, insbesondere Süßigkeiten wie Eis oder Kuchen Die Patienten schämen sich normalerweise für ihre Fressanfälle und versuchen sie zu verbergen; sie berichten, dass sie während der Anfälle die Kontrolle verlieren, was sogar bis zum Erleben einer Art dissoziativen Zustands gehen kann, bei dem ihnen möglicherweise nicht mehr bewusst ist, was sie tun oder fühlen, ob es wirklich sie Selbst sind, die sich da voll fressen Ekel nach dem Anfall und Angst vor Gewichtszunahme -> Entleerung, um die Kalorienaufnahme wieder rückgängig zu machen durch Erbrechen und Abführmittel, exzessives Fasten, exzessiver Sport Zur Diagnose von bulimia nervosa sind mindestens zweimal pro Woche mindestens drei Monate lang Episoden von Fressanfällen/Erbrechen/Entleerung Vorraussetzung -> Kriterium aber kritisch, kein Unterschied zwischen zweimal pro Woche oder einmal, eher ein Kontinuum 7. Lassen sich Subtypen bei Bulimia nervosa unterscheiden? Purging-Typus mit selbstinduziertem Erbrechen und Nicht-Purging-Typus, bei dem die Maßnahmen zur Verhinderung der Gewichtszunahme Fasten oder übermäßige körperliche Betätigung sind Epidemiologie: setzt normalerweise in den späten Jugendjahren oder im frühen Erwachsenenalter ein; die Prävalenz wird auf 1 – 2 % geschätzt; etwa 90 % der Betroffenen sind Frauen, viele waren vor Beginn der Störung leicht übergewichtig und die Fressanfälle begannen häufig während einer Diät; Nachuntersuchungen zeigen, dass etwa 70 % der Pt. genesen, während 10 % ihre Symptome in vollem Umfang beibehalten Komorbidität: Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, Substanzmissbrauch und Verhaltensstörungen; wesentlich höhere Suizidrate als in der Allgemeinbevölkerung; Aus einer Zwillingsstudie lässt sich vermuten dass Bulimie und Depression genetisch bedingt sind; Eigenartigerweise stehlen viele Bulimiepatienten und diejenigen die stehlen konsumieren auch häufig illegale Drogen und wechseln oft den Partner -> Ausdruck von Impulsivität oder fehlender Selbstkontrolle (Merkmale, die auch beim Fressverhalten eine Rolle spielen) 8. Welche psychischen und körperlichen Begleiterscheinungen finden sich bei bulimia nervosa? Körperliche Begleiterscheinungen: häufiges Erbrechen kann zu Kaliummangel führen; der übermäßige Gebrauch von Laxanzien führt zu Diarrhoe, was wiederum den Elektrolythaushalt verändern und unregelmäßigen Herzschlag mit sich bringen kann; Wiederholtes Erbrechen kann zu Gewebsverletzungen in Magen und Rachen sowie zu Verlust von Zahnschmelz führen, da die Magensäure an den Zähnen frisst, die dann zerklüftet werden; außerdem können die Speicheldrüsen anschwellen; Bulimia nervosa ist wie die anorexia nervosa eine ernsthafte Störung mit vielen schädlichen physikalischen Folgen, die Mortalität ist aber geringer als bei anorexia nervosa 9. Was meint „binge-eating“-Störung? Ist als formale Diagnose noch nicht aufgenommen, muss noch weiter untersucht werden Es treten wiederholte Episoden von Fressattacken auf (zweimal pro Woche und mindestens sechs Monate lang), fehlende Kontrolle über die Attacken sowie Verzweiflung über die Fressanfälle Die Betroffenen essen sehr hastig und alleine Wird von der Anorexie dadurch unterschieden, dass sie kein Gewicht verlieren und von der Bulimie dass keine gegensteuernden Maßnahmen ergriffen werden Scheint häufiger aufzutreten als Anorexie und Bulimie, in einer Stichprobe nicht klinischer Probanden stellte man die Störung bei 6% derjenigen fest, die erfolgreich abgenommen hatten (ihr Gewicht mehr als ein Jahr erfolgreich gehalten hatten), sowie bei 19 % derjenigen, die nicht erfolgreich waren 29 Vorteil der Aufnahme dieser Diagnose: trifft bei vielen zu die die Kriterien von Anorexie und Bulimie nicht erfüllen und unter „nicht näher bezeichnete Essstörung“ diagnostiziert werden Die Störung wird aufgrund fehlender empirischer Belege zwar noch nicht als offizielle Störung geführt, verfügt jedoch über mehrere Merkmale, die ihre Validität stützen: a. Tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf und steht in Zusammenhang mit Übergewicht und Diätversuchen in der Vorgeschichte b. Damit einher gehen Beeinträchtigungen der Berufstätigkeit und der sozialen Funktionsfähigkeit, Depression, geringe Selbstachtung, Substanzmissbrauch und Unzufriedenheit mit der eigenen Figur c. Risikofaktoren: Übergewicht in der Kindheit, kritische Kommentare zum Übergewicht, negatives Selbstbild, Depression, körperlicher/sexueller Missbrauch Dennoch plädieren einige Forscher dafür, dass es sich nicht um eine eigene Störung handelt, sondern als weniger schlimme Form der Bulimie 10. Welche Ätiologischen Faktoren werden für Essstörungen diskutiert? Genetische Vorraussetzungen: Anorexie und Bulimie treten in bestimmten Familien gehäuft auf, bei Verwandten ersten Grades von jungen Frauen mit Anorexie etwa 4 mal so häufig als in der Gesamtbevölkerung, bei Bulimie ähnlich; außerdem weisen Verwandte von Patienten mit Essstörungen überdurchschnittlich häufig Symptome von Essstörungen auf, auch wenn sie die Diagnosekriterien nicht erfüllen; höhere Raten bei Zwillingsstudien (auch Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und Wunsch, schlank zu sein) 11. Welche körperlichen Prozesse sind bei der Entstehung von Essstörungen relevant? Hypothalamus-Modell: -> steuert Hunger und Essverhalten; Tiere, bei denen der laterale Hypothalamus beschädigt war, zeigten hohen Gewichtsverlust und keinen Appetit -> Vermutung, dass der Hypothalamus bei Anorexie eine Rolle spielt; einige Hormone, die von Hypothalamus gesteuert werden liegen bei Anorexie-Patienten tatsächlich außerhalb der Norm, dies tritt jedoch als Folge des Hungerns und nicht ursächlich auf; mit der Gewichtszunahme spielt sich alles wieder ein -> Modell erklärt keine verzerrten Wahrnehmungen oder Angst vorm Dick werden Endogene Opioide -> vermindern Schmerzempfinden, heben die Stimmung und unterdrücken den Appetit; Bei Hunger -> erhöhte Opioidwerte, kann als Verstärker dienen 12. Welcher Neurotransmitter steht in Beziehung zu impulsivem Verhalten (z.B. bei bulimia nervosa)? Serotonin -> steht auch mit Essverhalten und Sättigung in Zusammenhang, Serotonin fördert die Sättigung -> Bulimie vielleicht Folge von Serotoninmangel? (Zusammenhang zu Depression/Antidepressiva) 13. Welche soziokulturellen Faktoren lassen sich in der Ätiologie von Essstörung finden? Veränderte Schönheitsnorm (immer schlanker) Zunehmende Prävalenz von Übergewicht in Industriestaaten (größeres Nahrungsangebot, Lebensstil bei dem man viel sitzt) -> Idealvorstellung gerät immer mehr in Konflikt mit der Realität Gesteigertes Bewusstsein für Gesundheit und Fettleibigkeit -> immer mehr Diäten Einfluss der Medien 14. Welche Gründe sehen Psychodynamiker für Essstörungen? Hauptursache gestörte Eltern-Kind-Beziehungen, übereinstimmende Persönlichkeitseigenschaften wie geringes Selbstwertgefühl und Perfektionismus; Symptome befriedigen bestimmte Bedürfnisse, z.B. Stärkung des Gefühls der eigenen Wirksamkeit Anorexia als Versuch von Kindern, denen in ihrer Erziehung das Gefühl vermittelt wurde, unfähig zu sein, Kompetenz und Respekt zu erwerben und Gefühle der4 Hilflosigkeit, Unfäh9igkeit und Machtlosigkeit abzuwehren -> Eltern zwingen dem Kind ihre Wünsche auf, ohne dessen Wünsche und Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen; das Kind lernt nicht, den eigenen inneren Zustand zu erkennen und erwirbt kein Selbstvertrauen; Hungern als Mittel der Kontrolle und Identitätsfindung Bulimia: konflikthafte Mutter-Tochter-Beziehung, kein ausreichendes Selbstgefühl entwickelt; die gestörte Beziehung spiegelt sich in der Ernährung wieder -> in den Fressanfällen und Entleerung der Tochter drückt sich der Konflikt zwischen Sehnsucht nach der Mutter und dem Wunsch aus, sie zurückzuweisen 15. Was ist die Annahme der Familientheoretiker (Salvador Minuchin) bezüglich Essstörungen? Symptome einer Essstörung können aus familientheoretischer Sicht am besten verstanden werden, wenn untersucht wird, welchen Platz der Patient mit seinen Symptomen innerhalb einer dysfunktionalen Familienstruktur einnimmt; Das Kind gilt aus dieser Sichtweise als physiologisch verletzbar (genaue Art bleibt offen) und seine Familie weist Merkmale auf, die die Entwicklung der Essstörung begünstigen 30 Die Essstörung des Kindes trägt dazu bei, dass andere Konflikte in der Familie vermieden werden 16. Welche typischen familiären Prozesse lassen sich für Essstörungen nennen? Verstrickung. In der Familie herrschen übermäßig starke Bindungen und Vertrautheit vor. Die Eltern sprechen beispielsweise für ihre Kinder, weil sie zu wissen glauben, wie diese sich fühlen. Überbesorgtheit. Die Familienmitglieder sind extrem um das gegenseitige Wohl besorgt Rigidität. Die Familie versucht, den Status quo aufrecht zu erhalten, und vermeidet es, mit Ereignissen und Umständen, die Veränderung erfordern (z.B. Bedürfnis nach mehr Autonomie in der Adoleszenz), angemessen umzugehen Fehlende Konfliktlösung. Die Familie vermeidet entweder Konflikte oder befindet sich in chronischen Konflikten 17. Unterscheiden sich Essgestörte in Persönlichkeitsaspekten von Gesunden? Wenn ja in welchen? Beachte: auch die Essstörung kann die Persönlichkeit beeinflussen Retrospektive Einschätzung (Vorsicht: Verzerrung): Anorexiepatienten vor Einsetzen der Störung perfektionistisch, schüchtern und nachgiebig, bei Bulimiepatienten zusätzlich histrionische Persönlichkeitseigenschaften, affektive Labilität, extravertierte soziale Disposition Persönlichkeitsfragebögen: Bei Anorexie und Bulimie starke Tendenz zu emotionaler Labilität und Angst sowie geringe Selbstachtung; hohe Werte bei Traditionalismus -> weist auf starkes Festhalten an Familie und sozialen Normen hin; Unterschiede zwischen den Gruppen: a. Anorexiepatienten berichteten Depression, soziale Isolation und Angst b. Bulimiepatienten: diffusere und schwerwiegendere psychische Störungen und in verschiedenen Skalen höhere Werte als die Anorektiker 18. Was meint interozeptives Bewusstsein? Prospektive Studien untersuchen Persönlichkeitsmerkmale, bevor eine Essstörung vorliegt (derzeit liegen noch keine Daten vor, aus laufenden Untersuchungen haben sich aber interessante Informationen ergeben In einem Vorort von Minneapolis füllten über 200 Schüler über einen Zeitraum von 3 Jahren hinweg eine Reihe von Testfragebogen aus a. Als starke Prädiktoren für das Risiko einer Essstörung galten die Neigung zu negativen Emotionen und ein gering ausgeprägtes interozeptives Bewusstsein = die Fähigkeit, verschiedene biologische Zustände des eigenen Körpers zu unterscheiden 19. Wie ist der Zusammenhang von physischer und sexueller Gewalt in der Kindheit und späteren Essstörungen? Patienten mit Essstörungen berichten überdurchschnittlich oft über sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit, besonders die Bulimiepatienten Ansonsten spielt sexueller Missbrauch bei vielen Störungen eine Rolle und man muss immer Vorsichtig sein, da solche berichte auch erst während einer Therapie entstehen können Misshandlung: bei Patienten mit Essstörungen wurden überdurchschnittlich viel körperliche Misshandlung in der Kindheit festgestellt 20. Wie erklären Verhaltenstheoretiker die Entwicklung von Essstörungen? Anorexia nervosa: Positive und negative Verstärkung; Kritik von Gleichaltrigen und Eltern a. Angst vor dem Dickwerden und gestörte Körperwahrnehmung als motivierende Faktoren, die das Hungern und den Gewichtsverlust zu wirkungsvollen Verstärkern machen; Verhaltensweisen, durch die Schlankheit erreicht oder aufrechterhalten wird, werden durch die Reduktion der Angst dick zu werden, negativ verstärkt b. Abmagerungskuren und Gewichtsverlust werden durch das Gefühl der Selbstkontrolle, das sie schaffen positiv verstärkt Bulimia: Teufelskreislauf Hungern – Fressen - Entleeren 21. Welche Ätiologischen Komponenten lassen sich in einem komplexen Modell untersuchen? Prädisponierende Faktoren: Familiäre Faktoren, Soziokulturelle Faktoren, Individiuelle Faktoren (z.B. Trennungserlebnisse, sexuelle Traumata); Biologische Faktoren (z.B. Serotoninmangel) Psychische Probleme: niedriges (labiles) Selbstwertgefühl, Identitäts- und Autonomiekonflikte, Geringe Fähigkeit, Stress- und Spannungen zu ertragen Spezifische Symptombildung: Extreme Bedeutung von Figur und Gewicht; Teufelskreislauf Diät – Untergewicht – Heißhungeranfälle – Erbrechen; Interaktionelle Probleme (z.B. Vermeidung sexueller Kontakte, soziale Rückzugstendenzen), vermehrte Leistungsorientierung Sekundäre Symptome: Ängste, Depressionen, Beziehungsstörungen, Körperschemastörungen, Körperliche Folgeerscheinungen 31 22. Welche Medizinischen Maßnahmen bestimmen die Behandlung von Essstörungen? Antidepressiva, aber hohe Abbruchraten und danach Rückfallquoten 23. Welche Stufen der Behandlung werden bei der Anorexia nervosa unterschieden?/Therapiemöglichkeiten Zunächst muss dem Patient bei der Gewichtszunahme geholfen werden, um medizinische Komplikationen und einer möglichen Todesgefahr zu begegnen -> operante Verfahren, zunächst Isolation und dann Belohnung durch Gesellschaft bei den Mahlzeiten, Fernsehen, Musik, Spaziergänge mit Schwesternschülerinnen und der Erlaubnis, Post und Besuche zu erhalten Das zweite Behandlungsziel, die Langfristige Beibehaltung des Gewichts wird durch medizinische, verhaltenstherapeutische oder traditionelle psychodynamische Interventionen nicht immer erreicht FAmilientherapie 24. Therapie der Bulimia nervosa? In-Frage stellen von Normen und Einstellungen Regelmäßiges Essen als grundlegendes Behandlungsziel Alternativer Umgang mit Belastungen Reaktionsverhinderung Antidepressiva Selbsthilfegruppen Überlegenheit der kognitiv-verhaltensorientierten Therapie Interpersonale Therapie – nicht so schnell Ergebnisse, aber vergleichsweise gute Ergebnisse dafür 32 KAPITEL 10: AFFEKTIVE STÖRUNGEN (S. 306-364) = Störungen der Stimmungslage, die die Betroffenen stark beeinträchtigen 1. 2. Durch welche Symptome wird eine Depression definiert? Starke Traurigkeit und Niedergeschlagenheit, Gefühle der Wertlosigkeit und Schuld, sozialer Rückzug, Schlafstörungen, Appetitverlust, Verlust von sexuellem Verlangen, Verlust von Interesse und Freude an alltäglichen Aktivitäten Geht häufig mit anderen psychischen Problemen wie Panikattacken, sexuellen Dysfunktionen, Substanzmissbrauch oder Persönlichkeitsstörungen einher Sich zu konzentrieren bedeutet für Depressive eine Kaum zu bewältigende Anstrengung; Sie nehmen weder auf was sie lesen noch was andere zu ihnen sagen Sie sprechen langsam und machen viele Pausen zwischen ihren Worten und reden mit leiser, monotoner Stimme; andere wiederum sind übernervös und können nicht still sitzen, laufen umher, ringen die Hände, seufzen, stöhnen und klagen Einem depressiven Menschen schein jedes Problem unlösbar, jeder Augenblick wiegt schwer und der Kopf hallt wieder vor Selbstvorwürfen; Zuweilen vernachlässigen sie Körperpflege und äußere Erscheinung und ergehen sich in hypochondrischen Klagen über Schmerzen und Beschwerden, die offensichtlich keine körperliche Grundlage haben Symptome je nach Alter unterschiedlich: Bei Kindern: oft somatische Beschwerden wie Kopf- oder Magenschmerzen; Bei Älteren: Ablenkbarkeit, Gedächtnisprobleme Auch kulturelle Unterschiede hinsichtlich des für die Kultur akzeptablen Verhaltens a. Lateinamerika: Klagen über Nervenbeschwerden und Kopfschmerzen b. Asiaten: eher Schwäche und Müdigkeit Welche Symptome zeichnen eine Manie aus? Redefluss laut und kaum zu unterbrechen, voll mit Witzen, Wortspielen, Reimen und Berichten über Ereignisse, die im Moment die Aufmerksamkeit des Sprechers erregt haben -> Ideenflucht Die Rede kann kurzzeitig kohärent sein, wechselt dann aber abrupt von Thema zu Thema Das manische Aktivitätsbedürfnis macht die Betroffenen penetrant gesellig und aufdringlich; sie sind permanent und zuweilen ziellos geschäftig und sind sich leider der offensichtlichen Gefährlichkeit ihres Tuns nicht bewusst; jeder Versuch ihnen Einhalt zu gebieten kann Zorn und sogar einen Wutanfall auslösen Die Manie entwickelt sich gewöhnlich plötzlich innerhalb von 1 – 2 Tagen 3. Welche Gruppen affektiver Störungen unterscheidet das DSM-IV bzw. das ICD-10? Major Depression/ Unipolare Depression Bipolare Affektive Störung 4. Wie lauten die diagnostischen Kriterien einer unipolaren Depression? DSM-VI: Für das Vorhandensein einer Major Depression müssen mindestens 5 der folgenden Symptome über mindestens zwei Wochen gegeben sein; dabei muss mindestens entweder die depressive Stimmung oder der Verlust an Interesse oder Freude zu den Symptomen gehören Depressive Verstimmung an fast allen Tagen, die meiste Zeit des Tages Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an allen oder fast allen Aktivitäten Schlaflosigkeit, Einschlafschwierigkeiten, kein erneutes Einschlafen nach dem Erwachen mitten in der Nacht und frühmorgendliches aufwachen; ODER: Bedürfnis, einen großen Teil der Zeit mit Schlafen zu verbringen Veränderung des Aktivitätsniveaus entweder Verlangsamung (psychomotorische Hemmung) oder Unruhe Verminderter Appetit und Gewichtsverlust oder gesteigerter Appetit und Gewichtszunahme Energieverlust, große Müdigkeit Negatives Selbstbild; Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, Gefühl der Wertlosigkeit Verminderte Konzentrationsfähigkeit, verminderte Fähigkeit zu denken oder verringerte Entscheidungsfähigkeit Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Selbstmord Das ICD-10 verlangt für die Diagnose einer depressiven Episode das gleichzeitige Vorliegen von mindestens zwei der folgenden Symptome: Depressive Stimmung in einem für die Betroffenen deutlich ungewöhnlichem Ausmaß über die meiste Zeit des Tages Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten Verminderter Antrieb oder erhöhte Ermüdbarkeit 33 5. 6. 7. 8. Zusätzlich mehrere Symptome bis zu einer Gesamtzahl von 4 (leichte Episode) bis 8 (schwere Episode) aus der folgenden Gruppe Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls Unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Suizid Klagen über vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen, Unentschlossenheit; Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit Schlafstörungen jeder Art; Appetitverlust oder Appetitsteigerung mit entsprechender Gewichtsänderung Es besteht allgemeine Übereinstimmung darüber, dass dies die wichtigsten Symptome der Depression sind; Umstritten ist allerdings, ob ein Unterschied besteht zwischen einem Patienten mit 5 Symptomen, die mindestens zwei Wochen andauern und einem Patienten, der nur drei der Symptome an zehn Tagen aufweist Der Schweregrad der Depression scheint einem Kontinuum zu folgen und die diagnostischen Kriterien beschreiben den Zustand einer Person am relativ ernsten Ende des Kontinuums Wie hoch ist das Lebenszeitrisiko für eine unipolare Depression? 5,2 – 17,1 % (Spanne kommt durch verschiedene Interviewverfahren, unterschiedliche Diagnosekriterien und unterschiedlich intensive Schulungen der Interviewer zustande) Prävalenz bei Frauen etwa 2 – 3 mal so hoch als bei Männern Tritt häufiger in sozialen Unterschichten und vor allem im Erwachsenenalter auf Prävalenzunterschi9ede hinsichtlich verschiedener Kulturen – 1,5 % in Taiwan bis 19 % in Beirut Prävalenz stieg in den letzten 50 Jahren kontinuierlich an, wobei das Alter, in dem die Störung einsetzt kontinuierlich sank -> könnte an den sozialen Veränderungen liegen Rezidivierende Störung -> etwa 80 % derjenigen, die einmal daran erkrankt sind, erleiden weitere (im Durchschnitt vier) Episoden von gewöhnlich 3 – 5 Monaten Dauer; in etwa 12% der Fälle wird die Depression mit einer Dauer von mehr als 2 Jahren chronisch Wie lauten die diagnostischen Kriterien einer bipolaren Störung? Zu einer bipolaren affektiven Störung gehören manische oder gemischte Episoden, die Symptome sowohl der Manie als auch der Depression umfassen Die formale Diagnose einer manischen Episode setzt eine euphorische oder gereizte Stimmung und drei (bei gereizter Stimmung vier) zusätzliche Symptome voraus; die Symptome müssen bedeutsam sein, dass sie Beeinträchtigungen in sozialen oder beruflichen Funktionsbereichen verursachen Erhöhung des Aktivitätsniveaus im beruflichen, sozialen oder sexuellen Bereich Ungewöhnliche Geschwätzigkeit, schnelle Rede Ideenflucht oder der subjektive Eindruck, dass die Gedanken rasen Übertriebenes Selbstwertgefühl; die Überzeugung, über besondere Talente, Kräfte, Fähigkeiten zu verfügen Ablenkbarkeit; leicht abgleitende Aufmerksamkeit Übermäßige Beteiligung an angenehmen Aktivitäten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit unerwünschte Konsequenzen haben (z.B. leichtsinnige Ausgaben) Epidemiologie: seltener als die Major Depression, Lebenszeitprävalenz beträgt etwa 1 % der Bevölkerung Im Durchschnitt tritt sie im zweiten Lebensjahrzehnt erstmals auf, und zwar bei Frauen und Männern etwa gleich häufig Bei Frauen treten mehr depressive und weniger manische Episoden auf als bei Männern Rezidivierend, etwa 50 % der Fälle weisen 4 oder mehr Episoden auf Wie schwerwiegend die Störung ist, lässt sich daran erkennen, dass 12 Monate nach Entlassung aus der Klinik noch 76 % der Patienten als beeinträchtigt beurteilt werden und bei 52 % die Symptome immer noch so stark sind, dass die ursprüngliche Diagnose noch immer zutrifft Ist die Unterscheidung zwischen unipolarer bzw. bipolarer affektiver Störungen berechtigt (empirisch belegt)? Das Problem der großen Heterogenität innerhalb der affektiven Störungen bleibt ungelöst; Zwischen Patienten mit der gleichen Diagnose gibt es große Unterschiede Manche Patienten mit einer Bipolaren Störung weisen manische und depressive Symptome in ihrer ganzen Bandbreite fast gleichzeitig oder innerhalb weniger Tage in schnellem Wechsel auf -> gemischte Episode Andere Patienten haben während einer klinischen Episode entweder nur Depressive oder nur manische Symptome Was versteht man unter einer Bipolar-II-Störung und was ist eine psychotische Depression? 