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Trinationale Sommeruniversität Saarbrücken–Nantes–Tbilissi 2013/2014

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Trinationale Sommeruniversität Saarbrücken–Nantes–Tbilissi 2013/2014
Trinationale Sommeruniversität Saarbrücken–Nantes–Tbilissi 2013/2014
„Die Zukunft unserer Städte – Nos villes à venir“
Drei Länder – drei Städte – drei Lebensweisen
Wie aus Städtepartnerschaften Freundschaften werden und sich „Die Zukunft unserer Städte“
auf ganz unterschiedliche Weise gestalten kann
Eine Reise von Saarbrücken über Nantes nach Tbilissi
Die trinationale Sommeruniversität 2013/2014
Julia Alles und Inga Witt
Was tun in einer sich globalisierenden Welt, in der es neben wirtschaftlichen und politischen Annäherungen auch Kooperationen in Bereichen wie Kunst, Kultur und Bildung gibt? Die Antwort: „Gemeinsame
Sache. Über den Tellerrand schauen, sich austauschen und voneinander lernen!“
So kam es, dass sich im Sommer 2013 jeweils zehn Studierende aus Deutschland und Georgien und
neun Studierende aus Frankreich auf eine Reise gemacht haben.
Unter dem Motto „Die Zukunft unserer Städte – Nos villes à venir“ sind wir mit unseren unterschiedlichen
fachlichen Schwerpunkten (Geografie, Urbanistik, Interkulturelle Kommunikation, Betriebswirtschaftslehre etc.) in die drei Partnerstädte Saarbrücken, Nantes und Tbilissi gereist. Im Fokus der Reise stand
der Diskurs über die Zukunft unserer Städte, welcher durch Vorträge an den jeweiligen Universitäten
sowie durch Diskussionsrunden mit Vertreter/-innen und Verantwortlichen der jeweiligen Stadt begleitet
wurde.
Die erste Station unserer Reise war Saarbrücken, die saarländische Landeshauptstadt im Herzen Europas. Durch die Grenzlage zu Frankreich und
Luxemburg, als Teil des Dreiländerecks, besticht das Saarland im Allgemeinen und Saarbrücken, als Landeshauptstadt des kleinsten Flächenstaates
der Bundesrepublik Deutschland, im Besonderen als Anziehungspunkt für
Touristen der angrenzenden französischsprachigen Länder. Diesen französischen Flair konnten wir dort während unseres Aufenthaltes erleben. Zugleich bot sich uns die Gelegenheit, Einblicke in die Stadtgeschichte und die
historische Entwicklung des Stadtbildes zu gewinnen. Bei der Vorstellung
des Konzeptes „Stadtmitte am Fluss“ erschloss sich ein Zukunftsprojekt,
das an den Widrigkeiten der Gegenwart zu scheitern drohte und dennoch
zu Teilen seinen Weg ins Stadtbild gefunden hat. Besonders beeindruckt waren wir von dem Projekt
„Grüne Insel Kirchberg“ in Malstatt als lebendiges Beispiel einer Initiative der Zivilgesellschaft und als
ebenso schönes Beispiel für den Einsatz von Grünflächen im öffentlichen Raum. Als Lebensader und
Garten Saarbrückens präsentierte sich uns der Bereich um den Staden am Ufer der Saar, der gerade
im Sommer Anziehungspunkt vieler Menschen ist. Auch die Bemühungen des Integrationsbeirates der
Stadt, einen fortschreitend barrierefreien öffentlichen Raum zu gestalten, sollten sich – im Vergleich zu
den anderen beiden Städten – als im Stadtbild sichtbare Erfolge herausstellen. Insgesamt präsentierte
sich uns Saarbrücken als eine dynamische Stadt, die sich fortlaufend neu definiert, die viel mehr zu bieten hat, als sie auf den ersten Blick erahnen lässt, und somit für positive Überraschungen gut ist. Eine
Herausforderung für Saarbrücken bezüglich des Wohnraums könnte in der Gentrifikation bestimmter
Stadtviertel, wie beispielsweise des Nauwieser Viertels, liegen sowie im Ausbau gezielter Angebote für den Tourismus über einen Einkaufstourismus hinaus.
