Wesensmerkmale der freiheitlichen Demokratie Ursprung der Staatsgewalt – Art. 20 II GG
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Wesensmerkmale der freiheitlichen Demokratie Ursprung der Staatsgewalt – Art. 20 II GG
Prof. Dr. Christoph Gröpl Vorlesung Staatsrecht I Wesensmerkmale der freiheitlichen Demokratie 1. Tatsächlicher Ursprung der Staatsgewalt beim Volk (Umsetzung: unmittelbare oder repräsentative Demokratie) – Art. 20 II GG 2. Wahlprinzipien: allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim – Art. 38 I 1 GG 3. Mehrparteiensystem: zumindest zwei regierungsfähige Parteien mit alternativen Programmen (Stellung der Opposition als maßgeblicher Test für freiheitliche Demokratie) 4. Prinzip der demokratischen Legitimation aller Staatsorgane und Amtsträger – Art. 38, 51, 54, 60, 63, 64, 67, 68, Art. 94 I, Art. 95 II GG u.a.m. 5. Herrschaft auf Zeit, demokratische Rückkopplung: zeitliche Begrenzung der Amtszeit der Verfassungsorgane – Art. 39, Art. 54 II, Art. 63 GG 6. Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz – Art. 42 II 1 – Art. 44, 46 GG u.a.m. 7. Politische Meinungs- und Betätigungsfreiheit im Vorfeld des staatlichen Entscheidungsprozesses, insb. Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit – Art. 5 I, Art. 8 und Art. 9 sowie Art. 21 I GG Untrennbarer Zusammenhang zwischen freiheitlicher Demokratie und Rechtsstaatlichkeit keine Demokratie ohne rechtsstaatliche Ordnung und Gewährleistung von Freiheitsrechten („FDGO“: BVerfGE 2, 1 [12 f.] – SRP) SRI13/1 Gröpl · Staatsrecht I Demokratieprinzip: Opposition Gegenüber von Regierung und Opposition: Wesensmerkmal der FDGO Gegenpol zu Regierung und Regierungsfraktion(en) im Parlament Parlamentarische Kontrolle der Regierung Personelle und programmatische Alternative(n) zur Regierung anders: konstitutionelle Monarchie (19. Jh.): damals klassische Spannungslage zwischen Parlament als Ganzem und monarchischer Regierung Mehrheitsprinzip (Art. 42 II GG) und Minderheitenschutz (Wurzel: Religionskriege) Art. 42 I GG Öffentlichkeit der Verhandlungen Art. 76, 77, 82 GG Publizität der Gesetzgebung Art. 39 III 3 GG Sondersitzungen (1/3 der MdBs) § 21 II GO BT arg. Art. 38 I 2 GG Interpellationsrecht = Fragerecht ggü. Regierung §§ 100 ff. GO BT Art. 44 I 1 GG Untersuchungsausschuss (1/4 der MdBs) PUAG Art. 76 I Fall 2 GG Gesetzesvorlagen (5 % der MdBs) § 76 I GO BT § 12 GO BT Berücksichtigung von Oppositionsfraktionen (insb. in Ausschüssen) §§ 27, 28 GO BT Redezeitverteilung u.dgl. Art. 93 I Nr. 1, 2 GG Organstreitverfahren; abstrakte Normenkontrolle (1/4 der MdBs) § 50 II AbgG Oppositionszuschlag SRI13/2 Gröpl · Staatsrecht I BVerfGE 2, 1 (12 f.): Freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) „So lässt sich die freiheitliche demokratische Grundordnung als eine Ordnung bestimmen, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“ SRI13/3