34 Phasen einer Major-Depression begleitet von Hypomanie (weniger ausgeprägt als bei der Manie) Psychotische Depression -> zusätzlich Wahnideen und Halluzinationen; am Vorhandensein von Wahnideen können Patienten mit unipolarer Störung allem Anschein nach unterschieden werden, Depressive Patienten mit Wahnideen sprechen meist nicht besonders gut auf die übliche medikamentöse Therapie der Depression an, es sei denn, sie bekommen zusätzlich Medikamente, die zur Behandlung anderer psychotischer Störungen wie Schizophrenie eingesetzt werden 9. Wodurch wird die Major-Depression mit Melancholie definiert? Bei manchen Pt. können so genannte melancholische Merkmale (bzw. somatische -> ICD-10) auftreten; früher endogene Depression Den Betroffenen macht nichts Freude und sie fühlen sich nicht einmal vorübergehend besser, wenn etwas erfreuliches eintritt; die depressive Verstimmung ist in der Regel morgens schlimmer, die Patienten wachen etwa zwei Stunden zu früh auf, verlieren den Appetit, nehmen ab und sind entweder lethargisch oder extrem erregt; in der Regel haben sie vor ihrer ersten depressiven Episode keine Persönlichkeitsstörung und sie sprechen gut auf medikamentöse Therapien an Die Unterscheidung zwischen Depression mit und ohne Melancholie ist nicht gut validiert; vor kurzen stellte man jedoch fest, dass Patienten mit Melancholischen Merkmalen mehr Komorbidität (z.B. mit Angststörungen), häufigere Episoden und stärkere Beeinträchtigungen aufweisen, was darauf schließen lässt, dass es sich hier um einen schweren Typus der Depression handelt 10. Was ist eine saisonal abhängige Depression? Uni- wie bipolare affektive Störungen können als saisonal abhängig gekennzeichnet werden, wenn sie an bestimmte Jahreszeiten gebunden sind Z.B. Winterdepression -> geringerer Serotoninspiegel durch Lichtmangel; Lichttherapie 11. Welche zwei Gruppen chronischer affektiver Störungen werden unterschieden? Zyklothymie = häufiger Wechsel zwischen Phasen mit depressiven und hypomanen Symptomen; sie können gemischt, im Wechsel oder unterbrochen durch Phasen normaler Stimmung auftreten; die Betroffenen weisen sowohl in der depressiven als auch der hypomanen Phasen einander zugeordnete Symptome auf; während der Depression fühlen sie sich unterlegen, während der Hypomanie ist ihr Selbstwertgefühl übersteigert, sie ziehen sich von anderen zurück und gehen dann in der hypomanen Phase wieder hemmungslos auf andere zu, sie schlafen zuviel und dann wieder zu wenig; sie haben Schwierigkeiten sich zu Konzentrieren und ihre verbale Leistung nimmt ab, in der hypomanen Phase wird ihr Denken präzise und kreativ, ihre Leistungsfähigkeit steigert sich; auch ausgeprägtere Phasen von Depression und Manie sind möglich Dysthymie = chronisch depressiv, neben dem Verlust der Freude an allen üblichen Aktivitäten und Freizeitbeschäftigungen weisen die Betroffenen mehrere weitere Anzeichen der Depression auf (z.B. Schlaflosigkeit oder zuviel Schlaf, das Gefühl der Unzulänglichkeit, der Leistungsfähigkeit und des Energiemangels, Pessimismus, Unfähigkeit sich zu konzentrieren oder klar zu denken, der Wunsch die Gesellschaft anderer zu meiden; manchmal auch Phasen der Major Depression („Doppelte Depression“) 12. Wie erklärt die Psychoanalyse affektive Störungen? Freud, 1917 „Trauer & Melancholie“: Grundlage der Depression in der frühesten Kindheit -> orale Fixierung; während der oralen Phase finden seiner Meinung nach die Bedürfnisse des später depressiven Menschen entweder unzureichende oder übermäßige Befriedigung; das Kind bleibt in dieser Phase stecken und ist später Abhängig von der für sie typischen Triebbefriedigung -> z.B. zur Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühls übermäßige Abhängigkeit zu anderen Introjektion: Annahme, dass der Trauernde nach dem Verlust des geliebten Menschen (durch Tod, Trennung oder Entzug der Zuneigung) den Verlorenen zunächst introjiziert/verinnerlicht; vielleicht ist dies der vergebliche Versuch den Verlust ungeschehen zu machen; weil wie gegenüber Menschen die wir lieben auch negative Gefühle hegen, wird der Trauernde durch den Akt der Introjektion zum Objekt seines eigenen Hasses oder seiner eigenen Wut; überdies nimmt er übel dass man ihn verlassen hat und empfindet Schuld beim Gedanken an das wirkliche oder eingebildete Böse, dass er dem verlorenen Mensch angetan hat Missglückte Trauerarbeit: auf die Phase der introjektion folgt zunächst eine Zeit der Trauerarbeit, während der der Trauernde Erinnerungen an den verlorenen lebendig werden lässt, sich so von ihm löst und die Bande lockert, die die Introjektion geknüpft hat; bei übermäßig abhängigen Menschen kann die Trauerarbeit missglücken und in einen andauernden Prozess von Selbstverachtung, Selbstbeschuldigung und Depression münden; solche Menschen verlieren ihre emotionale Bindung an den verlorenen Menschen nie und kasteien sich für jeden Fehler und jede Unzulänglichkeit, die sie an dem geliebten, nunmehr introjizierten Menschen wahrgenommen haben; der Zorn des Trauernden auf den verlorenen bleibt nach innen gerichtet -> Grundlage für die psychodynamische Sichtweise der Depression als nach innen gerichteter Zorn 35 13. Welche Ideen stellen die kognitiven Theorien affektiver Störungen in den Mittelpunkt? Konzepte wie gelernte Hilflosigkeit und irrationale Überzeugungen weisen darauf hin, dass kognitive Prozesse das emotionale Verhalten entscheidend beeinflussen 14. Wie erklären Kognitionstheoretiker die Entstehung affektiver Störungen? Beck: Menschen werden depressiv, weil ihre Gedankengänge und Schlussfolgerungen verzerrt sind Erwerb negativer Schemata: nach Becks Auffassung haben depressive Menschen in der Kindheit und Jugend durch den Verlust eines Elternteils oder durch unbarmherzige Schicksalsschläge, durch Zurückweisung von gleichaltrigen, Kritik in der Schule, depressive Haltung eines Elternteil,… negative Schemata erworben; die Schemata werden immer dann aktiviert, wenn neue Situationen in irgendeiner Hinsicht, vielleicht auch nur ganz entfernt, den Bedingungen ähneln, unter denen die Schemata erworben wurden; die negativen Schemata veranlassen den depressiven zu bestimmten Fehlschlüssen, die wiederum die die negativen Schemata bestätigen; gemeinsam verzerren sie die Realität Kognitive Triade = Negative Ansichten über sich selbst, die Umwelt (Bewältigungsmöglichkeiten) und die Zukunft Wichtigste Denkfehler: a. Willkürliche Schlüsse b. Selektive Abstraktion c. Übergeneralisierung d. Über- und Untertreibung Hilflosigkeit/Hoffnungslosigkeit – Grundannahme dass ein Individuum seine Passivität und das Gefühl nicht handeln und sein eigenes Leben nicht steuern zu können, durch unangenehme Erfahrungen und Traumata gelernt hat, die es erfolglos zu überwinden versuchte; das dadurch entstehende Gefühl der Hilflosigkeit führt zu Depression 3 Theorien: a. Gelernte Hilflosigkeit: Unkontrollierbare aversive Ereignisse -> Gefühl der Hilflosigkeit -> Depression b. Umattribuierung -> Aversive Ereignisse -> Attribution auf globalere und stabilere Faktoren -> Gefühl der Hilflosigkeit; keine Möglichkeit vorhanden, die Situation zu verändern -> Depression c. Hoffnungslosigkeit: Aversive Ereignisse -> Attribution auf globalere oder stabilere Faktoren oder einen anderen kognitiven Faktor -> Gefühl der Hoffnungslosigkeit; keine Möglichkeit vorhanden, die Situation zu verändern, und eine Erwartung, dass ein wünschenswertes Ereignis nicht eintreten wird -> Depression 15. Welche Biologischen Faktoren bzw. Prozesse spielen bei der Ätiologie affektiver Störungen eine wichtige Rolle? Genetische Komponente vor allem bei bipolaren Störungen, bei unipolaren nicht ganz so hoch Noradrenalin und Serotonin Überaktivität der Hypothalamus –Hypophysen – Nebennierenrinden-Achse 16. Welche Befunde ergeben Familien- Zwillings- und Adoptionsstudien bei affektiven Störungen? Genetische Faktoren: Familiäre Häufung (Familien- Zwillings- und Adoptionsstudien): etwa 10 – 25 % der Verwandten ersten Grades von Patienten mit Bipolarer Störung erlitten ebenfalls eine Episode der affektiven Störung; setzt die Erkrankung früher ein, Ist auch das Risiko bei Verwandten höher; die Zahlen liegen höher als bei der Gesamtbevölkerung 17. Was weiß man zur Genetik affektiver Störungen? Diskutiert wird die Beteiligung der Chromosome 11, 18 und 21 sowie das X-Chromosom 18. Welche Neurotransmittersysteme spielen bei affektiven Störungen eine wichtige Rolle? Serotonin und Noradrenalin -> Einsatz von Trizyklika, die die Wiederaufnahme durch das präsynaptische Neuron hindern bzw. MAO-Hemmer (verhindert den Abbau) Lithium -> vielleicht G-Proteinregulation? (Bei Manie große Konzentration, bei Depression geringe Konzentration), Lithium wirkt bei Manie und Depression 19. Welche neuroendokrinen Systeme bzw. Achsen sind bei affektiven Störungen beteiligt bzw. fehlerhaft? Überaktivität von Hypothalamus – Hypophysen – Nebennieren-Achse (vegetative Symptome -> Appetit und Schlafstörungen); hoher Kortisolspiegel (ist aber auch Ausdruck einer unspezifischen Stressreaktion) Schilddrüse -> Erkrankungen der Schilddrüse kommen bei Menschen mit bipolarer Störung oft vor 36 20. Welche psychologischen Therapien bei affektiven Störungen lassen sich unterscheiden? Psychodynamische Therapien: Einsicht in den verdrängten Konflikt (keine nachgewiesene Wirksamkeit) Interpersonale Therapie: Konzentration auf die tägliche Interaktion depressiver Menschen mit ihrer sozialen Umgebung; ziemlich erfolgreich bei unipolaren Depressionen; geht v. a. darum mit dem depressiven Menschen herauszufinden, wie sein gegenwärtiges interpersonales Verhalten mit seinem Wunsch nach erfüllenden Beziehungen kollidiert -> Verbesserung der Kommunikation Kognitive Verhaltenstherapien -> Kognitive Therapie nach Beck & Rational -emotive Therapie nach Ellis Training sozialer Fertigkeiten 21. Welche somatischen Depressionstherapien lassen sich unterscheiden? Elektrokrampftherapie – Stromschlag von 70 – 130 Volt durch das Gehirn, Krampfanfall und vorübergehende Bewusstlosigkeit; früher bilateral, heute an der nichtdominanten Hemisphäre und unter Betäubung, wirt bei schweren Depressionen, ist aber mit erheblichen Risiken verbunden Medikamente – a. Trizyklika b. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer c. MAO-Hemmer d. Lithium – bei bipolaren Störungen 22. Was sind typische Nebenwirkungen antidepressiv wirkender Medikamente? Trizyklische Antidepressiva – Herzinfarkt, Schlaganfall, niedriger Blutdruck, unscharfes Sehen, Angst, Müdigkeit, trockener Mund, Verstopfung, Verdauungsstörungen, Errektionsstörungen, Gewichtszunahme MAO-Hemmer – möglicherweise tödlicher Bluthochdruck, trockener Mund, Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – Nervosität, Schläfrigkeit, gastrointestinale Beschwerden, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen Lithium – Tremor, Magenprobleme, Koordinationsstörungen, Schwindel, Herzrhythmusstörungen, unscharfes Sehen, Schläfrigkeit, Tod 23. Was weiß man zu Depressionen im Kindes- und Jugendalter? Affektive Störungen werden bei Kindern genauso diagnostiziert wie bei erwachsenen, es werden aber altersspezifische Merkmale wie Gereiztheit und Aggressives Verhalten berücksichtigt; Depressionen und Dysthymie sind bei Kindern genauso häufig wie bei Erwachsenen Bei Kindern und Jugendlichen gibt es einen höheren Anteil an Selbstmordversuchen und mehr Schuldgefühle Die Schätzungen bezüglich der Prävalenz variieren beträchtlich, je nachdem welches Alter, welches Land, welche Art von Stichproben, Diagnosekriterien oder Untersuchungsinstrumente verwendet wurden Gelegentlich wird aus Verhaltensweisen, die bei Erwachsenen nicht als Zeichen einer Depression gelten würden geschlossen -> Verweigerung, Zorn, aggressives Handeln, Ungezogenheit in Schule und Zuhause Häufig Komorbidität mit Angststörungen, Verhaltensstörungen, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen Ätiologie: belastete Beziehungen und biologische Diathese, depressiver Elternteil, negative Interaktionen, eingeschränkte soziale Fertigkeiten, negativere Einstellungen; Mädchen wieder besonders gefährdet Behandlung: Medikamente helfen kaum, modifizierte Interpersonale Therapie (mit Kinder.- und Jugendlichen Themen), kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen, Einbeziehen von Familie und Schule 37 KAPITEL 11: SCHIZOPHRENIE (S. 364-410) 1. Was versteht man unter Schizophrenie? Unter dem Begriff Schizophrenie wird eine Gruppe psychotischer Störungen zusammengefasst, die durch massive Störungen des Denkens, der Emotion und des Verhaltens gekennzeichnet sind; das gestörte Denken zeigt sich darin, dass Inhalte nicht logisch miteinander verknüpft sind. Wahrnehmung und Aufmerksamkeit sind fehlerhaft, der Affekt ist flach und unangemessen; in der motorischen Aktivität treten bizarre Störungen auf; all dies führt dazu, dass sich die Patienten von den Menschen und der Realität zurückziehen; häufig in eine Phantasiewelt aus Wahnideen und Halluzinationen Die Lebenszeitprävalenz liegt bei etwa 1 %, Männer und Frauen sind gleichermaßen davon betroffen; gelegentlich setzt die Störung zwar schon in der Kindheit ein, normalerweise aber erst im späten Jugend- und Erwachsenenalter, bei Männern zirka 3 Jahre früher als bei Frauen Die Betroffenen haben typischerweise eine Reihe akuter Episoden/Schübe ihrer Symptome, zwischenzeitlich sind die Symptome dann weniger schwer, aber immer noch stark beeinträchtigend 2. Welche Hauptbereiche sind bei schizophrenen Symptomen betroffen? Denken Wahrnehmung und Aufmerksamkeit Motorisches Verhalten Affekt und Emotion Lebensbewältigung a. Ingesamt sehr Heterogen -> Untertypen 3. Was sind positive Symptome bei der Schizophrenie? Desorganisierte Sprechweise (formale Denkstörung) = Schwierigkeit der Betroffenen, Vorstellungen und Sprache so zu organisieren, dass ein Zuhörer ihnen folgen kann Wahnideen a. Körperliche Passivität – der Patient als passiver und unfreiwilliger Empfänger von Körperempfindungen, die von einer äußeren Macht gesteuert werden b. Gedankeneingebung – dem Patienten werden fremde Gedanken von einer äußeren Macht ins Bewusstsein eingegeben c. Gedankenausbreitung – der Gedanke des Patienten wird übertragen, so dass andere ihn kennen d. Gedankenentzug – die äußere Kraft stiehlt die Gedanken e. „Gemachte Gefühle“ f. „Gemachte Handlungen“ g. Gemachte Impulse Halluzinationen (bei 74 %) und andere Wahrnehmungsstörungen, z.B. nicht gleichzeitig Ton und Bild beim Fernsehen verfolgen können; Manche Halluzinationen gelten diagnostisch als besonders bedeutsam, weil sie bei Schizophrenen häufiger sind als bei Patienten mit anderen psychotischen Störungen a. Gedankenlautwerden b. Streitende Stimmen c. Kommentierende Stimmen 4. Was sind negative Symptome? Verhaltensdefizite wie Apathie, Antriebslosigkeit, Spracharmut (Alogie), Lustlosigkeit (Anhedonie), Affektverflachung und Ungeselligkeit, Katatonie (motorische Auffälligkeiten, komplexe Abfolgen von Finger- Hand- und Armbewegungen bis zum katatonen Stupor – der Patient nimmt eine ungewöhnliche Haltung ein und behält sie für lange Zeit bei), Inadäquater Affekt Diese Symptome halten auch über eine akute Episode an und haben gravierende Auswirkungen auf das Leben von Schizophrenen Auch prognostisch sind sie von Bedeutung: viele negative Symptome sind ein starker Prädiktor für eine schlechte Lebensqualität in den zwei auf die Hospitalisierung folgenden Jahren 5. Wie lauteten die frühen Beschreibungen der Schizophrenie nach Bleuer und Kraeplin? Kraeplin: dementia praecox (früherer Begriff der Schizophrenie), 1898; er unterschied zwischen zwei Hauptgruppen endogener (innerlich verursachter) Psychosen: das manisch depressive Irresein und die dementia praecox Letztere schloss mehrere diagnostische Konzepte mit ein, nämlich Paranoia, Katatonie und Hebrephrenie, die von Klinikern Jahrzehnte zuvor als eigene Krankheit angesehen wurde; obwohl sich 38 diese Störungen symptomatisch voneinander unterscheiden, ging Kraeplin davon aus, dass sie einen gemeinsamen Kern hätten Die Bezeichnung dementia praecox beschreibt zwei Hauptaspekte der Störung: den frühen Beginn und den fortschreitenden geistigen Verfall Bleuer: Versuchte den Kern der Störung zu erfassen und nicht mehr so sehr das Alter des Beginns und den Verlauf in den Mittelpunkt seiner Definition zu stellen; Bleuer entfernte sich von Kraeplin in zwei Hauptpunkten: er glaubte weder an den durchgängig frühen Beginn der Störung, noch an ihr unausweichliches fortschreiten bin hin zur Verblödung -> schlug den Namen „Schizophrenie“ vor Problem: Begründen, warum so vielfältige Symptome in einer Kategorie zusammengefasst wurden; -> gemeinsames Konzept: „Lockerung der Assoziationsspannung“ (nicht nur Worte sondern auch Gedanken sind assoziativ verbunden) 6. 7. 