Die nächste Station unserer Reise führte uns in die bretonische Stadt Nantes
im Westen Frankreichs. Seit 1965 besteht die Städtepartnerschaft zwischen
Saarbrücken und der achtgrößten Stadt Frankreichs. Nantes hatte zum Zeitpunkt unserer Reise gerade die Auszeichnung „La Capitale verte de l‘Europe
2013“ erhalten. Als grünste Stadt im Vergleich zu den beiden anderen Partnerstädten wurde Nantes auch von den Teilnehmer/-innen unserer Sommeruniversität empfunden. Keine andere Stadt bestach im Stadtbild durch so
viele öffentliche Grünflächen, Parks und Picknickmöglichkeiten, die in dem Maße von der Bevölkerung
angenommen und als Erweiterung der eigenen vier Wände genutzt wurden. Ein grünes Stadtkonzept mit
europaweit ausgezeichnetem Erfolg. Daneben beeindruckte das Stadtkonzept Nantes auch durch die
Einbindung der Kultur als Tourismusfaktor. So gibt es jedes Jahr im Rahmen des Projekts „Le
Voyage à Nantes“ die sogenannte „ligne verte“, eine grüne Linie, die sich durch die gesamte Stadt zieht
und dabei entlang an geschichtlichen Stationen und aktuellen Kunstwerken von Künstlern verläuft, die
eigens in der Stadt ausgestellt werden. Als Tourist hat man so die Möglichkeit, dieser Linie einfach zu
Fuß oder mit dem Fahrrad zu folgen und die Stadt, die Stadtgeschichte sowie Ausstellungen unter freiem Himmel zu entdecken. Jedes Jahr variieren die Punkte der „ligne verte“ beziehungsweise die Kunstwerke, die an ihr ausgestellt werden. All dies spielt sich innerhalb des öffentlichen Raums der Stadt ab,
wodurch zum einen die Bewohner die Möglichkeit haben, ihre eigene Stadt immer wieder aufs Neue
zu erleben, zum anderen aber auch Touristen die Chance erhalten, auf Entdeckungstour zu gehen.
Darüber hinaus fielen die vielen Kulturprojekte in der Stadt auf, von Theaterprojekten über kostenlose
Ausstellungen bis hin zu Festivals und Gourmetprojekten sind diese über Nantes hinaus bekannt und
finden eine große Unterstützung in der Stadtverwaltung.
Insgesamt präsentierte sich Nantes im Vergleich zu den beiden anderen Partnerstädten als grüner,
öffentlicher Raum für Kunst und Kultur, mit dem Ziel, durch das Kulturangebot die Stadt attraktiver für
Touristen zu gestalten und die Ansiedlung neuer Bewohner zu fördern, um so
die Stadt in Zukunft interessanter für Unternehmen zu machen.
Als dritte Stadt stand Tbilissi, die Hauptstadt Georgiens, auf unserer Reiseroute. Seit 1975 unterhalten Saarbrücken und Tbilissi ihre Städtepartnerschaft.
1979 trat Nantes der heutigen trinationalen Städtepartnerschaft bei. Geografisch liegt Tbilissi im Zentrum der Kaukasus-Landenge im Osten Georgiens,
inmitten einer wunderschön grünen und hügeligen Landschaft, die vielfältig
durch Landwirtschaft geprägt ist. Doch fiel in Tbilissi schnell ins Auge, dass es
in der Hauptstadt kaum Grünflächen und Parkanlagen gibt und auch die noch
verbleibenden früher oder später Bauvorhaben weichen werden. Initiativen der
Zivilgesellschaft, wie die Guerilla-Gardening-Gruppe Tbilissis, wehren sich zunehmend, indem sie im größten Park der Stadt campieren, um Bauvorhaben
im und rund um den Park nicht nur juristisch zu unterbinden. Doch der Stimme der Zivilgesellschaft
wird bisher wenig Gehör geschenkt. Solche Guerilla-Gardening-Projekte existieren weltweit – auch in
Saarbrücken –, wenn auch meistens nicht mit demselben Ziel. Die Intention ist jedoch die gleiche: die
gemeinsame Nutzung von öffentlichem Raum und das Anlegen von gemeinsamen und öffentlichen
Gärten. Die Natur hat ihren Platz im Hinterland Tbilissis, wo sich ein grünes Paradies eröffnet. Architektonisch fiel in der Hauptstadt Georgiens besonders der Kontrast zwischen historischen Häusern mit
wunderschönen Holzbalkonen und modernen, futuristischen Neubauten ins Auge. In zahlreichen Straßen Tblissis entdeckt man reihenweise malerische, jedoch von der Zeit bedrohte Häuserfassaden, die
nahtlos in einen renovierten Teil der Stadt übergehen. Nachdem das Land seine Unabhängigkeit gegenüber der russischen Herrschaft 1991 erklärte, vollzieht sich in Georgien ein Verständniswandel, der auch
Auswirkungen auf das Stadtbild der Hauptstadt hat. Als Stadt eines Nicht-EU-Landes präsentierte sich
uns Tbilissi mit viel Potenzial und Dynamik. Tbilissi stellt sich als eine Stadt dar, die sich ihren Weg in die
Befreiung gebahnt hat und nun in eine neue Zukunft blickt.