8. Was meint das erweiterte amerikanische Konzept? Die Diagnose Bleuers wurde Anfang des 20 Jhdts. Erheblich erweitert -> in den 30 Jahre bezeichnete man z.B. am New York Psychiatric Institut 20 % der Patienten als Schizophren, dies erhöhte sich immer mehr bis 1952 etwa 80 %der Patienten als Schizophren galten; der europäische Schizophreniebegriff war weniger umfassend Kasanin: prägte den Begriff schizoaffektive Psychose bei Patienten, bei denen schizophrene und affektive Symptome kombiniert vorkamen; die Diagnose wurde dann Bestandteil des amerikanischen Konzepts und ging in den DSM ein Eine erneute Ausweitung erfuhr die Kategorie der Schizophrenie dann durch drei zusätzliche Diagnosepraktiken: a. US-Kliniker tendierten dazu, immer wenn Wahnideen und Halluzinationen vorlagen, Schizophrenie zu diagnostizieren (kommt aber auch bei affektiven Störungen vor) b. Patienten, bei denen heute Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert würden (v.a. schizotypische, schizoide, paranoide und Borderline-Persönlichkeitsstörungen) wurden anhand der DSM-II Kriterien als schizophren diagnostiziert c. Patienten, bei denen Schizophreniesymptome akut einsetzten und die sich schnell erholten wurden als Schizophren diagnostiziert Wie lauten die Diagnosen nach DSM-IV und ICD-10? Halten die Diagnosekriterien einem Kulturvergleich stand? ICD-10 und DSM-IV haben ihre Diagnosen mittlerweile angenähert und engen den Kreis der Patienten, die als schizophren zu bezeichnen sind in 5 Aspekten ein: Die Diagnosekriterien werden explizit und detailliert aufgeführt Patienten mit einer affektiven Störung werden ausgeschlossen Die Schizophrenen Symptome müssen seit mindestens 6 Monaten bestehen, dieser Zeitraum muss mindestens einen Monat einer aktiven Phase mit mindestens zwei der folgenden Symptome umfassen: Wahn, Halluzinationen, desorganisierte Sprechweise, grob desorganisiertes oder katatones Verhalten oder negative Symptome Was früher leichte Form der Schizophrenie war, ist jetzt schizotype Störung oder schizotype Persönlichkeitsstörung Es wird zwischen einer paranoiden Schizophrenie und einer wahnhaften Störung (keine desorganisierte Sprechweise oder Halluzinationen) unterschieden Die Diagnosekriterien halten einem Kulturvergleich stand; bei Patienten in Entwicklungsländern setzt die Störung jedoch akuter ein und verläuft weniger günstig als in industrialisierten Gesellschaften Welche Kategorien von Schizophrenie werden unterschieden? Desorganisierter bzw. hebephrener Typus: desorganisierte Sprechweise, , wirre Sprache, Verbindung ähnlich lautender Worte (Alliterationen) oder Neologismen, verhält sich läppisch oder lacht; der Affekt kann verflacht oder labil sein, der Pt. bricht aus unerklärlichen Gründen in Lachen oder Weinen aus; sein Verhalten ist allgemein desorganisiert und nicht zielgerichtet; gelegentlich verschlechtert sich der Zustand so, dass Stuhl und Urin nicht mehr gehalten werden können; er vernachlässigt sein äußeres und die Körperhygiene Katatoner Typus: auffälligstes Symptom: motorische Störungen; die Betroffenen wechseln zwischen extremer Erregung und Stupor, wobei aber der eine oder andere Symptomtyp überwiegen kann; der Patient widersetzt sich Anweisungen und Vorschlägen und spricht häufig nach, was andere sagen (Echolalie); katatone Reaktionen können plötzlicher einsetzen als andere Formen der Schizophrenie, obwohl wahrscheinlich zuvor bereits Apathie und Rückzug aus der Wirklichkeit zu beobachten waren; im Stupor können die Gliedmaßen steif werden und anschwellen; obwohl der Patient dabei nichts wahrzunehmen scheint, kann er sich in vielen Fällen an alles erinnern, was sich während des Stupors ereignet hat; im katatonen Erregungszustand läuft er agitiert umher, schreit und spricht ununterbrochen 39 9. und unzusammenhängend; heutzutage ist diese Form selten, vielleicht weil die medikamentöse Therapie die bizarren motorischen Prozesse wirksam beeinflusst Paranoider Typus: Hauptmerkmal: ausgeprägte Wahnvorstellungen, gewöhnlich Verfolgungswahn, selten Größenwahn; die Betroffenen können übertriebene Vorstellungen von ihrer Bedeutung, ihrer Macht, ihrem Wissen oder ihrer Identität haben; oft plagt sie auch wahnhafte Eifersucht oder verfolgt oder bespitzelt zu werden; die Wahnvorstellungen können von lebhaften akustischen und visuellen Halluzinationen begleitet sein; Paranoide Schizophrene sind agitiert, streitsüchtig, zornig und zuweilen auch gewalttätig; die emotionale Schwingungsfähigkeit bleibt jedoch erhalten, obwohl sie im Umgang mit anderen steif, förmlich und angespannt sein können; sie sind aufmerksamer und gesprächsfreudiger als andere Schizophrene, ihre Sprache ist zwar gespickt von Hinweisen auf Wahnvorstellungen, aber nicht desorganisiert Sind die Subtypen valide? Verringerte Realiabilität durch Überschneidungen zwischen den Kategorien (z.B. in allen Kategorien kommen Wahnsymptome vor), prognostisch nicht valide, d.h. die Zuordnung zu einem bestimmten Typus lässt nur wenige Informationen über die weitere Behandlung und die Prognose ableiten Weitere Unterscheidungen sind ebenfalls unscharf, z.B. „undifferenzierte Schizophrenie“ wird bei den Patienten gestellt, die zwar die Kriterien der Schizophrenie, nicht jedoch die eines bestimmten Untertypus erfüllen; ODER: „residuale Schizophrenie“, wenn der Patient die Kriterien der Schizophrenie nicht mehr erfüllt, aber noch Anzeichen der Störung bestehen Mögliches neues System: Unterscheidung zwischen überwiegend positiven und überwiegend negativen Symptomen (meist liegt aber ein gemischtes Symptombild vor) Anderer Ansatz: Unterteilung in drei Dimensionen, und zwar positive Symptome, negative und Desorganisation Ätiologie: 10. Was weiß man über genetische Komponenten der Schizophrenie? Familienstudien: Schizophrenierisiko a. Ehepartner: 1% b. Enkel: 2,84 % c. Nichten/Neffen: 2,65 % d. Kinder: 9,35 % e. Geschwister: 7,30% f. Zweieiige Zwillinge: 12,08 % g. Eineiige Zwillinge: 44,30 % Beachtet werden muss aber trotz der hohen Zahlen, die auf eine genetische Komponente hinweisen auch der Einfluss der Umgebung -> Adoptionsstudien (Längsschnittstudie von Heston): von 47 Kindern schizophrener Mütter erhielten 60 % (31 Kinder) eine psychiatrische Diagnose, von den 50 Kontrollprobanden nur 9; bei keinem der Kontrollprobanden wurde eine Schizophrenie diagnostiziert, bei 16,6% der Kinder schizophrener Mütter aber schon; zusätzlich bekamen sie mit höherer Wahrscheinlichkeit die Diagnose der Debilität, der Persönlichkeitsstörung oder der Neurose; sie waren häufiger kriminell geworden, hatten mehr Zeit im Strafvollzug verbracht und waren öfters aus psychiatrischen Gründen aus der Armee entlassen worden Genetische Komponenten als prädisponierende Faktoren, erst Stress macht daraus eine beobachtbare Störung Polygene Vererbung -> wird nicht mit einem einzelnen Gen vererbt Anzeichen einer genetischen Prädisposition (ohne Symptomatik) –> z.B. haben Schizophrene und etwa 50 % ihrer Verwandten ein Problem damit, mit den Augen ein bewegtes Objekt zu verfolgen; was genau vererbt wird ist also unklar 11. Welche biochemischen Faktoren spielen eine Rolle? Übermäßige Dopaminaktivität -> beruht auf dem Wissen über die Wirkungsweise von Medikamenten, z.B. Neuroleptika lindern einerseits die Symptome der Schizophrenie, produzieren aber auch Nebenwirkungen die der Parkinson ähneln; die Neuroleptika passen in die postsynaptischen Dopaminrezeptoren und können diese blockieren Amphetaminpsychose -> weitere indirekte Bestätigung der Dopaminhypothese Dopaminrezeptoren Schizophrener könnten auch überempfindlich sein bzw. eine zu große Anzahl der Rezeptoren Größere Anzahl von Dopaminrezeptoren scheint v. a. mit positiven Symptomen in Verbindung zu stehen (-> Amphetamine verschlimmern positive, bessern aber negative Symptome in manchen Fällen) Betrifft besonders die mesolimbische Nervenbahn, sowie mesokortikale zum präfrontalen Kortex -> sind Dopaminneuronen im präfrontalen Kortex wenig Aktiv, üben sie keine Hemmende Kontrolle auf die 40 Dopaminneuronen im limbischen aus, was zur Folge hat, dass das mesolimbische Dopaminsystem überaktiv ist Grenzen der Dopaminhypothese: Neuroleptika bessern positive Symptome nur allmählich, obwohl sie die Dopaminrezeptoren schnell blockieren -> Therapeutische Wirkung eher aus den Folgen der D2-Blockade auf andere Gehirnregionen und andere Neurotransmittersysteme; rätselhaft ist auch, warum Neuroleptika, um therapeutisch wirksam sein zu müssen, den Dopaminspiegel unter das normale Niveau senken müssen, wobei es dann zu den erwähnten Parkinsonähnlichen Symptomen kommt Neuere Schizophreniemedikamente beziehen auch andere Neurotransmitter mit ein (z.B. Serotonin) -> Dopamin nur ein Element Niedrige Glutamatwerte in der Cerebrospinalflüssigkeit bei Schizophrenen -> Wirkung der Droge PCP kann positive wie negative psychotische Symptome produzieren und wird mit einem der Glutamatrezeptoren in Verbindung gebracht 12. Was weiß man über das Gehirn von Schizophrenen? Pathologische Veränderungen in einigen Gehirnregionen, am häufigsten geweiterte Ventrikel (-> Verlust subkortikaler Gehirnzellen), strukturelle Auffälligkeiten in subkortikalen temporallimbischen Regionen wie Hippocampus und Basalganglien, sowie im präfrontalen und temporalen Kortex Geringere Aktivität im präfrontalen Kortex Häufig wurden Geburts- oder Schwangerschaftskomplikationen berichtet (höheres Risiko wenn genetische Prädisposition und Geburtskomplikationen vorliegen; Hinweise auf Virusinfektionen während der Schwangerschaft 13. Wie hängen psychischer Stress, soziale Schicht und Schizophrenie zusammen? Schizophrenie ist in der untersten sozialen Schicht doppelt so häufig wie in der nächst höheren -> Kausalinterpretation schwierig Hypothese der soziogenen Schizophrenie: die mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht verbundenen Stressoren werden als Ursache oder Beitrag zur Entwicklung von Schizophrenie angesehen – Entwürdigende Behandlung durch andere, das niedrigere Bildungsniveau, die fehlenden Bestätigungen und Startchancen; zusätzlich: biologische Belastungen durch schlechtere Ernährung Social drift Theorie: dreht die Wirkrichtung um, demnach driften Schizophrene im Verlauf ihrer sich entwickelnden Psychose in ärmere Stadtteile ab 14. Welche Rolle spielt die Familie? Theorie der schizophrenogenen Mütter (kalt, dominant, Konflikt auslösend, aber auch zurückweisend, überfürsorglich, aufopfernd, unzulänglich für die Gefühle anderer, rigide und moralisch in ihren Ansichten) hat sich nicht bestätigt Kommunikationsstörung Expressed Emotions = kritische Aussagen, feindselige Äußerungen oder allzu intensive emotionale Bindung -> Einteilung in High und Low; nach neun Monaten hatten 10 % der Patienten aus niedrigen EE-Familien einen Rückfall erlitten, in der HEE Gruppe waren es 58 %! -> Umgebung hat hohen Einfluss darauf, ob und wie schnell die Patienten ins Krankenhaus zurückkehren; Ungeklärt ist aber, ob kritische Bemerkungen Ursache oder Folge des Verhalten des Patienten sind -> Wechselseitiger Einfluss: Wenn der Patient bizarre Aussagen machte, führt dies bei Mitgliedern , denen zuvor eine ausgeprägte EE zugeschrieben wurde zu kritischeren Kommentaren, und in Familien mit hohen EE-Werten führen kritische Bemerkungen der Familienmitgliedern zu mehr bizarren Aussagen bei den Patienten Auf welche Weise verstärkt nun Stress, wie z.B. HEE die Symptome der Schizophrenie und beschleunigt die Rückfälle? -> Zusammenhang zwischen Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und der Dopaminhypothese: Stress Aktiviert das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierensystem und führt zur Sekretion von Kortisol; Kortisol erhöht wiederum die Dopaminaktivität und kann dadurch die Schizophreniesymptome verstärken, und die erhöhte Dopaminaktivität kann selbst die Aktivierung des Hypothalamus-Hypophysen-Systems verstärken, was die Betroffenen besonders Stressempfindlich machen kann (bidirektionaler Zusammenhang); Stress kann darüber hinaus zu vermehrtem Substanzmissbrauch führen, so berichten Patienten, dass Alkohol ihre Angst, Apathie und Schlafschwierigkeiten mindert, ironischerweise stimulieren Drogen jedoch die Dopaminsysteme im Gehirn und können dadurch die positiven Symptome der Störung verstärken 15. Was ergaben High-Risk Studien zur Schizophrenie? Prämorbide Merkmale: niedrigerer IQ, Sozialverhalten: Lehrer beschrieben die Jungen als unangenehme, die Mädchen als passive Kinder; sowohl Jungen als auch Mädchen wurden prämorbid als delinquent und verschlossen charakterisiert; bei der Sichtung von Familienvideofilmen wurden die prämorbiden Kinder verglichen mit ihren Geschwistern als motorisch ungeschickter eingestuft und zeigten mehr negativen Affekt Unterschiedliche Prädiktoren bei positiven und negativen Symptomen (Mednick & Schulsinger, ab 1968): eine Schizophrenie mit negativen Symptomen entwickelt sich eher, wenn Schwangerschafts- und 41 16. Geburtskomplikationen aufgetreten waren, und einfache Reize keine elektrodermale Reaktion auslösen; eine Schizophrenie mit positiven Symptomen ging mit familiärer Instabilität (Trennung, und zeitweiser Aufenthalt in Heimen) einher Anschlussarbeiten: Aufmerksamkeitsdysfunktionen, niedriges neuropsychologisches Funktionsniveau (schlechte Konzentration, geringe verbale Fertigkeiten, Mangel an motorischer Kontrolle und Koordination) Was kann man zur Prognose und zum Verlauf der Schizophrenie derzeit feststellen? Etwa ein viertel der Patienten zeigt einen monophasischen Verlauf mit vollständiger Remission Etwa zwei Drittel der Patienten hatten einen polyphasischen oder wellenförmigen Verlauf Nur knapp 10 % zeigten einen ungünstigen Verlauf ohne Remission bzw. Besserung Eine gute soziale und berufliche Anpassung vor der Erkrankung erwies sich als stärkster Prädiktor für einen günstigen Verlauf; ein hohes Ausmaß an Anhedonie nach sechs Monaten war ebenso ein ungünstiger Indikator für zahlreiche Auffälligkeiten in Sprache, im Verhalten und im Funktionsniveau nach 5 Jahren, wie deutliche Negativsymptomatik generell; Frauen haben einen günstigeren Verlauf als Männer; Als Schutzfaktoren erwiesen sich ein hoher Selbstwert, internale Kontrollüberzeugung, geringe Irritierbarkeit durch andere, aktiver Umgang mit der Krankheit, ein vermeidender Umgang war ein ungünstiger Prädiktor; die Größe der Bezugsgruppe ging mit einem günstigen Krankheitsverlauf einher Therapie: 17. Welche grundsätzliche Schwierigkeit besteht in der Therapie Schizophrener? Schizophrenie ist eine der schwersten psychischen Störungen und dementsprechend auch schwer behandelbar; ein grundsätzliches Problem besteht darin, dass viele Schizophrene selbst kein Verständnis für ihren beeinträchtigten Zustand haben und jegliche Behandlung verweigern; da sie nicht glauben dass sie krank sind, sehen sie auch keine Notwendigkeit für eine ärztliche Intervention, besonders wenn dies Hospitalisierung oder Medikamenteneinnahme bedeutet; dies gilt v. a. für paranoid schizophrene, die jegliche Therapie als bedrohliche Einmischung feindlicher Kräfte ansehen. Daher ist es auch für die Familienmitglieder kein leichtes Unterfangen, die Betroffenen zu einer Behandlung zu bringen, und gelegentlich müssen sie zu einer Zwangseinweisung als letzte Möglichkeit greifen 18. Welche somatischen Behandlungsformen kennt man? Früher: Insulinkomatherapie, Elektrokrampftherapie, präfrontale Lobotomie (Durchtrennung der Nervenbahnen zwischen Frontallappen und unteren Gehirnzentren, bis 50er Jahre) 19. Welche Medikamentösen Therapien werden angewandt? Neuroleptika/Antipsychotika, ab 50er Jahre („Neuroleptika“ -> Nebenwirkungen führen zu Verhaltensmanifestationen, die denen neurologischer Erkrankungen ähneln) Chlorpromazin (ursprünglich Antihistamin) -> beruhigende Wirkung; Haloperidol, Truxal, Fluanxol -> lindern positive Symptome, haben aber wenig Einfluss auf negative Etwa 30 % der Schizophreniepatienten sprechen nicht günstig darauf an, einige von ihnen sprechen dann auf neuere Antipsychotika an (Clozapin, Risperidon und Olanzapin) Andere Medikamente werden ergänzend zur Behandlung von Depressionen oder Angst bzw. zur Stablisierung der Stimmung verabreicht (Lithium, Antidepressiva, Antikonvulsiva und Tranquilizer) In der Regel werden Patienten auf einer so genannten Erhaltungsdosis weiterbehandelt, d.h. gerade soviel, dass die Wirkung erhalten bleibt -> ständige Kontrolle durch den Arzt nötig, die Patienten bleiben in ihren Anpassungsmöglichkeiten an die soziale Gemeinschaft und das Berufsleben stark eingeschränkt Nebenwirkungen von Antipsychotika: Schwindel, verschwommene Sicht, Ruhelosigkeit, sexuelle Fehlfunktionen, extrapyrmidale Nebenwirkungen -> Ähnlichkeit zu Parkinsonsymptomen: spezifischer Tremor der Finger, schwerfälliger kleinschrittiger Gang, ausfließender Speichel, Dysthonie (Störung des natürlichen Spannungszustands) und Dyskinese (abnorme Bewegungen der willkürlichen und unwillkürlichen Muskulatur); Kaubewegungen, Bewegungen der Lippen, Finger und Beine; die Patienten verharren in einer gebeugten Haltung mit verdrehtem Rumpf und Hals; bei Akathisie sind sie unfähig, sich ruhig zu halten; Ältere Patienten leiden unter der sog. Tardiven Dyskinesie, einer Bewegungsstörung, die sich in unwillkürlichen Saug- und Schmatzbewegungen und Kinnwackeln äußert; in einem Prozent der Fälle kommt es zum sog., malignen neuroleptischen Syndrom (schwere Muskelstarre, begleitet von Fieber; das Herz rast, der Blutdruck steigt und die Betroffenen können ins Koma fallen Clozapin: bei Patienten oft wirksam, die auf andere Medikamente nicht ansprechen, weniger motorische Nebenwirkungen und niedrigere Rückfallquoten; gefährliche Nebenwirkungen: bei 1 % der Personen Einfluss aufs Immunsystem (Anzahl der weißen Blutkörperchen wird gesenkt) -> sehr infektionsanfällig; Krampfanfälle, Schwindel, Müdigkeit, auslaufender Speichel, Gewichtszunahme 42 Risperidon: verbessert das verbale Arbeitsgedächtnis bessere als andere Medikamente, dadurch Verbesserung beim Erlernen sozialer Fertigkeiten 20. Welche Psychologischen Therapiemöglichkeiten hat man bei der Schizophrenie? Grundsätzlich: die kognitiven Beeinträchtigungen reduzieren wahrscheinlich das Ausmaß, indem diese Patienten von psychologischen Interventionen profitieren, dazu kommt die Erkenntnis, dass Schizophrenie unabhängig von der biologischen Diathese das ganze Leben lang als Verletzbarkeit bestehen bleibt Psychodynamische Therapien Freud hielt Schizophrene unfähig zu einer Analyse und bemühte sich aus nicht, die Psychoanalyse für die Behandlung Schizophrener zu öffnen Pionierarbeit leistete Harry Stack Sullivan: Sullivan glaubte, dass in der Schizophrenie Kommunikationsformen der frühen Kindheit wiederkehrten; das zerbrechliche Ich des Schizophrenen, unfähig mit der extremen Belastung zwischenmenschlicher Herausforderungen fertig zu werden, regrediere; Aufgabe der Therapie müsse es sein, den Patienten eine erwachsene Kommunikationsform zu lehren und Einsicht in ihre Schwierigkeiten zu vermitteln; Sullivan riet zu einer sehr allmählichen, nicht ängstigenden Entwicklung einer Verrauensbeziehung (z.B. seitlich hinsetzen, um den Pt nicht zum Blickkontakt zu zwingen) erst nach vielen Sitzungen ermuntere der Therapeut den Patienten, seine zwischenmenschlichen Beziehungen näher zu betrachten Vermeidung von Zurückweisung (Frieda Fromm-Reichmann): in der Abgeschlossenheit der Schizophrenen komme der Wunsch zum Ausdruck, die in der frühen Kindheit erlittenen und später für unvermeidlich gehaltenen Zurückweisungen zu vermeiden; sie behandelte Schizophrene mit großer Geduld und viel Optimismus und vermittelte ihnen, dass sie ihre Therapeutin weder in ihre Welt hinein nehmen noch ihre Krankheit aufgeben müssten, bis sie vollkommen dazu bereit seien; Zusammen mit Sullivan trug Frieda Fromm-Reichmann entscheidend dazu bei, dass die Psychoanalyse zu einer der Hauptbehandlungsformen der Schizophrenie wurde a. Aber: keine entscheidenden Erfolge, in akuten starken Phasen sogar schädlich, zu tiefgreifend und intensiv; bei näherer Sicht zeigte sich dass die Patienten von Sullivan und FrommReichmann schwach ausgeprägte Symptome hatten und den strengen Kriterien heute nicht genügt hätten b. Neuer psychosoziale Interventionen sind aktiver sowie gegenwarts- und realitätsbezogener; die Therapeuten versuchen den Patienten und deren Familien unmittelbar bei der Bewältigung alltäglicher Probleme zu helfen; dabei gehen die Therapeuten davon aus, dass ein großer Teil der Belastungen von Schizophrenen auf die Schwierigkeiten zurückzuführen sind, die diese bei der Bewältigung alltäglicher sozialer Anforderungen haben, wozu auch der Druck in ihren Familien gehört -> Training sozialer Fertigkeiten z.B. Besprechung der Medikamenteneinnahme mit ihrem Psychiater, Bestellung von Essen in einem Restaurant, Ausfüllen von Bewerbungsformularen, Ablehnung von Drogenangeboten auf der Strasse, Lesen von Busfahrplänen -> all diese Dinge, die uns selbstverständlich erscheinen sind für Schizophrene eben nicht selbstverständlich; auch Rollenspiele und Modelllernen können eingesetzt werden, um zu überprüfen ob der Schizophrene angemessen auf normale alltägliche Dinge reagiert und gegebenenfalls eine angemessene Reaktion einzuüben Familientherapie -> Ermittlung von Stressoren, Kommunikations- und Problemlösetrainings, zeigen von Videofilmen über Familien mit niedriger EE Kognitiv-Verhaltensorientierte Therapie -> manche fehlangepasste Überzeugungen können verändert werden; Persönliche Therapie von Hogarty, Muskelentspannungstechniken, Vermittlung von Akzeptanz und Optimismus, Kritikmanagement und Konfliktlösung 21. Welche familienbezogenen Interventionen ergeben sich aus dem Expressed-Emotions-Konzept? Information über Schizophrenie und die biologische Vulnerabilität, die manche Menschen für die Krankheit prädisponiert; kognitive Probleme im Zusammenhang mit Schizophrenie, ihre Symptome und Anzeichen eines erneuten Rückfalls -> Familien mit HEE sind in der Regel nicht gut informiert; die Information soll helfen, mit dem Betroffenen weniger Kritisch umzugehen -> bessere Akzeptanz und Verständnis des Verhaltens Die Therapeuten ermuntern die Familienmitglieder, ihre Erwartungen an den Schizophrenen und somit auch ihre Kritik zurückzuschrauben; Information über Antipsychotika und Überwachung der Wirkungen Vermeidung von Schuldzuweisung und insbesondere Ermutigung der Familienmitglieder, weder sich selbst noch dem Patienten die Schuld an der Krankheit und den Schwierigkeiten zuzuschreiben, die alle damit haben Verbesserung von Kommunikation und Problemlösefertigkeiten in der Familie Aufforderung an Patient und Familie, die sozialen Kontakte zu erweitern, insbesondere ihre Unterstützungssysteme Vermittlung einer gewissen Hoffnung, dass sich die Lage verbessern kann und dass die Patienten vielleicht nicht mehr in die Klinik zurückkehren müssen 43 KAPITEL 12: SUBSTANZINDUZIERTE STÖRUNGEN (S. 410-458) 1. Wie lauten die diagnostischen Kriterien für Substanzabhängigkeit und Substanzmissbrauch? Substanzabhängigkeit: mindestens drei der folgenden Merkmale bezogen auf 1 Jahr: Toleranzentwicklung -> verlangen nach ausgeprägter Dosissteigerung, um den erwünschten Effekt herbeizuführen oder deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetzter Einnahme derselben Dosis Entzugssymptome, d.h. negative körperliche und psychische Wirkungen, bei Unterbrechung des Konsums oder Verringerung der Menge ODER: dieselbe Substanz wird eingenommen, um die Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden Die Substanz wird in größeren Mengen oder länger als beabsichtigt eingenommen Der Betroffene erkennt den übermäßigen Konsum; erfolglose Versuche, den Substanzkonsum zu verringern Es wird viel Zeit darauf verwendet, die Substanz zu beschaffen oder sich von ihren Wirkungen zu erholen Fortgesetzter Substanzkonsum trotz psychischer oder körperlicher Beschwerden, die durch die Droge verursacht oder verstärkt werden Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden aufgrund des Substanzkonsums aufgegeben oder beschränkt Körperliche Abhängigkeit wird diagnostiziert wenn entweder Toleranzentwicklung oder Entzugssymptome vorliegen; in der Regel geht eine körperliche Drogenabhängigkeit mit gravierenden Problemen einher Substanzmissbrauch: Merkmale als Folge wiederholten Drogenkonsums: Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen, z.B. Fernbleiben von der Arbeitsstelle oder Vernachlässigung der Kinder Körperliche Gefährdung durch Substanzkonsum, z.B. Bedienen von Maschinen oder Autofahren unter Drogeneinfluss Konfrontation mit dem Gesetz, z.B. Verhaftung wegen ungebührlichen Benehmens oder Verkehrsdelikten Fortgesetzte soziale oder zwischenmenschliche Probleme, z.B. Ehestreitigkeiten Substanzintoxikation: wird diagnostiziert, wenn die Einnahme einer Substanz des Zentralnervensystems beeinträchtigt und fehlangepasste kognitive und verhaltensbezogene Wirkungen hat Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit: 2. 3. 4. Wie sehen Entzugssymptome und Toleranzsteigerung bei Alkoholabhängigkeit aus? Der Patient fühlt sich ängstlich, depressiv , schwach, ruhelos und kann nicht schlafen; es kann zu einem ausgeprägten Tremor insbesondere der kleinen Muskulatur der Finger, des Gesichts, der Augenlider, Lippen und Zunge kommen, der Puls beschleunigt sich, Blutdruck und Körpertemperatur steigen In relativ seltenen Fällen: Delirium tremens bei Personen, die jahrelang stark getrunken haben wenn der Blutalkoholspiegel plötzlich sinkt: zittern, getrübtes Bewusstsein, taktile Halluzinationen, fiebernd, desorientiert und voll Angst und Schrecken kratzt sich der Alkoholiker unentwegt wie rasend, um das Ungeziefer loszuwerden Toleranz: manche Alkoholiker können einen Liter Schnaps am Tag trinken ohne Anzeichen von Trunkenheit erkennen zu lassen; zudem ist ihre Blutalkoholspiegel auch nach exzessivem Alkoholkonsum überraschend niedrig, was darauf hinweist, dass der Körper sich an die Droge angepasst hat und sie effizienter verarbeitet Was versteht man unter Polytoxikomanie? Mehr als eine Droge wird zur gleichen Zeit konsumiert; Schätzungsweise sind etwa 80 – 85 % der Alkoholmissbraucher auch Raucher (Alkohol dient auch als Auslöser zum Rauchen) Polytoxikomanie kann zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen führen -> die Wirkungen der einzelnen Drogen interagieren und erzeugen so eine besonders starke Reaktion (z.B. Alkohol und Beruhigungsmittel als verbreitete Suizidmethode) Was weiß man zur Prävalenz des Alkoholmissbrauchs und Komorbidität mit anderen Störungen? Lebenszeitprävalenz etwa 20 % der Männer und etwas über 8 % bei Frauen Die Prävalenz nimmt mit zunehmendem Alter ab, sowohl aufgrund des frühen Todes von Langzeitalkoholikern als auch aufgrund der stabilen Abstinenz, die andere nach ihrer Abhängigkeit erreicht haben Der Anteil des Problemtrinkens von jungen Frauen gleicht sich dem der Männer an Die Punktprävalenz für Alkoholismus in Deutschland wird auf 7 – 9 % geschätzt, wobei Männer und die mittlere Altersgruppe (22 – 40 Jahre) bezüglich der Alkoholprobleme deutlich herausragen; Für die Altersgruppe der 18 – bis 60 Jährigen werden in Deutschland 9,5 Millionen Menschen mit riskanten Alkoholkonsum geschätzt, darunter erfüllen knapp 3 Mio. die Missbrauchskriterien und 2 Mio. die Abhängigkeitskriterien Stark ist auch der Alkoholkonsum unter Studenten und Schülern der Sekundarstufe 44 Problemtrinken ist komorbid mit mehreren Persönlichkeitsstörungen, affektiven Störungen, dem Konsum anderer Drogen, Schizophrenie und Angststörungen und er spielt bei einem Viertel der Suizide eine Rolle 5. Was kann man zum Verlauf der Störung sagen? Kein einheitlicher Verlauf, die Trinkmuster fluktuieren beträchtlich, von Zeiten starken Trinkens zu Zeiten der Abstinenz oder mäßigen Trinkens Es gibt kein einheitliches Muster des Alkoholmissbrauchs Frauen fangen im Allgemeinen später an zu trinken und Anlass ist häufig eine Belastung, wie etwa der Tod des Ehemanns 0oder eine Familienkrise; der Zeitraum zwischen Problemtrinken und Alkoholismus ist dabei bei Frauen kürzer; Frauen mit Alkoholproblemen trinken stetiger als Männer und meistens allein, sie neigen meist weniger zu Trinktouren 6. 7. Wie sehen die Kurzzeitwirkungen von Alkohol aus? Zwei-Phasen-Wrkung: zunächst stimulierend und euphorisierend, sobald der Blutalkohol sinkt wirkt er wie ein Sedativum und die Betroffenen empfinden mehr negative Emotionen Beeinträchtigt komplexe Denkfunktionen, die motorische Koordination, Gleichgewicht, Sprache und Sehvermögen, stumpft gegen Schmerz ab und wirkt in größeren Dosen sedierend und einschläfernd, ja sogar tödlich Interaktion mit mehreren neuronalen Systemen: Stimuliert GABA-Rezeptoren -> Spannungsminderung, erhöht Serotonin und Dopamin (angenehme Wirkung), hemmt Glutamatrezeptoren -> kognitive Beeinträchtigungen Was sind Langzeitwirkungen anhaltenden Alkoholkonsums? Unterernährung Amnestisches Syndrom Leberzhirrose Schwere Schädigungen bei Konsum in der Schwangerschaft Französisches Paradox -> mäßiges Trinken, insbesondere Rotwein, reduziert das Risiko koronarer Hererkrankungen und Schlaganfall (Vorsicht: kann auch mit anderen Faktoren zusammenhängen, wie mehr Bewegung, Nikotin und Rauchen: 8. Wie ist die Prävalenz des Rauchens und welche gesundheitlichen Folgen gibt es? Jeder sechste Todesfall in Europa geht letztlich auf das Rauchen von Zigaretten zurück -> Rauchen ist das einzig vermeidbare Risiko für Frühzeitigen Tod; Tabak tötet jedes Jahr mehr Menschen als Aids, Autounfälle, Kokain, Crack, Heroin, Mord und Suizid Medizinisch gesehen besteht zwischen langjährigen Rauchen und Lungenkrebs, Lungenemphysem, Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs sowie einer Reihe von Herzkrankheiten ein fast mit Sicherheit ursächlicher Zusammenhang; die Gesundheitsrisiken nehmen in den 5 – 10 Jahren, nachdem jemand aufgehört hat zu rauchen drastisch ab und liegen dann nur noch knapp über denen von Nichtrauchern, die Zerstörung von Lungengewebe ist allerdings nicht reversibel Passiv Rauchen – der indirekte Rauch enthält mehr Ammoniak, Kohlenmonoxid, Nikotin und Teer als der Rauch, der beim Rauchen inhaliert wird Cannabis und Marihuana: 9. Wie ist die Prävalenz des Cannabiskonsums? Über 20 % der Erwachsenen (bis 39 Jahre) geben an, schon mal Cannabis konsumiert zu haben, die Kriterien einer Abhängigkeit erfüllen dabei 03 % (12-Monats-Prävalenz) bzw. 0,5 % (Lebenszeitrisiko); Die Prävalenz des regelmäßigen Konsums ist zwar gestiegen, der Anteil derer, die ein Abhängigkeitssyndrom entwickeln, ist über verschiedene Altersgruppen hinweg aber recht stabil 10. Welche psychischen Wirkungen hat der Konsum zur Folge? Die meisten Konsumenten fühlen sich dach dem Konsum kontaktfreudig und entspannt, hohe Dosen führen zu schnellem STimmu7ngswechsel, Abstumpfung der Aufmerksamkeit, fragmentiertem Denken und Gedächtnisstörungen; sehr hohe Dosen können Halluzinationen und Panik auslösen Das Marihuana ist im vergleich zu dem vor 20 Jahren stärker; Ende der 80 er wurden Cannabinoide Rezeptoren im Gehirn entdeckt (körpereigene Substanz: Anandamid) Kognitive Beeinträchtigungen, besonders Beeinträchtigung des KZG, bis hin zur Lernbehinderung Psychomotorische Beeinträchtigungen -> wichtig fürs Autofahren 45 11. Welche Physischen Wirkungen sind bekannt? Kurzfristig Rötungen und Jucken der Augen, trocknet Mund und Kehle aus, steigert den Appetit und führt gelegentlich zu leichtem Blutdruckanstieg Für das gesunde Herz besteht keine Gefahr, für Menschen mit geschädigter Herzfunktion ist aber gefährlich, da es den Herzschlag zuweilen drastisch beschleunigt Strukturen und Funktion der Lunge können ernsthaft geschädigt werden -> tiefere Inhalation, entspricht den Werten von etwa 4 – 5 Zigaretten Toleranzentwicklung -> Süchtigkeit Toleranzumkehr: erfahrene Raucher benötigen weniger Züge, um von einem Joint berauscht zu werden, von dem ein weniger Erfahrener Raucher viele Züge benötigt, um einen vergleichbaren Zustand zu erreichen; THC wird zwar schnell metabolisiert, dann aber im Fettgewebe des Körpers eingelagert und sehr langsam freigesetzt; diese Freisetzung kann bis zu einem Monat dauern, was die Toleranzumkehr erklären kann 12. Wie kann Cannabis therapeutisch eingesetzt werden? Linderung der Nebenwirkungen der Chemotherapie z.B. Übelkeit oder Appetitlosigkeit, wo andere Medikamente versagen, oder zur Behandlung von Begleitsymptomen von AIDS; Wirkung übers Rauchen stärker als per Einnahme in Pillenform Sedativa und Stimulanzien: 13. Welche Sedativa kennt man? Opiate (Opium und sein Derivat Morphium, Heroin und Codein Synthetische Barbiturate und Tranquilizer, z.B. Alprazolam (Tafil), Bromazepam (Lexotanil), Larazepam (Tavor) oder Diazepam (Valium) 14. Wie ist die psychische und physische Wirkung der Opiate? Euphorische Benommenheit, träumerisch und manchmal auch eine Beeinträchtigung der Koordination; Heroin besitzt darüber hinaus eine besondere Initialwirkung, ein warm strömendes, ekstatisches Gefühl unmittelbar nach der Injektion; der Süchtige ist vier bis sechs Stunden lang selbstbewusst und frei von Sorgen, danach folgt ein Abfall, der fast an Stupor grenzt Die Opiate wirken durch Stimulierung von Nervenrezeptoren des Körpereigenen Opioidsystems; Heroin wird beispielsweise im Gehirn in Morphium verwandelt und bindet sich dann an die Opioidrezeptoren; der Körper produziert Opioide (Endorphine, Enkephaline) und Opium und seine Derivate passen in in deren Rezeptoren und stimulieren sie Starke Entzugserscheinungen: bei Heroinsucht mit starker Toleranz können Entzugssymptome bereits nach 8 Stunden auftreten -> Muskelschmerzen, Niesen, Schwitzen, Tränenfluss, häufiges Gähnen (ähnlich einer starken Erkältung), innerhalb der nächsten 26 Stunden Verschlimmerung: unkontrollierbares Muskelzucken, Krämpfe, Schüttelfrost und Hitzewellen, steigende Herzfrequenz und Blutdruck, können nicht schlafen, erbrechen und haben Durchfall; diese Symptome halten etwa 72 Stunden an und bauen sich innerhalb von 5 – 10 Tagen wieder ab 15. Was sind synthetische Sedativa Barbiturate, Benzodiazepine; entspannen die Muskeln, lindern Angst und führen in kleinen Dosen zu einem leicht euphorischen Zustand; man nimmt an dass sie wie Alkohol das GABA-System beeinflussen; Bei hohen Dosen wird die Sprache undeutlich und verschwommen und der Gang unsicher; Urteilskraft, Konzentration und Arbeitsfähigkeit können stark beeinträchtigt werden; die Betroffenen verlieren die emotionale Kontrolle, werden reizbar und aggressiv und fallen dann in tiefen Schlaf Sehr hohe Dosen können tödlich sein, weil der Zwerchfellmuskel sich soweit entspannt, dass der Betroffene erstickt Bei längerer Einnahme kommt es zu Toleranzsteigerung; die Entzugserscheinungen nach abruptem Absetzen sind besonders schwer und können sogar zum plötzlichen Tod führen; Delirium, Krämpfe und andere Symptome haben Ähnlichkeit mit den Entzugssymptomen eines abrupten Alkoholentzugs Man unterscheidet drei Gruppen von Menschen, die Sedativa missbrauchen: Stereotyp des Drogenabhängigen, der sich auf dem illegalem Markt versorgt, meist Jugendliche und junge Erwachsene männlichen Geschlechts und antisozial Bürger mittleren Alters, die irgendwann einmal Schlafprobleme und Angst hatten und die Dosis dann immer weiter erhöhen Ärzte, Pflegepersonal und andere im Gesundheitswesen, die leichten Zugang haben und ihre mit Ängsten verbundenen Probleme auf diese weise selbst behandeln 16. Welche Stimulanzien kann man unterscheiden? Wirken auf das Gehirn und das sympathische Nervensystem und verstärken ihre Wachheit und motorische Aktivität 46 Kaffee Amphetamine : zunächst in den 30er Jahren als Inhalationsmittel gegen verstopfte Nase, anregende Wirkung wurde dann gegen leichte Depressionen und als Appetitzügler verschrieben; im zweiten Weltkrieg versorgten alle Parteien ihre Soldaten damit gegen Müdigkeit und Erschöpfung, heute werden sie gelegentlich zur Behandlung hyperaktiver Kinder eingesetzt Verursachen die Freisetzung von Noradrenalin und Dopamin und blockieren die Wiederaufnahme dieser Neurotransmitter; werden oral oder intravenös verabreicht und können zur Sucht führen; sie machen wach, hemmen die intestinalen Funktionen, reduzieren Appetit; das Herz schlägt schneller, Blutgefäße verengen sich; bei höheren Dosen können Nervosität, Agitiertheit, Verwirrung, Palpitationen, Kopfschmerzen, Benommenheit und Schlaflosigkeit einstellen Die Betroffenen werden überwach und euphorisch, gehen mehr aus sich heraus und verfügen scheinbar über Grenzenlose Energie Gelegentlich kann der Konsum hoher Dosen zu starkem Argwohn und zu so starker Aggressivität führen, dass die Betroffenen eine Gefahr für die Umgebung darstellen; nimmt jmd. Über längere Zeitraum höhere Dosen zu sich, kann sich ein Zustand einstellen, der einer paranoiden Schizophrenie ähnelt und in dem Wahnvorstellungen auftreten Rasche Toleranzsteigerung, viele Abhängige gehen dazu über, sich Amphetamine direkt in die Venen zu spritzen KOKAIN Lindert nicht nur Schmerzen, sondern wirkt auch sehr schnell auf das Gehirn und blockiert die Wiederaufnahme von Dopamin in mesolimbischen Bereichen; Selbstberichte über das durch Kokain hervorgerufene Hochgefühl hängen sehr davon ab, in welchem Ausmaß das Kokain die Wiederaufnahme von Dopamin blockiert hat Das sexuelle Verlangen steigt, der Konsument ist erfüllt von Selbstvertrauen, wohlbehagen und dem Gefühl, niemals müde zu werden Eine Überdosis kann Schüttelfrost, Übelkeit, aber auch einen paranoiden Zusammenbruch und Schreckenserregende Halluzinationen von unter die Haut kriechenden Insekten zur Folge haben Der ständige Konsum führt zu Persönlichkeitsveränderungen, darunter erhöhte Reizbarkeit, Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen, paranoide Gedanken, Ess- und Schlafstörungen; ein Abbruch führt zu schweren Entzugssymptomen Führt zu Gefäßverengung, Gefahr des Myokardinfarkts bei Überdosierung Abwandlungen: Freebase und Crack Prävalenz des Kokainmissbrauchs: bei bis 39 jährigen 1,5 – 2 % LSD und andere Halluzinogene: 17. Welche Halluzinogene gibt es? LSD, Meskalin, Psilocybin, Ecstasy, PCP (Angel Dust) 18. Wie wirken Halluzinogene? Synästhesien 0 Überfließen von einer sensorischen Modalität zur anderen (Farben werden gehört, Töne können gesehen werden) Stark verändertes Zeitgefühl Verlust der Grenzen zwischen dem eigenen Selbstgefühl und der Umgebung und die Angst auseinander zu brechen schaffen ein Bedürfnis nach Strukturierung oder Unterstützung durch die Umgebung; Während des Trips können Gedanken und Erinnerungen unter der Selbstkontrolle lebhaft oder – zum Leid der Konsumenten – unerwartet auftauchen Die Stimmung kann stabil sein und von Depressionen bis zur Heiterkeit, von gehobener Stimmung bis Angst reichen; Spannung und Angst können steigen und Ausmaße von Panik erreichen Nach 4 – 5 Stunden, wenn keine besondere Panikepisode auftritt, kann es zu einem Gefühl der Distanz und der Überzeugung kommen, dass man auf magische Weise etwas unter Kontrolle hat Der Konsument kann von der Drogenerfahrung stark beeindruckt sein und größere Sensibilität für Kunst, Musik, menschliche Gefühle und die Harmonie des Universums verspüren Wirkung abhängig von Erwartung und Motivation, und der Umgebung Horrortrips: eine der größten Gefahren des LSD-Konsums, gelegentlich bis zu einer richtigen Panikattacke entwickeln können und mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit eintreten, wenn irgendein Aspekt beim Einnehmen der Droge Angst verursacht; in selten en Fällen verfallen die Betroffenen in einen psychotischen Zustand, der Hospitalisierung und Intensive Behandlung erforderlich macht Flashbacks, -> nicht vorhersehbare Wiederkehr von psychedelischen Erfahrungen nach Abklingen der pharmakologischen Wirkung, meist in Zeiten von Stress, Krankheit und Erschöpfung; bei etwa 15 – 30 % der Halluzinogenkonsumenten; keine Hinweise auf neurologische Veränderungen 47 Ätiologie von Substanzmissbrauch und –abhängigkeit: 19. Wie stellt man sich die Entwicklung in die Abhängigkeit vor? Zunächst muss der Betroffene der Substanz gegenüber positiv eingestellt sein Dann beginnt er damit zu experimentieren Sie regelmäßig einzunehmen Sie in großen Mengen einzunehmen Und schließlich sie zu missbrauchen oder körperlich davon abhängig zu werden Beispiel: man entwickelt viel eher eine positive Einstellung zum rauchen und beginnt mit Tabak zu experimentieren, wenn auch andere Familienmitglieder rauchen; und man wird eher zum regelmäßigen Raucher, wenn Gruppenmitglieder auch Rauchen und Zigaretten leicht zugänglich sind Das Modell trifft jedoch nicht auf alle Fälle zu und nicht alle Stufen müssen unweigerlich durchlebt werden 20. Welche soziokulturellen Variablen spielen eine Rolle? Angefangen vom Einfluss der Eltern und der Gruppe bis zu den Werten, die in den Medien transportiert werden, und den Vorstellungen akzeptablen Verhaltens kann die soziale Umgebung einen starken Einfluss darauf haben, ob jemand Interesse und Zugang zu Drogen hat Der Alkoholkonsum von Land zu Land variiert erheblich, es gibt aber auch Gemeinsamkeiten, so dass z.B. generell der Alkoholkonsum gestiegen ist Auch der leichte Zugang zu einer Substanz spielt eine große Rolle, die Missbrauchsrate liegt bei Barkeepern und Spirituosenhändlern besonders hoch Auch soziales Umfeld und Familien nehmen großen Einfluss, nicht nur, ob Eltern und Geschwister z.BV. Rauchen und Alkohol trinken, sondern auch psychiatrische Probleme, Ehekonflikte oder Konflikte mit dem Gesetzt haben Einfluss auf Drogenmissbrauch; fehlende emotionale Unterstützung führt z.B. zu verstärktem Konsum von Zigaretten, Cannabis und Alkohol 21. Welche psychologischen Variablen spielen eine Rolle? Drei Hauptvariablen: Wirkung des Alkohols auf die Stimmung, Überzeugungen über die Häufigkeit des Konsums und damit verbundene Gesundheitsrisiken, Persönlichkeitsmerkmale, die den starken Konsum wahrscheinlicher machen Drogenkonsum hat die Funktion eines Verstärkers, d.h. er verstärkt positive Stimmung und mildert negative ab -> Spannungsreduktion, in Tierexperimenten wurde gezeigt, dass Alkohol Vermeidungsreaktionen reduziert, Ergebnisse aber Inkonsistenz Erhält seine Spannungsreduzierende Wirkung durch eine Veränderung der Kognitionen und der Wahrnehmung -> Alkoholmyopie, abgelenkte Aufmerksamkeit und verminderte Kapazität zu sorgenvollen Gedanken und damit der Angst; ist keine Ablenkung möglich, kann Alkohol die Spannung erhöhen Keine Spannungsreduktion nach Stress, sondern eigentlich nur, wenn der Alkohol vorher getrunken wird -> Betroffenen erwarten die Spannungsmindernde Wirkung im Nachhinein -> Wechselwirkung zwischen Erwartung und Konsum -> Erwartung, dass Trinken Angst mindert, erhöht den Alkoholkonsum, was wiederum die positiven Erwartungen verstärkt; dieser Zusammenhang gilt auch für andere Drogen Auf der Suche nach Persönlichkeitsmerkmalen, die die Spannungsmindernde Wirkung von Alkohol besonders verstärken, hat man festgestellt, dass Menschen, bei denen Alkohol stark spannungsmindernd wirkt hohe Werte auf dem Anxiety Sensitivity Index erzielen (dem entspricht dass Menschen mit PTBS häufig Alkohol missbrauchen