Doch nicht nur das Stadtbild, sondern auch die Menschen der Stadt und deren Lebensgefühl machten
unseren Besuch in Tbilissi besonders. In vielen Straßen finden sich so z. B. die typischen georgischen
Bäckereien. Für uns als Teilnehmer/-innen einer Reise, die sich über drei Länder hin erstreckte, war es
schön zu sehen, welche unterschiedlichen Verständnisse sich hinter ein und demselben Begriff verbergen können. Wer Bäckereien aus Deutschland oder Frankreich kennt, wird die traditionellen georgischen Bäckereien umso faszinierender finden. Sie öffnen erst am späten Vormittag. Eine Treppe führt
hinunter in die Backstube, in der das leckere und leicht salzige Brot zubereitet und sogleich durch eine
Öffnung in der Häuserfront verkauft wird. Ein Bäcker, der uns unsere Neugierde ansah, öffnete uns die
Türen in eine andere Welt. Es ist ebendiese Herzlichkeit und Offenheit, die wir während der Zeit in Georgien so schätzen und lieben gelernt haben und die aus Städtepartnerschaft Freundschaft unter den
Teilnehmenden werden ließ.
Auf unseren Reisen in den Jahren 2013 und 2014 begegneten uns drei grundsätzlich verschiedene
Städte, die auf ganz unterschiedliche Weise die Ausgestaltung des öffentlichen Raums und die Bewältigung kommunaler Herausforderungen angehen, jede auf ihre eigene faszinierende Art und Weise.
Das Besondere dabei war, zu sehen, wie andere Städte andere Antworten auf im Kern ähnliche Fragen
finden. Wie können Städte attraktiv bleiben und für ihre Bewohner und Besucher attraktiv gestaltet werden? Durch welche Konzepte können Einnahmen und Ausgaben einer Stadt in ein gesundes Gleichgewicht gebracht werden? Und wie können die Bewohner sich für die Belange ihrer Stadt einsetzen
und den Ort, den sie bewohnen, zu einem Platz machen, der in ihrem Sinne gestaltet ist und wird? Die
trinationale Sommeruniversität hat uns die Möglichkeit gegeben, Einblicke in Stadtkonzepte anderer
Städte zu bekommen. Eine gute Möglichkeit für jeden, die Zukunft unserer Städte mit neuem Wissen
selbst mitzugestalten.
Julia Alles und Inga Witt studieren beide an der Universität des Saarlandes und haben an der trinationalen Sommeruniversität Saarbrücken–Nantes–Tbilissi „Die Zukunft unserer Städte“ teilgenommen.
Julia Alles kommt aus dem Saarland und ist Masterstudentin der
Betriebswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes.
Interessengebiete: Marketing/Stadtmarketing, Kunst/Kultur
Teilnahme an den drei Teilen in Saarbrücken (26.08.–31.08.2013),
Nantes (01.09.–06.09.2013) und Tbilissi (07.–15.06.2014).
Inga Witt kommt aus dem Ruhrgebiet und ist Masterstudentin
der Interkulturellen Kommunikation und BWL an der Universität
des Saarlandes.
Interessengebiete: Nachhaltigkeit/Ökologie
Teilnahme am dritten Teil der Sommeruniversität in Georgien
(07.–15.06.2014).
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