und lässt vermuten, dass Alkohol bei Angstproblemen besonders verstärkend wirkt Überzeugungen über Häufigkeit und Risiken des Konsums spielen eine entscheidende Rolle Persönlichkeitsmerkmale: Ausgeprägter Negativer Affekt und der ständige Wunsch nach Erregung und positivem Affekt 22. Welche biologischen Variablen sind bekannt? Alkoholismus tritt familiär gehäuft auf Höhere Konkordanz bei eineiigen Zwillingen (Alkohol, Koffein, Rauchen, starken Konsum oder Missbrauch von Cannabis und Drogenmissbrauch im Allgemeinen Subtypen des Alkoholmissbrauchs (mit unterschiedlicher genetischer Grundlage, Adoptionsstudien) -> Problemtrinken Typ I -> Männer und Frauen, nicht allzu ausgeprägt, Verbindung zu Leiblichen Eltern als auch Adoptiveltern, Genetik und Umwelt spielt eine Rolle Alkoholmissbrauch oder Abhängigkeit des Typs II -> nur bei Männern, setzte früher ein, hing mit antisozialen Verhalten der Adoptierten sowie mit Alkoholmissbrauch der biologischen Eltern zusammen Anlage zur Alkoholtoleranz wird wahrscheinlich vererbt Prädiktoren für Alkoholmissbrauch: geringe Intoxikation nach Alkoholgenuss und geringes Schwanken 48 23. Welche Therapiemöglichkeiten hat man bei Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit? Eingestehen des Problems Herkömmliche Klinikbehandlung: Entgiftung Alkoholkonsum verleiden -> z.B. mit Disolfiram, führt in Verbindung mit Alkohol zu starkem Erbrechen Behandlung komorbider Störungen Anonyme Alkoholiker Paar- und Familientherapie Kognitive und Verhaltensorientierte Therapien -> Aversionstherapie (Elektrischer Schlag oder medikamentöse Übelkeit), Kontingenzmanagement und Verhaltenstraining (auch selbstkontrolliertes Verhaltenstraining; Reizkontrolle, Veränderung des Trinkverhaltens, Belohnung für Abstinenz), Kontrolliertes Trinken (zum Vermeiden der Extreme Völlige Abstinenz und Trunkenheit), Quellen für Rückfälle identifizieren, persönliche Verantwortung und Preis des Trinkens verdeutlichen Wichtig: die Gründe, warum jemand trinkt sind vielfältig und dementsprechend sind auch nicht immer alle möglichen Interventionen geeignet; auch die meist vorliegenden komorbiden Störungen spielen eine große Rolle (Angst, Depression, Persönlichkeitsstörung,…) Trotz der vielen Behandlungsmöglichkeiten begeben sich schätzungsweise nicht mehr als 10 % der Menschen mit Alkoholproblemen jemals deswegen in professionelle Behandlung; über 40 % heilen sich selbst (meist nach einschneidenden Erlebnissen) 24. Welche Therapiemöglichkeiten hat man bei Missbrauch illegaler Drogen? Entgiftung Heroinsubstitution (Methadon, Opiatantagonisten, Entzugssymptommildernde Medikamente Kognitive VT, operante Therapieansätze Selbsthilfe in therapeutischen Wohngemeinschaften 24. Welche Möglichkeiten der Raucherentwöhnung hat man? Widerwille erzeugen Geplantes Rauchen (allmähliche Reduktion) Anweisung des Arztes Nikotinkaugummi und Pflaster Geringe Antidepressiva 49 KAPITEL 13: PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN (S. 460-490) 1. Was versteht man unter Persönlichkeitsstörungen? heterogene Gruppe von Störungen, die als lange bestehende, tiefgreifende und unflexible Verhaltensmuster und persönliche Erfahrungen gelten; sie weichen von dem ab, was von einem Menschen erwartet wird und beeinträchtigen das soziale und berufliche Leistungsvermögen; einige von diesen Störungen können auch zu emotionalen Belastungen führen Ich-Synthonie -> , das Gefühl der Gestörtheit der eigenen Person erwächst aus dem Leiden infolge zunehmender Interaktionsprobleme Persönlichkeitsstörung liegt erst dann vor, wenn mehrere Merkmale extrem ausgeprägt sind und auf relativ unflexible Art zum Ausdruck kommen Persönlichkeitsstörungen sind oft komorbid mit anderen Störungen und können den Kontext für psychische Störungen bilden Klassifikation der Persönlichkeitsstörungen: Cluster, Kategorien und Probleme Im DSM –II wurden Persönlichkeitsstörungen erstmals auf einer getrennten Achse angeordnet, damit sollte gewährleistet sein, dass bei der Diagnose auf ihr mögliches vorliegen geachtet wurde Persönlichkeitsstörungen unterscheiden sich von Persönlichkeitsänderungen durch den Zeitpunkt und die Art und weise ihres Auftretens: Persönlichkeitsstörungen entstehen in der Kindheit bzw. Adoleszenz und dauern im Erwachsenenalter an; sie beruhen nicht auf anderen psychischen Störungen oder einer Hirnerkrankung, Persönlichkeitsänderungen werden im Erwachsenenalter Erworben Durch Einführen spezieller Diagnosekriterien und Entwicklung struktureller Interviews konnte die Reliabilität (Interraterreliabilität) verbessert werden; die Retestreliabilität ist sehr unterschiedlich -> für antisoziale sehr hoch(stabiles Muster), für dependente und schizotype Persönlichkeitsstörung sehr gering, die Symptome sind also über die Zeit nicht stabil Ein weiteres Problem betrifft die Komorbidität mehrerer Persönlichkeitsstörungen: z.B. erfüllen 55 % der Borderliner auch die Diagnose der schizotypen Persönlichkeitsstörung; auf 47 % trafen die Kriterien der antisozialen Persönlichkeitsstörung zu und auf 57 % die der histrionischen Persönlichkeitssstörung Problem kontinuierliche Variablen: wenn ein Patient mit einer Persönlichkeitsstörung einen allgemeinen Persönlichkeitsfragebogen ausfüllt, stellt sich in der Regel heraus, dass seine Persönlichkeitsstuktur dem normaler Menschen ähnelt, jedoch extremer ausgeprägt ist -> Persönlichkeitsstörungen können also als extremform von Merkmalen verstanden werden, die wir alle besitzen (-> möglicherweise dimensionaler Ansatz besser) 2. In welche Cluster sind die Persönlichkeitsstörungen eingeteilt? Cluster A = paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten sich absonderlich oder exzentrisch Cluster B = antisoziale, Borderline, histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten sich dramatisch, emotional und launenhaft Cluster C = vermeidend-selbstunsichere, dependente und zwanghafte Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten sich Furchtsam oder ängstlich Cluster A: 3. Was macht die Paranoide Persönlichkeitsstörung aus? Ist anderen gegenüber voller misstrauen; die Betroffenen erwarten nur schlechtes, verschließen sich immer mehr und behalten beständig Ausschau dafür, dass man sie betrügt oder schädigt Sie sind oft feindselig und reagieren wütend auf vermeintliche Beleidigungen Sie vertrauen kaum jemandem und neigen dazu andere zu beschuldigen, auch wenn der Fehler bei ihnen liegt Sie sind extrem eifersüchtig und stellen die Untreue des Partner möglicherweise zu unrecht in Frage Beschäftigen sich laufend mit unberechtigten Zweifeln an der Loyalität oder Glaubwürdigkeit anderer; Manchmal sehen sie verborgene negative oder bedrohliche Botschaften in bestimmten Ereignissen Unterscheidet sich von der paranoiden Schizophrenie dadurch, dass andere Symptome, wie etwa Halluzinationen nicht vorhanden sind und die soziale und berufliche Leistungsfähigkeit weniger beeinträchtigt ist; von der wahnhaften Störung unterscheidet sie sich dadurch, dass keine voll ausgeprägten Wahnsymptome vorhanden sind Tritt am meisten bei Männern auf und überlappt sich meist stark mit der schizotypischen, der Borderlineund der vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung Die Prävalenz liegt bei etwa 1 % 4. Was macht eine Person mit einer schizoiden Persönlichkeitsstörung aus? Hat weder den Wunsch nach sozialen Beziehungen, noch Freude daran; sie erscheinen gelangweilt, ausdruckslos, unnahbar und ohne warme, zärtliche Empfindungen für andere 50 - Die Patienten berichten selten über starke Gefühle, haben kein Interesse an sexuellen Aktivitäten, und nur wenige Tätigkeiten bereiten ihnen Freude Gleichgültig gegenüber Lob, Kritik und den Gefühlen anderer verfolgen sie als Einzelgänger ihre einsamen Interessen Die Prävalenz liegt etwas unter 1 %, bei Frauen tritt sie etwas seltener auf Häufig liegt gleichzeitig eine schizotypische, vermeidend-selbstunsichere oder paranoide Persönlichkeitsstörung vor Die diagnostischen Kriterien sind denen einer promodalen oder residualen Phasen der Schizophrenie ähnlich 5. Was zeichnet die schizotypische Persönlichkeitsstörung aus? Entwickelte sich aus einer dänischen Studie über Kinder Schizophrener Mütter, die nicht die Schizophreniekriterien erfüllten, aber dennoch so etwas wie eine abgeschwächte Form der Schizophrenie hatten Im ICD-10 wird die schizotypische Persönlichkeitsstörung unter der Schizophreniekategorie geführt, und zwar als schizotype Störung -> da man annimmt, dass diese Störung Teil des genetischen Spektrums der Schizophrenie ist Hat gewöhnlich die selben zwischenmenschlichen Probleme wie die schizoide Persönlichkeit und die starke Sozialangst nimmt bei zunehmender Vertrautheit nicht ab; Darüber hinaus bestehen eine Reihe weiterer exzentrischer Symptome, die im wesentlichen denen der promodalen und residualen Phasen der Schizophrenie entsprechen Exzentrische Symptome: absonderliche Vorstellungen oder „magisches Denken“ in Form von Aberglauben, Hellseherei und Telepathie, aber auch Wahrnehmungsstörungen wie Depersonalisation, Derealisation und wiederkehrende Illusionen; die Betroffenen spüren etwa die Anwesenheit einer Person oder Kraft, die nicht da ist, oft zeigt auch die Sprache Eigentümlichkeiten, z.B. werden Worte auf unübliche oder verschwommene Art und weise gebraucht; die äußere Erscheinung und das Verhalten können ebenfalls exzentrisch sein (z.B. Selbstgespräche führen, schmutzige, unordentliche Kleidung) häufig treten Beziehungsideen, Misstrauen und paranoide Vorstellungen auf der Affekt wirkt beschränkt und flach Prävalenz: etwa 3 %, bei Männern häufiger Komorbidität mit Borderline, narzisstische, vermeidend-selbstunsichere paranoide und schizoide Persönlichkeitsstörungen 6. Was weiß man zur Ätiologie von Persönlichkeitsstörungen mit absonderlichem und exzentrischem Verhalten? Familienstudien weisen darauf hin, dass Persönlichkeitsstörungen des Clusters A mit Schizophrenie zusammenhängen; bei der schizotypischen Persönlichkeitsstörung geht es sogar darin, dass ähnliche Veränderungen des Gehirns vorliegen (erweiterte Ventrikel, weniger graue Substanz im Temporallappen) Cluster B: 7. Was sind die Merkmale einer borderline- oder emotional instabilen Persönlichkeitsstörung? Impulsivität und Instabilität von zwischenmenschlichen Beziehungen, Stimmung und Selbstbild; Einstellungen und Gefühle anderer Menschen gegenüber können innerhalb von kurzer Zeit und ohne ersichtliche Gründe beträchtlich schwanken; auch die Emotionen sind sprunghaft und abrupt, insbesondere von leidenschaftlicher Idealisierung bis hin zu beträchtlicher Wut Borderline-Persönlichkeiten sind streitsüchtig, reizbar, sarkastisch und leicht gekränkt; insgesamt ist es sehr schwierig mit ihnen zu leben ihr unberechenbares und impulsives Verhalten, zu dem z.B. Glücksspiel, Geldausgaben, unüberlegte sexuelle Aktivität und übermäßiges Essen zählen, sind potentiell selbstschädigend Instabiles Selbstgefühl; sie sind sich ihrer Werte und Loyalitäten und beruflichen Entscheidungen unsicher; sie ertragen es nicht alleine zu sein, haben Angst verlassen zu werden und fordern Aufmerksamkeit; das ständige Gefühl der Depression und Leere kann sie zu suizidalen und selbstverstümmelnden Handlungen treiben (beispielsweise schneiden sie sich mit einer Rasierklinge die Haut auf); Unter Stress können sie paranoide Vorstellungen und dissoziative Symptome entwickeln Epidemiologie und Komorbidität: setzt im Jugendalter bzw. frühen Erwachsenenalter ein, hat eine Prävalenz von 1 bis 2 % und tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern Ungünstige Prognose Borderliner leiden auch häufig an einer affektiven Störung und ihre Eltern sind ebenfalls überdurchschnittlich häufig von affektiven Störungen betroffen; Ebenso wurde eine Komorbidität mit Substanzmissbrauch, posttraumatischen Belastungsstörungen, Essstörungen sowie mit Persönlichkeitsstörungen des Clusters A 51 - Das ICD-10 unterscheidet zwei Subtypen der emotional instabilen Persönlichkeit: impulsiver Typus (reizbare, explosive, aggressive und verletzende Tendenzen überwiegen) und borderline Typus 8. Welche Theorien gibt es zur Ätiologie der Borderline-Persönlichkeitsstörung? Objektbeziehungstheorie Kernberg vermutet, dass schädliche Erfahrungen in der Kindheit, z.B. wenn Eltern Liebe und Aufmerksamkeit in widersprüchlicher weise geben (z.B. Erfolge Loben, aber unfähig zu emotionaler Stützung und Wärme sind) dazu führen, dass das Kind ein unsicheres Ego, das wichtigste Merkmal der Borderline Persönlichkeitsstörung, entwickeln Obwohl Borderline Persönlichkeiten ein schwaches Ego besitzen und ständige Bestätigung brauchen, sind sie unfähig die Realität zu prüfen; sie sind zwar mit der Realität in Kontakt, reagieren jedoch häufig mit dem Abwehrmechanismus der Spaltung -> dabei werden Objekte in gute und böse getrennt sowie positive und negative Aspekte eines Menschen nicht in ein ganzes integriert; dies verursacht große Schwierigkeiten bei der Regulierung von Emotionen, denn die Betroffenen ´nehmen die Welt und sich selbst nur in schwarz/weiß wahr; Irgendwie schützt diese Abwehr das schwache Ego der BorderlinePersönlichkeit vor unerträglicher Angst Erwartungskonform berichten Borderline Patienten in einer Reihe von Untersuchungen, dass ihre Mütter sich wenig um sie gekümmert haben; sie empfinden ihre Familien als emotional ausdruckslos, mit wenig Zusammenhalt und sehr konfliktgeladen; häufig liegt sexueller oder körperlicher Missbrauch vor, was in einigen Studien überprüft wurde und die Betroffenen wurden in vielen Fällen von ihren Familien getrennt Biologische Faktoren: Borderline-Persönlichkeitsstörung tritt in Familien gehäuft auf, was auf eine genetische Komponente hinweist; zudem sind die Betroffenen auch stark neurotisch, ein Zug, der bekanntlich erblich ist Beeinträchtigung des Frontallappens möglich (impulsives Verhalten) niedriger Serotoninspiegel -> Gabe von Serotoninspiegelsteigernden Medikamenten reduziert die Wut Diathese-Stress-Theorie von Linehan emotionale Fehlregulierung des Kindes (als mögliche biologische Disposition) -> Große Anforderungen an die Familie -> Entwertung durch die Eltern durch Bestrafung oder Ignorieren der Bedürfnisse -> Emotionale Ausbrüche des Kindes auf die die Eltern reagieren ->… 9. Welche Merkmale zeichnen die histrionische Persönlichkeitsstörung aus? früher: hysterische Persönlichkeit; verhält sich übertrieben dramatisch und ist fortwährend bemüht, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen (z.B. durch unübliche Kleidung, Make-up oder Haarfarbe) flacher Affekt, zeigen Emotionen aber übertrieben ich-zentriert, übermäßig beschäftigt mit ihrer körperlichen Attraktivität und fühlen sich unwohl, wenn sie nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sie können unangemessen aufreizend und verführerisch sein und sind leicht durch andere zu beeinflussen ihr Sprachstil ist häufig übertrieben plakativ und wenig detailliert; sie bringen z.B. eine feste Überzeugung zum Ausdruck, können diese dann aber nicht weiter begründen Epidemiologie: die Prävalenz dieser Störung beträgt 2 – 3 %, wobei die Diagnose häufiger bei Frauen als bei Männern gestellt wird Die histrionische Persönlichkeitsstörung tritt bei getrennt lebenden und Geschiedenen häufiger auf und geht oft mit Depressionen und einem insgesamt schlechten Gesundheitszustand einher und zusätzlich besteht eine hohe Komorbidität mit der Borderline Persönlichkeitsstörung 10. Welche Ätiologischen Faktoren werden bei der histrionischen Persönlichkeitsstörung angenommen? Psychoanalyse: vermutet dass die Emotionalität und verführerische Art durch die verführerische Art eines Elternteils gefördert wird, insbesondere zwischen Vater und Tochter; man glaubt dass die Betroffenen in einem elterlichen Umfeld aufwuchsen, in dem die Eltern über Sexualität als etwas Schmutziges sprachen, sich aber dennoch so verhielten, als ob es sich dabei um etwas Erregendes und wünschenswertes handele Diese Erziehung erklärt möglicherweise die ständige Beschäftigung mit Sexualität, verbunden mit der Angst, tatsächlich sexuell zu handeln; der übertriebene Ausdruck von Emotionen gilt als Symptom solcher zugrunde liegender Konflikte, und ihr Bedürfnis im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, gilt als Abwehr ihres in Wirklichkeit geringen Selbstwertgefühls 11. Welche Merkmale sind für die narzisstische Persönlichkeitsstörung charakteristisch? grandioses Selbstbild der Einzigartigkeit und der Fähigkeiten; phantasieren gern von grenzenlosen Erfolgen, sie als egozentrisch zu bezeichnen ist noch untertrieben sie fordern fast ständige Aufmerksamkeit und starke Bewunderung; sie sind überzeugt, dass sie nur von besonderen Menschen oder von solchen hohen Rangs verstanden werden ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten leiden unter ihrer mangelnden Empathie, ihrem Neid und ihrer Arroganz 52 - sie neigen dazu, andere auszubeuten und nur auf ihren Vorteil bedacht zu sein, stellen Ansprüche und erwarten von anderen Vergünstigungen, ohne zu Gegenleistungen bereit zu sein die Prävalenz dieser Störung beträgt weniger als 1 %, in den meisten Fällen tritt sie zusammen mit einer Borderline- Persönlichkeitsstörung auf das ICD-10 sieht für die narzisstische Persönlichkeitsstörung keine eigene Kategorie mehr vor, zu unklar und unzuverlässig sind die Kriterien („andere Persönlichkeitsstörungen) 12. Welche Ätiologischen Faktoren der narzisstischen Persönlichkeitsstörung werden diskutiert? psychoanalytische Wurzeln, Ergebnis unserer Zeit und unseres Wertesystems; Vordergründig weist die narzisstische Persönlichkeit erstaunliche Selbstüberhebung, völlige Selbstversunkenheit und Phantasien unbegrenzten Erfolgs auf, man nimmt jedoch an, dass diese Merkmale ein schwaches Selbstwertgefühl verdecken sind extrem empfindlich vor Kritik und haben Angst vor dem versagen; gelegentlich suchen sie andere, die sie idealisieren können, weil sie von sich selbst enttäuscht sind grundsätzlich lassen sie jedoch nicht zu, dass irgend jemand sonst ihnen wirklich zu nahe kommt; sie unterhalten nur wenige und nur oberflächliche Beziehungen; wenn andere Menschen ihre Erwartungen nicht erfüllen, werden sie böse und zurückweisend (wie Borderliner); ihr Gefühlsleben ist verarmt, da sie trotz ihrer Selbstverherrlichung sehr wenig von sich halten Kohut: nach seiner Ansicht entsteht das Selbst am Anfang des Lebens als bipolare Struktur, deren Pole in einem unreifen Größenwahn einerseits und einer abhängigen Überidealisierung anderer Menschen andererseits gebildet werden; ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt sich dann nicht, wenn die Eltern auf dem Ausdruck von Kompetenz ihrer Kinder nicht zustimmend reagieren, d.h. ein Kind wird nicht wegen seines eigenen Selbstwertes geschätzt, sondern als Mittel zur Förderung des Selbstwerts der Eltern -> Kinder die auf diese Art und Weise vernachlässigt werden, entwickeln kein verinnerlichtes gesundes Selbstvertrauen, und tun sich schwer, die eigenen Unzulänglichkeiten zu akzeptieren; sie werden zu narzisstischen Persönlichkeiten, die durch endloses Streben nach Liebe und Anerkennung von anderen versuchen, ihr Selbstwertgefühl aufzubessern 13. Welche Merkmale hat jemand mit einer dissozialen bzw. antisozialen Persönlichkeitsstörung? Zwei Hauptmerkmale: eine Störung des Sozialverhaltens war bereits vor Vollendung des 15. Lebensjahres erkennbar; zu den wichtigsten Symptomen dieser Störung zählen Schule schwänzen, von zu Hause weglaufen, häufiges Lügen, Diebstahl, Brandstiftung und vorsätzliche Zerstörung von Eigentum Die Fortsetzung dieses Musters antisozialen Verhaltens im Erwachsenenalter Von den verhaltensgestörten Kindern entwickeln 60 % später diese Störung Die erwachsene antisoziale Persönlichkeit zeigt verantwortungsloses und antisoziales Verhalten durch nur zeitweises Arbeiten, Gesetzesübertretungen, Gereiztheit und körperlich aggressives Verhalten, Nichtbezahlen von Schulden und Rücksichtslosigkeit; sie ist impulsiv und plant nicht voraus; darüber hinaus zeigt sie keinen Respekt vor der Wahrhei9t und keine Reue für Missetaten Schätzungsweise sind etwa 3 % der Männer und 1 % der Frauen als antisoziale Persönlichkeit einzustufen; von der Störung sind mehr jüngere als Ältere Menschen betroffen und sie ist unter Menschen mit niedrigem soziökonomischen Status häufiger anzutreffen Tritt häufig komorbid mit einer Reihe anderer Diagnosen auf, z.B. Substanzmissbrauch 14. Welche Merkmale hat die Psychopathie nach Hervey Cleckley? orientiert sich eher an Gedanken und Gefühlen der Betroffenen Zentrales Merkmal: Verarmung sowohl der negativen als auch der positiven Gefühle; Psychopathen besitzen keim Schamgefühl, und sogar ihre anscheinend positiven Gefühle für andere sind nur vorgegeben Der Psychopath ist außergewöhnlich charmant und manipuliert andere zu seinem persönlichen Vorteil Das Fehlen von Angst kann dazu führen, dass er nicht in der Lage ist, aus Fehlern zu lernen, und der Mangel an positiven Emotionen führt dazu, dass er sich anderen gegenüber unverantwortlich und häufig auch grausam verhält Das antisoziale Verhalten ist impulsiv und sowohl auf das Erlebnis als auch auf Dinge wie finanziellen Gewinn gerichtet Diagnoseinstrument: Checkliste von Hare; „antisoziale Persönlichkeitsstörung“ und „Psychopathie“ stehen miteinander in Zusammenhang, sind jedoch keineswegs identisch: nur etwa 20 % der Menschen mit antisozialer Persönlichkeitsstörung erreichten hohe Werte auf der Checkliste von Hare; die Diagnosen unterscheiden sich also in mehreren Punkten 15. Welche ätiologischen Faktoren werden in Zusammenhang mit der antisozialen bzw. dissozialen Persönlichkeitsstörung diskutiert? (Untersuchungen zumeist an Häftlingen) fehlende Zuwendung und elterliche Zurückweisung, Inkonsequenz, Väter von antisozialen Persönlichkeiten neigten auch zu antisozialem Verhalten (Problem der Retrospektiven Angaben, und Lügen als eines der Hauptmerkmale der Störung) 53 - - Längsschnittstudien: (Erziehungsberatungsstellen, 30 Jahre später Folgeuntersuchungen): Jungen, die stehlen oder besonders aggressiv sind, Vielfalt antisozialer Verhaltensweisen, die auch vorm Jugendrichter enden, durch das antisoziale Verhalten Konflikte mit Fremden, Organisationen und Lehrern, Schuleschwänzen, zu spätes nachhause kommen, Ungehorsam, kaum Schuldgefühle,… Genetische Komponenten werden nicht ausgeschlossen, aber auch großer Einfluss der Umwelt Geringes Angstniveau; auch bei den psychophysiologischen Reaktionsmustern, außer bei der Herzfrequenz -> wenn Psychopathen einen belastenden Reiz erwarten, schlägt ihr Herz schneller als das gesunder Menschen (Zeichen dass sie „abschalten“) Psychopathen können Reize ignorieren und ihre Aufmerksamkeit auf das Lenken, was sie interessiert Geringe Schreckreaktionen Mangelnde Empathie Cluster C: 16. Welche Merkmale hat eine Person mit einer vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung: außerordentlich Empfindlich gegenüber sozialer Zurückweisung, Erniedrigung und Beschämung und zögern daher, sich auf Beziehungen einzulassen, wenn sie nicht sicher sind, dass man sie mag; manche meiden daher Beschäftigungen, die viel zwischenmenschlichen Kontakt mit sich bringt in sozialen Situationen haben sie Angst davor, etwas dummes zu sagen, sich durch Erröten in Verlegenheit zu bringen oder andere Anzeichen von Angst zu zeigen sie sind davon überzeugt, dass sie inkompetent und anderen unterlegen sind, und sie gehen nur sehr zögerlich ein Risiko ein oder Versuchen etwas neues die Prävalenz liegt bei etwa 1 % , die Störung tritt kormorbid mit der dependenten Persönlichkeitsstörung auf und der Borderline-Persönlichkeitsstörung; häufig auch Komorbidität zu Depression, generalisierte soziale Phobie (vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung könnte eine schwere Form der generalisierten sozialen Phobie sein 17. Welche Merkmale machen eine dependente Persönlichkeitsstörung aus? Hauptmerkmal: fehlendes Selbstvertrauen und die Unfähigkeit zu selbstständigen Entscheidungen; die Betroffenen empfinden sich selbst als schwach und andere als stark Sie haben ein zu starkes Bedürfnis, versorgt zu werden, was allzu oft dazu führt, dass sie sich unwohl fühlen, wenn sie alleine sind; sie haben Angst davor, alleine gelassen zu werden und für sich selbst zu sorgen; sie stellen eigene Bedürfnisse zurück, um nicht die Beziehung zu Menschen zu gefährden, von denen sie abhängig sind; endet eine enge Beziehung, suchen sie dringend nach einer neuen, die die alte ersetzen kann Die Diagnosekriterien umfassen auch Merkmale, die durch Forschungsliteratur nur bedingt ausreichend gestützt werden, zum Beispiel Passivität Die Prävalenz liegt bei etwa 1,5 %; in Indien und in Japan ist die Prävalenz höher, vielleicht weil diese Gesellschaften ein abhängiges Verhalten fördern Die Störung tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf, was vielleicht auf Geschlechtsspezifische Sozialisationserfahrungen in der Kindheit zurückgeht Häufig besteht eine KOmorbidität mit der Borderline- Persönlichkeitsstörung, der schizoiden und histrionischen und der vermeidend-selbstunsicheren, sowie mit bipolaren Störungen, Depressionen und Angst sowie Bulimie 18. Wie ist die Zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung definiert? perfektionistisch und übermäßig mit Einzelheiten, Regeln, Plänen usw. beschäftigt; halten sich oft so sehr mit Details auf, dass sie Projekte nie abschließen; Arbeit ist ihnen wichtiger als Vergnügen und es fällt ihnen Übermaßen schwer, Entscheidungen zu treffen und ihre Zeit einzuteilen; ihre zwischenmenschlichen Beziehungen sind häufig schlecht, denn sie bestehen darauf, dass alles nach ihrem Kopf gemacht wird Menschen mit dieser Störung sind gewöhnlich ernst, stur, formal und inflexibel, insbesondere in moralischen Fragen Sie sind nicht in der Lage sich von abgetragenen oder nutzlosen Dingen zu trennen, auch wenn diese keinen Erinnerungswert haben, und geizen um Geld; eine dysfunktionale Einstellung gegenüber Arbeit und Produktivität findet sich häufiger bei Männern als bei Frauen Unterschied zur Zwangsstörung keine Zwangsgedanken und Zwangshandlungen Prävalenz liegt bei etwa 1 %, tritt am häufigsten komorbid mit der vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung auf 19. Welche Ätiologischen Faktoren werden für die Cluster C-Störungen diskutiert? Frühe Bindungsprobleme, Elterliche Stil z.B. überbesorgt und autoritär, Entwicklung der Selbstwirksamkeit verhindert 54 - - Das ungewöhnliche Bindungsverhalten dependenter Personen könnte auf eine Störung im üblichen Entwicklungsprozess hinweisen, die von einer Unterbrechung der frühen Eltern-Kind-Beziehung herrührt, verursacht durch Tod, Vernachlässigung, Zurückweisung oder übermäßiger Besorgnis Eine vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeit kann den Einfluss einer Umgebung wieder spiegeln, in der dem Kind beigebracht wurde, Menschen und Situationen zu fürchten, die die meisten als harmlos betrachten; ein Elternteil hat möglicherweise ähnliche Ängste gehabt, die dann durch Imitationslernen übertragen wurden Freud sah die Ursache zwanghafter Persönlichkeiten in einer Fixierung in der analen Phase; die modernen psychodynamischen Therapien stellen eher Angst vor Kontrollverlust in den Mittelpunkt 20. Welche Therapiemöglichkeiten bei Persönlichkeitsstörungen hat man? Grundsätzlich: die Patienten kommen eher wegen komorbider Achse-1-Störungen in Behandlung und Persönlichkeitsstörungen brauchen wegen ihres intensiven überdauernden Charakters exzessivere Therapien Welche Psychopharmaka eingesetzt werden, bestimmt häufig die Ähnlichkeit mit der Achse 1 Störung, z.B. Tranquilizer bei der vermeidend-selbstunsicheren, ansonsten Antidepressiva, z.B. konnte Fluoxetin auch Impulsivität und Aggressivität bei einer Gruppe von verschiedenen Persönlichkeitsstörungen vermindert werden Psychodynamische Ansätze versuchen die gegenwärtige Einstellung des Patienten zu ändern, von denen vermutet wird, dass sie einer Persönlichkeitsstörung zugrunde liegt Kognitive und behaviorale Therapien: z.B: Kritikempfindlichkeit bei paranoider und vermeidend selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung mit systematischer Desensibilisierung oder rational-emotiver Therapie behandeln, Training sozialer Fertigkeiten, kognitive Therapie nach Beck um vorliegende Denkfehler und dysfunktionale Schemata zu verändern 21. Welche Therapiemöglichkeiten und Probleme hat man bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung? mit die schwierigste Patientengruppe; es fällt den Betroffenen unheimlich schwer, Vertrauen zu gewinnen und aufrecht zu erhalten; die Beziehung zum Therapeuten ist gekennzeichnet durch abwechselnde Idealisierung und Diffamierung; verlangen im einen Moment größtmögliche Aufmerksamkeit und Rücksicht und weigern sich im nächsten Moment Verabredungen einzuhalten, sie bitten um Verständnis und Unterstützung, bestehen aber auch darauf, dass bestimmte Themen nicht angetastet werden Es besteht ein ernsthaftes Suizidrisiko, ist oft schwierig zwischen ernsthaftem Versuch oder Hilfeschrei bzw. manipulativen Versuchen die Treue des Therapeuten zu testen, zu unterscheiden Provozieren starke Gegenübertragungsgefühle Eingesetzte Medikamente: Antidepressiva und Neuroleptika werden am häufigsten eingesetzt; Antidepressiva sind kaum empfehlenswert und Neuroleptika zeigen mäßige Wirkung auf die Angst, die Suizidalität und die psychotischen Symptome; da die Patienten oft Drogen missbrauchen und suizidgefährdet sind, ist bei jeder medikamentösen Behandlung Vorsicht geboten Therapie nach Kernberg: das schwache Ego der Patienten zu stärken, damit er nicht mit Spaltung und Dichotomisierung reagieren muss; integrierende Vorgehensweise, der Therapeut arbeitet heraus, auf welche weise der Patient seine Emotionen und sein Verhalten durch Abwehrmechanismen wie Spaltung reagiert; direktivere Vorgehensweise Dialektische Verhaltenstherapie nach Marsha Linehan: verbindet klientenzentrierte Empathie mit verhaltensorientierter Problemlösung und dem Training sozialer Fertigkeiten; Drei Allgemeinziele: lernen, die extreme Emotionalität zu modellieren und Verhaltensweisen zu kontrollieren; Lernen, Gefühle zu tolerieren und ihren eigenen Gedanken und Emotionen zu trauen; im Mittelpunkt der Therapie steht die volle Akzeptanz des Therapeuten für die Borderline Persönlichkeit mit all ihren Widersprüchen und Neigungen zum Ausagieren; der Therapeut soll auf empathische Weise versuchen die verzerrten Überzeugungen mit einer sachlichen Einstellung zu bewerten; zusätzlich Problemlösungen, Verbesserung der zwischenmenschlichen Fertigkeiten und bessere Kontrolle über die Ängste 22. Welche Therapiemöglichkeiten und Probleme bestehen bei der dissozialen bzw. antisozialen Persönlichkeitsstörung? - - über die Therapie der antisozialen Persönlichkeitsstörung äußern sich Therapeuten unterschiedlichster Zweige einhellig: die Psychopathie ist praktisch nicht behandelbar; Hauptschwierigkeit: fehlende Motivation zur Therapie und Unfähigkeit und Unmotiviertheit, mit Therapeuten eine vertrauensvolle, offene Beziehung einzugehen der Therapeut muss ständig mit Manipulationsversuchen rechnen, er muss bis zum Beweis des Gegenteils annehmen, dass das, was ihm der Patient erzählt, die Wirklichkeit verfälscht oder gar nichts mit ihr zu tun hat, und drittens muss er sich damit abfinden, dass ein therapeutischen Arbeitsbündnis, wenn es überhaupt zustande kommt, außerordentlich lange auf sich warten lässt kaum Wirksamkeit von Medikamenten, nur Hinweise dass hochdosierte Angstlösende Medikamente bei Psychopathen aggressionsmindernd wirken, und dass Psychopathen, die als Kind an einer ADHS Störung litten von Ritalin profitieren können Besondere verzerrte Gedanken: allein der Wunsch nach etwas rechtfertigt jede Handlung, persönliche Unfehlbarkeit, Unfähigkeit anderer, Geringfügigkeit von Konsequenzen 55 KAPITEL 14: SEXUELLE STÖRUNGEN UND STÖRUNGEN DER GESCHLECHTSIDENTITÄT (S. 492-539) 1. Welche Hauptgruppen unterscheiden das DSM-IV und das ICD-10? DSM-IV ICD-10 A Geschlechtsidentitätsstörung A Störung der Geschlechtsidentität B Paraphililien: B Störungen der Sexualpräferenz 1. Fetischismus Fetischismus 2. Transvestitischer Fetischismus Fetischistischer Transvestitismus 3. Pädophilie Pädophilie 4. Exhibitionismus Exhibitionismus 5. Voyeurismus Voyeurismus 6. Frotteurismus 7. Sexueller Masochismus Sadomasochismus 8. Sexueller Sadismus 9. Nicht näher bezeichnete Paraphilie (z.B. Koprophilie, Nicht näher bezeichnete Störung der Sexualpräferenz Nekrophilie C Sexuelle Funktionsstörungen C Nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen 1. Störungen der sexuellen Appentenz Mangel oder Verlust an sexuellem Verlangen a) mit verminderter Sexuelle Aversion b) mit sexueller Aversion Versagen genitaler Reaktionen 2. Störung der sexuellen Erregung beim Mann; a)/b) Beim Mann/bei der Frau bei der Frau 3. Orgasmusstörungen Orgasmusstörungen a) weibliche Orgasmusstörung beim Mann b) Männliche Orgasmusstörung bei der Frau c) Ejaculatio praecox Ejaculatio praecox 4. Störungen mit sexuell bedingten Schmerzen a) Dyspareunie nichtorganische Dyspareunie b) Vaginismus nichtorganischer Vaginismus 2. 3. Welche Merkmale hat jemand mit einer Störung der Geschlechtsidentität? = Transsexualismus, fühlen sich in der Regel von früher Kindheit an dem entgegen gesetzten Geschlecht zugehörig, haben Aversionen gegen Kleidung und Aktivitäten des eigenen Geschlechts; ihre Anatomie überzeugt sie nicht davon, dass sie das sind, was andere in ihnen sehen Der Betroffene versucht häufig, sich als Angehöriger des anderen Geschlechts darzustellen und verlangt nach einer Operation zur Geschlechtsumwandlung, um seinen Körper seiner Geschlechtsidentität anzupassen In der Kindheit zeigen sich oft gegengeschlechtliche Verhaltensweisen, die Eltern erkennen eine Geschlechtsidentitätsstörung normalerweise, wenn das Kind zwischen 2 und 4 Jahren ist Tritt bei Jungen sechsmal so häufig auf als bei Mädchen, bei den meisten Kindern setzt sich die Störung auch ohne professionelle Interventionen nicht bis ins Erwachsenenalter fort, wenngleich viele von ihnen dann homosexuell orientiert sind Differentialdiagnose: Schizophrenie, Hermaphroditen, transvestitischer Fetischismus Ein Mann mit dieser Störung empfindet sein sexuelles Interesse an Männern als normale heterosexuelle Präferenz, da er sich selbst ja als Frau sieht Zieht oft Missbilligung anderer und Diskriminierung nach sich, für Frauen ist ein männlicher Kleidungsstil weniger problematisch Leiden oft an Depressionen und Angst Geschlechtsidentitätsstörung in der Kindheit geht oft einher mit einer Störung mit Trennungsangst Prävalenz: sehr selten, etwa einer von 30 000 Männern und eine von 100 000 bis 150 000 Frauen ist davon betroffen Welche Ursachen über Störungen der Geschlechtsidentität werden in Betracht gezogen? Hormone: Studie an einer dominikanischen Großfamilie: die Probanden waren nicht in der Lage ein Hormon zu produzieren, das für die Ausformung von Skrotum und Penis bei männlichen Föten verantwortlich ist; die Jungen wurden mit einem sehr kleinen Penis geboren und einem Skrotum, das wie Lippenfalten aussah; zwei drittel von ihnen wurden als Mädchen großgezogen, als sie in die Pubertät kamen und Testosteron produzierten, veränderten sich ihre Geschlechtsorgane und bis auf einen Fall entwickelte sich eine männliche Geschlechtsidentität Einsatz von Hormonen in der Schwangerschaft: z.B. sind Mädchen, deren Mütter in der Schwangerschaft zur Vorbeugung von Uterusblutungen Progestine erhalten haben, sind besonders wild, kleine Jungen, deren Mütter deren Mütter weibliche Hormone genommen hatten, sind weniger wild und weniger sportlich 56 4. Hormone bei Erwachsenen: kein Unterschied bei Männlichen Transsexuellen, männlichen Heterosexuellen oder männlichen Homosexuellen; bei einem Teil der weiblichen Transsexuellen mehr männliche Hormone -> nicht interpretierbar, da viele Transsexuelle mit Hormoneinnahmen nachhelfen Familiäre Einflüsse: viel Aufmerksamkeit und Verstärkung für Geschlechtsrollenatypisches Verhalten (z.B. wenn der Junge sich mit Mamas Kleidern schmückt) Attraktivität: männliche Transsexuelle wurden als Kinder attraktiver und weibliche Transsexuelle als weniger attraktiv eingestuft Männliche Transsexuelle berichten oft, dass sie eine schwache Beziehung zum Vater hatten, weibliche Transsexuelle berichten von körperlichem und sexuellem Missbrauch Kulturelle Aspekte: feminine Jungen haben mehr Schwierigkeiten als maskuline Mädchen Welche Therapeutischen Möglichkeiten hat man bei Störungen der Geschlechtsidentität? Zwei grundsätzliche Möglichkeiten: entweder den Körper der Psyche anpassen oder die Psyche dem Körper 12 Monate Psychotherapie vor einer Operation, Schwerpunkt nicht auf Angst und Depression, sondern auf den verschiedenen Möglichkeiten, die zur Umwandlung des Körpers zur Verfügung stehen -> Kosmetische Eingriffe, Hormone, Geschlechtsumwandlung (vorher: zwei Jahre Probeleben als dem anderen Geschlecht zugehöriger) a. Beim Mann zur Frau: heterosexueller Geschlechtsverkehr nachher möglich, plastische Operationen, Stimmtraining, Hormone b. Bei der Frau zum Mann: kleiner Penis kann geformt werden, inklusive Harnröhre, männliche Hormone zeigen mehr Veränderungen als im Umgekehrten Fall Uneinigkeit bezüglich des Nutzens der Operation (soziale Anpassung, beruflicher, sexueller und psychischer Hinsicht, Langzeituntersuchungen nach langer Praxis zeigen aber Besserungen, wobei die Umwandlung von der Frau zum Mann erfolgreicher einzuschätzen ist (obwohl die Geschlechtsumwandlung häufiger bei Männern als bei Frauen durchgeführt wird Prädiktoren für gute postoperativ Anpassung: emotionale Stabilität, erfolgreiche Anpassung an die neue Rolle für mindestens ein Jahr, ausreichendes Verständnis der Grenzen und Folgen der Operation, Psychotherapie im Rahmen eines etablierten Programms zur Geschlechtsidentität Gründliche Indikation ist nötig und psychologische prä- und post Begleitung Häufig Trennung vom sozialen Umfeld und damit einhergehende Verschlechterung des psychischen Zustands auch nach der Operation; auch andere Lebensprobleme bleiben nach einer Operation ungelöst Änderungen der Geschlechtsidentität (also Anpassung der Psyche an den Körper) mittels verhaltenstherapeutischer Verfahren, unter der Vorraussetzung, dass dies der Wunsch des Patienten ist Paraphilien 5. 6. Was sind Paraphilien? Eine Gruppe von Störungen, bei denen die Sexuelle Attraktivität von ungewöhnlichen Objekten ausgeht und die sexuellen Aktivitäten selbst ungewöhnlich sind Phantasien, dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen müssen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten andauern und Leiden oder Beeinträchtigungen verursachen -> wiederkehrend und intensiv Das Kriterium des Leidens ist problematisch, da viele Paraphile weder leiden noch beeinträchtigt sind -> wird von vielen Forschern außer acht gelassen, und es wird sich eher auf die Verhaltensorientierten Kriterien beschränkt Epidemiologie: häufig weist ein Patient mehrere Paraphilien auf und die Muster können auch Teil anderer psychischer Störungen sein, z.B. Schizophrenie, Depression, Persönlichkeitsstörungen Statistiken werden oft unterschätzt, weil viele Straftaten nicht gemeldet werden, oder im Fall des Voyeurismus, das Opfer nichts ahnt; Paraphile sind meist Männer Was versteht man unter Fetischismus? Für die sexuelle Erregung wird ein unbelebtes Objekt herangezogen; ein Fetischist, fast immer ein Mann, wird wiederholt und intensiv sexuell von irgendeinem unbelebten Objekt erregt, dass als „Fetisch“ bezeichnet wird (z.B. ein Frauenschuh); der Fetisch wird für sexuelle Erregung bevorzugt, oder ist sogar dafür notwendig Häufige Fetische: Füße, Schuhe, hauchdünne Strümpfe, Gummi-Artikel, Handschuhe, Toilettenartikel, Pelze und besonders häufig Unterwäsche Manche praktizieren ihren Fetischismus heimlich, herzen und küssen das angebetete Objekt während der Masturbation, führen es in ihr Rektum ein oder betrachten es nur; andere können den Geschlechtsverkehr nur vollziehen, wenn der Partner den Fetisch anzieht, und wieder andere sind fast ausschließlich daran interessiert sich eine Sammlung der begehrenswerten Objekt anzulegen und gehen Woche für Woche auf Raubzug, um ihre Schätze zu vermehren Die Anziehung die das Objekt auf den Fetischisten ausübt, ist zwanghaft 57 7. Die Störung beginnt zumeist in der Adoleszenz, auch wenn der Fetisch seine besondere Bedeutung schon in der Kindheit erlangt haben kann Fetischisten leiden oft auch an anderen Paraphilien wie Pädophilie, Sadismus und Masochismus Was ist transvestitischer Fetischismus? Wenn ein Mann sich durch das Tragen von Frauenkleidern sexuell erregt fühlt, sich aber weiterhin als Angehöriger des eigenen Geschlechts fühlt – reicht vom Tragen von Frauenunterwäsche bis hin zur vollständigen Verkleidung als Frau Manche zeigen sich gern in der Öffentlichkeit und treten in Nachtclubs auf; solange die Verkleidung nicht mit sexueller Erregung verbunden ist, ist es auch kein Transvestismus Nicht zu verwechseln mit Menschen mit Geschlechtsidentitätsstörung oder manchen Vorlieben männlicher Homosexueller Beginnt gewöhnlich mit teilweiser Verkleidung in der Kindheit oder Adoleszenz; Transvestiten sind heterosexuell, immer männlichen Geschlechts und verkleiden sich meist nur zeitweise; sie unterscheiden sich häufig in Kleidung und Auftreten nicht von anderen Männern, viele von ihnen sind verheiratet; Das Verkleiden findet gewöhnlich privat und im geheimen statt, und nur wenige Angehörige wissen davon Offensichtlich kein Leiden und Beeinträchtigung, der Verkleidungszwang kann sich manchmal mit der Zeit verstärken und gelegentlich mit einer Dysphorie über das eigene Geschlecht einhergehen, jedoch nicht in dem Ausmaß wie bei Patienten mit Störung der Geschlechtsidentität Oft komorbid mit anderen Paraphilien, z.B. Masochismus Pädophilie und Inzest: 8. - - Was versteht man unter Pädophilie? das DSM-IV setzt voraus, das die Belästigung von jemandem ausgeht, der mindestens 16 Jahre ist und dass das Opfer mindestens 5 Jahre jünger ist als der Täter; die Forschung hat aber gezeigt, dass viele Pädophilie auch Opfer wählen,. Die nicht präpupertär sind, sondern auch Jugendliche, die noch nicht das gesetzliche Alter erreicht haben, indem sie zu einer sexuellen Handlung mit einem Erwachsenen zustimmen können es gibt mehr pädophile Männer als Frauen und die Störung tritt oft komorbid mit affektiven Störungen, Angststörungen und Substanzmissbrauch oder anderen Paraphilien auf Gewalt ist selten Teil der Belästigung, ist aber nicht ausgeschlossen; meist ängstigen sie die Kinder und drohen der Familie oder dem Haustier etwas anzutun, falls das Kind jemandem etwas erzählt Manchmal begnügt sich der Pädophilie damit, die Haare eines Kindes zu streichen, aber er kann auch die Genitalien des Kindes manipulieren bzw. das Kind dazu bringen es mit seinen zu tun,. Seltener wird eine Intromission versucht Die pädophilen Kontakten können Wochen, Monate oder Jahre dauern, solange niemand etwas merkt oder das Kind sich nicht wehrt Eine Minderheit der Pädophilen , die auch als sexuelle Sadisten oder antisoziale Persönlichkeiten diagnostiziert werden können, führen den Objekten ihrer Begierde schweren körperlichen Schaden zu o Groth et al. Sehen diese abgetrennt als Vergewaltiger von Kindern an, weil sie mindestens genauso intensiv wünschen, das Kind körperlich zu verletzen wie sexuelle Befriedigung zu erhalten 9. Was versteht man unter Inzest? Sexuelle Beziehungen zwischen engen Verwandten, denen Eheschließung untersagt ist; am häufigsten unter Geschwistern, gefolgt von Vater zu Tochter Adaptive Bedeutung des Inzesttabus -> rezessive Gene finden sich schneller Zusammen und können zu schweren Geburtsfehlern führen Familienstruktur: außergewöhnlich patriarchalisch und traditionell, insbesondere auf die Frauen-MännerRolleverteilung; die Kinder werden vernachlässigt und auf Distanz gehalten, es wird auch angenommen, dass Inzest häufiger ist, wenn die Mutter abwesend oder behindert ist Unterschied zu Pädophilie: innerfamiliär und die Opfer sind meist älter (meist erst wenn es Anzeichen körperlicher Reife zeigen) - Welche Rolle spielt Kinderpornographie bei Pädophilie? Nicht notwendig, die pädophilen Männer finden z.B. Katalogbilder oder Werbung erregend, hinter der man gewöhnlich keinen sexuellen Hintergrund entdecken würde -> sie konstruieren ihr eigenes sexuelles Material aus Quellen, die allgemein hin als harmlos angesehen werden Pädophilie und Inzest sind weit verbreitet: in einer Untersuchung an fast 800 College-Studenten stellte sich heraus dass 19 % der Frauen und etwa 8,6 % der Männer angaben, sie seien als Kind sexuell missbraucht worden; von den missbrauchten Frauen hatten 28 % eine inzestuöse Beziehung, von den Männern 23 %; diese Zahlen steigen noch deutlich an, wo wirksame stattliche Vorschriften gelten 58 10. Was versteht man unter Voyeurismus? Wenn der Betroffene eine deutliche Präferenz für die Erlangung sexueller Befriedigung durch die Beobachtung anderer in nacktem Zustand oder bei sexuellen Handlungen aufweist Es kommt selten zum Kontakt zu dem Beobachteten Wichtig: Gefahr des Entdecktwerdens Die Häufigkeit lässt sich schwer schätzen, die Taten bleiben meist unbemerkt Setzt in der Regel in der Adoleszenz ein, man nimmt an, dass Voyeure Angst vor direktem sexuellen Kontakt mit anderen haben, vielleicht weil sie kaum über soziale Fertigkeiten verfügen; das Zuschauen dient als Ersatzbefriedigung und gibt ihnen möglicherweise das Gefühl der Macht Voyeure haben häufig noch andere Paraphilien, scheinen aber ansonsten nicht gestört zu sein 11. Was versteht man unter Exhibitionismus? Der Exhibitionist entblößt wiederholt die Genitalien vor unbefangenen Fremden, manchmal vor Kindern, um sexuelle Erregung zu erreichen; setzt in der Regel in der Adoleszenz ein Selten wird versucht zu dem Fremden wirklich Kontakt aufzunehmen Die sexuelle Erregung erreicht der Betroffene dadurch, dass er sich vorstellt, wie er sich zur Schau stellt, oder es wirklich macht; In den meisten Fällen besteht auch der Wunsch, den Fremden zu schockieren oder in Verlegenheit zu bringen Die Mehrzahl der Sexualdelikte, von denen die Polizei erfährt sind voyeuristischer oder sexueller Natur Der Entblößungsdrang ist zwanghaft, überwältigend und unkontrollierbar und wird durch Angst, Ruhelosigkeit, und sexuelle Erregung ausgelöst Offensichtlich ist der Drang so stark, dass der Betroffene die möglichen sozialen und rechtlichen Folgen ihres Tuns vergessen; In der Verzweiflung und Spannung des Augenblicks können sie an Kopfschmerzen und Palpitationen leiden und ein Gefühl der Unwirklichkeit erleben; anschließend suchen sie zitternd und voller Scham das Weite Im Allgemeinen hat der Exhibitionist Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen und ist unreif in seinem Verhalten dem anderen Geschlecht gegenüber Über die Hälfte der Exhibitionisten ist verheiratet, ihre ehelichen Beziehungen sind jedoch wenig befriedigend In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Exhibitionisten durch nichtsexuelle Situationen erregt werden (Bilder von angezogenen Frauen in Parks und Aufzügen z.B.), was die Hypothese stützt, was Exhibitionisten Hinweisreize in der Anfangsphase eines späteren sexuellen Kontakts insofern falsch interpretieren, als sie bestimmte Situationen als sexuell wahrnehmen, die von anderen nicht als erotisch angesehen werden 12. Was versteht man unter Frotteurismus? sexuelle Erregung wird durch Berühren einer nichts ahnenden Person erreicht; der Frotteur reibt seinen Penis an den Oberschenkeln oder dem Gesäß der Frau, oder er streichelt über ihre Brüste und Genitalien; diese Angriffe finden in der Regel an Orten statt, an denen der Angreifer leicht entkommen kann (Voller Bus oder Gehweg) setzt in der Adoleszenz ein, tritt üblicherweise zusammen mit anderen Paraphilien auf 13. Was versteht man unter sexuellem Sadismus und sexuellem Masochismus? Schlüsselmerkmal des Sadismus: deutliche Bevorzugung des Erreichens oder der Verstärkung sexueller Befriedigung durch zufügen von Schmerzen oder psychischen Leid (Erniedrigung); Beim sexuellen Masochismus: Pendant, also Erleiden von Schmerz Gibt es sowohl in hetero- wie auch homosexuellen Beziehungen, aber schätzungsweise sind 85 % heterosexuell 20 – 30 % der Mitglieder Sadomasochistischer Clubs sind Frauen; unter Sadisten ist Alkoholismus weit verbreitet; die Störungen beginnen anscheinend im frühen Erwachsenenalter und die meisten Sadisten und Sadomasochisten fühlen sich bei ihren ungewöhnlichen Praktiken wohl Die Mehrzahl führt ein ansonsten eher konventionelles Leben, und es gibt Belege dafür, dass sie in Bezug auf Einkommen und Schulbildung über dem Durchschnitt liegen Die meisten Sadisten unterhalten zum Zwecke gegenseitiger sexueller Befriedigung sexuelle Beziehungen mit Masochisten Zwischen 5 und 10 % der Bevölkerung beteiligen sich in irgendeiner Form an sadomasochistischen Praktiken (z.B. Augen verbinden), jedoch nur wenige regelmäßig und noch weniger Bevorzugen solche Praktiken während des Geschlechtverkehrs Die meisten können zwischen Sadismus und Masochismus wechseln, die Zahl der Masochisten ist jedoch größer 59 - - Verschiedene Erscheinungsformen: Körperliche Einschränkung (Fesseln), Ausschalten der Wahrnehmung (Augen verbinden), Verprügeln, auspeitschen, Elektroschocks, Schnitte und Demütigungen (Urinieren, Defäzieren, wie ein Hund bellen oder nackt zur Schau gestellt werden), Sklavenspiel; Infantilismus, Hypoxyphilie (Sauerstoffentzug) Die sexuellen Aktivitäten sind gut vorbereitet; der Verlust an Kontrolle ist teilweise trügerisch, da die Partner in der Regel klare Regeln darüber aufgestellt haben, was durchgeführt wird -> Schmerz, Erniedrigung, Dominanz ist Teil einer Geschichte,, die beide zusammen ausagieren; die fiktive Bedeutung erhöht die sexuelle Erregung (Unartiges Kind oder Sklave); das Thema Unterwerfung und Dominanz scheint ebenso wichtig zu sein, wie das Zufügen körperlicher Schmerzen Sexuelle Funktionsstörungen: 14. In welche Phasen kann man den sexuellen Reaktionszyklus einordnen? Appetenzphase – Interesse oder Wünsche, häufig von sexuellen Phantasien begleitet Erregungsphase – subjektives Gefühl der Lust und begleitende körperliche Veränderungen, die durch eine verstärkte Durchblutung der Genitalien und der Brust zustande kommt Orgasmusphase – Höhepunkt der sexuellen Lust (Ejakulation, Kontraktion der äußeren Vaginalmuskeln) Entspannungsphase mit unterschiedlicher Refraktärzeit 15. Was sind Störungen der sexuellen Appetenz? anhaltender oder wiederkehrender Mangel an sexuellen Phantasien und an dem Verlangen nach sexueller Aktivität bzw. Extremform der Störung mit sexueller Aversion, bei der jeglicher Genitalkontakt vermieden wird bei etwa 20 – 30 % der erwachsenen Bevölkerung liegt eine Störung der verminderten sexuellen Appetenz, wobei genaue Schätzungen schwierig sind; zumal es schwierig ist festzulegen, was eine normale Appetenz ist und wenn die Betroffenen sich in Behandlung begeben liegt der Grund meist daran, dass der Partner unzufrieden ist; subjektive Faktoren spielen eine große Rolle Ursachen: wenig bekannt, Frauen mit der Störung verfügen meist über die Fähigkeit der Erregung; zu den Ursachen können religiöse Orthodoxie gehören, der Versuch Geschlechtsverkehr mit dem Partner des nicht präferierten Geschlechts zu haben, Furcht die Kontrolle zu verlieren, Angst vor Schwangerschaft, Depression, Nebenwirkungen von Medikamenten, Mangelnde Anziehung aufgrund ungenügender Körperhygiene des Partners, Beziehungsprobleme, sexuelle Traumata, Ängste vor sexuell übertragbaren Krankheiten, Wut, hohes Maß an alltäglichen Belastungen, geringer Testosteronspiegel 16. Was sind Störungen der sexuellen Erregung? Bei der Frau: keine ausreichend vaginale Lubrikation für angenehmen Geschlechtsverkehr (Prävalenz: 20 %) o Ursachen: Angst vor dem Versagen oder Zuschauerrolle; möglicherweise wei0ß die Frau nicht was sie sexuell erregend findet oder kennt ihre eigene Anatomie nicht o Schüchternheit, Bedürfnisse mitzuteilen, empfindet das Verhalten des Partners möglicherweise als wenig erregend oder abstoßend, o Weitere Faktoren: Eheprobleme, medizinische Faktoren (Östrogenmangel, Diabetes)sowie Medikamente Beim Mann: Unfähigkeit eine Erektion zu bekommen oder diese Aufrecht zu erhalten (Prävalenz: 3 – 9 %), steigt bei älteren Erwachsenen deutlich an o Ursachen: bis zu zweidrittel körperlicher Natur in Verbindung mit psychischen Problemen; grundsätzlich kann jede Krankheit oder jedes hormonelle Ungleichgewicht die Nervenverbindung oder die Blutversorgung des Penis beeinträchtigen (Medikamente, diabetes, Nierenprobleme, Alkoholismus,…) 17. Welche Orgasmusstörungen gibt es? Bei der Frau: starke Prävalenzschwankungen (5 – 20 bzw. 24 %); häufigster Grund zu einer Behandlung Mögliche Ursachen: Frauen müssen evtl. Lernen einen Orgasmus zu haben (im Gegensatz zum Mann evtl. nicht angeboren); Umfragen ergaben, dass Frauen, die vor der ersten Koituserfahrung wenig oder gar nicht masturbierten, sehr viel häufiger anorgastisch waren; Informationsmangel über die eigene Anatomie, chronischer Alkoholkonsum, unterschiedliche Orgasmusschwellen; Reaktion des Partners auf manuelle Manipulation, Angst vor Kontrollverlust, nichtsexuelle Beziehung zum Partner Orgasmusstörung beim Mann relativ selten, tritt bei 3 – 8 % der Patienten auf, die sich in Behandlung befinden; Gründe: Angst ein Kind zu zeugen, Liebesverweigerung, Ausdruck von Feindseligkeit, Angst davor sich gehen zu lassen, manchmal organische Ursachen oder Medikamente Ejaculatio praecox: tritt bei etwa 40 % der Männer irgendwann mal auf; manchmal schon ein paar Sekunden, bevor der Penis eingeführt wurde, meist aber ein paar Sekunden danach; geht mit erheblicher Angst einher; möglicherweise ist der Penis empfindlicher; die Zeiten zwischen orgasmischen Sex ist bei den Betroffenen gewöhnlich länger; auch die Lerngeschichte könnte eine Rolle spielen 60 18. Was sind Störungen mit sexuell bedingten Schmerzen? Dyspareunie wird diagnostiziert, wenn ständig oder wiederholt Schmerzen vor, während oder nach dem Geschlechtsverkehr auftreten; Prävalenz zwischen 8 und 15 %; tritt bei Männern erheblich seltener auf, möglicherweise nur bei 1 % Vaginismus ist dadurch gekennzeichnet, dass unwillkürliche Spasmen des äußeren Drittels der Vagina auftreten; trotz der Unfähigkeit zum Geschlechtsverkehr sind Frauen mit Vaginismus normal erregbar und Erreichen mit manueller oder oraler Stimulation ohne Penetration auch Orgasmen; Prävalenz: 12 – 17 % der Frauen, die sich einer Therapie unterziehen wollen, und auch in gynäkologischen Praxen eine gängige Beschwerde Genitale Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben fast immer einer körperliche Ursache, z.B. Infektionen der Vagina, der Blase des Uterus oder der Eichel; ebenso stehen depressive Symptome, Angst und Eheprobleme in Zusammenhang mit Dyspareunie 61 KAPITEL 15: STÖRUNGEN IN KINDHEIT UND JUGEND (S. 540-590) 1. Welche Störungen des Kindes- und Jugendalters werden nach ICD-10 bzw. DSM-IV diagnostiziert? I. Störungen, die zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder Adoleszenz diagnostiziert werden: a) Geistige Behinderung/Intelligenzminderung Deutlich unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit, gleichzeitig Defizite der gegenwärtigen sozialen Anpassungsfähigkeit und Beginn der Störung vor Vollendung des 18. Lebensjahres b) Umschriebene Entwicklungsstörungen Lernstörungen: die schulischen Leistungen in Lesen, Rechnen oder schriftlichem Ausdruck liegen wesentlich unter denen, die aufgrund des Alters, der gemessenen Intelligenz oder der altersgemäßen Bildung einer Person zu erwarten wären Störungen der motorischen Fähigkeiten: Probleme mit der motorischen Koordination Kommunikationsstörungen: Artikulationsstörungen, Störungen der Expressiven und/oder rezeptiven Phase c) Tiefgreifende Entwicklungsstörungen Ausgeprägte und tiefgreifende Beeinträchtigung in mehreren Bereichen, darunter in der sozialen Interaktion und Kommunikation mit anderen, sowie stereotype Verhaltensweisen Dazu gehört der frühkindliche Autismus, Rett-Syndrom, Asperger Syndrom u. a. d) Unterkontrollierte Verhaltensstörungen Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom: Beständiges Muster von Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität und Impulsivität, das in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden ist; die Symptome müssen vor Erreichen des 7. Lebensjahres auftreten und die Funktionsfähigkeit in mindestens zwei Bereichen einschränken Störung des Sozialverhaltens: Repetetives und anhaltendes Muster ernsthaft antisozialen Verhaltens, das gewöhnlich krimineller Natur und durch extreme Gefühllosigkeit geprägt ist Störung mit oppositionellem Trotzverhalten: anhaltendes Muster von negativistischem, feindseligem und trotzigem Verhalten gegenüber Autoritätspersonen e) Überkontrollierte Verhaltensstörungen Störung mit Trennungsangst: Unangemessene und übermäßige Angst vor Trennung von Zuhause oder von Bezugspersonen, die in klinisch bedeutsamer weise Leiden oder Beeinträchtigungen verursacht Emotionale Störung im Kindesalter: phobische, überempfindliche, depressive Störungen f) Störungen der Nahrungsaufnahme und der Ausscheidung Fütter- und Essstörungen im Säuglingsalter: Anhaltende Fütter- und Essstörungen, wie z.B. ständiges essen ungenießbarer Stoffe (Pica), wiederholtes herauswürgen und Wiederkauen von Nahrung (Ruminationsstörung) oder ständiges Unvermögen, adäquat zu essen, was sich in einem deutlichen Gewichtsverlust oder fehlender Gewichtszunahme ausdrückt (Fütterstörung im Säuglings- und Kindesalter) Störungen der Ausscheidung: Wiederholtes Defäzieren an ungeeigneten Stellen bei Kindern, die mindestens vier Jahre alt sind (Encopresis), oder wiederholtes Entleeren von Urin in Bett oder Kleidung bei Kindern, die mindestens 5 Jahre als sind (Eneuresis) g) Ticstörung Plötzliche, schnelle, sich wiederholende, unrhythmische uns stereotype motorische Bewegungen oder Lautäußerungen; Dazu gehören: vorübergehende Ticstörung, chronische motorische oder vokale Ticstörung, kombinierte vokale und multiple motorische Ticstörung (Tourette-Störung) h) Störung sozialer Funktionen Selektiver Mutismus: Andauernde Unfähigkeit, in bestimmten Situationen zu sprechen (z.B., in der Schule), wobei in anderen Situationen normale Sprechfähigkeit besteht (z.B. mit den Eltern) Reaktive Bindungsstörung im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit: deutlich gestörte und entwicklungsmäßig inadäquate soziale Bindung, die in den meisten Bereichen auftritt und vor dem Alter von 5 Jahren beginnt; sie ist verbunden mit stark pathologischen Fürsorgemerkmalen der Eltern oder anderer Betreuer II. Störungen und Diagnosen, die auf Erwachsene, Jugendliche und Kinder zutreffen: substanzinduzierte Störung Schizophrenie Affektive Störungen Angststörungen Somatoforme Störungen Dissoziative Störungen 62 - Geschlechtsidentitätsstörungen Essstörungen Parasomnien: Abnorme verhaltensbezogene oder physiologische Ereignisse im Zusammenhang mit dem Schlaf, beispielsweise Schlafstörungen mit Albträumen, Pavor nocturnus oder Schlafstörung mit Schlafwandeln 2. Was ist bei der Klassifikation abweichenden Verhaltens bei Kindern zu berücksichtigen? Zunächst muss ermittelt werden, was für ein bestimmtes Alter als normal anzusehen ist Manche Störungen treten nur bei Kindern auf (z.B. Störung mit Trennungsangst), andere werden unter die Kriterien summiert, die auch für Erwachsene gelten (z.B. Depression) und wieder andere wurden zwar den Störungen im Kindesalter zugeordnet, setzen sich aber im Erwachsenenalter fort (Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätssyndrom Die Störungen des Kindesalters sind leichter mit einem dimensionalen Modell zu erfassen als mit einem Kategorialen -> Kontinuum, z.B. Verhaltenskontrolle (Aggressivität vs. Gehemmtheit); gelegentlich unterscheidet man die beiden Extreme auch danach, ob das Kind in erster Linie anderen Probleme macht (zu wenig kontrolliert) oder sich selbst (übermäßig Kontrolliert) Die Störungen findet man in der ganzen Welt, dabei findet sich kulturunabhängig unterkontrolliertes Verhalten durchweg häufiger bei Jungen und überkontrolliertes Verhalten häufiger bei Mädchen Störungen mit unterkontrolliertem Verhalten: 3. Welche Merkmale beschreiben die Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung? Als hyperaktiv werden oft Kinder bezeichnet, die ständig in Bewegung sind, mit den Fingern trommeln, mit den Beinen zappeln, andere aus unerfindlichen Gründen anstoßen, sprechen, wenn sie nicht an der Reihe sind und auf dem Stuhl hin und herrutschen; Es fällt ihnen schwer, sich eine angemessene Zeit lang auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren; sie erhalten dann in der Regel die Diagnose Aufmersamkeits-/Hyperaktivitätssyndrom (DSM-IV) oder eine der Diagnosen aus der Kategorie „hyperkinetische Störungen“ aus dem ICD-10 Den Kindern fällt es besonders schwer ihr Verhalten zu kontrollieren in Situationen, in denen sie still sitzen müssen; sie können dann nicht aufhören sich zu bewegen, sind unorganisiert, sprunghaft, taktlos, eigensinnig und herrisch; ihre Handlungen und Bewegungen erscheinen planlos, sie ruinieren im Handumdrehen Schuhe und Kleider, zerbrechen ihre Spielsachen und treiben ihre Familie und Lehrer schnell an den Rand der Erschöpfung; im freien Spiel sind sie schwer von normalen Kindern zu unterscheiden Viele hyperaktive Kinder haben ungeheuere Schwierigkeiten, mit Gleichaltrigen zurechtzukommen und Freundschaften zu knüpfen, vermutlich weil ihr Verhalten häufig aggressiv ist und andere belästigt; die Kinder sind zwar in der Regel freundlich und gesprächig, sie erkennen jedoch häufig soziale Hinweise nicht, z.B. wenn Spielgefährten ihr ständiges Schubsen und stoßen satt haben Oft interpretieren sie die Wünsche und Absichten ihrer Gleichaltrigen falsch und machen unbeabsichtigt soziale Fehler (aggressiv), weil sie annehmen, ein neutrales Verhalten eines Gleichaltrigen sei Aggressiv gemeint Die Kinder wissen gegebenenfalls, welche Verhalten in vorgestellten sozialen Situationen richtig wäre, können dies aber nicht umsetzen Etwa 15 bis 30 % der betroffenen Kinder haben auch Lernschwierigkeiten in Mathematik, Lesen und Schreiben Weil die Symptome der Störung so verschiedenartig sind, werden im DSM-IV drei Unterkategorien vorgeschlagen: o Die Probleme der Kinder sind überwiegend auf Unaufmerksamkeit zurückzuführen o Überwiegend auf Hyperaktivität und Impulsivität o Beide Arten von Problemen (meistens) Entwickeln mit größerer Wahrscheinlichkeit Störungen des Sozialverhaltens und oppositionelles Verhalten und haben Schwierigkeiten im Umgang mit Alterskameraden Abgrenzung zur Störung des Sozialverhaltens schwierig, Überschneidung von 30 – 90 %; Hyperaktivität ist eher gekennzeichnet von für die Aufgaben irrelevanten Verhaltens in der Schule, Defiziten in Kognitionen und Leistung, sowie einer besseren Langzeitprognose; dagegen reagieren sich Kinder mit Störung des Sozialverhaltens in der Schule und anderswo ab, sind wesentlich aggressiver und haben oft dissoziale Eltern; ihre Familien sind gekennzeichnet von Feindseligkeit und einem niedrigen sozioökonomischen Status und das Risiko für Delinquenz und Substanzmissbrauch in der Adoleszenz ist bei ihnen wesentlich höher Bei gleichzeitigem Vorliegen von Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung und Störung des Sozialverhaltens: schwerwiegendste asoziale Verhaltensweisen, schlechte Prognosen, geht mit größter Wahrscheinlichkeit im Erwachsenenalter in eine antisoziale Persönlichkeitsstörung Prävalenz der Störung: kann schwer ermittelt werden, die Schätzungen liegen zwischen 2 – 7 % in Deutschland, USA und Neuseeland; in Indien und China etwas höher, Weltweite Schätzung etwa 3 – 5 %; 63 - - man geht davon aus, dass die Störung bei Jungen häufiger ist als bei Mädchen, das ist aber abhängig von den Stichproben -> Jungen werden häufiger in Kliniken eingewiesen, weil sie Aggressiver sind und mehr antisoziales Verhalten aufweisen und haben auch häufiger Störung des Sozialverhaltens oder oppositionelles Trotzverhalten Verlauf: 65 – 80 % der erwachsenen Betroffenen erfüllen immer noch die Kriterien, auch wenn die Symptome nicht mehr so stark sind 4. Welche Ätiologischen Komponenten werden diskutiert? Genetische Faktoren, was vererbt wird weiß man nicht, aber es gibt Hinweise auf unterschiedliche Funktionsweise und Struktur des Gehirns (Frontallappen reagiert schwach auf Reize, verminderter Blutstrom; Lebensmittelzusatzstoffe -> Feingold Diät, aber nur wenige Kinder sprechen darauf an Rauchende Mütter während der Schwangerschaft Diathese Stress-Theorie nach Bettelheim (Prädisposition & Erziehungspraktiken der Eltern Multifaktorielle Erklärungen müssen berücksichtigt werden: o Defizitäre Psychophysiologische Grundlagen (zentralnervöse Aktivitätsregulation, immunologische Prozesse o Einschränkung der Verhaltensregulation (mangelnde inhibitorische Kontrolle; Reizsuchen) o Unangemessene Verhaltensäußerungen (Impulsivität, Hyperaktivität) o Einschränkung der Verhaltensorganisation (metakognitive Prozesse, Handlungsplanung o Umweltreaktion (soziale Faktoren, negative Faktoren) o Ungünstige Erlebnisverarbeitung (negative affektive und Kognitive Erfahrungen) o Ungeschickte Extensive Kompensationsversuche (Trotz, Aggression, Kaspern, Vermeidung), die meist wieder negative Umweltreaktionen provozieren 5. Welche Behandlungsmöglichkeiten hat man bei Kindern mit Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung? seit den 60er Jahren: Stimulantien, insbesondere Ritalin, mindert das Störende Verhalten und verbessert die Konzentrationsfähigkeit, Wirksamkeit bei etwa 75 %; aber längerfristig keine schulischen Leistungsverbesserungen oder sportliche Fertigkeiten; neben vermindertem Appetit und Schlafstörungen auch Gefahr des Missbrauchs Schulung der Eltern und Veränderungen der Vorgehensweise in der Schule auf Grundlage des operanten Konditionierens, Punktesysteme und Sternkarten -> Erlernen sozialer Fertigkeiten, Helfen im Haushalt, Verbesserung der schulischen Leistungen 6. Wodurch ist die Störung des Sozialverhaltens gekennzeichnet? ein sich wiederholendes Muster dissozialen, aggressiven oder auffälligen Verhaltens; in seinen extremsten Ausprägungen mit Verletzungen; fast alle diese Verhaltensmuster sind auch rechtswidrig aggressives Verhalten gegen Menschen, Tiere, Zerstörung von Eigentum, Betrug, Diebstahl in vielen Fällen ist das Verhalten gekennzeichnet von Gefühllosigkeit, Boshaftigkeit und Mangel an Reue, was die Störung des Sozialverhaltens zu einem Kriterium für eine antisoziale Persönlichkeitsstörung macht Eine verwandte, jedoch seltener diagnostizierte Kategorie ist die Störung mit oppositionellem Trotzverhalten; diese wird diagnostiziert, wenn das Kind den Kriterien der Störung des Sozialverhaltens (insbesondere extreme Aggressivität) nicht entspricht, jedoch schneller ärgerlich wird, sich häufig mit Erwachsenen streitet, sich häufig aktiv den Regeln von Erwachsenen widersetzt, andere häufig absichtlich verärgert und häufig boshaft und nachtragend bzw. wütend oder beleidigt ist; die betroffenen Kinder, meist Jungen, sehen selten die Schuld bei sich und rechtfertigen ihr oppositionelles Trotzverhalten mit dem Vorwurf, dass unzumutbare Anforderungen an sie gestellt werden; in der Regel geht die Störung mit Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung einher, mit Lernstörungen sowie Kommunikationsstörungen Mütter mit Depressionen haben öfters solche Kinder, unklar ist, ob die Depression zum Verhalten des Kindes beiträgt oder dadurch verursacht wird Weitere Komorbiditäten der Störung des Sozialverhaltens: Substanzmissbrauch, Angst und Depression Wie weit verbreitet eine Störung des Sozialverhaltens ist, hat die Untersuchung an über 2500 in Kanada geborenen Kinder gezeigt: 8 % der Jungen und etwa 3 % der Mädchen im Alter zwischen 4 und 16 Jahren; in der Adoleszenz steigt der Anteil der Jungen sogar auf über 16 %; Einbrüche und Gewaltverbrechen, wie etwa Vergewaltigung und schwere Körperverletzung zählen weitgehend zu den Straftaten männlicher Jugendlicher Prognose: die Mehrzahl der antisozialen Erwachsenen war in der Kindheit bereits antisozial -> führt aber nicht zwangsläufig dazu dass sich daraus asoziale Erwachsene entwickeln -> zwei Verlaufsformen, entweder das Verhalten setzt sich fort oder legt sich wieder; Bei Mädchen höhere Komorbidität mit Angststörungen, Depressionen, Substanzmissbrauch und Hyperaktivität 7. Welche ätiologische Faktoren der Störung des Sozialverhaltens werden angenommen? 64 - Erblichkeit: gemischte Belege, manche Faktoren sind wahrscheinlich erblich (aggressives Verhalten), andere nicht (delinquente Verhaltensweisen) Neuropsychologische Defizite spielen auch eine Rolle (schlechte Verbale Fertigkeiten, Schwierigkeiten mit ausführenden Funktionen wie etwas vorhersehen, planen, Selbstkontrolle, Problemlösen) Kein moralisches Bewusstsein , fehlende familiäre Faktoren für die Entwicklung eines moralischen Bewusstseins, Modelllernen, operantes Konditionieren Kognitive Verzerrungen: Interpretation uneindeutiger Handlungen als Zeichen feindseliger Absichten Soziologische Faktoren: die soziale Schicht und das Leben in der Stadt beeinflussen die Inzidenz der Delinquenz; als mitverursachende Faktoren gelten hohe Arbeitslosigkeit, wenig Bildungsmöglichkeiten, gestörtes Familienleben und eine Subkultur, in der Delinquenz akzeptiert wird; die Kombination aus frühem antisozialem Verhalten des Kindes und sozioökonomischer Benachteiligung der Familie ist ein Prädiktor für frühe Straffälligkeit 8. Wie können Störungen des Sozialverhaltens behandelt werden? Bestrafung? Keine Auswirkungen wenn man Jugendliche einfach nur wegsperrt; inhaftierte Jugendliche haben später weniger stabile Arbeitsverhältnisse und begehen als Erwachsene mehr Straftaten Interventionen in der Familie -> konsequente Belohnung bei erwünschtem Verhalten, den Eltern Beibringen, positive Verstärkung einzusetzen, und bei aggressivem oder antisozialem Verhalten der Einsatz von Auszeiten oder Entzug von Privilegien Multisystem-Behandlung -> intensive und umfassende Therapie in der Gemeinde, bezieht die Betroffenen Jugendlichen, die Familie, die Schule und manchmal auch den Freundeskreis mit ein; Stärke werden genutzt und der Kontext der Verhaltensprobleme wird erforscht Selbstkontrolltechniken -> kognitive Fertigkeiten zur Kontrolle von Wut Moralisches Denken fördern Lernstörungen: 9. In welche Gruppen lassen sich die Lernstörungen unterteilen? Lesestörung -> Legasthenie oder Dyslexie; die Kinder haben große Schwierigkeiten beim Wiedererkennen von Wörtern, dem Leseverständnis und auch mit der Rechtschreibung; wenn sie vorlesen lassen sie etwas weg, fügen etwas hinzu oder verändern die Aussprache der Wärter in einem für ihr Alter ungewöhnliches Ausmaß; Im Erwachsenenalter bestehen die Probleme mit flüssigem Vorlesen, Leseverständnis und der Rechtschreibung weiter; tritt bei 2 – 8 % der Schulkinder auf, schließt jedoch großartige Leistungen nicht aus (-> Nelson Rockefeller) Bei der Störung des Schriftlichen Ausdrucks handelt es sich um eine Beeinträchtigung der Fähigkeit, das geschriebene Wort sinnvoll zusammenzusetzen (dazu gehören auch Rechtschreib- Grammatik- oder Zeichenfehler sowie eine schlechte Handschrift), die so schwerwiegend ist, dass die schulischen Aktivitäten, bei denen solche Fertigkeiten erforderlich sind, stark beeinträchtigt werden Kindern mit Rechenstörungen (Dyskalkulie) fällt es schwer, sich schnell und genau an mathematische Fakten zu erinnern, Gegenstände richtig und schnell zu zählen oder Zahlen sauber untereinander zu schreiben Kommunikationsstörungen: 10. Welche Kommunikationsstörungen können unterschieden werden? Expressive Sprachstörung: dem Kind fällt es schwer, sich sprachlich auszudrücken; es will ganz offensichtlich etwas mitteilen, hat dann aber außerordentliche Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden; es vergisst früher gebrauchte Wörter, wenn es neue lernt, und im Gebrauch grammatischer Strukturen bleibt es erheblich hinter seinen Altersgenossen zurück Artikulationsstörung: Im Unterschied zu Kindern, die Wortfindungsschwierigkeiten haben, verfügen diese Kinder über ein altersgerechtes Vokabular und Ausdrucksvermögen; nur klingt das was sie sagen, wie Babysprache, z.B. „ßön“ statt „schön“, „bau“ statt „blau“; sie haben nicht gelernt, später erworbene Sprachlaute wie r, sch, f, z, L und ch zu artikulieren -> super Heilungschancen durch Logopädie, manchmal auch Spontanremission Stottern: unangemessene Störung des normalen Redeflusses, die durch häufiges Auftreten von mindestens einem der folgenden Kriterien gekennzeichnet ist: o Häufige Wiederholungen oder Dehnungen von Lauten o Lange Pausen zwischen den Wörtern o Wortsubstitution, um problematische Wörter zu umgehen (z.B. Wörter, die mit bestimmten Konsonanten beginnen o Wiederholung ganzer Wörter (z.B. ich geh, geh, geh weg“) Gelegentlich geht die Redeflussstörung einher mit ticartigem Zucken des Körpers oder Blinzeln der Augen; das Stottern kann die schulischen oder beruflichen Leistungen beeinträchtigen und ansonsten Begabte Menschen daran hindern, ihre Leistungen voll auszuschöpfen; es wird fast immer schlimmer, 65 wenn die Betroffenen nervös sind und wird weniger oder verschwindet völlig wenn sie Singen; setzt vor dem 5. bzw. 10 Lebensjahr ein und betrifft etwa dreimal soviel Männer wie Frauen 11. Was versteht man unter Eneuresis? Eneuresis nocturna = einnässen nachts im Schlaf; Eneuresis diurna = einnässen nur tagsüber, und kombiniert Urinkontinenz bei Tage wird früher erworben, da die Blasenkontrolle wesentlich einfacher ist, wenn man wach ist; Es wird geschätzt dass bei den 5 Jährigen 7 % der Jungen und 3 % der Mädchen betroffen sind; bei den 10jährigen 5 % der Jungen und 2 % der Mädchen und bei den 18-Jährigen 1 % der jungen Männer und weniger Junge Frauen Unterscheidung zwischen primären (waren nie nachts trocken) und sekundären Eneuretikern (nässen erneut wieder ein 75 % der Eneuretiker haben einen Verwandten, der ebenfalls einnässt und es wurde ein direkter Zusammenhang des nächtlichen Einnässens zum 13 Gen hergestellt Etwa 10 % rein medizinische Ursachen, z.B. Harnwegsinfektion, chronische Nierenleiden, Tumoren, Diabetes und Anfallsleiden; Weitere Faktoren: fehlende Beckenbodenmuskelanspannung, fehlende Konditionierung auf volle Blase, emotionale Belastungen Behandlung: Medikamente und Urin-Alarm-System (Klingelkissen) Geistige Behinderung: 12. Welche Merkmale für Geistige Behinderung (Intelligenzminderung, früher Schwachsinn bzw. Oligophrenie) tauchen in den Diagnosesystemen auf? deutlich unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit o Weniger als IQ 70 – 75; betrifft etwa 3 % der Bevölkerung; bei der Auswertung sind kulturelle, linguistische und sensorische oder motorische Einschränkungen, die die Leistung möglicherweise beeinträchtigen können, zu berücksichtigen -> angemessener Test benutzen Defizite oder Beeinträchtigungen der gegenwärtigen sozialen Anpassungsfähigkeit o Sich selbstständig waschen und anziehen, mit Zeit und Geld umgehen, Werkzeuge bedienen, … Beginn der Störung vor Vollendung des 18. Lebensjahres 13. Wie wird die geistige Behinderung klassifiziert? Unterscheidung nach Schweregrad, IQ – Kriterium, eingeschränktes Anpassungsverhalten Leichte geistige Behinderung: IQ zwischen 50/55 bis 70, die Kinder sind von normalen Kindern meist erst im Grundschulalter zu unterscheiden, sie können bis zu ihren Späteren Teenagerjahren Schulkenntnisse erwerben, die etwa dem Niveau der sechsten Klasse entsprechen; als Erwachsene können sie sich mit unqualifizierten Tätigkeiten oder Arbeit in einer beschützten Werkstatt selbst finanzieren , brauchen jedoch bei größeren sozialen oder finanziellen Problemen häufig Hilfe, sie können heiraten und Kinder bekommen Mäßige geistige Behinderung: IQ zwischen 35/40 bis 50/55: etwa 10 % der Menschen mit einem IQ unter 70 werden so klassifiziert; in vielen Fällen liegt ein Gehirnschaden oder andere Pathologien vor, sie weisen Körperliche Defekte und neurologische Fehlfunktionen auf, die feinmotorischen Fertigkeiten wie greifen oder Figuren ausmalen, sowie die Grobmotorischen Fertigkeiten wie Rennen oder Klettern sind beeinträchtigt; In vertrauter Umgebung lernen sie, sich selbstständig zu bewegen, viele von ihnen leben in entsprechenden Einrichtungen, die meisten sind jedoch von ihrer Familie abhängig und leben zuhause oder in Betreuten Wohngruppen Schwere geistige Behinderung: IQ zwischen 20/25 und 35/40; zu dieser Gruppe zählen etwa 3 – 4 % der Menschen mit IQ unter 70; im allgemeinen gehen mit diesem Behinderungsgrad auch angeborene körperliche Abnormitäten und eine eingeschränkte sensomotorische Kontrolle einher; die meisten Betroffenen leben in speziellen Einrichtungen und bedürfen ständiger Aufsicht; sie sind zumeist zu sehr konkreter Motivation nur kurze Zeit fähig, sie legen weniger unabhängige Aktivitäten an den Tag und sind häufig lethargisch, viele können unter Aufsicht einfache Arbeiten verrichten Schwerste geistige Behinderung: IQ unter 20/25; etwa 1 – 2 % der Betroffenen sind so schwer behindert, dass sie lebenslang ständige Aufsicht und Pflege bedürfen; viele von ihnen weisen starke körperliche Deformationen und neurologische Schäden auf und können nichts allein tun; die Sterblichkeitsrate in der Kindheit ist hoch Autistische Störung: 14.Welche tiefgreifenden Entwicklungsstörungen/autistischen Störungen gibt es ? Autismus: 1943 entdeckt von Kanner, zunächst wurde angenommen dass es eine kindliche Schizophrenie (Gemeinsamkeit: Rückzug, unangemessener Affekt) sei; Abgrenzung zur Schizophrenie -> mehr Jungen als Mädchen, keine Wahnvorstellungen und Halluzinationen, setzt bereits im frühen Kleinkindalter oder in der frühen Kindheit ein 66 Zählt zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen Rett-Störung: sehr selten, wurde bisher nur bei Mädchen festgestellt; Bis zum ersten oder zweiten Lebensjahr verläuft die Entwicklung völlig normal, dann verlangsamt sich das Kopfwachstum, das Mädchen verliert die zuvor erworbenen zielgerichteten Fertigkeiten der Hände und entwickelt statt dessen stereotype Handbewegungen (z.B. Hände wringen oder waschen), dann treten schlecht koordinierte Rumpf- und Gangbewegungen auf, und die Entwicklung der expressiven und rezeptiven Sprache ist stark beeinträchtigt; die zwischenmenschliche Kontaktaufnahme ist schlecht, dies kann sich jedoch im späteren Leben bessern Desintegrative Störung: die Kinder entwickeln sich bis zu einem Alter von zwei Jahren offensichtlich normal, danach kommt es zu einem bedeutsamen Verlust von zuvor erworbenen sozialen Fertigkeiten, Spiel- und Anpassungsverhalten sowie motorische Fertigkeit; Die Störung der zwischenmenschlichen Beziehung und Kommunikation sowie die Stereotypen Verhaltensweisen sind dem Autismus sehr ähnlich Asperger-Störung: wird häufig als leichte Form des Autismus betrachtet; soziale Beziehungen sind kaum vorhanden und das stereotype Verhalten ist stark ausgeprägt und starr; Sprache und Intelligenz sind jedoch intakt Die Autistische Störung setzt in der frühen Kindheit ein und kann sich bereits in den ersten Lebenswochen manifestieren; sie tritt sehr selten auf, nur zwei bis fünf Kinder von 10 000, also 0,05 % der Geburten, sind davon betroffen (Prävalenz der Schizophrenie zum Vergleich etwa 20mal so hoch); die Autistische Störung findet sich bei Jungen etwa vielmal so häufig als bei Mädchen; autistische Kinder finden sich in allen sozioökonomischen Schichten 15. Welche Begleiterscheinungen finden sich beim Autismus? etwa 80 % der autistischen Kinder erreichen bei standardisierten Intelligenztests Werte unter 70; da ein großer Teil von ihnen auch geistig behindert ist, ist es manchmal schwierig, zwischen den beiden Behinderungen zu unterscheiden; Abgrenzungen: geistig behinderte Kinder schneiden meist in allen Testteilen schlecht ab, autistische Kinder können differenziertere Muster aufweisen; manchmal finden sich auch große Talente extreme autistische Einsamkeit manchmal schon mit drei Monaten Anzeichen schwacher Bindung kaum Symbolspiel keine eigenständige Kontaktaufnahme mehr Beschäftigung mit Gegenständen als mit Menschen; können zu einem bestimmten Gegenstand eine starke Bindung aufbauen und tragen diesen dann ständig mit sich herum Theory of Mind (= das Bewusstsein,. Dass andere Menschen andere Wünsche, Überzeugungen, Absichten und Gefühle haben) -> autistische Kinder scheinen dazu unfähig, die Sichtweise und emotionalen Reaktionen anderer zu verstehen -> Rückzug Kommunikationsstörungen -> prompte und verzögerte Echolalie, Pronomenumkehr (Kinder sprechen von sich selbst als „er“) Zwanghafte Rituelle Handlungen Prognose: nur 5 bis 17 % der Erwachsengewordenen Autisten führen ein relativ gut angepasstes, Selbstständiges Leben; die meisten sind sehr eingeschränkt und Leben in Heimen 16. Welche Ätiologischen Überlegungen zum Autismus gibt es? Psychoanalytische Theorien, z.B. Bettelheim: zurückweisende Eltern; oder neuerdings: kindliche Version der posttraumatischen Belastungsstörung -> zwischen der stillenden Mutter und dem Kind besteht eine übermäßig starke Bindung, die dann bei der Entwöhnung als Katastrophe und traumatische Trennung erlebt wird Soziale Lerntheorie: mangelnde Aufmerksamkeit der Eltern (besonders der Mutter) verhindert, dass das Kind Assoziationen herstellt, die Menschen zu Verstärkern macht o Kein abweichendes elterliches Verhalten belegt Biologische Grundlagen -> genetische Komponente, Abweichungen im EEG, vergrößerte Gehirne; häufig epileptische Anfälle (30 %) 67 KAPITEL 16: PSYCHISCHE STÖRUNGEN IM ALTER (S. 590-639) 68